Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzesantrag betrifft
die große Zahl jener pflichttreuen Menschen, welche als
Teilnehmer am Weltkriege 1914 bis 1919 im Dienste der menschlichen
Gesellschaft eine Dienstbeschädigung erlitten u d infolgedessen
eine Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen
Zustandes davon getragen haben, die ihre Erwerbsfähigkeit
aufhebt oder mindert, und die man im Sinne des Gesetzgebers mit
dem verschämten Worte "Kriegsbeschädigter"
bezeichnet.
Die Opfer der Dankbarkeit, welche die menschliche Gesellschaft
diesen Kriegsbeschädigten und Kriegsverletzten bringt, sind
geradezu ein Wertmesser für Kultur und Humanität eines
jeden Staates geworden. Mit vollem Recht urteilt die ganze gesittete
Welt, ob jeder Staat innerhalb der Grenzen des Möglichen,
entsprechend seiner wirtschaftlichen Lage, im richtigen Verhältnis
zu seinen Einnahmen und Ausgaben diesen seinen Verpflichtungen
gegen die Kriegsverletzten genau und pünktlich nachkommt.
Allerdings bringt der vorliegende Gesetzesantrag keinerlei neue
Bestimmungen, sondern er dient nur dem Zweck, einen gesetzmäßigen
Zustand, der mit 31. Dezember 1925 seine Rechtswirksamkeit verloren
hat, nachträglich noch bis zum 31. Dezember 1926 als rechtsgültig
zu verlängern. Gleich hier muß man seinem Erstaunen
Ausdruck verleihen, wenn man bemerkt, wie gering das Interesse
der Regierung und des Parlamentes an der Fürsorge für
die Kriegsbeschädigten ist, daß man nicht einmal Zeit
gefunden hat, die Verlängerung der Rechtswirksamkeit vor
deren Ablauf vorzunehmen, sondern die Zeit in den gesetzgebenden
Körperschaften entweder mit fruchtlosen politischen Debatten
über eine nichtssagende Regierungserklärung ausfüllte,
die nebenbei gesagt, die Kriegsbeschädigten mit keinem Worte
erwähnte, oder aber das Parlament durch einen entwürdigenden
Kuhhandel unter den Koalitionsparteien um Ministersessel und Präsidentenstühle
in den parlamentarischen Körperschaften arbeitsunfähig
machte, sodaß das Parlament gar nicht einberufen werden
konnte Schon damit hat sich die Regierungsmehrheit vor der gesamten
Kulturwelt ein sehr beschämendes Zeugnis ausgestellt.
Hat natürlich das leichtfertig verschuldete dreimonatliche
Vakuum in der Kontinuität der Rechtswirksamkeit eines äußerst
notwendigen Gesetzes eine selbstverständliche Erbitterung
in den Reihen der so schwer getroffenen Kriegsbeschädigten
zur Folge gehabt, so muß es direkt Entrüstung und Empörung
auslösen, wenn durch diesen Gesetzesantrag ein Zustand verlängert
werden soll, der schon 2 Jahre lang zu den heftigsten Bekämpfungen
und Anfeindungen der betreffenden gesetzlichen Bestimmungen geführt
hat. Jetzt, wo Gelegenheit wäre, einen von den vielen Steinen
des Anstoßes in der nicht immer glücklichen Gesetzgebung
dieses Staates zu beseitigen, soll zur größten Enttäuschung
der Betroffenen jegliche Hoffnung auf eine berechtigte Verbesserung
wieder auf ein weiteres Jahr hinaus vernichtet und begraben werden.
Schon im ersten Gesetze vom 20. Feber 1920, Z. 142 S. d. G. u.
V., wurde die Einkommensgrenze des Kriegsbeschädigten, bis
zu der er ein Anrecht auf ungeschmälerten Rentenbezug besitzt,
für wirtschaftlich selbständig Tätige mit 4000
Kè, für wirtschaftlich unselbständig Tätige
mit dem doppelten Betrag von 8000 Kè festgesetzt. Die Èechoslovakische
Republik ist durch diese Bestimmung der einzige Staat, der in
einem Kriegsbeschädigtenfürsorgegesetz überhaupt
eine Einkommensgrenze festgehalten hat, über die hinaus dem
Kriegsbeschädigten ein Anspruch auf eine Rente ohne Rücksicht
auf seine ärztlich festgestellte perzentuelle Erwerbsunfähigkeit
nicht mehr zukommt. Eine solche Bestimmung ist aber auch gänzlich
unverständlich. Wohl kann man dem Kriegsbeschädigten
ni emals mit Geld das bezahlen, was sie der menschlichen Gesellschaft
geopfert haben. Die Rente soll aber auch nur der Ausdruck des
guten Willens derjenigen sein, welche zur Dankbarkeit verpflichtet
sind. Gesetzlich zu bestimmen, daß die Dankesschuld dann
erlischt, wenn der Kriegsbeschädigte trotz seiner mangelnden
Erwerbsfähigkeit sich ein Existenzminimum oder sogar noch
weniger als dieses verdient, ist nicht allein widersinnig, sondern
auch unmoralisch, dies umso mehr, als die Èechoslovakei
doch als glorreicher Siegerstaat aus dem Weltkriege hervorgegangen
zu sein vorgibt. Deutschland, für das durch den unglücklichen
Ausgang des Krieges hinsichtlich der Berechtigung zum Rentenbezug
und der Höhe der Rentensätze gewiß selbstverständliche
Grenzen gezogen waren, hat zwar in einer gewissen Form eine Einkommensgrenze
bestimmt, doch ist diese ganz bedeutend höher und betrifft
nur die Bezüge aus öffentlichen Mitteln. Aber auch dort
in Deutschland tritt nicht ein vollständiger Entzug der Rente,
sondern nur eine passende Abstufung derselben ein, wogegen die
Schwerbeschädigtenzulage, die Ortszulage und die Ausgleichszulage
ohne Rücksicht auf die Höhe des Einkommens weitergezahlt
werden.
Noch unverständlicher natürlich ist die Bestimmung,
daß ein Unterschied zwischen den selbständig Erwerbenden
und den wirtschaftlich unselbständig Tätigen im Gesetze
gemacht wird, das tatsächlich bei keinem anderen Staate vorkommt
und die Èechoslovakei direkt zu einem Unikum in Europa
stempelt. Wenn man sich überlegt, ob es in der Nachkriegszeit
einen selbständig Erwerbenden mit einem Gesamteinkommen von
4000 Kè jährlich geben könnte, ob bei diesem
Einkommen überhaupt von einer Existenzmöglichkeit gesprochen
werden kann, so muß man wohl zu dem Endurteil kommen, daß
dieses Gesetz ganz einfach jeden selbständig Erwerbenden
um den Rentenbezug bringen sollte. Allerdings hat schon im Jahre
1920 das Ministerium für soziale Fürsorge eine Erklärung
abgegeben, warum dieser Unterschied gemacht und die Einkommensgrenze
bei wirtschaftlich selbständig Tätigen so niedrig festgesetzt
wurde. Und weil diese Erklärung eines Ministeriums so charakteristisch
für die Verhältnisse in diesem Staate ist, so will ich
sie wenigstens in ihren Grundgedanken hier wiedergeben. Das Ministerium
für soziale Fürsorge steht nämlich auf dem Standpunkte,
daß die selbständig Erwerbenden niemals ihr ganzes
Einkommen aus ihrer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit
einbekennen oder einzubekennen nötig haben. Damit hat aber
ein Ministerium dieses Staates selbst festgestellt, daß
unsere Steuergesetzgebung eine derartige ist, daß alle Bürger
des Staates, die nur halbwegs Gelegenheit dazu haben, Steuerhinterziehung
zu treiben genötigt sind. Das Schönste aber dabei ist,
daß diese Motivierung des Ministeriums gar nicht zutreffend
ist. Wenn es selbst vorkommen sollte, daß ein wirtschaftlich
selbständig Tätiger sein Einkommen nicht voll und ganz
einbekennt, so ist das noch immer nicht maßgebend für
die Steuerverwaltung, welche mit der vom Staate selbst erzwungenen
Steuermoral der Steuerträger rechnet und daher das einbekannte
Einkommen nur als eine unbedeutende Richtschnur für die Bemessung
wertet, sonst aber das Einkommen nach eigenen Schätzungen
festsetzt. Wer das noch nicht wissen sollte, kann sich durch einen
Einblick in die unzählbaren Rekurse gegen die Steuervorschreibungen
selbst überzeugen. Daß aber eine solche unbegründete
Ausrede eines Ministeriums auch noch für die Regierungsmehrheit
eines Parlamentes anläßlich eines Kriegsbeschädigtenfürsorgegesetzes
maßgebend sein konnte, ist ein trauriges Zeichen für
die Selbständigkeit des Denkes bei den politischen Koalitionsparteien.
Seit dem Jahre 1920 wird die Festsetzung einer Einkommensgrenze
überhaupt und die Bestimmung eines Unterschiedes zwischen
wirtschaftlich selbständig und wirtschaftlich unselbständig
Tätigen ebenso konsequent wie erfolglos bekämpft, weil
doch die sich unfehlbar dünkende Koalition aus Prestigegründen
keine Belehrung seitens der Opposition entgegenzunehmen gewillt
ist.
Das Gesetz vom Jahre 1920 mußte allerdings eine kleine Korrektur
sich doch gefallen lassen. Die Einkommensgrenze wurde auf 4000
Kè, bzw. 8000 Kè damals mit Rücksicht auf die
zu erwartende Konsolidierung der wirtschaftlichen Verhältnisse
und Verbesserung der Lebensbedingungen festgesetzt, wie es so
schön in dem Motivenbericht heißt, was aber durch die
tatsächlich sich entwickelnden Verhältnisse auf dem
Arbeits- und Lebensmittelmarkt grausam Lügen gestraft wurde.
Solcher Fehlschläge haben wir in diesem Staate schon einige
miterlebt und fast keine Kategorie der Arbeitnehmer blieb verschont.
Ich erinnere dabei nur an die unglaublichen Verhältnisse
bei den Staatsangestellten, deren Besoldung man den tatsächlichen
Teuerungsverhältnissen immer durch zu späte Bewilligung
irgendwelcher Teuerungs- und Notzulagen angeglichen hat. Kaum
hat der Finanzminister Rašín im Vertrauen auf das
Gelingen seines Preisabbauexperimentes das Sinken der Lebensmittelpreise
prognostiziert, als man auch schon daran ging, den Staatsangestellten
die Bezüge durch neuerliches Leisten von Personaleinkommensteuern
und Pensionsbeiträgen zu kürzen, von denen sie während
des Krieges und in den letzten Jahren der Nachkriegszeit befreit
waren, und überdies es noch mit dem Abbau der Teuerungszulagen
um 20% begann, und die Familien- und Kinderzulage sogar denen
nicht zuerkannte, die nach dem 1. Jänner 1923 sich den Luxus
einer Ehegattin oder gar eines Kindes leisteten. Weil aber das
Versprechen des Finanzministers sich nicht erfüllte, so mußte
man zu neuen Zulagen greifen, indem man eine 20%ige Erhöhung
des Grundgehaltes für akademisch gebildete Staatsbeamte und
eine 20%ige Erhöhung der Ortszulage für die übrigen
Staatsangestellten einführte.
Bei solchen Verhältnissen mußte auch in den Köpfen
der hiesigen Gesetzgeber die Erkenntnis reifen, daß die
Einkommensgrenze für Kriegsbeschädigte mit 4000. bzw.
8000 Kè nicht mehr aufrecht zu erhalten ist, weil die Konsolidierung
auch dann nicht einzutreten gezwungen ist, selbst wenn sie im
Motivenbericht eines in Prag beschlossenen Gesetzes steht. (Sehr
richtig!) Daher wurde die Einkommensgrenze im Gesetz vom 25.
Jänner 1922, Z. 39 S. d. G. u. V., auf 6000, bzw. 12.000
Kè erhöht, was aber nur bis 31. Dezember 1923 rechtswirksam
war.
Als es sich um die abermalige Verlängerung dieses Gesetzes
handelte, da kam dem Ministerium und Parlament das Statistische
Staatsamt zu Hilfe, das von Zeit zu Zeit immer den Verlauf der
Index-Kurve bekannt gibt, damit alle Verbraucher beurteilen können,
wie statistische Zahlentheorie und Wirklichkeit nicht mit einander
übereinstimmen. (Sehr gut!) Der Motivenbericht sagt
selbst, daß damals die statistisch konstatierte Preissenkung
der wichtigsten Bedarfsartikel nicht merklich war und keineswegs
das Preisniveau von 1919 und 1920 erreichte, aber das genügte
doch schon, daß im Gesetz vom 10. April 1924, Z. 79 S. d.
G. u. V., die Einkommensgrenze für Kriegsbeschädigte
auf 5000, bzw. 10.000 Kè herabgesetzt wurde. Diese Grenze
wurde dann im Gesetze vom 19. Dezember 1924, Z. 297 S. d. G. u.
V., bis zum 31. Dezember 1925 unverändert beibehalten.
Der vorliegende Gesetzesantrag hat nun den Zweck, an diesen gesetzlichen
Bestimmungen über die Einkommensgrenze bis zum 31. Dezember
des laufenden Kalenderjahres gar nichts zu ändern. Trotzdem
schon jahrelang die Kriegsbeschädigten dringend und wohlbegründet
den Wunsch geäußert haben, den Unterschied zwischen
selbständig und unselbständig Tätigen fallen zu
lassen, gebt die Regierung und die Koalition darüber zur
Tagesordnung über. Der Motivenbericht weiß nur zu sagen,
daß für eine Herabsetzung der Einkommensgrenze gar
keine Veranlassung ist, da sich die Verhältnisse auf dem
Arbeits- und Lebensmittelmarkte nicht merklich geändert haben.
Ob eine Erhöhung der Einkommensgrenze ratsam oder nötig
wäre, hat niemand zu untersuchen sich bemüßigt
gefunden, ja der sozialpolitische Ausschuß und der Budgetausschuß
haben es nicht einmal für der Mühe wert erachtet, die
Abänderungsansträge der Opposition einer Prüfung
zu unterziehen, sondern haben sie durch ihre taktisch klug erfundene
Abstimmungsmaschine abgelehnt. So dürfte es auch keinen Zweck
haben, anläßlich der Beratung des Gesetzes im Plenum
des Hauses irgendwelche Abänderunsanträge zu stellen,
da die Regierungsmehrheit für diese grundsätzlich nicht
zu haben sein wird.
Mit erschreckender Deutlichkeit sieht man aus allen diesen Vorgängen
die harte Tatsache, daß gegen jedes Rechtsempfinden in der
sozialpolitischen Gesetzgebung dieses Staates keine Übereinstimmung
zwischen den hochtönenden Phrasen der Koalitionsparteien
und ihren konkreten Taten bestehen. Mit hochtrabenden Worten wird
von den Koalitions-Politikern die Wichtigkeit der Kriegsbeschädigtenfürsorge
anerkannt, aber niemals wird eine Gelegenheit benützt, um
diese Phrasen auch in die Wirklichkeit umzusetzen. Aus Bequemlichkeit
und Trägheit verschließt man sich der Erkenntnis, daß
die vorliegende Frage einer Einkommensgrenze für den Rentenbezug
der Kriegsbeschädigten eigentlich eine Frage des Existenzminimums
ist, welche aber schon sehr dringend einer Revidierung und Lösung
bedarf. Im gewesenen Kaiserstaat Österreich war dieses Existenzminimum
vor dem Kriege 1200 und später 1800 Kronen. Da der Herr Finanzminister
selbst zugegeben hat, daß die Steuerlast des Bürgers
jetzt zehnmal so groß ist, als in den Friedenszeiten, so
bleibt doch nichts anderes übrig, als das Existenzminimum
auf 12.000, bzw. 18.000 Kronen hinaufzusetzen und dies auch als
Grundlage für eine Einkommensgrenze beim Rentenbezug für
Kriegsbeschädigte zu machen, wenn man sich schon auf das
widersinnige Prinzip versteift, daß eine solche Grenze überhaupt
festgesetzt werden muß.
Aber man benützt die Verlängerung dieses Gesetzes auch
nicht zu einer Novellierung, um andere Fehler des Gesetzes zu
begeben, die zu ständigen Klagen Anlaß gegeben und
sich in der Praxis auch als schädlich erwiesen haben, wie
es z. B. die verlangte Verlängerung der Anmeldefristen ist.
Wahrscheinlich rechnet man damit, daß wenigstens durch Versäumnis
einiger Analphabeten noch irgendwelche Kreuzer auf Kosten der
Ärmsten werden erspart werden können.
Auf alle Einwände und Vorstellungen bekommt man bestenfalls
nichts anderes zu hören, als das Versprechen des Herrn Ministers
für soziale Fürsorge, daß das ganze Problem der
Kriegsbeschädigtenfürsorge in Zukunft einer gründlichen
Regelung unterzogen werden soll. (Výkøiky na
levici.) Was man aber von einem Ministerwort in diesem Staate
zu halten hat, das haben wir erst wieder bei der Debatte über
die Sprachenverordnung erfahren, bei welcher der aufgelegte Wortbuch
des Herrn Ministerpräsidenten einen Verteidiger in der Person
des Herrn Innenministers gefunden hat. Wenn man sich auf die Versprechung
eines Ministers jetzt in der Frage der Kriegsbeschädigten
verlassen will, dann wird sich früher das Problem der Kriegsbeschädigten
von selbst durch Absterben der Beteiligten lösen. (Výkøiky
na levici.)
Wie lächerlich wirken doch alle Erzählungen, daß
die Èechoslovakische Republik seit 1919 bis zum 31. Dezember
1925, also in sieben Jahren, an Unterstützungen für
die Kriegsbeschädigten 23/4 Milliarden
ausgegeben, 16.000 Trafiken errichtet und als Betriebskapital
8 Millionen geborgt und außerdem noch 25 Millionen rückzahlbare
Darlehen zu anderen Zwecken gewährt hat, wenn man diesen
Ziffern nur die budgetmäßig ausgewiesenen Auslagen
eines einzigen Jahres für militärische Zwecke, für
die russischen Reaktionsstudenten, für Subventionen an die
Koalitionsparteien u. ähnl. entgegenhält. (Souhlas
na levici.). Meine Partei wird selbstverständlich aus
Gründen der Humanität gegen diesen Gesetzesantrag auf
Festsetzung einer Einkommensgrenze für die Berechtigung zum
Rentenbezug bei Kriegsbeschädigten überhaupt und gegen
die Festsetzung einer zu niedrigen Einkommensgrenze im besonderen
stimmen, weil sie überzeugt ist, daß durch Annahme
dieses Gesetzesantrages die Aussicht auf eine Besserung der Verhältnisse
auf ein weiteres Kalenderjahr unmöglich ist, während
eine neuerliche Durchberatung und ein fortgesetztes Bemühen
um eine Neuregelung wenigstens die Hoffnung auf eine Verbesserung
offen läßt.
Aber wenn der Gesetzesantrag zum Beschluß erhoben werden
sollte, wenn die schwere Schädigung der Ärmsten unter
den Armen nicht verhindert werden könnte, dann wollen wir
dieses Gesetz wenigstens zur Aufklärung der Öffentlichkeit
benützen. Am 13. März d. J. hat der Herr Minister für
Nationalverteidigung sein allernächstes Programm bei einem
Presseempfang entwickelt. Unter Verleugnung seines Parteistandpunktes
hat er die Interessen seines Amtes zu wahren vorgegeben und sich
für die Beibehaltung der 18monatlichen Dienstzeit, für
ein nach Milliarden zählendes Investitionsprogramm, für
die Aufhebung des aktiven und passiven Wahlrechtes der Soldaten
und für die vormilitärische Jugenderziehung ausgesprochen.
(Výkøiky na levici.) In schnoddrigem Tone
hat er die Notwendigkeit zugegeben, daß er gewissermaßen
den Krieg vorbereiten müsse, während sein Parteigenosse
Dr. Beneš im Locarnogeist hausieren fahre. Solchen
Programmen des Herrn Ministers für Nationalverteidigung gegenüber
wollen wir in der breitesten Öffentlichkeit die gesetzliche
Fürsorgetätigkeit für Kriegsbeschädigte in
diesem Staate stellen. (Výkøiky na levici.) Es
wird sicherlich bei Jung und Alt nicht seine Wirkung verfehlen,
wenn der der vormilitärischen Erziehung zwangsweise unterworfenen
Jugend und den jungen Soldaten an der Hand des Gesetzes gezeigt
wird, daß sie zwar ein Recht und sogar die Pflicht haben,
sich mit voraussichtlicher Sicherheit für das Vaterland zum
Krüppel schießen zu lassen, sobald demagogische Patrioten
der Kriegsindustrie ein gutes Geschäft verschaffen wollen,
daß sie aber dann zum Dank für ihre Opferwilligkeit
von staatswegen einem Hungerelend ausgeliefert werden, das jedem
gesitteten Menschen, der auf die Kultur des 20. Jahrhundertes
stolz sein will, die Schamröte in das Gesicht treiben muß.
Auch unsere Lehrer werden im Bürgerkundeunterricht sicherlich
nicht versäumen, der Schuljugend an diesem Gesetze ein praktisches
Beispiel zu zeigen, in welcher Übereinstimmung patriotisches
Phrasenwerk und sozialpolitische Fürsorgetätigkeit in
diesem Staate stehen.
Wir wollen aber auch dem Auslande erzählen und durch Tatsachen
beweisen, wie die Èechoslovakische Republik für ihre
Kriegsbeschädigten sorgt, zumal uns dieser Beweis dadurch
leicht fallen wird, daß eine ziemlich große Anzahl
von Beziehern èechoslovakischer Renten im Auslande selbst
lebt. Nach den hier zur Verlängerung vorgeschlagenen gesetzlichen
Bestimmungen erhält ein in Deutschland lebender Kriegsbeschädigter
èechoslovakischer Staatsangehörigkeit bei einer Verminderung
seiner Arbeitsfähigkeit um 20 bis 25% täglich
19 Pfennig, um 25 bis 35% täglich 28 Pfennig, um 35
bis 45% täglich 37 Pfennig, um 45 bis 55% täglich
46 Pfennig, um 55 bis 65% täglich 75 Pfennig, und 65 bis
75% täglich 87 Pf., um 75 bis 85% täglich eine
Mark und um 85 bis 100% täglich 1 Mark 25 Pf. Bei Hilflosigkeit
erhöht sich der Rentenbezug um 50% auf 1 Mark 71 Pf. täglich
und der Kriegsblinde, der den Verlust beider Augen zu beklagen
hat. darf mit einer täglichen Rente von 2 Mark 16 Pf. rechnen.
Bedenkt man, daß sich die Teuerungszulagen, welche gegenwärtig
50% der Grundrente ausmachen, von Jahr zu Jahr nur nach den Indexpreisen
des Inlandes richten, während man auf die in Deutschland
herrschenden Lebensbedürfnisse gar nicht Rücksicht nimmt,
dann muß die Behauptung des Direktors des Landesamtes für
Kriegsbeschädigtenfürsorge in Prag, des Herrn Kypr,
daß die soziale Fürsorge der Èeschoslovakischen
Republik als "glücklich" gelöst zu betrachten
sei, als eine brutale Verhöhnung der Kriegsopfer und des
Begriffes der Menschlichkeit bezeichnet werden.
Wird der beantragte Gesetzentwurf heute angenommen, dann ist es
der Koalition gelungen, die Èechoslovakische Republik vor
dem gesamten Auslande bloßgestellt und blamiert zu haben.
Ich halte mich aber verpflichtet, die tatsächlichen Verhältnisse
und Zusammenhänge aufzuzeigen und damit Ihrem Wahlspruche
"Die Wahrheit siegt" zur Geltung zu verhelfen. (Potlesk
na levici.)