Meine Herren, nach meiner innersten Überzeugung
kann kein Wort scharf genug gesprochen werden gegen das Übermaß
der Entrechtung, die uns durch diese Sprachenverordnung angetan
wird, kein Wort kann scharf genug dagegen gesprochen werden, daß
man mit aller Macht weiter bestrebt ist, uns zu Heloten in diesem
Staate zu machen, kein Wort kann scharf genug sein, um den Widerspruch
zu geißeln, der darin liegt, auf der einen Seite die Welt
vom Locarnogeist zu versichern und auf der anderen Seite die Vernichtung
gegen alles vorzutragen, was Minorität in diesem Staate heißt.
Schon einer der Vorredner hat erwähnt,
daß es im alten Österreich eine Zeit gegeben hat, wo
man versucht hat, den Deutschen im alten Österreich, namentlich
den Sudetendeutschen so etwas ähnliches, aber nur einen Teil
von dem zuzumuten, was man uns jetzt durch die Sprachenverordnung
antun will. Die älteren von uns werden sich gewiß daran
erinnern, es ist ein Sturm durch das deutsche Volk gegangen und
von der Einheit dieses Sturmes ist der Mann und seine Verordnung
hinweggeblasen worden. Vielleicht kommt jetzt wieder der Zeitpunkt,
daß wir sagen können: Alles, was deutsch ist in diesem
Gebiete von Rumburg bis Preßburg, von Eger bis Teschen,
das muß sich wenigstens in diesem Punkte zusammenfinden:
Ein Gedanke, ein Wort und eine Tat! Wir sind Deutsche und wollen
es bleiben, auch wir haben unsere unveräußerlichen
Rechte! Kein Atom von den Rechten und dem Besitz der anderen,
aber was bis 1918 deutscher Besitzstand war, muß wieder
deutscher Besitzstand werden und muß gesichert sein für
alle Zukunft. Ohne diese Voraussetzung wird ein Locarnogeist nie
kommen. Darum Widerstand und Kampf gegen diese neueste Erscheinung
dieses Systems, bis dieser Auswuchs ad absurdum geführt ist,
bis er verschwunden ist. Sudetendeutsches Volk, sieh zu deinen
unveräußerlichen Rechten! (Souhlas a potlesk na
levici.)
Hohes Haus! Unsere Partei hat einen Dringlichkeitsantrag
eingebracht, wornach das Abbaugesetz aufgehoben werden soll. Das
Abbaugesetz hat in den Reihen der deutschen Arbeiterschaft ungeheuere
Verwüstungen angerichtet. Das Abbaugesetz ist ein
Fallbeil gewesen, das insbesondere auf die deutsche Arbeiterschaft
draußen in den Randgebieten niedergesaust ist. Das Abbaugesetz
war ein Mittel in den Händen der èechischen Chauvinisten,
unliebsame deutsche Arbeiter zu beseitigen.
Es ist ein ungeheurer Mißbrauch mit diesem Gesetz getrieben
worden, indem man überall, wo es halbwegs möglich war,
aus chauvinistischen Gründen die besten und tüchtigsten
Arbeiter aus den staatlichen Betrieben, aus den Eisenbahnwerkstätten,
aus den Post- und Telegraphenanstalten, aus den Steuerämtern
usw. entfernt hat, um an ihrer Stelle Fremde heranzuziehen. Ich
kann in dieser Beziehung einige Fälle anführen. Was
das Abbaugesetz für furchtbare Wirkungen hat, das haben wir
draußen im deutschen Gebiet in allen Städten und Ortschaften
deutlich verspürt und die Empörung der Bevölkerung
ist eine allgemeine. Wir wissen, was z. B. in der Staatsbahnwerkstätte
in Bodenbach vorgegangen ist. Dort waren einige Hundert deutsche
Arbeiter beschäftigt, deren Zahl heute auf ein Minimum reduziert
worden ist. Aber der Abbau ist eigentlich nicht in dem Sinne erfolgt,
wie er ursprünglich vielleicht gemeint war, nämlich
um eine Reduzierung vorzunehmen, in Wirklichkeit ist er bloß
ein Austausch in der Richtung gewesen, daß man an
Stelle der deutschen Arbeiter, an Stelle der ansässigen Arbeiterschaft
fremde Arbeiter aus dem èechischen Sprachgebiet herangezogen
hat. So hat man z. B. nach Bodenbach systematisch Leute aus dem
Taborer Gebiet herangezogen, man hat in den
Ortschaften des Taborer Bezirkes durch die Gemeindevorsteher,
durch Zirkulare usw. Leute direkt vom Feld weg, einfache Arbeiter
aufgenommen und hat sie in die Staatsbahnwerkstätte nach
Bodenbach gebracht, während man die deutschen Arbeiter einfach
aufs Pflaster geworfen hat. Überall, wohin man heute kommt,
sieht man die Verwüstungen und Verheerungen, die das Abbaugesetz
angerichtet hat. Bei allen Postanstalten, bei allen Telegraphenämtern
kann man das merken, wenn man ein Telegramm oder einen Brief abschicken
will. Jeder Geschäftsmann und jede öffentliche Körperschaft
führt mit vollstem Recht darüber Klage, daß die
derzeitigen Zustände unhaltbar geworden sind. Ich will nicht
von der Lehrerschaft sprechen, die ebenfalls reduziert und abgebaut
wurde, ich will nur auf die ungeheuere Erregung und auf
das große Unrecht hinweisen, das geschehen ist, indem man
ganz einseitig die Deutschen hinausgefeuert und sie gleichzeitig
durch Èechen ersetzt hat. Gemeinden und öffentliche
Körperschaften haben Protestkundgebungen
veranlaßt, haben Protestversammlungen abgehalten, in denen
sie sich mit diesen Fragen beschäftigt haben. Es ist nur
ein Gebot der Gerechtigkeit und der Pflicht, wenn wir hier auf
diese ganz unhaltbaren Zustände aufmerksam machen und verlangen,
daß das Abbaugesetz schleunigst aufgehoben wird. Wenn es
z. B. im § 128 der Verfassungsurkunde heißt, daß
vor dem Gesetze jeder Staatsbürger gleich ist, jeder Staatsbürger
das Recht auf staatliche Anstellung hat usw., so müssen wir
konstatieren, daß dieser Paragraph durch das Abbaugesetz
und durch die Praxis mit Hilfe dieses Abbaugesetzes mit Füßen
getreten wurde. Nach allen Seiten hin sehen wir und fühlen
wir das ungeheuere Unrecht, das hier geschehen ist und es gibt
nur ein Mittel: Das Übel muß mit der Wurzel beseitigt
werden. Das Gesetz muß fallen und es muß die Möglichkeit
geschaffen werden, daß in den deutschen Sprachgebieten deutsche
Beamte und deutsche Arbeiter beschäftigt werden und daß
das gleiche Recht, das uns im Gesetze verbürgt ist, hergestellt
wird in der Tat, nicht bloß auf dem Papiere. In diesem Sinne
ist die Aktion, die wir hier unternommen haben, aufzufassen und
ich bitte Sie deshalb, für die Dringlichkeit dieses Antrages
zu stimmen. (Potlesk na levici.)
Meine Damen und Herren! Ich habe die Dringlichkeit
des Antrages der Abgeordneten Josef Patzel, Dr Franz Spina,
Dr Felix Luschka, Dr Josef Keibl, Ing. Jung und
Genossen, betreffend Aufhebung des Gesetzes 286 zum Jahre 1924
über Sparmaßnahmen in der öffentlichen Verwaltung
zu begründen. Ich muß mir erlauben, von dieser Stelle
aus zunächst an das Präsidium die Anfrage zu richten,
was mit der Verhandlung des an demselben Tage mit der Unterschrift
von 140 Abgeordneten eingebrachten Antrages der Abgeordneten Andreas
Hlinka, Josef Patzel u. s. w. geschehen ist, worin
wir den Antrag stellten, die Herren Dr Anton Švehla und
Dr Emil Franke wegen Verletzung dieses Gesetzes in den
Anklagezustand zu versetzen. Wenn die Herren der Mehrheit keine
Ursache haben, eine Diskussion vor aller Welt zu scheuen, so müssen
sie auch die Courage aufbringen, diesen Antrag auf die Tagesordnung
des Hauses zu setzen. Es ist mehr als unstatthaft, wenn man mit
der Meinung kommt, die Ministeranklage nicht verhandeln zu können,
weil es seit 6 Jahren verabsäumt wurde, das betreffende Durchführungsgesetz
der Verfassung zur Erörterung zu stellen. Und wenn man dieses
Argument anwendet, so können wir daran erinnern, daß
dem Abgeordnetenhause bereits ein Senatsbeschluß über
die bezügliche Regierungsvorlage vorliegt, nachdem der Senat
das Gesetz ungefähr 4 Jahre verhandelt und gründlich
erörtert hat, so daß also die Möglichkeit besteht,
innerhalb dreier Tage diese Vorlage im verfassungsrechtlichen
Ausschuß zu erledigen und so auch die formelle Unterlage
zur Ministeranklage zu schaffen. Wenn das die Herren nicht tun,
so zeigen sie, daß die beiden Herren Minister eben Butter
auf dem Kopfe haben und daß sie alle Ursache haben, vor
der Welt die Diskussion über die Handhabung des Abbaugesetzes
zu scheuen. Wir aber scheuen uns nicht. Wir wollen entsprechend
unserem Verlangen vor dem Forum dieses Hauses den Nachweis erbringen,
daß dieses Gesetz von den zu seiner Durchführung Berufenen
mit Füßen getreten wurde, daß die feierlichen
Versprechungen der Regierung nicht eingehalten wurden. Wir wollen
auch den Nachweis liefern, daß dieses Gesetz ein plumper
Schwindel war, ein Mittel zu politischen Zwecken, um unbequeme
deutsche Angestellte, aber - ich bin so ehrlich, es zu sagen -
auch um oppositionellen èechischen Parteien angehörige
Beamte aus dem Staatsdienst hinauszueckeln. Ein plumper Schwindel,
der vor dem kreditgebenden Ausland aufgeführt wurde, um dort
den Anschein einer Verwaltungsreform vorzuschwindeln. (Výkøiky
posl. Horpynky.)
Die Dringlichkeit des Antrages der Oppositionsparteien,
die von ihnen gar nicht abgelehnt werden könnte, geht schon
daraus hervor, daß seit Wochen auch die èechische
Öffentlichkeit zugibt, daß das Gesetz ein vollständiges
Fiasko erlitten hat, daß das, was man erreichen wollte,
nämlich Ersparungen, nicht erzielt wurde, sondern daß
im Gegenteil eine Mehrbelastung des Staatshaushaltes von über
500 Millionen im Jahr herauskam. Wenn sich die Herren der Regierungsparteien
und die Herren Ressortminister nicht scheuen würden, so müsste
diese Angelegenheit verhandelt werden, um auch vor der èechischen
Öffentlichkeit festzustellen, was wahr ist; ob man den ehrlichen
Versuch gemacht hat, eine Verwaltungsreform in die Wege zu leiten
- denn von einer Durchführung ist ja noch gar keine Rede-
oder ob man nur einen ungeheueren Schwindel aufgeführt hat,
wie deren in diesem Staate schon genug vorgekommen sind.
Noch etwas anderes. Im Dezember 1924 schon
haben wir von dieser Stelle aus dieses Fiasko vorausgesagt. Wir
haben gesagt, daß ohne einen ordentlichen Plan einer Verwaltungsreform
ein solches Gesetz, auch wenn die Absicht einer loyalen Durchführung
bestehen sollte, ein Unsinn ist und ein Schwindel bleiben muß.
Damals hat der Herr Ministerpräsident, einer derjenigen,
der wiederholt Ministerworte gegeben und nicht gehalten hat, bei
einer Vorsprache von Vertretern der deutschen, der magyarischen
und der slovakischen oppositionellen Parteien den Gedanken einer
nationalen Vergewaltigung weit von sich gewiesen. Er hat es aber
auch abgelehnt, irgendwie im Gesetz durch eine Bestimmung
die Möglichkeit einer solchen nationalen Vergewaltigung auszuschließen.
Heute nun haben wir es erlebt, daß nicht nur Èechisierungsvereine,
also private Vereinigungen, sondern auch ein Minister sich öffentlich
gerühmt hat, mißliebige deutsche
Angestellte herausgeschafft zu haben.
Wozu hat dieses Gesetz geführt? Tausende
von braven deutschen Angestellten, von oppositionellen Angestellten
überhaupt, wurden hinausgeworfen. Auf der Post herrscht ein
Chaos. Und so kommt es vor, daß Leute geradezu verrückt
werden, weil sie nicht den Aufgaben gewachsen sind, und die Post
in die Kloake werfen, wie in Marienbad und Reichenberg. Es gibt
unzählige Orte, größere Städte, wo früher
eine viermalige Postzustellung täglich war, also europäische
Verhältnisse herrschten, und wo jetzt asiatische Verhältnisse
eingetreten sind, indem nur einmal im Tage die Post zugestellt
wird oder zweimal in drei Tagen. Das rechtfertigt unseren Antrag,
einerseits den Minister, der seine Unterbeamten so leichtfertig
wirtschaften ließ, in den Anklagezustand zu versetzen, andererseits
das Gesetz zu suspendieren. Auf der Eisenbahn herrschen unglaubliche
Verhältnisse. Es gibt Eisenbahnschaffner, welche nicht wissen,
in welchen Zug sie einsteigen sollen. Es ist vorgekommen, daß
ein Schaffner in einen falschen Zug eingestiegen ist und sich
erst von der Bevölkerung belehren lassen mußte, daß
er sich in einem falschen Zug befinde. Es kommt jede Woche vor,
daß Kondukteure ihre Station überfahren. Betrüblich
aber ist es, daß auch die Moralität der Bediensteten
stark gesunken ist. In 10 Jahren des alten Österreich haben
wir es nicht erlebt, daß Unregelmäßigkeiten seitens
des Personals in so starkem Maße vorkamen, wie hier jetzt.
Natürlich, durch ein Protektionssystem wurde das èechische
Personal moralisch so korrumpiert, daß es kein Wunder ist,
wenn persönliche Korruption hinzutritt. Ich frage den Herrn
Dr Franke der
hier ist, ob er auch solche Dinge rechtfertigt. (Hluk.)
Místopøedseda Slavíèek
(zvoní): Prosím pány poslance o klid.
Posl. Patzel (pokraèuje):
Ich führe dem hohem Hause einen Fall vor, der sehr charakteristisch
ist. In den Postämtern Westböhmens, die der sehr berühmten
Postdirektion Prag unterstehen, findet sich eine Aufschrift, die
ich in meiner Muttersprache vorbringe und die lautet: "Anordnung.
Bei der letzten Besichtigung der Ämter durch den Herrn Kommissär
Vejborný" - das ist ein berüchtigter Mann für
unsere deutschen Postler - "wurde sichergestellt, daß
die Angestellten des hiesigen Amtes" - in einer anderen
Stadt steht "beider hiesiger Ämter" - "jene
Aufträge und Anordnungen, die mehrmals eingeschärft
wurden, nicht einhalten, daß sie unter einander ausschließlich
èechisch zu sprechen haben, und daß sie sich dieser
Sprache überall möglichst zu bedienen haben.
So wie die Beamten, sprechen auch die Angestellten untereinander
ständig lediglich deutsch. Ich mache Sie auf die hiesige
Anordnung, Zahl 10 vom 5. November 1925 aufmerksam und mache Sie
nochmals aufmerksam, daß eine Nichteinhaltung dieser Anordnung
wird bestraft werden." In der Èechoslovakischen
Republik kann es also vorkommen, daß ein Postkommissär,
der zu überwachen hat, daß bei den Postämtern
Ordnung herrscht, deutsche Postbeamte mit Strafen bedrohen darf,
wenn sie im privaten Verkehr unter einander
die deutsche Sprache gebrauchen, ohne daß dieser Kerl, dieser
Lump sofort vom Amt suspendiert und ins Kriminal gesteckt wird.
Das ist unerhört, wenn in einem Amt angeschlagen werden darf,
daß deutsche Beamte untereinander nicht deutsch reden dürfen.
(Výkøiky na levici.)
Aber sehen Sie, manche Ihrer èechische Beamten,
die jetzt Minister und Sektionschefs sind, haben im alten Österreich
viel schlechter deutsch gesprochen, als unsere Beamte jetzt èechisch,
wenn sie bei der Sprachprüfung durchfallen. Ich weiß
nicht, ob ein wirklich ehrenhafter Èeche ein solches Vorgehen
auch nur einigermaßen billigen kann. Als wir verlangt haben,
daß beim Abbaugesetz die Einhaltung mindestens des nationalen
Schlüssels gewährleistet werden solle, so daß
das Verhältnis der Angestelltenschaft
und Beamtenschaft unserer Nation nicht verschlechtert würde,
hat man es abgelehnt. Aber dort, wo es den Èechen angenehm
ist, kommt der nationale Schlüssel. Da hat z. B. die Tabakregie,
die dem Herrn Finanzminister untersteht, durch den Herrn Zentraldirektor
Dr Pospíšil angeordnet, daß bei den Angestellten,
den Arbeitern und Arbeiterinnen, der nationale Schlüssel
im ganzen Staatsgebiet hergestellt wird. D. h.: Da die Tabakfabriken
seinerzeit zum großen Teil in den landwirtschaft- u. industriearmen
deutschen Grenzgegenden errichtet wurden, muß dort der ziffermäßige
Schlüssel des ganzen Staates hergestellt werden. Wenn wir
aber fragen, ob der Schlüssel auch gelten solle in der Angestelltenschaft
bei der Post, Eisenbahn, sowie bei den staatlichen Bergwerksunternehmungen
auch im deutschen Gebiet, da wird es von den èechischen
Ministern glatt abgelehnt.
Die Dringlichkeit unseres Antrages erscheint
dadurch begründet, daß die Regierung keine Ersparungen
erzielt hat, sondern, wie die Öffentlichkeit, auch
die èechische Öffentlichkeit feststellt, daß
die Durchführung des Abbaugesetzes lediglich eine weitere
Verteuerung der Administrative um mindestens eine halbe Milliarde
im Jahre herbeigeführt hat. Es ist festgestellt und durch
das Geständnis der betreffenden Übeltäter
sichergestellt - auch Minister waren solche Übeltäter
- daß dieses Gesetz zu einer nationalen Vergewaltigung mißbraucht
wurde, um die deutschen Angestellten aus dem Staatsdienst zu entfernen.
Nur die sofortige Einstellung des Abbaues und die Wiedergutmachung
des ungeheuren unseren deutschen Angestellten zugefügten
Unrechtes, des Unrechtes an der Volkswirtschaft, des Unrechtes,
das an Tausenden von armen deutschen Familien begangen wurde,
kann Wandel schaffen, kann verhüten, daß weiteres Unglück
entsteht. Sie glauben, die Dinge gut zu führen, wenn Sie
aus angeblicher Angst um den Bestand Ihrer Republik den zahlenmäßigen
Anteil unserer deutschen Angestellten vermindern, namentlich dort,
wo es sich um die Transportunternehmungen handelt. Wir kennen
die Absicht. Auf der einen Seite besteht die Absicht, viele Tausende
èechische Anwärter in den Staatsdienst zu bringen;
auf der anderen Seite sind viele von der Absicht geleitet, damit
die unbequeme deutsche Kontrolle aus der Welt zu schaffen, die
den Herren auf die Hände schaut, den Herren,
für die der erste Mann dieses Staates seinerzeit das Wort
geprägt hat: "Du sollst arbeiten und du sollst nicht
stehlen!" Es scheint, daß man das Danebensitzen der
deutschen Beamten, deren Anwesenheit schon manchen Unfug verhüten
kann, verhindern will. Wir müssen das den Herren überlassen.
Sie werden sich einmal daran erinnern, daß es für Ihre
Verwaltung ein Unglück war, die guten, verdienten, ehrlichen,
fleißigen deutschen Angestellten aus dem Dienste gejagt
zu haben. Dann aber wird es für Ihre geschätzte Republik
schon zu spät sein. (Potlesk na levici.)
Hohes Haus! Vor 4 Monaten hat die Welt erlebt,
daß Ministerpräsidenten und Außenminister verschiedener
Staaten, in einem Schweizer Städtchen, Locarno genannt, einen
Vertrag unterzeichnet haben, der der Auftakt zum Frieden, zur
Völkerversöhnung sein sollte. Wenn ich mich weniger
mit dem Exposé des Außenministers dieses Staates
beschäftige, sondern mehr mit diesem Vertrage, so will ich
damit aufweisen, daß dieser Vertrag bis zum heutigen Tage
an der Gesinnung der einzelnen Staaten und Völker kein Jota
geändert hat. Ich will damit hinweisen auf den Kampf Deutschlands,
den es führen muß um die Herabsetzung der Truppenkontingente
im Rheinlande zu erzielen, einer gewaltigen Belastung für
das Deutsche Reich, was wohl einem jeden vernünftigen Menschen
klar sein muß. Ich will aber auch hinweisen auf den schweren
Kampf des deutschen Volkes, den es führen mußte, u
mdie besetzte Zone endlich frei zu bekommen. Und als der Vertrag
von Locarno unterschrieben war, hat der italienische Heros es
für notwendig gehalten, er, der den Vertrag selbst unterschrieben
hat, Worte zu gebrauchen, die, unter früheren Verhältnissen
einer Kriegserklärung gleichbedeutend gewesen wären.
Er hat von dem italienischen Dreifarb gesprochen, der von dem
Brenner herab auch in das Tal des Brenners und darüber hinaus
getragen werden könnte. Er hat die deutsche Nation verhhnt,
nichts weniger als verhöhnt, und das 4 Monate nachdem er
den Friedensvertrag von Locarno, im Geiste der Völkerversöhnung
unterschrieben hat.
Unser Herr Außenminister hat am gestrigen
Tage zu einer Frage Stellung genommen, die ich als eine Einmischung
in die innerpolitischen Verhältnisse eines Staates bezeichnen
muß. Wer verhindert den Eintritt des Deutschen Reiches in
den Völkerbund durch Forderungen, auf die Deutschland niemals
eingehen wird? In der französischen Presse fordert unser
Außenminister als Parität für den Eintritt Deutschlands
in den Völkerbund den Eintritt Polens in den Völkerbundrat.
Und wie wird dieser permanente Eintritt Polens in den Völkerbundrat
aufgenommen? Widerspruch im In- und Auslande. Unwillen, wo man
hören und sehen kann. Und warum soll gerade der Vertreter
der èechoslovakischen Republik das Hindernis bilden, um
Deutschland den Eintritt in den Völkerbund schwer zu machen?
Ich glaube, ich habe darauf nur eine Antwort zu geben, und diese
Antwort ist, daß vielleicht dann einmal die deutschen Minderheiten
dieses Staates durch den Eintritt Deutschlands zu ihrem Rechte
kommen könnten. Um das zu verhindern, darf das Deutsche Reich
absolut nicht so ohne weiters in diesen Völkerbund kommen,
sondern es müssen ihm die gröstmöglichen Schwierigkeiten
bereitet werden, um den Deutschen in diesem Staate nicht jene
Rechte zu geben, die unser Herr Außenminister ihnen in den
bekannten Friedensverhandlungen versprochen hat, die alle meine
Vorredner hier angeführt haben. Als Vertreter des deutschen
Landvolkes habe ich die vornehme Aufgabe übernommen, anläßlich
der heutigen Debatte über die innen- und außenpolitische
Lage insbesondere zu einer Frage im Inneren dieses Staates Stellung
zu nehmen. Es ist eine der wichtigsten Fragen für unser deutsches
Volk. Denn jede Nation, die den Grund und Boden unter den Füßen
verliert, verliert damit auch gleichzeitig ihre Selbständigkeit,
und ich gestatte mir deshalb nunmehr zur Frage der Bodenreform
Stellung zu nehmen.
Welch großes Unrecht in dieser Frage
an dem deutschen Volke hier verbrochen worden ist, ist mir sehr
leicht nachzuweisen, und ich werde die heutige Gelegenheit auch
benützen und dieses Unrecht von dieser Tribüne aus vor
der Öffentlichkeit brandmarken. (Pøedsednictví
pøevzal místopøedseda Stivín.)
Man hat am 16. März 1919 ein Gesetz geschaffen,
welches sich das Beschlagnahmegesetz nennt. Das Gesetz war hier,
um die Regelung des Grundeigentums in diesem Staate vorzunehmen.
Wir haben ein Gesetz bekommen, welches am 27. Mai 1919 in Kraft
trat, und dieses Gesetz war das Kleinpächtergesetz, welches
wir, da es den wirtschaftlich Schwachen Grund- und Bodenerwerb
möglich machte, auf das herzlichste begrüßen konnten.
Aber wir haben nachträglich ein Gesetz bekommen, das Gesetz
vom 23. Juli 1920, welches sich Zuteilungsgesetz nannte. Und
dieses Gesetz war es, welches man dazu benützte, um die Überführung
des deutschen Grundes und Bodens in èechische Hände
zu bewerkstelligen. Ich stehe hier auf dieser Tribüne im
Namen von hunderten deutscher Bodenbewerber, um das Recht zu fordern,
das ihnen nach dem Gesetz zusteht. Aber wir
haben erfahren müssen, daß der wichtigste Punkt dieses
Gesetzes mißachtet wurde, daß die Bildung der verschiedenen
Kommissionen, in welchen die Vertreter der Gemeinden, die Fachorganisationen
der Bodenbewerber der Bezirke, die der Geldinstitute, der Legionäre
und andere Korporationen das Recht bekommen sollten, bei der Bodenverteilung
ihren Einfluß zu nehmen, nirgends vorgenommen wurde. Über
Nacht wurde der Grund und Boden über den Kopf der deutschen
Bevölkerung hinweg entweder als Restgut verschachert oder
an jene Zahlreichen verteilt, die dem Bodenamt besser zu Gesichte
standen als die deutschen Bewerber.
Und als § 28 des Zuteilungsgesetzes im
Verwaltungsausschuß des Bodenamtes zur Sprache kam und der
bekannte Abgeordnete Vraný an den Präsidenten
des Bodenamtes Dr Viškovský die Anfrage stellte,
ob es nicht angezeigt wäre, im deutschen und ungarischen
Gebiet keine Ortsberatungsausschüsse zu bilden, den Gemeinden
nicht das Recht zu geben, die Auswahl der Bodenbewerber zu treffen,
da antworte der heutige Justizminister, der Präsident des
Bodenamtes Dr Viškovský: Im Gesetz steht
ja "nach Umständen". Und was dieses Wort "nach
U tänden" bedeutet, werde ich heute noch Gelegenheit
haben, zu beweisen. Das geschah in der 39. Sitzung am 12.
Dezember 1919.
Das èechische Volk versucht auch nachzuweisen, daß
das Unrecht am deutschen Volk begründet ist. Womit begründet
man das Unrecht? Das èechische Volk nimmt die Schlacht
am Weißen Berge her, von der bekannt ist, daß sie
nicht ein Kampf zwischen den Nationen sondern
ein Kampf zwischen Religionsgemeinschaften gewesen ist, wobei
die Aufständischen gegenüber den kaiserlichen Truppen
unterlegen sind. Und es kann bewiesen werden, daß unter
den Aufständischen sich genau so Deutsche wie Èechen
befanden und ich kann beweisen, daß
bei der kaiserlichen Regierung, die nach dieser Schlacht kam,
Männer, die die obersten Richter waren und den Entwurf der
Hinrichtung, den Entwurf zur Güterkonfiskation ausarbeiteten,
der èechischen Nation angehört haben. Lobkowitz hat
damals das oberste Richteramt innegehabt,
von Slavata ist der Plan für die Hinrichtungen und Güterkonfiskationen
entworfen worden. Beide waren Èechen. Und weiters möchte
ich anführen, daß Dr Ritter von Michovsky von Sebusein
jener gewesen ist, welcher als kaiserlicher
Richter bei diesen Schandtaten fungiert hat. Der Exponent des
èechischen Volkes ist zufällig nicht hier, aber es
ist kein anderer als Herr Dr Kramáø,
der als Geschichtsforscher in seinem Werke über die böhmische
Politik nachgewiesen hat, daß die Schlacht am Weissen
Berge nicht die Ursache der Bodenkonfiskation des èechischen
Volkes war, Dr Kramáø hat vielmehr nachgewiesen,
daß die Selbständigkeit des èechischen Volkes,
soweit es sich um die Verwaltung und Gesetzgebung handelte, erst
1749 unter Maria Theresia verloren ging, als
eine zentralistisch regierte österreichische Monarchie geschaffen
wurde, ohne daß die böhmischen Stände irgendwie
welche Schuld daran hatten. Man wird Herrn Kramáø
keine Deutschfreundlichkeit nachweisen,
wohl aber das Gegenteil! Obwohl also die Unrichtigkeit
dieser Anschauungen nachgewiesen ist, wurde am 17. September 1919
in großer Aufmachung dem èechischen Volke die Brechung
des Jahrhunderte dem èechischen Volke auferlegten Joches
verkündet. Man ist sogar weiter gegangen, man ging
in die Kasernen und hat den Soldaten dort den Haß gegen
das deutsche Volk in der Bodenfrage gepredigt, man hat der Jugend
bei allen Festen und allen Anlässen den Haß gegen das
deutsche Volk in der Bodenreformfrage eingeimpft. Selbst wenn
wir all das entschuldigen, dann entschuldigen wir nicht,
was ich hiemit anführe. Von èechischer Seite war vorhin
der Vorwurf zu hören, daß sich deutsche Professoren
in chauvinistischem Sinne in diesem Parlament gebärden. Ich
vertrete niemanden, nur meine Ansicht und Weltanschauung,
aber ich möchte daran erinnern, daß èechische
Professoren im Jahre 1919 auch nicht anders gehandelt haben. Prof.
Horáèek, der damals im
Parlament saß, hat wiederholt in Leitartikeln folgende Grundsätze
verkündet: Keine Freundschaft, keine Beziehungen zu Österreich,
zu Deutschland, zu Ungarn, weder politisch noch wirtschaftlich,
kein Zollbündnis, keine gemeinsame Währung, kein Steuerverkehr,
keine Handelskonventionen. Ich frage jene Personen, die als Professoren
der Nationalökonomie einen Ruf genießen, ob sie nicht
Grund genug hatten ein Staatswesen von einer höheren Warte
aus zu betrachten als von der Warte des ewigen nationalen Hasses,
und dies auch noch im Volke zu predigen? Dieser Vorwurf fällt
auf jene zurück, die vorhin den deutschen Professoren den
Vorwurf des übermäßigen nationalen Chauvinismus
machen wollten. Ich habe dies deshalb angeführt, weil ich
hören mußte, wie man sich vor kurzer Zeit über
die Ansichten dieser Leute hier geäußert hatte. Und
nun, meine verehrten Damen und Herren, das unter solchen
Verhältnissen nur eines eintreten konnte, der Ruf des èechischen
Volkes nach der Èechisierung des deutschen Grundes und
Boden, war klar, war so klar, daß man wohl darüber
nicht zu sprechen braucht. Aber eines dürfen wir heute gelegentlich
der Behandlung der ungarischen Frage
nicht verschweigen. Das Kleinpächtergesetz wurde von einem
Prager Landtag verworfen, und dieser ist nichts anderes als eine
Tagung der èechischen Minoritäten unter Hinzuziehung
behördlicher Organe, kann also offiziell als eine
Tagung, mit der die Regierung, welche jetzt in diesem Staate herrscht,
im Einvernehmen steht, bezeichnet werden. Die Verwerfung wurde
damit begründet, daß dem deutschen Kleinbesitzer am
Lande die Möglichkeit gegeben würde, auch Grund und
Boden zu erwerben, und es ist bezeichnend, daß im ungarischen
Teile dieser Republik das Kleinpächtergesetz überhaupt
nicht veröffentlicht wurde. Dieser Beschluß wurde am
14. Dezember des Jahres 1920 in der 43. Sitzung des Verwaltungsausschusses
des Bodenamtes gefaßt.