Ètvrtek 1. øíjna 1925

Pøedseda (zvoní): Žádám pana poslance, aby se mírnil.

Posl. inž. Jung (pokraèuje): Tatsachen sind Tatsachen! Für die Richtigkeit unserer Anschauung ist schon der Umstand kennzeichnend, daß ein in den letzten Zügen liegendes Parlament sich die Beratung des Staatsvoranschlages anmaßt und daß es sich dieser Aufgabe noch dazu unter einem offenkundigen Bruch der Geschäftsordnung unterzieht, indem es unter Verzicht auf das ohnehin vorgesehene abgekürzte Verfahren sich ein unabgekürztes zurecht legt, das noch abgekürzter ist, als das abgekürzte. Über diese Art parlamentarischer Demokratie erübrigt sich jedes weitere Wort, wüßten wir nicht um den Grund dieser verdächtien Eile und legte uns dieser Umstand nicht die Verpflichtung auf, dieses Vorhaben, soweit unsere Kraft reicht, wenigstens zu erschweren. Die tauglichste Waffe hiezu wäre unserer seit jeher vertretenen Ansicht nach die Obstruktion. Kommt es dazu nicht, so muß man wenigstens das System zu beleuchten suchen. Mein Klubkollege Patzel hat sich dieser Aufgabe im Ausschuße mit aller Kraft gewidmet, hier ist sie mir zugefallen. Warum haben es eigentlich die Herren von der èechischen Seite diesmal gar so eilig? Der Herr Generalberichterstatter gab als Grund die bevorstehende Auflösung des Hauses an, eine Begründung, die selbst, wenn sie richtig wäre, auf sehr schwachen Füßen stünde. Soviel wir wissen, ist sie aber gar nicht richtig. Es handelt sich vielmehr um eine amerikanische Anleihe, ihr zuliebe hat man auch diesen Staatsvoranschlag entsprechend auffrisiert. (Posl. Simm: Die Amerikaner werden sich nicht täuschen lassen!) Wier werden sehen, wie die Dinge weitergehen werden, vielleicht werden Sie ein solches Mißgeschick erleben wie mit der Reise des Schwiegersohns des Herrn Beèka nach England. Die Èechoslovakei wandelt denselben Weg, den vor ihr die sogenannten besiegten Staaten, aber auch die Sieger- und Quasisiegerstaten gewandert sind, den Weg, den jetzt Caillaux wandelt, der sich soeben über dem großen Wasser befindet, um in Dollarika, dort, wo die einzigen wirklichen Sieger im Weltkrieg, die Herren der New Yorker Wallstrert, die Herren der Welt sitzen, über eine französische Anleihe zu verhandeln. 2 Milliarden, also ein volles Fünftel der Gesamtausgaben, sind jetzt schon hier für die Verzinsung und Tilgung der Staatsschuld vorgesehen. Die größte Ausgabenpost im Staate, und sie wird größer werden, obzwar jetzt schon alle schaffenden Kreise unter der ungeheuren Steuerlast zusammenzubrechen drohen. Gespart wird an unseren Schulen; tausende deutsche Staatsangestellten werden aus angeblichen Ersparungsgründen aufs Pflaster gesetzt. Nicht gespart wird aber in eitler Großmannsucht, und um des französischen Bundesgenossen wegen, zu dem man in guten wie in bösen Tagen steht - ob er auch dasselbe machen wird, ist noch die Frage - am Herreswesen, das mit 1.935 Millionen die zweite Ausgabspost im Staatsvoranschlag darstellt. Auf Schuldenzahlung und militärische Ausgaben entfallen also rund 40% der gesamten Ausgaben eines Staatsbudgets von 10 Milliarden, bei dem die Leistungsfähigkeit der Bevölkerung über jedes Maß hinaus in Anspruch genommen wird und das durchaus noch kein klares Bild von der Staatsverwaltung gibt. Der Herr Generalberichterstatter, Prof. Dr. Srdínko, hat zwar hier und im Ausschuß gegenüber meinem Klubkollegen Patzel stolz erklärt, es werde nicht gelingen, den Nachweis dafür zu erbringen, daß das Budget ein fiktives sei. Dieser Nachweis ist in Wahrheit gelungen und wir haben auch èechische Zeugen dafür. Verschiedene neue staatliche Einnahmen, die das Wirtschaftsleben schwer belasten, werden im Hinblick auf die in Aussicht gestellte Regelung der Bezüge der öffentlichen Angestellten beschlossen, ihr Ertrag erscheint zwar im Voranschlag zur Bedeckung allgemeiner Kosten der Verwaltung eingestellt, für die Staatsangestellten ist jedoch nichts vorgesehen. Weiter wird auch in diesem Jahre ein voraussichtlicher Überschuß des Staatsbahnbetriebes errechnet, während nach dem Bericht des Budgetausschusses der Staatsbahnbetrieb bisher alljährlich mit einem bedeutenden Abgang abgeschlossen hat. Wenn jetzt der Herr Eisenbahnminister und zu seinem Schutz auch der Herr Berichterstatter nachträglich mimit angeblichen Überschüssen des Staatsbahnbetriebes kommen, so müssen Sie selbst zugeben, daß hiebei Hunderte Millionen an Ausgaben für die Staatsbahnangestellten auf Kosten der allgemeinen Staatskasse verrechnet werden. Das ist das offene Eingeständnis, daß der Staatsbahnbetrieb infolge von Ursachen, die uns allen klar sind, passiv ist. Wenn also der größte wirtschaftliche Betrieb mit Hundertmillionenziffern herumwirft wie ein Zirkusgaukler, und wenn Ausgaben für angekündigte Maßnahmen im Staatshaushaltsplan nicht vorgesehen sind, haben wir das begründete Recht, das Budget für 1926 als ein fiktives zu bezeichnen, das nur zur Täuschung gewisser Kreise auffrisiert ist!

Angesichts der gewaltigen Ausgaben für die Staatsschuld und das Herr mit rund 40 von 100 muß sich freilich die Kultur im Staate jenes Volkes, das einen Komenius stolz zu den seinen zählt, mit einem Bettelpfennig begnügen. Ganze 890 Millionen, also kaum 9% entfallen auf sie. Gibt es eine treffendere Charakteristik zu dem èechischen Scherzworte, das da lautet: "Da behaupten die Deutschen immer, sie hätten uns die Kultur gebracht! Wo ist sie den eigentlich?" Die Kulturschande der Schulsperrungen ist erst vor wenigen Tagen hier in einer Debatte behandelt worden. Ich kann kurz auf diese Debatte und insbesondere auf das in ihr von meinem Kollegen Simm Gesagte verweisen, so daß ich mir jedes weitere Beispiel ersparen kann. Damit ist auch das erste Kennzeichen jenes ungeheuren Systems der Lüge und brutalsten Vergewaltigung gegeben, das im geraden Gegensatze zu dem steht, was in denn letzten Tagen des österreichischen Reichsrates verschiedene hervorragende èechische Parteiführer - ich verweise nur auf Tusar, Nìmec, Dr. Soukup, Klofáè, Stanìk und Dr. Stránský - als Sprecher der èechischen Parteien für die Zukunft versprachen. Die Herren haben anscheinend alles vergessen. Vergessen ist auch die Kundmachungg des èechischen sozialistischen Rates vom 12. Oktober 1918, die er an die sudetendeutsche Arbeiterschaft richtete und in der es heißt: "Wir erkennen das Selbstbestimmungsrecht auch für euch und sind der Ansicht, daß einzig die Vertreter des èechischen und deutschen Volkes in diesem historischen Augenblicke dazu berufen sind, um für die Zukunft durch Vertrag über das gegenseitige Verhältnis beider Völker zu entscheiden." Die Kundgebung war unter anderem auch vom Herrn Minister Dr. Franke, dem Post-, Ernährungs- und Einsenbahnminister in einem - ich hoffe, keine seiner Würden vergessen zu haben - unterschrieben, der sich im Haushaltsausschuß bekanntlich sehr scharf gegen die deutschen Beschwerden wandte. Ich darf daher daran erinnern, daß nach der "Národní Demokracie" er es war, der auf dem Kongreß der Internationale in Genf im Feber 1919 erklärte: "Die èechoslovakischen sozialistischen Parteien garantieren den Deutschen die vollen und gleichen Bürgerrechte, freie politische und sprachliche Entwicklung, sie sind bereit, mit dem deutschen Proletariat zusammenzuarbeiten, damit die èechoslovakische Republik als moderner Organismus aufgebaut werde, in welchem jede Nation Ilein über ihre besonderen Angelegenheiten entscheiden wird." (Posl. Patzel: Das stammt aus den Humoristické Listy!) Es scheint so. Wir können es vielleicht auch einmal in einem derartigen Blatte verwerten!

Vergessen ist auch, was der Philosoph auf dem Hradšin, der auch in der Shuldebatte einigemal angeführt wurde, in der "Washingtoner Deklaration" von 1918 versprach, in der es unter anderem heißt: "Im steten Streben nach Fortschritt wird er - der künftige Staat nämlich - die Freiheit der Gesinnung, Religion, Wissenschaft, Literatur und Kunst, des Wortes, der Presse, des Koalitions- und Petitionsrechtes garantierten." Das ist einer der zwölf Punkte. Ein zweiter Punkt lautete: "Die Minderheitsrechte werden durch verhältnismäßige Vertretungen geschützt, die nationalen Minderheiten werden volle Rechte genießen." Ein weiterer Punkt: "Die èechoslovakische Republik wird durchgreifende soziale und wirtschaftliche Reformen vornehmen." Ein weiterer Punkt: "Sie übernimmt völlig das demokratische und soziale Nationalitätenprinzip" usw.

Jetzt wollen wir einmal überprüfen, wie es in Wirklichkeit steht. Entweder ist das Iles vergessen worden, oder es war von vorneherein genau so auf Schwindel und Betrug berechnet, wie die 14 Punkte des Gauklers Wilson. Denn knapp danach fiel das Wort von den "Rebellen, mit denen nicht verhandelt wird." Knapp darauf fielen die Schüsse der èechischen Soldateska, die in der Zeit vom 18. November 1918 bis 27. Oktober 1921 116 Deutsche niederstreckten, davon allein 54 an ein em einzigen Tage, dem blutigen 4. März 1919. So sieht die Sprache aus, die die Herren mit uns zu sprechen pflegen. Es ist die Sprache des trotz der seither vergangenen Jahrhunderte nicht ausgestorbenen Hussitentums. Vielleicht sind die Methoden ein wenig kultivierter worden. Es kommt schließlich nicht auf die Form, sondern auf die Wirkung an. Tatsache ist jedenfalls, daß wir Deutschen auf ein Leichenfeld unserer Kultur und Wirtschaft blicken und daß wir politisch Hörige sind. Die in der "Washingtoner Deklaration" zugesagte "Freiheit der Presse" führt unter anderem dieses Bild treffend in Erscheinung. (ukazuje noviny). Es stellt die Folge 212 unseres Parteiblattes "Der Tag" vom 23. September laufenden Jahres dar. Von einem offenen Brief an Masaryk sind insgesamt drei Stellen übrig geblieben neben der Überschrift und der Unterschrift, drei Zitate sind es aus seinen Schriften, und dabei bin ich nicht unterrichtet, ob nicht der Staatsanwalt auch noch Zitate beschlagnahmt hat. Alles übrige ist der Zensur zum Opfer gefallen, derselben Zensur, von welcher schon vor 120 Jahren der österreichische Kaiser Franz, der alles eher als ein Verehrer der Freiheit war, erklärt: "Die Zensur ist noch blöder, als ich dachte". (Posl. Patzel: Wir haben uns dafür entösterreichert!) Da nehmen die Herren Stellung gegen Habsburg und halten sich dabei an die habsburgischen Beispiele. (Posl. Patzel: Mit den Hohenzollern haben sie sich schon ausgesöhnt!) Gewiß, wenigstens mit einer Linie!

Die "Demokratie" wird demonstriert durch diese Parlamentskomödie. Unter Hunderten von weiteren Beispielen führe ich bloß an die Behandlung der Stadt Troppau, wo die vor 1 1/2 Jahren gewählte Gemeindevertretung noch immer nicht ihre Tätigkeit beginnen kann, weil der am 14. April 1924 auch mit den Stimmmmen der Èechen neugewählte Bürgermeister noch nicht bestätigt ist. Ich verweise weiter darauf, wie die politische Landesverwaltung in Schlesien gegen die Gemeinde Neu-Oderberg vorgegangen ist. Ich habe diesen Vorgang seinerzeit in einer Interpellation behandelt und er ist nun endlich nach 1 1/2 Jahren durch einen Spruch des Verwaltungsgerichtes als kleinliche Schikane gebrandmarkt worden. Zur Vervollständigung dieses Bildes will ich auf die Auflösung der Gemeindevertretung Ludgersthal im Hultschiner Ländchen, die aus den nichtigsten Gründen erfolgte, sowie auf die Gemeinde Karwin in Ost-Schlesien hinweisen, wo am 15. September 1923 die Gemeindewahlen begonnen wurden und heute noch nicht berndet sind (Veselost na levici.) Sie wurden damals unterbrochen und man hat seither keine Zeit gefunden, den Wahlakt neu aufzunehmen. Das also ist die berühmte Demokratie, richtig gesprochen die èechische Schwindeldemokratie. Prüfen wir einmal, wie es mit der "Freiheit der Gesinnung" bestellt ist. Hiefür nur ein Beispiel, das auch im Budgetausschuß zur Sprache kam. Dem Tierarzt Pollak in Iglau wird die Nostrifikation seines an der Wiener Hochschule erworbenen Diploms verweigert, weil er in einem kleinen Kreis bei einer Gedenkfeier für die Opfer des 4. März 1919 eine, nebenbei bemerkt vom anwesenden Polizeiorgan unbeanstandet gebliebene Gedenkrede hielt. Dies, trotzdem er 3 Jahre hindurch eine staatliche Studienunterstützung bezog und sich verpflichten mußte, dafür seine Praxis hier auszuüben. Sonst hätte er längst einen Posten in Deutsch-Österreich gefunden. Dies nach einem 6 monatlichen Verfahren, trotzdem er von der politischen Landesverwaltung in Brünn bereits die Vorgenehmigung zur Ausübung der Praxis hatte und diese Praxis auch tatsächlich 3 Monate ausübte. Auf mein Einschreiten hin erhielt ich in Brünn die Auskunft, daß ein ungünstiger Polizeibericht die Ursache der Abweisung sei. Ich frage nach dem Inhalt dieses Berichtes und erdahre, daß er nur ganz allgemeiner Natur sei. Und auf meine weitere Frage, was der Mensch jetzt beginnen solle, sagte man mir in der politischen Landesverwaltung, er solle neuerlich ein Gesuch einbringen. Das geschah. Ich bin dieser Angelegenheit ein ganzes Jahr hindurch ständig nachgegangen. Es wurde na hgewiesen, daß ein gegen Pollak eingeleitetes gerichtliches Verfahren ei gestellt worden war, weil ein Irrtum in der Person vorlag. Trotzdem dieser Fall 3 Ministerien beschäftigt hat, das Landwirtschafts-, das Schul- und das Innenministerium, ist auch das zweite Gesuch in diesen Tagen abgewiesen worden. Ich habe den Genannten, bevor er die Abweisung erhielt, bereits vom Bescheide verständigen können; es haben auch Kollegen anderer Richtung sich seiner angenommen und eingegriffen. Er brachte über ihren Rat ein drittes Gesuch ein. Wie die Erledigung ausfallen wird, geht aus einer Bemerkung des Referenten im Unterrichtsministerium hervor, man wisse schon, mit wem man es zu tun habe, da ein Hakenkreuzler für ihn eingeschritten sei. So also sieht die Objektivität der höheren Beamten in den Ministerien aus. Da gibt es keinen anderen Ausdruck als: Pfui Teufel: Das sind die hohen èechischen Beamten, die den Staat als ihre Domäne betrachten. Wie ich schon anführte, hat ein anderer Kollege, Fischer von der deutschen sozial-demokratischen Partei war es, im Haushaltausschuß ebenfalls diesen haarsträubenden Fall zur Sprache gebracht. Ein Beamter des Innenministeriums hat von ihm das Aktenmaterial verlangt und sich dabei ganz unschuldig gestellt, obwohl doch das Innenministerium bei dieser Schweinerei tatkräftig mitgearbeitet hat. Jetzt wollen wir sehen, wie sich die Sache weiter entwickeln wird. Meiner Anschauung nach wird die Erledigung so ausfallen, wie bisher. So sieht also die viel gerühmte Ethik und Humanität im Zeitalter der Demokratie aus! Die Pazifisten und Humanitätsdusler, die uns Deutschen gewöhnlich gute Lehren erteilen, könnten sie anderswo besser anbringen! Hervorgehoben muß werden, daß es sich in diesem Falle in erster Reihe um das Schulministerium handelt, also um jenes Ministerium, welches seit dem Umsturz mit einer einzigen Ausnahme ständig durch èechische Sozialdemokraten besetzt war und ist, die Namen Habrman, Bechynì, Dr. Markoviè beweisen das und das sich in allen Dingen als eine wahre Spottgeburt von kleinlichem Haß, Neid und Bosheit erweist. Gerade die èechischen Sozialdemokraten scheinen das Bestreben zu haben, sich als die allergetreueste Stütze dieses auf Raub, Lüge und Korruption aufgebauten Koalitionssystems zu gebärden!

Pøedseda (zvoní): Žádám pana kolegu inž. Junga, aby laskavì se mírnil.

Posl. inž. Jung (pokraèuje): Wenn an einmal überhaupt Gelegenheit ergreift zu sprechen, muß man die Wahrheit sagen. Der Majestätsbeleidigungsparagraph gilt doch hoffentlich noch nicht für die Koalition. Was gerade diese Leute, nämlich die èechischen Sozialdemokraten, die sich ja auf Kongressen der Internationale gelegentlich als Vertreter der Internationale aufspielen, schon auf dem Gewissen haben, ist mit Worten kaum wiederzugeben.

Wie die "Freiheit des Wortes" gewahrt wird, habe ich schon im Vorjahre in einer Rede an der Hand von gerichtlichen Urteilen und Anklageschriften hier im Hause erörtert. Ich hebe einen der damals angeführten Fälle nochmals hervor, und zwar als Gegenstück gegen ein jüngst erflossenes Urteil gegen einen èechischen Finanzer, der vorsätzlich tötete. Wegen der in einer Versammlung angeblich gebrauchten, vom Angeklagten und von Zeugen bestrittenen Worte: "Nun ist es klar, daß die Gründung der Èechoslovakischen Republik ein Verstoß gegen das Selbstbestimmungsrecht war" wurde ein Troppauer Gemeindevertreter zu 14 Tagen bedingt verurteilt; das Urteil wurde auch bestätigt. Der Finanzer Kopecký aber, der bei Braundorf einen Menschen niederschoß und sich der fahrlässigen Tötung schuldig machte, wurde dieser Tage zu einem Monat bedingt verurteilt, trotzdem mehrere Zeugen ihn schwer belasteten und troztdem selbst der Finanzminister in seiner vom 19. August datierten Antwort auf eine von mir gestellte Anfrage zugab, daß Kopecký schon den chreckschuß in die Luft so abgab, daß die Kugel den Leuten um den Kopf pfiff und leicht jemanden treffen konnte. Man sieht also schon, mit wem man es zu tun gehabt hat. Jeder wird zugeben, daß der Finanzminister alles andere als ein Deutschenfreund ist. Weshalb aber diese leichte Strafe, die in diesem Falle einem Freispruch nicht unähnlich sieht? Weil Kopecký angab, die Zeugen seien Deutsche, die ihm deshalb nicht wohlwollten. Diese Angabe also genügt, daß er mit einer leichten Strafe davonkommt. Auf welche Stufe die Rechtspflege durch dieses System gesunken ist, welches den Richter um seine Unabhängigkeit brachte und ihn zu einem willenlosen Werkzeug jenes Direktoriums von 5 Männern gemacht hat, das mit seinen Unterläufeln...

Pøedseda (zvoní): Žádám pana posl. inž. Junga znovu, aby se mírnil.

Posl. inž. Jung (pokraèuje): ... tatsächlich den Staat beherrscht und den blau-weiß-roten Patriotismus zu seinen Gunsten ausnützt, habe ich schon im Vorjahre hier gekennzeichnet. Es ist das unerhört, und ich habe schon im Vorjahre in meiner hier gehaltenen Rede den Ausdruck gebraucht, daß die Justiz zur Dirne dieses Systems geworden ist!

Pøedseda (zvoní): Volám pana posl. inž. Junga za tento výrok k poøádku.

Posl. inž. Jung (pokraèuje): Dies ist kürzlich auch von einem hohen Gerichtsbeamten und von Rechtsanwälten festgestellt worden. Als jüngstes Beispiel für diese Art von Rechtspflege und für dieses System führe ich den Fall des Lehrers Ignatz Goeth in Iglau an. Er hat während seines Urlaubs in Thüringen Vorträge über die Iglauer Sprachinsel gehalten. Der Grund besteht darin, daß die Iglauer aus Thüringen eingewandert sind und daß er infolgedessen dort Interesse für diese Sprachinsel zu erwecken glaubte. Was geschieht? Nach seiner Rückkehr wird er verhaftet und befindet sich seit Wochen wegen angeblichen Hochverrats in Uutersuchungshaft. Entweder wird man jetzt einen neuen Fall Baeran konstruieren oder die Angelegenheit wird so enden, wie die unseres Parteigenossen Wicker in Nikolsburg, den man wegen angeblich geplanten Umsturzversuches 6 Wochen in Untersuchungshaft hielt únd dann schließlich wegen Übertretung des Vereinsgesetzes zu 48 Stunden Arrest verurteilte, die natürlich durch die sechswöchige Untersuchungshaft längst verbüßt gewesen sind. Was kümmert es aber diese gewissenlosen Menschen, ob jemand dadurch seinen Posten, sein Brot und seine Arbeit verliert und elend zugrundegehen muß, wenn sie nur ihrer kleinlichen Bosheit und Rachsucht Genüge tun können.

Das èechische Volk wird "durchgreifende wirtschaftliche und soziale Reformen vornehmen", heißt es weiter in der Washingtoner Deklaration. Insbesondere wird hier von der inneren Kolonisation gesprochen, also von dem, was sich unter dem landläufigen Titel "Bodenreform" hierzulande als Schandwerk erster Güte zu erkennen gibt, die Bodenreform ist zum Restgüterschacher geworden und diese werden sogar in den Zeitungen angekündigt, wie folgende Anzeige im "Venkov" vom 6. Juni beweist: "Ein Restgut von 265 Metzen mit kleinerer Mühle verkauft um 360.000 Kronen Gold und Stoèek, Realitätenbureau Prag II., Mezibranská 21." Das Bodenamt scheint überhaupt in den verschiedensten Gegenden Filialen zu haben, denn ich habe auch schon auf Bahnhöfen solche Ankündigungen gefunden. Die Arbeiter und Angestellten werden einfach aufs Pflaster geworfen, die Kleinpächter rücksichtslos gekündigt. Hiefür kann ich zwei Fälle aus der letzten Zeit anführen. In Janowitz bei Römerstadt sind die Kleinpächter der Herrschaft Janowitz gekündigt worden. Sie haben gegen die Kündigung Einspruch erhoben und wurden vom Kreisgericht Olmütz natürlich abgewiesen mit dem Hinweis darauf, daß die Gründe, die sie anführen, nämlich Gefährdung ihrer Existenz, kein Grund dafür sind, sie nicht zu kündigen. Ebenso ist es den Kleinpächtern des Restgutes Werdenberg bei Odrau ergangen. In dieser Angelegenheit habe ich beim Zuteilungskommissär in Troppau verhandelt. Wes Geistes Kind dieser Mensch und seinesgleichen sind, erhellt daraus, daß er, als ich mich noch im Vorzimmer aufhielt und er noch nicht wußte, daß ich da bin, sich folgendermaßen zu einem Besucher äußerte: "A ten posl. dr. Schollich a ten hakenkreuzler Jung." Auf das hin, mache die Tür auf und sage: "Herr Kommissär, Sie haben den Hakenkreuzler Jung gerufen, er ist schon zur Stelle." Er war darob einigermaßen in Verlegenheit und hat mir versprochen, daß die Kleinpächter ihre Pachtgründe selbstverständlich beibehalten werden. Der Kerl hat genau so gelogen, wie alle übrigen, denn die Kleinpächter haben nicht ein Stückchen ihres Pachtgrundes bekommen und der Restgutbesitzer erklärt, daß er einen derartigen Vertrag nie eingegangen sei. Da aben Sie das Bodenamt mit seiner ganzen Schweinerei sondergleichen, und das ist die berühmte innere Kolonisation, die durchgeführt wird. Daß übrigens die neuen Herren in der Ideologie des 30jährigen Krieges leben, wo bekanntlich der Grundsatz aufgestellt wurde, daß der Glaube des Fürsten maßgebend sein muß für seine Untertanen, beweist der Fall des Gutsbesitzers Koláø von Neusattel, der von seinen Arbeitern erlangt, sie müßten seine Volkszugehörigkeit respektieren und daher ihre Kinder in èechische Schulen schikken. Der Mensch ist also in seiner geistigen Auffassung auf der Stufe des Jahres 1648 stehen geblieben. Einen Blick in diese ganzen Verhältnisse gewährt eine kürzlich vom Bodenreformausschusse der Selbstverwaltungskörper veröffentlichte Statistik, die bis Ende April reicht. Darnach hat keine der 50 deutschen Gemeinden, welche um Zuteilung ersuchten, auch nur ein Stückchen bekommen und von den 460 Restgütern ist nur eines an einen angeblichen Deutschen gefallen. Der krasseste Fall ist wohl der von Marienbad. Er zeigt, daß das Boden amt machen kann, was es will, und er zeigt auch, daß ein großer Teil der èechischen Öffentlichkeit, welche die Verhängung der Zwangsverwaltung bekanntlich jubelnd begrüßte, bar ist aller Rechtsbegriffe; und er zeigt auch, daß heute noch die Worte des Chronisten vom Konstanzer Konzil zutreffen, der gewisse Vorsichtsmaßregeln, die die Bürger von Cons tanz trafen, damit kennzeichnete: "Die - weil die Herren aus Böheim das Mausen nicht lassen könnten."

Die nationalen Minderheiten werden volles Recht genießen, heißt es in der Washingtoner Deklaration. Wie dieses Recht aussieht, beweisen unter anderem die rein èechischen Aufschriften in Wagen auch jener Züge, die durch rein deutsches Gebiet, oder, wie Sie es zu nennen belieben, verdeutschtes Gebiet fahren. Dies beweist die Behandlung der Staatsangestellten, die Sprachenprüfungen, das Verbot des Gebrauches der deutschen Sprache in Amtsräumen und endlich als Krönung des ganzen der Zwangsabbau. Über diese Maßnahme muß ich einige Worte verlieren, weil der Herr Generalberichterstatter die kühne Behauptung wagte, es seien mehr èechische als deutsche Bedienstete abgebaut worden. Es wäre nur in Ordnung, daß mehr Èechen abgebaut würden, weil sie ja naturgemäß stärker vertreten sind, als wir, ja selbst weit stärker als dem Schlüssel der Bevölkerung entspricht. Aber, daß die Behauptung des Berichterstatters nicht zutrifft, erweist die Wirklichkeit. Ich schildere die Verhältnisse bei den Staatsbahnen. Hunderte von deutschen Bediensteten, welche bei den Sprachenprüfungen nicht entsprochen haben, wurden mit "ungenügend" qualifiziert. Es handelt sich dabei aber keineswegs um unfähige Leute, sondern durchwegs um tüchtige und fleißige Beamte mit hoher Befähigung, die kurz vorher noch erstklassige Beschreibungen aufwiesen. Es hat sich auch durch das Nichtbestehen der Sprachprüfungen keineswegs an ihrer Dienstleistung etwas geändert, denn sie blieben bis zum Abbau auf ihren Posten, die sie mit gleichem Fleiße versahen, wie vorher. Der Vorgang, deutsche Beamte mit einwandfreier Dienstleistung und hoher Befähigung ungenügend zu beschreiben, gründet sich auf einen Erlaß des Eisenbahnministeriums, Zahl 57.699 vom Jahre 1924. Wie unlogisch dieser Vorgang ist, erhellt daraus, daß so mancher bei der kurz darauf erfolgten Pensionierung die Anerkennung für seine jahrelangen, zu friedenstellenden und ersprießlichen Dienste ausgesprochen erhielt. Mit Namen kann ich dienen, wenn es erwünscht ist. Es erscheint somit nachgewiesen, daß es trotz angeblicher mangelhafter Befähigung zum Dienst wegen wirklicher oder angeblicher Unkenntnis der Dienstsprache doch möglich ist, ersprießliche Dienste zu leisten. Ich der letzten Zeit hat die Staatseisenbahnverwaltung diesen Vorgang wider alles Recht auch auf die bisher noch nicht unifizierten Bediensteten der Aussig-Teplitzer und der Buschtìhrader Bahn ausgedehnt. Die Staatsbahndirektion Prag-Nord ging soweit, kurz vor dem Vorrückungstermin alle deutschen Beamten zur Prüfung einzuberufen, welch am genannten Tage vorrücken sollten. Auch solche Bedienstete werden einberufen, welche sich im Krankenstand befanden und in kurzer Zeit in den Ruhestand treten sollten, nur um ihnen noch die Vorrückung nehmen zu können. Der Abbau deutscher Beamten und Bediensteter erfolgt überwiegend in einer Art und eise, die dem Gesetz geradezu widerspricht. Deutsche werden abgebaut, trotzdem sie unversorgte Kinder haben, während èechische Bedienstete, die kinderlos sind, im Dienste verbleiben. Mit Beispielen kann ich auch auf diesem Gebiete dienen. Dr Abbau deutscher Beamter ist auch zum größten Teil zurückzuführen auf die Hetzereien und Denunziationen der sogenannten èechischen Schutzvereine, in erster Reihe der "Severoèeská Jednota" und der "Severomoravská Jednota". Die haben viel Elend Deutscher auf dem Gewissen. Die Hetzbriefe dieser Körperschaften werden mit den entsprechenden Verzeichnissen unmittelbar den Mitgliedern der Abbaupìtka im Eisenbahnministerium übergeben, die dann den Abbau der vernaderten Bediensteten herbeiführt. Ja, die Dienstleistung so manches èechischen Beamten beschränkt sich nur darauf, seine deutschen Kollegen möglichst zu vernadern. Wenn Sie wollen, habe ich auch hiefür Beispiele zur Verfügung und kann Namen anführen.

Noch eine Angelegenheit möchte ich berühren, die ich schon einigemal behandelte. Ich verweise auf das Elend der noch immer enthobenen 49 deutschen Eisenbahner, die sofort nach dem Umsturz enthoben wurden und bis heute weder eine Pension bezogen, noch in den aktiven Dienst übernommen worden sind. Nur wenige von ihnen erhalten eine geringfügige Beihilfe. Und weshalb das alles? Weil die Ratifizierung des Vertragesder Konferenz der Nachfolgestaaten, der die Lösung dieser Frage beinhaltet, bisher noch nicht erfolgt ist. Eine schöne Illustration zu dem angeblich sozialen Geist, der hierzulande herrscht!

Die Schnüffelei und Bevormundung nimmt in diesem Staate der Freiheit, dessen Verteidiger, weil Nutznießer, sei Vorzüge täglich in den grellsten Farben schildern, nachgerade lächerliche Formen an. Sogar der Tanzunterricht wird von Staatswegen geregelt und bald werden auch Greislereien und Gemüsehandlungen darankommen. Mein Klubkollege Wenzel hat in den letzten Tagen eine Interpellation eingebracht, welche sich mit der staatlichen Regelung des Tanzunterrichtes und mit der Prüfung der Tanzlehrer befaßt. Dieses Zeitdokument will ich denn doch zur Verlesung bringen, weil es fürdie staatsmännische Weisheit, die hierzulande herrscht, einen geradezu sprechenden Beweis liefert. Es ist enthalten im Amtsblatt 2 der politischen Bezirksverwaltung Tetschen und lautet: "Regelung des Tanzunterrichtes und der Anstandslehre. Die politische Landesverwaltung hat auf Grund der Ermächtigungdes Ministeriums des Innern" - sogar der Herr Innenminister wird mit dem Tanzunterricht belästigt - "vom 1. März 1924 Zl. 57507 mit dem Erlaß Zl. 377.271 vom 18. Nove ber 1924 angeordnet, daß jeder Bewerber um Bewilligung des Tanzunterrichtes und der Anstandslehre, bezw. um Verlängerung oder Erweiterung seiner Konzession sich einer Prüfung unterziehen muß." Ich werde nun mit wenigen Worten den weiteren Inhalt sagen. Diese Prüfung hat zu umfassen: 1. Moralwissenschaft, und zwar Rechtsnormen, die sich auf den Tanzunterricht beziehen - geben Sie acht, wie wir uns entösterreichert haben - maßgebend ist das Hofdekret vom 6. Jänner 1836, politische Gesetzessammlung Band 64. Also, glänzend weit sind wir schon in der Entösterreicherung gekommen! Weiters sind maßgebend der Erlaß der ehemal gen Statthalterei vom 5. August 1855, Zl. 31, ferner polizeiliche und Rechtsvorschriften, deren allgemeine Kenntnis bei jedem Intelligenten vorausgesetzt werden kann. Weiters besteht die Prüfung: in Literatur, wobei eine kurze Geschichte der èechischen Literatur verlangt wird und in Geschichte, nämlich eine kurze Geschichte der èechischen Nation in großen Hauptzügen. Sogar Geographie muß der Tanzlehrer kennen, endlich praktische Anstandslehre, Geschichte des Tanzes, Gesundheitswissenschaft, Aesthetik, tanzwissenschaftliche Erziehung, praktische Kenntnis des Tanzes und Kenntnis der Unterrichtsmethoden sowie der "Èeská Beseda". Es soll also in Hinkunft auch dieses Gewerbe wohl nur den Èechen offen bleiben. Darum andelt es sich. Man sieht also, wie tief bereits der Eingriff in unser Leben geht und daß nichts vor dem Zugriff der Herren von der Staatsnation sicher ist. Das waren so einige Streiflichter.


Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP