Støeda 9. èervna 1926

Wir müssen noch etwas anderes untersuchen! Wer sind denn auf èechischer Seite die treibenden Elemente der jetzigen Zollvorlage? Da hat jetzt vor einigen Augenblicken der Repräsentant eines ganz bestimmten Systems dieses Staates gesprochen, der Herr Dr. Viškovský. Diese Herren von den èechischen Agrariern, die Kramáøleute, die èechischen Klerikalen, haben in Gemeinsamkeit mit den sozialistischen Parteien, denen jetzt das Grausen angeht, den Staatsaparat die ganzen Jahre hindurch in der Hand gehabt, und was haben sie für Politik betrieben? Eine Wirtschaftspolitik, deren Ergebnis heute ist: Der Landwirtschaft muß geholfen werden! Das ist das Ergebnis. Was haben diese Herren und ihre Parteien betrieben? Sie haben eine Bodenreform durchgeführt, die dem Namen Spott und Schande anhaften läßt, die den Namen mißbraucht zu einer nicht nur chauvinistischen, sondern auch sozial außerordentlich bedenklichen Art der Durchführung dieses Gesetzes. Sie haben Schiebungen über Schiebungen durchgeführt, eine Miliardenschiebung nach der anderen, gerade unter der Ägide des Herrn Viškovský. Tausende Existenzen sind auf dem Wege dieser Bodenreform liegen geblieben, sind ruiniert worden. Wir haben keine Landwirte und Pächter bei uns im deutschen Randgebiet, die 15, 20 und 25 Jahre, also beinahe die Ersitzungszeit nach dem bürgerlichen Gesetzbuch, auf dem gepachteten Grund zugebracht haben, solche Leute sind von der Heimatscholle vertrieben worden, ich verweise auf die geradezu eine Revolution hervorrufende Vertreibung der deutschen Pächter aus dem Wegstädtler und Leitmeritzer Bezirk, wo man die Leute aus ihrem langjährigen gepachteten Sitzen davongejagt hat. Wer anders war es, als jene Herren, die heute der Landwirtschaft helfen wollen? War denn das nicht auch Landwirtschaft, die man hier entwurzelt hat? Haben diese Landwirte und Bauern nicht das Höchste aus dem Boden erwirtschaftet, sowohl im Getreidebau wie in der Viehzucht? War das keine Landwirtschaft? Wo war denn damals die Landwirtfreundlichkeit dieser Herren, die ja heute noch die brutale Vertreibung des Kleinbauern, des Pächters betreiben? Wo waren die Herren von der andern Seite, als man den kleinen und mittleren Landwirten und der landwirtschaftlichen Arbeiterschaft das Versprechen gegeben hat: Ihr werdet Anteil bekommen an den Großgrundbesitzen, die Euch einmal geraubt worden sind? Durch solche schöne Redensarten hat man diese Kreise in ihrer sozialen Not noch weiter aufgestachelt, indem man in ihnen die Hoffnung wachrief, daß ihnen ein Teil des Unrechtes der Bodenreform zukommen werde. Was ist geschehen? Wo ist in diesem Hause der Mann, der aufstehen könnte, der mir den deutschen Bauer, den deutschen landwirtschaftlichen Arbeiter nennen könnte, dem Grund zugeteilt worden wäre? (Posl. Patzel: Und die Gemeinden!) Jawohl, und die Gemeinde, die doch selbst im Gesetze als erste berufen ist, bei der Verteilung des Bodens berücksichtigt zu werden! Wo ist die deutsche Gemeinde, frage ich, die in einem ausreichenden Maße von der Bodenreform Gewinn erlangt hätte? (Posl. inž. Jung: Selbst wenn es protokollarisch festgelegt war, wie beim Fürstenhof in Troppau, selbst dann bekommen es die Protektionskinder!) Und gerade diese Protektionskinder kommen jetzt her, dieser neue Landadel, diese von den èechischen Mehrheitsparteien geschaffenen Schieber und Kriegsgewinner und Glücksritter, die kommen jetzt her und sind die wichtigste Ursache, warum die Zölle eingeführt werden müssen. Und ich erinnere daran, was uns durch die Interpellation der èechischen Sozialdemokraten bestätigt wurde, daß man landwirtschaftliche Besitzungen um den Preis von drei Ämtern verkauft hat! Ich könnte Beispiele nennen, wo man landwirtschaftlichen Großgrundbesitz, wie z. B. den Besitz Hauska, mit 2 Millionen besteuert hat und um 1 Million dem Herrn Anwärter des Bodenamtes, dem Protektionskind zugewiesen hat, (Posl. Patzel: Dem Herrn Präsidenten der Škodawerke!)... ja wohl, der ohnehin schon Großgrundbesitzer par excellence ist. Meine Herren, mit dem Schutze der Landwirtschaft kommen jetzt dieselben Herren, die Steuern auf Steuern beschlossen haben, vor denen wir nicht nur aus oppositionellen Gründen, sondern mit Rücksicht auf unsere eigenen Steuerträger gewarnt haben, weil sie diese Steuerträger überlastet haben, weil sie sie ruiniert haben. Ein wahnwitziger Militarismus hat derartige Ausgaben uns aufgehalst, daß die Hälfte aller Schulden für diesen Militarismus gemacht wurde. 18 Milliarden haben wir in den letzten sieben Jahren für Militär ausgegeben, 18 Milliarden von 38 Milliarden Staatsschulden. Meine Herren, da mußte natürlich die Vermögensabgabe kommen, da mußten die Steuern ins Ungemessene erhöht werden, da mußte eine Last nach der andern der Bevölkerung aufgewälzt werden!

Und wie war es denn bei der Einlösung der Kriegsanleihe? Saßen da nicht die erbittertsten Gegner einer gerechten Lösung dieser Frage, saßen da nicht gerade jene, die unsere Kriegsanleihe besitzende Landwirtschaft, die unseren Gewerbestand und Mittelstand und große Teile der Arbeiterschaft eben wegen der Kriegsanleihe noch vor wenigen Tagen gehöhnt und gefrotzelt, saßen die nicht gerade auf jenen Bänken dort drüben, die heute die Freunde der Landwirtschaft sind, die den Landwirt retten müssen, nachdem sie ihm einen Fußtritt nach dem andern erteilt haben, die ihn zum Tragtier des Landes gemacht haben, die dem kleinen Landwirt und dem mittleren Landwirt das Fell über die Ohren gezogen haben? Jetzt kommen sie her und posieren auf einmal die Steuerfeinde und die Freunde der Landwirtschaft! Jetzt wollen sie helfen! Und dabei, ich wiederhole es, nicht eine einzige wirklich unangreifbare Statistik, nicht ein wirklicher Fachmann, der uns die Wirkungen des Zollschutzes dargelegt hätte!

Aber diese Vorlage bringt außer den Zöllen noch eine Reihe anderer Bestimmungen, vor allem die zwei Ermächtigungen zum Art. 5 und Art. 8. Der Herr Finanzminister Engliš hat den finanziellen Effekt der Vorlage mit ungefähr 500 Millionen Kronen eingeschätzt. Meine Herren, wem sollen wir diese 500 Millionen bewilligen, wem? Sollen wir sie einer Regierung Èerný bewilligen, die für uns ein Anonymus ist, hinter dem morgen wieder die Koalition frohe Urständ feiern kann? Wir sollen 500 Millionen Steuerreffekt für diese Regierung bewilligen, wir sollen ihr die Ermächtigung erteilen, dieses Zollgesetz bei den Verhandlungen mit anderen Staaten schrankenlos anwenden zu können, denn es ist eine schrankenlose Anwendung dieser Ermächtigung.

Artikel 8 bestimmt, daß, wenn die Einfuhr aus einem Staate durch Gewährung von Ausfuhr- oder anderen Vorteilen, durch Einführung einer längeren Arbeitszeit oder anderer ungünstiger sozialer Arbeitsbedingungen, oder durch Entwertung der Valuta die einheimische Produktion mit außerordentlicher Konkurrenz bedroht, die Regierung zum Schutze der heimischen Produktion Maßnahmen treffen kann, insbesondere durch Festsetzung besonderer Zölle oder besonderer Zollzuschläge oder durch Einschränkung der Einfuhr. Ja, meine Herren, was wollen Sie denn noch? Das ist ein plein pouvoir. Die Herren können ja machen, was sie wollen. Der Zollsatz ist für sie nichts anderes als ein Aushängeschild, um diesen Art. 8 bewilligt zu bekommen, mit dem sie alles machen können, was sie eben durchzusetzen für notwendig halten.

Wir wissen, daß die Landwirtschaft, die heute nach Zöllen ruft, schwer zu kämpfen hat, wir wissen, daß insbesondere die kleinen Landwirte schwer arbeiten und unter den gegenwärtigen Zuständen schwer ringen müssen, aber wir zweifeln daran, ja wir bestreiten es, daß das der richtige Weg für die Zukunft ist. Wollen wir eine Entlastung der Landwirtschaft von ihren übermäßigen Lasten, wohlan, dann treten wir ein für eine Verminderung des Steuerdruckes, dann bestehen wir darauf, daß die Umsatzsteuer wenigstens beim Urproduzenten und beim Landwirt ermäßigt oder beseitigt wird, dann treten wir ein für eine mustergiltige Förderung der landwirtschaftlichen Genossenschaftsinstitute und Organisationen, insbesondere zu dem Zwecke, damit der Zwischenhandel, der vom Dr. Meissner ganz richtig als wucherischer Zwischenhandel gekennzeichnet wird, beseitigt wird. Ich habe vor mir den Bericht der Prager Produktenbörse vom 25. Mai dieses Jahres. In diesem Originalberichte heißt es: "Die rege Kauflust für. Mahlgetreide, die sich in der letzten Zeit entwickelte, hat heute weitere Fortschritte gemacht. Die Beteiligung der Mühlen war sehr lebhaft und es wurden heute recht ansehnliche Umsätze erzielt, wobei Weizen 4 bis 5 Kronen, Roggen 3 Kronen gegen Schluß der Vorwoche mehr erzielte. Offerte von slovakischen Neuweizen lagen heute vor, sie fanden aber wenig Beachtung, da sie zu hoch waren. Die Abgeber rechnen mit baldigem Inkrafttreten der Getreide- und Mehlzölle und stellen dementsprechend ihre Forderungen." Ja, meine sehr Verehrten, das waren nicht slovakische Bauern, die die Spekulation schon jetzt betreiben, sondern das sind jene Spekulanten, ohne deren entscheidende Beseitigung, sage ich, niemals zwischen Land und Stadt eine wirkliche Versöhnung stattfinden kann. (Výkøiky: Das ist die Aufgabe der Konsumenten!) Das ist nicht die Aufgabe der Konsumenten, auch die Industrie schafft sich ihre Absatzorganisationen selbst, und auch die Landwirtschaft muß sie erst schaffen. Das wäre eine für die ganze Volkswirtschaft wohltuende Aufgabe, deren Lösung für die Landwirtschaft ein großes Ruhmesblatt bedeuten würde.

Wir verweisen weiters noch darauf - ich habe im Budgetausschuß, ohne daß ich noch Kenntnis hatte von der Rede des Herrn Oberrat Meissner, dieselben Gedankengänge ausgeführt. Er sagt auf Seite 26 seiner Broschüre, die jüngst erschienen ist, Folgendes: "Am ärgsten aber, fürchte ich" - das sagt Ihr wichtigster Fachmann auf dem Gebiete - "werden die Enttäuschungen sein, welche der Roggenzoll unseren Gebirgslandwirten bereiten wird. Es mag sein, daß unmittelbar nach Einführung eines höheren Roggenzolls unter Einfluß der Spekulation gerade beim Roggen eine teilweise Preisbesserung eintreten wird, aber halten wird sie sich auf die Dauer kaum." Und jetzt komme ich zur wichtigsten Tatsache. Was Herr Oberrat Meissner vom Roggen sagt, das wird in allen Fällen zutreffen. Der Zoll wird sich auswirken, ja die Landwirtschaft wird eine Erhöhung ihres Ertrages haben, heuer im Herbst. Aber wir werden uns im nächsten Jahre wieder sehen und wir werden im nächsten Jahre, wenn die Folgen der Zollerhöhung kommen werden, wenn die Arbeiterschaft, getrieben durch eine niedrige Entlohnung, ebenso wie die Beamten und Angestellten, neue Lohnforderungen stellen und durchsetzen wird, wenn wir eine Verteuerung aller wichtigsten Industrie- und Bedarfsgegenstände haben werden, dann wird die Landwirtschaft über Jahr und Tag dastehen und wird den Ertrag ihrer Zölle in der Verteuerung der gesamten Wirtschaft wieder versinken sehen. Und deshalb sagen wir, wir halten diesen Weg nicht für den richtigen, auf diese Weise der Landwirtschaft Hilfe angedeihen zu lassen. Wir werden daher im Interesse der Arbeiterschaft, im Interesse des Mittelstandes, im Interesse der Beamtenschaft, im Interesse aber auch der kleinen Landwirte, die nicht in den Ertrag der Zölle gelangen werden, im Interesse unserer Volkswirtschaft gegen die Gesetzvorlage Mašata stimmen. (Souhlas a potlesk na levici.)

2. Posl. Heller (viz str. 1422 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Es ist für mich ziemlich betrübend, unter welchen Umständen ich hier im Namen des Bundes der Landwirte für die vorliegende Zollvorlage sprechen muß, weil ich zumindest gehofft hätte, daß diese so hoch wirtschaftliche Frage, diese so wichtige Frage mit jener klaren Nüchternheit und leidenschaftslosen Ruhe wäre behandelt worden, die ich gewünscht und die sie auch verdient hätte. Was wir aber heute hier bis jetzt erlebt haben, zum Teil auch schon während der Beratungen in den Ausschüssen, ist alles gewesen, nur keine sachliche Argumentation, ja, beinahe könnte man behaupten: nachdem sachliche Argumente nicht hier sind, hat der Terror eingesetzt, um die Argumentlosigkeit zu verdecken. Wenn ich hier nun als Vertreter des Bundes der Landwirte spreche, der fast nur aus Klein- und Mittelbauern besteht, und das Eintreten für die Zollvorlage begründe, weiß ich ganz genau, was ich tue, weil ich selbst diesem Stande angehöre und selbst heute noch alle die Lasten und Leiden dieses Standes zu tragen habe, so wie ich sie auch in früheren Jahren bei diesem Berufe getragen habe. Die Gegner sehen in der Zollvorlage, die wir vertreten, immer nur das reine Gewinnsystem, doch ich sage Ihnen ehrlich: Aus uns spricht nicht das Gewinnsystem allein, sondern die primäre Forderung, die wir mit der Bewilligung dieses landwirtschaftlichen Zollschutzes aufstellen, ist die Forderung nach Gleichberechtigung. (Souhlas.) Sind den wir deklassierte Staatsbürger, daß die Konsumentenkreise sich seit Jahrzehnten erlauben können, für die Industrie Zölle zu bestimmen, die ins Unermessliche gehen, und die Landwirtschaft schutzlos zu lassen? Wir haben dasselbe Recht im Leben wie die andern, und ich möchte sagen, wir haben dieses Recht zu leben, eher als die andern, weil wir das primäre Element im Leben des Volkes sind. Wir waren vor der Industrie und wir werden nach ihr sein. Denn sonst hört das Leben des Volkes überhaupt auf. Diese primäre Forderung geht nach Gleichberechtigung, uns liegt hier wenig an der Höhe der Zollsätze, wir würden zufrieden sein, wenn die überhohen Zollsätze auf die Industrieartikel abgebaut würden, um uns unsere Lebenshaltung etwas zu verbilligen. (Souhlas.) Leider Gottes habe ich bis jetzt aus den Konsumentenkreisen kein Stimme gehört, die sich für den Abbau der übermäßigen Industriezölle eingesetzt hätte. (Posl. Patzel: Das stimmt nicht, Herr Kollege!) Bitte, Wer hat sich eingesetzt? Ich rede von den Konsumentenkreisen! Die haben Industriellzölle eingeführt und die Agrarzölle verneint. Ob sie damit volkswirtschaftlich richtig gehandelt haben, ist eine zweite Frage. Jedenfalls haben die Herren schon ihren Karl Marx vergessen, seine große Rede, die er im Jahre 1849 in Brüssel über den Freihandel gehalten hat. Denn aus dieser Rede dieses jedenfalls gescheiten Menschen hätten Sie entnommen, daß er damals den englischen Freihandel resp. die Antikornliga schon entsprechend glossiert hat, indem er sagte: "Ja, die Landwirtschaft werdet Ihr ruinieren, aber Ihr werdet nicht andere Länder zwingen können, Euch Eure Fabrikate abzukaufen." Dasselbe Elend sehen wir jetzt hier in unserem Staate, daß hier wohl die Landwirtschaft ruiniert wird, daß aber kein Mittel da ist, um den Export unserer Industrieprodukte zu heben. (Výkøiky: Sehr richtig! Karl Marx hat recht!) Er sagt noch ganz anderes, ich komme noch darauf zurück. Sie sehen, ob heute Schutzzoll oder Freihandel berechtigt ist, ist eine Sache für sich, aber die Tatsache, daß kein landwirtschaftlicher Schutzzoll bestehen soll, wohl aber Industriezölle, die fordert uns zum Kampf heraus, und diesen Kampf werden wir kämpfen, ob er lange oder kurz dauert, ob er noch so lange dauert, so lange, als wir arbeiten können und hart arbeiten müssen. Wir haben das Recht auf Gleichberechtigung und werden es uns auch von den Konsumentenkreisen nicht nehmen lassen. Wir fühlen mit den Konsumentenkreisen, aber wir sind auch Konsumenten für Bedarfs- und Industrieartikel. Und wenn die anderen Kreise kein Herz und kein Gefühl für uns übrig haben - mein Gott! Nach jahrzehntenlangem Schaffen hat jede Sentimentalität ein Ende - können wir sagen, auch wir kommen daran, auch wir wollen unseren Platz an der Sonne haben, so gut wie die anderen. Diese primäre Forderung nach Gleichberechtigung stellen wir überhaupt voran. Jahrhundertelang hat das Landvolk in Leibeigenschaft, in Frohn gelebt. Ich möchte besonders behaupten, daß wir in jenen Zeiten gerade von den städtischen Kreisen nichts zu hoffen hatten, daß in gewisser Beziehung die Beamtenschaft des feudalen Großgrundbesitzes ein noch viel ärgerer Bauernschinder war als der Großgrundbesitz selbst. Und wenn wir heute durch Männer wie Josef II. und Dr. Hans Kudlich unsere politische Gleichberechtigung erlangt haben, so haben wir trotz alledem auch das Recht auf wirtschaftliche Gleichberechtigung. Und ich sage, wir sind nicht minderwertig, schon infolge unserer Arbeitsleistung nicht, infolge unserer Ruhe und Beständigkeit und letzten Endes auch als unerschöpfliche Quelle jedes Volkes, da sich nur durch die Populationskraft des Landvolkes die Industriebevölkerung wird erhalten können. Wenn ich um eine Stadt eine Mauer ziehe, so ist sie nach 5 Generationen ausgestorben. Ihre Bevölkerung kann sich nicht vermehren, die Sterbeziffer ist größer als die Geburtsziffer. Nur durch Zustrom frischen Blutes der Landbevölkerung können Industrie- und Stadtbevölkerung erhalten werden. (Výkøiky posl. L. Wenzela.) Gestatten Sie, Herr Kollege! Ich polemisiere jetzt nicht, ich spreche rein wirtschaftlich, wenn Sie daran kommen, bringen Sie ebenfalls wirtschaftliche Argumente. Mit Politik befasse ich mich bei rein wirtschaftlichen Fragen überhaupt nicht. An dieser Zollgesetzvorlage haben alle Landwirte dieses Staates, ganz gleich ob Deutsche, Èechen, Slovaken, Ruthenen, Polen oder Ungarn ein Interesse, genau so, wie sie ein Interesse daran hatten, als Josef Il. die Leibeigenschaft aufgehoben hat für Deutsche, Polen und Italiener und alle die anderen! Das ist ganz genau dasselbe. (Souhlas.) Jenes war die politische Gleichstellung mit den Bürgern der Städte, und diese Vorlage soll die wirtschaftliche Gleichberechtigung mit den übrigen Berufen bedeuten. Da haben wir keine nationale Politik hineinzutragen. Es wäre auch viel besser, wenn wir die nationale Politik bei Seite ließen und nur rein von Wirtschaft sprächen. Es würde das schließlich auch nicht schlecht für uns sein, wenn wir immer wirtschaftlich in beiden Lagern denken würden, dann würden sich auch jene großen Steuerlasten einmal vermindern lassen und es würde uns etwas besser gehen. Heute von Freihandel sprechen? Ich habe schon vorhin Marx bezüglich des englischen Freihandels zitiert, den Mann, der vor 77 Jahren eingesehen hat, daß es den europäischen Staaten nicht leicht fallen wird, einen schrankenlosen Freihandel einzuführen, und da möchte ich gerade jetzt meinem Vorredner widersprechen und sagen: gerade in diesem mitteleuropäischen Staate hier ist er erst recht nicht durchzusetzen, denn er hat keine Verbindung mit dem Weltmeer und infolgedessen nicht die Möglichkeit, sich ohne weiteres, ohne Grenzüberschreitung oder sonst dergleichen irgend etwas aus den überseeischen Ländern zu importieren. Es wird auch heute noch von gewissen Kreisen daran gearbeitet, ein sogenanntes Paneuropa zu schaffen. Selbst wenn wir eine allgemeine europäische Zollunion bekämen, dann würden wir unser blaues Wunder erleben. Wir als Landwirte würden uns allerdings weniger wundern, als die Industriearbeiter, und zwar aus gewissen Gründen. Wir als Landwirte, die wir weniger verwöhnt sind und weniger Ansprüche an die Lebenshaltung stellen, würden mit langer und fleißiger Arbeit noch manches aushalten, was heute unsere Industriearbeiterschaft nicht mehr aushält. Nach dem Gesetze der Konkurrenz würde der Preis jeder Ware auf ein Minimum heruntergedrückt, auf das Minimum der Produktionskosten, somit ist das Lohnminimum auch der natürliche Preis der Ware: "Arbeit." Karl Marx sagt in seiner Rede: "Ja, beim Freihandel werdet Ihr für einen Franken mehr zu kaufen bekommen, aber Ihr werdet weniger Franken bekommen für Eure Ware "Arbeit", infolgedessen wird es Euch nicht besser, sondern schlechter gehen." Trotz dieser vernichtenden Kritik, die Karl Marx über den Freihandel aussprach, ist er zuletzt doch für den Freihandel eingetreten, und da ist sein letzter Ausspruch sehr wohl zu werten: "Im allgemeinen ist das Schutzzollsystem konservativ, während das Freihandelssystem zerstörend wirkt. Es zersetzt die Nationalitäten und treibt den Gegensatz zwischen Proletariat und Bürgertum auf die Spitze. Mit einem Wort, das System des Freihandels oder der Handelsfreiheit beschleunigt die soziale Revolution. Daher stimme ich für den Freihandel." Das sagt natürlich der Revolutionär Karl Marx. Trotzdem er wirtschaftlich einsieht, daß das Schutzzollsystem für die innereuropäischen Staaten eine unumgängliche Notwendigkeit ist, stimmt er natürlich für den Freihandel, weil er ebenso wohl einsieht, daß das Freihandelssystem zersetzend wirkt und infolgedessen den revolutionären Ansprüchen entgegen kommt. Da ergibt sich schon in gewissem Sinne unsere Stellungnahme. Wir sind keine Revolutionäre, wir sind Evolutionäre, wir sind Bauern im edelsten Sinne des Wortes, wir wollen aufbauen und bauen und fragen nicht danach, ob es schon 6 Uhr gepfiffen hat, oder ob es 6 Uhr vorbei ist. Aber wenn man heute aufbaut, wird man selbstverständlich konservativ sein, beständiger, weil man das Geschaffene erhalten will. Infolgedessen werden wir selbstredend, ob Klein- oder Mittelbauern, für den Schutzzoll eintreten, weil wir wünschen, daß die heimische Produktion geschützt wird, daß nicht zersetzende Einflüsse platzgreifen, sondern daß der Bestand erhalten bleibt und für das Wohl des Volkes weitergearbeitet wird. Unsere heutigen Sozialdemokraten haben ihre revolutionären Zähne zum größtenteil bereits verloren. Trotz allem wird von ihnen mit dieser Doktrine des Freihandels immer noch hausieren gegangen, obwohl sie ganz genau wissen können, daß ihr jede Berechtigung eigentlich mangelt. Aber man benützt diese Doktrin, um eben gegen die landwirtschaftliche Schutzzollgesetzgebung anzukämpfen. Meine Herren, wir haben es ja schon erlebt, wir haben in den Achtzigerjahren bereits eine große Konsumentenpartei gehabt, die leider Gottes auch das Landvolk geführt hat, die sogenannte Vereinigte Deutsche Linke unseligen Angedenkens im alten Österreich. Bei dieser Partei hat der Name zugetroffen: Vereinigt war sie, um deutsch zu sein, damit die Linke nicht wisse, was die Rechte tut. Damals sind einseitige Hochschutzzölle für die Industrie eingeführt worden und sie waren schuld daran, daß im Laufe der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts Hunderttausende Bauernwirtschaften auf die Gant gegangen sind, verkauft werden mußten, weil sie unrentabel wurden, weil sie niemand erhalten konnte. Und wer hat sie gekauft? Gerade die Industrie, und ich könnte Hunderte Fälle anführen, wie solche Bauerngüter dann zur Waldanpflanzung, zur Anlage von Fasanen- und Wildgehegen gedient haben. Ist das Produktionsförderung? Nein. Damals hatten sich die Konsumentenparteien einseitig auf den Standpunkt der Industrieförderung gestellt, um ihr auf Kosten der Landwirtschaft zum Wohlleben zu verhelfen.

Ist die Schutzzollgesetzgebung schädlich? Als Antwort auf diese Frage gibt es wohl kein treffenderes Beispiel als das Deutschland Bismarcks. Bismarck hat die landwirtschaftlichen Schutzzölle eingeführt, ebenso wie die Industriezölle. Und in Deutschland draußen blühten Handel, Gewerbe und Landwirtschaft. Die Landwirtschaft hob sich auf eine ungeahnte Höhe. Mit ihrem Hektarertrag konnte sich das alte Österreich nie vergleichen, trotzdem der Boden dort durchaus nicht besser war als bei uns. Und hat das zur Herabsetzung der Lebenshaltung der Arbeiter in Deutschland beigetragen? Meine Herren! In den neunziger Jahren, als ich aus der Schule kam, ist alles nach Deutschland hinübergewandert, was überhaupt konnte, weil drüben die besten Löhne gezahlt wurden. Der landwirtschaftliche Arbeiter bekann in Deutschland doppelt soviel Lohn als in Österreich, und ist durch die landwirtschaftlichen Schutzzölle vielleicht der Lebensstandard des Arbeiters erniedrigt worden? Das ist eine Chimäre. Es ist dem Arbeiter in Deutschland nie besser gegangen als zur Zeit des landwirtschaftlichen Schutzzolles. Aber natürlich mußte der Schutzzoll gleichmäßig sein. (Posl. Hirschl: Das waren Friedenszeiten!) Es könnten auch jetzt wieder Friedenszeiten sein, wenn der Terror von beiden Seiten unterbliebe. Wenn aber von beiden Seiten Terror geübt wird und ein Kampf aller gegen alle anhebt, dann ist selbstverständlich kein Friede und dann werden sich auch die Segnungen eines allgemeinen Schutzes der heimischen Produktion nie auswirken können. Das bitte ich zu beachten, als eine Vorbedingung, die unerläßlich ist. Eine friedliche Entwicklung und Produktionssteigerung kann nur dann stattfinden, wenn diejenigen, die sich für eine Steigerung der Produktion einsetzen, auch die Sicherheit haben, daß ihnen der Ertrag der Steigerung gewährleistet bleibt. Das ist klar. Solche Narren sind wir heute nicht, daß wir arbeiten, damit andere es uns wegnehmen. So dumm ist heutzutage kein Mensch, daß er sich das gefallen ließe. Das wäre unerhört. Und wenn zu mir jemand käme um das, wofür ich mich mit meinem Weibe dreißig Jahre geplagt habe, wegzunehmen, so würde ich mich mit allen Mitteln, auch mit der Axt, zur Wehre setzen und ihn hinausjagen. Und wenn sich jemand auf den Standpunkt stellt, er habe das Recht zu nehmen, weil ein anderer auch nimmt, so sage ich, dieses Recht hat er nicht. Soviel Moralität muß man besitzen, daß man ehrlich bleibt, auch wenn der andere ein Lump ist. (Souhlas a rùzné výkøiky.)

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