Meine Damen und Herren! Der Antrag des Außen-
und des Gewerbeausschusses zum Handelsvertrag mit Japan
begründet die Notwendigkeit der gesetzlichen Verabschiedung
dieses Handelsvertrages insbesondere mit historischen Gründen,
mit der Tatsache, daß einmal Japan vor ein paar Jahren den
sibirischen Legionen der Èechoslovakei
Stoffe geliefert hat. Dort aber, wo alte wirtschaftsbeziehungen
nicht erst seit 1917 oder 1918 bestehen, sondern seit Jahrhunderten
die Gebiete miteinander wirtschaftlich verbinden, dort beeilt
man sich mit dem Abschluß von Handelsverträgen nicht
gar so sehr, trotzdem - nicht von deutscher, sondern von angesehener
èechischer wirtschaftlicher Seite diese Frage der Regierung
in sehr scharfer Form vorgeführt wurde. Den Handelsvertrag
mit Japan beeilt man sich abzuschließen, Handelsverträge
mit Deutschland und anderen Staaten
aber werden seit Jahr und Tag hinausgeschoben, trotzdem führende
èechische Wirtschaftspolitiker selbst eingestehen, daß
dies dem Staate zu außerordentlichem Nachteil gereicht.
So hat kürzlich der Generalsekretär des Zentralverbandes
der èechoslovakischen Industriellen Hodáè
an der èechischen Handelsvertragspolitik sehr eingehende
und sehr scharfe Kritik geübt. Er hat z. B. darauf hingewiesen,
daß die fortwährende kurze Terminierung des heuer wieder
am 30. Juni ablaufenden Ermächtigungsgesetzes wiederholt
dem Wirtschaftsleben schweren Schaden zugefügt hat, so bei
den Verträgen mit Italien und mit Spanien und er hat weiter
darauf hingewiesen, daß auf dem Gebiete der Handelspolitik
eine Unsicherheit besteht, die uns Hunderte von Millionen Kronen
und hunderttausende Arbeitslose kosten wird, falls sie nicht rechtzeitig
geändert wird.
Nun stehen wir unmittelbar vor der Aufnahme der Handelsvertragsverhandlungen
mit dem großen Wirtschaftsgebiet Deutschland, von dem derselbe
Dr Hodáè sagt, daß seine Ausfuhr ständig
zunimmt, daß das deutsche Wirtschaftsleben sich erholt und
kräftigt, ganz im Gegensatz zum
Wirtschaftsleben in der Èechoslovakischen Republik, und
in dem Augenblick, wo - in wenigen Tagen - die Unterhändler
zusammentreten werden, um auch für unsere Industrie und unser
Gewerbe entsprechende Vereinbarungen mit Deutschland zu treffen,
da findet der Herr Außenminister ein ganz anderes politisches
Vorgehen gegen Deutschland für gut, ein Vorgehen, das die
allerungeheuerlichste und unerhörteste Unfreundlichkeit ist.
(Výkøiky na levici.) Wir
ergreifen die Gelegenheit, von der Tribüne dieses Hauses
darauf hinzuweisen, daß Minister Dr Beneš wieder
einmal ein geradezu verwerfliches Doppelspiel getrieben hat. (Souhlas
na levici.) Man hat Deutschland zu Verhandlungen nach Genf
gelockt, hat es dort in brutaler Weise weggestoßen, und
da es nun begreiflicherweise von der Möglichkeit Gebrauch
macht, außenpolitische Freundschaftsverhandlungen einzuleiten
mit einem anderen Staat, mit einem östlichen Staat, mit dem
die Herstellung normaler Beziehungen Herr Dr Beneš
seit Jahren, offenbar über anderweitigen Auftrag von dort
rechts oben, obstruiert, in demselben Augenblick findet es Dr
Beneš für richtig und angemessen, über Deutschland
in geradezu ungeheuerlicher Weise herzufallen und in einer Art
die Frage der Vereinbarkeit dieses deutsch-russischen Vertrages
mit den Völkerbundsatzungen und Locarno aufzuwerfen, die
wohl unerhört ist und die ihm die gebührende Zurechtweisung
seitens der deutschen Vertretung in Prag mit Recht eingetragen
hat. (Souhlas na levici. - Posl. Horpynka: Lloyd George
hat gesagt: "Der kleine Herr aus der Èechoslovakei
rumort mit einem Fragebogen in Europa herum!")
Dr Beneš wird vielleicht mit den Jahren, wenn er einmal
das Schwabenalter erreicht hat, klüger werden, wird verspüren,
wie man ihn diesmal mißbraucht hat, und nachdem er seine
Aufgabe schlecht gelöst, von London aus mit einem entsprechenden
Fußtritt abgeschüttelt hat. (Posl. Horpynka: Er
hat es ja gern getan!) Er hat es zweifellos gern getan, aber
er hat vielleicht nicht erwartet, daß er von den schlaueren,
klügeren und diplomatisch besser veranlagten Engländern
nun einen kalten Wasserstrahl erhielt. Es ist wohl ein Zynismus,
wenn man von Prager Regierungskreisen dem Rechte Deutschlands,
einen reinen Neutralitätsvertrag mit dem großen russischen
Reich abzuschließen, sich hindernd in den Weg stellt,
während dieselbe Èechoslovakische Republik 4 Jahre
vorher einen Neutralitätsvertrag mit der Union der Sowjetrepubliken
abgeschlossen hat. Gegen diese Art von Politik protestieren wir
und kennzeichnen sie als das, was sie ist, als die
Politik unerhörter Doppelzüngigkeit. (Potlesk na
levici.)
Und nun gestatten Sie mir ein paar Worte, um
in wenigen Sätzen leidenschaftslos und mit ruhiger Sachlichkeit
den Standpunkt meiner Gruppe und Partei zu einer Frage darzulegen,
die seit einiger Zeit die Auseinandersetzung über wirtschaftliche
Angelegenheiten in außerordentlicher Weise beherrscht, das
ist die Frage der landwirtschaftlichen Zolltarife, zumal
ja heute von èechisch-agrarischer Seite die Einbringung
des Antrages, der im Senate bereits absolviert wurde, auch im
Abgeordnetenhaus von dieser Tribune angemeldet wurde. Wir haben
heute von èechisch-agrarischer Seite das Lied diesmal in
der Weise gehört, daß eigentlich
von der Einführung entsprechender Getreide- und Viehzollsätze
die großen Bauern ja gar nicht berührt werden, daß
sie gar kein Interesse daran haben, daß das bloß eine
immense wirtschaftliche Wohltat für die kleinen Landwirte
ist. (Výkøiky.) So
hat man das Lied bisher nicht gehört. Bisher hat man gehört,
daß die kleinen Landwirte... (Posl. Hirschl: Ihr seid
doch in einem Verband!) Ihr seid auch mit den èechischen
Genossen in einer Internationale und häkelt Euch national,
und wir haben auch das Recht, uns über
wirtschaftliche Angelegenheiten mit anderen deutschen Parteien
ruhig und sachlich auszusprechen. Bei Ihnen im Zentralrat in Moskau
geht es viel böser zu. (Souhlas na levici. - Posl.
Wünsch: Warum wird diese wichtige Frage leidenschaftslos
besprochen?) Weil man eine wirtschaftliche Frage ruhig bespricht
und nicht mit phrasenhafter Demagogie. Die Art, wie ich rede,
ist meine Sache, und ich rede Ihnen nicht drein, wie Sie zu sprechen
gewöhnt sind. (Potlesk na levici.)
Ich wiederhole, daß wir diesmal den Versuch
hören, die Sache so darzustellen, als würde die Stabilisierung
der landwirtschaftlichen Zölle etwa auf Friedensniveau, nach
der Goldparität, vor allem dem kleinen Landwirt eine Existenzerleichterung
bringen und für die Großwirtschaft nicht. Den Beweis
dafür sind uns hisher alle die Vertreter dieser Ansicht schuldig
geblieben. (Souhlas.) Ich habe mich bemüht, die agrarischen
wissenschaftlichen Publikationen der letzten Wochen über
diese Dinge, die Aufsätze landwirtschaftlicher deutscher
Fachleute nachzulesen. Aber ich finde nur Behauptungen, niemals
Beweise dafür, vielmehr Beweise für etwas ganz anderes,
womit ich mich ein klein wenig befassen werde. Man kann wohl auch
die Frage der landwirtschaftlichen Zölle nicht einfach damit
abtun, daß man die Parität zwischen Industrie- und
Landwirtschaftzöllen verlangt. Denn der Stand der Landwirtschaft
in einem Staate ist etwas anderes als das Verhältnis der
Industrie zur Gesamtbevölkerung des Staates. Bei der Landwirtschaft
haben wir zunächst die Frage zu erörtern und zu beantworten,
ob die heimische Landwirtschaft imstande ist, die Autarkie des
Staates sicherzustellen, d. h. der Selbstgenügsamkeit zu
entsprechen und die Bevölkerung des Staates mit Lebensmitteln
zu versorgen. Wir wissen, daß die Èechoslovakei
von heute - ehedem waren die Gebiete vom Mittelmähren und
Mittelböhmen die reichsten Länder im alten Österreich
und wir haben immer gehört, daß diese beiden Länder
allein imstande sind, ganz Westleithanien zu ernähren - das
nicht imstande ist. Das Problem aber ist von
einer anderen Seite anzupacken, es ist von der Seite anzupacken,
wo derselbe Minister, der heute gelobt wurde, der Meinung Ausdruck
gegeben hat, daß es ganz Wurst sei, ob die Durchführung
der Bodenreform den Ertrag des Bodens vermindert, wenn nur der
nationalpolitische Zweck erreicht wird. Eine solche Art von Bodenpolitik,
die eine Bodenreform durchführt auf die Gefahr hin, die landwirtschaftliche
Produktion zu vermindern, und die dann die Landwirtschaft fördern
will, indem sie höhere Getreidezölle auferlegt, das
ist ein anderes Kapitel. (Potlesk na levici.)
Im übrigen sind diejenigen Kreise im Irrtum,
welche meinen, daß man der Landwirtschaft eine Wohltat erweisen
will. Wir wissen, daß der Herr Finanzminister zum Teil aus
fiskalischen Gründen auf der Einführung von Getreidezöllen
beharrt, weil er - das ist so die Divide-et-impera-Politik, die
Sie den alten österreichischen Regierungen glänzend
abgeguckt haben - weil er ohne ausgiebige Getreidezölle nicht
imstande sei, die Forderungen der öffentlichen Angestellten
zu befriedigen, dieselben Forderungen, um derentwillen seit nahezu
einem Jahre Verwaltungsabgaben in Amtssachen eingehoben und Millionen
aufgestapelt, thesauriert werden, die lediglich zur Besserstellung
der öffentlichen Angestellten bestimmt waren. (Posl. Simm:
Das Fünffache des Betrages, der zugestanden wurde!) Jawohl,
sie haben das Fünffache des Ertrages, der zugestanden wurde.
Aber wie dieser bestimmungsgemäß für die Regelung
der Lebenshaltung der öffentlichen Angestellten und Lehrer
bestimmte Betrag bis jetzt verwendet wurde, darüber ist man
uns jedwede Aufklärung schuldig geblieben, wie über
viele andere Dinge, über die vielen Millionen des Kunstdüngerfondes
u. s. w., über die gerade die landwirtschaftlichen Vertreter
alle Ursache hätten, vom ehemaligen und vom jetzigen Landwirtschaftsminister
Rechenschaft zu verlangen.
Wenn aber die Èechoslovakei in der Lebensmittelversorgung
nicht autarkisch sein kann, so müssen wir Lebensmittel einführen.
Nur muß ich die Frage beantworten: Ist nicht die Einführung
der Getreidezölle einerseits geeignet, die Lebenshaltung
der breiten Massen der schaffenden Mensch en
zu verteuern, und ist sie auf der anderen Seite wenigstens imstande,
den Landwirten eine wirkliche Hebung ihrer Existenzmöglichkeit
zu bringen? Es ist zweifellos, daß die Einführung der
landwirtschaftlichen Zölle nach Goldparität das Lebensniveau
der breiten Massen der schaffenden, der nicht Landwirtschaft besitzenden
Menschen in ungeheuerem Maße zu erhöhen droht in dem
Augenblicke, wo die angekündigte Beamtengehaltsregelung die
Gehälter gewisser weniger Gruppen von Beamten zwar reguliert,
aber den großen Massen der kleinen und der unteren Angestellten
auf Jahre hinaus eine Besserung nicht bringt, in einer Zeit, wo
in der ungeheuerlichen Wirtschaftskrise die Arbeitslosigkeit ständig
steigt, die Gehälter und Löhne der Angestellten und
Arbeiter in der Privatwirtschaft aber ständig herabgesetzt
werden. Auch die öffentlichen Angestellten werden sich, glaube
ich, sehr dafür bedanken, wenn sie hören werden, daß
das Stücklein Brot, das einer vielleicht durch die Gehaltsregelung
bekommt, auf der anderen Seite durch die Einführung hoher
Getreidezölle ihm wieder genommen werden soll.
Es wird von landwirtschaftlicher Seite manchmal
mit Argumenten operiert, von denen ich sagen muß, daß
sie für mich eine gegenteilige Beweiskraft haben. Da schrieb
z. B. der deutsche Landwirtschaftsdirektor Hilmer in Brünn
über diese Frage in deutschen Blättern in Mähren
und Schlesien einen Aufsatz, in dem er sagt: "Übrigens
braucht sich eine Preissteigerung des Brotgetreides durch Einführung
des Zollschutzes in einer Erhöhung der Kleinpreise gar nicht
auszuwirken, da die Getreidepreise seit dem Jänner 1925 auf
die Hälfte der seinerzeitigen Preise gefallen sind, ohne
daß in gleicher Weise ein Preisrückgang auf dem Kleinmarkt
festzustellen war." Ja, meine Herren, für uns ergibt
sich da eine andere Frage: Was ist denn schuld, daß wir
alle Brot und Mehl in der gleichen Höhe bezahlen müssen,
während die Preise der landwirtschaftlichen Produkte gesunken
sind? Sollen die Bauern die Arbeiter aufrufen zum Kampf gegen
den Zwischenhandel, zum Kampf gegen die internationale Spekulation,
da wird sich eine Front der schaffenden Menschen herstellen lassen,
während wir alle Ursache haben zu fürchten, daß
die Stabilisierung der landwirtschaftlichen Zölle, wie sie
geplant ist, unsere Lebenshaltung erhöhen wird. Und wenn
auf die Viehpreise, auf die Unterschiede zwischen Vieh- und Fleischpreisen
hingewiesen wird, frage ich: Wo bleibt dieser Unterschied? Wenn
unsere Landwirte bei den heutigen Preisen - ich bitte, ich habe
die Preise der gestrigen Prager Viehbörse in der Hand und
die Fleischpreise, und letztere sind ganz ansehnlich - nicht genug
verdienen, möge doch der Kampf begonnen werden. Ich weiß,
daß der Viehabsatz unserer Landwirtschaft gering ist. Unsere
Landwirte könnten sich ein Beispiel nehmen an der mustergiltigen
Bauernorganisation in Hessen, einer musterhaften Organisation,
die vor einigen Jahren erst wieder die Bauern in Bayern begonnen
haben, die Kornwucherer, die Viehwucherer energisch zu bekämpfen,
und eine unmittelbare Verbindung der Organisationen der Erzeuger
mit denjenigen der Verbraucher hergestellt haben. (Souhlas.)
Wir haben vor uns noch ein Dokument, das ist
noch viel wertvoller. Es ist heute Vormittag allen Klubs eine
Denkschrift des Zemský poradní sbor pro záležitosti
zemìdìlského dìlnictva
v Praze, das ist die Landesberatungskörperschaft für
die Angelegenheiten der landwirtschaftlichen Arbeiterschaft in
Prag zugekommen. Diese Denkschrift erstattet ein Gutachten der
Organisationen, die vereint tagten, um Vereinbarungen über
die landwirtschaftlichen Löhne zu treffen. Und dieses Gutachten,
auf dem unterschrieben sind nicht nur sämtliche einschlägigen
in der Èechoslovakischen Republik vertretenen Gewerkschaftsverbände,
welche landwirtschaftliche Arbeiter umfassen, sondern
das auch die Unterschrift trägt der èechischen und
deutschen Sektion des Landeskulturrates und der großen landwirtschaftlichen
Zentralkörperschaften der deutschen und èechischen
Bauern in Prag. Dieses Gutachten ist nun ein Argument, mit dem
wir diskutieren werden, aber ein Argument gegen
jene, welche die Besserstellung der Landwirtschaft von der Einführung
hoher Zölle erwarten. Es heißt darin: "Die Landesberatungskörperschaft
betont mit Nachdruck, daß das Haupthindernis für die
Verbesserung der schwierigen Verhältnisse nicht nur der landwirtschaftlichen
sondern auch der Arbeiterschaft anderer Erwerbszweige und Arbeitnehmer
überhaupt der Umstand ist, daß trotz des bedeutenden
Sinkens der Getreide- und Viehpreise die Preise der Lebensmittel
im Kleinhandel überhaupt nicht gesunken sind und daß
von dieser ganzen großen Disparität zum Nachteil der
Verbraucher und Erzeuger einzig der Zwischenhandel und die unverantwortliche
Spekulation den Vorteil hat." (Potlesk.) Die Denkschrift
fordert daher die Regierung und die Abgeordnetenkreise auf, diesem
Übel die größte Aufmerksamkeit zu widmen und die
Mißbräuche durch zweckdienliche Mittel zu bekämpfen.
Kampf gegen diese Spekulation, Kampf gegen den unreellen Handel
und Kampf gegen das, wovon Herr Mašata heute hier
sprach. Herr Mašata hat uns heute erklärt,
daß die Landwirtschaft unter den Steuern erliege. Das wissen
wir, daß die èechoslovakische Steuerwirtschaft und
vor allem die Vermögensabgabe an der Substanz der bäuerlichen
Wirtschaft zehren, daß sie die Substanz der bäuerlichen
Wirtschaft auffressen. Aber die Herren haben doch dieses Finanzsystem
geschaffen, die Herren erhalten doch heute noch den Militarismus,
den weite Kreise der èechischen Nation längst als
veraltet und überflüssig erklärt haben. Ein paar
hundert Millionen weniger für den
èechischen Militarismus, ein paar hundert Millionen Steuern
von den deutschen und èechischen Bauern im ganzen Lande
weniger, würden eine bessere Lebenshaltung der deutschen
und èechischen Bauern garantieren (Potlesk.)
als die Einführung von Zöllen,
von denen die Bauern nichts haben werden, weil wieder nur der
Zwischenhandel, der unsolide - und ich sage es offen - doch fast
vorwiegend orientalische Zwischenhandel und Börsenhandel
den Rahm abschöpfen wird (Potlesk.), weil diese Kräfte
mit Freuden Zwietracht zu säen suchen zwischen Bauer und
Arbeiter. (Sehr richtig!) Aus diesem Grunde erklären
wir, daß wir keinem wie immer gearteten Antrag, wie
er von den èechischen Agrariern im Senate eingebracht und
hier angekündigt wurde, unsere Zustimmung geben können.
Wir meinen, es wäre Zeit, daß die Organisationen aller
schaffenden Menschen den Kampf beginnen gegen
das internationale Ausbeutertum und gegen jenes Börsenspekulantentum,
von dessen Trägern das Bibelwort gilt: "Sie säen
nicht, sie ernten nicht und leben doch wie Salomon in seiner Herrlichkeit."
(Potlesk.)
Meine Damen und Herren! Die Augen der ganzen
Welt sind in diesen Tagen auf die Vorgänge in England gerichtet.
England zeigt uns die rasch sich verschärfende. Krise der
kapitalistischen Produktionsweise. Es bestätigt sich das
Wort von Karl Marx, daß die moderne bürgerliche Gesellschaft,
die die gewaltigsten Produktions- und Verkehrsmittel hervorgezaubert
hat, einem Hexenmeister gleicht, der die unterirdischen Gewalten
nicht mehr zu beherrschen vermag, die er heraufbeschworen hat.
Die furchtbaren Folgen der Krise der kapitalistischen Unordnung
treffen mit voller Wucht das Proletariat in Form von unerträglichen
Steuerlasten, Herabsetzung des Lebensstandards, langwieriger Arbeitslosigkeit,
unerhörter Not. Mit trotzigem Grimm wehrt sich das Proletariat
gegen eine Gesellschaftsordnung, in der für neun Zehntel
das Privateigentum an Produktionsmitteln faktisch aufgehoben ist.
Selbstverständlich leidet auch das èechoslovakische
Proletariat unter der herrschenden Anarchie, des Kampfes aller
gegen alle, aber auch unter dem Mangel einer
verständigen großzügigen Wirtschaftspolitik der
Regierung. Die Schaffung eines starken inneren Marktes hat man
verabsäumt, weil die führenden kapitalistischen Kreise
im Gegensatz zu der herrschenden Auffassung in den Vereinigten
Staaten von Nord-Amerika in niedrigen Löhnen das Heil der
Produktion erblickt haben. Die Industrie der èechoslovakischen
Republik hat in den letzten Jahren auf dem Weltmarkt schwere Einbußen
erlitten. Die Absatzgebiete in den Nachfolgestaaten des
alten Österreich sind zum Teile verloren gegangen und auch
in West-Europa erlitten wir empfindliche Verluste.
Wer die gegenwärtige Lage der Industrie
überblickt, wird finden, daß neben der Kohlenproduktion
eine Reihe anderer Produktionszweige schwer unter der Absatzkrise
leidet, daß zehntausende fleißiger Arbeiter feiern
müssen und hunderttausende Menschen in Elend und Not herabsinken.
Im Bezirke Tetschen, der zu den wirtschaftlich höchst entwickelten
der Republik gehört, feiern jetzt bereits 1600 Arbeiter vollständig
und 1800 zeitweise. Sind die Absatzgebiete dauernd verloren, so
bedeutet das für zehntausende Proletarier die Vernichtung
ihrer Existenz und da sie nicht auswandern dürfen, können
sie in der He imat verhungern!
Gegen die Regierung erheben wir die Anklage,
daß sie ihre Pflicht gegen die Arbeiter verabsäumt.
Für die Unterstützung der Arbeitslosen sind heuer nur
28 Millionen Kronen vorgesehen, für die Anschaffung von Militärpferden
allein 26 Millionen! Für den Militrismus, dieses unselige
Hemmnis der kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklung der Staaten,
hat man auch bei uns stets offene Hände. Zu den tristen wirtschaftlichen
Verhältnissen kommt noch, daß die Sieger vom 15. November
1925 nun ihre Rechnung beglichen haben wollen. Die Herren Geistlichen,
die vom Staate jährlich 70 Millionen Kronen in Gestalt der
Kongrua zugeschossen bekommen, werden ebenso für notleidend
erklärt, wie die Herren Offiziere. Die ärgste Gefahr
für die Volkswirtschaft des Staates und für das Proletariat
droht aber von agrarischer Seite.
Die Agrarier aller Zungen dieses Staates, die
grüne Internationale ist daran, die Zunahme von Macht in
klingende Münze umzusetzen. Wir haben vor wenigen Stunden
einen Preisfechter der Großagrarier in der Person des Herren
Kollegen Windirsch sprechen hören. Man kann wohl sagen,
er und seine Partei gehören zu jenen, welche die Frage der
Agrarzölle vorwärts getrieben haben, welche die
èechischen Parteien und ins,
besondere die èechische Agrarpartei gezwungen haben, ebenso
zu handeln wie sie, sich offen für die Einführung fester
hoher Agrarzölle zu bekennen. Man könnte darauf hinweisen,
daß abgesehen vom Antrag Mayer,
lange vor dem jetzigen Zeitpunkt, schon am 8. Dezember 1925, Herr
Kollege Windirsch in der "Landpost" verlangt
hat, an Stelle der gleitenden Zölle, die er ein verunglücktes
sozialistisches Experiment genannt hat, feste hohe Getreide- und
andere Zölle einzuführen, und immer wieder hat man seitens
der Landbündler dahin agitiert, daß endlich die Frage
der Agrarzölle aktuell werde. Nun stehen wir vor dieser wichtigen
Frage. Für die erdrükkende Mehrheit der Bevölkerung
der Republik soll der Brotkorb höher gehängt werden.
Bei einem Gesamtverbrauch von über 7 Millionen q Weizenmehl
im Jahr, wovon 2 Millionen dem Auslande entstammen, würde
bei einem Weizenzoll von 90 K per q die Mehrbelastung 639 Millionen
Kronen betragen. Bei Korn würde die Mehrbelastung 548 Millionen
Kronen ausmachen. Die Gesamtbelastung geht unbedingt in die Milliarden.
Es ist sicherlich nicht übertrieben, wenn berechnet wird,
daß die Mehrbelastung pro Kopf und Jahr mindestens 100 Kronen
beträgt. Schon aus diesem Titel allein steigt die Mehrbelastung
der Bevölkerung, die pro Kopf und Jahr durchschnittlich mindestens
700 Kronen an Staatssteuern zahlt, um rund 15%. Dazu kommen noch
die geplanten Steuererhöhungen aus anderen Titeln. Ich erinnere
daran, daß nach den letzten Berichten die Personentarife
auf den Eisenbahnen um nicht weniger als 33% erhöht werden
sollen.
Welcher normal denkende Mensch glaubt ernstlich,
daß in der gegenwärtigen Zeit arger wirtschaftlicher
Depression die Arbeiterklasse dieses Staates, die Volkswirtschaft
überhaupt eine so wahnsinnige Belastung auf sich nehmen
kann? Will man, daß das èechoslovakische arbeitende
Volk in ähnliche Kämpfe getrieben wird, wie es in England
der Fall ist? Es ist interessant zu untersuchen, was hiezu die
Vertreter der Industrie, die sogenannten Kapitäne
der Industrie sagen. Am 3. Mai hat in Prag eine Konferenz des
handelspolitischen Ausschusses der Handelskammernzentrale getagt.
Dort wurde mit Nachdruck darauf hingewiesen, daß die gesamte
Handels- und Wirtschaftslage nach allen Seiten gründlich
durchberaten werden solle, wie es sich bei dieser Frage unbedingt
gehört, und daß alle Fragen nach sachlichen Gesichtspunkten
gelöst werden müssen, wo bei die Industriellen allerdings
auch ihre Zollbeute in Sicherheit bringen möchten. Deutlich
und klar hat sich der gewesene Handelsminister Ing. Dvoøáèek
am 2. Mai auf dem Landeskongreß der nationaldemokratischen
Partei in Prag ausgesprochen. Dieser hat dort seine warnende Stimme
gegen die Agrarzölle deutlich genug erhoben. Er führte
aus: "Soweit die sachliche Seite der Agrarzölle in Frage
kommt, würde der bekannte Antrag Donát eine
sechsfache Valorisierung der Vorkriegszölle bedeuten. Die
Realisierung dieses Antrages wäre im Hinblick auf die wirtschaftliche
Gesamtsituation unerträglich. Der Mehlpreis würde z.
B. um ein ganzes Viertel steigen." Er meint dann, die ganze
Frage müßte gründlich erwogen, die Angelegenheit
müßte entpolitisiert werden. Die letzten Vorgänge
im Senate z. B. zeigen, daß die Eile, mit der die Agrarier
ihre Beute heimbringen wollen, wie ein Dieb in der Nacht, doch
nicht von allen bürgerlichen Parteien gutgeheißen wird,
insbesondere was die Höhe der Zollsätze anbetrifft,
und daß man in den Kreisen der Industrie und auch beim Gewerbe
gewisse Bedenken hat. Aber schließlich wurde noch heute
mit 74 gegen 57 Stimmen dem Antrag Donát die Dringlichkeit
zugebilligt und unter den deutschen Parteien, welche mit den Agrariern
stimmen, waren die Christlichsozialen auch zu finden. Merkwürdig!
In der klerikalen "Volkspost" in Teplitz schreibt der
Chefredakteur Dr. Keiner gegen die Zölle und hebt sehr mit
Recht hervor, daß nur die grösseren Grundbesitzer davon
Profit ziehen. Im Senat dagegen stimmen die Herren Dr Ledebur
und Stolberg, Großgrundbesitzer, samt einigen Getreuen
für die Zölle. Und die deutschen Landbündler jubelten
dem sonst so verhaßten èechischen klerikalen Kroiher,
der nicht oft genug die Deutschen verspotten kann, zu. Die grünschwarze
Internationale hat sich gefunden. Stärker als alle nationalen
Kämpfe und Bedenken sind die wirtschaftlichen Interessen,
sind die Interessen des Kapitals! Die Zollfrage wird mehrfach
als ein entscheidender Wendepunkt in der Politik dieses Landes
angesehen. Die Landbündler und die Christlichsozialen glauben
sich wahrscheinlich schon an den Futtertrögen der Regierung,
sie mögen zusehen, daß sie nicht eine blamable
Enttäuschung erleben. Es scheint nicht, daß die èechische
Öffentlichkeit schon heute eine èechisch-deutsche
Regierung ruhig ertragen würde. Der nationale Haß wird
in gewissen Kreisen auf das ärgste aufgepeitscht. Wenn Deutsche
und Juden im Fascistenorgan beschimpft werden
als Rindvieher, wenn man dort schreibt, man solle jedem zehn Ohrfeigen
aufs Maul geben, so ist das sicherlich für Herrn Windirsch
eine sehr unangenehme Musik. (Pøedsednictví
pøevzal místopøedseda inž. Dostálek.)