Die Vorlage ist denn auch auf die èechischen Landwirte
abgestimmt. Nicht einmal der einfache Shutz für Flachs war
hineinzubringen. Gerade der Flachszoll wäre
für die deutschen Gebiete außerordentlich wichtig gewesen.
Ich berufe mich da auf eine Kreistagung des Bundes der Landwirte,
die in Bärn stattgefunden hat und wo diesbezüglich nach
dem Bericht der "Landpost" gesagt wurde: "Es geht
nicht an, daß gerade die ärmsten Schichten der Landwirtschaft,
die Flachsbauern, den Geldsäcken einiger Großindustrieller
mit deren Banken geopfert werden sollen, während zu den sogenannten
landwirtschaftlichen Zöllen wahrscheinlich auch die Kunstdünger-
und sonstigen, die Landwirtschaft auf das schwerste treffenden
Einfuhrzölle gerechnet werden." Es kam der einmütige
Wille zum Ausdruck, dem Vernichtungswillen einiger Geldmagnaten
den schärfsten Widerstand entgegenzusetzen und lieber auf
die für die Gebirgsbauern ohnehin illusorischen Getreidezölle
Verzieht zu leisten und für die Aufhebung aller Zölle,
also auch der bestehenden Industriezölle zu stimmen."
Die deutschen Parteien hatten auch nicht einmal
die Möglichkeit zu erzwingen, daß dieser èechische
Zollantrag in deutscher Sprache aufgelegt wurde. Sie haben ihn
in èechischer Sprache unterschrieben und da ich aus meiner
Erfahrung weiß, daß viele deutschen Kollegen der èechischen
Sprache nicht mächtig sind, so haben sie etwas unterschrieben,
dessen Inhalt sie nicht einmal kannten. Wenn
sich die deutschen Parteien mit einer derartigen Behandlung ihrer
berechtigten Wünsche und Forderungen auch in dieser wirtschaftlichen
Frage zufrieden geben, so ist das ihre Sache. Wenn sie sich damit
zufrieden geben, mit Resolutionsanträgen abgespeist zu werden,
so muß ich doch erwähnen, daß der Wert dieser
Resolutionsanträge, wie wir wissen, gleich Null ist. Im alten
Österreich allerdings, da gab die Regierung etwas auf derartige
Resolutionsanträge, weil es der Ausdruck des Willens des
Hauses war. Aber hier haben wir auch im früheren Parlament
manchen Resolutionsantrag durchgesetzt, er wurde dann durch alle
Zeitungen gejagt, Jubel war in allen Gassen, ein großer
Erfolg wurde angeblich erzielt, in Wirklichkeit geschah aber gar
nichts und die Regierung erklärte einmal in Bezug auf die
Kriegsanleihe im Hinblick auf einen einmütig gefaßten
Resolutionsantrag im Senat, daß daraus für die Regierung
in gar keiner Weise eine Verpflichtung erwächst. Ja, der
Herr Minister Nosek hat erklärt, daß jene Verpflichtungen,
welche die vorhergehende Regierung eingegangen ist, nicht auch
auf die folgende weiterreichen, daß sie also nicht gebunden
ist, das durchzuführen, was ihre Vorgängerin versprochen
hat. Ich verstehe daher nicht, wie sich deutsche Parteien mit
einem solchen Wechsel auf lange Sicht begnügen können,
jetzt in dem Augenblick, wo sie die Macht haben, ihren Willen
durchzusetzen und auch den deutschen Gebirgsbauern zu helfen.
Daß diese Lage bereits in unseren Gegenden erkannt wird,
geht wohl aus einer Äußerung im christlich-sozialen
"Landboten" hervor, wo ein Artikel über die Agrarzölle
erschien, in dem es heißt: Freilich wird ein großer
Teil der Bauernschaft, speziell der größte Teil der
Böhmerwaldbauernschaft, von den Agrarzöllen keinen Nutzen
haben. Denn weitaus die meisten Böhnierwaldbauern können
kaum so viel ernten, daß sie mit ihren Familien leben können
und sind oft gezwungen, im Jänner, Feber schon Getreide und
Mehl zu kaufen. Die Lage dieses Teiles der Bauernschaft, der Gebirgsbauernschaft,
ist aber die denkbar schlechteste. Es ist deshalb Pflicht der
Regierung, Pflicht der Volksvertreter, dahin zu wirken, daß
auch die Lage dieser Armen gemildert wird. Eine Anregung, ihr
Los zu verbessern, ist willkommen, mag sie geben, wer will!"
Sie sehen daraus, daß besonders die Gebirgsbauern
von der Vorlage gar nichts zu erwarten haben. Ich verstehe nicht,
wie nicht alles seitens der deutschen Zollparteien unternommen
wurde, um diese ungünstigen Bestimmungen aus der Vorlage
herauszubringen, beziehungsweise bessere zu erzielen. Ich verstehe
nicht, wie man der neuen Bestimmung über den Kunstdünger
zustimmen konnte, die doch bestimmt nur eine Verteuerung der Produktion
herbeiführen wird. Ich verstehe nicht, wie man zugeben konnte,
daß gewisse Industrieartikel, vor allem landwirtschaftliche
Maschinen und Motore, mit einem so hohen Satz darin belassen wurden,
wie gleichfalls auch der Roggenzoll eine schwere Enttäuschung
für unsere deutschen Bauern werden wird. Die deutschen Zollparteien,
sagte ich, hätten es in der Hand gehabt, durch ein Ultimatum,
Änderungen und Verbesserungen zu erzielen. Sie hätten
erklären müssen: Wir werden nur dann für die Vorlage
stimmen, wenn diese Verbesserungen vorgenommen werden. Ein folgenschwerer
Fehler, der sich in der Zukunft, bis unsere Bevölkerung die
Wirkung der Vorlage am eigenen Leib spüren wird, bestimmt
auswirken wird und der sich wohl hoffentlich einst auch mit dem
Stimmzettel bezahlt machen wird.
Vollständig unverständlich ist es
mir, wie deutsche Parteien für den Artikel 8 stimmen können,
der der Regierung eine Ermächtigung ausstellt, die Zollsätze
nach Belieben abzuändern, sie hinaufsetzen zu können,
eine Vollmacht für alle Zukunft, für alle zukünftigen
Regierungen, trotz aller der schmerzhaften Erfahrungen,
die wir bereits mit den èechischen Regierungen in diesem
Staate gemacht haben. Wir haben ja gesehen, was sich èechische
Regierungen auf Grund der bestehenden Gesetze leisten, indem sie
über die Bestimmungen des Gesetzes einfach ganz ruhig hinweggegangen
sind. Wie wird erst eine künftige Regierung auf Grund die
Ermächtigung alles Mißliebige gegen uns durchführen
können! (Posl. Neurath: Und erst bis die Deutschen drinsitzen
werden!) Wer immer an der Spitze steht, wer immer die Ministerien
leitet, ist für die Sachlage vollständig gleichgültig.
Wir haben es bereits erlebt. Wir haben die verschiedensten Regierungen
kommen und gehen gesehen, von Kramáø
angefangen, über den internationalen, angeblich deutschfreundlichen
Sozialdemokraten Tusar, über den alten Rakušák
Èerný bis zum Ausgleichsminister
Beneš. Denn dieser Titel wurde ihm von den hoffnungsgeschwellten
Deutschen taxfrei verliehen. Man glaubte, Beneš müsse
im Interesse seiner Außenpolitik unbedingt auch die Deutschen
im Inlande befriedigen. Nach ihm, nachdem er seiner Angabe nicht
gerecht geworden war, kam Švehla. Alle waren gleich,
vollständig gleich, wie ich vorhin gesagt habe, von gleichem
Geist beseelt, von dem gleichen Streben, das deutsche Volk niederzuknüppeln
und auf rascheste, einfachste und womöglich schmerzloseste
Art den èechischen Nationalstaat aufzurichten. Gleichgültig
ob Sozialdemokrat oder Nationaldemokrat oder lidová oder
Gewerbepartei. Soll ich Sie, meine Herren von deutscher Seite,
daran erinnern, was unter den sozialdemokratischen Unterrichtsminister
Habrman am deutschen Schulwesen verbrochen wurde, der die
schwersten Wunden unserem Schulwesen geschlagen und tausende,
abertausende Schulkassen ruhig auflösen ließ? Soll
ich daran erinnern, daß der Sozialdemokrat Bechynì
als Unterrichtsminister es war, der diesen europäischen Schulskandal
fortsetzte, das deutsche Bildungswesen jährlich um Millionen
im Voranschlag betrog? Und während die deutschen Studenten
darben und hungern müssen, werden Millionen für russische
Emigranten und Studenten, auch von deutschen Steuergeldern,
herausgeworfen. Soll ich Sie daran erinnern, daß der èechische
Nationalsozialist Dr. Franke
es war, dem als Eisenbahnminister Tausende und Tausende deutscher
Beamter zum Opfer fielen, die erbarmungslos abgebaut und aufs
Pflaster geworfen wurden, nur deshalb, weil sie Deutsche waren?
Seine Partei brüstete sich noch dessen. Und den wenigen deutschen
Beamten, die noch im Dienste bleiben konnten, wurde durch Erlässe
das Leben sauer gemacht. Es wurde ihnen selbst das Deutschsprechen
unter einander unter der Androhung sofortiger Dienstentlassung
verboten. Alle deutschen Amtsvorstände und Direktoren wurden
entfernt. Oder soll sich Sie daran erinnern, daß
während all dieser Zeiten wechselnder Regierungen der èechische
Agrarier Viškovský
als Präsident des Bodenamtes Hunderte und Tausende Hektar
deutschen Grundes und Bodens enteignete, wie der schöne Ausdruck
heißt? Enteignen! So nennt man in diesem Staate den aufgelegten
Diebstahl deutschen Grundes und Bodens, der Bodenraub, der durchgeführt
wird, ist nichts anderes als Diebstahl. Tausende und Abertausende
Güterbeamte wurden erbarmungslos aufs Pflaster geworfen.
Místopøedseda inž. Dostálek (zvoní):
Žádám pana øeèníka, aby
používal parlamentárních výrazù.
Posl. dr Schollich (pokraèuje):
Ich glaube, es ist das ein sehr
parlamentarischer Ausdruck. Tausende deutscher Güterbeamten
wurden brotlos gemacht und alle berechtigten Ansprüche auf
den Boden wurden verweigert. Deutsche Bodenbewerber, vor allem
auch deutsche Gemeinden wurden mit ihren Ansprüchen abgewiesen.
Ich will nur ein Beispiel aus der letzten Zeit
herausgreifen, daß geradezu typisch ist, die Enteignung
des Liechtensteinschen Gutes Fürstenhof bei Troppau. Dieses
Restgut ist für die schlesische Landeshauptstadt und ihre
Umgebung eine Lebensnotwendigkeit. Deshalb hat die Gemeinde alles
unternommen, um in den Besitz dieses Restgutes zu kommen, bezw.
es pachten zu können. Alle diese Bemühungen waren
fruchtlos. Gegen Gesetz und Recht wurde, wie es in den letzten
Tagen heißt, dieser Liechtensteinsche Gutshof Fürstenhof
an einen èechischen Günstling des Bodenamtes vergeben.
(Posl. inž. Kallina: Verschenkt!) Ich
komme noch darauf zurück, unter welchen Modalitäten
die Vergebung stattfand. Es ist dies ein Faustschlag gegen die
Deutschen Troppaus. Freilich wohl begreiflich, wenn man weiß,
daß die Bodenreform in erster Linie nationale Zwecke zu
erfüllen und der Èechisierung
des deutschen Sprachgebietes zu dienen hat. Wie schmählich
müssen wir es oftmals bei Vorsprachen empfinden, wenn deutsche
Bodenwerber zu den èechischen Zuteilungskommissären
um ihr Recht kommen, das ihnen nach dem Gesetze zusteht, dort
bittlich werden, wie sie abgespeist und vielfach
hinausgeworfen werden.
Es ist gerade in den letzten Tagen ein Ausweis
über das Ergebnis dieser Innensiedlung erschienen. Die Arbeiten
wurden bis Ende April 1926 bereits abgeschlossen. Es zeigt sich,
daß 59 neue Ansiedlungen geschaffen und daß 1023 Kolonistenfamilien
mit 12395 95 ha landwirtschaftlichen Bodens beteilt wurden.
Diesen neuen Kolonisten wurden Kredite von 114 Millionen gewährt.
Wir müssen feststellen, daß alle diese angesiedelten
Kolonisten nur der èechischen, resp. der slovakischen Nation
angehörten, vielfach den Koalitionsparteien, und müssen
weiters feststellen, daß alle diese Ansiedlungen
im deutschen Sprachgebiet, meist an der Sprachgrenze mit der bewußten
Absicht und Zielsetzung vorgenommen wurden, dieses Gebiet so rasch
wie möglich der Kolonisierung zuzuführen. Es wird ja
auch ein neuer Kredit von Milliarden für diesen Zweck
angesprochen, um diesen neuen Ansiedlern auf Kosten auch deutscher
Steuergelder das Fortkommen und ihre Èechisierungstätigkeit
zu ermöglichen. Das alles, meine Herren, geschah und geschieht
unter der Patronanz des Herrn Viškovský
und deshalb mußten wir schmerzlich empfinden, daß
gerade dieser Mann als erster Pro-Redner für diese Vorlage
auftrat, Arm in Arm mit den deutschen Zollparteien. Dies empfanden
wir geradezu als eine Verhöhung der deutschen Parteien.
Wir werden nachdrücklich auch den Antrag
der èechischen Sozialdemokraten unterstützen, die
endlich das Geheimnis der Restgüter etwas lüften wollen.
Auch wir wollen sehen, wie man sich am deutschen Besitzstand bereichert
hat, zu welchen Preisen diese Enteignung vor sich gegangen ist,
wir wollen sehen, wem der deutsche Grund und
Boden zugefallen ist. Wie schamlos man vorgegangen ist, zeigt
ein Beispiel aus den letzten Tagen. Es wurde die Bodenreform auf
den Gütern des jungen unmündigen Aehernthal in Groß-Skal
durchgeführt. Dem Besitzer wurde etwas von seinem beschlagnahmten
Boden freigegeben, doch unter der Bedingung, die der Vertreter
des unmündigen Besitzers angenommen hat, daß die Verwaltung
der Burg Trosky mit der nächsten Umgebung im Ausmaß
von 3 Hektar unentgeltlich an den èechischen Touristenklub
abgetreten wird, also unter der Bedingung, daß deutsches
Eigentum unentgeltlich abgetreten wird. Goldenstein ist ein zweites
treffendes Beispiel. Das Schloß ist vor kurzem
abgebrannt. Der Besitzer Liechtenstein erhielt den Auftrag, es
neu aufzubauen, damit es ihm später enteignet werden könne.
Wir glauben nicht, daß der Mann so dumm sein wird, auf diesen
èechischen Vorschlag einzugehen.
Sie sehen also, das sind die Vertreter
der èechischen Regierungen, ob sie nun dieser oder jener
Partei angehören. Sie werden es begreiflich finden, daß
wir einer solchen Regierung keine Ermächtigung geben, daß
wir ihr nicht einmal über die Gasse trauen und wohl behaupten
dürfen, daß wir einem Zigeuner
mehr glauben können, als einem èechischen Minister,
weil wir Beweise genug haben, daß selbst Ministerworte in
diesem Staate nicht gehalten worden sind. Glauben Sie vielleicht,
daß die èechische Beamtenregierung, die gegenwärtig
am Ruder ist, besser wäre? Sie ist ja
zu dem Zweck eingesetzt worden, um gewisse unangenehme Dinge aus
der Welt zu schaffen. Der Ministerpräsident Èerný
fand darunter u. a. auch die Troppauer Bürgermeisterfrage
vor. Die Èechen haben eine außerordentlich kluge
Politik bei der Behandlung des deutschen Volkes.
Sie lassen sich Zeit. Sie kennen den deutschen Volkscharakter,
der im ersten Augenblick aufbraust, der im ersten Moment sich
für eine Sache weiß Gott wie begeistert, wenn aber
die Sache eine gewisse Zeit andauert, schwindet auch das Interesse
und nach Jahren läßt sich leicht schmerzlos etwas durchführen,
was im ersten Augenblick unmöglich war. So auch im vorliegenden
Falle. Was war eigentlich geschehen? Im August des Jahres 1923
geruhte der Herr Präsident Masaryk die Landeshauptstadt
Troppau zu besuchen. Aus diesem Anlaß wurde auf dem Magistratsgebäude
nicht die Staatsflagge aufgezogen, sondern die Stadtfahne. Der
Bürgermeister beteiligte sich wohl als Beamter erster Instanz
an dem Empfang, aber dieses schwere Vergehen, dieses crimen laesae
majestatis, dieser Hochverrat gegen die geheiligte Person des
Präsidenten - wir leben ja doch in einem demokratischen Staat
- mußte unbedingt bestraft werden. Und so wurde die Landeshauptstadt
Troppau schwer gemaßregelt, es wurden ihr die Geschäfte
des übertragenen Wirkungskreises abgenommen. Nun meine
Herren, ich bin mir im klagen darüber: Wenn es nicht dieser
Anlaß gewesen wäre, so wäre ein anderer genommen
worden, denn jeder Einsichti ge weiß, daß die Èechen
mit allen diesen Sonderrechten aufräumen wollen und daß
dies im Verfolg ihrer staatlichen Verwaltung
liegt, denn der Verwaltungsapparat muß zentralisiert, Prag
muß Mittelpunkt des Reiches werden, daher müssen alle
Sonderrechte fallen, die Autonomie der Gemeinden wird restlos
beschnitten und alle werden unter Aufsicht der nächsten politischen
Behörde gestellt.
Daher die Verstaatlichung der Polizei und des
Gesundheitswesens, daher die Vorschriften über die Trennung
und Zusammenlegung von Gemeinden, über die Straßenbezeichnung
u. s. w., daher Beseitgung der Sonderstellung einzelner privilegierter
Städte. Für die Begründung hat man stets gesorgt,
in Reichenberg, Iglau u. s. w. Dieser übertragene Wirkungskreis,
die Agenda der staatlichen Verwaltung wurde Troppau genommen,
es blieb nur wenig zurück, die Verwaltung der Schulen. Ich
habe den Herren schon damals geraten, auch diese den Èechen
vor die Füße zu werfen, um vollständig freie Hand
zu bekommen, denn dann hätten sie das Recht erlangt, den
Bürgermeister frei ohne Bestätigung zu wählen.
Am 14. April 1924 wurde Franz neuerdings zum
Bürgermeister der Stadt gewählt. Man suchte um die Bestätigung
an, die bis heute, also zwei Jahre lang, nicht gegeben wurde.
Es entstand der durchaus unhaltbare Zustand, daß die alte
Gemeindevertretung, die längst überreif war, weiter
amtierte, während die neugewählte ihr Amt nicht antreten
konnte. Alle Anfragen während dieser Zeit waren vergeblich,
Interpellationen blieben unbeantwortet. Der neue Ministerpräsident
Èerný hatte also die Aufgabe, auch diese gewiß
heikle Frage zu bereinigen und er hat sie in der bekannten Art,
die wir kennen, auch restlos bereinigt, indem
er einfach dem Bürgermeister Franz die Bestätigung verweigerte.
Nun, ich weiß nicht, was die Troppauer darauf antworten
werden, die Antwort kann meines Erachtens nur darin bestehen,
gnädigst darauf zu verzichten, was an spärlichen Resten
des übertragenen Wirkungskreises geblieben ist, nämlich
die Schulverwaltung zurückzulegen, damit die Stadt nach eigenem
Willen sich den Bürgermeister wählen kann.
Verlangen Sie nach alledem, daß wir dieser
oder einer künftigen Regierung irgendeine Ermächtigung
erteilen? Sollte die jetzige Regierung Èerný
vom deutschen Unmut nicht einfach weggefegt werden? Die deutsche
Bevölkerung von Troppau wird es nicht verstehen, daß
die deutsche christlich-soziale Partei mit dem Troppauer Abgeordneten
Luschka diese Frage nicht als Kompensation mit hineingeworfen
hat, um die deutschen Stimmen bei dieser Vorlage entsprechend
zu verwerten. Die Troppauer werden es nicht verstehen, daß
die gegenwärtige Situation nicht in diesem Sinne ausgenützt
wurde. Oder was sagen Sie zu der Meldung, die heute durch die
Blätter geht, daß von den 3 Direktoren der Zentralsozialversicherungsanstalt
mit Übergehung der deutschen Ansprüche nicht ein einziger
ein Deutscher ist, daß man über die berechtigten Ansprüche
der Deutschen wieder restlos hinweggegangen ist? Sie werden
begreiflich finden, daß wir in der Person desjenigen, der
gerade an der Spitze einer Regierung steht, mag er dieser oder
jener Partei angehören, gar keinen Unterschied machen. Sie
sind alle des gleichen Sinnes. Die èechischen Sozialdemokraten,
die jetzt wahre Krokodilstränen vergießen, sie hätten
ja, solange sie in der Regierung waren und die Macht hatten, eine
Änderung, eine Besserung in der Behandlung der Deutschen
in echt internationaler Brüderlichkeit herbeiführen
können. Wir täuschen uns auch über ihre nationale
Auffassung in keiner Weise, mag Herr Bechynì
noch so schöne Reden halten, wie jüngst, über die
Bedeutung des deutschen Volkes. Ich erinnere daran, wie seinerzeit
der Herr Sozialdemokrat Tomášek als Hauspräsident
hier auf diesem Platz seine Macht gehandhabt hat, drakonisch nach
jeder Richtung hin, so daß wir ihm taxfrei den Titel verliehen
"Polizeipräsident" oder "Polizeibüttel".
Die Redezeit wurde maßlos geknebelt und ich erinnere daran,
daß ich mit Glanz aus der Türe flog, weil ich die Redezeit
um einige Minuten überschritten habe, und daß es dem
Kollegen Lehnert und anderen auch nicht besser ging. Heute
allerdings beklagt sich pan Tomášek, weil er
die Geschäftsordnung am eigenen Leibe spürt. Ich halte
diese Lehre für ausgezeichnet, ich halte es für gut,
daß er diese Erfahrung einmal machen muß. Wenn er
vielleicht noch einmal Präsident des Hauses werden sollte,
vielleicht hat er dann mit Rücksicht auf die eigenen gemachten
Erfahrungen etwas Einsehen. Aber das Recht, sich sittlich zu entrüsten,
müssen wir ihm absprechen. Dieses Recht können nur wir
allein für uns in Anspruch nehmen, weil wir sie immer und
bei jedem Anlaß ohne Rücksicht darauf, welche Fragen
in Verhandlung standen, verurteilt haben, ausgehend von dem Gesichtspunkte,
daß Demokratie nach Masaryk Diskussion sein soll.
Wenn wir daher der jetzigen und auch einer zukünftigen Regierung
keine Ermächtigung geben, so tun wir dies auch von dem Gesichtspunkte
aus, daß wir wissen, daß nichts besseres nachkommt,
aus dem Gesichtspunkte heraus, daß die Koalitionsparteien
von gestern die neue nationale Koalition von morgen bilden
werden. Wenn sich auch die èechischen Sozialdemokraten
und Nationalsozialisten stark entrüsten, wenn sie zur Täuschung
ihrer Anhängerschaft etwas Schaum schlagen, um nicht vor
der kommunistischen Konkurrenz zurückzustehen,
weil sie fürchten, daß sie ihre Anhänger
verlieren, so wissen wir, daß es eine Komödie ist,
daß es ein vollständig abgekartetes Spiel ist, was
mir auch ein èechischer Kollege dieser Tage bestätigte.
Er sagte mir: "Herr Kollege, passen Sie auf, was ich Ihnen
sage. Ich weiß es ganz bestimmt, die Sache wird jetzt durchgeführt"...
- im übrigen hat dies auch ein deutscher Kollege behauptet,
die Zollvorlage wäre so und so gekommen ob wir Deutschen
dafür oder dagegen gestimmt hätten. Jener èechische
Kollege meinte weiter: "Regen Sie sich
nicht auf, die Sache wird erledigt, Herr Minister Èerný
wird alle diese mißlichen Punkte, derentwegen es in der
Koalition zum Streite kam, durchführen und bis alles bereinigt
ist, wird Èerný
abtreten, denn der Moor hat seine Schuldigkeit getan, er ist Beamter,
er wird wieder zurücktreten und Švehla wird neuerdings
Ende Juli oder Anfangs August erscheinen, um eine neue Koalition
aufzurichten". Ich weiß nicht, ob es Švehla
sein wird, es kann ja auch ein anderer sein. Aber wir wissen,
daß bestimmt wieder eine èechische Koalition
hier einziehen wird und daß auch die heute so revolutionären
und sittlich entrüsteten èechischen Sozialdemokraten
selbstverständlich wieder eintreten werden, nachdem sie ihren
Anhängern werden weiß gemacht haben, daß sie
immerhin durch die Opposition bedeutende Erfolge
erzielt haben. Sie werden sich wieder an die Futterkrippe drängen,
weil diese große Vorteile mit sich bringt, auf die keine
Partei verzichten kann, einen großen Einfluß, Subventionen
für die Anhänger, Tabaktrafiken, Buchhandlungen, Bahnhofrestaurationen,
für die Konsumvereine verschiedene Millionen, für die
Herren Abgeordneten Restgüter - wir haben auch solche Herren
unter uns - und "Role" wird wieder Recht behalten, das
da geschrieben hat: Alles ist Komödie, Švehla
ist gar nicht krank, es ist dies eine politische Krankheit, er
ist der gescheiteste von allen und er wird wieder auf den Plan
treten und die Geschichte zusammenleimen. Zu dieser Komödie
sollen wir von deutscher Seite Ihnen die Hand geben, wir sollen
den im Dreck verfahrenen Regierungskarren herausziehen helfen?
Die satirische Wochenschrift "Hockauf" hat unlängst
eine sehr hübsche Darstellung gebracht, und zwar zwei Bilder,
unter denen geschrieben stand: "Die Deutschen werden immer
offene Türen finden, aber um hinauszufliegen ". Das
wird sehr richtig sein. Die heutigen deutschen Zollparteien werden
für ihre Hilfe gar nichts erhalten, alle ihre kühnen
Hoffnungen werden zu Wasser werden, die Hoffnungen von einer Anteilnahme
an der Macht, von Regierungssitzen, von Ministerstühlen und
dergl., man wird ihnen erbarmungslos die Türe vor der Nase
zuschlagen, sie werden um eine Erkenntnis reicher werden: Daß
es in der Politik keinen Dank gibt. Sprach man früher vom
Dank des Hauses Österreich, so wird man jetzt vom Dank der
èechischen Koalition sprechen. (Pøedsednictví
se ujal pøedseda Malypetr.)
Wir könnten vielleicht noch die Haltung
der deutschen Parteien in dieser Frage verstehen, wenn sie für
ihre Hilfeleistung etwas bekommen würden, ich meine nicht
bloß die Zölle oder die Kongrua oder sonstige
kleine Standesvorteile, sondern etwas Großes für unser
gesamtes deutsches Volk, z. B. den schon so lange Jahre erwarteten
deutsch-èechischen Ausgleich, die Anteilnahme an der Macht
oder die Selbstverwaltung, zumindest die kulturelle
Selbstverwaltung. Die èechischen Sozialdemokraten schrecken
mit diesem Schreckgespenst ihre Wähler, ausgerechnet die
Sozialdemokraten, das ist zum Lachen, daß gerade sie es
sein müssen, die doch eigentlich seit jeher im Verfolg ihrer
internationalen Gesinnung für die Ausgleichung
und Versöhnung eintreten müssen. Es steht ihnen schlecht
an, unter ihren Wählern damit krebsen zu gehen.
Aber ich behaupte, daß die deutschen
Parteien für ihre Hilfeleistung nichts bekommen werden und
wenn sie doch vielleicht eine Kleinigkeit herausschlagen könnten
oder wollten, oder wenn sie vielleicht in Zukunft etwas herausschlagen
könnten, müssen wir leider erklären, daß
das etwas Geringfügiges sein wird und daß das auch
nur auf unser Konto zu schreiben sein wird, auf das Konto unseres
Widerstandes, denn sie waren entschlossen, restlos um der Sache
selbst willen für die Anträge zu stimmen. Ich behaupte
daher, daß die Stellungnahme der deutschen Parteien im gegenwärtigen
Zeitpunkt ein schwerer Fehler ist, daß eine direkt günstige
Gelegenheit versäumt wurde, aus dem Objekt der èechischen
Politik ein Subjekt der eigenen Politik zu werden. Wir bedauern,
daß diese Gelegenheit versäumt wurde, der èechischen
Koalition neue Schwierigkeiten zu machen, Fragen aufzurollen,
wie es z. B. die Fascisteninterpellation ist. Das ist eine Frage,
die uns gewiß auch vom deutschen Standpunkt aus außerordentlich
interessiert, weil wir wissen, daß diese Gefahr, die ohne
Zweifel vorhanden ist, wenn sie auch vielleicht in ihrer Bedeutung
überschätzt wird, sich in erster Linie gegen das deutsche
Sprachgebiet genau so wie der alte Hussitismus auswirken wird.
Wir hätten gerne die Stellungnahme der Regierung und der
amtlichen Kreise hiezu kennen gelernt. Wir bedauern, daß
auch die Frage der Sprachenverordnung hier nicht aufgerollt wurde,
denn die Sprachenverordnung war ein Faustschlag für das deutsche
Volk und alle deutschen Parteien waren einig, daß mit allen
Mitteln gekämpft werden muß, um die Zurücknahme
dieser Verordnung zu erzwingen. Es wäre eine Forderung von
deutscher Seite gewesen, zu verlangen, daß diese uns beleidigende
und schwerbedrückende Sprachenverordnung restlos zurückgezogen
wird. Auch das ist nicht geschehen. Und so werden Sie mir recht
geben, wenn ich behaupte, daß wieder eine Gelegenheit, eine
seltene, vielleicht nie wieder kommende Gelegenheit, die ganze
deutsche Politik in diesem Staate auf neue Grundlagen zu stellen,
versäumt wurde, daß wir vor einem Wendepunkt unserer
sudetendeutschen Politik gestanden sind. Dem gegen über sind
wir leider machtlos. Wir können nur warnen, wir können
nur darauf hinweisen, weil das deutsche Volk in seiner überwiegenden
Mehrheit bei den Wahlen bekundet hat, daß es die Politik
der anderen als richtig ansieht, und so muß das deutsche
Volk auch die Auswirkungen dieser Politik am eigenen Leibe zu
spüren bekommen.
Ich habe daher im Namen und im Auftrage des
Klubs der deutschen Nationalpartei folgende Erklärung abzugeben.
Die deutsche Nationalpartei hat es vermieden,
Meinungsverschiedenheiten und Streitigkeiten innerhalb des deutschen
Lagers in diesem Hause öffentlich auszutragen, geleitet von
dem Gedanken, der èechischen Öffentlichkeit
nicht das Schauspiel des Kampfes Deutscher gegen Deutsche zu geben.
In den letzten Tagen haben sich hier Vorgänge abgespielt,
welche die Deutsche Nationalpartei zwingen, aus dieser selbst
auferlegten Zurückhaltung herauszutreten.
Seit Bildung der èechisch-deutsch-slovakisch-magyarischen
Zollkoalition verfolgen die deutschen Parteien, Bund der Landwirte,
Christlichsoziale Volkspartei und Deutsche Gewerbepartei eine
Politik, die nicht ohne schärfste Kritik bleiben kann. Bisher
haben die oppositionellen Parteien die
von den Èechen geschaffene Geschäftsordnung des Parlaments,
besonders die Bestimmungen über das abgekürzte Verfahren
und die Beschränkung der Redezeit, die jede sachliche Beratung
unmöglich machen, auf das schwerste empfunden
und mit allen Mitteln bekämpft. Die Parteien des Bundes der
Landwirte, der Deutschen christlichsozialen Volkspartei und der
Deutschen Gewerbepartei haben nun in den letzten Tagen bei verschiedenen
Anlässen diese Redeguillotine selbst gutgeheißen und
gehandhabt. Sie haben damit für alle Zukunft den zwangsweise
in diesen Staat eingegliederten und vergewaltigten Deutschen ein
wirksames Kampfmittel aus der Hand geschlagen. Bedauerlicherweise
mußte weiters beobachtet werden, daß dieselben deutschen
Parteien den Antrag, daß der Ministerpräsident im Hause
über die Durchführung der Sprachenverordnung Aufschluß
gebe, mit ihren Stimmen zu Falle gebracht haben. Sie haben durch
diese ihre Stellungnahme verhindert, daß die Regierung wegen
dieser unser Volk so schwer schädigenden Verordnung zur Rechenschaft
gezogen wird. Durch dieses ihr Verhalten haben sie die Beamtenregierung
Èerný vor einer drohenden Krise gerettet
und damit die erste aussichtsreiche Gelegenheit, eine èechische
Regierung zu stürzen, aus kleinlichen parteipolitischen Beweggründen
versäumt. Wir stellen diese Fehler mit Bedauern fest und
geben gleichzeitig der Befürchtung Ausdruck, daß diese
deutschen Parteien durch ihre blinde Gefolgschaft, die sie jetzt
der èechischen Regierung leisten, in der Zukunft jede Beschwerde
gegen die diktatorische Handhabung der Geschäftsordnung und
jeden künftigen Versuch, die Regierung
wegen deutschfeindlicher Verordnungen und Handlungen zur Verantwortung
zu ziehen, dem Fluche der Lächerlichkeit preisgeben.
In Wahrung der Interessen unseres deutschen
Volkes fühlen wir uns verpflichtet, hier und in dieser entscheidenden
Stunde nochmals unsere warnende Stimme zu erheben und die Verantwortung
für alle Zukunft festzustellen. (Potlesk stoupencù.)