Ètvrtek 10. èervna 1926

Einen Trost haben die Konsumenten: Eine gewisse Anteilnahme wird ihnen entgegengebracht! Herr Böhm hat gestern gesagt, er bedauere die Konsumenten. Freilich, die ausgeplünderten Konsumenten werden damit kaum zu trösten sein, auch wenn Kollege Böhm und die anderen Wortführer seiner Partei hervorheben, daß die Zölle eigentlich ihr Werk seien und daß sie die èechischen Agrarier, die anfangs von den Zöllen gar nichts wissen wollten, vorwärts getrieben haben. Die Konsumenten und kleinen Landwirte, die von den Zöllen betroffen werden, werden sich auch kaum damit trösten, wenn Herr Böhm noch deutlicher sein tiefstes Mitgefühl äußert. Der ausgenützte Konsument wird auch durch den Hinweis auf das alte römische Reich nicht gerührt werden, das angeblich deshalb zu Grunde ging, weil die Getreideproduktion vernachlässigt wurde. Wir haben in der Schule gelernt, daß andere Ursachen den Niedergang des altrömischen Reiches herbeigeführt haben, die volksfeindliche Feudalwirtschaft war das Unglück der römischen Landwirtschaft und der kleinen Landleute. Wir haben genug daran, daß Österreich infolge seiner unglückseligen Zollpolitik vom Teufel geholt wurde. Am allerwenigsten aber wird unseren Leuten draußen die Behauptung des Herrn Böhm imponieren, daß feste Zölle den Zwischenhandel bekämpfen. Diese volkswirtschaftliche Erfindung sollte eigentlich patentiert werden. Es ist klar, daß die Zölle nur jenen zugute kommen, die mehr produzieren, als sie verbrauchen, die etwas für den der Spekulation unterliegenden Markt zu verkaufen haben. Und je mehr jemand für den Markt produziert, desto größer ist naturgemäß sein Gewinn durch die Zölle. Wenn der Mittelbauer eine Kleinigkeit mehr durch die Zölle profitiert, so gewinnt der Großagrarier dagegen das Hundert- und Tausendfache. Offen erkläre ich, daß die Agrarzölle in erster Linie dem Profitinteresse der Großbauern und des Großgrundbesitzes dienen, daß sie progressiv den Reichen Nutzen bringen. Wenn von landbündlerischer Seite und von den Christlichsozialen behauptet wird, daß die gesamte landwirtschaftliche Bevölkerung - wie Herr Böhm meint, beträgt sie 35% der Gesamtheit, während der christlichsoziale Redner von gestern von 40% gesprochen hat - an der Zollvorlage ein lebhaftes Interesse hat, so wird das schlagend widerlegt durch eine Reihe von Tatsachen. Die Herren Zollfreunde widersprechen sich selbst. Vor allem fehlt, was wir auch in Österreich vermißt haben, eine wirklich klare Statistik. Die Herren operieren mit Zahlen, die keiner ernsten Kritik standhalten. Wenn sie aber die Wahrheit schreiben, dann müssen sie zugeben, daß nur ein Bruchteil, ein kleiner Bruchteil der gesamten landwirtschaftlichen Bevölkerung von den Zöllen Nutzen haben wird. Ich möchte hier zitieren, was Herr Franz Hilmer aus Brünn in einem Artikel über die Agrarzölle geschrieben hat. Er meint, es ist selbstverständlich verkehrt, bei einer Aufstellung über die Berechtigung des Zollschutzes auch die 667.526 Besitzfälle unter einem halben Hektar und die 201.389 Besitzfälle von einem halben bis ein Hektar einzubeziehen, da dieselben weit mehr als die Hälfte aller Besitzfälle ausmachen und viele Besitzer von Gartenparzellen und Grundstücken nicht dem landwirtschaftlichen Berufsstande zugezählt werden können, weil sie ihr Haupteinkommen aus andern Berufen nehmen. Herr Hilmer streicht also mehr als die Hälfte der Besitzer von landwirtschaftlichem Grund und Boden, die kleinsten und allerkleinsten Leute von vornherein aus der Liste der Zollinteressenten. Nun kommt noch die große Zahl der Besitzer von 1 bis 5 ha Grundbesitz. 5 ha sind ungefähr die Grenze, wo das Zollinteresse unter gewissen Umständen beginnen kann. Es ist ganz eigentümlich, daß man Tausende und Abertausende von Mitgliedern des Bundes der Landwirte, die man sonst als Kronzeugen zu Gunsten der Agrarzölle anführt, als Zollinteressenten ausscheidet. Wir können übereinstimmend mit den statistischen Feststellungen anderer Länder erklären, daß 80% der landwirtschaftlichen Besitzer an den Getreidezöllen, aber auch an anderen Zöllen kein Interesse haben können, ja von ihnen direkt Schaden erleiden. Insbesondere trifft das bei den Gebirgsbauern zu. Meine Damen und Herren! Je länger der Zollkampf währt, desto deutlicher tritt die Schädlichkeit des Agrarzolles auch für jene hervor, denen man ursprünglich weißgemacht hat, daß sie große Vorteile davon haben könnten. Die Stimmen gegen die Agrarzölle mehren sich auch in landwirtschaftlichen Kreisen. Die Flachsbauern Mährens und Ostböhmens haben bei einer Tagung in Bärn unlängst erklört, daß der Getreidezoll für sie ohnedies illusorisch ist, und der agrarische "Dorfbote" in Budweis mußte bekennen, daß die Flachsbauern an den Getreidezöllen nicht so interessiert sind, wie die meisten èechischen Flachlandbauern. Es wiederholt sich bei der Zollfrage das alte Spiel, wie es in Österreich der Fall war. Die Hauptnutznießer des Getreidezolles waren die ungarischen Großgrundbesitzer und Großbauern. Österreich mußte für sie Millionen bezahlen. Nun wiederholt sich in der Èechoslovakischen Republik das Bild in verkleinertem Maßstabe. Der Getreidebau ist meistens in den landwirtschaftlich besseren èechischen Gebieten, dorthin wird also der erhöhte Gewinn für den Getreidebau abfließen, kurz, den Zollprofit werden vor allem die èechischen Agrarier einstecken. Das deutsche Gebiet kann unmöglich den eigenen Bedarf an Getreide decken. Im landwirtschaftlichen Ausschusse habe ich Herrn Böhm vorgehalten, daß die Bezirke Bensen und Tetschen in der Kriegszeit nur im Stande waren, für 6 Wochen die heimische Bevölkerung mit Brot und Getreide zu versorgen. Für 46 Wochen muß Getreide in diese Bezirke eingeführt werden. Es ist demnach vollkommen klar, daß der Hauptnutznießer der Getreidezölle nicht der deutsche Landwirt bei uns in den Randgebieten sein wird. Ich möchte auch darauf hinweisen, daß der Christlichsoziale Kreissekretär Drächsler im Krummauer "Landboten" hervorhebt, daß der größte Teil der Böhmerwaldbauern von den Agrarzöllen keinen Nutzen haben werde. Der als Fachmann von den Landbündlern so hoch geschätzte Oberrat Meissner von der deutschen Sektion des Landeskulturrates in Prag mußte bekennen, daß die Wirkungen des Agrarzolles vielfach bei den Landwirten eine Enttäuschung hervorrufen werden, insbesondere bei den Kornbauern. Es ist nicht minder charakteristisch, daß in den Gemeindevertretungen vielfach die Vertreter der Christlichsozialen, der Landbündler und der Gewerbepartei für die Protestresolutionen gegen die Agrarzölle stimmen. Die bisherigen jahrzehntelangen Erfahrungen mit den Agrarzöllen in Österreich haben bewiesen, daß sie ein untaugliches Mittel sind, das vielgestaltige Problem der Agrarfrage zu lösen. Die den Agrarzöllen zugemuteten Wirkungen sind nicht eingetroffen, die Getreideproduktion sank eben so wie die Viehproduktion, dabei sank aber auch der Konsum und stiegen die Preise gewaltig. Das behauptet nicht ein böswilliger Sozialdemokrat, dem man von Haus aus das Kainszeichen der Agrarfeindlichkeit an die Stirne malt, das sagt Pantz, ein ausgesprochener Agrarier, in seinem 1916 erschienenen Werkchen "Österreichs Landwirtschaftspolitik nach dem Kriege". Der Großgrundbesitzer Abg. Ferdinand Ritter von Pantz schreibt, nachdem er bewiesen hat, daß die Getreideproduktion trotz der Zölle gesunken ist, und daß die Viehproduktion nicht zugenommen hat, worauf übrigens schon gestern Koll. Pohl aufmerksam gemacht hat, folgendes: "Die angeführten Daten erweisen daher, daß eine Produktionsvermehrung nicht stattgefunden hat, wohl aber eine ungeheure Preissteigerung, welche zu einer ungeheuren Verteuerung der Lebenshaltung führte, die von den armen Klassen, für welche Brot und Mehl die Hauptnahrungsmittel bilden, umso schwerer zu ertragen sind, als der für Nahrungsmittel aufzuwendende Teil des Einkommens im Verhältnis zu den übrigen Ausgaben außerordentlich hoch ist. Der Zweck der Produktionsvermehrung wurde nicht erreicht, lediglich eine Erhöhung des Einkommens aus der Getreideproduktion." Das also sagt Herr Pantz, der die Verhältnisse gewiß genau kennen mußte. Wir könnten an der Hand anderer Ziffern noch auf die Frage näher eingehen: ich möchte nur darauf hinweisen, daß z. B. im Jahre 1880 auf 100 Einwohner in Böhmen, Mähren und Schlesien 34.56% Rinder kamen, im Jahre 1920 aber nur 30.41%. Und so geht es weiter.

Die unheilvollen Wirkungen für die Landwirtschaft durch die Getreidezölle sind unter anderem darin zu suchen, daß der Grund und Boden künstlich verteuert wird, Freilich für den Besitzer, der verkaufen will und der spekuliert, ist es ein Vorteil. Aber die Landwirtschaft soll ja kein Handelsgeschäft sein, sie soll für alle Menschen die Nahrung in ausgiebiger Weise hervorbringen. Das wird aber dadurch verhibdert, daß man eben im kapitalistischen System den Grund und Boden zu Spekulationsobjekten macht. Und wer profitiert am meisten bei dieser Spekulation? Natürlich der Großagrarier! Ich möchte in der Beziehung auf ein Beispiel hinweisen. Im Jahre 1912 hat die Gräfin Olga Zedtwitz bei Pilsen ein Gut um 2 Millionen Kronen gekauft und es einige Jahre später um 3 Millionen verkauft, dabei also 50% gewonnen. Daß durch die erhöhten Preisen auch die Verzinsung steigt, daß sich der komm ende Erwerber vor neuen erhöhten Lasten sieht, die er nicht bewältigen kann, daß dadurch die Forderung entsteht, die Zölle zu erhöhen, um die Einnahmen künstlich zu erhöhen, das sei nur so nebenbei gesagt. Hohe Wertsteigerungen der landwirtschaftlichen Grundstücke reizen stets zu Verkäufen. Das ist auch statistisch nachgewiesen. So stieg vom Jahre 1897 bis zum Jahre 1912 der Wert der Liegenschaften um nicht weniger als um 212% und der Wechsel der Wirtschaften vermehrte sich infolgedessen um 18%. So schaut das verhängnisvolle System aus, das durch die Agrarzölle inauguriert wurde. Wenn Herr Böhm und andere darauf hinweisen, daß eine Disparität der Preise besteht, daß die Geldentwertung das Siebenfache ausmacht, dann möchte ich in aller Bescheidenheit bemerken, daß auch die Preise für Lebensmittel das siebenfache und mehr ausmachen. Brotmehl kostete im Jahre 1914 30 Heller, im Jahre 1926 2.15 Kè, Kochmehl ist von 46 Heller im Jahre 1914 auf 3.60 Kronen im Jahre 1926 gestiegen, Rindfleisch von 2.02 Kronen auf über 14 bis 16 Kronen, Schweinefleisch von 2.30 Kronen auf 17 bis 20 Kronen, Schweinefett von 1.80 Kronen auf 16 und mehr Kronen, Zucker von 80 Heller auf 5.20 Kronen. Wir sehen also eine 7- bis 8fache Erhöhung der Preise gegen die Vorkriegszeit. Aber die Herren haben noch immer nicht genug! Was die Disparität der Industriepreise anlangt, so steht fest, daß die Preisschere immer enger wird, daß die Industrie immer mehr in der Lage ist, den Landwirten zu angemessenen Preisen zu bieten, was sie brauchen. Ich möchte noch hinweisen auf das Wort des Ritters von Pantz, der etwas betont hat, was auch auf die heutige Zollpolitik der Mehrheit zutrifft: "Wir betreiben eine Preispolitik, aber keine Produktionspolitik." "Diese Politik" - so sagt Pantz - "können wir unmöglich nach dem Krieg aufrechterhalten, ohne wirtschaftlich zu verfallen." Und an einer anderen Stelle erklärt er: "Die Sorge für die Konsumenten wird in Zukunft an Bedeutung gewinnen" - und "die Organisation der Volksernährung eine Aufgabe der Regierung bildet." Wo ist aber die Regierung, die bei uns diese Aufgabe erfüllen soll oder erfüllen könnte? Ich erkläre dezidiert, daß wir Sozialdemokraten gerne bereit sind, den wirklichen Interessen der Landwirtschaft entgegenzukommen und sie zu fördern, wenn wir sehen, daß der Nutzen davon wirklich der Allgemeinheit zugute kommt. Das wichtigste Problem ist die Verbilligung der Produktion, vor allem vom Grund und Boden, die Beistellung billiger Geräte, guten Saatgutes usw. Gerade die Zollpolitik verteuert Grund und Boden, erhöht die Zinsenlast, gibt Anreiz zur Spekulation, läßt einen starken Wechsel der Wirtschaften herbeiführen und belastet die kommenden Erben. Pantz stellte weiter fest, daß sich die Lage der Bauern infolge der Agrarzölle im alten Österreich sichtlich verschlechtert hat, und daß das seinerzeit vom österreichischen Ackerbauministerium gesammelte Material in dieser Richtung unterdrückt wurde, weil man die Öffentlichkeit darüber nicht informieren wollte, daß die Hochschutzzollpolitik den Landwirten nicht den geringsten Erfolg brachte und die ungeheuern Opfer der Konsumenten deshalb umsonst gebracht waren.

Wie auch führende Landbündler, so Abgeordneter Windirsch und Sekretär Karl Haas zugeben, ist das Hauptinteresse der deutschen Kleinlandwirte die Viehzucht. Das ist durch die Statistik bestätigt, welche ein erhebliches Ansteigen der Ziegen- und Schweinezuchtbestände in den letzten Jahrzehnten ausweist, während die Zucht von Großvieh zurückblieb. Diese Tatsache zwingt uns zur Erkenntnis, daß im Interesse der übergroßen Mehrzahl der kleinen Landwirte der Aufhebung der Zölle für Futtergetreide das Wort gesprochen werden muß. Es ist kennzeichnend, daß über diese Frage Landbündler und Christlichsoziale wie das Gralschweigen. Schon längst haben bedeutende Volkswirtschaftler, wie z. B. Dr. Hainisch, heute Staatspräsident von Österreich, und Ritter von Pantz, auf die Notwendigkeit der Einführung des Getreidemonopoles hingewiesen. Billige Futtermittel und ein Getreideeinfuhronopol wären die wichtigsten Vorbedingungen einer gesunden Agrarpolitik, daneben selbstverständlich eine Herabsetzung der Steuerlasten. Zum Kapitel Belastung der Landwirtschaft gehören auch die Industriezölle, deren Abbau wir erstreben. Die Arbeiterklasse ist gerne bereit - ich erinnere an den in den letzten Tagen stattgefundenen Kongreß der èechischen Gewerkschaften in Prag, der sich ausdrücklich gegen die der Landwirtschaft schädlichen Industriezölle gewendet hat, sowie an den Genossenschaftstag in Karlsbad - den berechtigten Wünschen der Landwirtschaft entgegenzukommen. Von unserer Seite sehen Sie also die Bereitwilligkeit der Landwirtschaft zu helfen, aber die Zollfreunde gehen über das notwendige Ausmaß weit hinaus, sie geben dem Staat unendlich viele Millionen, was überflüßig wäre, wenn das Getreideeinfuhrmonopol verwirklicht werden könnte.

Ich komme zum Schluß. Nach Pantz, der einer der Wortführer der Agrarpolitik im österreichischen Parlament war, muß die Landwirtschaftspolitik im Sinne einer einheitlichen, das ganze Volk fürsorglich umfassenden Volkswirtschaftspolitik mit den Wirtschaftserfordernissen der übrigen produzierenden Stände und der Konsumenten in harmonischen Einklang gebracht und damit die gedeihliche Entwicklung unserer Volkswirtschaft für die Zukunft gesichert werden. Dies ist möglich, sagt Pantz, es muß nur ernsthaft angestrebt und gewollt werden. Bei dem in Verhandlung stehenden Zollantrag ist aber von einer Rücksichtnahme auf die anderen Schichten der Bevölkerung, von der Notwendigkeit des Schutzes anderer Produktionskreise absolut keine Rede. Die Zollvorlage ist diktiert von der nacktesten Profitgier einer kleinen Hand voll kapitalistischer Interessenten, Agrarier, Industriellen im Bunde mit den Klerikalen, um neue Milliarden aus dem Volke herauszupressen. Wir betrachten das als den Anfang einer Periode der Reaktion nicht nur auf dem Gebiete der Volkswirtschaft, sondern auch auf geistigem und kulturellem Gebiete. Dem Kampf unserer geschworenen Feinde setzen wir darum das Streben nach sozialem Fortschrift entgegen, nach dem Aufstieg der breiten Massen, nach der Beseitigung des herrschenden Systems und nach Errichtung einer neuen Gesellschaftsordnung im Sinne des Sozialismus. Meine Herren von der Gegenseite! Wir werden uns finden, wir werden draußen kämpfen, wir sehen uns bei Philippi wieder. (Potlesk nìm. soc. demokratických poslancù.)

2. Øeè posl. dr. Schollicha (viz str. 1564 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Die Stellungnahme unserer Partei zum vorliegenden Zollantrag hat, wie ich gestern bei der Rede des Kollegen Matzner festzustellen Gelegenheit hatte, bei den Parteien, sowohl links wie rechts, einiges Befremden hervorgerufen, was sich in erregten Zwischenrufen Luft machte. Das zwingt uns, noch einmal zu demselben Gegenstand Stellung zu nehmen und unsere politische Haltung ausführlich und eingehend zu begründen, damit jedermann klar und deutlich erkenne, daß wir vom Standpunkt unserer Partei und damit auch des deutschen Volkes aus gar keine andere Haltung einnehmen konnten, als die ist, die wir einnehmen. Ich habe mich pro eintragen lassen, weil, wie Kollege Matzner gestern und Senator Brunar seinerzeit im Senat nachgewiesen und dargetan haben, die deutsche Nationalpartei die Berechtigung des Schutzes der landwirtschaftlichen Produktion anerkannt hat, wenn sie auch aus politischen Gründen heute gezwungen ist, im vorliegenden Falle ihre Stimmen gegen die Vorlage abzugeben. Die deutsche Nationalpartei als wahre Volkspartei hat die Interessen aller Stände wahrzunehmen und ist daher in Verfolg ihres Programmes in gleicher Weise für die berechtigten Forderungen des Gewerbes, des Kaufmannsstandes, der Industrie, der Beamtenschaft wie auch der Arbeiter jederzeit eingetreten. Sie muß in konsequenter Weise daher auch für die berechtigten Forderungen der Landwirtschaft eintreten und den landwirtschaftlichen Produzenten jenen Schutz angedeihen lassen, den sie unbedingt zum Leben brauchen. Das ist nicht eine Forderung, die wir vielleicht erst heute erheben, das ist niedergelegt in unserem Parteiprogramm, das geht auf Erklärungen der Partei seit Jahren zurück.

Wir sind zu dieser Ansicht auch aus nationalen Beweggründen gekommen, weil wir wissen, daß der Bauer die festeste Säule unseres Volkstums darstellt, daß er der Èechisierung, fußend auf seinem Boden, am besten Widerstand leisten kann und daß es daher eine nationale Aufgabe ist, ihn auf seinem Grund und Boden, den er mit seinem Schweiße gedüngt hat, zu erhalten. Wenn wir trotzdem unsere Stimme gegen die Vorlage abgeben, so ist unsere Opposition eine vollkommen verschiedene gegenüber jener der èechischen und deutschen sozialistischen Parteien und gegenüber jener der Kommunisten, weil wir eben die Vorlage nicht als eine wirtschaftliche Angelegenheit betrachten, sondern als eine politische von eminentester Bedeutung, und wir verstehen nicht, wie der Deutsche Verband seinerzeit erklären konnte, und zwar einmütig, also auch mit den Stimmen der deutschen Nationalsozialisten, daß die Zollvorlage mit Rücksicht auf ihren vorwiegend wirtschaftlichen Charakter nicht als eine Verbandsache bezeichnet werden kann. Jedermann wird erkannt haben - und der Verlauf der bisherigen Debatte hat das vollkommen bestätigt - daß wir es hier, wie ich einleitend gesagt habe, mit einer nationalpolitischen Angelegenheit zu tun haben. Wir finden uns in dieser Auffassung auf der gleichen Linie mit den Vertretern anderer Parteien. Ich erwähne nur, daß im christlichsozialen "Landboten" in Krummau am 6. Mai über die Getreidezölle ein Aufsatz erschienen ist, worin es unter anderem heißt: "Etwas anderes aber ist es, wenn durch die deutschen Stimmen nicht eben nur dem Bauer geholfen, sondern das jetzige Regierungssystem gerettet werden soll, wenn nicht die wirtschaftliche, sondern die politische Seite dieser Frage ausschlaggebend ist. Dazu dürfen sich deutsche Stimmen nicht hergeben. Denn mehr als unter dem mangelnden Zollschutz leidet der Bauer wie das ganze deutsche Volk unter dem herrschenden System, das durch seine verfehlte Wirtschaftspolitik alle Kreise verelenden läßt, das alle Deutschen ständig mehr und mehr enteignet und dessen Unterdrückungsmaßnahmen heute den Hauptteil des nationalen und wirtschaftlichen Notstandes unseres Volkes ausmachen. In diesem Falle ist der Bauernstand ein Teil des Volkes, dessen Interessen vor dem der einzelnen Stände stehen. Dem deutschen Bauer wird ein größerer Dienst erwiesen, wenn es uns gelingt, das herrschende System zu stürzen, als wenn wir den Zersetzungsprozeß der èechischen Politik durch Eintreten für eine Regierungsvorlage aufhalten. Wenn ohne deutsche Hilfe die Regierung nicht bestehen kann, so wendet man sich an sie. Die Deutschen können aber nur für eine Regierung stimmen, an der sie Anteil haben. Der Regierung aber ohne Gegenleistungen durch eine Abstimmung aus dieser Verlegenheit zu helfen, um sich dann mit einem Fußtritte wieder heimschicken zu lassen, hieße, die Interessen des Volkes nicht vertreten, sondern sie verraten."

In gleicher Weise schildert dann die "Deutsche Presse" vom 27. April die Sachlage, indem sie schreibt: "Was ist für uns besser? Mit uns die drei Gesetze, oder ohne uns der Fall des Systems? Das letztere. Wirtschaftlich verlangen wir wohl ebenso dringend den einen, wie den anderen und den dritten Punkt. National aber müssen wir erkennen, daß diese Punkte zum Grabstein der Koalition werden können und zur Plattform, auf der ein neues Leben in diesem Staate beginnen kann. Wer hat dann noch den Mut, nicht für das letztere zu sein? Vermag die èechische Koalition die Fragen nicht allein zu erledigen, dann dürfen wir deutsche Stimmen nicht zu ihrer Rettung, zur Rettung der èechischen Regierung gebrauchen lassen." Und weiter: "Die deutschen Stimmen sind nicht zur Rettung der Koalition zu haben, nicht für ein freundliches Lächeln oder einen Händedruck - sondern nur gegen Teilnahme an der Macht in dem uns gebührenden Maße. Was eine èechische Regierung Èerný nicht vermag, soll nur eine gemischtnationale Regierung vollbringen."

In gleicher Weise äußert sich die "Volkspost", wo Dr. Fritz Keiner ausdrücklich feststellt, daß nur die größeren Grundbesitzer von den Getreidezöllen profitieren werden, und zu dem Schlusse kommt: "Gibt man heute der Beamtenregierung die Möglichkeit, jene ungelösten Fragen lösen zu können, dann wird dadurch nur der Wiederkehr jener abgetretenen Koalitionsregierung der Weg bereitet."

Die "Deutsche Presse", das Hauptorgan der deutschen christlich-sozialen Volkspartei, faßte ihr Urteil seinerzeit in einem Aufsatz zusammen, in dem es hieß: "Wir sind überzeugt, daß die deutsche christlich-soziale Volkspartei die Frage der Agrarzölle so wertet, wie sie heute gewertet werden muß, nämlich nicht nur als wirtschaftliche, sondern auch als eine hervorragend politische Angelegenheit." Und einige Tage später zum gleichen Gegenstande: "Ohne grundsätzliche autonome Zugeständnisse für das sudetendeutsche Volk darf keine sudetendeutsche Partei ihre oppositionelle Haltung aufgeben, wenn wir nicht die Erfüllung unserer grundsätzlichen Forderungen auf ewige Zeiten vertragen wollen."

Ich glaube damit genügend dargetan zu haben, daß die Auffassungen aller deutschen Parteien von Haus aus dahin gerichtet waren, daß wir es bei der Zollvorlage mit einer nationalpolitischen Vorlage zu tun haben. Später allerdings hat sich diese klare Stellungnahme etwas verschoben, als der Kuhhandel begann, bei dem man einzelnen Parteien einzelne Zugeständnisse machte, die sie vom Standpunkt ihrer Partei brauchen, de einen die Kongrua versprach, den andern dies und das, mit einem Worte jede Partei bekam etwas. Heute aber macht man uns gerade von dieser Seite her den schweren Vorwurf, daß unsere Haltung unverständlich ist, uns, die wir von Haus aus immer dasselbe vertreten haben. Man geht hinaus, um in unserer Wählerschaft gegen uns Stimmung zu machen, und erzählt den Bauern, daß wir von Haus aus gegen Getreidezölle sind, wie dies Abg. Hodina in Bärn getan hat. In dem Bericht darüber heißt es: "Besondere Empörung herrschte darüber, daß die deutsche Nationalpartei gegen die landwirtschaftlichen Schutzzölle stimmt, obwohl in allen ihren Tagungen immer behauptet wurde, daß sie ebenfalls gewillt ist, für das Wohl der Landwirtschaft einzutreten. Jetzt aber wird es ersichtlich, daß all diese schönen Worte nur Demagogie waren und die wenigen Bauernanhänger der Nationalpartei werden wohl nun darauf kommen, daß sie schon Jahre hindurch an der Nase herumgeführt worden sind."

Meine sehr geehrten Herren, ich überlasse es Ihnen, sich selbst Ihr Urteil über die Demagogie, wie sie in diesen Äußerungen zum Ausdruck kommt, zu bilden. Unsere Stellungnahme wird dadurch nicht beeinflußt. Sie können reden und schreiben, was Sie wollen: Die deutsche Nationalpartei läßt sich bei Behandlung dieser Frage nicht von irgenwelchen Parteirücksichten leiten. Sie betreibt keine Politik von der Nasenspitze bis zum nächsten Kirchturm, keine Politik, die diktiert ist von Standesinteressen, von den Interessen der eigenen Tasche oder eines kleinen wirtschaftlichen Vorteils. Sie ist bei Verfolg ihres Zieles lediglich geleitet vom Standpunkte der Volksliebe und des Volksganzen. Wir wissen und geben auch der Erwartung Ausdruck, daß unsere Anhängerschaft diese unsere Stellungnahme verstehen wird, und daß es nicht gelingen wird, politisch aufgeklärte Bauern in ihrer Treue zu unserer Partei wankend zu machen. Die Zukunft wird lehren, daß unsere Haltung die einzig richtige gewesen ist.

Nun rächt sich auch, daß seitens dieser Parteien immer und immer wieder die Standesinteressen in den Vordergrund gestellt wurden und daß damit ihre Anhängerschaft durchaus materialisiert worden ist. Nun rächt sich das vollkommen unrichtige Schlagwort, das in ihren Versammlungen immer gebraucht wurde und noch wird, daß "wir zuerst trachten müssen, wirtschaftlich stark zu werden, dann werden wir auch politisch stark werden". Das Gegenteil davon ist richtig und wir haben immer und immer wieder behauptet, daß die beiden Begriffe nicht auseinander zu halten sind und daß wir heute deshalb wirtschaftlich schwach sind und darniederliegen, weil wir keine politische Macht haben und daß wir daher erst trachten müssen, auch ein politischer Faktor in diesem Staate zu werden. Bisher waren wir das Aschenbrödel, bisher waren wir eine Null, über die man zur Tagesordnung hinweggegangen ist. Sechs Jahre Tätigkeit in diesem Hause liegen hinter uns. Sie wissen, daß viele von uns mit großen Hoffnungen in dieses Haus eingezogen sind, bereit zur Mitarbeit. Unzählige Anträge wurden eingebracht, Verbesserungsanträge, sie wurden alle entweder in dem Initiativausschuß begraben oder wenn sie bis in das Haus kamen, hier nicht behandelt. Interpellationen wurden zu Hunderten eingebracht, die sich mit den vielfachen Übergriffen und sonstigen Unregelmäßigkeiten im Staate beschäftigten. Diese Interpellationen wurden entweder gar nicht beantwortet, auch solche Fälle können wir nachweisen, oder sie wurden ausweichend in einer Weise beantwortet, daß der beantwortende Minister den Fragesteller noch direkt verhöhnte. Es liegen uns viele derartige Fälle vor, daß man uns auch dieses kümmerliche Recht der Fragestellung noch weitgehend verkümmert, bezw. zu einer Farce gemacht hat. Trotz unseres Widerstandes, trotz unseres Stimmenaufgebotes und unseres Kampfes war es nicht möglich, schwere Anschläge gegen unser deutsches Volk hier zu verhindern. Ich erinnere an die Schuldrosselungen, an die Wälderverstaatlichung, an die Bodenreform, an die Kriegsanleiheeinlösung, an die Verstaatlichung der Eisenbahnen, wie z. B. der A. T. E. Das kommt daher, daß wir einer allnationalen Koalition gegenüberstanden, die sich von den internationalen Sozialdemokraten bis zu den Kramáø leuten, den Nationaldemokraten, erstreckte, die in vollständiger völkischer Geschlossenheit einig war in dem Gedanken, das deutsche Volk zu knebeln, das deutsche Gebiet so rasch als möglich zu èechisieren, um den èechischen Nationalstaat aufzurichten. Diesem Zwecke diente die Geschäftsordnung, brutal in ihrer Art, ein Hohn, eine Farce auf den Begriff der Demokratie, zu diesem Zwecke wurden alle Anträge, die einmal in der Koalition durchgearbeitet worden waren, ohne Zuziehung der anderen Oppositionsparteien hier im raschen Tempo durchgepeitscht, in Tag- und Nachtsitzungen, und jeder Antrag, der dazu eingebracht wurde, wurde restlos niedergestimmt. Nicht einmal beim Staatsvoranschlag jedes Jahr wurde uns die Möglichkeit gegeben, zu den einzelnen Bestimmungen und Posten dieses Voranschlages Stellung zu nehmen. Alle unsere Anträge wurden niedergetrampelt, wir haben das bitter empfinden müssen, wir haben uns dagegen gewehrt und haben getobt, es nützte nichts, denn letzten Endes erschien die Parlamentswache und wir wurden hinausbefördert. Alle deutschen Parteien waren einig in dem Gedanken, daß diese brutale Geschäftsordnung in erster Linie beseitigt werden muß. Um so schmerzlicher müssen wir es empfinden, daß sich heute deutsche Parteien dazu hergeben, sich dieser Geschäftsordnung selbst zu bedienen, daß sie sich die alten Praktiken der Koalitionsregierung zu eigen machen, damit die Zollvorlage in dem gleichen Tempo, in forcierten Tag- und Nachtsitzungen durchgepeitscht wird, daß wie früher die Redezeit beschränkt wird und daß keinerlei Verbesserungsanträgen, die dazu wahrlich ziemlich zahlreich einzubringen gewesen wären, stattgegeben wird. So wie die Vorlage ausgearbeitet wurde von den èechischen Parteien, von den èechischen Agrariern, den Nationaldemokraten und der Lidová strana, so und nicht anders, muß sie angenommen worden. Selbst der vernünftige Antrag der Opposition, die Minister und die Fachreferenten vorzuladen und ihre Stellungnahme zur Vorlage kennen zu lernen, wurde niedergestimmt. Es wurde der Regierung Èerný sehr leicht gemacht, sich um die Verantwortlichkeit herumzudrücken, denn in Wirklichkeit haben wir es mit einer Vorlage der Parteien und nicht der Regierung zu tun, aber nicht aller sogenannten Zollparteien, sondern es ist nur eine Vorlage der èechischen Zollparteien, weil selbst die deutschen Parteien, die für diese Vorlage stimmen, nicht einmal um ihre Meinung geliört wurden, hinter ihrem Rücken wurde die Vorlage ausgekocht, sie waren daher auch nicht in der Lage, ihre deutschen Wünsche in die Vorlage hineinzubringen, sie hatten keine Möglichkeit, die Wünsche der deutschen Landwirtschaft entsprechend zum Ausdruck zu bringen.

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