Mein Zwischenruf in Bezug auf den Herrn Abgeordneten Stivín
hatte den Zweck, in drastischer und freilich übertriebener
Form die politische Entwicklung des Herrn Stivín
zu kennzeichnen. Ich überlasse es der politischen
Öffentlichkeit zu beurteilen, inwiefern mein Urteil zu scharf
war, und ich erlaube mir nur zur Begründung meines
in dieser Form ausgesprochenen Urteiles folgende Tatsache anzuführen:
Tatsache ist, daß Herr Stivín während
des Krieges ein eifriger Kriegspatriot war (Výkøiky.),
daß er als Feldwebel patriotische Gedichte an das "Právo
Lidu" schickte, wie die Russen gejagt werden, und daß
er, als er für seine Tapferkeit eine Auszeichnung
bekommen hatte, mit großer Genugtuung darüber schrieb,
daß seine Leistungen anerkannt worden sind. Als nach dem
Umsturze Herr Stivín einer der größten
Radikalen, besonders nach der Rückkehr des Genossen
Muna aus Rußland war, war er derjenige, der sich
gewissermaßen als Führer des Radikalismus der äußersten
Linken in der Arbeiterbewegung aufspielte. Ich erinnere an sein
persönliches Manifest in Bezug auf den Genossen Muna
mit den berühmten Worten: "Oko za oko, zub za zub!"
Ferner stelle ich fest, daß Herr Stivín
in jener Zeit es wagte, das erste Kapitel der Schrift von
Leuin "Staat und Revolution" ins Èechische zu
übersetzen. Infolge seiner Verdienste um die revolutionäre
Bewegung wurde er, wogegen er keinen Widerspruch erhob,
zusammen mit Muna zum Ehrenvorsitzenden des ersten Rätekongresses
der ungarischen Räterepublik gewählt. (Výkøiky
na levici.) In jener Zeit war es Herr Stivín,
der gegen die Bourgeoisie in der schärfsten
Weise loszog und Šrobár hier einen Bluthund
nannte. Er war es auch, der in dieser Zeit politische Satiren
schrieb, unter anderen gegen den Präsidenten
der ès. Nationalversammlung, Herrn Kollegen
Tomášek.
In dieser Zeit war Herr Stivín der Liebling der
radikalen Jugend. Franta Nìmec war es, der
ein begeistertes Gedicht auf ihn schrieb, ein Gedicht, das wegen
seiner beson deren kommunistischen Rohheit konfisziert und dann
immunisiert wurde: "Až nám Pepík v útok
houkne, hola hola tydlitá, jen se
tìšte, buržoové, držka bude rozbitá!"
(Veselost.) Damals war es Herr Stivín, der
sich den Haß der Nationalisten zuzog, wofür die bekannten
Ereignisse anläßlich einer Budweiser Versammlung
des Herrn Stivín zeugen. Im Jahre 1919 war es Herr
Stivin, der in der Kladnoer "Svoboda" seinen
Radikalismus auch in satirischen Versen Luft machte.
Ich erinnere an einen schönen Vers,
den Herr Stivín damals im Jahre
1919 in der Kladnoer "Svoboda" gegen
den, man darf wohl sagen, noch gegenwärtigen
Ministerpräsidenten Švehla schrieb: "Švehla
jehla, která píchá, šije podle Metternicha.
Za Rakouska ponížený pes, na tyrana chce si
hráti dnes." (Veselost na levici.)
In jener Zeit hatte am Anfang des Jahres 1919 Herr Stivín
geheime Zusammenkünfte mit den Genossen Muna
und Houser, in welchen er mit diesen darüber
beriet, wie die Finanzpolitik des Herrn Rašín,
wie die Banknotenabstempelung zu verhindern wäre.
In der Zeit des Feldzuges gegen Sowjetungarn war es Herr
Stivín, der den damaligen Nationalverteidigungsminister
Klofáè beschuldigte, daß dieser Feldzug
ein Überall der èechoslovakischen Armee auf Sowjetungarn
sei.
Auch in nationalen Fragen war Herr Stivín im Jahre
1919 sehr radikal. Ich erinnere mich an eine Unterredung,
die wir im Sommer 1919 hatten, an der Stivín und
Šmeral teilnahmen und wir von der Reichenberger Linken.
In dieser Unterredung war es, daß Genosse Šmeral
mit Zustimmung des Herrn Stivín uns anriet - wir
waren damals in der sozialdemokratischen Partei - daß
die deutsche sozialdemokratische Partei in der Èechoslovakei
die weitestgehenden nationalen Forderungen in Bezug auf die Autonomie
stellen soll, nach dem Muster des Brünner Programmes
der österreichischen Sozialdemokratie, damit die èechischen
Sozialdemokraten gezwungen werden, in dieser Frage
Farbe zubekennen. Am Teplitzer Parteitag der deutschen
Sozialdemokraten stellten wir diese Forderungen auf und hierauf
war Herr Stivín der erste, der im "Právo
Lidu" in der schärfsten Weise gegen diese Forderungen
loszog.
Hier begann seine Drehung. Im Frühjahr 1920 vollendete
sich die Drehung und darauf bezieht sich mein
Zwischenruf. Im Frühjahr 1920 hatte Herr Stivín
eine persönliche Audienz beim Präsidenten der Republik,
von welchem Tage an ein sichtbarer Umschwung in den politischen
Ansichten des Herrn Stivín eintrat. Seine
Entwicklung ging sehr rasch nach rechts. Er war es, der z. B.
am heftigsten gegen die Linke loszog. Die ganze Welt - soweit
man von der Èechoslovakei hier als Welt sprechen kann -
machte sich über Herrn Stivín und sein rasches
politisches Drehen lustig. Eduard Bass war es, der damals in lustigen
Feuilletons und Versen über die Kunst des Herrn Stivín,
rasch umzudrehen, schrieb und der damals dem Leiter der sozialdemokratischen
Parteidruckerei den Vorschlag machte, man solle die ungeheueren
Rotationskräfte des Herrn Stivín mit Hilfe
von Transmissionen zum Antriebe von Maschinen ausnützen.
(Veselost.) Damals war es, wo Herr Bass das bekannte Couplet
schrieb "Stivín se toèí", das in
ganz Prag gesungen wurde und daß im Herbst 1920 Herr Stivín
eine sichtbare Belohnung in Form einer sehr schönen
Wohnung in einem Palais auf der Kleinseite bekam.
Das sind die Tatsachen, die ich hier anführen wollte.
Ich überlasse es der politischen Öffentlichkeit darüber
zu urteilen, ob meine Worte scharf waren, ich hoffe aber,
daß sich Herr Stivín trösten wird über
all diese Dinge mit jenem Verse aus einer seiner Versesammlungen,
die seine wirkliche Weltanschauung zum Ausdruck bringt:
"Jedno nás mùže zachovat, na ostatní
se plivá: knedlíky, zelí, vepøová
a k tomu litr piva." (Veselost a a potlesk na levici.)
Meine Damen und Herren! Zur Erörterung steht der Antrag Patzel
und Genossen, betreffend die dringliche Behandlung der Gesetzesvorlage
auf Durchführung der Minister anklage. Dieser Antrag hat
folgende Vorgeschichte. Am 17. Dezember wurde unter Drucknummer
3 in diesem. Hause ein Senatsbeschluß zu einer im Senate
unter Drucknummer 887/1 eingebrachten Regierungsvorlage aufgelegt.
Diese Vorlage enthält das Durchführungsgesetz zu den
§§ 34, 67 und 79 der Verfassungsurkunde über die
Strafverfolgung des Präsidenten der Republik und die Mitglieder
der Regierung. Diesen Senatsbeschluß nahmen wir zum Anlaß
eines in den ersten Morgenstunden des 22. Dezember
eingebrachten Dringlichkeitsantrages sämtlicher Opositionsparteien
auf Erhebung der Ministeranklage. Das Präsidium hat mit
Mehrheit entschieden, daß dieser Antrag nicht auf die Tagesordnung
des Hauses zu setzen sei. Nach § 43 der Verfassungsurkunde
ist jede Kammer verpflichtet, über einen von der anderen
Kammer genehmigten Gesetzentwurf innerhalb dreier Monate vom Tage
des Einlaufes in der betraffenden Kammer Beschluß
zu fassen. Diese Fristen können durch übereinstimmenden
Beschluß abgeändert werden. Wenn die zweite
Kammer in der vorbestimmten Frist keinen Beschluß faßt,
wird dafür gehalten, daß sie mit dem Beschluß
der ersten Kammer übereinstimmt.
Wie schon bemerkt, ist in der Sitzung vom 17. Dezember
dieser Senatsbeschluß im Ein laufe gewesen; er wurde auch
im Druck aufgelegt. Die dreimonatige Frist ist nun mit dem gestrigen
Tage abgelaufen, was ich pflichtschuldigst zur Kenntnis
bringe. (Výkøiky na levici.) Die Ursache
zur Einbringung unseres Antrages auf Erhebung der Ministeranklage
gegen den Ministerpräsidenten Dr Švehla und den
ehemaligen Post- und zeitweise auch Eisenbahnminister Dr Franke
bildete neben dem Mißbrauch des Gesetzes zum Schutze der
Republik auch der Mißbrauch des sogenannten Abbaugesetzes.
Ich erinnere daran, daß der - man kann jetzt wohl auch sagen,
gewesene - Ministerpräsident bei der Verhandlung des Abbaugesetzes
einer Vertretung der deutschen Parteien ausdrücklich
erklärte, daß man dieses Gesetz keineswegs in
nationalchauvinistischem Sinne mißbrauchen, sondern
nach rein dienstlichen Erwägungen vorgehen würde. Es
war das eines jener gebrochenen Ministerworte, deren gerade Herr
Švehla manche aufzuweisen hat.
In der gestrigen Senatsitzung hat Herr Senator Pánek
einige Zahlen vorgebracht. Er hat von 330.000 Angestellten
gesprochen, die vor dem Abbau vorhanden waren und erklärt,
daß unter diesen 75,000 Deutsche gewesen wären. Das
hätte 22.7% aller Staatsangestellten entsprochen. Wenngleich
wir diese Zahlen natürlich zu bezweifeln allen Anlaß
haben, so will ich sie doch... (Posl. Dr Luschka: Für
den Bevölkerungsschlüssel noch zu wenig!) Ich
bitte, darauf werde ich noch zurückkommen... zur Grundlage
meiner Betrachtung machen. Nach Senator Pánek wurden
18.000 Deutsche abgebaut. Auch das ist eine Zahl, die sehr zu
bezweifeln ist, weil wir allen Grund haben, anzunehmen daß
sich unter den 33.000 Abgebauten viel mehr als 18.000 Deutsche
befunden haben. Aber selbst wenn wir nun diese 18.000 als richtig
annähmen, so wäre unser Hundertsatz an staatlichen Angestellten
entschieden viel bedeutender zurückgegangen als der Hundertsatz
der èechischen. Dabei ist noch zu bemerken, daß unser
Anteil an höheren Bediensteten ohnehin bedeutend geringer
ist als die Anzahl der Bediensteten überhaupt und dabei ist
festzustellen, daß unser Bevölkerungsanteil selbst
nach der amtlichen Volkszählung - oder besser gesagt Volksverzählung
über 24% beträgt. (Posl. Patzel: Warum führt
man heuer keine Volkszählung durch?) Das ist ein Kapitel
für sich. Unser Anteil verringert sich aber noch mehr durch
die Tatsache, daß für die Abgebauten zahlreiche neue,
und zwar ausschließlich èechische Bedienstete
eingestellt wurden. (Výkøiky na levici.) Ich
betone aber nochmals ausdrücklich, daß ich den
Zahlenangaben der Herrn Senators Pánek durchaus
keinen Glauben schenke! Das Gesetz über die Sparmaßnahmen
in der Verwaltung, wie es sich nennt, ist durch seinen Mißbrauch
auf das gröblichste verletzt worden und unser Volk wurde
um viele tausende Arbeitsplätze gebracht. Wir können
behaupten, daß das Gesetz überhaupt nur zu diesem Zwecke
geschaffen wurde. (Výkøiky na levici.) Am
krassesten ist das bei der Eisenbahn und Post zum Ausdruck gekommen.
Die Abbauschande, insbesondere im Bereiche der Staatsbahndirektion
Olmütz, ist ja seinerzeit in mehreren Blättern beleuchtet
worden. In einer einzigen Personalstation, in Jägerndorf,
sind beispielsweise 671 Bedienstete in einem Zuge abgebaut worden,
und zwar in der Heizhauswerkstätte 50%, bei der Bahnerhaltungssektion
50%, beim Bahnbetriebsamt 37%, im Materialmagazin 40%,
also ein ganz gewaltiger Hundertsatz. Die Stadtvertretung Jägerndorf
hat beim jetzigen oder besser gesagt schon gewesenen Eisenbahnminister
seinerzeit vorgesprochen, um diesen Abbau rückgängig
zu machen. Erreicht hat sie damit nichts. Genau so wie in Jägerndorf
ist es auch in Brüx, Aussig und vielen anderen großen
Personalstationen gewesen.
Festgestellt muß weiters werden, daß beim Abbau auf
das unmenschlichste vorgegangen wurde, obzwar ausdrücklich
behauptet worden ist, daß in der humansten
Weise abgebaut werden soll. (Pøedsednictví pøevzal
místopøedseda Stivín.) Erst am Vortage
des tatsächlichen Abbaues bekommt der Abzubauende, zumindest
im Bahndienste, die Verständigung. Man versuchte auch, die
Betreffenden um das nächstfällige Ortszulagenquartal
zu prellen, obzwar dieses nach § 40, Punkt 6 der Dienstordnung
jedem definitiven Bediensteten zusteht, der in den Ruhestand versetzt
wird. Wochen-, ja monatelang mußten die armen Teufel auf
ihre Ruhegenüsse warten, weil die Pensionsliquidatur nicht
in der Lage war, das Eilzugstempo des Abbaues einzuhalten.
Wenn die Betroffenen einen kargen Nebenverdienst gefunden haben,
so wurde ihnen und oft auch ihren Familienangehörigen die
Fahrtlegitimation abgenommen. Abgebaut sind auch solche worden,
welchen nur wenige Tage auf die Anspruchsberechtigung auf die
Provision oder Pension fehlten. Mangelhafte Kenntnis der Sprache
sollte keinen Grund zum Abbau bilden. Sie bildete ihn aber
immer. In vielen Fällen bewahrte aber auch die völlige
Kenntnis der Dienstsprache keineswegs vor dem Schicksal des Abbaues.
Dann wurde eben als Grund angebliche wirtschaftliche Sicherung
herangezogen. Dabei wurden beispielsweise Eisenbahner, die kleine
Genossenschaftshäuser besitzen und verschuldet sind, abgebaut,
wenn sie Deutsche waren, während man Èechen, die Hausbesitzer
sind, ruhig im Dienste ließ, Eine klassische Begründung,
die oftmals wiederkehrt, ist folgende: "Der Betreffende raucht
nicht, trinkt nicht, er muß sich daher ein Vermögen
erspart haben." Deswegen kann man ihn abbauen. Die
Folge davon ist, daß man Säufer im Dienste beließ,
diejenigen aber, die es nicht waren, einfach aufs Pflaster warf.
Auch diejenigen wurden nicht geschont, die im Dienste ihre Gesundheit
eingebüßt hatten. Ich hätte über diese
Fälle reichliches Material zur Verfügung, die Kürze
der Zeit erlaubt mir jedoch nicht, davon Gebrauch zu machen.
Die nationalchauvinistische und einseitige politische Tendenz
des Gesetzes und seiner Handhabung erhellt aus folgendem Rundschreiben
der "Jednota", das in der "Reforma" vom 11.
März 1925 enthalten ist. Es lautet: "In diesem Jahre
soll die Zahl der Eisenbahnbediensteten gemäß dem Gesetze
Zahl 286 vom 22. Dezember 1924 um 10% verringert werden und da
es uns nicht möglich ist, diese Bestimmung zu verhindern,
wollen wir wenigstens dahin wirken, daß sie nicht unsere
Mitglieder berührt. Wir ersuchen, daß die Zweigstellen
Verzeichnisse aller überdienenden Beamten oder jener Beamten,
welche ein Vermögen besitzen, einsenden. Außerdem
ersuchen wir um ein Verzeichnis jener Personen, die der Meinung
der Zweigstelle nach es nicht verdienen, daß ihnen der Staat
auch weiterhin die Existenz zum Schaden der Jüngeren
gewährt. Diese sollen ausdrücklich mit den Worten: "Feind
der Republik bezeichnet werden." Die "Jednota"
erinnert: "Mit dieser Aktion, die streng vertraulich ist,
ist nicht die ganze Mitgliedschaft der Zweigstelle bekanntzumachen,
sondern nur ein enger Kreis der Brüder (eventuell nur zwei
oder drei), die mit den Ortsverhältnissen vollständig
vertraut sind und die Vertraulichkeit der Sache zu garantieren
verstehen." Sie sehen also, wer tatsächlich die Durchführung
des Abbaues in der Hand gehabt hat und es darf nicht Wunder nehmen,
wenn bei den Grundbuchblättern der deutschen Eisenbahner
sich Zettel folgenden Inhaltes befinden: "Restrikce! Nìmec!"
Ein günstiger Wind hat mir solche Zettel ins Haus geweht.
Und es ist dann auch verständlich, wenn eine mir bekannte
Heizhausleitung, deren Namen ich aus selbstverständlichen
Gründen nicht nennen will, bei einem Bediensteten, welcher
gegen seinen Abbau Einspruch erhob und sich dabei auf einen jüngeren
ledigen und in günstigen Verhältnissen sich befindlichen
èechischen Kollegen berief, folgendes bemerkte: "Was
den Y. betrifft, auf den sich der X. in seinem Rekurse beruft,
teilen wir mit, daß Genannter 25 Jahre alt ist und ein geeigneter
Bediensteter und èechischer Volkszugehörigkeit ist.
Wir bemerken, daß es in diesem betreffenden Orte aus nationalen
Gründen (Hört! Hort!) notwendig ist, sehr strenge
vorzugehen, was der Hauptgrund war, warum Y. von der Dienststelle
nicht zur Restriktion beantragt wurde." Ich kenne die Dienststelle,
ich kenne auch die Aktzahl, unter der dieser Vorfall behandelt
wurde, ich will aber mit Rücksicht auf den deutschen Bediensteten
keinen Gebrauch davon machen. Für die abgebauten deutschen
Bediensteten wurden massenhaft Èechen eingestellt, so beispielsweise
in Aussig, A. T. E. Bahnhof, gleich 177 auf einmal. Das namentliche
Verzeichnis habe ich hier (ukazuje seznam). Die Sache ging
so weit, daß in den èechischen Gemeinden, z. B.
in der Taborer Gegend die Gemeindevorsteher Kundmachungen erließen,
daß sich Leute als Bahnbedienstete für die Abgebauten
melden sollen. Von einer Ersparnis kann natürlich unter
solchen Umständen keine Rede sein. Hiefür gibt es übrigens
noch eine Anzahl anderer Belege. Ich will in Kürze nur einige
mitteilen. Auf dem Neubau in Brüx z. B. versah unter der
alten A. T. E.-Verwaltung ein Wächter den Dienst. Beim Stande
der Diensteinteilung ergab dies ein Erfordernis von drei Wächtern.
Seit der Verstaatlichung der A. T. E. ist die Sache so, daß
den Dienst immer ein Beamter und ein Wächter versieht.
Bei der bestehenden Einteilung ergibt das heute einen Bedarf von
3 Beamten und drei Wächtern. Auf dem Teplitzer Bahnhof in
Brüx versah den Dienst unter der A. T. E. ein Platzmeister.
Bei 12 Stunden Dienst und 24 Stunden frei ergab dies ein Erfordernis
von 3 Platzmeistern. Jetzt versieht den Dienst gleichzeitig ein
Platzmeister und ein Beamter. Das ergibt einen Bedarf von drei
Beamten und drei Platzmeistern und dabei erzählen uns die
Herren etwas von Sparmaßnahmen in der Verwaltung. Und so
geht es der Reihe nach. (Posl. Krebs: Dafür ist Dreck
in allen Waggons!) Das gehört schon einmal hier zur Schönheit.
Ich habe auch dafür eine Anzahl von Belegen und will es mir
ersparen, hier auf die Einzelheiten einzugehen.
Betrachten wir einmal die Post. Im Bereiche der Postdirektion
Troppau wurden nach amtlichen Quellen, nämlich nach dem
Amtsblatt, bis zum 31. Oktober 1925 abgebaut : Freiwillig 35,
zwangsweise 96. Vor Beginn der Wirksamkeit des Abbaugesetzes,
zu Beginn des Jahres 1925, sind zum Teil freiwillig, zum Teil
gezwungen, 19 Bedienstete in den Ruhestand getreten. Das ergibt
einen Verlust von 150, darunter 32 Èechen und 118 Deutsche.
(Hört! Hört!) Neu ernannt wurden aus den
Kurse 1924/1925 31 Assistenten, neuaufgenommen als Praktikanten
und Aspiranten 86, zusammen 117, und zwar durchwegs Èechen.
(Hört! Hört!) 118 Deutsche wurden also hinausgeschmissen
und 117 Èechen wurden neu aufgenommen. Auch aus anderen
Gebieten kann man Zahlen darüber bringen. Nur noch zwei Zahlen
aus Aussig; die Abbauziffer beim Postamt Aussig I: der systemisierte
Stand der Beamten beträgt 99, davon wurden 44 abgebaut, von
denen freiwillig 7 gingen. Von diesen wieder hatten nur 3 die
bestimmte Zeit. Unter den 44 waren 43 Deutsche und ein einziger
Èeche.
Obzwar im Abbaugesetz § 4, Punkt 2, ausdrücklich nur
für das Jahr 1925 die Zahl der Abzubauenden mit 10%
festgesetzt wird, was noch besagt, daß für das
Jahr 1926 dieser Hundertsatz neu zu bestimmen wäre, haben
die Staatsbahnen, vorwiegend die Staatsbahndirektion Brünn
und Olmütz, auch im Jahre 1926 viele Hunderte von Bediensteten
abgebaut, mit der Begründung, "sie seien überzählig".
Und wenn einer von diesen Überzähligen sein Ränzel
schnürte, sich krank meldete und sagte: "Ich gehe sofort!",
so hat ihn der Vorstand gerufen und gesagt: "Ja,
wie soll jetzt der Dienst gemacht werden?" (Veselost na
levici.) Man sieht also, daß die Berufung auf Überzähligkeit
ein ausgesprochener Schwindel gewesen ist. (Souhlas na levici.)
Selbst Herrn Dr Lukavský paßt - wenn auch
jedenfalls aus anderen Gründen - die Durchführung
des Abbaugesetzes nicht, obzwar er doch einer seiner Schöpfer
ist. Er hat sich wenigstens ziemlich abfällig über
die Art seiner Durchführung im Pilsner "Èeský
Denník" geäußert. Diese Äußerung
werde ich wenigstens im Auszug mitteilen:
Místopøedseda Stivín (zvoní):
Žádám pana øeèníka,
aby skonèil.
Posl. inž. Jung (pokraèuje): Ich bin
so oft unterbrochen worden, daß ich wohl um einige Minuten
Verlängerung der Redezeit bitten darf. Er erklärt, "daß
seine Durchführung dem Geiste des Gesetzes widerspricht und
eben deshalb wird sein Endeffekt spärlich sein. Der Sinn
für den Staat befiehlt, daß in unserer Staatsverwaltung
die notwendige Ruhe Eingang findet, und daß
in ihr selbst wieder der Glaube an Recht und Gerechtigkeit sich
befestigt, welcher vor allen Dingen durch grobe und unflätige
Parteiwirtschaft und dann durch die Rücksichtslosigkeit,
welcher sich vielleicht nicht einmal die feindliche Bürokratie
unter Österreich schuldig machte, stark beschädigt wurde."
(Výkøiky na levici.) Ich habe diesen Worten
nichts hinzuzufügen, sie kennzeichnen kurz und treffend das,
was wir zu sagen haben und an all diesen Dingen trägt
vor allem einer die Hauptschuld, es ist dies Herr Dr Franke.
(Pøedsednictví se ujal pøedseda Malypetr.)
Herr Senator Pánek hat seinerzeit seinem
Parteigenossen einen sehr schlechten Dienst erwiesen, als er ihn
im "Èeské Slovo" verteidigte und darauf
hinwies, daß Herr Dr Franke aus nationalen Gründen
so vorgehen mußte. Und neben Franke ist es Švehla,
der diesen Schweinereien ruhig zugesehen hat, obzwar doch
gerade er es war, der, wie schon bemerkt, uns seinerzeit
eine bindende Erklärung abgegeben hat. Daß Ministerworte...
Pøedseda (zvoní): Volám pana
øeèníka za jeho výroky k poøádku
a prosím, aby skonèil; jeho øeènická
lhùta uplynula. (Rùzné výkøiky.
Hluk. - Výkøiky posl. Simma.)
Pane posl. Simme, nemáte slova. (Rùzné
výkøiky na levici.)
Prosím o klid.
Posl. inž. Jung (pokraèuje): Sobald
man ein einziges Wort der Kritik sagt, ist schon die Nervosität
da. (Výkøiky na levici. - Pøedseda
zvoní.) Es ist daher begreiflich, daß
wir diese beiden zur Verantwortung zu ziehen bestrebt sind und
daher die dringliche Erledigung des Senatsbeschlusses umsomehr
notwendiger ist, als zwischen dem im Senat gefaßten
Beschlusse und seinem Auflegen im Abgeordnetenhause ein volles
Jahr verstrichen ist, obzwar der Weg vom Senat bis hieher wohl
kein so weiter ist. Ich glaube damit die Dringlichkeit unseres
Autrages zur Genüge begründet zu haben. (Potlesk
na levici.)