Úterý 16. bøezna 1926

13. Øeè posl. Schustera (viz str. 915 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Die zur Beratung stehende Vorlage beinhaltet eine Verlängerung bis zum 31. Dezember d. J. des Gesetzes, betreffend die Einkommensrente der Kriegsbeschädigten. Das Gesetz, das verlängert werden soll, besteht nun schon zwei Jahre und seine Schaffung und jeweilige Verlängerung war stets ein Gegenstand des heftigsten Kampfes sowohl im sozialpolitischen Ausschuß, als auch im Plenum des Hauses selbst, zwischen den Mehrheitsparteien und der Opposition. Die Einkommensgrenze für Kriegsbeschädigte ist eine Erscheinung, die nur in der Èechoslovakei zu verzeichnen ist, sonst in keinem anderen Staate der Welt, und sie ist in diesem Staate eine umso traurigere Erscheinung, als man die Einkommensgrenze so niedrig gestellt hat, daß die Kriegsbeschädigten bei 5000, beziehungsweise 10.000 Kronen Einkommen schon ihrer Rente verlustig werden sollen. Warum gerade der Selbständige schon bei 5000 Kronen nichts mehr bekommen soll, darüber hat sich einer meiner Herren Vorredner dahingehend ausgesprochen, daß damit aufgezeigt wird, daß die Regierung von der Voraussetzung ausgeht, daß die Selbständigen ihr Steuereinbekenntnis nicht allzu genau machen und daß die Kriegsbeschädigten genötigt sind, dem Beispiel der anderen zu folgen. Obwohl wir eine Einkommensgrenze für die Entschädigung der Kriegsbeschädigten nicht wünschen, so haben wir doch einen Antrag eingebracht, der aber nicht von Selbständigen und Nichtselbständigen spricht, sondern einen Antrag, der darauf Bezug nimmt, daß die Grenze für ledige 10.000 und für verheiratete Kriegsbeschädigte 16.000 Kronen sein soll, hinter welcher die Schmälerung der Rentebezüge einzutreten hätte. Wir sind leider der Auffassung, daß auch dieser jedenfalls über den Regierungsantrag hinausgehende Antrag nicht Ihre Zustimmung finden wird, aber wir halten uns für verpflichtet, ihn trotzdem einzubringen.

Die Gelegenheit der Aussprache über dieses Gesetz soll natürlich auch von uns dazu benützt werden, um die Verhältnisse der Kriegsbeschädigten im allgemeinen mit einigen Worten aufzuzeigen. Das Elend der Kriegsbeschädigten und ihrer Angehörigen sowie aller jener, die auf Kriegsbeschädigtenfürsorge an gewiesen sind, ist überaus groß und traurig. Es gibt, soweit sich das bisher hat amtlich feststellen lassen, in diesem Staate weit mehr als eine halbe Million Kriegsbeschädigte, Witwen, Waisen u. s. w. Es muß leider gesagt werden, daß, trozdem die Landesämter mehr als ein halbes Dutzend Jahre bestehen, es heute noch Menschen gibt, die immer noch nicht in den Besitz ihrer Rente gelangt sind. Es muß leider festgestellt werden, daß die berühmten Nachzahlungsbestimmungen auf den Bögen, welche da besagen: "Die Nachzahlung Ihrer Rente vom Mai 1920 usw. wird Ihnen nach Durchrechnung usw. angewiesen werden", noch immer nicht verschwunden sind. Auf diese Nachzahlung warten Zehntausende Menschen schon jahrelang, und Tausende von Urgenzen und Hunderte von Interventionen werden bei den Landesämtern durchgeführt, ohne daß leider bisher eine besondere Besserung der Dinge eingetreten wäre. Es muß gesagt werden, daß die Verhältnisse bei den Landesämtern sich auch in den letzten Jahren leider nicht zum Besseren gewendet haben, sondern daß die alten Verhältnisse geblieben sind und daß wohl eine wirkliche Besserung erst dann eintreten dürfte, wenn infolge Ablebens der Kriegsbeschädigten und ihre Angehörigen diese Ämter nicht mehr werden belästigt werden. Aber nicht nur die Landesämter, auch die Bezirksstellen hat man aus Gründen der berühmten Sparmaßnahmen abgebaut. Waren schon der anfänglich kreierten Bezirksstellen zu wenig und ihre Einrichtungen mehr als mangelhaft, so muß gesagt werden, daß leider in der letzten Zeit diese Bezirksstellen fast jeden Wert verloren haben. Sie sind lediglich dazu da, daß die Kriegsbeschädigten oder ihre Angehörigen ihre Einwendungen und Zuschriften dorthin richten, daß diese dort eingetragen und an die verschiedenen Landesämter weitergesendet werden. Einen sonstigen Aufgabenkreis erfüllen wohl diese Bezirksstellen nicht mehr, es sei denn, wenn es darum geht, die sogenannte sozialärztliche Überprüfung vorzunehmen.

Diese sozialärztlichen Überprüfungen sind ein außerordentlich trauriges Kapitel und sie zeigen sehr deutlich, daß in der Èechoslovakei die Halbhubers noch nicht ausgestorben sind. Wenn so ein Kriegsbeschädigter vor die sozialärztliche Untersuchung gebracht oder verlangt wird, so kann er mit Sicherheit darauf rechnen, ob nun die Tatsache stimmt oder nicht, daß der untersuchende Arzt an ihm ein Stück Gesundungsprozeß konstatiert und dies in der Form der Herabsetzung seines Prozentsatzes der Erwerbsunfähigkeit zum Ausdruck bringt. Noch schlimmer als den Invaliden selbst ergeht es den Witwen der Kriegsgefallenen oder den Vorfahren, und die Fälle sind nicht selten, daß man Kriegswitwen oder alte Leute für höchstens 30% erwerbsunfähig erklärt, die nicht mehr imstande sind, die Treppe zu dem Amt hinaufzusteigen, wo sie untersucht werden. Erheben diese Menschen dann gegen den Befund dieser sozialärztlichen Bezirksstelle Berufung in Prag oder bei einer anderen Landesstelle des Staates, so ist der Effekt ihrer Berufung in der Regel nicht viel besser. Auch die landesamtlichen Untersuchungen werden zumeist nicht genau durchgeführt, und wer einmal bei der sozialärztlichen Untersuchung sozusagen in den Genesungsstand gesetzt wird, der hat damit zu rechnen, daß ihm die Rente abgebaut wird.

Ein trauriges Kapitel unter den Kriegsverletzten bilden insbesondere die Kriegsblinden. Sie können heute nach dem Gesetz, wenn sie vollständig auf beiden Augen blind sind und für die Besorgung ihrer persönlichen Bedürfnisse noch jemanden benötigen, eine Rente bis zu 500 Kronen im Monat bekommen. Wie mit 500 Kronen im Monat ein hilfloser Blinder und seine Warteperson leben sollen, das Kunststück zu lösen und aufzuzeigen, wird wohl eine Aufgabe der èechoslovakischen Gesetzgebung bleiben, und es muß gesagt werden, daß in keinem der Staaten die Kriegsblinden so außerordentlich benachteiligt werden, wie das gerade in unserer Republik der Fall ist.

Ein weiteres Kapitel und damit in Zusammenhang ist die Geltendmachung von Ansprüchen auf die Invalidenrente bei Krankheit oder Erwerbsunfähigkeit, die sich erst in späteren Jahren als eine Folge der Kriegseinwirkungen darstellen. Die Fälle sind gar nicht so selten, daß Menschen augenscheinlich ganz heil vom Kriegsschauplatz zurückkehrten und erst nach Monaten, ja nach Jahren sich die Auswirkungen der Kriegsstrapazen, allfällig augenscheinlich verheilter Verwundungen usw. zeigten. Wenn sich nun diese Menschen unterfangen, unter Hinweis darauf, daß ihre Krankheitserscheinungen, ihre Arbeitsunfähigkeit usw. im Zusammenhang mit den Kriegsfolgen stehen, die Rente zu fordern, so wird ihnen diese zumeist rundweg aberkannt und wohl nur in den seltensten Fällen ist es möglich, dann im Wege der Berufung schließlich und endlich doch zu einer kleinen Rente zu gelangen. Ein überaus trauriges Zeichen unserer Verhältnisse ist der Umstand, daß man mit Ende des Jahres 1923 die Anmeldemöglichkeit für die Gewährung von Renten, insbesondere aber für Vorfahren. Renten ganz einfach als erledigt erklärt hat und Tausende von Menschen, die diese Frist infolge Unkenntnis des Gesetzes versäumten, sind ihrer berechtigten Ansprüche aus rein formalen Gründen verlustig geworden, können heute keine Rente bekommen. Wir sind seit jeher auf dem Standpunkt gestanden, daß eine solche Beschränkung der Anmeldefrist bei einem derartigen Gesetz überhaupt nicht bestehen soll und nicht bestehen darf, und wir werden als Klub hier im Hause bei entsprechender Gelegenheit es nicht verabsäumen, durch einen Antrag dafür Sorge zu tragen, daß der Regierung die Möglichkeit geboten wird, diese Bestimmung der Rentenanmeldung freizugeben, so daß jeder, der rentenanspruchsberechtigt ist, diese Rente auch tatsächlich bekommt. Das Ministerium hat nun mit Erlaß vom 4. Dezember mitgeteilt, daß solche Personen, die lediglich aus Fristenversäumnis keine Rente bekommen, nun im Wege eines Ansuchens eine Rente bis zu 600 Kronen im Jahre und in der längsten Dauer von zwei Jahren erhalten können. Wieviele Leute bei diesem Ansuchen berücksichtigt werden können, ist natürlich nicht mitgeteilt worden. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Stivín.) Aber es steht wohl eines fest, daß nur ein geringer Bruchteil derer, die sich um eine vorübergehende Rente bewerben werden, eine solche zu erhalten imstande sein wird, und es ist fraglich, ob bei der besonders langwierigen Erledigung der Fürsorgeagenden auf diesem Gebiete es nicht jahrelang dauern wird, bis solch ein armer Teufel in den Besitz einer solchen vorübergehenden Rente gelangt.

Aber noch ein neues Attentat plant man auf die Kriegsbeschädigten, wenn man auch im gegenwärtigen Momente nicht davon spricht, aber man wird schon im geeigneten Zeitpunkte damit bestimmt kommen. Man will alle Kriegsbeschädigten, deren Erwerbsfähigkeit nicht über 40% Einbuße erlitten hat, außer Genuß der Renten setzen und damit auch auf diesem Gebiet der sozialen Fürsorge nach berühmten Mustern in anderer Beziehung, einen gewaltigen Abbau vornehmen. Wir werden selbstverständlich auch einem solchen Angriff nicht ruhig gegenüberstehen, sondern werden mit allen uns zu Gebote stehenden Mitteln uns zur Wehr setzen, wenn es die Regierung wagen sollte, einen solchen Abbau, eine solche neue schwere Schädigung der Kriegsbeschädigten vorzunehmen.

Im übrigen verweise ich nochmals auf unseren Antrag, die Einkommensgrenze auf 10.000, beziehungsweise 16.000 Kronen hinaufzusetzen, und bitte um Annahme dieses Antrages. (Souhlas na levici.)

14. Øeè posl. Zajicka (viz str. 919 tìsnopisecké zprávy):

Meine Herren! In seiner am 16. Februar abgegebenen Regierun gserklärung hat der Herr Ministerpräsident Dr. Švehla von allem möglichen gesprochen, er fand es aber nicht der Mühe wert, den über 500.000 Invaliden, Waisen und Witwen auch nur ein einziges Wort zu widmen. Diese Geringschätzung von bedauernswerten Männern, Frauen und Kindern hat nicht nur weite Kreise des deutschen, sondern auch des èechischen Volkes mit Recht empört.

Diese Empörung steigerte sich, als dem Hause der Regierungsentwurf über die unveränderte Verlängerung des Kriegsbeschädigtengesetzes vom 10. April 1924, bzw. vom 19. Dezember 1924 vorgelegt wurde. Nach diesem Entwurf soll bei selbständig Erwerbenden in der Regel nur der Anspruch auf eine Rente haben, der ein Höchsteinkommen von 5000 Kronen hat. Für wirtschaftlich Unselbständige wird die Grenze mit 10.000 Kronen festgesetzt.

Im Motivenbericht vom 12. Dezember 1925 und im Bericht des Sozialpolitischen Ausschusses wird die unveränderte Gesetzesvorlage damit begründet, die wirtschaftlichen Verhältnisse hätten sich im Jahre 1925 nicht geändert und es sei auch gar nicht zu erwarten, daß sich in der nächsten Zeit besondere Veränderungen ergeben würden.

Wenn der Index, wenn die Verlautbarungen über die Zahl der Arbeitslosen, wenn die monatlichen Berichte über die Aus- und Einfuhr das einzige Barometer wären, das uns über den Stand der Wirtschaft Aufschlüsse gäbe, dann wäre diese Begründung sicherlich richtig.

Hier muß aber noch etwas anderes berücksichtigt werden: Die Verschuldung, besonders die der kleinen Leute, wird nicht abgeleugnet. Die Steuerlasten wurden erhöht und sie werden schon in den nächsten Wochen abermals erhöht werden. Daß Gemeindeumlagen erniedrigt werden, hört man selten, wohl aber wissen wir, daß in zahlreichen Gemeinden die Umlagen erhöht werden mußten. Daß sich die wirtschaftlichen Verhältnisse verschlechtert haben, geben die Herren von der Koalition indirekt selbst zu, indem sie die Erhöhung der Staatsbeamtengehälter als notwendig bezeichnen.

Aber selbst wenn sich die wirtschaftlichen Verhältnisse wirklich nicht geändert hätten, bestünde die sittliche Pflicht, für die Opfer des Krieges ausreichender als bisher zu sorgen. Die Sorge für die Kriegsbeschädigten ist vor allem ein sittliches Problem, ein Problem, das losgelöst sein muß von allen politischen Reminiszenzen.

In keinem Staate wird so viel von Humanität gesprochen als bei uns. Die humanitäre Arbeit aber steht oftmals in krassem Widerspruch zu den Worten. Da wird im Auslande von Hilfsbereitschaft geredet, da werden im Auslande Freundschaftsverträge unterschrieben, im Innern aber verspüren wir von der Humanität sehr wenig. Das sehen wir wiederum bei der Fürsorge für die Kriegsopfer.

Und doch wäre gerade die Èechoslovakei kraft ihrer geographischen Lage, kraft ihrer ethnographischen Struktur, es wäre dieser Staat, an dessen Spitze ein Philosoph steht, der immer und immer wieder die Humanität preist, dieser Staat wäre berufen und verpflichtet, den Gedanken der Humanität in alle Gaue Europas zu tragen. Wir aber sehen beim Kriegsbeschädigtenproblem aufs neue, daß in anderen Staaten, wo von Humanität weniger geredet wird, die Kriegsopfer besser behandelt werden als von unserer Regierung.

Die Unterstützung der Kriegsbeschädigten ist unzulänglich. Unser Urteil entspringt nicht einem Querulantentum, es entspringt unserer Liebe zu diesen Bedauernswerten, es entspringt unserem Rechtsempfinden.

Bei uns erhält ein Kriegsblinder, der in häuslicher Pflege ist, monatlich 300 Kronen, die ihm im Gnadenwege auf 500 Kronen erhöht werden können. Im armen Österreich, das die Entente selbst zu einem Kriegskrüppel geschlagen hat, muß ein Kriegsblinder monatlich mindestens 1500 Kè erhalten Österreich, das mit seiner Existenz ringt, hat vom Völkerbund die Bewilligung erhalten, im Jahre 1926 etwa 20 Millionen Kè mehr als bisher für die Kriegsbeschädigten zu verwenden.

Wir haben eine Einkommensgrenze, die fast kein Staat kennt. Wohin diese Bestimmung führt, das, meine Herren, sehen wir immer und immer wieder. Ich halbe z. B. diesen Sonntag einen Kriegsblinden besucht, dem außerdem das linke Bein amputiert worden ist. Plötzlich am 1. Jänner wird ihm die Rente eingestellt. Beim Kriegsbeschädigtenamt in Brünn sagte man ihm, man finde seinen Akt nicht. Wahrscheinlich ist das Steuerreferat schuld, das hat vielleicht berechnet, daß der Mann nicht 5000 Kronen Jahreseinkommen hat, sondern vielleicht 5100 Kronen, und deswegen kommt der Mann mit seiner Familie ganz um die Rente.

In diesem Staate erhalten nur jene eine Rente, deren Invalidität mindestens 20% beträgt, wobei darauf hingewiesen werden muß, daß die Zahl der Bezugsberechtigten durch wiederholte sozialärztliche Untersuchungen ständig vermindert wird. Polen und Frankreich zahlen schon dann Renten, wenn die Invalidität mindestens 15% beträgt. Man hat uns wiederholt gesagt, daß speziell Schwerinvalide schon in der nächsten Zeit bedeutend besser gestellt werden sollen. Wir hören aber, daß diese Besserstellung erfolgen soll auf Koten jener Invaliden, deren Invalidität 30% und 40% beträgt.

In der Èechoslovakei besteht wohl die Pflicht, Legionäre in den Staatsdienst einzustellen, Legionäre, denen die in den Legionen zugebrachten Jahre dreifach gezählt werden. Es besteht aber weder für den Staat, noch für die Gemeinde, noch für den Privatbetrieb die gesetzliche Verpflichtung, Invalide zu beschäftigen. Im Jahre 1920 brachte es die Regierung nur zu einer Geste, die aber sicher keinen 10 Invaliden geholfen hat: bei Anstellungen und Beförderungen sind nämlich Kriegsbeschädigte solchen Bewerbern vorzuziehen, die dieselbe Dienstzeit und dieselbe Qualifikation haben. Statt den Invaliden Anstellungen zu sichern, hat man viele von jenen Invaliden, die im Staatsdienst oder in Fabriken angestellt waren, wie eine ausgepreßte Zitrone behandelt, man hat sie einfach aufs Pflaster geworfen. Ich frage Sie, wo bleibt da die Humanität, wo bleibt da die soziale Fürsorge?

Deutschland gewährt den mit mindestens 25% klassifizierten Invaliden eine Sondersteuerbegünstigung, jenes Deutschland, das alljährlich Milliarden Goldmark an Kriegsentschädigung zahlen muß. Dieses Deutschland geht daran, Steuern zu ermäßigen; und die Èechoslovakei? Jeder von uns kennt Fälle, wo bei den Invaliden rücksichtslos die Steuern nicht eingehoben, sondern eingetrieben werden. Wir alle kennen die traurige Lage der kriegsbeschädigten Trafikanten, von denen man - und das ist eine Errungenschaft der letzten Zeit - nicht wenige mit einem unfreiwilligen Kompagnon beglückt, der sich mit dem bisherigen alleinigen Besitzer um den kargen Reingewinn zu teilen hat.

Und doch will man natürlich auch gegenüber dem Auslande die Meinung aufkommen lassen, es werde hier sehr gut für die Invaliden gesorgt. Da teilten die Zeitungen vor ein paar Wochen mit, an Kriegsbeschädigte würden sogar Geschenke ausgeteilt werden! Tausende werden wohl auf die ausgeworfene Summe von 80.000 Kronen wie auf einen Haupttreffer gesehen haben. Liest man aber den Erlaß selbst, dann erstirbt man nicht mehr in Ehrfurcht und Bewunderung vor dieser Fürsorge, dann ist man darüber empört, daß man statt einer durchgreifenden Regelung ein paar Brocken als Almosen austeilt.

Sind die hier lebenden èechoslovakischen Kriegsbeschädigten schlecht gestellt, so gilt dies noch weit mehr von den im Auslande lebenden kriegsbeschädigten èechoslovakischen Staatsbürgern. Vor ein paar Wochen ging durch die Zeitung folgende Nachricht: Der Kriegsbeschädigte Bartholomeus Paul, wohnhaft in Leipzig, hat angesucht, man möge ihm die Hilflosenrente zuerkennen, da er tuberkulös ist. Bevor noch die negative Entscheidung kam, war der Mann gestorben. Die in Österreich und Deutschland wohnenden Kameraden beklagen sich immer und immer wieder, daß man ihre Gesuche monatelang, ja, jahrelang einfach liegen läßt. Die Armen warten auf ihre Renten, sie müssen mit jeder Krone rechnen. Wir wissen ganz gut, daß der Minister diese Nachlässigkeit mißbilligt, Tatsache aber ist, daß sich gewisse Leute, besonders solche, die in Ämtern sitzen, die dem Ministerium für soziale Fürsorge nicht unterstehen, um Anweisungen des Ministers einfach nicht kümmern.

Wenn wir unsere Klagen vorbringen, sagt man uns immer wieder: "Wir haben ja d guten Willen, es fehlt uns aber das Geld". Wenn ein französischer General der Ansicht ist, es läge im Interesse Frankreichs, daß die Èechoslovakei die 18monatige Dienstzeit beibehalten, dann ist für diesen Wunsch Geld vorhanden. Für russische Studenten ist auch Geld vorhanden. Für die kostspielige Außenpropaganda und für die teuren Gesandten ist auch Geld vorhanden. Wenn wir das sagen, sagt man uns, wir sprächen wie Querulanten. Da habe ich eine interessante Broschüre entdeckt, sie ist jedenfalls nicht für das deutsche Publikum bestimmt. Sie lautet: "Memorandum pomocné agendy Svazu èsl. legionáøù v Americe". Die ist in Cleveland, im Staate Ohio, im Jahre 1922 erschienen. In diesem Memorandum heißt es, daß während des Weltkrieges 2300 Amerikaner, und zwar gebürtige Èechen und Slovaken, in der amerikanischen Armee gekämpft haben. Von diesen sind 197 gefallen und 107 verwundet worden. Und für diese Verwundeten verlangt jetzt dieser Hilfsverband von der èechoslovakischen Regierung, daß diese Kriegsbeschädigten, die in Amerika wohnen, die Rente in Gold gezahlt bekommen, und zwar derart, daß für je 5 èsl. Kronen ein Dollar ausgezahlt werde. Das ist weniger interessant. Aber wissen Sie, wie die Legionäre in Amerika das Geld für ihre Kameraden hereinbringen wollen? So ziemlich auf jeder Seite beklagen sie sich darüber, daß der èechoslovakische Gesandte in Washington ungeheuere Summen bezieht, und zwar wird von dem damaligen Gesandten Dr Štìpánek gesagt, daß er jährlich 40.000 Dollar erhalten haben soll. Und die Legionäre sind es, die auf jeder Seite klagen, man soll diesem Herrn weniger geben, dann würden die Kriegsinvaliden genug Geldhaben. Wenn wir das sagen, dann werden wir mit dem neuesten Schimpfwort Querulanten bezeichnet. Für diese Sachen ist Geld da, für die Invaliden aber hat man kein Geld. Wir verlangen, daß für die Kriegsbeschädigten mehr gegeben wird als bisher. Die Kriegsbeschädigten brauchen einfach das Geld und da muß das nötige Geld bewilligt werden.

Im Nachhange zum Regierungsantrag Druck 4994 heißt es, bis 30. Juni 1924 seien für die Kriegsbeschädigten 2.821,000.000 Kronen präliminiert gewesen. Tatsächlich hat man aber um 828 Millionen weniger ausgegeben. Das muß uns gegenüber den in den letzten Jahren präliminierten und von der Regierung als sehr hoch bezeichneten Ziffern zur größten Vorsicht mahnen. Ich gebe gerne zu, daß es sehr lange gedauert hat, bis man endlich die genaue Zahl der Invaliden, Witwen, Waisen und Hinterbliebenen ermittelt hat und daß dadurch die Ziffern des Staatsvoranschlages nicht auf volle Genauigkeit Anspruch erheben konnten. Die Tatsache aber, daß gerade bei den Invaliden eine derart große Summe erspart wurde, gibt wohl zu denken. Noch etwas muß hier in Betracht gezogen werden. Die Ausgaben für die Kriegsbeschädigten sind ja keine dauernde Belastung des Staates. In demselben Maße, wie die Zahl der zu Unterstützenden sinkt, sinken auch die Ausgaben.

Bei dieser Gelegenheit lenke ist Ihre Aufmerksamkeit auf den Staatsvoranschlag des Ministeriums für soziale Fürsorge. Wenn man die letzten Bände durchgeht, so stößt man auf ganz merkwürdige Ziffern. Ein paar Beispiele: Es gab in Böhmen im Jahre 1922 80.000 Kriegswitwen, Ende 1923 nur 60.000 und Ende 1924 nur 53.000. Bei den Waisen ist es ähnlich. Da sinkt die Ziffer von 140.000 auf 128.000 und dann auf etwa 100.000. Ich will aus diesen Ziffern nur die eine Folgerung ziehen: Der Herr Minister könnte spielend leicht alle jene Anträge durchführen, die wir gestellt haben, ohne sich um neue Geldquellen umzusehen. Bei dieser Abnahme der Kriegsbeschädigten muß doch aus den bewilligten Geldern genug erübrigen.

Die mangelhafte Fürsorge für die Kriegsinvaliden ist charakteristisch für den Geist, der hier herrscht. Die bescheidenen Forderungen der Invaliden werden nicht erfüllt. Würde man es tun, dann könnte diese Tat eine Zeit der Versöhnung einleiten.

In einem Staate, in welchem den Kommunisten mit dem Pendrek gedroht wird; in einem Staate, wo die übrigen Oppositionellen ausgerechnet von jenen, die im alten Wiener Parlament die Tribüne gestürmt haben, mit dem Ausdruck "Querulanten" bezeichnet werden; in diesem Staate dürfen sich auch die Invaliden keine Hoffnungen machen. Die Kalvariastraße der Kriegsopfer wird auch weiterhin mit Männern bedeckt sein, die aus Verzweiflung zusammenbrechen. Sie wird weiterhin bedeckt sein mit Kriegswitwen und ihren Kindern, denen der Krieg den Vater, der neue Staat aber den Glauben an Menschlichkeit und Dankbarkeit genommen hat. Kürzlich kamen deutsche Frauen nach Arras. Sie übergaben dem Bürgermeister gesammelte Gelder mit der Bitte, auf den ehemaligen Schützengräben Bäume des Friedens zu pflanzen. Ganz Frankreich hat diese wackeren deutschen Frauen begrüßt. In unserem Staate hat der Weltkrieg, Gott sei Dank, nur wenige Schützengräben aufgewühlt. Der nationale Chauvinismus der Nachkriegszeit aber hat die Herzen von Hunderttausenden mehr zerrissen als die Granaten den Boden von Arras. (Sehr gut.) Was hat die Regierung getan um diese fürchterlichen Schäden zu heilen? Die Regierungsvorlage, über die wir eben verhandeln, gibt uns abermals eine deutliche Antwort.

Wir werden gegen diese Vorlage stimmen und für die Anträge, die wir eingebracht haben. (Souhlas na levici.)

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