Pondìlí 5. øíjna 1925

In jüngster Zeit hat die Vergewaltigung von Marienbad, wo man ohne Rücksicht auf den Kurbetrieb, ohne Rücksicht auf den bisherigen Besitzer und die Gemeinde Marienbad selber den gesamten Grundbesitz einschließlich der Quellen und des Hausbesitzes nebst Inventar, trotz oberstgerichtlicher Entscheidung, einfach neuerlich übernommen hat, die größte Erbitterung unter der Bevölkerung hervorgerufen. Anstatt daß im Voranschlag ein Reinertrag vom Bodenamt, das einen Staat im Staate darstellt, ausgewiesen wird, kommt dasselbe mit einer Kreditanforderung an den Staat mit 600 Millionen Kè. Die vielfach berechtigten Anforderungen von Gemeinden und Bezirken um Zuweisung verschiedener Liegenschaften, seien es Meierhöfe oder Waldbesitz, sind fast durchwegs abgewiesen worden, auch wenn die Gemeinden verschiedene Servitute an diesem Besitz nachweisen können. Auch bei diesen Vorfällen vermissen wir jede Demokratie, mit der man sich ja sonst immer brüstet. Lange dienende Beamte, Angestellte sowie Arbeiter bangen mit Recht um ihre zukünftige Existenz. Ohne sie zu versorgen, macht man sie einfach brotlos. Neue fremde Leute, denen Erfahrung, Betriebskapital und der nötige Fleiß fehlt, werden auf diesen Grundbesitzen angestellt und wie es sich in vielen Fällen bereits herausgestellt hat und täglich krasser in die Erscheinung tritt, geht der Ertrag ganz gewaltig zurück, was sicherlich der Volkswirtschaft zu großem Nachteil gereicht.

Aus all diesen in gedrängter Kürze vorgebrachten Mängeln können wir nicht für diesen Vorschlag stimmen. (Souhlas a potlesk na levici.)

6. Øeè posl. dr. Holitschera (viz str. 1190 tìsnopisecké zprávy):

Meine Herren! Ich habe mich diesmal nicht zum Worte gemeldet, wie ich das die ganzen Jahre, seit dieses Haus versammelt ist, gelegentlich der Beratungen des Staatsvoranschlages gemacht habe, um Kritik an dem Voranschlag des Gesundheitsministeriums zu üben und bei dieser Gelegenheit aufzuseigen, welche Unterlassungssünden dieses Ministerium seit Jahren begangen, wie durch die Tätigkeit oder vielmehr besser gesagt durch die Untätigkeit dieses Ministeriums die Volksgesundheit gelitten hat und von Jahr zu Jahr mehr leidet. Ich habe mich dieses Jahr nicht zu dem Zwecke zu Worte gemeldet, um von neuem Kritik zu üben, denn ich habe wie wir alle erkannt, daß die Kritik, die von dieser Stelle aus von den Volksvertretern geübt wird, zwecklos, erfolglos ist, daß man nicht nur zu leeren Bänken, sondern ins Leere spricht, daß niemand darauf achtet, was die Vertreter des Volkes an Beschwerden und Leiden des Volkes hier vorbringen und daß es deshalb einem verleidet wird, hier Kritik zu üben und hier die Pflichten des Volksvertreters zu erfüllen. Wenn ich heute trotzdem - vielleicht, wahrscheinlich wohl zum letztenmal - von dieser Stelle aus das Wort ergreife, denn ich habe nicht Lust, diese erfolglose und sich selbst beschämende Tätigkeit hier weiter fortzusetzen - wenn ich heute trotzdem das Wort ergriff, so geschah es, um mich mit den Ausführungen des Herrn Gesundheitsministers zu beschäftigen, die er gelegentlich der Schuldebatte hier gehalten hat. Der Herr Minister hat über die Depopulation, über die Entvölkerung und deren Gründe gesprochen. Er hat Vorwürfe dagegen erhoben, daß die Zahl der Geburten abnimmt, und besonders dagegen, daß heute bewußt gegen die starke Vermehrung der Kinder, gegen den Kinderreichtum in den Familien gehandelt wird. Der Herr Minister hat das als schweren Nachteil für den Staat und die Gesellschaft hingestellt, er hat auch davon gesprochen, daß die Hauptursache oder wenigstens eine der wichtigsten Ursachen dieser fortschreitenden Depopulation die sinkende Moral des Volkes ist und daß man darum Maßregeln ergreifen müsse, um die Moral des Volkes zu heben. Er hat damit den Standpunkt vertreten, den die Staatsmänner und Politiker der bürgerlichen Gesellschaft schon seit Jahrzehnten immer vertreten, er hat es beklagt, daß die Bevölkerung abnimmt, er hat Palliativmittel dagegen angekündigt, aber er ist der Frage nicht auf den Grund gegangen und er hat uns nicht gesagt, warum die Bevölkerungsziffer von Jahr zu Jahr sinkt, warum die Kinderzahl abnimmt und warum die Menschen heute gezwungen sind, bewußt die Zahl ihrer Kinder zu vermindern.

Der Herr Minister hat gemeint, daß es schlechter geworden ist, seit dem in diesem Hause ein Antrag auf Aufhebung der Strafbarkeit der Fruchtabtreibung gestellt wurde. Er hat gewissermaßen den Antragstellern die Schuld gegeben - er hat natürlich den ersten Antrag dieser Art, der hier eingebracht wurde, gemeint, den Antrag, den die èechischen Nationalsozialisten auf Anregung der leider aus dies em Hause ausgestoßenen Kollegin Landa-Štych eingebracht haben. Der Herr Minister irrt. Nicht dieser Antrag trägt die Schuld daran, daß die Zahl der Kinder abgenommen hat, sondern die Schuld daran tragen (Pøedsednictví se ujal pøedseda Tomášek.) die Verhältnisse, die sich in diesem Staate und in den anderen kapitalistischen Staaten Europas in den letzten Jahrzehnten entwickelt haben, und wir müssen es gutheißen und verteidigen, wenn sich heute die Mütter weigern, Kinder in diese Welt zu setzen, in der die Kinder zu Tausenden und Hunderttausenden dem Untergang preisgegeben werden. Man bestraft die künstliche Unterbrechung der Schwangerschaft, man bestraft es, wenn die Geburt von Kindern verhindert wird, aber man bestraft es nicht - im Gegenteil, diese Gesellschaftsordnung fordert es und macht es notwendig - daß die Kinder, die in diese Welt gesetzt werden, zugrunde gerichtet werden durch die Gesellschaftsordnung, durch den Druck des Kapitalismus, unter dem Millionen Menschen auf dieser Erde leben müssen. Können wir uns darüber wundern, können wir es den Frauen verargen, wenn sie sich weigern, Kinder zu gebären in einer Zeit, in der nach wie vor auf der einen Seite der Staat die Kinder braucht, um sie auf das Schlachtfeld hinauszujagen, in der unser bürgerlich-kapitalistisch-militärischer Staat darüber klagt, daß zuwenig Kinder auf die Welt kommen, weil er fürchtet, daß er zuwenig Kanonfutter haben werde, auf der anderen Seite das Unternehmertum davor zittert, daß die Zahl der Arbeiter, die draußen vor den Toren der Fabrik srehen, daß die Reservearmee von Arbeitern, die es ermöglicht, einen Druck auf die Arbeiter auszuüben, die Arbeitsbedingungen zu verschlechtern, daß diese Armee verkleinert werden könnte. Das sind die Gründe, die heute die bürgerliche Gesellschaft dahin bringen, sich mit den Mitteln des Strafgesetzes, der Paragraphen gegen die Herabsetzung der Kinderzahl zu wehren. Aber das wird dieser Gesellschaft nichts nützen und wenn Sie 20 Jahre Kerker auf die künstliche Unterbrechung der Schwangerschaft setzen und wenn Sie die Todesstrafe darauf setzen und wenn Sie ihre Richter und Staatsanwälte anweisen, mit der unerbittlichsten Schärfe vorzugehen gegen die Mütter, die einerseits sich befreien wollen von einer Last, die andererseits die Kinder schützen wollen davor, daß sie in dieser Gesellschaft mit Hunden durch das Leben gehetzt werden; diese Gesetzesparagraphen werden Ihnen nichts nützen, denn stärker als all das sind die sozialen Kräfte, die in der Bevölkerung leben und die die Menschen geradezu zwingen, die Kinderzahl herabzusetzen.

Die Zahl der Fruchtabtreibungen hat in den letzten Jahrzenten ungeheuerlich zugenommen. Man kann mit Fug und Recht behaupten, daß gegenwärtig nur die Hälfte der Schwangerschaften zu ihrem natürlichen Ende kommt, daß die and ere Hälfte vorzeitig unterbrochen wird. Es ist nachgewiesen worden, daß in Deutschland jedes Jahr mindestens 2 Millionen Fruchtabtreibungen vorkommen, man schätzt die Zahl der Fruchtabtreibungen in der Èechoslovakei auf 100.000, aber dies ist viel zu gering; wir wissen, daß wenigstens hier bei uns in Böhmen, in den Industriegegenden und Städten die Abtreibung eine viel, viel höhere Zahl erreicht. Nicht das Sinken der Moral ist schuld, im Gegenteil, ich halte das für ein Zeichen dafür, daß das Verantwortungsgefühl der Menschen gestiegen ist, daß sie nicht mehr Kinder in die Welt setzen, die sie nicht ernähren können, die sie nicht pflegen können, denen sie keine Unterkunft geben und keine Erziehung angedeihen lassen können. Darum helfen die Paragraphen nichts. Dieser § 144, den wir heute schlankweg für eine Infamie erklären können, weil er das fürchterlichste Unglück über die Menschen heraufbeschworen hat, dieser § 144 ist nicht imstande, auch nur eine künstliche Unterbrechung der Schwangerschaft zu verhüten. Aber er richtet unsägliches Unheil an. Tausende und Abertausende von blühendem Menschenleben fallen Jahr für Jahr diesem unseligen Paragraphen zum Opfer. Anstatt daß die Frauen, die ihre Schwangerschaft unterbrochen haben wollen, hingehen zu dem fachkundigen Arzt, anstatt daß der Eingriff dort vorgenommen wird, wo er vorgenommen werden soll, im Krankenhaus oder in einer Anstalt, wird er vorgenommen verstohlen. Anstatt daß er vorgenommen wird nach den Regeln der Kunst und Wissenschaft, wird er vorgenommen durch die allerschlechtesten gefährlichsten Eingriffe. Das ist die Wirkung des § 144, so wie er sich in der großen Masse der Bevölkerung auswirkt. Freilich, die Frauen derjenigen, die immer darüber jammern, daß die Zahl der Kinder von Jahr zu Jahr abnimmt, die aber selbst nur ein oder zwei Kinder haben, die Frauen dieser Führer des Bürgertums und des Kapitalismus, diese Frauen fallen dem § 144 nicht zum Opfer, sie brauchen auch nicht zu erwerbsmäßigen Abtreiberinnen oder zum alten Weib zu gehen, das draußen am Dorf verstohlen die Fruchtabtreibung vornimmt und dabei die Frauen krank und siech macht und sie zu Tode befördert, die brauchen das nicht, nein, die gehen in Prag, Berlin und Wien ins Sanatorium; wenn Sie wollen, kann ich Ihnen später unter vier Augen die Namen dieser Sanatorien mitteilen. Diese Frauen gehen, wie erwähnt, ins Sanatorium, dort wisd der Eingriff ganz kunstgerecht nach den Erfordernissen der Wissenschaft und mit aller Vorsicht, die notwendig ist, vorgenommen, von ausgezeichneten Fachmännern, so daß alle Vorsicht aufgeboten wird, damit nichts passiere, und vielleicht schickt der Herr Staatsanwalt und der Herr Oberlandesgerichtsrat die Frau Gemahlin auch in das Sanatorium und des anderen Tages setzt er sich hin und verurteilt eine arme Hebamme und eine arme Proletarierin, die es nicht so gut hatten, die irgendwo draußen den § 144 haben verletzen müssen. So schauen die Zustände aus in diesem Staate, aber nicht nur in diesem Staate, ich will das nicht auf den Staat schieben; nicht die Èechoslovakische Republik ist daran schuld; so spielt es sich ab in allen kapitalistischen, militaristischen Ländern Europas, und darum kann eine Änderung nur herbeigeführt werden dadurch, daß wir diesen unseligen Paragraphen wegschaffen. Die Abnahme der Kinderzahl können wir nicht durch Gesetzesparagraphe aus der Welt schaffen, wir können sie nicht aus der Welt schaffen durch kleine Palliativmittel. Ich bin kein Verteidiger der Fruchtabtreibung, als Arzt halte ich die Fruchtabtreibung für einen brutalen Eingriff, den wir nach Tunlichkeit vermeiden sollen; vermeiden und aus der Welt schaffen aber können wir sie nicht dadurch, daß wir sie unter Strafe stellen, sondern nur dadurch, daß wir die sozialen Verhältnisse ändern, unter denen die Menschen heute zu leben gezwungen sind.

In einer Welt, in der das Menschenleben, in der das Individuum nichts mehr gilt, in dieser Welt werden Sie die Fruchtabtreibung niemals vermeiden können. Und es ist eine elende Moral, wenn man die Fruchtabtreibung verwirft und bestraft, wenn man hier gegen die Fruchtabtreibung spricht, wenn man auch draußen in den Zeitungen klagt über die Abnahme der Kinderzahl und über die zunehmende Unfruchtbarkeit der Frauen, und wenn man dabei trotzdem Tag für Tag zugibt, daß Menschenleben mit Füßen getreten werden, daß über das Glück einzelner hinweggegangen wird. Der Mann da oben (ukazuje na sochu presidenta Masaryka), hat die Humanität zum Ideal erhoben und er hat an irgend einer Stelle seiner Bücher gemeint, auch das èechische Volk gehört zu denjenigen, die das Humanitätsideal hochhalten und pflegen. Er meint, bei den verschiedenen Völkern hat sich das in verschiedener Weise zum Leben durchgesetzt, bei den westlichen Völkern zeige sich die Humanität durch die Philosophie und Sittlichkeit, beim deutschen Volke durch den Sozialismus und beim èechischen Volk seit der Brüdergemeinde durch die Religiosität.

Meine Herren, ich muß Ihnen schon sagen, von Humanität habe ich in diesem Staate noch verflucht wenig bemerkt. Hier geht man über Existenzen rücksichtslos hinweg und die Liebe zu den Nebenmenschen, die der Grundsatz der Humanität zu sein hat, ist hier nicht zu sehen. In der modernen Welt jagt man Phantomen nach, das eine heißt Nation, das andere Staat, und so hat jeder sich einen Popanz aufgerichtet, vor dem er kniet und betet, und über diesem Fetisch ist das Leben, ist der Mensch, ist die Humanität zugrunde gegangen. Nicht der Mensch ist das Höchste, die Menschen werden zu Tausenden hingeopfert irgend welchen selbstaufgerichteten Idealen zuliebe. Das sehen wir die ganze Geschichte der Neuzeit sich hindurchziehen, wie einen roten Faden und es kann und wird nicht anders werden, solange wir unter der heutigen Wirtschaftsordnung leben.

Die Fruchtabtreibung, die Abnahme der Kinderzahl ist ein Symptom der Fäulnis dieser Wirtschaftsordnung. Diese Wirtschaftsordnung zieht diese Probleme selbst groß, sie ruft sie hervor und ist nicht imstande, sie zu beherrschen, nicht imstande, sie zu heilen.

Und darum verwerfe ich die Klagen derjenigen, die es als Unglück empfinden, wenn die Zahl der Kinder und damit die Zahl der Menschen abnimmt. Wo ist das Unglück? Ein Unglück ist es natürlich für diejenigen, die die Kinder brauchen, um damit die Kasernen zu füllen, und für diejenigen, die die Kinder des Proletariates brauchen, damit sie genug Ausbeutungsobjekte haben; ein Unglück ist es für diejenigen, für die die Größe des Staates darin besteht, daß er in der Welt imperialistisch auftritt, daß er mit den Großmächten Arm in Arm spazierengehen kann, daß sein Name in Genua, Locarno und weiß Gott wo genannt werden kann. Ich sehe die Größe und das Glück des Staates in etwas anderem. Der Staat besteht aus Individuen und nur im Glück des Individuums, nur im Glück der Gesamtheit der Menschen, die im Staate leben, liegt auch die Größe, liegt das Glück, liegt die Zukunft des Staates. Warum soll der Staat, der mehr Menschen hat, glücklicher, reicher und größer sein, als der mit wenigen Menschen? Ich sehe das nicht ein. Finland ist ungefähr zweieinhalbmal so groß wie die Èechoslovakei und hat im ganzen 3 1/2 Millionen Einwohner, also gerade so viel, als in der Èechoslovakei Deutsche leben - nach Ihrer Meinung haben Sie ja kein Recht, hier zu leben, aber vorläufig sind sie nun einmal da. Ich kann Ihnen sagen, daß die Finen zumindest so glücklich sind, wie die Menschen in der Èechoslovakei, daß Finland ein konsolidierter wohlhabender Staat ist, der in der Welt geachtet wird; ich hätte ebenso gut Schweden, Norwegen, Dänemark oder irgendeinen anderen der kleinen Staaten nennen können. Ich sehe nicht ein, warum es den Menschen in diesen kleinen Staaten weniger gut gehen soll und warum so ein Staat mit wenigen Menschen nicht ebenso in der Weltkultur die Rolle spielen soll, wie ein Staat mit vielen Menschen. Es ist eine ganz falsche Konstruktion, daß wir nur trachten müssen, recht viele Menschen zu haben, die den Staat bevölkern. Nicht die Zahl der Menschen braucht in einem Staate groß zu sein. Groß muß sein in einem Staate die Produktivität im Verhältnis zu seiner Größe und zur Zahl seiner Einwohner. Davon hängt es ab, auf welcher Grundlage dieser Staat beruht. Die Produktivität des Staates wird aber nicht dadurch gesteigert, daß viele Menschen da sind, daß viele Kinder geboren werden, von denen der größte Teil wieder vorzeitig stirbt. Im Gegenteil, das Glück und die Zukunft des Staates beruht auf dem seltenen Generationenwechsel, darauf, daß Kinder geboren und großgezogen werden, die gesund, stark und leistungsfähig sind, daß etwas aus ihnen wird, daß sie der Gesellschaft gute Dienste leisten, und nicht, daß sie als Produktionsmittel vom Kapital ausgebeutet werden zugunsten des Objektes, das heute in der Welt das höchste ist.

Wir empfehlen nicht den Gebärstreik, wir sagen nicht, daß keine Kinder mehr auf die Welt kommen sollen, wir sagen das schon nicht im Interesse des Proletariates, das dadurch Gefahr läuft, daß Arbeiter aus anderen Ländern und anderen Gegenden herangezogen werden, gewöhnlich minderkultivierte, minder anspruchsvolle Arbeiter, die die Löhne drücken, die die Organisationen der Arbeiter schwächen. Wir empfehlen nicht den Gebärstreik, aber wir empfehlen die bewußte Beeinflußung der Zahl der Nachkommenschaft. Wir leben heute in der Zeit der Rationalisierung der Welt und das, meine Herren, werden weder Minister, noch Volkswirtschaftler durch Reden, durch Zeitungsartikel und Brochüren ändern können. Viel zu oft liegen die Ursachen dafür verankert in den Fortschritten der Wissenschaft, in der Popularisierung der Wissenschaft. Wir empfehlen heute die Rationalisierung auch auf diesem Gebiet, wir wollen, daß so viele Kinder auf die Welt kommen, als unter den Produktionsverhältnissen des Staates und der Gesellschaft ein auskömmliches Dasein finden können. Die Gesellschaft soll und darf nicht mehr Kinder aufziehen, als sie zu ernahren, bekleiden und erziehen imstande ist. Das ist die Lösung des Problems. Dieses Problem so zu lösen, dazu ist aber die Wirtschaftsordnung, unter der wir leben, nicht geeignet, und darum wird vielleicht an diesem Problem auch die gegenwärtige sogenannte Kultur zugrunde gehen, so wie einstmals schon die altrömische Kultur daran zugrunde gegangen ist, daß sie wegen ihrer Fäulnis dieses Problems nicht mehr Herr werden konnte. Auch dort hat die Fäulnis bewirkt, daß bewußte Entvölkerung eintrat. Dann kamen die feindlichen Horden und haben die an Zahl und Kraft herabgekommene Bevölkerung leicht niedergeworfen. Es ist sehr leicht möglich, daß auch unserer europäischen Kultur diese Gefahr droht, wenn es nicht möglich ist, daß diese Kultur in sich die Kraft aufbringt, den einzigen Weg zu gehen, der sie aus dieser Gefahr befreien kann. Die Liebe, die der Humanismus verlangt, diese Liebe zu den Menschen, zu allen Menschen ohne Unterschied der Sprache, ohne Unterschied der Farbe ihrer Haut, ohne Unterschied ihrer Abkunft und ihrer Herkunft, diese Liebe predigt heute einzig und allein der Sozialismus. Und nur, wenn der Sozialismus sich die Kulturwelt erobert, wird es möglich sein, daß die Kultur, die heute von den schwersten Gefahren bedroht ist, gerettet wird. Heute leben wir in dieser Gesellschaft, die dieses Problem zu meistern nicht imstande ist, und darum müssen wir verlangen, daß in dieser Gesellchaft diesem Schandparagraph, dieser Klassenjustitz, die den armen Teufel bedroht, während der Wohlhabende sich ihr entzieht, daß dieser verlogenen Moral, die von dem anderen verlangt, was man selbst zu leisten nicht willens ist, ein Ende gemacht wird.

Sie werden mich nicht für so beschränkt halten zu glauben, daß die fünf Koalitionsparteien, die heute in diesem Staat das Heft in Händen haben, sich zu einem solchen Schritt aufraffen können. Ich weiß, wie es in der Koalition aussieht, ich weiß, daß sie ganz andere, viel leichtere Probleme zu meistern nicht imstande ist, ich weiß daher auch, daß sie sich an eine solche Frage nicht heranwagen wird, obwohl jeder ruhig denkende und fühlende Mensch zugeben muß, daß die Lösung dieser Frage ein dringendes Problem ist. Die Koalition wird sie nicht lösen, aber ich habe die feste Hoffnung, daß doch eines Tages die Herrschaft dieser Koalition gebrochen werden wird, daß endlich und schließlich Klarheit des Wegs und Zielsicherheit sich auch in diesem Staate durchringen werden. Ich hoffe es, weil wir in diesem Staate leben und heute auf Gedeih und Verderb mit ihm verbunden sind. Ich hoffe es, daß hier eine Tages die wahre Humanität sich Bahn brechen wird und daß dann auch hier der wahre Völkerfrühling hereinbrechen wird, aber erst an dem Tage, wo hier wiederum andere Menschen die Politik machen werden, Menschen, die nicht so tief versunken sind in die Anbetung der falschen Götzen, die aufgerichtet worden sind, der Götzen des Imperialismus, der Götzen des Nationalismus und aller dieser durch den Krieg noch krasser gewerdenen Sünden, die uns heute das Leben so schwer machen, nicht nur uns Deutschen, nein, sondern Millionen von Menschen, die hier unter dem Druck, der ausgeübt wird, seufzen. Eines Tages wird es ja hier anders werden und dann, meine Damen und Herren, dann wird auch die Frage des Nachwuchses, dann wird auch die Frage der Population hier gelöst werden können. (Souhlas a potlesk na levici.)

7. Øeè posl. Johna (viz str. 1198 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Das Staatsbudget, das vorgelegt worden ist, sollte eigentlich das Spiegelbild unserer ganzen Volkswirtschaft sein. Wenn man die Ziffern oberflächlich betrachtet, vor allem die Schlußziffern, sieht es auch aus, als wenn unsere Volkswirtschaft hier in diesem Staate glänzend sein würde. Es wurde bereits von unseren Rednern in der Generaldebatte sowie von den Oppositionsrednern in der Spezialdebatte darauf hingewiesen, was in diesem Staate in Bezug auf unsere Volkswirtschaft Not tut. Es wurde darauf hingewiesen, daß riesige Fehler gemacht wurden, die zu verhüten gewesen wären, wenn man in diesem Staate mit vollem Ernst arbeiten, wenn man nicht auf dem Justamentstandpunkt stehen würde, daß das, was von der Opposition angeraten wird, schlecht ist, daß nur das gemacht werden darf, was die Koalitionsparteien oder vielmehr die "Pìtka" beschließt. Es wurde heute und auch in den früheren Tagen der Debatte besonders auf den Handelsvertrag mit Polen hingewiesen und erklärt, daß der Abschluß dieses Vertrages eine Übervorteilung der èechischen Wirtschaftspolitik ist. Polen erzeugt jährlich 50 Millionen Tonnen Kohle, sein Bedarf macht 20 Millionen aus, somit ist ein Überschluß von 30 Millionen vorhanden, den es absetzen muß. Die polnische Regierung hat es verstanden und versteht es, bei Abschluß von Handelsverträgen ein besonderes Gewicht darauf zu legen, daß auch ihre Kohle im Ausland soviel als möglich abgesetzt werde. Das hat dazu geführt, daß während der Verhandlungen Polens mit Deutschland eine vertraglose Zeit eingetreten ist, weil Deutschland den Wünschen Polens nicht Rechnung tragen wollte. Bei uns war man rasch fertig, es wurde sehr rasch ein Vertrag abgeschlossen, und die Folgen haben wir zu spüren bekommen. Der Herr Arbeitsminister hat auf die Ausführungen unserer Redner im Budgetausschuß geantwortet, es stimme, daß in der Kohlenbewi rtschaftung eine Krise besteht, daß aber daran verschiedene Umstände schuld sind, die nicht auf Seite der Regierung liegen. Er hat darauf hingewiesen, daß besonders der Vermehrung der Kohleneinfuhr von Polen nach der Èechoslovakei zugestimmt worden ist, daß aber das gestattete Quantum höchstwahrscheinlich nicht eingeführt werden wird. Polen führt 60.000 Tonnen ein, wir selbst führen nach Polen monatlich durchschnittlich nur 558 Tonnen aus. Man sieht hier schon bei dieser Ziffer den kolossalen Unterschied, die besondere Übervorteilung unserer Kohlenwirtschaft, vor allem aber auch die Folgen, die daraus entstehen und die schon öfters aufgezeigt wurden, daß dadurch Tausende von Bergarbeitern brotlos gemacht werden. Die verschiedenen Begünstigungen, die man Polen gemacht hat, tragen wesentlich dazu bei, das Bild noch zu verschlechtern.

Es wurde schon auf das Tarifwesen hingewiesen. Wir haben heute 30 bis 60% höhere Tarife als die anderen Staaten. Wenn man die Staaten ins Auge faßt, die da hauptsächlich in Betracht kommen, so zeigt sich, daß sie mindestens 37 bis 40en, oder mehr als 40% höhere Tarife haben. Wir haben darauf schon hingewiesen, daß die Kohlenststeuer ein besonderes Hindernis ist, um unsere Kohle auch im Ausland absetzen und konkurrenzfähig bleiben zu können. Wir haben im Budget eine Einnahme aus dieser Steuer präliminiert, wobei aber gleichzeitig zugegeben wird, daß dieser Betrag nicht hereingebracht werden kann. Wenn man die Abschreibung, die man macht, und das was übrig bleibt, in Betracht zieht, müssen wir sagen, daß die Forderung nach Abschaffung der Kohlensteuer überhaupt keine wesentliche Einbuße im Budget diese Staates bedeuten würde; denn sie bedeutet höchstens eine Belastung für den Absatz im Inneren dieses Staates.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch darauf hinweisen, daß eine Regelung der Wasserkraftsteuer notwendig wäre. Ich spreche nicht etwa im Interesse der Industriellen; aber wenn die Wasserkraftsteuer gewisse Betriebe belastet, so leidet die Arbeiterschaft durch diese Steuer besonders; denn die kolossale Wasserkraftsteuer hat zur Folge, daß man Ersparnisse an den Arbeitern macht, die Steuer wirkt lohndrückend.

Wenn die Kohlensteuer geregelt wird, so ist es selbstverständlich, daß man auch die Wasserkraftsteuer entsprechend regelt, damit auch die Industrie bestehen kann, die von Wasserkraft abhängt. Wir müssen weiters vor allem verlangen, daß die Einkommensteuer entsprechend geregelt wird; sie belastet besonders die Arbeiter. Im Budgetausschuß ist gesagt worden, daß die Steuer nicht in der präliminierten Höhe hereingebracht werden kann. Das ist vollständig ausgeschlossen, und es ist eine besondere Härte, daß man den Arbeitern, die sich mit wenig Lohn zufrieden geben müssen, diese Steuer förmlich mit Gewalt abjagt. Es ist hart, wenn man Arbeitern, die vielleicht nur einige Monate im Jahre gearbeitet und infolge dessen große Einbuße am Einkommen erlitten haben, ganz einfach die Steuer willkürlich vorschreibt. Gesuche um Steuernachlässe sind meist unerledigt geblieben. Es wäre an der Zeit, daß man unserer Forderung, die Abschreibung der Steuer aus früheren Jahren vorzunehmen und vor allem das Existenzminimum hinaufzusetzen, entspricht.

Nun zu dem Abschluß von Verträgen. Schon wiederholt haben wir und auch jetzt während der Spezialdebatte auf die Notwendigkeit hingewiesen, rechtzeitig und rascher Handelsverträge mit anderen Staaten abzuschließen, damit sich unsere Volkswirtschaft hebt, insbesondere darauf, daß wir auch mit Rußland endlich einmal in geordnete Verhältnisse kommen. Interessant ist nun, was der russische Volkskommissär Èièerin anläßlich seines Aufenthaltes in Berlin ausländischen Vertretern bezüglich der Èechoslovakei sagte: "Was die Èechoslovakei anbelangt, so ist das ein Land, dessen Vertreter einzig in Moskau nur de facto und nicht de jure anerkannt sind, was ein großes Hindernis für die Entwicklung normaler Beziehungen bedeutet. Das wirkt natürlich auf die Handelsbeziehungen ungünstig ein, denn diese erfordern geordnete diplomatische Verhältnisse." In diesem Zusammenhang erwähnt Èièerin einen jüngst in Prag gefällten Urteilspruch, wonach russische Rechte auf Grundstücke nicht anerkannt werden, weil die russische Regierung von der èechoslovakischen Regierung nicht anerkannt sei, ein Beispiel dafür, wie auf volkswirtschaftlichem Gebiet das Fehlen diplomatischer Beziehungen schaden kann. Das gleiche haben wir schon oft im Hause und in den Ausschüssen gesagt, wir verpassen die russischen Möglichkeiten und Gelegenheiten überhaupt. Man mag sich zu einem Staat oder seiner Verwaltung stellen wie man will, vor allem muß man aber mit ihm in wirtschaftliche Beziehung treten, damit man Gelegenheit findet, die Erzeugnisse bei ihm abzusetzen. Die anderen Staaten schließen mit Rußland ab und machen ihr Geschäft dabei, während wir hinterdrein kommen und für uns nichts mehr übrig bleibt.

Ich möchte noch ein anderes Kapitel anziehen, und Sie werden ein wenig Kritik gestatten. Bei den Beratungen über die Festsetzung von Steuern erfährt die Öffentlichkeit nichts, in kleinem Kreise werden Abmachungen getroffen, die für die Bevölkerung von höchstem Schaden sind. Ich verweise da auf das Spiritusabkommen. Die Steuer wird festgesetzt mit 380 Millionen. Der Preis für den Erzeuger wird festgelegt, die Regierung macht ein Geschäft dabei, sie bekommt 250 Millionen Kronen. Die Steuer beträgt 646 Kronen, was die Regierung einstreicht. Dasselbe Beispiel sehen wir beim Zucker. Die Zuckersteuer beträgt 172 Millionen Kronen, von dem Verkauf selbst, wiederum durch ein Abkommen mit den Fabrikanten, den Erzeugern, wird eine Einnahme von 200 Millionen extra erzielt. Der Zucker hätte billiger sein können, auf dem Weltmarkt draußen ist das Kilogramm viel billiger. Aber der Preis wird festgesetzt, die Regierung macht ein Geschäft, der Konsument kann zahlen. Da interessiert uns ein Artikel, der in der gestrigen Nummer der "Bohemia" erschienen ist, vorüber man Aufklärung erhalten muß:

"Es wird uns aus informierten Kreisen versichert, daß die 600 Millionen, die die Staatsangestelltenvorlagen erfordern, auch wirklich bereits im Budget in verschiedenen Teilen aufgenommen worden sind. Vor einigen Tagen hieß es, Finanzminister Beèka habe im nationaldemokratischen Abgeordnetenklub erklärt, die Bedeckung sei bereits gefunden. Die gutinformierten "Lidové Noviny" schreiben, diese Erklärung Beèkas sei eine bloße Geste, d. h. nur leere Worte, Beèka habe als Bedeckung wieder eine Erhöhung der Zuckersteuer in Aussicht genommen, wodurch sich das Kilogramm Zucker um nicht weniger als 1·30 Kè, nach einer anderen Version sogar um 1·80 Kè erhöhen soll." Meine Herren und Damen! Wenn das der Fall sein sollte, wenn man di esen Raubzug auf die Taschen des Volkes plant, werden Sie einen Sturm erleben, den Sie vielleicht noch nicht gesehen haben. Es geht nicht an, daß wir hier im Staate eine kolossale Produktion von Zucker haben - man schätzt die Produktion um 1·7 Millionen q höher als im Vorjahre - und daß man hier noch den Zucker erhöht, während er auf dem Weltmarkt so billig ist. Man wird sich das vi elleicht nicht trauen, da man vielleicht vor den Wahlen steht. Ich begreife, daß man jetzt drängt, das Budget vor den Wahlen fertigzumachen, um dann nach den Wahlen den geplanten Raubzug auf die Taschen der Bevölkerung vorzunehmen. (Pøedsednictví se ujal pøedseda Tomášek.)


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