Úterý 16. bøezna 1926

10. Øeè posl. dr Feierfeila (viz str. 897 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Das in Verhandlung stehende Gesetz ist sicherlich nicht ein wesentlicher Bestandteil der èechoslovakischen Bodenreformgesetzgebung, sondern es stellt inhaltlich eigentlich nur einen minimalen Teil dieses weiten Gebietes vor. Aber es ist immerhin ein Teil davon und bringt uns all das in aktuellste Erinnerung, was alles uns gegenüber unter dem Namen "Bodenreform" und durch die Organe ihrer Durchführung schon angerichtet worden ist. Ich will darauf des näheren nicht eingehen, was fast Tag für Tag in der Presse der verschiedensten Schattierungen, selbst auch der èechischen Koalitionspresse, über die Praxis im Bodenamte berichtet wird. Wenn davon auch nur ein Teil wahr ist - und wir haben gar keine Ursache, an der Wahrheit zu zweifeln - so muß man sagen, das ist Korruption ärgster Art. Ich möchte hier aber auch an das Wort erinnern, das noch im vorigen Parlamente, als das Bodenamt einmal zur Verhandlung stand, ein Redner aus dem Lager der Koalition über die Praxis im Boden amte gebrauchte: "Man sollte hier die Aufschrift anbringen. "Zur ausgefressenen Krippe". (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda inž. Dostálek.)

Vor drei oder vier Jahren hat schon der Präsident des Staates bezüglich der Bodengesetzgebung das Wort gesprochen: "Es hat sich erwiesen, daß unsere Bodengesetzgebung nicht allseitig gut ist, sie ist besserungsbedürftig; also" - sagte er - "verbessern wir sie rasch". Dieses Wort des Staatspräsidenten ist eine Aufforderung nicht an uns; denn wir wissen, daß wir in dieser Hinsicht in völliger Ohnmacht sind. Es ist eine Aufforderung an die Koalitionsparteien, an die Regierung, an den Ministerrat, dem das Bodenamt unterstellt ist und an das Bodenamt selbst. Man kann aber die Beobachtung machen, daß trotz dieser Aufforderung des Staatspräsidenten oder vielleicht eben deshalb, man gerade von da an daran gegangen ist, die Durchführung der Bodenreform erst recht rücksichtslos in Angriff zu nehmen. Wir lehnen diese Bodenreformerei, wie sie in der Èechoslovakei seit Errichtung dieses Staates geschieht, also ab.

Es sei mir gestattet, als einen Grund den folgenden anzuführen. Das Bodenamt greift auf Grundlage der Bodengesetze in Gebiete ein, die doch ganz sinngemäß absolut unmöglich dem Bodenamte unterstehen können. Was haben zum Beispiel die Marienbader Heilquellen, die Marienbader Kurhäuser und Kurbetriebsmittel mit der Bodenreform zu tun? Und trotzdem bringt es das Bodenamt fertig, auch die in seinen Bereich zu ziehen und wir wissen, mit welcher Vergewaltigung dies geschehen ist. Man sagt: Unser Herr Gott ist allmächtig. Aber das Bodenamt, und sein Präsident sind auch nicht ohne. (Veselost na levici.) Von dort aus kann all das ausgeführt werden, was in Marienbad geschehen ist. Meine Herren, der Präsident des Bodenamtes hat als Justizminister, als unsere Forderung nach unseren wesentlichsten und unveräußerlichen Rechten zur Debatte stand, über unsere Forderungen den Ausspruch getan, wir seien Querulanten. Das wird sich das Sudetendeutschtum merken. Und in Bezug auf die Vergewaltigung von Marienbad und des alten deutschen Stiftes Tepl hat er, wenn die Zeitungen recht berichten, ein neues Wort geprägt. Man muß sich nur nur die Vergewaltigung des Stiftes Tepl seit Jahr und Tag vor Augen halten. Und da tat er den Ausspruch, das Stift Tepl hätte bisher dem Bodenamt gegenüber das Verhalten der Katze gegenüber der Maus gespielt. Es ist bitterer Hohn! Aber, er hat noch hinzugefügt, von nun an solle es umgekehrt sein, nun wolle das Bodenamt die Rolle der Katze übernehmen und das Stift Tepl soll die Rolle der Maus spielen! Abgesehen von allem anderen halte ich diesen Ausspruch für verunglückt. Ich möchte dem Bodenamt zurufen: Die Katze ist ein Raubtier, und wenn das Bodenamt die Rolle der Katze übernimmt, was für ein Urteil spricht er da über das Bodenamt aus? (Výkøiky posl. dr Petersilky.)

Wir können diese Bodenpolitik, wie sie seit 7 Jahren in diesem Staate betrieben wird, nicht anders als mit schärfster Verurteilung behandeln. Namentlich deshalb, weis es jetzt zum Greifen deutlich ist, daß dieser Bodengesetzgebung in keiner Weise die wahren Ziele einer Bodenreform nach sozialen Gesichtspunkten vorschweben; diese Bodenreform hat kein anderes Ziel, als unser deutsches Siedlungsgebiet anderssprachig zu kolonisieren. Das wird zum Greifen deutlich! In den letzten Tagen bringen die Zeitungen die Nachricht, daß 8 Höfe des ehemaligen Besitzes Clam-Gallas enteignet und durchwegs èechischen Besitzern oder Neupächtern zugewiesen worden sind. Und doch liegen diese 8 Höfe in dem Siedlungsgebiet, das heute noch zu 98% deutsch ist, im Friedländer Bezirk. Das Gleiche ist aus andern Teilen des deutschen Siedlungsgebietes berichtet worden. Nichts anderes als die Vergewaltigung unseres Siedlungsgebietes wird bezweckt, nichts anderes will man, als einen Hauptschlag gegen seinen deutschen Charakter führen. Wenn einem Volke der Boden unter den Füßen entzogen wird, wenn die Vergewaltigung der Sprache des Volkes, wie es durch die Sprachenverordnung geschieht, eingeleitet ist, dann will man dies es Volk tödlich treffen. Und das ist ganz bestimmt auch in Bezug auf uns der Fall. Da gewinnt allerdings das Wort vom Locarnobau, der im mittelsten Europa, hier in der Èechoslovakei errichtet werden soll, eine ganz eigentümliche Beleuchtung. All das ist wahrhaftig nichts anderes als Fabel, Lüge oder Heuchelei. (Souhlas na levici.)

Einen anderen Grund, warum wir diese Bodenreformerei, wie sie durchgeführt wird, vollständig ablehnen, ist der, weil sie nichts anderes bedeutet als die Konfiskation des bestehenden deutschen Bodenvermögens, zumindest um 75%. Und die praktische Durchführung verschlimmert die Sache noch, ganz abgesehen davon, daß der Altbesitzer meist keine Zahlung erhält, sondern daß sein Anspruch nur in eine Art Schuldbuch eingetragen wird. Wenn man das berücksichtigt, kommt man zur Überzeugung, daß 90% des Vermögens konfisziert werden. Man mag dem Großgrundbesitz gegenüberstehen wie immer, gegen solche Dinge sträubt sich unser deutsches Rechtsgefühl. Umso mehr müssen wir uns dagegen erheben, wenn wir sehen, welchen Leuten diese konfiszierten Güter zugeteilt werden. Keine anderen sind es als die ausgesprochenen Protektionskinder der Koalitionsparteien.

Von allen Bestimmungen der Bodengesetzgebung wäre die sympatischeste vielleicht die, welche besagt, daß ganz besonders die Gemeinde ein Recht auf die Zuteilung hat. Viele Gemeinden haben deshalb angesucht in der Hoffnung, an erster Stelle bei der Zuteilung bedacht zu werden, wobei rein soziale Gründe maßgebend waren, wie der Umstand, daß die Ernährung und Verpflegung der Gemeinde sichergestellt werden kann. Bisher aber ist kaum ein Fall bekannt geworden, daß dem Ansuchen einer solchen Gemeinde entsprochen worden wäre. (Výkøiky: Natürlich deutsche Gemeinden!) Das ist z. B. bei Marienbad der Fall. Die Tepler Stiftshöfe, welche Tepler Eigentum seit 700 und 800 Jahren sind, sind enteignet, aber nicht der Gemeinde Marienbad zugewiesen worden, die doch schon mit Rücksicht auf die Verpflegung des Kurortes Anspruch darauf hätte; die Höfe sind vielmehr èechischen Neubesitzern übergeben worden. Das gleiche geschah mit den deutschen Höfen des Besitzes Clary und Ledebur um die Kurstadt Teplitz herum.

Noch einen Grund führen wir gegen die Bodenreformerei an. Sie dient dazu, nach Abschaffung des alten Adels einen neuen Adel zu schaffen, aber einen Adel, von dem wir ruhig behaupten können, daß er von der widerlichsten Art des "Neureich" ist. Die gesetzlichen Bestimmungen lassen dem alten Besitz maximal 150 ha Ackerboden oder 250 ha Boden überhaupt. Nun sollte man meinen, daß das, war da ausgesprochen ist, allgemein Gültigkeit hat. Und doch sind hunderte Fälle vorgekommen, wir könnten Namen anführen, wo Restgüter in weit größerem Ausmaß an Neubesitzer zugeteilt worden sind, die oft ohnehin schon mehr als das zulässige Bodenausmaß besaßen. Wahrhaftig, es sollen Latifundien auch weiterhin geschaffen werden, nur in anderen Händen. Die Schaffung des neuen Adels ist die widerlichste Erscheinung. (Souhlas na levici.)

Hochverehrte Anwesende! Noch eine Ursache führen wir an, warum wir diese Bodenreformerei vollständig verurteilen. Das traurigste Los bei der Bodenreform wird den Güterbeamten und den Daeuerarbeiten auf diesen Besitzen bereitet. Wir kennen das Elend derselben. Freilich sieht das Gesetz theoretisch vor, einen Fond zu schaffen, durch welchen für die Sicherheit der Güterangestellten und Dauerarbeiter, deren Arbeitsplatz sich oft vom Vater auf den Sohn vererbt hat, gesorgt wird. Aber wir wissen bis heute nicht, obzwar die Bestimmung seit acht Jahren schon in dem betreffenden Gesetz steht, wie hoch dieser Fond ist, wie er verwaltet wird und in welchem Ausmaße er jenen wirklich zugutekommt, für welche er der gesetzlichen Bestimmung nach geschaffen ist. Wir wissen bloß eines: das Los von tausenden ehemaligen Güterangestellten und Dauerarbeitern ist eines der traurigsten geworden. Dazu noch eines, das ist der Umstand: Das Gesetz über das Bodenamt bestimmt, daß ein Aufsichtsrat über dasselbe aus dem Parlament gewählt werde. Dieses Gesetz bestimmt weiter, daß der Aufsichtsrat nur das Recht habe, drei Jahre zu fungieren und daß er namentlich erneuert werden muß, sobald die Neuwahl des Parlamentes vollzogen ist. Dieses Gesetz stammt aus dem Jahre 1919 und unmittelbar nachdem es in Kraft getreten war, ist der Aufsichtsrat geschaffen werden. Dieser Aufsichtsrat ist bis heute nicht erneuert worden. Er besteht also wenigstens 6 Jahre über seine gesetzliche Funktionsdauer hinaus. Man muß wirklich fragen: Ist das in einem anderen Kulturstaate, in einem Staate der Demokratie noch möglich? Wir haben eine Interpellation eingebracht, die nach drei Richtungen bestimmte Antworten vom Präsidenten des Bodenamtes beziehungsweise vom Ministerrat verlangt. Wir wollen zunächst eine Antwort darauf haben, wem die Restgüter und überhaupt die Großgrundbesitze bisher zugeteilt worden sind, die Namen wollen wir wissen; wir wollen das Ausmaß dieser Restgüter wissen. Dann wollen wir wissen, um welchen Übernahmspreis die Güter vom Bodenamt übernommen und um welchen Zuteilungspreis sie weitergegeben worden sind; wir wollen ferner wissen, welche Gemeinden und namentlich welche deutsche Gemeinden sich um die Zuteilung beworben haben und in welchem Ausmaß den Ansuchen entsprochen worden ist. (Výkøiky na levici.) Wir wollen weiter in der Interpellation wissen, was mit dem Fond los ist, von dem das Gesetz in Bezug auf die Versorgung der Güterangestellten spricht, wie hoch er ist; es muß doch alljährlich so und so viel demselben zugeflossen sein. Wie wird er verwaltet, in welchem Ausmaß kommt er jenen zugute, für die er geschaffen worden ist? Wir werden ja sehen, welche Antwort wir erhalten werden.

Vielleicht wird auch diese Sache wie die Forderungen in Bezug auf die Sicherheit unserer Grundrechte in diesem Staate mit den Worten abgetan: Es ist Querulantentum. Vielleicht kriegen wir also gar keine Antwort. Meine Herren! für uns und für unser Volksbewußtsein wird das aber nur die Versicherung sein, wie furchtbar diese Sachen sein müssen, wenn man sich scheut, sie der Öffentlichkeit zu übergeben. Eigentlich bedeutet das vorliegende Gesetz, wie ich schon eingangs sagte, ein Minimum zur Bodengesetzgebung. Wenn man dieses Gesetz im Vergleich zu den Ungeheuerlichkeiten nimmt, ist die Sache eigentlich von geringer Wichtigkeit. Trotzdem ist man so sehr besorgt, daß ja auch gesetzlich ausgesprochen wird, daß dieses kleine Gesetz bis zum Ende des Wirtschaftsjahres 1926 Geltung haben soll. Die anderen Ungeheuerlichkeiten, die nimmt man so ruhig hin. Man denkt da unwillkürlich an ein Wort, das aus einem göttlichen Munde gekommen ist, das Wort von Verschlucken von Kameelen und dem Seihen von Mücken. Die Koalitionsparteien, sie schlucken alle Bodenreformerei, sie sollen auch dieses Gesetz schlucken. (Souhlas a potlesk na levici.)

11. Øeè posl. Schuberta (viz str. 907 tìsnopisccké zprávy):

Hohes Haus! Alljährlich wiederholt sich das Schauspiel, daß das kurzbefristete Gesetz betreffend die Kriegsbeschädigten wieder im sozialpolitischen Ausschuß und im Plenum des Hauses zur Verhandlung kommt. Der vorliegende Entwurf basiert auf dem Gesetz vom 10. April 1924, welches Gesetz ab 1. Jänner 1924 in Kraft trat und dessen Wirkung durch das Gesetz vom 19. Dezember 1924 prolongiert wurde und nunmehr auch für das Jahr 1926 in gleicher Art und Weise prolongiert werden soll. Die grundsätzliche Einkommensteuergrenze soll für ungekürzte Invalidengenüsse bei selbständig Erwerbenden mit 5000, bei wirtschaftlich Unselbständigen mit 10.000 Kronen festgesetzt werden. Altes Unrecht wird durch diese einfachen Verlängerungen nicht gesühnt. Dafür jedoch kommen immer neue Momente schweren Unrechts und neue Schäden und ernste Beschwerden zum Vorschein, welche alle nach raschester Bereinigung rufen würden. Das Hauptübel liegt in der starken Zentralisierung der Sache. Hätte man von Anbeginn die politischen Bezirksbehörden nicht nur als Durchlaufsbehörden behandelt, sondern in ihre Hand eine weitklaffende Entscheidung gelegt, so wäre ein großer Teil des Unrechts vermieden worden. Die Verlautbarungen, bis zu welchen Terminen die Gesuche einzubringen gewesen wären, wären auch auf den Amtstagen der politischen Behörden intensiver behandelt worden und auch für uns gilt in bedeutendem Ausmaße das, was namentlich die slovakischen Kollegen diesbezüglich in den Ausschüssen mitteilten. Der Prager Zentralismus unverfälschter Marke wurde auch bei der Durchführung des Invalidengesetzes nicht zum Segen, sondern zum Fluche und ich bin mir dessen wohl bewußt, daß es auch im èechischen Volk, ich brauche da gar nicht an die Slovakei denken, ernste Kreise gibt, die heute schon den Prager Zentralismus, der in die gesamte Gesetzgebung und auch beim Invalidengesetz sichauslebt, restlos und energisch ablehnen. Die Invalidengesetzgebung betreffend, sind sämtliche deutschen Parteien, ja die gesamte Opposition einig. Unsere Stellungnahme gegenüber 1923, wo wir zuletzt in diesem Hause unseren Standpunkt großzügig festgelegt haben, hat sich nicht geändert, sie hat sich verschärft. Die èechische Invalidengesetzgebung ist die rückschrittlichste Europas und Sie haben keinen Grund, in dieser Ihrer Gesetzgebung eine soziale Musterleistung zu erblicken. Von den meisten invaliden des Bauern-, Gewerbe- und Handelsstandes weiß unsere Gesetzgebung nichts. Dieselben sind für uns völlig unbekannte Größen. Für fast jeden invaliden Bauern, Gewerbsmann und Handelsmann ist die ungerechte Einkommengrenze ein Hindernis, um das Ihnen gebührende Recht zu erlangen. Bauern, Gewerbsleute, Handelsleute sind bei Ihnen nicht nur Invalide zweiter Klasse, sondern werden überhaupt nicht anerkannt und ich werde mir noch erlauben darüber Näheres auszuführen. Die deutsche Sektion des Landeskulturrates für Böhmen, der deutsche landwirtschaftliche Zentralverband für Böhmen und die vielen Kreis- und Bezirksleitungen unserer Organisationen stellen mit vollem Fug und Recht die Kardinalforderung bezüglich der Gleichstellung aller Bezieher der Kriegsbeschädigtenrente auf und dies insofern, als wir eine Einkommensteuergrenze vollkommen ablehnen.

Daß die èechoslovakische Invalidengesetzgebung die rückständigste Europas ist. streifte ich bereits. Der Beweis dafür ist leicht und spielend zu erbringen. Außer dem Deutschen Reiche, das durch seine schweren finanziellen und politischen Nöte dazu gezwungen ist, kennt kein Staat in der Invalidengesetzgebung eine Einkommensteuergrenze und selbst das blutarme Österreich hat sieh in seiner Invalidengesetzgebung nicht von rein fiskalischer Engherzigkeit leiten lassen. Und selbst dem Vergleich mit Deutschland können Sie nicht Stand halten, da dort die Invaliden in einer anderen Richtung ausgleichend entschädigt werden. Innerhalb der verschiedenen Stände werden anderwärts keinerlei Ausnahmen und Sonderungen gemacht. Wen die Kugel getroffen hat, wer ein Auge, einen Arm oder einen Fuß verloren hat, hat in allen anderen Kulturstaaten das gleiche Anrecht auf eine entsprechende Entschädigung erworben. Er hat darin gleich schweren Verlust erlitten. Und dies ist Grund genug, ihn auch gleich zu bewerten, und es hat jeder Staat und insbesondere einer, der sich ein demokratischer nennt, die unbedingte Pflicht, alle Staatsbürger mit derselben und der gleichen Elle zu messen. Kleinliche Erwägung und fiskalische Gründe haben restlos in den Hintergrund zu treten. Unsere Forderung ist daher, daß auf Grund der angeführten Umstände die wirtschaftlich selbständigen Landwirte, Handels- und Gewerbetreibenden gleichmäßig behandelt werden und die Einkommensgrenze überhaupt restlos falle. Kein billig und ehrlich denkender Mensch kann dagegen auch nur das Geringste einwenden. Jede Ungleichmäßigkeit in der Behandlung der Kriegsbeschädigten ist unsozial, unbillig und ungerecht. Es wundert mich sehr, daß die èechischen Invaliden der erwähnten Stände es nicht zu Wege bringen, sich in ihren Parteien das nötige Gehör und die nötige Rücksichtsnahme zu verschaffen. Die Scheidung in wirtschaftlich Selbständige und wirtschaftlich Unselbständige hat unbedingt zu fallen. Erst wenn dies geschehen ist, rückt diese Ihre Invalidengesetzgebung in die Invalidengesetzgebung der anderen Staaten als gleichgestellt ein. Sie übersehen es vollständig und vergessen, daß der wirtschaftlich Selbständige, selbst wenn sein Einkommen 5.000 Kè übersteigt, nicht auf Rosen gebettet ist. Der invalide Bauer, der nach dieser Einkommensgrenze keine Rente erhält, kommt infolge seiner geschwächten und oft auch völlig lahm gelegten Arbeitskraft in die unangenehme Lage, sich eine fremde kostspielige Arbeitskraft mehr einstellen zu müssen. Das Gleiche gilt auch von den Gewerbetreibenden und Handelsbeflissenen. Die Rentabilität ihrer Betriebe ist durch ihre Invalidität eine sehr geringe worden.

Ja, Kriegszuschläge hebt man in alter oder neuer Namensgewandung über die Zeit und über Gebühr, selbst von solchen Invaliden ein, denen man die ihnen gebührende Rente vorenthält. Der Staat treibt Raubbau an seinen ärmsten Bürgern. Selbstverständlich verlangen wir auch bei der Versorgung mit Prothesen und orthopädischen Behelfen gleichfalls so vorzugehen, daß bei allen Kriegsbeschädigten, die durch die Prothesenkommission aus Staatsmitteln Prothesen und orthopädische Behelfe erhalten, in weitgehendstem Maße solche Zuwendungen erfolgen. Es ist sehr bedauerlich, daß die mit der Kriegsbeschädigtenfürsorge betrauten Ämter bisher nicht so ausgestattet sind, daß sie imstande sind, in kürzester Zeit ihren Pflichtaufgaben gerecht zu werden und das Gesetz restlos durchzuführen.

Noch ärger sieht es jedoch aus, wenn wir die Gesetzesnovelle vom 25. Jänner 1925 in Betracht ziehen. Sowohl die Renten als auch die Nachzahlungen, die durch diese Novelle neu geregelt wurden, sind in einer großen Zahl von Fällen noch nicht zur Durchrechnung gebracht, geschweige denn, daß die Abfertigungen jenen Kriegswitwen ausgefolgt sind, die eine neue Ehe beschlossen haben. Nach einem im Abgeordnetenhause im Jahre 1923 angenommenen Resolutionsantrag wurde die Durchführung aller kriegsbeschädigten Fälle auf 6 Monate befristet. Diese 6 Monate und noch weitere dreimal 6 Monate sind verflossen und von einer endgültigen Ordnung der Sache sind wir noch sehr weit entfernt. Daß dies keine Übertreibung ist, ließe sich an so manchem Beispiele erhärten. Nachstehend nur eines für viele. Die Kriegswitwe Barbara Pächtl aus Weißensulz hat für ihre vier Kinder seit 8 Monaten keinen Heller Rente erhalten. Hier tritt auch eine Belastung der Zuständigkeitsgemeinde ein, da die Kinder schwere Not leiden. Bei dieser Gelegenheit sei auch darauf verwiesen, wie andere greise Invaliden aus der Zeit vor dem Weltkrieg inhuman behandelt werden. Im Böhmerwalddorfe Münchsdorf lebt der 93jährige Patentinvalide Johann Schröpfer, der den Feldzug des Jahres 1859 mitmachte. Er bezog 160 Kronen aus der Rudolfstiftung und 100 Kronen aus der Schwarzenbergstiftung. Heute erhält der greise Mann, der mit einem Fuße bereits im Grabe steht, trotz aller Urgenzen keinen Heller. Vielleicht ist seit den Monaten, da mir dies der 93jährige Mann mitteilte, er bereits im Grabe.

Da dürfen Sie sich nicht wundern, wenn Unzufriedenheit und Verbitterung die Herzen solcher Menschen erfüllt. Für die Auslandspropaganda, für die Luxusbauten entbehrlicher Minderheitsschulen werden Millionen herausgeworfen. Bei uns erlaubt man sich den Luxus eines Heeres von 700.000 Mann und einer halben Million Reserve, demnach insgesamt 1,200.000 Mann zu erhalten, während das Riesenreich England samt Kolonialtruppen und Reserven nur 644.000 Mann besitzt. Da kennt man kein Sparen und ein volles Fünftel des Budgets wird allein von den Militärauslagen verzehrt.

Was ficht es die Finanzverwaltung an, wenn viele dieser Invaliden der Gemeindeversorgung zur Last fallen und dadurch auch die Finanzen der Gemeinden ins Wanken geraten, die ohnehin bereits zerrüttet sind, seitdem die Gemeindeumlagen von den Staatsämtern eingehoben werden. Durch die zahlreichen Todesfälle unter den Invaliden und durch die Verehelichung der Witwen, die Abfertigungen, als auch durch den Austritt der heranwachsenden Kinder aus dem Rentenbezuge sinken die Ausgabeziffern von Jahr zu Jahr und es ist schon aus diesem Grunde durchführbar, auch den bäuerlichen und den Gewerbeinvaliden endlich zu ihrem Rechte zu verhelfen. Da die Kriegsinvaliden der Mittelstände, wie ja alle Kriegsinvaliden so stiefmütterlich behandelt werden, so ist es ein Lichtblick, daß als erster der Landeskulturrat beschlossen hat, bäuerlichen Kriegsinvaliden, die nachweisbar mit großen Invalidenprozenten anerkannt sind, um Subventionierung zur Anschaffung landwirtschaftlicher Maschinen einreichen zu können. Was hilft jedoch dieser wohlwollende Beschluß, wenn den Landeskulturräten hiefür die Geldmittel so überaus karg zugemessen werden? Die besten Absichten werden dadurch zunichte gemacht. Auch die Organisationen des Gewerbes und des Handels würden von gleichem menschenfreundlichen Entgegenkommen beseelt sein, wenn einerseits nicht die unverantwortliche Verschleuderung der Staatsgelder und andererseits nicht der engherzige fiskalische Standpunkt dies ihnen zur Unmöglichkeit machen würde.

Verfehlt ist es, wenn die Steuerbehörden in den Kriegsbeschädigtengenossenschaften in erster Linie Steuerobjekte sehen und für diese derart hohe Steuervorschreibungen erlassen, daß ihre Existenz und ihr gedeihliches Wirken oft in Frage gestellt sind. Das Bodenamt nimmt bei der Verteilung von Grund und Boden auf unsere Invaliden nicht die geringste Rücksicht, trotzdem es vorgeschrieben ist. Auch nach dieser Richtung hin sind sie die Stiefkinder des Glückes. Bei der Ämterbesetzung werden unsere Invaliden mangels Kenntnis der Staatssprache zurückgesetzt und jene, welche irgendwo noch einen Arbeitsplatz haben, wirft man nach dem bekannten Schlagwort vom Abbau einfach aufs Pflaster oder drangsaliert sie mit Versetzungen und entreißt sie so der Heimat, der häuslichen Pflege und Ordnung, deren sie so dringend bedürfen. Schweres Unrecht auf Unrecht häuft man hier auf die bedauernswerten Opfer des Weltkrieges. Das ist das neue Humanitätsideal eines demokratischen Regimes, das ist die sogenannte westliche Einstellung. (Výkøiky na levici.)

Im weiteren wäre dem ungehörigen Vorgang Einhalt zu tun, daß viele, welche gegen das Ausmaß der Prozente der Erwerbsunfähigkeit bei den Landesberufungskommissionen Berufung eingebracht haben, nicht zu dieser Kommission vorgeladen werden; der Prozentsatz wird einfach aus dem vorliegenden Akt endgültig festgelegt. Man entscheidet am grünen Tisch. Grundsätzlich sollte jeder, der Berufung einlegt, zur Landeskommission vorgeladen werden, damit auch seine mündlichen Einwände gehört werden und bis ins Detail eine gründliche Untersuchung und eine gerechte Überprüfung seines Zustandes stattfindet. Im weiteren wäre zu wünschen, daß seitens der Bezirksämter für Kriegsbeschädigtenfürsorge den Kriegsbeschädigten nicht das Recht beschnitten werde, da die Ieute regelmäßig verständigt werden, daß bis zur Herablangung der Entscheidung bezw. Erledigung jede Urgenz vollkommen zwecklos oder unzulässig ist.

In Parenthese richte ich ferner den ernsten Mahnruf an Sie, nicht zu vergessen, daß noch eine größere Zahl von Kriegsgefangenen aus Rußland nicht heimgekehrt sind und immer wieder neue Berichte und neue Klagen von jahrelangem Elend auf fremder Erde zu berichten wissen.

Auch das Schandmal der Fremdenlegion soll hier zur Sprache kommen. Durch Intervention beim Völkerbunde oder auf anderen Linien könnten Sie es beseitigen; aber ich kann es Ihnen nicht zumuten, trotzdem Tausende von Staatsbürgern beider Zungen in dieser Legion schmachten. Ihre falsche politische Einstellung verbietet Ihnen dies. An dieser Stelle bietet sich Gelegenheit, zu sagen, daß die Fremdenlegion eine unmenschliche Institution der französischen Militärpolitik ist und zeigt, daß in Paris nicht von heute oder gestern, sondern von altersher Barbarensitten daheim sind und in vielen anderen Staaten von Frankreich aus der gewaltsame militärische Sklavenfang betrieben wird. Die gesamte Weltpresse, auch Ihre Presse, warnt vor den Emissären der Fremdenlegion, aber die Regierung schweigt. Wo bleibt da das Recht, wo bleibt das Weltgewissen? (Souhlas na levici.)

Eine große Zahl Personen hat den Anspruch auf eine Rente verloren, weil sie die letzte Anmeldefrist, den 31. Dezember 1923, versäumt haben. Es ist namentlich vielen im Auslande lebenden Kriegsinvaliden nicht möglich gewesen, die inbetrachtkommenden Gesetzesbestimmungen zur Geltendmachung des Rentenanspruches einzuhalten, da ihnen keine Gelegenheit gegeben war, dieselben kennen zu lernen. In letzter Zeit beginnt man ja allerdings sehr zart das Unrecht einzusehen und aus dieser dämmernden Einsicht heraus datiert der allerjüngste, der blutjunge Dezembererlaß des Ministeriums für soziale Fürsorge G. Z. 53.550/5-1-1925 betreffend periodische Unterstützungen für Vorfahren, welche die Anmeldefrist versäumten. Diese Zuwendungen, durch die auch viele Gemeinden entlastet würden, wären aus dem Ertrage der ersten staatlichen Wohltätigkeitslotterie zu gewähren. Die Sache findet aber insoferne verschiedene Einschränkungen als beispielsweise das Ministerium solche Ansuchen ohne Angaben von Gründen abweisen kann, wodurch bei nicht richtigen oder mangelhaften Erhebungen der Unterbehörden Tür und Tor ungerechten Entscheidungen geöffnet sind, wobei auch die Altersgrenze zu hoch angesetzt ist. Dieser Erlaß vom 4. Dezember 1925 ist leider nur mangelhaft verlautbart worden und diesem Umstand ist es zuzuschreiben, daß heute nach 3 Monaten die betroffenen Kreise noch nicht in Kenntnis dieses ministeriellen Erlasses gelangt sind.

Ich wiederhole, daß insbesondere auch unsere Mittelstandsinvaliden nach wie vor rechtlos und schutzlos sind. Menschenrecht und Humanität sind hier zulande billige Schlagworte, die in Versammlungsreden volltönend wiederhallen, in unsere Gesetzgebung aber nur wenig und schüchtern Eingang gefunden haben. Hoffen wir, daß in absehbarer Zeit endlich mit diesem System gebrochen wird und auch unseren bisher nicht berücksichtigen Invaliden die Stunde schlägt, wo sie, ehe ihr Lebensfaden abgelaufen ist, zu dem ihnen gebührenden Rechte kommen. Wehrlose zu benachteiligen und sie von den geringen Wohltaten dieser Gesetzgebung auszuschließen ist nicht am Platze, ein solches Vorgehen richtet sich von selbst. Wir lehnen daher die automatische Verlängerung dieser Einkommensteuergrenze, die das Unrecht nicht behebt, sondern neu veraukert, restlos ab. Herz, Gewissen und Vernunft gebieten uns dies. (Potlesk na levici.)

Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP