Pondìlí 5. øíjna 1925

Wiewohl von allen Vertretern der Koalitionsparteien und so auch vom Generalberichterstatter Dr. Srdínko, von den noch heuer stattfindenden Wahlen gesprochen wurde, ist es immerhin noch sehr zweifelhaft, ob diese auch tatsächlich stattfinden. Kann dieses Feilschen und Handeln um den Zeitpunkt der Ausschreibung der Neuwahlen nicht auch ein bloßes Manöver sein? Kann nicht auch der Fall eintreten, daß die Machthaber dieses Staates einfach erklären: Wir haben den Staatsvoranschlag unter Dach und Fach gebracht und fühlen uns wirklicht nicht veranlaßt, momentan zu Neuwahlen schreiten zu müssen?

Wiewohl auch der vorliegende Staatsvoranschlag wiederum nur auf ein fiktives Ziffernmaterial aufgebaut ist, so ist er auch nach der Meinung der Koalition schon in das sogenannte Gleichgewicht gebracht worden, ja er schließt sogar mimit einem Überschusse von 15 Millionen Kè ab, was natürlich bei genauer Betrachtung nichts anderes bedeutet, als eine Augenauswischerei, um in erster Linie dem heute auch schon sehr unzufriedenen èechischen Volk zu beweisen, daß angeblich die Wirtschafts- und Finanzpolitik von besonders befähigten Köpfen geleitet wird. Dem Auslande gegenüber will man dadurch vorflunkern, daß dieser Staat vollkommen konsolidiert erscheint, wenn es gilt, wieder irgendeine Auslandsanleihe herauszuschinden.

Meine Damen und Herren! Sie können versichert sein, daß wir Ihr Spiel kennen und die Überzeugung, daß der Staatsvoranschlag 1926 für Sie nur dazu dienen wird, um ihn gewissermaßen als Agitationsmittel für die kommenden Parlamentswahlen zu verwenden, können Sie uns nicht nehmen. Das gesamte deutsche Volk sowie auch die anderen Minderheiten in diesem Staate, welche Sie durch fast 7 Jahre nie als gleichberechtigte Bürger eines demokratischen Staates zur Geltung kommen ließen aud auf deren nationale, kulturelle und wirtschaftliche Entrechtung Sie hinwirken, werden Ihnen das Märchen von der Konsolidierung dieses Staates niemals glauben, ja selbst Teile des èechischen Volkes lernen diesen Trugschluß erk nnen. Es ist somit vollkommen richtig, wenn von deutscher Seite erklärt wird, daß Ihrem Staate von der Opposition nicht der Schaden gebracht werden kann, den Sie sich durch Ihre unaufrichtige Wirtschafts- und Finanzpolitik selbst bringen. Es muß wiederholt werden, daß die im Verlauf der verflossenen Periode geschaffenen Gesetze dieses Parlamentes, in welchen alle sachlichen Anträge und Abänderungsanträge der Oppositionsparteien restlos niedergestimmt wurden, den Charakter einer gewissen Einseitigkeit zugunsten des herrschenden Volkes tragen. Um Ihnen, meine Damen und Herren, ein krasses Beispiel vor Augen führen zu können, erlaube ich mir, auf das von Ihnen geschaffene Gesetz über die angeblich entgültige Regelung der Kriegsanleihe hinzuweisen. Auf Grund dieses Gesetzes bekam nur denjenige die seinerzeit unter Zwang gezeichnete Kriegsanleihe eingelöst, welcher am 1. März 1919 kein größeres abgabepflichtiges Vermögen als 25.000 K besaß. Welch große Ungerechtigkeit in dieser Bestimmung liegt, beweist folgendes: Ein Haushaltungsvorstand, der am 1. März 1919 ein Vermögen von, sagen wir 26.000 K besaß und durch Krankheit sowie sonstige Unglücksfälle im Laufe der nächstfolgenden Jahre dieses Vermögen gänzlich verlor und heute seinen und seiner Familie Unterhalt elend fortfristen muß, bekam, wenn er Kriegsanleihe besaß, diese nicht eingelöst. Besaß hingegen ein anderer am 1. März 1919 ein Vermögen unter 25.000 K, das im Laufe der Jahre durch Erbschaft oder sonst durch irgendwelche glückliche Umstände zu Millionen angewachsen ist, bekam er bis zu einem gewissen Höchstbetrage die Kriegsanleihe eingelöst. Schon daraus ist deutlich zu ers ehen, mit welcher überstürzten Hast in diesem Hause Gesetze geschaffen werden und es ist daher immer und immer wieder notwendig, die gesamte rechtlich fühlende Welt auf diese Ungerechti gkeiten aufmerksam zu machen; und das geschieht unter der angeblichen Ägide einer sich demokratisch nennenden Regierung mit sozialem Einschlag. Es darf daher nicht wundernehmen, daß der bei solchen armen und verlassenen Familien aufgespeicherte Haß früher oder später gegenüber den derzeitigen Machthabern zur Auswirkung kommen muß. Ein weiteres, vor nicht all zu langer Zeit beschlossenes Gesetz ist das über die Einführung von Gebühren bei Amtshandlungen in Verwaltungssachen, deren Auswirkungen in der Praxis sicherlich zu großen Übeln und Mißständen führen werden. Es klingt fast unglaublich, daß man die Bemessung der Höhe solcher Gebühren vollkommen dem eigenen Ermessen der einzelnen Beamten überläßt, die doch sicherlich - insbesondere dann, wenn es sich um chauvinistische Beamte handelt - innerhalb der vorgeschriebenen Gebührengrenze nicht immer mit der erforderlichen Objektivität vorgehen dürften. So ist bestimmt anzunehmen, daß die deutsche Bevölkerung für die Inanspruchnahme der Behörden zur Durchführung gewisser Amtshandlungen stets die höchsten Gebühren vorgeschrieben erhalten wird, während man hingegen die Bürger Ihres Volkes in jeder Weise begünstigen wird, wie es schon vielfach die Vergangenheit in anderen Dingen bewiesen hat. Es liegt weiters klar auf der Hand, daß man gerade durch dieses Gesetz dem deutschen Handwerker sowie dem deutschen Kaufmann auch nach dieser Richtung hin die Existenzmöglichkeit zu erschweren suchen wird.

Daß überhaupt dem deutschen Gewerbeund Kaufmannstande eine mangelhafte Berücksichtigung zuteil wird, beweist die geringe Einstellung für die Gewerbeförderung im diesjährigen Staatsvoranschlage. Während der Periode der derzeitigen Regierung hat man es verstanden, unseren Ständen schwere Lasten aufzuerlegen, ohne dabei zu berücksichtigen, daß denselben auch in vollkommen gerechter Weise hilfreiche Hand geboten werden muß. So hören wir nur immer die schönen Worte von der Errichtung einer Zentralkassa für das kleingewerbliche Kreditwesen, die jedoch bis heute noch immer nicht in die Tat umgesetzt wurde. Die kleingewerbliche Kreditorganisation hat gehofft, daß nunmehr dem Gewerbe- und Handelsstande billiger Kredit zur Verfügung gestellt werden wird, und gerade jetzt in dieser ußerordentlich großen Geldknappheit, wo der Gewerbestand auf seine Außenstände lange warten muß und daher Betriebskredite benötigt, wäre ein rascher Beginn der Tätigkeit von großem Nutzen für den Gewerbe- und Handelsstand. Darin ist nur wieder eine notorische Absicht erkennbar, den Gewerbestand im Staate als ein notwendiges Übel zu betrachten, der nur dann beachtet wird, wenn von ihm finanzielle Mittel usw. gefordert werden. Bei der Errichtung einer Zentralkassa für das gewerbliche Kreditwesen wird der deutsche Gewerbestand mit vollem Rechte im Interesse er gedeihlichen Entwicklung unbedingt die nationale Teilung fordern.

Die vom Ernährungsministerium eingesetzten Wucherkommissionen, welche das Budget dieses Staates auch nicht minder belasten, erachtet der Kaufmanns- und Gewerbestand als vollkommen überflüssig, da die berechtigten Kleinhandelspreise bei den jetzt normalen Marktverhältnissen ohnedies durch das bekannte kaufmännische Prinzip von Angebot und Nachfrage von selbst auf das Mindestmaß herabgesetzt werden. Aufgrund der in der Revolutionszeit gegebenen Versprechungen ist vermutlich für den Staat die Verpflichtung erwachsen, Angehörigen des èechischen Volkes gewisse einträgliche Stellen zu verschaffen, was bei Errichtung der Wucherkommissionen auch voll und ganz zutreffen dürfte. Bezeichnend für die Qualität solcher Organe sind wohl mehrere vorgekommene Fälle von Wucheranzeigen, die von Seite der Staatsanwaltschaft als unverständlich einfach ad acta gelegt werden mußten. Der Beweis, daß diese Wucherkommissionen den Konsumenten bei den heutigen Verhältnissen gar keine Vorteile bieten, kann jederzeit erbracht werden und wäre somit sofort an die Abschaffung dieser unnötigen Einrichtung zu schreiten.

Die Koalition hat in ihrer erhabenen Machtvollkommenheit durch die Mehrheit in diesem Hause ein Gesetz über die Alters- und Invaliditätsver sicherung der selbständig Erwerbstätigen beschließen lassen, ohne dabei die gerechten Wünsche und Forderungen des Gewerbe- und Kaufmannstandes zu berücksichtigen. Dieses Gesetz bedeutet in seiner Gesamtheit eine Belastung für den Gewerbestand und für uns Deutsche eine unverantwortliche Verletzung der nationalen Rechte. Der deutsche Gewerbestand wird deshalb nicht ruhen und nicht rasten, bis dieses Gesetz seinen gerechten Forderungen entsprechend einer Novellierung zugeführt wird.

Ein einzig dastehendes Kapitel, das gerade die arbeitenden und erwerbenden Schichten des Mittelstandes betrifft, ist die Steuergesetzgebung. Ich will hier nicht mit vielen trockenen Ziffern operieren, wie es der Herr Unterrichtsminister anläßlich der Debatte über die Schuldrosselung zwecks versuchter Entkräftung der vollauf begründeten Beschwerden der Deutschen in diesem Staate getan hat, sondern mich bloß auf die Tatsache beschränken, daß die Steuern und Abgaben unter dieser glorreichen Regierung und unter dem Diktate der Finanzpìtka von Jahr zu Jahr eine ziemliche Erhöhung erfahren haben und heute einen derartigen Stand erreichen, der der gesamten Volkswirtschaft eine übermäßige Belastung auferlegt, wodurch die Konkurrenzfähigkeit gegenüber dem Auslande herabgedrückt wird. Die Gegenwart und auch die Zukunft steht für jeden Steuerzahler in keinem rosigen Lichte und ich sehe mich veranlaßt, die Erklärung abzugeben, daß niemand imstande sein wird, auf die Dauer die ungeheuerlich hohen Steuern bezahlen zu können, selbst bei Anwendung von Gewaltmitteln, was die bereits genehmigten Steuerausgleiche beweisen. Schon die ansteigende Bewegung im Staatsvoranschlage des letzten Jahres läßt sich durch nachfolgende Zahlen beweisen. Die allgemeine Erwerbsteuer wurde gegenüber dem Vorjahre um 3 Millionen Kè erhöht. Soll damit eine staatliche Gewerbeförderung gemeint sein? Oder meint vielleicht die hohe Regierung dadurch zum Schutze unserer kleinen Gewerbetreibenden beitragen zu wollen? Der Ansicht bin ich nicht. Denn den deutschen Gewerbetreibenden auf der einen Seite fast gänzlich von der Bewerbung von Staatslieferungen auszuschließen und ihn noch auf der anderen Seite mit einer kolossalen Steuer zu belasten, verträgt sich auf die Dauer nicht. Es wird daher für die Zukunft aller Kräfte des deutschen Gewerbe- und Kaufmannsstandes bedürfen, um sich gegen derartige Maßnahmen zu wehren, und ich bin mir dessen vollkommen bewußt, daß die Not der Zeit uns alle unsere Kräfte restlos für den Abwehrkampf sammeln und uns zusammenführen wird und muß.

Noch viel krasser als bei der allgemeinen Erwerbsteuer erscheint die Erhöhung bei der Personaleinkommensteuer. Hier hat man sogar eine Erhöhung gegenüber dem Jahre 1925 um 115 Milionen Kè vergenommen. Daß gerade diese Steuer im Verhältnisse zu allen anderen Ständen den Gewerbe- und Kaufmannstand am meisten drückt, beweisen die vielen Tausende von Rekursen, die infolge der schlüsselmäßigen und ungerechten Einschätzung durch die Behörde eingebracht wurden, die jedoch bis heute unerledigt sind, und ich glaube auch annehmen zu können, daß man hier in diesem Staate infolge der allgemeinen üblichen Verschleppungstaktik nicht einmal die Absicht besitzt, die Erledigung dieser Rekurse vorzunehmen. Daß der deutsche Gewerbestand auch durch die Einkommensteuer übermäßig stark belastet wird, braucht wohl bei dem überall zutage tretenden blinden Hasse gegen unsere Volkswirtschaft nicht erst nochmals betont zu werden.

Zu der stets von Seite des Gewerbestandes als vollkommen ungerechtfertigt bezeichneten und auch immer bekämpften Steuer vom Umsatze, sei es nun die Umsatzsteuer selbst oder die Luxussteuer, habe ich bereits im Jahre 1923 anläßlich der Budgetberatung meinen Standpunkt präzisiert und möchte daher nur die damals vorgebrachten Bedenken den maßgebenden Faktoren der Regierung in Erinnerung bringen. Der im Voranschlag 1926 eingestellte Betrag von 1.590 Millionen ist nach meinem Dafürhalten als sehr zweifelhaft zu bezeichnen. Außerdem erscheint es sehr eigenartig, daß in den letzten zwei Jahren fast die gleichen Beträge trotz der veränderten Wirtschaftslage im Budget eingestellt sind. Der deutsche Gewerbe- und Handelsstand fordert nach wie vor die vollständige Beseitigung der vollkommen unmoralischen Umsatzund Luxussteuer und bis zur Aufhebung derselben die eventuelle Pauschalierung derselben beim Erzeuger.

Die Steuerbemes sung im allgemeinen, welche derzeit noch von den in den Vorkriegsjahren gewählten Steuerkommissionen und von den dazu von der Regierung ernannten Mitgliedern vorgenommen wird, bietet dem Gewerbe- und Kaufmannsstand in den allermeisten Fällen keine Gewähr für eine gerechte Steuervorschreibung. Es wird deshalb allerorts die Forderung nach Neuwahlen dieser Kommissionen gestellt, was die Regierung wohl endlich anordnen möchte. Gegen die vor kurzem unter einem erfolgte Steuerbemessung für eine Reihe von Jahren und der darauf erfolgten Zustellung der Steuervorschreibungen muß ich namens meiner Partei den schärfsten Protest einlegen, da dadurch wie sehr viele Fälle beweisen, gewerbliche und kaufmännische Existenzen dem Ruin entgegen getrieben werden. Mit vollem Rechte muß daher verlangt werden, daß die Steuervorschreibung in demselben Jahre zu erfolgen hat, in dem das Steuerbekenntnis vom Steuerträger eingebracht wurde, und wären Vorschreibungen, die nach Ablauf einer bestimmten Frist vom Tage der Überreichung des Einbekenntnisses ausgegeben werden, als rechtsungültig zu erklären.

Die Fleischsteuer wurde im heurigen Jahre gleichfalls um 2 1/2 Millionen höher als im vergangenen Jahre eingestellt. Ich kann mir nicht erklären, daß eine Regierung, die auf eine Verbilligung der unbedingt wichtigen und notwendigen Lebensmittel hinwirken will und zu diesem Zwecke noch immer ein allerdings nach unserer Anschauung vollständig überflüssiges Ernährungsministerrium erhält, bzw. beläßt, weiters Verbilligungskommissionen in den Gemeinden einsetzt, die selbstverständlich auf Grund der gemachten Erfahrungen im praktischen Leben vollkommen wertlos erscheinen und deshalb auch schon wieder eingegangen sind, eine Erhöhung der Fleischsteuer vornimmt. Dadurch zeigt die Regierung und mit ihr das Ernährungsministerium, daß beide eigentlich auf eine Verbilligung gar nicht hinwirken wollen, im Gegenteil, daß sie an einer Verteuerung in erster Linie ein Interesse besitzen. Die Lebensweise und Lebensmöglichkeiten der Arbeiter und Kleingewerbetreibenden wie überhaupt der minderbemittelten Stände, die ohnehin eine schwere Verdienstmöglichkeit besitzen, werden durch die Erhöhung der Fleischsteuer und der damit zusammenhängenden Verteuerung des Fleisches außerordentlich stark beeinträchtigt.

Die auf Grund des Gesetzes im Voranschlag eingestellte Wasserkraftsteuer entspricht einer Doppelbesteuerung der mit Wasserkraft betriebenen Unternehmhmungen, wodurch besonders eine Verteuerung des durch Wasserkraft erzeugten elektrischen Stromes bewirkt wird, die sich dem wirtschaftlichen Aufstieg hemmend entgegenstellt. So wie ich gegen die Erhöhung aller der vorgenannten Steuern Stellung nehmen muß, fühle ich mich verpflichtet, auch gegen die Erhöhung aller anderen die Volkswirtschaft übermäßig drückenden Steuerarten Einspruch zu erheben, insbesondere gegen die neuerliche Hinaufsetzung der Hauszinssteuer von über 4 Millionen Kronen, der die Gastgewerbetreibenden schwer belastenden Getränkesteuer, der Kohlensteuer usw.

Nun sei mir aber noch gestattet, auf einen Posten im Budget ganz besonders hinzuweisen. Es betrifft dies die Einstellung der Verzugszinsen, Exekutionsgebühren und Strafen in der fast unglaublichen Höhe von 95·3 Millionen Kè. Im Voranschlag 1923 finden wir dieselbe Post mit einem Betrag von 18,820.000 Kronen verzeichnet, so daß also innerhalb eines Zeitraumes von 3 Jahren hier eine Erhöhung um 76,480.000 Kronen platzgegriffen hat. Die Einstellung dieses Betrages zwingt mir die feste Überzeugung auf, daß das Vertrauen des Staates zu seinen Bürgern, darunter auch zu seinem eigenen Volke, von Jahr zu Jahr schwindet und Zwangsmittel ergriffen werden müssen, um dierückständigen Steuern und Abgaben hereinzubringen. Mit anderen Worten ausgedrückt, ist das Vertrauen des Staates zu seinen Bürgern im Geldwert umgerechnet um mehr als 76 Millionen geschwunden. Ein Einblick hinter die Kulissen würde uns sicherlich das anschauliche Bild bringen, daß die Steuerrückstände, die durch Zwangsmaßnahmen hereingebracht werden müssen, jedenfalls zum größten Teil beim sogenannten Staatsvolk zu finden sein werden, weil der deutsche Bürger seit jaher die Eigenschaft besaß, jederzeit seinen Verpflichtungen nach bester Möglichkeit gegenüber dem Staate nachzukommen. Es war mir bisher immer ein Rätsel gewesen, wie derart hohe Strafbeträge überhaupt aufgebracht werden konnten, doch bin ich in letzter Zeit darüber vollkommen aufgeklärt worden. Ich kenne Fälle, wo man bei geringfügigen Steuerrückständen Pfändungen auf Ziegen, alte Uhren, ja soger auf halbfertige Särge zum Zwecke der Versteigerung vornahm, sowie fast jeden Steuerträger aufsuchen ließ, um diese zur Einzahlung, wenn auch ganz kleiner Steuerrückstände aufzufordern, bei welcher Gelegenheit jeweils ein angemessener Strafbetrag in Form der Exekutionsgebühren angerechnet wurde. Gerade im heurigen Jahre wie noch nie in einem der früheren, wurden die Steuerexekutoren als eine ausgesprochene Landplage empfunden und sie wurden nicht anders als der Steuerschreck bezeichnet, und in Grund und Boden verdammt.

Ich würde den Herren der Regierung nur wärmstens empfehlen, sich die vielen Auslagen für die Steuerexekutoren zu ersparen und sich lieber damit abzugeben, daß wir baldmöglichst eine gerechte und im Interesse der Volkswirtschaft außerordentlich notwendige Steuerreform erhalten. Glauben Sie ja nicht, daß Maßnahmen, wie sie die scharfen Steuerexekutionen sind, die innere Konsolidierung des Staates herbeiführen werden. Durch die Einstellung eines so hohen Betrages in das Budget, wie auch durch die stets häufiger werdenden Steuerexekutionen machen Sie jedenfalls aber auch das gesamte Ausland, bei dem Sie immer und immer wieder um Kredite ansuchen müssen, auf die unhaltbaren Zustände im èechoslovakischen Staat aufmerksam, wodurch Sie sich kein Ansehen erwerben werden und die wiederholt abgegebenen Erklärungen vom konsolidierten èechischen Staat erst recht zur aufgelegten Lüge stempeln. Dem deutschen Volke in diesem Staate kann es selbstverständlich dadurch nur auch Schaden bringen, aber die Verantwortung für alles fällt doch auf Ihre Machthaber zurück.

Das èechische Volk, welches durch deutsche Wissenschaft und Kunst auf seine heutige Kulturstufe gelangt ist, wird sich solche Maßnahmen auf die Dauer gewiß auch nicht gefallen lassen und es kommt bestimmt die Zeit, wo die heutigen maßgebenden Faktoren von diesem selbst zur Verantwortung und Rechenschaft gezogen werden. Der am politischen Firmament aufgegangene und den Außenminister Dr. Beneš auf allen seinen Wegen begleitende Stern ist im Verbleichen begriffen und damit schwindet auch das Ansehen des èechoslovakischen Staates im Auslande. Wenn uns die heutigen europäischen politischen Verhältnisse nicht täuschen, so müßte man annehmen, daß das Spiel zwischen Frankreich und der Èechoslovakei mit dem Finale endet: Mohr, du hast deine Schuldigkeit getan, nun kannst du gehen. Beweis dessen, daß Dr. Beneš in Angelegenheit eines Schiedsvertrages den Weg ins Deutsche Reich gefunden hat. Was früher bei den Größen des èechischen Volkes als unmöglich bezeichnet wurde, ist heute möglich geworden und es wäre klüger gewesen, den Weg zum nächsten Nachbarn schon früher zu suchen, als wie dortselbst eine mit vielen Kosten verbundene unwahre Propaganda gegen uns Sudetendeutsche zu treiben. Nicht eine auf Bajonette gestützte Macht, die dem Staate alljährlich mehr als 2 Milliarden kostet, wird das Heil des èechoslovakischen Staates bringen, sondern eine gleichberechtigte Behandlung aller Bürger im Staate, ohne Unterschied der Nation, und die Anknüpfung guter Beziehungen mit dem nächstgelegenen Deutschen Reich und mit Österreich könnten zum Teile auf die bisher dem sudetendeutschen Volke geschlagenen Wunden heilsam wirken.

Wir sind bisher im èechischen Staate aller und jeder Drangsalierung im schärfsten Maße ausgesetzt. Deutscher Grund und Boden wird uns gewaltsam enteignet, der deutsche Staatsbeamteeinfach entlassen, deutsche Schulen werden uns in unverhältnismäßigen Maße jedenfalls in der Absicht gesperrt, die geistige Entwicklung unseres Volkes zu erdrücken. Der deutsche Arbeiter wird von seinem Arbeitsplatz vertrieben, der freie Gebrauch unserer Sprache wird uns in vielen Fällen unterbunden, man verweigert uns die Errichtung deutscher Minderheitsschulen und untergräbt die Existenzmöglichkeit des deutschen Handwerkers und Kaufmannes, den man zum Verlassen seiner Arbeitsstätte und zur Aufgabe seiner heiligsten Güter zwingen will. All dies ist in der Leidensgeschichte unseres deutschen Volkes mit goldenen Lettern verzeichnet und Sie werden durch ein weiteres derartiges Vorgehen niemals das Vertrauen des sudetendeutschen Volkes gewinen können, sondern nur zu nationalen Revolutionären erziehen. Die Not der Zeit, hervorgerufen durch Ihre fortdauernde Unterdrückung, wird den deutschen Arbeiter, Bürger und Bauer in Gemeinschaft mit allen übrigen Ständen früher oder später zu einer zähen und widerstandsfähigen Abwehrfront zusammenführen, die dafür eintreten wird, alle unsere heiligsten nationalen Güter getreulich zu beschützen. Wenn die Machthaber dieses Staates von dem Gedanken beseelt sind, daß hierzulande Gewalt Recht ist, dann könnte es leicht eintreten, daß auch alle unterdrückten Minderheitsvölker im èechoslovakischen Staate von diesem gekennzeichneten Wege einmal Gebrauch machen.

Der deutsche Gewerbe- und Handelsstand wird in dieser Richtung hin jederzeit im Kampfe an der Seite seiner Volksgenosssen zu finden sein. Nicht Drohungen sind es, die hier das Wort sprechen, sondern es ist der bittere Ernst, der Ihnen zum Einhalten zuruft, ehe es zu spät ist. Für den in einer solchen Art und Weise in Behandlung stehenden Staatsvoranschlag, wo jede sachliche Kritik nur taube Ohren oder ein leeres Haus findet, kann ich namens meiner Partei niemals stimmen. (Souhlas a potlesk na levici.)

3. Øeè posl. Uhla (viz str. 1142 tìsnopisecké zprávy):

Die Koalitionsparteien können nun die Bilanz ihrer Politik ziehen. Vor einem Jahr haben wir aus dem Munde des Ministerpräsidenten das stolze Wort gehört: "Die Koalition ist gesund". Heute sehen wir aber, daß die Koalitionspolitik nach 6jähriger Tätigkeit tatsächlich am Ende ihres Lateins steht. Die wichtigste Aufgabe, die wohl der Koalitionsregierung in der Èechoslovakei gestellt war, hat sie nicht erfülle, nicht lösen können, nämlich die Völker dieses Staates zu versöhnen und für den Staat zu gewinnen. Die Führer der Koalitionsparteien haben es in sechsjähriger Tätigkeit nicht verstanden, dieses schöne und für den Staat so wertvolle Ziel zu erreichen. Es ist doch bezeichnend, daß heute für die Koalitionspolitik aus den Kreisen der Minoritätsvölker nicht ein Wort ertönt. Sie haben es nicht verstanden, weder die Deutschen, die Ungarn noch die Polen zu gewinnen, Sie haben es nicht einmal verstanden, die Slovaken zu gewinnen, die angeblich mit Ihnen ein Volk sind. In Ihrem eigenen Volk wächst die Unzufriedenheit mit Ihrer Politik immer mehr. Wir müssen sehen, daß auch in den Kreisen der Koalitionsparteien eine kollossale Verständnislosigheit gege über der Opposition besteht. Wenn, wir sehen, wie sich die Organe der Koalition über die Politik und über die Taktik der Opposition in diesem Hause äußern, müssen wir verzweifeln, weil keine Hoffnung vorhanden ist, daß in absehbarer Zeit in den Kreisen der Koalitionsparteien das Verständnis erwechen könnte. Eine Verständnislosigkeit sondergleichen ist wahrzunehmen. Nach all den Tatsachen aber, die wir erlebt haben und mit eigenen Augen erkennen konnten, ist es selbstverständlich, daß diese Politik eben kein besseres Erg bnis zeitigen konnte. Zwang, Gewalt, Zurücksetzung und Entrechtung in nationaler, wirtschaftlicher und kultureller Beziehung sind eben ungeeignete Mittel, die Völker zu versöhnen, einen Staat, wie die Èechoslovakei, die ein Nationalitätenstaat ist, gesund zu machen. Wir, sehen heute, daß sich die Koalitionspolitik doch zu viel zugemutet hat. Das traurige Ergebnis liegt offen zutage. Es wird den Koalitionsparteien immer weniger gelingen, die Öffentlichkeit über die tatsächlichen Verhältnisse hinwegzutäuschen.

Ich will mich heute nur mit einigen Fragen sozialer Natur beschäftigen. Wir hören seit zwei Jahren immer wieder das Versprechen, daß die Versorgung der über 60 Jahre alten Arbeiter endlich durchgeführt werden wird. Das Versprechen haben wir immer wieder gehört, eine Einlösung aber können wir bis jetzt nicht verzeichnen. Ich frage, warum kommt denn der Gesetzentwurf nicht heraus? Warum legt man ihn nicht auf den Tisch des Hauses? Es sollen doch angeblich 75.000 Personen in Betracht kommen, deren Versorgung einen Aufwand von 41 Millionen benötigen würde. Wenn wir uns das Riesenbudget des Staates anschauen, kommen wir zur Ansicht, daß für diesen so wichtigen Zweck 41 Millionen schließlich noch herausspringen müßten. Der Staat würde das gewiß noch aushalten; aber was sehen wir? Ein so wichtiges Gesetz wird von den Koalitionsparteien ebenfalls wieder zu einem ganz schmutzigen Kuhhandel benützt. Auch dieses Gesetz benützt man, um separate Beutepolitik treiben zu können.

Wir brauchen weiters eine notwendige Förderung der Baubewegung, das Bauförderungsgesetz ist mit Ende 1924 abgelaufen. Ein Jahr ist nun tatenlos verstrichen. Auch hier können die Koalitionspolitiker sich nach vielen, vielen Monaten noch immer nicht über die Grundzüge des Gesetzes einigen, man kann sich weder über die Dauer des Gesetzes einigen, noch über die Form der Garantien oder über Art und Höhe der Unterstützungen.

Das Wohnungselend kann nur gelöst und beseitigt werden, wenn gebaut wird. Es ist aber nicht anzunehmen, daß auf Jahre hinaus die private Bautätigkeit ohne staatliche Hilfe und Unterstützung etwas Wertvolles und Großes wird leisten können, der Staat muß eben eingreifen, das ist seine erste und wichtigste Pflicht. Auf der einen Seite erleben wir den Abbau des Mieterschutzes, auf der anderen Seite die Einstellung der Bauförderung. Das wird sich wohl nicht halten lassen. Wir stellen heute an die Koalitionsparteien neuerlich die Mahnung, dieses wichtige Bauförderungsgesetz, welches von der Bevölkerung so sehnsüchtig erwartet wird, doch endlich fertigzustellen und dem Hause zu unterbreiten.

Die Nachfrage nach Wohnungen nimmt auch nicht ab und das Wohnungselend nicht nur in Prag, sondern in allen Orten und Städten des ganzen Reiches ist ein furchtbares. Die Folgen in gesundheitlicher und moralischer Hinsicht sind die denkbar schlechtesten. Durch das Bauförderungsgesetz hätte man, falls es rechtzeitig beschlossen worden wäre, die ganze Wirtschaft beleben können. So ist aber ein volles Jahr tatenlos und zwecklos verstrichen. Man hätte der Industrie nützen können, man hätte ihr Beschäftigung bringen und das Baugewerbe beschäftigen können. Die Gemeinden und Privaten hoffen bis heute vergebens. Auch dieses Gesetz wird so wie manches andere zum Kuhhandel hinter den Kulissen benützt.

Wir haben in Böhmen von Aussig bis nach Königsberg hinüber den Kohlenbergbau. Wer Gelegenheit hat, dieses Gebiet auf der Eisenbahn zu durchreisen, wird finden, daß ungeheuere Grundstücke durch den Bergbau ruiniert und devastiert wurden. Durch eine Rekultivierung dieses Gebietes könnten große Flächen für die Landwirtschaft oder Gärtnerei nutzbar gemacht werden. Wir müssen konstatieren, daß seit Bestand dieses Staates in dieser Hinsicht weniger geschehen ist, als es im alten Österreich der Fall war. Das Rekultivierungsamt, das wohl noch besteht, arbeitet, es arbeitet aber nur Pläne aus, die darauf warten, endlich einmal ausgeführt zu werden. In dieser Hinsicht ließe sich mit den entsprech enden Mitteln Vieles machen, Tausende von Hektaren fruchtbaren Bodens könnten gewonnen werden, eine Verschönerung des ganzen Gebietes würde platzgreifen, eine Gesundung in dem ganzen Gebiete angebahnt werden. Die Regierung weiß es - erst kürzlich haben wir es aus dem Munde eines Ministers gehört - daß der Bergbau stagniert, daß im Bergbau Feierschichten eingeführt werden, daß zehntausende von Bergarbeitern schon seit Monaten abgebaut und entlassen werden. Die Bergarbeiterorganisationen haben schon im Jahre 1921 Forderungen aufgestellt, die die Rekultivierung der devastierten Grundstücke betreffen. Die Bergarbeiter verlangen, daß der Staat, das Land und vor allen die Nutznießer des Bergbaues, die Bergbauindustriellen herangezozogen werden, um zur Rekultivierung der devastierten Grundstücke beizutragen. Es geschieht aber weniger als früher. Es ist eben so, daß der Einfluß der kapitalistischen Schichten in der Regierung zu groß ist, daß es der Regierung nicht gelingt, die kapitalistischen Unternehmer heranzuziehen, damit auch sie ihren Teil zur Wiedergutmachung beitragen. Die Regierung weiß, daß ein großer Teil der Bergarbeiter entlassen wird, daß fast alle Bergarbeiter in verkürzten Schichten arbeiten. Sie kümmert sich aber nicht darum, was mit den Leuten geschieht, die Frage, was mit ihnen anzufangen sei, hat sich die Regierung wahrscheinlich nicht vorgelegt. Durch die Rekultivierung der vom Bergbau devastierten Grundstücke könnte aber Vorsorge für die Unterbringung tausender von Bergarbeitern getroffen werden.

Ähnlich verhält es sich mit den öffentlichen Bauten. Wir machen auch die Wahrnehmung daß Bauten, auch jene, die in den deutschen Gebieten durchgeführt werden, nur den èechischen Firmen vergeben werden. Der Herr Minister hat dies wohl im Budgetausschuß bestritten, wir können aber mit Recht verlangen, daß man uns dies wenigstens an einem Falle beweist, daß ein deutscher Unternehmer, der seinen Sitz im deutschen Gebiete hat, durch die Regierung vom Staate einen öffentlichen Bau zugewiesen erhielt. Da wird man uns wohl den Beweis schuldig bleiben. Diese èechischen Baufirmen bringen ihre gesamten Arbeiter und Angestellten mit und die einheimischen arbeitslosen Arbeiter müssen hungen und zusehen, wie man von auswärts fremde Arbeiter und Angestellte bringt, die den einheimischen Arbeitern das Brot vom Munde wegnehmen. Wenn es auch bestritten wird, wir können es trotzdem erst dann glauben, wenn tatsächlich jede Zurücksetzung der deutschen Arbeiter und in diesem Falle auch der deutschen Baufirmen aufhört. Die Regierung und der Herr Minister hätten eben die Pflicht, dafür zu sorgen, daß die Diktate und Eingriffe lokaler Kliquen verhindert und abgestellt würden.


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