Meine Damen und Herren! Der Herr Vorsitzende
hat vielleicht nicht nach der anderen Seite des hohen Hauses gesehen.
Denn ich wollte einen Vorschlag machen, die Redezeit etwas ausgiebiger
zu gestalten. Es ist von hohen Präsidium, meine ich, wohl
nicht klug bedacht, bei der Erörterung eines so wichtigen
Problems die Redezeit mit einer Viertelstunde festsetzen zu wollen.
Ich meine übrigens, wenn hier parlamentarische Gepflogenheiten
herrschen würden, so würde der Beginn der heutigen Sitzung
gewidmet sein einer Aussprache über die unmittelbar brennenden
Angelegenheiten, die uns berühren, eine Aussprache über
die Explositionskatastrophe in der Tischlergasse (Sehr richtig!)
Eine Aussprache über unseren Mißtrauensantrag gegenüber
der Regierung. Wenn parlamentarische Gepflogenheiten wirklich
herrschen würden. Aber freilich, wo soll man von parlamentarischen
Gepflogenheiten reden, wenn der eine Minister die Vertreter einer
ganzen Nation als Querulanten beschimpft und wenn im anderen Hause
drüben ein anderer Minister den Volksvertretern mit dem Gummiknüppel,
dem Pendrek droht. Das ist eine so ungeheuerliche Sache, gleichgiltig
wem gegenüber sie begangen wurde, daß man dagegen in
der allerschärfsten Form Verwahrung einlegen muß. (Souhlas
na levici.) In dieser Atmosphäre beginnt das Haus die
Auseinandersetzung über ein so wichtiges wirtschaftliches
Problem, wie es das Hausiergesetz ist, wobei wir ja wissen, daß
die Vorlage und die jetzige Art der Durchpeitschung nichts ist
als das Ergebnis eines politischen Hausierhandels, eines Kuhhandels,
damit die sechste in der Koalition vertretene Partei mit einem
wirtschaftlichen Scheinerfolg nach Hause gehen kann. Dem wird
die sachliche Auseinandersetzung über ein solches Problem
geopfert, dem werden die Lebensinteressen der armen Gebirgsbewohner
im Erzgebirge und in der Slovakei kaltblütig hingeopfert.
Ich werde mir erlauben das zu erweisen. Die gegenwärtigen
Hausiervorschriften beruhen auf dem Hausierpatent aus dem Jahre
1852. Es ist zweifellos, daß die Tatsache, daß wir
es mit Gebieten zu tun haben, die früher von der österreichischen
und ungarischen Gesetzgebung betroffen wurden und daß wir
es mit einer Reihe von Verordnunge zu tun haben, eine Reform und
Vereinheitlichung der Gesetzgebung notwendig gemacht haben. Wir
wissen, daß das Problem im alten Österreich, in Deutschland
und in anderen Staaten ausgiebig behandelt wurde. Was uns ungeheuerlich
erscheint, ist, daß man ein Problem, das im alten Österreich
lange Verhandlungen der gesetzgebenden Körperschaften in
beiden Teilen des Staatsgebietes zwischen der österreichischen
und ungarischen Regierung erforderten, hier im Handumdrehen einer
politischen Partei zuliebe lösen will, daß man dabei
aber nicht den Mut hat, dem Problem ernstlich an den Leib zu rücken.
(Výkøiky posl. Simma.)
Ich stimme mit der Absicht vollkommen überein,
das Hausierwesen allmählich absterben zu lassen. Das Hausierwesen
ist heute nicht mehr von jener volkswirtschaftlichen Funktion,
die es ehedem in den Zeiten eines minderentwickelten Verkehres
hatte. Wir wissen sehr wohl die Ausartungen, die eine gewisse
Pofel- und Ramschindustrie, die direkt Ramschware erzeugt haben,
unserer Bevölkerung angetan haben. Würde aber in diesem
Staate das Hausierproblem vernünftig angepackt werden, so
könnte es nur so wie von der Egerer Handelskammer angeregt
wurde, nämlich vom Gesichtspunkt einer örtlichen Regelung,
indem man die Hausierrechte als örtliche Erwerbsform stipuliert,
für Bewohner jener Gegenden, für die es sonst andere
Erwerbsmöglichkeit schwer oder gar nicht gibt, jener Gegenden,
die auch im alten Österreich durch das Hausierpatent begünstigt
waren und in gegenseitigen Vereinbarungen zwischen Österreich
und Ungarn immer genannt wurden, d. i. von den jetzigen Teilen
des Staates das arme Erzgebirge und jene Bezirke der Slovakei,
aus welchen die Drahtbinder, die Händler mit Blechwaren und
mit Korbwaren usw. in unsere Gegenden kommen; vom Gesichtspunkt
einer örtlichen Regelung als örtliches Gewerbe der Bewohner
in jenen Gegenden, in denen die Landwirtschaft nur kümmerlich
entwickelt ist, wo Hafer und Kartoffeln kaum in drei Jahren einmal
wirklich reifen, wo selbst andere Erwerbsmöglichkeiten nicht
aufzufinden sind. Hier haben wir vor uns ein mühseliges Erwerbsleben
und ich möchte die gute Absicht der Herren, die das Gesetz
geschaffen haben, nicht in Abrede stellen. Aber eine Reihe
von Bestimmungen ist am grünen Tisch gemacht worden ohne
Blick für die wirtschaftlichen Verhältnisse der Gegenden,
um die es sich handelt, und zeigt die Tendenz wie die ganze Gesetzgebung
der èechoslovakischen Republik, alles dem Belieben und
Ermessen der politischen Verwaltungsbehörde
zu überantworten und die politische Verwaltungsbehörde
zum obersten Richter über die Lebensinteressen weiter Bevölkerungskreise
zu machen. Ich gebe zu, daß hie und da ein guter Gedanke
in das Gesetz hineingekommen ist, daß man auch die Tendenz
scheinbar festgehalten hat, den Bewohnern gewisser Gegenden Erleichterungen
ihrer Lebensmöglichkeit zu geben, daß aber das Gesetz
auch Bestimmungen enthält, die als unglaubliche und ungeheuerliche
Härten bezeichnet werden müssen. Im § 2, welcher
die persönlichen Voraussetzungen für die Erlangung der
Hausierberechtigung regelt, wird in einer Form, die uns ganz unverständlich
erscheint, die Verläßlichkeit verlangt. Schon im alten
Österreich hat man sich über den Begriff gestritten
und im Jahre 1902 waren es die Vertreter der èechischen
Nation unter der Führung des verstorbenen Dr. Pražák,
die im Wiener Parlament dagegen Verwahrung einlegten, daß
die Verläßlichkeit nach Maßgabe der Ansichten
der politischen Verwaltung betrachtet werde
und sie verlangten die Formulierung, daß die Verläßlichkeit
nur in Bezug auf das Hausiergewerbe gemeint sein kann. Blind kann
der Bezirkshauptmann entscheiden, ob nach diesem § 2 die
Vermögensverhältnisse den Antritt des Hausiergewerbes
zulassen. Wir haben im nordwestböhmischen Erzgebirge schon
im Jahre 1920 erlebt, daß der dortige Bezirkshauptmann -
es wurde behauptet über Auftrag von Prag - älteren Personen
den Hausierschein überhaupt abnahm, daß er die Ausstellung
neuer Hausierscheine verweigert mit der Begründung, es werde
an und für sich das Hausierwesen vollständig abgebaut
werden und der Bezirkshauptmann hat diesen alten Leuten, die schon
30 Jahre hausieren gehen, und von deren Bedürfnissen die
Herren am grünen Tisch keine Ahnung haben, weil sie vielleicht
nur aus dem neuen Geographiebuch der Èechoslovakischen
Republik wissen, wo diese Gegenden überhaupt liegen, weil
die Leute angeblich ein paar tausend Kronen erspart haben oder
ein Häuschen mit einer Ziege ihr Eigen nennen, die Hausierberechtigung
abgesprochen. Was die alte österreichische
Gesetzgebung nicht gemacht hat, macht die èechoslovakische
Republik, indem sie für den Antritt des Hausiergewerbes auch
noch eine Impfung innerhalb der letzten 5 Jahre vorschreibt. Man
mag über das Wesen der Impfung verschiedener
Meinung sein, heute aber lichten sich auch in dem Lande, aus dem
der Impfzwang gekommen ist, die Meinungen schon ganz wesentlich.
Was uns aber als ungeheuerlich erscheint, ist, daß dieses
Verlangen auch für die bisherigen Inhaber der Hausierscheine
nicht fallen gelassen wird Der alte 60jährige Drahtbinder
aus der Slovakei, der Spitzenhändler aus dem Erzgebirge wird
sich jetzt impfen lassen müssen auf seine alten Tage, wenn
er auch daran zugrunde geht, falls er den Bedingungen dieses Gesetzes
entsprechen will. Sehr bedenklicher Art sind auch die im §
3 genannten Ausschließungsgründe. Ich stimme ohne weiters
zu, daß Verurteilungen wegen eines gewinnsüchtigen
Vergehens oder wegen schwerer Vergehen gegen die öffentliche
Sittlichkeit ausschließen sollen, aber bedenklich ist es,
daß auch Verurteilungen wegen politischer Verbrechen von
der Bewilligung ausschließen sollen; wird wissen ja, wie
man nach dem Schutzgesetz politische Verbrechen geradezu künstlich
züchtet und jedem Bezirkshauptmann, ja jedem infamen Denunzianten
die Möglichkeit schafft, Menschen um ihre Existenz zu bringen.
Unter jenen Bestimmungen, welche von der Hausierberechtigung ausschließen,
befindet sich auch ein klassischer Satz: Wenn der Betreffende,
wenn seine Frau, ja wenn seine Seitenverwandten bis ins zweite
Glied irgend ein Gewerbe treiben, dürfen sie nach dieser
Vorlage den Hausierschein nicht mehr erhalten. Das alte Österreich,
in dem die Herren in den Jahren 1902, 1907 und 1910 im Reichsrat
an den Hausiervorlagen mitgearbeitet haben, war nicht so unmodern
und rückschrittlich. Was heißt das? Im Erzgebirge ist
wohl irgend ein Familienvater, ein Flickschneider oder Flickschuster,
ein Viehverschneider, ein Zwiebelhändler u. dgl. und in dem
Augenblick, wo er das Gewerbe anmeldet - er muß es ja anmelden
- in dem Augenblick, wo er ein Gewerbe ausübt, sind seine
Angehörigen bis ins zweite Glied, die darauf angewiesen sind,
vom Hausieren zu leben, von der Erlangung des Hausierscheins ausgeschlossen,
und auch die Herren aus der Slovakei, die sich heute so leichtfertig
über diese Dinge hinwegsetzen, werden spüren, was sie
den Machthabern mit dieser Bestimmung in die Hand geben. Nach
diesem Gesetz ist es unmöglich, daß einer zu Hause
z. B. Waren erzeugt und das Gewerbe ausübt und dann hausieren
geht, während das alte Österreich, und damals haben
èechische Minister teilgenommen, eine Formulierung fand,
die sagte, daß nur der vom Hausierhandel ausgeschlossen
ist, der selbst oder dessen mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebende
Angehörige ein Handelsgeschäft derselben
Art betreiben. Das würde einen gewissen Schutz des seßhaften
Handelstreibenden verbürgen. Das alte Österreich vor
20 Jahren war schon bereit, das Hausieren mit selbsterzeugten
Waren zuzugestehen. Hier aber scheint das Bestreben obzuwalten,
um der Laune einer politischen Partei zuliebe gewisse Gebirgsgegenden
zum Aushungern und Aussterben verurteilen zu wollen. (Souhlas
na levici.) Wenn es Ihnen mit der wirtschaftlichen Fürsorge
ernst ist, dann müssen Sie auf die Vorschläge eingehen,
welche eine Änderung dieser gesetzlichen Bestimmung wünschen.
Ich wiederhole, die Änderung ist leicht gegeben, wenn Sie
zustimmen, daß nur der Betrieb eines Handelsgeschäftes
mit Waren derselben oder ähnlicher Art durch ihn, bezw. durch
mit ihm im gemeinsamen Haushalte lebende Familienangehörige
ausschließt, weil es geradezu Wahnsinn ist, den armen Teufel
von dieser Arbeitsberechtigung ausschließen zu wollen, weil
sein Vetter im zweiten Grade irgendeinen Fleischhandel oder einen
Grünwarenhandel betreibt, wie es nach dem Wortlaute dieses
Gesetzes möglich ist.
Eine außerordentlich böse Bestimmung
betrifft auch die Vidierungen. Der Motivenbericht der Regierungsverordnung
sagt, daß sich bisher oft Unzulänglichkeiten ergeben
haben, weil Hausierer die Bestimmung, daß sie innerhalb
5 Tagen, wenn sie in einen bestimmten Bezirk kamen, das Hausierbuch
vidieren lassen müssen, mißbraucht haben. Nun aber
wird vorgeschrieben, daß der Hausierer vor Antritt seiner
Tätigkeit in dem betreffenden Bezirke sein Hausierbuch vidieren
lassen muß. Das heißt also, der arme Teufel ist mit
seiner Arbeit in einem Dorfe angelangt, er kommt in ein anderes
Dorf, da kann er aber eingesperrt werden, wenn er nicht den 5
bis 6 Stunden weiten Weg bis in die nächste Bezirksstadt
macht, um vom Bezirkshauptmann sein Hausierbuch vidieren zu lassen.
Und von dieser Pflicht sind auch die Bewohner der sog begünstigsten
armen Gebirgsgegenden, ja auch die Kriegsbeschädigten nicht
ausgenommen, die einfüßigen, mit Prothesen versehenen
Kriegsbeschädigten sind auch von dieser geradezu kindischen
bürokratischen Bestimmung nicht ausgenommen. Das sind Zeichen,
von denen ich behaupte, daß der Inhalt des Gesetzes am grünen
Tisch gemacht wird, daß man hier ein Schulbeispiel vor sich
sieht, wie Vernunft zu Unsinn und Wohltat zur Plage werden kann.
Wenn volkswirtschaftlich wichtige Gesetze nicht von Leuten gemacht
werden, die wenigstens die Gegenden kennen für die sie Gesetze
schaffen sollen.
Ich gebe zu, daß das Gesetz hie und da
auch einen Lichtpunkt hat, und ich begrüße als einen
Lichtpunkt, daß man den Bewohnern der sog. begünstigsten
Gegenden nunmehr auch das Recht gibt, Märkte zu besuchen
und dort Stände zu halten. Das ist immerhin für die
Leute aus den armen Gebirgsgegenden eine wesentlich e Erleichterung
ihrer Existenz. Aber in der Dämmerung darf der Kriegsbeschädigte,
darf der arme Hausierer aus dem Erzgebirge und aus der Slovakei
ein Haus nicht mehr betreten, als ob wir in der Zeit leben würden,
wo es hieß: Kinder räumt die Wäsche zusammen,
die Komödianten sind ins Dorf gekommen! Auf der einen Seite
muß der Hausierer seine moralische Unbedenklichkeit bis
ins xte Familienglied nachweisen und auf der anderen Seite darf
er in kein Haus mehr eintreten, wenn es dunkel wird, denn da könnte
er bedenklich sein.
Das Gesetz zeigt auch in anderen Dingen die
überhastete Arbeit seiner Vorbereitung. Ich weiss sehr wohl,
daß man daran sehr lange gearbeitet hat, aber die Schlußredaktion
ist offenbar mit recht auffälliger Hast erfolgt. Infolgedessen
zeigen sich ganz merkwürdige Inkongruenzen. Es ist z. B.
unter den verbotenen Waren ausdrücklich angeführt das
Verbot des Hausierens mit Fleisch, Milch u. s. w. Im Motivenbericht
der Regierung, allerdings nur hier, wird gesagt, daß davon
unberührt bleiben die Vorschriften über das Austragen
zum Verkauf von Erzeugnissen der Land- und Waldwirtschaft zum
täglichen Gebrauch, was aber jetzt auch schon geschieht,
daß die Bauernfrau, da nicht überall Molkereien sind,
Milch in die Stadt zuträgt, u. s. w. Aber im Gesetze haben
wir diese Bestimmung nicht, und nach dem Gesetze wird nun auch
die Bauernfrau von jedem Gendarmen betreten und angezeigt werden
können, daß sie unbefugten Hausierhandel treibt. Das
scheinen die Herren vollständig übersehen zu haben.
Pøedseda (zvoní): Prosím
pana øeèníka, aby skonèil; øeènická
lhùta jest jen 15 minut.
Posl. Patzel (pokraèuje):
Ich bitte schön, ich verstehe den
Herrn Präsidenten, aber 15 Minuten ist eine kurze Redezeit.
Nur ein paar Worte über die Bewohner der sog. begünstigten
Gegenden. § 17 gibt der Regierung die Möglichkeit, den
Bewohnern gewisser armer Gegenden mit Rücksicht auf den wirtschaftlichen
Notstand in diesen Gebieten den Hausierschein zu geben, auch ohne
die sonstigen Bedingungen, d. h. also nicht erst mit dem Erreichen
des 35., sondern schon mit dem Erreichen des 21. Lebensjahres
u. dgl. mehr. Was wir vermissen, ist die Feststellung einer klaren
Bestimmung über die begünstigten Gegenden im Gesetze.
Das alte Hausiererpatent v. J. 1852 hat jene Gegenden, für
die die gewissen Sondererwerbsrechte festgestellt wurden, ausdrücklich
enthalten. Die späteren Verhandlungen auch im alten Österreich
haben entweder im Texte des Gesetzes oder in einem Anhang ausdrücklich
die Bewohner dieser Gegenden genannt. Ich sehe nicht ein, warum
der Staat nicht die Macht haben soll. Ich bin überzeugt,
und ich zweifle nicht daran, daß die Regierung die Gegenden,
die bisher als außerordentlich arme Gegenden diese Erwerbsmöglichkeit
hatten, in ein Verzeichnis aufnehmen wird. Aber ich meine, wir
verstehen nicht, warum der Gesetzgeber, wenn er soziale Aufgaben
für die Bevölkerung des Staates erfüllen will,
nicht seinen Willen im Gesetze selbst zum Ausdruck bringen soll,
warum er das der Willkür der Administrative überantworten
will. Auch an die Herren aus der Slovakei appelliere ich, diese
Dinge nicht leicht zu nehmen. Wenn man das Schicksal der armen
Gebiete lediglich der Administrative überantwortet - wir
haben Beispiele genug dafür, wozu das führen kann und
muß.
Pøedseda (zvoní): Prosím
pana øeèníka, aby skonèil.
Posl. Patzel (pokraèuje):
Ich bin sofort fertig. Denn die Bewohner
jener Gegenden haben das Hausiergewerbe nicht aus Faulheit oder
aus Wandertrieb ergriffen, sondern aus Not. Im Erzgebirge war
einmal ein blühender Erzbergbau, er ist weg. Die Not treibt
die Leute in die Fremde, und das sind die heimatstreusten Menschen
und wir wissen, wie bei uns im Erzgebirge es die Leute wieder
nach Hause zieht, wie es auch den slovakischen Auswanderer, wenn
er ein paar Kreutzer erspart hat, immer wieder in seine karge
Heimat zurückzieht, weil gerade diese Gebirgsmenschen die
Menschen mit der größten Heimatsliebe und Heimatstreue
sind. Wenn der Gesetzgeber also die Verpflichtung in sich fühlt,
für diese Menschen vorzusorgen, soll er diese Verpflichtung
auch im Gesetze erfüllen und soll ein Notstandsgesetz schaffen
und das nicht der Regierung überlassen. Im Jahre 1902 war
ein Antrag im österreichischen Parlamente eingebracht worden
- und ich will daran die Herren von èechischer
Seite erinnern - der verlangte, daß diese Gegenden im Gesetze
genannt werden. Dieser Antrag war unterschrieben von einem Italiener
Zambosi, von dem deutschen Schücker und dem èechischen
Abg. Stojan,
dem verstorbenen Erzbischof. Das war die Zeit, wo Sie angeblich
unterdrückt wurden und angeblich gar nicht die Möglichkeit
hatten mitzuwirken. Seien Sie nicht schlechter und härter
als damals der èechische Abgeordnete der gefühlt hat,
daß er die Verpflichtung besitzt, eine Wohltat des Gesetzes
nicht der Willkür der Administrative zu
überantworten.
Ja, sagt man mir, es wird an und für sich
schon die Möglichkeit vorbehalten, für die Bewohner
der begünstigten Gegenden die Hausierberechtigung zu erwerben.
Auch bei diesen ist der Nachweis der erfolgten
Impfung notwendig. Auch bei diesen ist der Nachweis notwendig,
daß sie durch die wirtschaftlichen Verhältnisse und
dergleichen gezwungen sind. Ich möchte bei dieser Gelegenheit
noch eine Frage aufwerfen. In den Übergangsbestimmungen ist
ausdrücklich festgestellt, daß die Inhaber der bisherigen
Hausierscheine die Hausierberechtigung behalten, auch wenn sie
den Bestimmungen des Gesetzes über das Alter nicht entsprechen.
Was ist nun mit den Bestimmungen über die Staatsbürgerschaft?
Wir haben bei uns noch viele Hausierer aus anderen Gegenden
der alten Monarchie, die die österreichische Staatsbürgerschaft
besaßen, heute aber nicht die èechoslovakische Staatsbürgerschaft
besitzen. Ich meine nicht bloß die Krainer und Gotscheer,
die deutschen, und slavischen Hausierer aus
der dortigen Gegend, ich meine vor allem die Bosniaken, die bei
uns geradezu zur Landplage geworden sind. Wir müssen den
Berichterstatter und die Regierung um Auskunft ersuchen, ob für
diese Leute Privilegien bestehen bleiben sollen, denn gerade für
diese bosniakischen Hausierer haben wir uns nicht zu erwärmen,
zumal gerade der südslavische Staat den Leuten aus unseren
Gebieten, die dort einem Erwerb nachgehen, die größten
Schwierigkeiten entgegensetzt, Arbeiter und Angestellte èechoslovakischer
Herkunft zur Ausweisung bringt, und die Unternehmungen
zwingt, Arbeiter und Angestellte aus unseren Staatsgebieten zu
entlassen bzw. zu kündigen.
Pøedseda (zvoní): Žádám
pana øeèníka, aby skonèil, sice bych
byl nucen odníti mu slovo.
Posl. Patzel (pokraèuje):
Ich wiederhole: Man sieht, daß man
mit einem Gesetz, welches eine soziale Wohltat darstellen soll,
Kuhhandel getrieben hat, ich stelle fest, daß der Versuch
gemacht wird, das Schicksal von armen Gebirgsgegenden zum Gegenstand
politischen Kuhhandels zu machen. (Souhlas a potlesk na levici.)