Støeda 30. záøí 1925

Místopøedseda dr. inž. Botto (zvoní): Volám pána poslanca k poriadku pre tento výrok.

Posl. Schälzky (pokraèuje): Ich zeige Beweise auf, z. B. von der Generalversammlung, die von der Nár. jednota heuer in Olmütz abgehalten wurde, wo der staatliche Funktionär Werner über die Bodenreform in Nordmähren und Schlesien berichtete. Nur einige Gedanken aus diesem Berichte will ich vorlegen: "So führten wir tausende Hektar guten Ackerbodens in èechische Hände über, um dadurch unseren und der Republik Bestand fest zu sichern." Wir können das nicht anders als Raub des Bodens und Èechisierung nennen. (Hluk.)

Místopøedseda dr. inž. Botto (zvoní): Prosím o ticho.

Posl. Schälzky (pokraèuje): Dann weist er darauf hin, wie 17 èechische Kolonistenfamilien aus Polen herbeigezogen und im Weibersdorfer Gebiet angesiedelt wurden. Dann heißt es: Wir drücken die Sprachgrenze zurück in die Berge und die Kolonisation im heurigen Jahr wird sie hoffentlich völlig zurückdrangen. (Posl. dr. Luschka: Wo ist das Schutzgesetz?) Diese Frage könnten wir hier aufwerfen, auch die Frage, ob bei dieser Versammlung ein Regierungsvertreter anwesend war und aufmerksam gemacht hat, und auch so wie bei unseren Versammlungen achtgegeben hat, um einen Anklagepunkt zu finden. Dann weiter von der Bodenreform in Partschendorf und Sedlnitz gesagt, daß sie sicher zum sozialen Siege führen und das deutsche Kuhländchen nach Durchführung der Bodenreform zerschlagen würde. Genug von dem. Nur zur Illustration sei es angeführt, wei das ein halbamtlicher Bericht ist, der da erstattet wurde. Für eine gerechte soziale und von wirtschaftlichen Grundsätzen geleitete Bodenreform wird jeder soziale und fortschrittliche Mensch eintreten, aber für eine Bodenreform wie sie hier in diesem Staate geübt wird, die nichts anderes darstellt als deutschen Bodenraub und eine Verdrängung der deutschen Arbeiter und Angestellten von ihrem Platze..

Místopøedseda dr. inž. Botto (zvoní): Volám vás k poriadku, pán poslanec.

Posl. Schälzky (pokraèuje): ... eine Vernichtung oder Herabminderung und Herabsetzung des deutschen Besitzstandes muß man sich vom Standpunkt des natürlichen Rechtsgefühls mit Entschiedenheit kehren. Über das deutsche Eigentum an Grund und Boden entscheiden èechische Výborleute, deren Einfluß im Bodenamt maßgebend, vielfach einzig maßgebend ist, und die denn auch für sich und für ihre Günstlinge einen Schacher und Handel mit Restgütern zu Schleuderpreisen treiben. Ich könnte hinweisen auf Zeitungsnotizen. Ich habe mir eine solche herausgeschrieben von der Národní Politika vom 22. April 1925, wo selbst jemand anbietet: Verkaufe Restgüter zum Ursprungspreis, Anfragen unter so und soviel. Da sieht man so recht den "sozialen und wirtschaftlichen" Charakter dieser Bodenreform. Es würde uns sehr interessieren, eine Zusammenstellung über die Namen der Restgutbesitzer und vielleicht auch über den Preis, zu dem sie das Restgut erstanden haben, zu Gesicht zu bekommen. Von den wirtschaftlichen Folgen der Bodenreform, dem Rückgag der Produktion, der Belastung der Handelsbilanz usw. will ich bei dieser Gelegenheit gar nicht reden, sondern nur auf das nationale Unrechthinweisen, das damit geschieht. Die èechische Bodenreform ist geboren aus dem Geist der Rache für den Weißen Berg, und unter diesem Gesichtswinkel ist die Politik hierzulande eingestellt. Selbst der Präsident des Bodenamtes Dr. Viškovský hat in seinem Bericht vom 28. Oktober 1922 als die Aufgabe der Bodenreform hingestellt: 1. Die politische Wiedervergeltung und Genugtuung für das Unrecht der Nachweißenberger Zeit, 2. die Errichtung eines neuen Systems in unserer Landwirtschaft. Dabei müssen es sich die Herren gefallen lassen, daß wirkliche Geschichtsforscher aus ihren eigenen Reihen die Leute erst die Geschichte lehren müssen, wie Pekaø in seiner bekannten Broschüre über Irrtümer der Bodenreform, daß zum großen Teil èechischer, aus alten gut èechischen Geschlechtern hervorgegangener Adel es war, der die nach der Schlacht am Weißen Berge konfiszierten Güter zusammenkauften oder auch teilweise zum Geschenk erhalten hat. Ein typisches Beispiel für das Unrecht, das mit der Bodenreform geschieht, sind die Gewaltmaßnahmen des Bodenamtes im Falle Marienbad, die die hiesigen Rechtsverhältnisse auch im Ausland ins richtige Licht gestellt haben. Tausende Ausländer kennen aus Erfahrung die musterhafte Führung und Ausgestaltung dieses Weltbades durch das Stift Tepl. Für die Ausländer erscheint es einfach unbegreiflich, wie ein staatliches Amt über die Entscheidung des Obersten Gerichtes sich ohne weiteres hinwegsetzen kann. Gerade dieser Fall wird die weitesten Kreise des Auslandes auf die Methoden der Gewaltpolitik in diesem Staate aufmerksam machen, und der Herr Dr. Hnídek wird große Arbeit haben, wenn er das Ausland zu der Überzeugung bringen will, die er vorhin ausgesprochen hat, daß hier die Minderheiten äußerst loyal behandelt werden und nur zufrieden sein könnten. Ich will nicht sagen, welche Verletzungen des Minderheitenvertrages, des Memoire III etc. vorliegen, ich will nur diesem krassen Fall des Unrechtes erwähnen, der auch in unserer Bevölkerung so furchtbar Staub aufgewirbelt hat. Pekaø sagt, daß die Gewalt und das Unrecht die ungeeignetsten Methoden im nationalen Kampfe sind. Der Herr Berichterstatter Dr. Srdínko hat gesagt: Wir haben den Staat auf vier Grundlagen aufgebaut: Verfassung, Sprachengesetz, Wahlgesetz und die Bodenreform. Wir sagen: Dieser Grundpfeiler ist sehr wackelig. Wie sich die nationale Zurücksetzung auf dem Gebiete des deutschen Schulwesens auswirkt, davon hat die kurz abgeschlosene Schuldebatte Material genug gezeitigt. Die 3.618 deutschen Schulen, die das deutsche Volk seit 1918 eingebüßt hat, lassen sich nicht durch den Geburtenrückgang und auch nicht durch Ersparungsmaßnahmen rechtfertigen, wenn man zu gleicher Zeit bei den Èechen nur 635 Schulklassen aufgelassen hat und dabei über 1.000 èechische Minderheitsschulen neu errichtete, oft nur für ein oder wenige Kinder, für die man große schöe Schulpaläste im deutschen Sprachgebiete baut. Diese Verluste am deutschen Schulwesen empfindet das deutsche Volk überaus schwer. Das geht aus der Erregung hervor, die alle Gebiete unseres deutschen Volkes, unserer deutschen Heimat in den letzten Wochen durchbebt, seitdem die neuen Schuldrosselungen bekannt wurden. (Posl. Böhr: Wo bleiben die deutschen Minderheitsschulen für die Kinder der versetzten deutschen Staatsbeamten?) Darum kümmert man sich nicht. Es hat Herr Dr. Spina in seiner Rede sehr gut gesagt, daß es bezeichnend ist, daß die Erregung, die das deutsche Volk wegen Nichteinlösung der nichteingelösten Kriegsanleihe erfaßt hat, nicht so groß war, als die Erregung über die Drosselung der deutschen Schulen und die Herabsetzung der Bildungsmöglichkeit. Diese Zurücksetzung der Deutschen im Schulwesen findet man auf allen Gebieten von der Hochschule angefangen bis zu den Volksschulen. Bezeichnend sind auch die Zahlen des staatlichen Schulbauprogrammes. Von 121 Millionen für Investitionen sind 7 3/4 Millionen für deutsche Schulbauten und 94 1/2 Millionen für èechische Schulen. Für das èechische Fachschulwesen werden 3 1/2 Millionen, für deutsche nur eine viertel Million zur Verfügung gestellt. Dabei haben wir 3 1/2 Millionen Deutsche keine deutsche Tierarzneischule, wir haben keine Handelshochschule, und die Studenten, die diese Fächer im Ausland studieren, sind bei Nostrifizierung ihrer Zeugnisse dann allen erdenklichen Erschwernissen unterworfen. Es ist interessant ganz kurz zur Charakterisierung auf den Unterschied hinzuweisen, was für Unterrichtszwecke und was fürs Militär ausgegeben wird: 890 Millionen gegen 1935 Millionen. Die Èechisierungsmaßnahmen zeigen besonders in der deutschen Beamtenschaft ihre traurigen Folgen. Von den Abbaumaßnahmen sind in erster Linie die deutschen Angestellten betroffen. Das läßt sich auch nicht wegleugnen. Wie dabei vorgegangen wird, zeigt folgender bezeichnender Fall: Vor einigen Monaten erschien der Schematismus der Finanzangestellten in Schlesien. Dieser Schematismus zählt 198 Beamte. Da war zu ersehen, daß knapp vor Torschluß, am 31. Dezember 1923 41 neue èechische Praktikanten aufgenommen wurden, während am 1. Janner, am nächsten Tage die gesetzlichen Abbaumaßnahmen einsetzen sollten. Ich weiß, daß von diesen neuaufgenommenen Praktikanten mehrere waren, die ins geschlossene deutsche Gebiet gekommen sind, ohne auch nur ein Wort deutsch zu verstehen, wo sie gezwungen sind nur mit deutschen Parteien zu verhandeln. Die werden aufgenommen und bei den alten deutschen Beamten wird der Abbau durchgeführt. Daß beim Abbau zu radikal vorgegangen wird hat auch der Postminister Dr. Franke im Budgetausschusse zugestanden, wo er von schmerzlichen Lücken sprach, die der Abbau verursachte. Trotzdem erklärte er, daß die gesetzlichen Rechte der Staatssprache bis in die letzte Konsequenz bei Post und Bahn gewahrt werden. Von der Sprachenprüfung hat er nicht gesprochen, dafür erfahren viel mehr unsere deutschen Beamten und Angestellten wie diese durchgeführt werden. So bilden die Bestimmungen des Sprachengesetzes, das noch heute der Durchführungsverordnung entbehrt, eine Handhabe, die Deutschen von ihrem Arbeitsplatz zu verdrängen und das deutsche Gebiet imme mehr und mehr mit èechischen Beamten und Angestellten zu durchsetzen. Der ganze Abbau bringt nur eine Ersparnis von 225 Millionen, wobei noch die verschiedenen Entschädigungsleistungen und Abfertigungen an die abgebauten Beamten nicht eingerechnet sind (Výkøiky posl. Böhra.), die dann das Heer der Arbeitslosen und all das Elend noch vermehren werden.

Es ist bezeichnend für den Geist, der da herrscht, daß selbst die sozialen Gesetze, auf die man sich in diesem Staate so sehr zu gute tut, vom Geist des Chauvinismus durchdrungen und getragen sind, so daß wir wiederholt, insbesondere bei der Sozialversicherung, bei dem Kriegsbeschädigtengesetz usw. über die Benachteiligung der Deutschen und die Vernachlässigung der Rechte der Deutschen klagen mußten. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Buøíval.)

Einen Beweis für die Willkür der Verwaltung bietet das Hultschiner Ländchen. Seit 5 1/2 Jahren herrscht dort ein gesetz- und verfassungswidriger Ausnahmszustand. Aller Haß gegen das deutsche Volk tobt sich dort trotz Schutzgesetz und sogenannten Minderheitsschutz aus. Ungezählte Strafen, willkürlich aufgelöste Gemeindevertretungen zeigen den Geist der dortigen Verwaltung.

Die erwerbende Bevölkerung ruft immer wieder nach einer Ermäßigung des unerträglichen Steuerdruckes. Nach dem Voranschlag ist damit nicht zu rechnen. Es bleiben die verschiedenen Steuern, namentlich werden die das Erwerbsleben so sehr drückenden Steuern in ilhrer Höhe vermehrt, z. B. die Kohlensteuer erscheint um 300 Millionen, die Einkommensteuer von 800 auf 995 Millionenerhöht, die allgemeine Erwerbsteuer von 247 auf 250 Millionen, die Erwerbsteuer der zur öffentlichen Rechnungslegung verpflichteten Unternehmungen von 248 auf 280, die Umsatzsteuer soll wiederum einen Ertrag von 1590 Millionen ergeben. Von den Verbrauchssteuern soll die Zuckersteuer eine Erhöhung von 164 auf 172 Millionen ergeben, die Getränkesteuer wird von 189 auf 220 Millionen erhöht. Daß bei den Steuern das deutsche Volk ganz besonders kräftig gepackt wird, ist klar. Dafür aber hört man überall Klagen über die Zurücksetzung der Deutschen bei Vergebung der staatlichen Lieferungen. Der Arbeitsminister hat im Ausschusse erklärt, daß sich hierbei die Regierung nicht von nationalen Gesichtspunkten leiten läßt, sondern nur von der Güte der Leistung. Es ist wirklich recht auffallend, daß die deutsche Wirtschaft auf einmal leistungsunfähig ist und so minderwertig erscheint. Aber nur bei der Vergebung der staatlichen Lieferungen ist dies so! Die Deutschen müssen einen beträchtlichen Teil, wir können sagen, den Groß teil der Steuern aufbringen, damit diese staatlichen Lieferungen vergeben werden können. Aber von der Vergebung werden sie ausgeschlossen.

Solange der Staat infolge seiner politischen Einstellung linen derartigen Militarismus erhalten muß, ist einerseits die Herabminderung der Steuerlast, anderseits aber auch eine Erhöhung für die kulturellen und sozialen Aufwendungen nicht möglich. Man hat ausgerechnet, daß für den Militarismus seit dem Bestand der Republik 17·84 Milliarden, also fast ein Fünftel der ganzen Staatseinnahmen aufgewendet wurde. 1935 Millionen haben wir im Budget für den Militarismus und dabei noch über 2 Milliarden als Zinsen für die Staatsschuld, die zum großen Teile wieder dadurch hervorgerufen wurden, daß das Militärbudget zu hoch ist. Gerade diese Ausgaben müssen den schärfsten Widerwillen hervorrufen, wenn der Staat in solcher Weise sich Ausgaben leistet und sich in anderer Beziehung wichtigen Verpflchtungen entzieht, wie wir es bei der Kriegsanleihe gesehen haben. Diese Wunde ist nicht verheilt und kann nicht verheilen. Von den 9 Milliarden sollen 5·8 Milliarden zum Umtausch vorgelegt worden sein, so daß also über drei Milliarden ohne Entschädigung blieben. Wenn wir den fünffachen Friedenswert annehmen, bedeutet das einen Verlust von 15 Milliarden, die zum überwiegendsten Teil einen Verlust des deutschen Volksvermögens darstellen. All dieses Unrecht, die ganze Kette von Gewalt und Unrecht, unter dem wir leiden, folgt aus der falschen Einstellung des Staates als èechischer Nationalstaat. So lange dieses System dauert, können wir der Regierung kein Vertrauen entgegenbringen und gibt es für uns Deutsche wie auch für die gesamten Minderheiten des Staates nur eine Parole: Das ist der Kampf gegen das System der Gewalt und des Unrechtes. (Souhlas na levici.)

3. Øeè posl. dr. Kafky (viz str. 814 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Die erste ewählte Volksvertretung des èechoslovakischen Staates befindet sich seit mehreren Monaten im Zustande der Agonie. Allerdings gelingt es hie und da, durch die Injektion von heroischen Mitteln für kurze Zeit ein Scheindasein vorzutäuschen, aber an der Hoffnungslosigkeit des Zustandes ist nicht zu zweifeln. Und trotzdem hat man den Mut, einem solchen Organismus zuzumuten, Entscheidungen von größter Tragweite zu treffen, Entscheidungen, die weit in die Zukunft zu wirken bestimmt sind, trotzdem mutet man ihm zu, den Staatsvoranschlag - ich will nicht sagen zu beraten - aber jedenfalls parlamentarisch oder scheinparlamentarisch zu erledigen. Der Vergleich liegt nahe mit dem Schicksal eines armen Sterbenden, dessen letzte Minuten zynische Ärzte und Anwälte dazu mißbrauchen, ihm zur Unterschrift ein Testament zu unterschieben, welches er bei klarem Bewußtsein nie unterfertigt hätte. Leider fehlt in unserem Falle ein Zivilgericht, das dieses Testament für ungültig erklärt, und ein Strafgericht, das dieses Manöver richtig beurteilt.

Meine Herren! Wir stehen aber nicht nur an einem Totenbett, die Schatten des Todes senken sich auch über einen Organismus, der in diesem Staat seit je viel mehr bedeutet hat als das Parlament: Die Götzendämmerung der Koalition hat begonnen. Ich zweifle nicht daran, daß Sie, durch irgendwelche künstliche Mittel auch hier für kurze Zeit das ohnehin getrübte Bewußtsien des armen Kranken neu aufleben lassen werden. Aber es ist immerhin die Zeit gekommen, an den Nekrolog zu denken. Wenn man Nekrologe schreibt, soll man sich dessen bewußt sein, daß es in dieser Welt, in der überhaupt kaum eine Vollkommenheit existiert, keine ganz schwarzen Teufel gibt und keine ganz weißen Engel. Und so habe ich mich in meinem Drange nach Objekrivität bemüht, auch in der Koalition irgendein gutes Haar zu finden. Sie werden begreifen, meine Herren, nicht nur die Herren von dieser, sondern ebenso die Herren von jener Seite, daß das ein sehr undankbares und sehr mühsames Beginnen war. (Posl. Bechynì: Dokonce heroická!) Jawohl, heroisch, wie Kollege Bechynì mit Recht sagt. Es ist mir denn auch nun gelungen, eine einzige gute Eigenschaft an Ihrem System zu finden, und diese gute Eigenschaft mit dem Vorbehalt, ob sie überhaupt und insbesondere in der Politik eine gute Eigenschaft ist, nämlich Ihre Konsequenz, eine Konsequenz, die Sie allerdings nicht immer betätigen, die Sie aber jedenfalls unbedingt zeigen in Ihren grundlegenden Sünden, die für Sie charakteristisch sind.

Meine Damen und Herren! Das System der Koalition hat vor Jahren mit Gewalt und Unaufrichtigkeit eingesetzt, das System der Koalition hat sich durch diese ganzen Jahre mit Gewalt und Unaufrichtigkeit fortgefrettet und mit Gewalt und Unaufrichtigkeit beschließen Sie den ersten und, wie ich hoffe, letzten Abschnitt Ihrer glorreichen Tätigkeit. Wir können das und Ihre Fortschritte in diesen Qualitäten bewundern, wenn wir uns die Entwicklung des Parlamentarismus ein wenig vor Augen halten, wenn wir einen Ausschnitt aus Ihrer parlamentarischen Tätigkeit herausheben, wenn wir die Art und Weise ins Auge fassen, wie Sie die Staatsvoranschläge im Laufe der Jahre behandelt haben. Zuerst haben Sie Zeit gelassen zur Verhandlung, zuerst haben Sie, wenn auch nicht mit voller Aufrichtigkeit, so doch jedenfalls wenigstens äußerlich der Opposition die Möglichkeit gegeben, über Anträge, an denen ihr lag, mit Ihnen zu sprechen. Sie haben hie und da in den allerersten Jahren ausnahmsweise einen Antrag angenommen, allerdings nur Resolutionsasanträge, von denen Sie üiberzeugt waren, daß Ihre Regierung, an die sie gerichtet waren, sich ohnehin nicht daran halten werde. Ein Jahr später waren Sie schon so weit, alle Abänderungsanträge grundsätzlich abzulehnen. Im nächsten Jahr war bereits der Fortschritt erzielt, daß der Herr Generalberichterstatter von vornherein alle Hoffnungen auf sachliche Behandlung von Abänderungsanträgen und Vorschlägen von unserer Seite verscheuchte, indem er seine ersten Worte dazu benützte, zu sagen: Laßt alle Hoffnung fahren; was immer Ihr vorbringt, es ist bloß geredet und ohne jede Bedeutung! Und schließlich und endlich haben Sie im heurigen Jahr alle Scham abgeworfen, Sie haben die Beratung des Staatsvoranschlages, jene parlamentarische Verhandlung, die in allen Parlamenten der Welt den Höhepunkt der parlamentari schen Tätigkeit bildet, zu einer Komödie herabgewürdigt. Denn was haben Sie getan? Zu der Zeit, als Sie noch ganz unter sich waren, schufen Sie sich eine Geschäftsordnung, die ein Meisterwerk genannt werden muß, die sehr verständlicherweise ein Meisterwerk geworden ist in der Unterdrückung all dessen, was der jeweiligen Majorität unbequem sein könnte, weil Sie ja die besten Fachmänner der Obstruktion in Ihren Reihen hatten, als Sie diese Geschäftsordnung machten. Und so haben Sie fast für jede Situation eine Vorkehrung getroffen; aber es gibt im politischen Leben groteske Situationen, die auch die Meister der Obstruktion nicht voraussehen konnt. So hat es sich ergeben, daß man in diesem Jahre den Staatsvoranschlag sehr rasch verabschieden wollte, weil man die Wahlen will. Daß man die Wahlen will, ist durchaus berechtigt, unberechtigt aber ist es, daß man das Budget noch rasch vor den Wahlen erledigt, man ist vor der Zusammensetzung des künftigen Parlamentes ein wenig ängstlich und vor allen Dingen hat die Rücksicht auf das Ausland und das Bedürfnis nach einer Auslandsanleihe hier eingewirkt. Der Wunsch, das Budget bald in der Tasche zu haben, kam nun in Konflikt mit den Vorschriften Ihrer Geschäftsordnung. Diese Geschäftsordnung sieht für die Behandlung des Budgets selbst im abgekürzten Verfahren Minimalfristen vor. Selbst diese Minimalfristen werden aber nicht eingehalten, und Sie finden sich mit diesem Bruch Ihrer eigenen Geschäftsordnung ab, indem Sie sagen: "Ja, diese Fristen sind nur für das abgekürzte Verfahren, aber für das no rmale Verfahren gelten sie nicht." Das heißt, wenn das abgekürzte Verfahren vorgesehen ist, dann hat man selbst im Revolutionsparlament die Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen für die Minorität empfunden; aber man umgeht diese Schutzmaßnahmen, indem man das abgekürzte Verfahren nicht durchführt und meint, daß man darum auch um die Minimalfristen herumkommen kann. Ja, meine Herren, Sie haben glänzende Gesetze gemacht, glänzend nicht unter dem Gesichtspunkte ihrer Wirkung auf die Bevölkerung, aber glänzend vom Standpunkte ihrer Methoden und Systeme. Aber auch die besten Gesetze in Ihrem Sinne helfen nicht, und da tritt nun der Gesetzgebung würdig an die Seite die Jurisprudenz. Ich habe einmal gesagt, daß es viele Staaten gibt und gab, in denen eine Kabinettsjustiz existiert. Sie aber haben sich etwas ganz besonderes geschaffen, nämlich eine Kabinettsrechtswissenschaft. Und es finden sich bei Ihnen bedauerlicherweise immer wieder Leute, Juristen, die die Unmöglichkeiten Ihrer Auslegungen mit scheinjuristischer Argumentation zu legitimieren den Mut haben. (Posl. dr. Hanreich: Das sind Doktoren der Linken!) Ja. Zwei Wissenschaften sind in dieser Republik glänzend entwickelt worden, die Koalitionsjurisprudenz und die Koalitionstechnik. In alledem liegt eine furchtbar ernste Mißachtung der Demokratie und des Parlamentarismus. Heute wenden sich die Wirkungen dieses Systems gegen uns, aber Sie dürfen nicht vergessen, daß Ihre Methoden allmählich zur Tradition des èechoslovakischen Parlamantes geworden sind und daß die Auswirkungen dieser Tradition einmal auch einzelne Ihrer Parteien am eige Leibe in sehr unliebsamer Form spüren werden.

Nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, nach dieser Einleitung zu meiner Aufgabe des Nekrologes, zu einer kurzen Bilanzziehung aus Ihrer hervorragenden und glorreichen Tätigkeit in diesem Staate. Zunächst die Außenpolitik! Vergleichen Sie doch die Situation des Jahres 1919 und die des Jahres 1925. Es ist kaum jemals einem Staate beschieden gewesen, in einer derart glänzenden auß enpolitischen Konjunktur das Licht der Welt zu erblicken wie Ihrem Staate. Sie waren getragen von dem Wohlwollen aller jener Mächte, die damals die Welt beherrschten. Sie orientierten sich durch ihre Auslandpolitiker während des Krieges an die Seite des Siegers und Sie haben nach dem Kriege selbstverständlich sich eingeführt in den Organismus des Lagers der Sieger. Begreiflich, weil damals die Situation so war, daß Europa und die Welt geteilt waren in die Lager der Sieger und des Besiegten und weil damals Deutschland für eine gewisse Zeit unbedingt zum bloßen Objekte der internationalen Politik verurteilt war.

Aber schon hier, schon in diesen Tagen, beginnt der kolossale Fehler Ihrer gesamten Außenpolitik, Ihr Mangel an Voraussicht. Kein vernünftiger Mensch, kein Mensch mit Einsicht in Realitäten konnte annehmen, daß diese Spaltung der Welt in zwei Lager etwas Dauerndes sein würde. Kein Mensch konnte glauben, daß ein Staat von 60 Millionen mit allen seinen sittlichen, geistigen und materiellen Kräften, im Herzen Europas gelegen, für eine längere Zeit ausgeschaltet sein könne von der Mitbestimmung des in ternationalen Geschehens. Sie aber haben Ihre Politik eingerichtet nur auf die Konstellation des Krieges, in der irrigen Meinung, daß diese Konstellation eine ewige sein werde. Und nun sehen Sie das Resultat. Was bietet Ihnen heute, meine Damen und Herren, die Kleine Entente, dieses vielgepriesene Gebilde, dessen internationale Unbeliebtheit nur übertroffen wird durch seine internationale Bedeutungslosigkeit? Sie haben Annäherung gesucht an Polen. Nun, Sie haben diesem Polen sehr wertvolle Sekundantendienste geleistet gelegentlich der Entscheidung über Oberschlesien; Sie haben es noch im heurigen Frühjahr als notwendig befunden, die Fronde Polens gegen das Anbot Deutschlands an Frankreich entweder wirklich mitzumachen oder doch den Schein zu erwecken, als ob Sie diese Fronde mitmachen würden. Und Sie haben den Lohn für diese Annäherung erhalten in der Behandlung des Handelsvertrages, in der Erledigung der Zollfrage - wirtschaftlich - und politisch sehen Sie an der Notwendigkeit, einen Schritt in Deutschland ohne Polen zu unternehmen, in wieweit ihre Gemeinsamkeit mit Polen überhaupt in der Politik einen Faktor darstellen kann.

Sie haben es für notwendig befunden, ein Bündnis mit Frankreich einzugehen. Wir haben lange und viel darüber gesprochen und ich glaube, daß vielleicht auch auf ihrer Seite jetzt schon hie und da die Meinung rege werden wird, daß dieses Bündnis mit Frankreich für Sie nicht gerade von weittragendem Vorteil begleitet war und ist. (Pøedsednictví se ujal pøedseda Tomášek.)

Gestatten Sie, bei dieser Gelegenheit auf ein kleines Ereignis der letzten Zeit hinzuweisen, auf eine Mitteilung, die das Èechoslovakische Preßbureau am gestrigen Tage verbreitet hat. Der Pariser Korrespondent dieses amtlichen Büros teilt mit kolossaler Befriedigung mit, daß ihm amtliche Pariser Kreise versichert hätten, der èechoslovakische Schritt in Berlin werde in Paris keineswegs als ein Abweichen von der èechischpolnischen Solidaritätspolitik gegenüber Deutschland aufgefaßt, sondern als ein Schritt, der durchaus in den Intentionen der französischen Politik unternommen wurde. Wir haben bisher immer vom Herrn Min. des Äußern gehört, daß man hier weder französische, noch englische, sondern èechoslovakische Politik macht. Ich glaube, es ist für das Ansehen eines unabhängigen Staates nicht gerade förderlich, daß er sich von einem anderen Staate bestätigen läßt, er mache eine Politik in dessen Intentionen und auf diese väterliche Anerkennung noch derart stolz ist, daß er dieses Lob durch das amtliche Preßbureau in alle Welt hinausposaunt. Sie haben Sowjetrußland seit Jahren brüskiert. Es ist heute so weit, daß Sie einer der allerletzten, einer der wenigen Staaten sind, die die De jure-Anerkennung Sowjetrußlands noch nicht durchgeführt haben. Sie können sich bei Ihrer eigenen Industrie, bei Ihren eigenen wirtschaftlichen Kreisen erkundigen, wie sehr Sie damit den Interessen der Èechoslovakischen Republik dienten. Sie haben gegenüber Österreich eine schwankende Rolle gespielt, in den ersten Jahren eine Politik der Rancune betrieben, dann ein wenig eingelenkt, aber, was das wesentliche ist, Sie haben der natürlichen und einzigmöglichen Lösung des österreichischen Problems den schärfsten Widerstand geleistet und haben sich nicht die Mühe genommen, für die Lösung, die Sie ablenen, irgendeinen anderen Lösungsvorschlag zu unterbreiten, der in Betracht gekommen wäre. (Posl. dr. Hanreich: Vorzugszölle, ist das nichts?) Die Vorzugszölle! Gerade die Vorzugszölle beweisen ja, daß die Èechoslovakei auch in dieser Hinsicht nichts, was international möglich ist, vorzuschlagen in der Lage war. Schließlich und endlich Ihre Stellung zu Deutschland. Ich will auf all das, was wir oft und oft gesagt haben, nicht zurückkommen, aber ich glaube doch sagen zu dürfen, daß alles, was wir in dieser Richtung über die Entwicklung des außenpolitischen Geschehens von dieser Stelle aus vorausgesagt haben, bereits vollkommen eingetroffen ist. Wenn etwas von uns nicht vorhergesehen worden ist, so ist es einuig und allein die Raschheit des Tempos, mit der sich diese Entwicklung vollzogen hat. Allerdings bin ich weit davon entfernt, auf diese Voraussage irgendwie stolz zu sein, denn es hat nach meiner Überzeugung kollossal wenig Scharfsinn dazu ghört, um all das vor sich zu sehen. Ich glaube, daß auch die Rezepte, die wir genannt haben, vom Standpunkte des Staates das Richtige gewesen wären: entweder das Herausschälen aus der großen Politik überhaupt durch Neutralisierung oder aber Anlehnung dort, wo man durch die wirtschaftliche, durch die geographische, durch die kulturelle Lage hingetrieben wird. Sie selbst ziehen ja jetzt die Folgerungen. Ich glaube, daß Sie selbst scheinbar nicht das Gefühl haben, als ob das außenpolitische Geschehen eine Entwicklung genommen hätte, die Sie vom Standpunkt Ihrer bisher betriebenen Politik begrüßen können. Denn wenn wir die führenden Koalitionsblätter der letzten Wochen zur Hand nehmen, so finden wir darin manches Wort der Selbstkritik. Nein! Von Selbstkritik kann man nicht sprechen, denn Sie sind auch darin westlich orientiert, daß Sie nach jeder Niederlage nach einem Verräter suchen - und so hat eine Reihe Ihrer führenden Koalitionsblätter den Prügelknaben in der Person des Herrn Dr. Beneš gefunden. Es ist gewiß nicht meine Absicht, mich in Ihre außerordentlich interessante, wenn auch nicht immer erfreuliche Häuslichkeit hineinzubegeben. Was Sie an Herrn Dr. Beneš auszusetzen haben, ist Ihre Sache. Aber eines darf ich hier wohl als objektiver Mann sagen: niemals hat Dr. Beneš derart die Zustimmung der Koalition gefunden, als dann, wenn die Außenpolitik grundlegende Fehler beging, ja, zu gewissen grundlegenden Fehlern ist er gerade durch Sie gedrängt worden. Der èechoslovakische Staat ist heute soweit, die Erkenntnis aus einer gewissen Situation zu ziehen, und Sie wissen, daß in der letzten Zeit der Berliner Gesandte der Èechoslovakischen Republik einen Schritt in Berlin unternommen hat. Sie werden sagen, die Annäherung an Deutschland, die Ihr immer verlangt habet, ist ja dam it gegeben! Ich möchte meinen, daß diese Annäherung, soweit sie überhaupt in dies em Schritt gelegen ist, ein wenig spät kommt und es ist von Ihrem Standpunkt ein kleiner Unterschied, ob die Annäherung freier Initiative oder als Produkt einer zwangsläufigen Entwicklung kommt, ob Sie selbst diese Politik entrieren, was nicht geschehen ist, oder im Gefolge einer anderen, einer Großmacht, sich zu diesem Schritt bequemen. Ich will über die Bedeutung dieses Schrittes des Herrn Gesandten Krofta in Berlin nicht viel sprechen. Ich glaube, daß das noch zu früh wäre. Es gibt sehr verschiedene Arten von Schiedsverträgen. Wir wissen nicht, was sich das Deutsche Reich, wir wissen nicht, was sich die Èechoslovakische Republik unter dem Schiedsvertrag vorstellt. Herr Dr. Kramáø allerdings ist mit seinem Urteil bereits vollkommen fertig. Für ihn ist der Schiedsvertrag unter allen Umständen ein Blatt Papier. Ich mache nur auf das sehr eigentümliche Faktum aufmerksam, daß sich Herr Dr. Kramáø bei Beurteilung eines internationalen Vertrages einer Terminologie bedient, die von ihm und von seinen alliierten Freunden stets als eines der wesentlichsten Argumente für die Kriegsschuld Deutschlands angeführt worden ist. Denn zwischen einem Blatt Papier und einem Fetzen Papier ist wohl nur ein ganz kleiner Unterschied. Ich gehe nicht so weit, wie Herr Dr. Kramáø, aber eine Überschätzung des Schiedsvertrages wäre meiner Ansicht nach nicht am Platze. Er kann eine bloße Formel bleiben. Er kann selbstverständlich auch der Auftakt zu einer wirklichen Annäherung zwischen zwei Nachbarstaaten sein, aber er kann diesen Auftakt nur dann bilden, wenn nicht zwischen Dr. Beneš und Dr. Stresemann bei dem Beratungstisch ein Gespenst sitzt, das Gespenst der ungelösten sudetendeutschen Frage. (Potlesk na levici.) Es ist unmöglich, daß eine wirkliche freundschaftliche Annäherung der beiden Staaten entstehen und sich auswirken kann, wenn 3 1/2 Millionen Deutsche in diesem Staate weiterhin jene Behandlung erfahren, die sie bisher erfahren haben. Diese Erkenntnis kann keiner deutschen Regierung fremd sein und wenn sie einer deutschen Regierung fremd wäre, so würde das deutsche Volk ihr diese Erkenntnis beibringen. Wir hoffen, daß wirklich ein ernstlicher Versuch unternommen wird, das Verhältnis belder Staaten auf das richtige Niveau zu bringen. So viel über die außenpolitische Bilanz.


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