Pondìlí 5. øíjna 1925

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 370. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze v pondìlí dne 5. øíjna 1925.

1. Øeè posl. Böhra (viz str. 1128 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Bei den jetzt zur Budgetberatung stehenden wirtstschaftlichen Gruppen kann ich jene Kritiken, Wünsche, Beschwerden und Forderungen als schon bekannt voraussetzen, die bei der Generaldebatte und in den jüngsten Sitzungen bezüglich politischer, nationaler und kultureller Belange von uns Deutschen und speziell auch von meinen Kollegen aus der deutschen christlich-sozialen Volkspartei bereits vorgebracht wurden. Es ist allerdings bedauerlich, daß der blaue Montag auch in die Sitten des Parlamentes eingekehrt zu sein scheint, worauf der Besuch schließen läßt. Ich werde mich auf eine knappe sachliche Darstellung berechtigter Wünsche und Forderungen auf dem Gebiete des Steuerwesens, der Industrie, des Gewerbes, des Handels und Verkehrs und einiger einschlägiger landwirtschaftlicher Belange beschränken. Solcher Wünsche, Beschwerden und Anregungen gibt es freilich sehriviele. Im Anschluß an die allgemeinen, zumal außenpolitischen Erörterungen darf ich hier aber wohl den Hinweis vorbringen, daß die außenpolitische Orientierung sich nicht als ein ausschließliches einseitiges Gravitieren zur Entente, voran zur Seine, bekunden sollte, sondern auch und vornehmlich den beharrlichen wirtschaftlichen Hauptfaktoren für die Èechoslovakische Republik praktisch Rechnung zu tragen hätte. Der Herr Außenminister Dr. Beneš hat hier vor über Jahresfrist einmal erklärt, die èechische Republik müsse sich als ein verhältnismäßig kleiner Staat außenpolitisch notwendiger- und klugerweise nach den Großen, Starken richten. Gut! Warum aber vorherrschend nur nach einem Großen, nach Frankreich fast allein, warum nicht nach mehreren Großen, zumal wenn die wirtschaftlichen Momente auch heuer wieder, so die hiesige Ein- und Ausfuhrstatistik und der Fremdenverkehr ganz unvergleichlich stärker auf Deutschland und auf die Nachfolgestaaten Österreichs-Ungarns verweisen? Korrekturen offensichtlicher Fehler in dieser Hinsicht vorzunehmen, ist nicht beschämend, sondern ehrenvoll, und die neuesten außenpolitischen Umgestaltungen und Wertschichtungen sind hiefür fingerzeigend.

Man mag sich ferner zur derzeitigen Koalitionsregierung wie immer stellen: aber auch wir von der Opposition, darunter wir über 3 Millionen Deutschen müssen nun einmal im Raume dieses Staates lebenund wirken und so sind auch uns wirtschaftliches Gedeihen oder soziale Mißstände und die Bedingungen für Verkehr, Handel, Steuerwesen und Produktion nicht gleichgültig. Unsere Wünsche und Vorschläge behufs Verbesserungen und zur Beseitigung von Hemmnissen kommen ja dem Ganzen zugute und würden sich auch dem èechischen Produzenten und Konsumenten, allen Steuerträgern und allen Berufsständen nützlich erweisen. Das Ganze ist ja schließlich nicht anderes, als die Summe aller Teile, und ein staatlicher Organismus krankt, wenn auch nur einer seiner Teile krankt, wenn auch nur einer seiner Teile ungebührlich belastet, benachteiligt, zurückges etzt ist. Wenn z. B. die Koalition sich in Aktionen des Abbaues tauche, so hätte sie eher an einen Abbau ungesunder Hemmungen der kulturellen und wirtschaftlichen Aufwärrsbewegung denken sollen, statt an übergebührliche Drosselungen auch unseres industriellen, gewerblichen und landwirtschaftlichen Fachschulwesens, welches ja der notwendigen Konkurrenztüchtigkeit und Exportbefähigung der mannigfachen Unternehmungen erst die unentbehrlichen qualifizierten Arbeitskräfte liefert, ohne die auch die Arbeitsmöglichkeit für einfache, ungelernte Hilfsarbeiter schwinden würde. Darum möchte ich hier u. a. gelegentlich dem Verlangen nachdrücklichst Ausdruck geben, ja nicht den angeblichen Plan auszuführen, die so wichtigen und prosperierenden Fachschulen in unseren nordböhmischen Industriestädten abzubauen, zumal auch nicht die hervorragend wirkende Webereifachschule in Warnsdorf. Wir müssen uns doch vorhalten, daß speziell an Orten mit gewichtiger Textilindustrie das Moment in Frage kommt, daß wir jetzt wieder in den neuesten handelsstatistischen Ausweisen für 1924 unter den Ausfuhrziffern die Textilindustrie mit 31% vertreten finden.

An einen anderen Abbau, an einen gesunden Abbau aber sollte die Koalition mit der Regierung wirksam denken, an den Abbau der erdrückenden Steuerlasten und Verkehrserschwerungen, statt an den größtenteils überhaupt ganz ungehörigen oder in nationaler Hinsicht einseitigen Abbau von Schulen und Staatsangestellten. Hat ja doch am vorigen Mittwoch sogar der Budgetberichterstatter der Koalition, der Abgeordnete Dr. Srdínko, hier erklärt, die Belastung der Steuerträger sei tatsächlich unerhört, und er fügte seinem Lobe des Staatsvoranschlages doch drei Schönheitsfehler als Mängel bei: Das Fehlen der verheißenen Steuerreform, der drängenden Regelung der Staatsangestelltengehalte, und die Ungenauigkeit der aus den Friedensverträgen resultierenden Staatsschulden. Diese und noch andere Mängel, auf die ich im Falle des Zulangens der Zeit noch etwas zu sprechen kommen möchte, lassen mir das Schlußbudget dieser Parlamentsperiode als aus leicht errätlichen Gründen frisiert, den 15 Millionen-Überschuß des 10 Milliarden-Voranschlages aber als einen ganz unzutreffenden Aufputz erscheinen. Denn statt der versprochenen und vor Jahresfrist beschlossenen Steuererleichterungen finden wir im Budget für 1926 fast inallen Einnahmsposten Erhöhungen und den vom Herrn Berichterstatter Prof. Dr. Srdínko erwähnten Ziffern von 21.155 Millionen innere Schuld, welcher ich die unmöglich "endgültig" beseitigten Verpflichtungen an die Kriegsanleihebesitzer zuaddieren möchte, ferner von 5.339 Millionen Kronen ausländische Schuld und von 3.259 Millionen Kronen Schuld aus den Friedensverträgen sind wohl Fra ezeichen beizufügen. Denn man erinnere sich in letzterer Hinsicht nur an das unbehagliche Gefühl, als aus dem Außen- und Finanzministerium über die Friedensvertrags- und Reparationsverpflichtungen die Ziffer von über 35 Milliarden in die Öffentlichkeit drang mit dem Wunsche, daß die Siegerstaaten denn doch günstiger als "besiegte" Staaten von der Entente und deren Hochfinanz behandelt werden müßten. Zudem lasen wir am Donnerstag Telegramme aus Washington und London, daß Polen, die Èechoslovakei und Südslavien nicht auf die gleichen Begünstigungen wie Belgien und Frankreich zu rechnen hätten. Hiebei möchte ich kurz eine Berechnung aus einem èechischen Organ, ich meine die "Národní Listy", erwähnen, daß die beendeten Schätzungen der 646.000 Hektar Staatswälder in der Slovakei und in Karpatho-Rußland für die Pariser Reparationskommission den Preis von 2.000 Kronen pro Hektar ansetzten. Das würde 1292 Millionen Kronen ergeben und man konnte hören, daß man in Belgrad und Budapest 2.000 Kronen Durchschnittspreis für die Abrechnung zu niedrig finden dürfte.

Aber zu diesen Schönheitsfehlern tritt heute schon die bestimmte Meldung von der mindestens 600 Millionen betragenden Forderung für die versprochene Staatsangestelltenregelung und eine Vorlage des verhängnisvollen Bodenamtes auch mit einem 600 Millionen-Kredit hinzu, welche Vorlage sicherlich noch einer sehr scharfen Roentgenisierung bedarf.

Was nun die Steuerlasten anlangt, so bieten die neuesten Mitteilungen des statistischen Staatsamtes erst die Berechnung der kopfmäßigen Belastung für das Jahr 1923, und zwar an staatlichen Ausgaben 731·97 Kronen, also zehnmal mehr als im Jahresdurchschnitt 1911 bis 1913 und mit Einschluß der Belastung durch die Selbstverwaltungskörper - hier jedoch nur für Böhmen, Mähren und Schlesien - 899·75 Kronen, mit Einschluß auch der Vermögensabgabe 1029·31 Kronen, also eine ganz respektable Ziffer, die aber für Böhmen allein viel höher ist, da auf Mähren für sich allein weniger pro Kopf entfällt, nämlich 85 9·66 Kronen. Aus der kopfmäßigen Belastung darf man nun freilich keine voreiligen Schlüsse ziehen, aber sie bietet immerhin einen Notbehelf zur Beurteilung der Lasten.

Wenn ich auf die steuerpolitische Behandlung der wirtschaftlichen Budgetgruppe eingehe, muß ich bedauern, daß die Finanzgruppe diesmal schon mit den sogenannten kulturellen Gruppen verbunden wurde, während man doch bei der Behandlung der übrigen Wirtschaftsgruppen notwendigerweise immer wieder auch auf die eigentliche Industrie- und Finanzgruppe zurückgreifen muß. Tatsache ist nun, daß Industrie und Gewerbe wie auch die Landwirtschaft stets mit neuen Steuern und Abgaben belastet werden und auch 1926 wieder, wie die erhöhten Einnahmeziffern dartun, belastet werden sollen, so daß eine nicht nur für Fortschritt und Konkurrenz, sondern sogar für die bloße Konservierung unserer Betriebe nötige heimische Kapitalsneubildung ausgeschlossen ist. Diese bleibt überall, sogar unter russischen Verhältnissen, ein unerläßliches Erfordernis, gleichgültig ob es sich um deutsche oder èechische Gebiete handelt.

Das Um und Auf jeglicher Förderung unserer Industrie bilden zwei Momente: Steuererleichterungen durch Steuerreformen und ferner Exportförderung durch beschleunigten Abschluß von Handelsverträgen mit gleichzeitigen Rechtshilfeverträgen, womöglich auf Grund von Tarifverträgen, immer jedoch mit wechselseitiger Meistbegünstigung. Zumal die heimische Textil- und Glasindustrie ist auf den Export angewiesen. Leider hatte man bei der seinerzeitigen Zerreißung des Handelsministeriums an die Nutzbarmachung des Art. 222 des Friedensvertrages von St. Germain vergessen, der uns für die Tarifverträge bezüglich Österreichs und Ungarns besondere Vorteile insofern sicherte, als man für eine gewisse Zeitperiode andere Länder nicht der Meistbegünstigungsklausel teilhaftig zu machen brauchte. Ich habe mir sein rzeit erlaubt, noch rechtzeitig daran zu erinnern, wie nützlich wenigstens im letzten Abschnitte noch die Ausnützung gerade dieses Art. 222 namentlich für die Glas- und keramische Industrie gewesen wäre.

Allerdings ist gegenüber der früher aus irriger politischer Erwägung erfolgten Absperrungspolitik nun die wirtschaftliche Bedürfnisfrage in den Vordergrund getreten, allein die Erfolge, welche im laufenden Jahr bisher erzielt wurden, sind recht gering. Nicht bloß das Fehlen eines handelspolitischen Ermächtigungsgesetzes, sondern auch die Langsamkeit, mit welcher Handelsvertragsverhandlungen aufgenommen und fortgeführt werden, ist daran schuld. Von den zuletzt angebahnten Handelsverträgen ist nur jener mit Polen zustande gekommen, aber eben so wenig wie der mit Spanien bisher èechoslovakischerseits ratifiziert. Polen bereitet durch seine handelspolitische Gewaltpolitik unserem Export die größten Schwierigkeiten, mit Südslavien, einem ebenfalls wichtigen Absatzgebiete, sind die Vertragsverhandlungen, welche zu einem Abbau der jugoslavischen Prohibitivzölle führen sollen, noch immer nicht aufgenommen. Die Verhandlungen mit Ungarn ziehen sich in unabsehbare Länge, die Verhandlungen mit der Schweiz sind immer noch nicht beendet, dabei aber ist es im Hinblick auf die mit 1. Oktober l. J. in Kraft getretenen reichsdeutschen Zollerhöhungen dringend geboten, auc mit Deutschland zu verhandeln. Bekanntlich ist Deutschland seit dem 10. Jänner 1925 gemäß dem Versailler Vertrag der außenpolitischen Bindungen der einseitigen Gewährung der Meistbegünstigung ledig und hat wieder freie Hand. Nun spürt unsere Exportindustrie gar sehr, daß sie sich in dem uns zum Teil recht ungünstigen Tarifvertrage mit Frankreich nicht in allen Bangen des Minimaltarifes erfreut, und Belgien und Spanien sogar unter dem irrigen Vorwand zu niedriger Prager Valuta Wert- und Zollzuschläge eintreten lassen. Wenn nun Frankreich an Deutschland den schon für England geltenden Minimal tarif eintreten läßt und man bereits von Besorgnissen englischerseits liest, so kann man die Befürchtungen der hiesigen deutschen wie èechischen Industriellen über Unterbindung der Konkurenzfähigkeit begreifen.

Hier wäre un allerdings angezeigt, den derzeitigen Stand unseres gesamten handelspolitischen Vertragssystems mit den verschiedenen Ländern zu streifen, aber es würde zu weit führen, ich bemerke nur wieder, daß Rechtshilfeverträge oft ebenso wichtig sind, wie die Handelsverträge oder provisorischen Wirtschaftsabkommen selbst, sonst fehlen unserem Export die gerichtlichen Behelfe im Ausland, wo sich zahlungsunwillige Schuldner bald auf eine für sie ungünstige Valutaentwicklung, bald auf jeweilige Devisenvorschriften steifen. Die gegenseitige Exekutionsfähigkeit der Exekutionstitel besteht für uns meines Wissens erst gegenüber Deutschland, Österreich und Jugoslavien, wenn auch die Zahl definitiver oder angebahnter Rechtshilfeverträge größer ist.

In den letzten Monaten zeigte das Prager Bankamt über Drängen der Industrie ein schätzbares Entgegenkommen für die Bezahlungsmöglichkeit der Einfuhrgüter in Kè, die ausländische Verkäufer angesichts der Stabilität wünschten; wenn sich Forderungen und Gegenforderungen bezüglich des Auslandes ziemlich ausgleichen, kann ja von einer Verschleppung der èechoslovakischen Krone nicht gesprochen werden und der gewöhnlich mit Verlusten und nachteiligen Provisionen verbundene Devisenumtausch hört auf. Nur sollte sich auch das endlich ziemlich abgebaute Aus- und Einfuhrbewilliguns- und Anmeldungsverfahren noch zeitgemäßer gestalten.

In der Besprechung der wirtschaftlichen Gruppen muß ich, so trocken auch die Ziffernsprache ist, auf das schon in der Debatte behandelte Finanzkapitel mitunter zurückgreifen und ich lege dabei gerade auf die Anwesenheit maßgebender Herren Referenten aus verschiedenen Ministerien Gewicht. Ich wünschte übrigens, es wären alle Ressortminister anwesend. Die administrativen Ausgaben wurdem im Voranschlag für das Jahr 1926 gegenüber dem Voranschlage für 1925 um 498 Millionen Kè, die Einnahmen jedoch um 786 Millionen Kè erhöht. Innerhalb der Einnahmensteigerung bildet den wichtigsten Posten die Erhöhung der Steuereinnahmen um 633 Millionen Kè. Bei den direkten Steuern beträgt die Steigerung der Einnahmen 259 Millionen Kè, bei den indirekten Steuern, Gebühren, sowie Monopol (mit Ausnahme des Tabakmonopols) 374 Millionen Kè.

In der Gruppe der direkten Steuern fällt insbesondere auf, daß in Böhmen, Mähren und Schlesien die besondere Erwerbsteuer im Jahre 1926 gegenüber dem heurigen Jahr um 32 Millionen Kè, die Einkommensteuer sogar um 195 Millionen Kè mehr tragen soll. Auch die allgemeine Erwerbsteuer, die infolge der hohen Umlagen, die zu ihr eingehoben werden, so außerordentlich drückend geworden ist, soll ebenfalls mehr einbringen als heuer, u. zw. um 3 Millionen Kè.

Die äußerst knappe Begründung zum Voranschlag will diese Ansätze von Einnahmesteigerungen damit rechtfertigen, daß sie den im heurigen Jahr mit den Steuereingängen gemachten Erfahrungen entsprechen. Wenn man bedenkt, daß die gegenwärtige, bereits seit einigen Jahren anhaltende äußerst drückende Steuerbelastung nicht nur von den wirtschaftlichen Körperschaften, sondern auch von der Regierung selbst, z. B. in der Begründung des Vorentwurfes der Reform der direkten Steuern, als fernerhin unerträglich bezeichnet wird, was ja auch Herr Abgeordneter Dr. Srdínko zugab, so muß man zu der Auffassung gelangen, daß entweder die Schätzungen der künftigen Steuereinnahmen, trotz der gegenseitigen Versicherungen des Motivenberichtes zum Voranschlage, zu optimistisch sind oder die schon seit langem angekündigten Ermäßigungen der direkten Steuern auch im Jahre 1926 noch nicht in Wirksamkeit treten werden, obwohl die Reform der direkten Steuern nach den Ausführungen des Vorentwurfes schon im heurigen Jahre hätte Geltung erlangen sollen, und das vor Jahresfrist hier beschlossene Gesetz über Steuererleichterungen und Abschreibungen sich längst kräftiger auswirken sollte.

Wenn eine aktive Staatswirtschaft im Jahre 1926 nur um das Opfer eines unverminderten, ja offenbar noch verstärkten Steuerdruckes im Voranschlagsjahr verkauft werden kann, so kann das Urteil eines jeden ernsten Betrachters der wirtschaftlichen Verhältnisse nur dahin gehen, daß um diesen Preis auf das Gleichgewicht im Budget verzichtet werden müsse, wenn die inländsche Volkswirtschaft nicht auf das fühlbarste geschädigt werden soll.

Das Deutsche Reich und Österreich sind in den Jahren 1924 und 1925 selbst angesichts der schweren finanziellen Verpflichtungen dieser Staaten gegenüber dem Ausland zu einem merklichen Steuerabbau geschritten, da sich dort die alte Erkenntnis, daß sich der überspannte Steuerdruck am Gemeinswesen selbst bitter rächen muß, weit früher als bei uns neuerlich durchgerungen hat. Auch Ungarn hat mit seinen Maßnahmen zur Milderung der Steuerbelastung begonnen, ganz abgesehen von England, das nahezu fast schon das mindere Vorkriegsniveau der Steuerbelastung erreicht hat. Die inländische Industrie, die ganz vorwiegend auf die Ausfuhr angewiesen ist, wird im Hinblick auf dieses Zurückbleiben des èechoslovakischen Staates in der Steuermilderung ihre Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weltmarkte, die schon seit langem vielfach nur mit Opfern behauptet werden kann, über kurz oder lang einbüßen müssen, da auch die so nötigen Handelsverträge, die uns zum Teil noch fehlen, allein kein genügendes Gegengewicht gegen ungünstigere Produktionsbedingungen im Inlande bilden die namentlich durch den unerhörten Steuerdruck hervorgerufen werden.

Trotz des schon mehrmals erwähnten Gesetzes über außerordentliche Steuererleichterungen hat es sich in den letzten Monaten gezeigt, daß die Steuerbehörden von Gesuchen um die Gewährung von außerordentlichen Steuererleichterungen nahezu überflutet werden, und die noch so strenge und eingehende Prüfung der Gesuche ergibt, daß in Tausenden von Fällen recht bedeutende Steuerermäßigungen werden gewährt und die Abtragung der restlichen Rückstände in mäßigen, auf einen längeren Zeitraum verteilten Raten wird bewilligt werden müssen, wenn der wirtschaftliche Fortbestand der Unternehmungen und der Lebensunterhalt der Gesuchsteller samt ihren Angehörigen nicht auf das ernstlichste gefährtet werden sollen. Sollten die Intentionen dieses Gesetzes tatsächlich praktisch verwirklicht werden, so müßten die Eingänge an Erwerbsteuern, der Einkommensteuer und der Kriegssteuer, die noch immer mit der ansehnlichen Summe von 115 Millionen Kè im Budget angeführt ist, in einer weit mäßigeren Höhe veranschlagt werden, und es wäre auch unmöglich, die Eingänge an Verzugszinsen, Exekutionsgebühren und Geldstrafen von der ohnehin äußerst befremdlichen Voranschlagsziffer des Jahres 1925 von 77,100.000 Kè auf 95,300.000 Kè hinaufzusetzen, was entgegen den Versprechungen der Regierung, bei der Steuereintreibung ein Entgegenkommen walten zu lassen, auf rücksichtslose Exekutionsführungen und Ablehnungen der Ermäßigungen von Rückständen schließen läßt. Man muß bei längeren Rückständen und rückwirkenden Vorschreibungen doch auch die heutige Relation unserer Währung zur früheren berücksichtigen, da ja sonst der Steuerträger heute dreimal mehr zu zahlen hat.

Die Umsatz- und Luxussteuer wird für das ganze Staatsgebiet mit 1.601 Millionen Kè, also etwas höher wie für heuer veranschlagt (1600 Millionen Kè). Dies läßt darauf schliessen, daß die Regierung auch im nächsten Jahre keine Ermäßigung der für diese beiden Steuern geltenden Sätze eintreten lassen will, obwohl in anderen Staaten, so z. B. im Deutschen Reiche, der Satz der Umsatzsteuer in kurzer Zeit von 2 1/2% auf 1 1/4% und der Luxussteuer von 10% auf 7 1/2% ermäßigt worden ist. Ein solcher Abbau dieser wirtschaftschädlichsten Steuern, die viel dazu beitragen, daß es zu keinem fühlbaren Abbau der Preise im èechoslovakischen Staate kommen kann, sollte auch von der Regierung doch ernstlich einmal erwogen werden. Daneben erweisen sich eine Reihe von Maßnahmen zum Zwecke der Beseitigung der Vorbelastung mit der Umsatzsteuer der zur Ausfuhr gelangenden Waren und eine durchgreifende Einschränkung der Luxussteuer, verbunden mit einer Ermäßigung des zu hohen Luxussteuersatzes von 12%, beziehungsweise 10%, als unaufschiebbar.

Neben der Umsatzsteuer ist es vor allem die Kohlen- und die Wasserkraftsteuer, die das Wirtschaftsleben auf das fühlbarste bedrücken. Wenn diese beiden Steuern auch mit etwas mäßigeren Beträgenen den Voranschlag für 1926 gegenüber dem Voranschlag für heuer eingesetzt werden, so entsprechen diese Ermäßigungen doch nicht dem so dringenden Bedürfnis der inländischen Wirtschaft nach Beseitigung dieser beiden Steuern. Die Kohlensteuer ist in den Nachbarstaaten, soweit sie dort überhaupt eingeführt war, zumeist bereits beseitigt worden, der übereinstimmende, schon seit langem vertretene Wunsch sämtlicher inländischer wirtschaftlicher Organisationen nach Aufhebung der Kohlensteuer bleibt aber von der èechoslovakischen Regierung unbeachtet, wenn auch versichert wurd, daß wenigstens Ausfuhrkohle nun davon befreit werden soll.

Die Schädigungen der inländischen Wasserwirtschaft durch die Wasserkraftsteuer treten schon seit geraumer Zeit in Erscheinung. Diese Steuer ist bei uns höher, als in den übrigen Staaten, die eine solche Belastung dieser produktiven Naturkraft überhaupt kennen, und ich habe mir erlaubt, im Sinne der Beschlüsse mehrerer wirtschaftlicher Korporationen einen näher begründeten Antrag auf deren Herabsetzung einzubringen.

Für Gewerbe und Weinbau bedarf in der Gruppe der indirekten Abgaben noch einer besonderen Hervorhebung die allgemeine Getränkesteuer und die besondere Flaschenweinabgabe. Vor kurzem beabsichtigte noch die Regierung, die Flaschenweinabgabe gänzlich aufzuheben und die allgemeine Getränkesteuer dafür um 10 Heller für einen Liter zu erhöhen. Auf die Erhöhung des Erträgnisses der allgemeinen Getränkesteuer ist im Budget durch die Einstellung einer Mehreinnahme von 31 Millionen Kè offenbar wohl Rücksicht genommen worden, dagegen ist aber die besondere Flaschenweinabgabe im Budget nicht gestrichen, sondern in der gleichen Höhe wie im Vorjahr eingesetzt. Also auch hier bereitet die Regierung der Öffentlichkeit eine Enttäuschung. Auf dem Gebiete der Gebühren sind Erhöhungen des Präliminares um rund 385 Millionen Kè vorgesehen. Diese Steigerung der Einnahmen ist insbesondere auf die Erhöhung der festen Stempelgebühren, auf die Einführung der Abgabe von den Telephongebühren und auf die Abgaben von Amtshandlungen in Verwaltungssachen zurückzuführen.

Das Salzmonopol figuriert im Voranschlag mit einer Mehreinnahme gegenüber dem Vorjahre von über 5 Millionen Kè. Das Salzmonopol wird vom Staate mißbraucht; das inländische Speisesalz ist unappetitlich und unsauber, das inländische Gewerbesalz enthält eine Reihe von Stoffen, insbesondere Eisen, das seine Verwendbarkeit für manche industrielle Zwecke arg beeininträchtigt. Zu alledem ist das inländische Salz nahezu doppelt so teuer, als das reichsdeutsche, das unvergleichlich besser ist. Wenn die Regierung aus diesem Monopol eine derart bedeutende Mehreinnahme erwartet, so ergibt sich daraus, daß der Staat seine schlechte Ware weiterhin so teuer oder gar noch teuerer als bisher verk ufen will.

Unter den Ausgaben ist ferner keine Post enthalten, durch welche dem Staat die Mittel zur Ausgabe der Schuldverschreibungen eingeräumt werden, die die Entschädigung für die Forderungen gegen das vormalige Ärar etwa bilden sollten. Entgegen den Versprechungen der Regierung wird also das Gesetz Nr. 236 vom Jahre 1924 im kommenden Jahr offenbar noch nicht immer durchgeführt werden, obwohl die Forderungen den Gläubigern schon mehr als 6 Jahre zinsenlos aushaften und die äußerst geringe gesetzliche Entschädigung in Wirklichkeit überhaupt keine Bezahlung ist.

Statt der zu starken Andrehung der Steuerschraube und der Verzögerung der Reform der direkten Steuern etc. würde es sich aus Liebe zur Hebung von Industrie und Verkehr mehr empfehlen, wenn einmal ernstlicher nach dem Verbleiben der restlichen 8 Milliarden bei der Getreidezentrale und der Beträge anderer Zentralen unseligen Angedenkens, z. B. auch der Fettzentrale, nachgesehen würde. Gut gewirtschaftet scheint ja einzig die Bekleidungszentrale zu haben.

Wegen vorgerückter Redezeit will ich eine Reihe wirtschaftlicher Anregungen nur ganz kurz vorbringen. Für die Kohlengebieten und Rohstoffstätten entlegenen Gebiete, z. B. die nordböhmischen Industriegebiete, wäre eine Frachtbegünstigung mehr als berechtigt. Sprachliche Erschwernisse und ungenügende Verkehrsräumlichkeiten bei verschiedenen Post- und Bahnämtern in Nordböhmen verlangen auch Abhilfe. Zur Förderung des Exportes sollte an die Unterstützung auch unseres russischen Geschäftes durch Eskomptierung russischer Wechsel beim Bankamt, ferner an die Herabsetzung der offiziellen Bankrate, wie es gerade in der letzten Zeit in einigen anderen kontinentalen Staaten geschehen ist, sowie auch an die Erleichterung der Eskomptierung sonstiger ausländischer Wechsel gedacht werden, ohne daß hiezu erst langwierige Gesuche an das Finanzamt notwendig wären.

Daß man im Grenzgebiet eine weitere Erleichterung des Grenzverkehres und allgemein die Aufhebung des Visumzwanges ersehnt, möchte ich auch kurz erwähnen. Besonders aus schlesischen Gebieten ging mir das Ansuchen zu, in der Budgetdebatte darauf hinzu wirken, es möchte doch endlich die Langwierigkeit der Ein- und Ausfuhrbewilligungen aufhören, soweit solche noch bestehen. Eben dort ersehnt man den Ausbau des Bahnnetzes.

Das Oppatal hat keine Bahnverbindung, das Gesuch um eine Verbindung zwischen Olbersdorf und Zuckmantel liegt seit Jahren unerledigt. Der Verkehr muß den weiten Umweg über preußisches Gebiet nehmen und der èechoslovakische Staat zahlt Hunderttausende Kronen jährlich für Achsengeld und Bahnhoferhaltung. Daß dort und anderwärts auch den Ärmsten der Erwerb durch eine volkswirtschaftlich ganz unnötige Behinderung der Ausfuhr von Beerenobst und Pilzen wieder fast ganz unmöglich gemacht wurde, ist auch eine unangenehme Folge der Erschwerung des kleinen Grenzverkehres. Auf die mangelhaften Bahnverbindungen im Grenzgebiet, auf die in Aussicht genommene Drosselung des Mitternachtsverkehres von Rumburg nach den großen Städten des nordböhmischen Niederlandes will ich nur kurz hinweisen, weil ich in dieser Hinsicht an den betreffenden Stellen vorgesprochen habe und Gesuche von den dortigen Städten vorliegen, bezüglich deren ich hoffe, daß das Ministerium ihnen aus den vorliegenden so wichtigen und berechtigten Gründen willfahren wird. Dann möchte ich noch auf eines hinweisen, nachdem ich das Wort "Grenze" erwähnt habe. Schauen Sie sich ein wenig in Nordböhmen, Nordmähren, Schlesien usw. um, so werden Sie sehen, wie auf unseren Marktplätzen und auf den Straßen in reindeutschen Gebieten der § 73 der Gewerbeordnung seine Auslegung dahin findet, daß in sprachlicher Hinsicht polizeiliche Einsprüche bei allen konzessionierten Gewerben erfolgen. Da hat man unter Berufung auf den Touristenverkehr und auf das Bewilligungsverfahren für die konzessionierten Gewerbe die Anbringung doppelsprachiger Aufschriften auf Gasthäusern und anderen konzessionierten Gewerbebetrieben veranlaßt. Wenn der § 73 berechtigt ist, dann muß er allgemeine Geltung haben, dann darf man nicht nur den èechischen Touristen, die nach Warnsdorf, Rumburg, Niedereinsiedel und in andere nordböhmische Orte reisen, Rechnung tragen, dann muß dieser Paragraph auch für die Hauptstadt Prag Anwendung finden. Hier handelt es sich nicht bloß um Touristenverkehr, hieher kommen Tausende, Abordnungen, Tausende Studenten und Bürger und nicht bloß zu touristischen Zwecken, sondern um notwendige Angelegenheiten zu erledigen. Wenn also der § 73 dort Recht hat, somüßte er auch in den Prager Straßen und Gassen, bei Gasthäusern sowie anderen konzessionierten Gewerben sinngemäß Anwendung finden.

Ich will mich aber nicht in verhältnismäßig Kleines bei dem Ernste der Staatsvoranschlagsziffern und auch, wie eingangs erwähnt, bei dessen wirtschaftlichem Teile nicht zu sehr in Politik einlassen. Ich schließe mit der Mahnung: Der Staat oder die Regierung sollen endlich von der maßlosen Übeschätzung der Leistungsfähigkeit der inländischen Volkswirtschaft ablassen. Kurz, die Klagen von Landwirtschaft, Industrie, Gewerbe und Hausbesitz lassen sich, man mag welche Seite immer hervorheben, schließlich auf das Übermaß der Teilhaberschaft des Staates an dem mühevollen Ergebnisse der Tätigkeit seiner erwerbenden wirtschaftlichen Elemente zurückführen. Dieses Übermaß muß im Sinne einer gesunden Volkswirtschaft entsprechend herabgesetzt werden. (Potlesk na levici.)

2. Øeè posl. Stenzla (viz str. 1136 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! In jenem Kulturstaate, in welchem die Gesetzgebung in die Hände der vom Volke selbstgewählten Vertreter gelegt wird, muß es diesen jedenfalls auch gestattet sein, die Wünsche und Beschwerden bei einer der wichtigsten Vorlagen der Regierung, u. zw. des Staatsvoranschlages vorzubringen. Was geschah aber bisher in diesem Parlament mit allen in 5 1/2 Jahren von den Oppositionsparteien dieses Hauses vorgebrachten Beschwerden und mit der von ihnen sachlich geführten Kritik? Es muß festgestellt werden, daß diese jahraus jahrein und nach wie vor vollständig unberücksichtigt und unbeachtet geblieben sind. Geradezu himmelschreiend ist das Vorgehen bei der diesmaligen Beratung des Staatsbudgets. Als man in früheren Jahren die Forderung aufstellte, den Staatsvoranschlag zwecks gründlicher und sachlicher Beratung der gesetzgebenden Körperschaft zeitgerecht vorzulegen, erklärte man, diesem Verlangen aus technischen Gründen nicht nachkommen zu können. Es ist einfach zu staunen, daß im heurigen Jahre plötulich alle diese technischen Schwierigkeiten verschwunden sein sollen und das Haus in die angenehme Lage versetzt war, den Staatsvoranschlag schon im Monat September zur Behandlung, Beratung und Beschlußfassung vorgelegt zu erhalten. Wenn man der Ursache nachgehen wollte, warum es heuer möglich war, den Staatsvoranschlag in dieser sonst ganz ungewohnt frühen Zeit im Hause einzubringen, haben sicherlich hiezu nicht die technischen Verbesserungen des Apparates für die Aufstellung des Voranschlages, die auf Grund der Beschwerden schon längst in den früheren Jahren hätten eingeführt werden können, die Veranlassung gegeben, sondern einzig und allein das Mene-Tekel der Neuwahlen, das von der Koalition seit langer Zeit festgehalten sein will.


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