Ètvrtek 6. kvìtna 1926

3. Øeè posl. Patzela (viz str. 1117 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Der Antrag des Außen- und des Gewerbeausschusses zum Handelsvertrag mit Japan begründet die Notwendigkeit der gesetzlichen Verabschiedung dieses Handelsvertrages insbesondere mit historischen Gründen, mit der Tatsache, daß einmal Japan vor ein paar Jahren den sibirischen Legionen der Èechoslovakei Stoffe geliefert hat. Dort aber, wo alte wirtschaftsbeziehungen nicht erst seit 1917 oder 1918 bestehen, sondern seit Jahrhunderten die Gebiete miteinander wirtschaftlich verbinden, dort beeilt man sich mit dem Abschluß von Handelsverträgen nicht gar so sehr, trotzdem - nicht von deutscher, sondern von angesehener èechischer wirtschaftlicher Seite diese Frage der Regierung in sehr scharfer Form vorgeführt wurde. Den Handelsvertrag mit Japan beeilt man sich abzuschließen, Handelsverträge mit Deutschland und anderen Staaten aber werden seit Jahr und Tag hinausgeschoben, trotzdem führende èechische Wirtschaftspolitiker selbst eingestehen, daß dies dem Staate zu außerordentlichem Nachteil gereicht. So hat kürzlich der Generalsekretär des Zentralverbandes der èechoslovakischen Industriellen Hodáè an der èechischen Handelsvertragspolitik sehr eingehende und sehr scharfe Kritik geübt. Er hat z. B. darauf hingewiesen, daß die fortwährende kurze Terminierung des heuer wieder am 30. Juni ablaufenden Ermächtigungsgesetzes wiederholt dem Wirtschaftsleben schweren Schaden zugefügt hat, so bei den Verträgen mit Italien und mit Spanien und er hat weiter darauf hingewiesen, daß auf dem Gebiete der Handelspolitik eine Unsicherheit besteht, die uns Hunderte von Millionen Kronen und hunderttausende Arbeitslose kosten wird, falls sie nicht rechtzeitig geändert wird.

Nun stehen wir unmittelbar vor der Aufnahme der Handelsvertragsverhandlungen mit dem großen Wirtschaftsgebiet Deutschland, von dem derselbe Dr Hodáè sagt, daß seine Ausfuhr ständig zunimmt, daß das deutsche Wirtschaftsleben sich erholt und kräftigt, ganz im Gegensatz zum Wirtschaftsleben in der Èechoslovakischen Republik, und in dem Augenblick, wo - in wenigen Tagen - die Unterhändler zusammentreten werden, um auch für unsere Industrie und unser Gewerbe entsprechende Vereinbarungen mit Deutschland zu treffen, da findet der Herr Außenminister ein ganz anderes politisches Vorgehen gegen Deutschland für gut, ein Vorgehen, das die allerungeheuerlichste und unerhörteste Unfreundlichkeit ist. (Výkøiky na levici.) Wir ergreifen die Gelegenheit, von der Tribüne dieses Hauses darauf hinzuweisen, daß Minister Dr Beneš wieder einmal ein geradezu verwerfliches Doppelspiel getrieben hat. (Souhlas na levici.) Man hat Deutschland zu Verhandlungen nach Genf gelockt, hat es dort in brutaler Weise weggestoßen, und da es nun begreiflicherweise von der Möglichkeit Gebrauch macht, außenpolitische Freundschaftsverhandlungen einzuleiten mit einem anderen Staat, mit einem östlichen Staat, mit dem die Herstellung normaler Beziehungen Herr Dr Beneš seit Jahren, offenbar über anderweitigen Auftrag von dort rechts oben, obstruiert, in demselben Augenblick findet es Dr Beneš für richtig und angemessen, über Deutschland in geradezu ungeheuerlicher Weise herzufallen und in einer Art die Frage der Vereinbarkeit dieses deutsch-russischen Vertrages mit den Völkerbundsatzungen und Locarno aufzuwerfen, die wohl unerhört ist und die ihm die gebührende Zurechtweisung seitens der deutschen Vertretung in Prag mit Recht eingetragen hat. (Souhlas na levici. - Posl. Horpynka: Lloyd George hat gesagt: "Der kleine Herr aus der Èechoslovakei rumort mit einem Fragebogen in Europa herum!") Dr Beneš wird vielleicht mit den Jahren, wenn er einmal das Schwabenalter erreicht hat, klüger werden, wird verspüren, wie man ihn diesmal mißbraucht hat, und nachdem er seine Aufgabe schlecht gelöst, von London aus mit einem entsprechenden Fußtritt abgeschüttelt hat. (Posl. Horpynka: Er hat es ja gern getan!) Er hat es zweifellos gern getan, aber er hat vielleicht nicht erwartet, daß er von den schlaueren, klügeren und diplomatisch besser veranlagten Engländern nun einen kalten Wasserstrahl erhielt. Es ist wohl ein Zynismus, wenn man von Prager Regierungskreisen dem Rechte Deutschlands, einen reinen Neutralitätsvertrag mit dem großen russischen Reich abzuschließen, sich hindernd in den Weg stellt, während dieselbe Èechoslovakische Republik 4 Jahre vorher einen Neutralitätsvertrag mit der Union der Sowjetrepubliken abgeschlossen hat. Gegen diese Art von Politik protestieren wir und kennzeichnen sie als das, was sie ist, als die Politik unerhörter Doppelzüngigkeit. (Potlesk na levici.)

Und nun gestatten Sie mir ein paar Worte, um in wenigen Sätzen leidenschaftslos und mit ruhiger Sachlichkeit den Standpunkt meiner Gruppe und Partei zu einer Frage darzulegen, die seit einiger Zeit die Auseinandersetzung über wirtschaftliche Angelegenheiten in außerordentlicher Weise beherrscht, das ist die Frage der landwirtschaftlichen Zolltarife, zumal ja heute von èechisch-agrarischer Seite die Einbringung des Antrages, der im Senate bereits absolviert wurde, auch im Abgeordnetenhaus von dieser Tribune angemeldet wurde. Wir haben heute von èechisch-agrarischer Seite das Lied diesmal in der Weise gehört, daß eigentlich von der Einführung entsprechender Getreide- und Viehzollsätze die großen Bauern ja gar nicht berührt werden, daß sie gar kein Interesse daran haben, daß das bloß eine immense wirtschaftliche Wohltat für die kleinen Landwirte ist. (Výkøiky.) So hat man das Lied bisher nicht gehört. Bisher hat man gehört, daß die kleinen Landwirte... (Posl. Hirschl: Ihr seid doch in einem Verband!) Ihr seid auch mit den èechischen Genossen in einer Internationale und häkelt Euch national, und wir haben auch das Recht, uns über wirtschaftliche Angelegenheiten mit anderen deutschen Parteien ruhig und sachlich auszusprechen. Bei Ihnen im Zentralrat in Moskau geht es viel böser zu. (Souhlas na levici. - Posl. Wünsch: Warum wird diese wichtige Frage leidenschaftslos besprochen?) Weil man eine wirtschaftliche Frage ruhig bespricht und nicht mit phrasenhafter Demagogie. Die Art, wie ich rede, ist meine Sache, und ich rede Ihnen nicht drein, wie Sie zu sprechen gewöhnt sind. (Potlesk na levici.)

Ich wiederhole, daß wir diesmal den Versuch hören, die Sache so darzustellen, als würde die Stabilisierung der landwirtschaftlichen Zölle etwa auf Friedensniveau, nach der Goldparität, vor allem dem kleinen Landwirt eine Existenzerleichterung bringen und für die Großwirtschaft nicht. Den Beweis dafür sind uns hisher alle die Vertreter dieser Ansicht schuldig geblieben. (Souhlas.) Ich habe mich bemüht, die agrarischen wissenschaftlichen Publikationen der letzten Wochen über diese Dinge, die Aufsätze landwirtschaftlicher deutscher Fachleute nachzulesen. Aber ich finde nur Behauptungen, niemals Beweise dafür, vielmehr Beweise für etwas ganz anderes, womit ich mich ein klein wenig befassen werde. Man kann wohl auch die Frage der landwirtschaftlichen Zölle nicht einfach damit abtun, daß man die Parität zwischen Industrie- und Landwirtschaftzöllen verlangt. Denn der Stand der Landwirtschaft in einem Staate ist etwas anderes als das Verhältnis der Industrie zur Gesamtbevölkerung des Staates. Bei der Landwirtschaft haben wir zunächst die Frage zu erörtern und zu beantworten, ob die heimische Landwirtschaft imstande ist, die Autarkie des Staates sicherzustellen, d. h. der Selbstgenügsamkeit zu entsprechen und die Bevölkerung des Staates mit Lebensmitteln zu versorgen. Wir wissen, daß die Èechoslovakei von heute - ehedem waren die Gebiete vom Mittelmähren und Mittelböhmen die reichsten Länder im alten Österreich und wir haben immer gehört, daß diese beiden Länder allein imstande sind, ganz Westleithanien zu ernähren - das nicht imstande ist. Das Problem aber ist von einer anderen Seite anzupacken, es ist von der Seite anzupacken, wo derselbe Minister, der heute gelobt wurde, der Meinung Ausdruck gegeben hat, daß es ganz Wurst sei, ob die Durchführung der Bodenreform den Ertrag des Bodens vermindert, wenn nur der nationalpolitische Zweck erreicht wird. Eine solche Art von Bodenpolitik, die eine Bodenreform durchführt auf die Gefahr hin, die landwirtschaftliche Produktion zu vermindern, und die dann die Landwirtschaft fördern will, indem sie höhere Getreidezölle auferlegt, das ist ein anderes Kapitel. (Potlesk na levici.)

Im übrigen sind diejenigen Kreise im Irrtum, welche meinen, daß man der Landwirtschaft eine Wohltat erweisen will. Wir wissen, daß der Herr Finanzminister zum Teil aus fiskalischen Gründen auf der Einführung von Getreidezöllen beharrt, weil er - das ist so die Divide-et-impera-Politik, die Sie den alten österreichischen Regierungen glänzend abgeguckt haben - weil er ohne ausgiebige Getreidezölle nicht imstande sei, die Forderungen der öffentlichen Angestellten zu befriedigen, dieselben Forderungen, um derentwillen seit nahezu einem Jahre Verwaltungsabgaben in Amtssachen eingehoben und Millionen aufgestapelt, thesauriert werden, die lediglich zur Besserstellung der öffentlichen Angestellten bestimmt waren. (Posl. Simm: Das Fünffache des Betrages, der zugestanden wurde!) Jawohl, sie haben das Fünffache des Ertrages, der zugestanden wurde. Aber wie dieser bestimmungsgemäß für die Regelung der Lebenshaltung der öffentlichen Angestellten und Lehrer bestimmte Betrag bis jetzt verwendet wurde, darüber ist man uns jedwede Aufklärung schuldig geblieben, wie über viele andere Dinge, über die vielen Millionen des Kunstdüngerfondes u. s. w., über die gerade die landwirtschaftlichen Vertreter alle Ursache hätten, vom ehemaligen und vom jetzigen Landwirtschaftsminister Rechenschaft zu verlangen.

Wenn aber die Èechoslovakei in der Lebensmittelversorgung nicht autarkisch sein kann, so müssen wir Lebensmittel einführen. Nur muß ich die Frage beantworten: Ist nicht die Einführung der Getreidezölle einerseits geeignet, die Lebenshaltung der breiten Massen der schaffenden Mensch en zu verteuern, und ist sie auf der anderen Seite wenigstens imstande, den Landwirten eine wirkliche Hebung ihrer Existenzmöglichkeit zu bringen? Es ist zweifellos, daß die Einführung der landwirtschaftlichen Zölle nach Goldparität das Lebensniveau der breiten Massen der schaffenden, der nicht Landwirtschaft besitzenden Menschen in ungeheuerem Maße zu erhöhen droht in dem Augenblicke, wo die angekündigte Beamtengehaltsregelung die Gehälter gewisser weniger Gruppen von Beamten zwar reguliert, aber den großen Massen der kleinen und der unteren Angestellten auf Jahre hinaus eine Besserung nicht bringt, in einer Zeit, wo in der ungeheuerlichen Wirtschaftskrise die Arbeitslosigkeit ständig steigt, die Gehälter und Löhne der Angestellten und Arbeiter in der Privatwirtschaft aber ständig herabgesetzt werden. Auch die öffentlichen Angestellten werden sich, glaube ich, sehr dafür bedanken, wenn sie hören werden, daß das Stücklein Brot, das einer vielleicht durch die Gehaltsregelung bekommt, auf der anderen Seite durch die Einführung hoher Getreidezölle ihm wieder genommen werden soll.

Es wird von landwirtschaftlicher Seite manchmal mit Argumenten operiert, von denen ich sagen muß, daß sie für mich eine gegenteilige Beweiskraft haben. Da schrieb z. B. der deutsche Landwirtschaftsdirektor Hilmer in Brünn über diese Frage in deutschen Blättern in Mähren und Schlesien einen Aufsatz, in dem er sagt: "Übrigens braucht sich eine Preissteigerung des Brotgetreides durch Einführung des Zollschutzes in einer Erhöhung der Kleinpreise gar nicht auszuwirken, da die Getreidepreise seit dem Jänner 1925 auf die Hälfte der seinerzeitigen Preise gefallen sind, ohne daß in gleicher Weise ein Preisrückgang auf dem Kleinmarkt festzustellen war." Ja, meine Herren, für uns ergibt sich da eine andere Frage: Was ist denn schuld, daß wir alle Brot und Mehl in der gleichen Höhe bezahlen müssen, während die Preise der landwirtschaftlichen Produkte gesunken sind? Sollen die Bauern die Arbeiter aufrufen zum Kampf gegen den Zwischenhandel, zum Kampf gegen die internationale Spekulation, da wird sich eine Front der schaffenden Menschen herstellen lassen, während wir alle Ursache haben zu fürchten, daß die Stabilisierung der landwirtschaftlichen Zölle, wie sie geplant ist, unsere Lebenshaltung erhöhen wird. Und wenn auf die Viehpreise, auf die Unterschiede zwischen Vieh- und Fleischpreisen hingewiesen wird, frage ich: Wo bleibt dieser Unterschied? Wenn unsere Landwirte bei den heutigen Preisen - ich bitte, ich habe die Preise der gestrigen Prager Viehbörse in der Hand und die Fleischpreise, und letztere sind ganz ansehnlich - nicht genug verdienen, möge doch der Kampf begonnen werden. Ich weiß, daß der Viehabsatz unserer Landwirtschaft gering ist. Unsere Landwirte könnten sich ein Beispiel nehmen an der mustergiltigen Bauernorganisation in Hessen, einer musterhaften Organisation, die vor einigen Jahren erst wieder die Bauern in Bayern begonnen haben, die Kornwucherer, die Viehwucherer energisch zu bekämpfen, und eine unmittelbare Verbindung der Organisationen der Erzeuger mit denjenigen der Verbraucher hergestellt haben. (Souhlas.)

Wir haben vor uns noch ein Dokument, das ist noch viel wertvoller. Es ist heute Vormittag allen Klubs eine Denkschrift des Zemský poradní sbor pro záležitosti zemìdìlského dìlnictva v Praze, das ist die Landesberatungskörperschaft für die Angelegenheiten der landwirtschaftlichen Arbeiterschaft in Prag zugekommen. Diese Denkschrift erstattet ein Gutachten der Organisationen, die vereint tagten, um Vereinbarungen über die landwirtschaftlichen Löhne zu treffen. Und dieses Gutachten, auf dem unterschrieben sind nicht nur sämtliche einschlägigen in der Èechoslovakischen Republik vertretenen Gewerkschaftsverbände, welche landwirtschaftliche Arbeiter umfassen, sondern das auch die Unterschrift trägt der èechischen und deutschen Sektion des Landeskulturrates und der großen landwirtschaftlichen Zentralkörperschaften der deutschen und èechischen Bauern in Prag. Dieses Gutachten ist nun ein Argument, mit dem wir diskutieren werden, aber ein Argument gegen jene, welche die Besserstellung der Landwirtschaft von der Einführung hoher Zölle erwarten. Es heißt darin: "Die Landesberatungskörperschaft betont mit Nachdruck, daß das Haupthindernis für die Verbesserung der schwierigen Verhältnisse nicht nur der landwirtschaftlichen sondern auch der Arbeiterschaft anderer Erwerbszweige und Arbeitnehmer überhaupt der Umstand ist, daß trotz des bedeutenden Sinkens der Getreide- und Viehpreise die Preise der Lebensmittel im Kleinhandel überhaupt nicht gesunken sind und daß von dieser ganzen großen Disparität zum Nachteil der Verbraucher und Erzeuger einzig der Zwischenhandel und die unverantwortliche Spekulation den Vorteil hat." (Potlesk.) Die Denkschrift fordert daher die Regierung und die Abgeordnetenkreise auf, diesem Übel die größte Aufmerksamkeit zu widmen und die Mißbräuche durch zweckdienliche Mittel zu bekämpfen. Kampf gegen diese Spekulation, Kampf gegen den unreellen Handel und Kampf gegen das, wovon Herr Mašata heute hier sprach. Herr Mašata hat uns heute erklärt, daß die Landwirtschaft unter den Steuern erliege. Das wissen wir, daß die èechoslovakische Steuerwirtschaft und vor allem die Vermögensabgabe an der Substanz der bäuerlichen Wirtschaft zehren, daß sie die Substanz der bäuerlichen Wirtschaft auffressen. Aber die Herren haben doch dieses Finanzsystem geschaffen, die Herren erhalten doch heute noch den Militarismus, den weite Kreise der èechischen Nation längst als veraltet und überflüssig erklärt haben. Ein paar hundert Millionen weniger für den èechischen Militarismus, ein paar hundert Millionen Steuern von den deutschen und èechischen Bauern im ganzen Lande weniger, würden eine bessere Lebenshaltung der deutschen und èechischen Bauern garantieren (Potlesk.) als die Einführung von Zöllen, von denen die Bauern nichts haben werden, weil wieder nur der Zwischenhandel, der unsolide - und ich sage es offen - doch fast vorwiegend orientalische Zwischenhandel und Börsenhandel den Rahm abschöpfen wird (Potlesk.), weil diese Kräfte mit Freuden Zwietracht zu säen suchen zwischen Bauer und Arbeiter. (Sehr richtig!) Aus diesem Grunde erklären wir, daß wir keinem wie immer gearteten Antrag, wie er von den èechischen Agrariern im Senate eingebracht und hier angekündigt wurde, unsere Zustimmung geben können. Wir meinen, es wäre Zeit, daß die Organisationen aller schaffenden Menschen den Kampf beginnen gegen das internationale Ausbeutertum und gegen jenes Börsenspekulantentum, von dessen Trägern das Bibelwort gilt: "Sie säen nicht, sie ernten nicht und leben doch wie Salomon in seiner Herrlichkeit." (Potlesk.)

4. Øeè posl. Schweicharta (viz str. 1129 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Die Augen der ganzen Welt sind in diesen Tagen auf die Vorgänge in England gerichtet. England zeigt uns die rasch sich verschärfende. Krise der kapitalistischen Produktionsweise. Es bestätigt sich das Wort von Karl Marx, daß die moderne bürgerliche Gesellschaft, die die gewaltigsten Produktions- und Verkehrsmittel hervorgezaubert hat, einem Hexenmeister gleicht, der die unterirdischen Gewalten nicht mehr zu beherrschen vermag, die er heraufbeschworen hat. Die furchtbaren Folgen der Krise der kapitalistischen Unordnung treffen mit voller Wucht das Proletariat in Form von unerträglichen Steuerlasten, Herabsetzung des Lebensstandards, langwieriger Arbeitslosigkeit, unerhörter Not. Mit trotzigem Grimm wehrt sich das Proletariat gegen eine Gesellschaftsordnung, in der für neun Zehntel das Privateigentum an Produktionsmitteln faktisch aufgehoben ist. Selbstverständlich leidet auch das èechoslovakische Proletariat unter der herrschenden Anarchie, des Kampfes aller gegen alle, aber auch unter dem Mangel einer verständigen großzügigen Wirtschaftspolitik der Regierung. Die Schaffung eines starken inneren Marktes hat man verabsäumt, weil die führenden kapitalistischen Kreise im Gegensatz zu der herrschenden Auffassung in den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika in niedrigen Löhnen das Heil der Produktion erblickt haben. Die Industrie der èechoslovakischen Republik hat in den letzten Jahren auf dem Weltmarkt schwere Einbußen erlitten. Die Absatzgebiete in den Nachfolgestaaten des alten Österreich sind zum Teile verloren gegangen und auch in West-Europa erlitten wir empfindliche Verluste.

Wer die gegenwärtige Lage der Industrie überblickt, wird finden, daß neben der Kohlenproduktion eine Reihe anderer Produktionszweige schwer unter der Absatzkrise leidet, daß zehntausende fleißiger Arbeiter feiern müssen und hunderttausende Menschen in Elend und Not herabsinken. Im Bezirke Tetschen, der zu den wirtschaftlich höchst entwickelten der Republik gehört, feiern jetzt bereits 1600 Arbeiter vollständig und 1800 zeitweise. Sind die Absatzgebiete dauernd verloren, so bedeutet das für zehntausende Proletarier die Vernichtung ihrer Existenz und da sie nicht auswandern dürfen, können sie in der He imat verhungern!

Gegen die Regierung erheben wir die Anklage, daß sie ihre Pflicht gegen die Arbeiter verabsäumt. Für die Unterstützung der Arbeitslosen sind heuer nur 28 Millionen Kronen vorgesehen, für die Anschaffung von Militärpferden allein 26 Millionen! Für den Militrismus, dieses unselige Hemmnis der kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklung der Staaten, hat man auch bei uns stets offene Hände. Zu den tristen wirtschaftlichen Verhältnissen kommt noch, daß die Sieger vom 15. November 1925 nun ihre Rechnung beglichen haben wollen. Die Herren Geistlichen, die vom Staate jährlich 70 Millionen Kronen in Gestalt der Kongrua zugeschossen bekommen, werden ebenso für notleidend erklärt, wie die Herren Offiziere. Die ärgste Gefahr für die Volkswirtschaft des Staates und für das Proletariat droht aber von agrarischer Seite.

Die Agrarier aller Zungen dieses Staates, die grüne Internationale ist daran, die Zunahme von Macht in klingende Münze umzusetzen. Wir haben vor wenigen Stunden einen Preisfechter der Großagrarier in der Person des Herren Kollegen Windirsch sprechen hören. Man kann wohl sagen, er und seine Partei gehören zu jenen, welche die Frage der Agrarzölle vorwärts getrieben haben, welche die èechischen Parteien und ins, besondere die èechische Agrarpartei gezwungen haben, ebenso zu handeln wie sie, sich offen für die Einführung fester hoher Agrarzölle zu bekennen. Man könnte darauf hinweisen, daß abgesehen vom Antrag Mayer, lange vor dem jetzigen Zeitpunkt, schon am 8. Dezember 1925, Herr Kollege Windirsch in der "Landpost" verlangt hat, an Stelle der gleitenden Zölle, die er ein verunglücktes sozialistisches Experiment genannt hat, feste hohe Getreide- und andere Zölle einzuführen, und immer wieder hat man seitens der Landbündler dahin agitiert, daß endlich die Frage der Agrarzölle aktuell werde. Nun stehen wir vor dieser wichtigen Frage. Für die erdrükkende Mehrheit der Bevölkerung der Republik soll der Brotkorb höher gehängt werden. Bei einem Gesamtverbrauch von über 7 Millionen q Weizenmehl im Jahr, wovon 2 Millionen dem Auslande entstammen, würde bei einem Weizenzoll von 90 K per q die Mehrbelastung 639 Millionen Kronen betragen. Bei Korn würde die Mehrbelastung 548 Millionen Kronen ausmachen. Die Gesamtbelastung geht unbedingt in die Milliarden. Es ist sicherlich nicht übertrieben, wenn berechnet wird, daß die Mehrbelastung pro Kopf und Jahr mindestens 100 Kronen beträgt. Schon aus diesem Titel allein steigt die Mehrbelastung der Bevölkerung, die pro Kopf und Jahr durchschnittlich mindestens 700 Kronen an Staatssteuern zahlt, um rund 15%. Dazu kommen noch die geplanten Steuererhöhungen aus anderen Titeln. Ich erinnere daran, daß nach den letzten Berichten die Personentarife auf den Eisenbahnen um nicht weniger als 33% erhöht werden sollen.

Welcher normal denkende Mensch glaubt ernstlich, daß in der gegenwärtigen Zeit arger wirtschaftlicher Depression die Arbeiterklasse dieses Staates, die Volkswirtschaft überhaupt eine so wahnsinnige Belastung auf sich nehmen kann? Will man, daß das èechoslovakische arbeitende Volk in ähnliche Kämpfe getrieben wird, wie es in England der Fall ist? Es ist interessant zu untersuchen, was hiezu die Vertreter der Industrie, die sogenannten Kapitäne der Industrie sagen. Am 3. Mai hat in Prag eine Konferenz des handelspolitischen Ausschusses der Handelskammernzentrale getagt. Dort wurde mit Nachdruck darauf hingewiesen, daß die gesamte Handels- und Wirtschaftslage nach allen Seiten gründlich durchberaten werden solle, wie es sich bei dieser Frage unbedingt gehört, und daß alle Fragen nach sachlichen Gesichtspunkten gelöst werden müssen, wo bei die Industriellen allerdings auch ihre Zollbeute in Sicherheit bringen möchten. Deutlich und klar hat sich der gewesene Handelsminister Ing. Dvoøáèek am 2. Mai auf dem Landeskongreß der nationaldemokratischen Partei in Prag ausgesprochen. Dieser hat dort seine warnende Stimme gegen die Agrarzölle deutlich genug erhoben. Er führte aus: "Soweit die sachliche Seite der Agrarzölle in Frage kommt, würde der bekannte Antrag Donát eine sechsfache Valorisierung der Vorkriegszölle bedeuten. Die Realisierung dieses Antrages wäre im Hinblick auf die wirtschaftliche Gesamtsituation unerträglich. Der Mehlpreis würde z. B. um ein ganzes Viertel steigen." Er meint dann, die ganze Frage müßte gründlich erwogen, die Angelegenheit müßte entpolitisiert werden. Die letzten Vorgänge im Senate z. B. zeigen, daß die Eile, mit der die Agrarier ihre Beute heimbringen wollen, wie ein Dieb in der Nacht, doch nicht von allen bürgerlichen Parteien gutgeheißen wird, insbesondere was die Höhe der Zollsätze anbetrifft, und daß man in den Kreisen der Industrie und auch beim Gewerbe gewisse Bedenken hat. Aber schließlich wurde noch heute mit 74 gegen 57 Stimmen dem Antrag Donát die Dringlichkeit zugebilligt und unter den deutschen Parteien, welche mit den Agrariern stimmen, waren die Christlichsozialen auch zu finden. Merkwürdig! In der klerikalen "Volkspost" in Teplitz schreibt der Chefredakteur Dr. Keiner gegen die Zölle und hebt sehr mit Recht hervor, daß nur die grösseren Grundbesitzer davon Profit ziehen. Im Senat dagegen stimmen die Herren Dr Ledebur und Stolberg, Großgrundbesitzer, samt einigen Getreuen für die Zölle. Und die deutschen Landbündler jubelten dem sonst so verhaßten èechischen klerikalen Kroiher, der nicht oft genug die Deutschen verspotten kann, zu. Die grünschwarze Internationale hat sich gefunden. Stärker als alle nationalen Kämpfe und Bedenken sind die wirtschaftlichen Interessen, sind die Interessen des Kapitals! Die Zollfrage wird mehrfach als ein entscheidender Wendepunkt in der Politik dieses Landes angesehen. Die Landbündler und die Christlichsozialen glauben sich wahrscheinlich schon an den Futtertrögen der Regierung, sie mögen zusehen, daß sie nicht eine blamable Enttäuschung erleben. Es scheint nicht, daß die èechische Öffentlichkeit schon heute eine èechisch-deutsche Regierung ruhig ertragen würde. Der nationale Haß wird in gewissen Kreisen auf das ärgste aufgepeitscht. Wenn Deutsche und Juden im Fascistenorgan beschimpft werden als Rindvieher, wenn man dort schreibt, man solle jedem zehn Ohrfeigen aufs Maul geben, so ist das sicherlich für Herrn Windirsch eine sehr unangenehme Musik. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda inž. Dostálek.)


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