Pondìlí 12. øíjna 1925

Die Regierung wird auch Steuerabschreibungen vornehmen. Wir haben gegen die Steuerabschreibung nichts einzuwenden, denn wir wissen, daß die Steuern in diesem Staate verhältnismäßig hoch sind und eine drückende Last bilden. In dieser Aktion wird aber die Steuerabschreibung allein nicht den erwünschten Erfolg haben. Die Sache verhält sich beispielsweise so: Der kleine Landwirt, dem sein einziges Grundstück verwüstet wurde, hat, nehmen wir an, im Ganzen einen Steuersatz von 20 Kronen. Der Groß grundbesitzer, dem ebenfalls sein Grund verwüstet wurde, hat einen Steuersatz von 1000 Kronen. Wenn nun 50% von den vorgeschriebenen Steuern nachgelassen werden, so bekommt der Kleine 10 Kronen, der Große 500 Kronen. Nun ist es aber so, daß der Staat auf die bestimmte Höhe seiner Einnahmen für den Staatshaushalt nicht verzichtet. Schreibt er in irgendeiner Form Steuern ab, so hebt er sie in anderer Art wieder ein. Wenn er direkte Steuern abschreibt, so hebt er sie auf indirekte Weise wieder ein, und der Kleine, der jetzt 10 Kronen bekommen hat als Steuerabschreibung, muß bestimmt das Doppelte in einer anderen Steuerleistung abgeben. Das kann gewiß nicht der Sinn der Notstandsaktion sein. Wir treten daher für eine entsprechende Entschädigung ein. Entweder für eine Barentschädigung oder unentgeltliche Beistellung von Naturalien, wie Kunstdünger, Getreide, Futtermittel usw., wobei der wirtschaftlich Schwächere zu berücksichtigen ist.

Von Bedeutung ist, daß, wie es im § 6 heißt, Maßnahmen zur Verhinderung von Schäden bei Elementarkatastrophen getroffen werden. Nur sollte das in weitgehendstem Maße geschehen. Nach dem vorliegenden Gesetze soll ein Fond geschaffen werden, und zwar durch eine Anleihe, wobei jedes Jahr 50 Millionen Kronen für Regulierungszwecke eingestellt werden sollen. Wir stimmen in dies em Punkte vollkommen überein. Ist doch der beste Schutz gegen solche Unglückskatastrophen die Vorbeugung. Es sollen üsse und Waldbäche eingedämmt und reguliert werden. Wir machen jedoch ausdrücklich darauf aufmerks am, daß man nicht nur jene Flüsse einer Regulierung unterzieht, wo bei den letzten Naturereignissen die Katastrophen eingetreten sind, sondern überall dort, wo durch Elementarereignisse von früher her Menschenleben, Hab und Gut gefährdet waren. Daher halten wir es für notwendig, daß der im Gesetze vorgesehene Betrag auf das Doppelte erhöht und zur Zinsendeckung und Amortisation 100 Millionen jährlich in das Budget eingestellt werden. Die Ersparnisse könnten ganz gut bei dem Kapitel "Militarismus" gemacht werden.

Wir verlangen weiters, daß auch die Viehschäden in die Notstandsaktion mit hineinb ezogen werden, denn wenn einem kleineren Landwirt seine zwei Kühe, die sein ganzes Vermögen ausmachen, fallen, so ist er in seiner Existenz gefährdet. In der Regel muß er sich das Geld zum Ankauf ausborgen und so lange er lebt, kann er oft diese Schulden nicht zurückzahlen. Die Regierung wäre überh aupt schon längst verpflichtet gewesen, eine obligatorische Viehversicherung einzuführen. Aber nachdem die Herren Agrarier dieselbe nicht wollen, so muß sie unterbleiben.

Den größten Notstand jedoch gegenüber den deutschen kleinen Landwirten hat der Staat selbst verursacht. Was ist die Wetterkatastrophe gegen das Unglück, das die deutschen kleinen Landwirte durch die Bodenreform erlitten haben? Tausende Existenzen werden gefährdet, tausenden kleinen Landwirten nimmt man ihre Pachtgrundstücke, und zwar nicht nur Zwangspacht oder zerstreut liegenden Boden, sondern auch solche Grundstücke, die sie schon jahrzehntelang in Pacht hatten. Deutschen Familien mit 8 und 9 Kindern wird oft das einzige Pachtgrundstück entzogen und einem Èechen gegeben, der nicht weiß, was er damit anfangen soll. Der deutsche kleine Landwirt hat oft diesen selben Boden urbar gemacht, hat sich eine Existenz geschaffen, und nun bringt der Staat diese Familien an den Bettelstab. Ich war gestern in Südböhmen. Dort wurde mir mitgeteilt, daß Hunderten von kleinen Pächtern gekündigt wurde. Und wie die Erfahrung lehrt, ist das der Anfang einer Katastrophe. Ich habe vorhin erwähnt, daß bereits Tausende kleiner Landwirte an den Bettelstab gebracht wurden. Und nun versucht man es auch im Böhmerwald. Diese Leute haben dort den Boden urbar gemacht, ihre Urväter waren schon dort und heute geht der Staat her, kündigt diesen Leuten und wird versuchen - wir kennen das aus Erfahrung - zu kolonisieren, er wird versuchen, die Deutschen aus diesem Gebiete zu verdrängen. Das ist wirklich keine ehrenvolle Aufgabe für den Staat. Diese Leute dort bearbeiten dieses Stück Feld in einer Höhe von 800, 900 oder 1000 Metern. Kümmerlich bearbeiten sie diesen Boden. Der Staat sollte froh sein, daß er ein solches Volk hat, das diesen harten schweren Boden bearbeitet. Aber rücksichtslos wird da wieder vorgegangen und der Staat selbst ist derjenige, der die deutschen Landwirte in die größte Notlage versetzt. Was soll so ein kleiner Landwirt machen, wenn man ihm das Feld wegnimmt? (Posl. Schuster: Und wer dann nachkommt, läuft auch davon!) Jawohl. Er muß sein Vieh verkaufen und kann betteln gehen. Die Häusler wurden beim Arbeiterabbau aus den Eisenbahnbetrieben, Fabriken und Bergwerken entlassen, weil sie eben ein Pachtgrundstück hatten, und nun nimmt man ihnen dieses Pachtgrundstück und gibt es einem anderen, der in Arbeit ist. Aber er muß èechischer Nation sein. Das, was die kleinen Landwirte jetzt auf dem Lande durchmachen, ist ein wahres Martyrium. Auch ihre Schulen nimmt man ihnen und es müssen die Kinder nicht selten über eine Stunde bei den schlechtesten Wegen und der schlechtesten Witterung in eine weit entfernte Schule gehen. Andererseits errichtet man für 5 oder 6 Kinder Minoritätsschulen. In Zebau im Weseritzer Bezirk hat man tatsächlich für 3 Kinder eine Minderheitsschule errichtet und dort einen eigenen Lehrer angestellt. Auf diese Art will man loyale Staatsbürger erziehen! Es klingt wie Spott und Hohn, wenn der Minister Markoviè erklärt, daß es dem Ministerium für Schulwesen ferne liege, eine Èechisierung zu planen. Entweder ist der Herr Minister nicht informiert oder er hat bewußt die Unwahrheit gesprochen, denn es kann ihm ja nicht fremd sein, was draußen vorgeht und daß durch Drohungen deutsche Kinder in èechische Minoritätsschulen gesperrt werden.

Místopøedseda Buøíval (zvoní): Prosím pana øeèníka, aby mluvil k vìci.

Posl. Leibl (pokraèuje): Man verspricht solchen Eltern Boden, man verspricht Kleider, man erklärt, daß später nur solche Personen eine Anstellung oder Arbeit bekommen werden, die die èechische Schule besucht haben. Denjenigen jedoch, die ihre Kinder in ihrer deutschen Muttersprache erziehen wollen, nimmt man das letzte Grundstück. Dieses System ist Wahnsinn, das ist Schande. (Posl. Schuster: Das ist die gleichberechtigende Demokratie!) Ja, das ist die Demokratie! Keine Spur von Demokratie!

Wir beraten heute über ein Notstandsgesetz; das jedoch, was die Regierung an den kleinen Landwirten und Arbeitern verbrochen hat, ist für diese mehr als ein Elementarereignis. Wenn es sich um deutsche Minderheiten in diesem Staate handelt, so gilt kein Gesetz, gilt kein Recht. Wer führt die Gesetze über die Bodenreform durch? Doch nicht mehr das Bodenamt und auch nicht die zuständigen Herren Minister. Maßgebend sind heute die außenstehenden politischen èechischen Parteien und die verschiedenen èechischen Vereinigungen. Der Beschluß eines èechischen Minderheitsausschusses oder einer Pošumavská Jednota oder Národní Jednota Severoèeská, oder wie die anderen Organisationen heißen, ist Befehl für die Beamten des Bodenamtes und der Distriktsstellen. Wehe dem Beamten, der sich in Gegensatz zu diesen genannten Organisationen stellen würde und wehe einem Minister, wenn er nicht die Befehle dieser Organisationen respektieren würde! Vor dem Ausland will man beweisen, daß wir ein demokratischer Staat sind, es werden Millionen und Millionen für die Auslandspropaganda angewendet und dem Ausland vorgeschwefelt, daß bei uns eitel Demokratie herrscht. (Pøedsednictví se ujal pøedseda Tomášek.)

Die èechische Nation hat sich nach dem Umsturz in ihrem Revolutionsparlamente Gesetze gegeben. Diese Gesetze sollten ihr heilig sein. Aber die Gesetze werdennicht mehr eingehalten. Sie selbst treten die Gesetze, die Sie selbst geschaffen haben, mit Füßen.

Im alten Österreich wurde ein Beamter, wenn er sich politisch oder national betätigt hat, in Disziplinaruntersuchung gezogen. Bei uns in der Èechoslovakei ist das Gegenteil der Fall. Jener Beamte, der sich heute nicht national betätigt, wird abgebaut.

Man berichtet in èechischen Blättern mit Vorliebe, daß im Auslande die Bodenreform brutal durchgeführt wird, daß dort die Minoritäten gewaltsam enteignet werden. Hier ist es doch nicht anders. Bei uns enteignet man die ärmsten Kleinlandwirte, indem man ihnen das Pachtgrundstück nimmt; ist das nicht Brutalität? Nur ist hier diese Brutalität mit Heuchelei gepaart. Man wendet Millionen an, um dem Auslande vorzugaukeln, daß bei uns Recht und Demokratie herrsche. Abg. Dr. Srdínko hat im Budgetausschuß wie zum Hohn die Deutschen zur Mitarbeit eingeladen. Auch das ist purer Spott und Heuchelei. Man will die Deutschen überhaupt nicht zur Mitarbeit, damit Korruption und Schiebungen nicht aufgedeckt werden. Wenn es Ihnen Ernst ist und Sie uns zur Mitarbeit heranziehen wollten, so verweisen wir darauf, daß wir schon sechs Jahre eine Vertretung im Bodenamte verlangen. Sie gewähren sie uns nicht, denn sonst könnten wir hinter die verschiedenen Manipulationen kommen, denn die Meierhöfe werden förmlich untereinander aufgeteilt. Nicht nur Beamte des Bodenamtes bekommen Meierhöfe. Nicht nur Verwandte von Abgeordneten, sondern auch eine stattliche Anzahl von Abgeordneten selbst haben sich Meierhöfe verschafft.

Der Herr Ministerpräsident hat vor wenigen Wochen den Vertretern der deutschen Parteien, wobei ich selbst Zeuge war, erklärt, daß in diesem Staate nicht èechisiert werden darf. Und wenn es ein Bramter wagen sollte, so hat Ministerpräsident Švehla ausdrücklich erklärt, dies zu tun, so sollen wir ihm hievon nur Mitteilung machen und er werde diesen Beamten kassieren. Wir stellen fest, daß heute alle Aktionen in diesem Staate mit all ihren Apparaten und Beamten, mit wenigen Ausnahmen ein einziges Werkzeug zur Èechisierung sind. Ministerpräsident Švehla war sich wohl selbst in diesem Momente nicht bewußt, was er spricht, und wenn er auch in gutem Glauben gesprochen hätte, so wäre er doch ohnmächtig, gegen einen solchen Beamten aufzutreten. Denn auch seine Autorität ist nicht so groß, daß er nicht den letzten Èechisierungsverein respektieren müßte.

Was heute die nationalen Minderheiten in diesem Staate erdulden müssen, ist furchtbar. Den Arbeiter bringt man um seinen Arbeitsplatz, den Beamten um seine Stellung, den Kleinlandwirt um seinen Grundbesitz. Wir wollen jedoch nicht verzweifeln, wir wissen, daß nationaler Chauvinismus, Größenwahn und Gewalt immer noch an sich selbst zugrunde gegangen sind. Trotz der großen Bedrängnis, in der wir uns befinden, werden wir den Mut nicht verlieren, denn wir glaubne an den Sozialismus, wir glauben an seine Verwirklichung. (Potlesk na levici.)


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