Ètvrtek 18. prosince 1924

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 316. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze ve ètvrtek dne 18. prosince 1924 dopol.

1. Øeè posl. Grünznera (viz str. 939 tìsnopisecké zprávy):

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die parlamentarische Verhandlung der Vorlagen, welche heute auf der Tagesordnung stehen, ist von Hunderttausenden Menschen seit Monaten, ja man kann sagen seit Jahren mit Spannung und Sehnsucht erwartet worden. Als wir anläßlich der Beratung des Budgets darauf Verzicht leisteten, die Vergewaltigung, welcher dieses Haus als Werkzeug dient, mit dem Einsatze der äußersten Kampfmittel zu beantworten, da hielt uns nur die eine Erwägung zurück, daß unser Kampf von Ihnen zum Vorwand genommen werden könnte, um den Staatsangestellten und Pensionisten auch diesmal wieder die Befriedigung ihrer berechtigten Ansprüche vorzuenthalten. Unsere Selbstüberwindung hat der Koalition die Möglichkeit gegeben, ihre oft wiederholten feierlichen Versprechungen endlich einzulösen. Wir haben freilich nach allen Erfahrungen in diesem Hause von vornherein auf eine halbswegs befriedigende Regelung dieser brennenden Frage nicht viel Hoffnung gesetzt. Aber die Gesetzentwürfe, welche uns heute vorliegen, übertreffen die schlimmsten Befürchtungen bei weitem. Sie sind eine Herausforderung der Staatsangestellten, der Arbeiter und der ganzen Öffentlichkeit. Sie haben die Regelung der Bezüge mit dem Abbau verknüpft. Wir verschließen uns nicht der Notwendigkeit, den staatlichen Verwaltungsapparat zu verkleinern und zu vereinfachen. Aber mit aller Schärfe müssen wir gegen die beispiellos brutale Methode protestieren, mit welcher dabei vorgegangen werden soll. Die Staatsangestellten werden vogelfrei gemacht, sie müssen täglich und stündlich vor der Verschickung in die fernsten Gegenden des Staates und vor dem Abbau zittern. Schrankenlose und unkontrollierbare Willkür entscheidet über ungezählte Menschenschicksale. Wieder wird eine Staatsnotwendigkeit zum Instrument politischer und nationaler Verfolgung gemacht. Der Auftakt zur Verwaltungsreform ist die vollständige seelische Zerrütung, die gefährlichste Demoralisierung der Staatsangestelltenschaft.

Aber auch, wo die Regierung den Angestellten und Ruheständlern etwas gibt, zeigt sie sich keineswegs in schönem Lichte. Den Staatsangestellten werden statt der versprochenen Erhöhung ihrer Bezüge Remunerationen gegeben, deren Höhe von der Willkür der Regierung abhängt und welche für die großen Massen der Angestellten und Arbeiter elende Bettelgroschen darstellen werden. Den Ärmsten der Armen, den Altpensionisten wird die Gleichstellung mit den um ein geringes weniger armen Neupensionisten gewährt, aber auch dieses Minimum sozialer Gerechttigkeit wird durch zahlreiche Ausnahmen durchbrochen. Die Kosten dieser mehr als bescheidenen Leistungen sollen wiederum zum größten Teile die breiten Massen tragen.

Zu diesen Vorlagen, deren Mängel, deren Unerträglichkeit in die Augen springen, hat die Koalition monatelang gebraucht. Niemand, nicht die in ihren Lebensinteressen Betroffenen, nicht die parlamentarischen Parteien, nicht die parlamentarischen Minderheiten wurden um ihr Gutachten oder auch nur um ihre Wünsche gefragt. In allerletzter Stunde ist die Koalition mit ihren Elaboraten fertig geworden, was gestern noch für die Koalition eine höchst umstrittene, eine höchst fragwürdige Sache war, ist heute für das Parlament ein unabänderliches Diktat. Als wir bei der Beratung des Budgets gegen den gleichen Vorgang protestierten, haben Sie pharisäisch erklärt, daß Sie die Freiheit der Kritik nicht im mindesten beschränken. Heute stehen vier Gesetze zur Verhandlung, welche alle Probleme der staatlichen Verwaltung, der Finanzpolitik, der Volkswirtschaft aufrollen und das Schicksal von vielen Zehntausenden Menschen berühren - und für all das haben Sie wenige Stunden "völlige Freiheit der Kritik" gegeben. Wir haben uns trotzdem bemüht, in den Ausschüssen sachlich mitzuarbeiten, durch unverdrossene Einsetzung unserer Kräfte wenigstens jene Verbesserungen zu erreichen, deren Notwendigkeit Ihnenn selbst hätte einleuchten müssen. Aber wieder hat die Pìtka über Vernunft und Gerechtigkeit gesiegt. (Výkøiky nìmeckých soc. dem. poslancù.)

In nervenaufreibenden Tag- und Nachtsitzungen, innerhalb zweier Tage, wurden vier Gesetzentwürfe von solcher Tragweite in zwei Ausschüssen duchgepeitscht. Es ist richtig, daß hiebei einige kleine Konzessionen gemacht wurden, aber wer das Intriguenspiel, das hier Politik genannt wird, kennt, kann sich des Eindruckes nicht erwehren, daß diese Änderungen von vornherein beabsichtigt waren, um den Koalitionsparteien billiges Rechtfertigungs- und Agitationsmaterial in die Hand zu spielen. Diese kleinen Einzelverbesserungen ändern nichts an dem Wesen der Gesetze und sie ändern auch nicht das mindeste an der Tatsache, daß den Abgeordneten, welche nicht zu den Eingeweihten in diesem Staate gehören, vier Vorlagen am Montag Mittag an den Kopf geworfen wurden, die Donnerstag erledigt sein sollten, daß man die von der Opposition in den Ausschuß entsandten Mitglieder Tag und Nacht gequält hat - und das alles nur, weil die Koalition mit ihren immer unerträglicher werdenden Methoden erst in allerletzter Minute ihr sogenanntes Gesetzgebungswerk zus ammenflicken konnte. Wenn man diese Gesetzentwürfe betrachtet, so muß man sagen, daß eine derartige Gesetzesmache wohl in keinem Staate, und selbst in der Èechoslovakei noch nicht, dagewesen ist. Vage Redensarten, die jeder Willkür freiesten Spielraum lassen, stehen dort, wo gesetzliche Bestimmungen von striktester Prägnanz erforderlich wären. Der erste Teil des Abbaugesetzes ist nichts als eine Sammlung von Redensarten und Aufträgen, die sich die Regierung selber gibt. In dem Gesetz über die Remunerationen erhält die Regierung den Betrag von 385 Millionen, einfach zum Austeilen innerhalb von zwei Jahren. Der vorletzte Paragraph eines Beamten- oder Pensionsgesetzes ist ein Steuergesetz, das überdies von geheimnisvollen Andeutungen wimmelt. Fast in jedem Paragraphen ist die Hast zu erkennen, in der der ganze Vorlagenkomplex zusammengestoppelt wurde. Der Form, dem legistischen Aufbau, enstpricht auch der Inhalt der. Gesetze. Das Abbaugesetz ist die gesetzliche Sanktionierung des schwersten Vertragsbruches, den jemals ein Arbeitgeber begangen hat. (Výkøiky posl. Hackenberga.) Jahrzehnte alte wohlerworbene Rechte, durch Beitragsleistungen erkaufte Ansprüche werden einfach vernichtet und ausgelöscht. Ein solches Beispiel von Vertragstreue gibt der Staat den privaten Arbeitgebern! Weit über den Kreis der Staatsangestelltenschaft hinaus muß durch ein solches Vorgehen das Gefühl völliger Rechtsunsicherheit erzeugt werden. Die Staatsangestellten und Arbeiter selbst werden den ärgsten seelischen Qualen ausgesetzt. Durch ein raffiniertes System von ganzer, halber und drei Viertel-Abfertigung wird die Ungewißheit noch bedeutend gesteigert und große Teile der Staatsangestelltenschaft werden unter dem beklemmenden Druck einer Frist von ganzen drei Monaten vor die Entscheidung von Lebensfragen gestellt. Wie tückisch dieses ganze System aufgebaut ist, geht aus der Möglichkeit hervor, einem Staatsangestellten den freiwilligen Abgang zu verweigern und ihn dann nach sechs Monaten mit gekürzter Entschädigung hinauszuwerfen. (Výkøiky.) Es gäbe ein einziges Mittel, nicht etwa um wirkliche Abhilfe gegen diese Rechtsunsicherheit zu schaffen, aber doch um einen schwachen Schutzdamm dagegen aufzurichten, der wenigstens die ärgste Willkür abwehren könnte. Es müßten bei der Durchführung des Staatsangestelltenabbaues die Staatsangestellten selbst durch ihre Vertrauenspersonen zur Mitarbeit herangezogen werden. In Österreich, welches den Abbau seiner Angestellten unter dem Druck fremdländischen Diktates durchführte, wurde dieser. Schutzdamm aufgerichtet. In der Èechoslovakei denkt man an solche demokratische Maßnahmen natürlich nicht! (Výkøiky posl. Jokla.) Die Durchführung des Abbaues, die Festsetzung der Fristen, die Bestimmung des Vorganges, die Auswahl der Betroffenen wird schrankenloser Willkür der Regierung überlassen. (Výkøiky posl. Jokla.) Die Momente, welche beim zwangsweisen Abbau in Erwägung zu ziehen sind, werden einfach ohne irgend eine Rangordnung, ohne irgend eine Richtschnur zu geben, aufgezählt und es bleibt dem freien Ermessen der Regierung überlassen, auf welchen gerade passenden Vorwand sie sich in jedem Einzelfall zu berufen beliebt. Wir kennen natürlich den Zweck dieser unbestimmten Fassung. Es soll den Angestellten an den Kragen gehen, die oppositioneller Gesinnung verdächtig sind. Es kann nach dem, was wir in den fünf Jahren erlebt haben, natürlich nicht der mindeste Zweifel obwalten, daß die Staatsangestellten, die nicht der herrschenden Nation angehören, daß insbesondere die deutschen Staatsangestellten, die deutschen Eisenbahner, die deutschen Tabakarbeiter unter dem Vorwande von Ersparungsmaßnahmen aus dem Staatsdienste gedrängt werden sollen. Es soll der Staatsapparat noch mehr als bisher zu einen bloßen Werkzeug der Koalitionsparteien werden, und, um diesen Zweck zu erreichen, geht man über die Lebensschicksale von Tausenden und Abertausenden Menschen mit kalter Gleichgültigkeit hinweg. Und was werden die Menschen bekommen, die man auf die Straße stößt! Abfertigungen, die knapp hinreichen, ein paar Monate lang das Leben zu fristen. Dabei wird der Druck der Entlassenen den Konkurrenzkampf um die Arbeitsgelegenheit verschärfen, die Wiedererlangung einer Existenz erschweren, und wir glauben, niemand in diesem Saale ist so leichtsinnig zu glauben, daß es unter solchen Umständen den aus dem Staatsdienst Gedrängten möglich sein wird, sich innerhalb weniger Monate eine ganz neue Existenz aufzubauen, eine Erwerbsgelegenheit zu finden, auf die sie nicht vorbereitet sind.

Das Abbaugesetz wird also, meine Herren von den Koalitionsparteien, von Ihnen in dem vollen Bewußtsein beschlossen, daß Sie hiedurch die Zahl der Arbeitslosen um Tausende vermehren und daß Sie diese Ta sende mit allen ihren Familienmitgliedern dem Elend preisgeben. Diese Zukunftsaussichten lassen wahrlich den gegenwärtigen Augenblick als recht geeignet dazu erscheinen, die Eisenbahnfahrpreise zu verteuern, den Telephonverkehr zu verteuern, die Stempelgebühren zu erhöhen, was selbstverständlich alles auch wiederum den Handel und die Industrie belastet und sich so letzten Endes in einer neuen Erschwerung der Lebeshaltung für die breiten Massen auswirken muß. Dabei werden weitere Attentate auf die Massen angekündigt in der geradezu frivolen Bestimmung, daß andere geeignete Maßnahmen getroffen werden sollen, um die Bedeckung zu finden. Es ist gar nicht abzusehen, welche Vollmachten damit der Regierung in die Hand gegeben werden und es ist gar nicht abzusehen, was für wirtschaftliche Folgen sich daraus ergeben werden. Dabei ist die ganze Art, in der die Bedeckungsfrage geregelt wird, von einer beispiellosen Leichtfertigkeit. Die Bedeckung für die Beamtenremunerationen soll in den Ersparnissen gefunden werden, welche der Abbau bringt, aber gleichzeitig muß eingestanden werden, daß heute niemand eine Ahnung hat, ob in absehbarer Zeit überhaupt eine Ersparung zu verzeinen sein wird. Wieder und wieder drängt sich da die Frage auf: Wenn schon gespart und abgebaut werden soll, warum baut man nicht dort ab, wo der Abbau eine wahre Erlösung für die ganze Bevölkerung bringen würde? Warum spart man nicht an den Ausgaben, deren ins Übermaß gesteigerte Milliardenlast die eigentliche Ursache aller finanziellen Schwierigkeiten des Staates ist. Inmitten einer weltumfassenden Bewegung, die die Sicherung des Friedens verlangt, werden Jahr für Jahr Milliarden für den Militarismus ausgegeben, unproduktive Investitionen gemacht, Geschütze, Munitionen und Explosivstoffe in ungeheuren Vorräten aufgehäuft, zu Übungszwecken in die Luft verpulvert, und das alles, obwohl jeder besonnene Mensch weiß, daß die Èechslovakei selbständig gar nicht im Stande ist, einen Krieg zu führen, daß sie mit allen diesen Rüstungen nur das Werkzeug eines fremden Imperialismus ist. Hier wäre mit der Sanierung des Staatsfinanzen einzusetzen und es wäre mehr als eine bloße finanzielle Sanierung, es könnte dies ein erster Schritt zur Anbahnung des äußeren und des inneren Friedens sein. Aber gerade das will die Koalition nicht, ja es ist geradezu der Inhalt der Koalitionspolitik, diesen Frieden unmöglich zu machen. Darum muß an den Staatsangestellten gespart, darum muß die Lebenshaltung verteuert, darum muß die Arbeitslosigkeit in gefahrdrohendem Maße verschärft werden. Das ist die Wiedergutmachung des Unrechtes, das durch zwei Dezembergesetze begangen wurde. Nicht nur die Staatsangestellten und die staatlichen Arbeiter, die ganze Bevölkerung wird dieses dritte Dezembergesetz mit den gleichen Flüchen begleiten, mit denen die beiden ersten bedacht worden sind. Das ist das Weihnachtsgeschenk der Koalition an die Staatsangestellten und staatlichen Arbeiter, daß niemand von ihnen für das nächste Jahr seiner Existenz sicher ist, daß also Hunderttausende von Familien um ihre Existenz zittern und bangen müssen. Das ist das Weihnachtsgeschenk der Koalition an die gesamte Arbeiterschaft, daß sie vor einer Verschärfung des Kampfes um den Lebensunterhalt, vor einer gewaltigen Vermehrung der Arbeitslosigkeit zittern und bangen muß. Das ist das Weihnachtsgeschenk der Regierungsparteien an die breiten Massen, daß sie eine neue Verteuerung der Lebenshaltung zu befürchten haben.

Wir gönnen den Staatsangestellten und den Altpensionisten von Herzen die bescheidene Verbesserung, die ihnen gewährt wird, wir haben wiederholt bedeutend mehr gefordert und durch parlamentarische Aktionen zu erreichen versucht. Aber Sie wollen diese von Tausenden armen Menschen mit banger Sehnsucht herbeigewünschte Gabe zum Vorspann für das Abbaugesetz machen, Sie haben, wie es Ihre Gewohnheit ist, wieder ein hassenswertes Junktim aufgestellt. Sie nehmen auf der einen Seite ein vielfaches dessen, was Sie auf der anderen Seite geben. Sie geben ein paar Groschen als Trinkgeld und nehmen dafür die Rechtssicherheit. Gegen dieses frivole Spiel erheben wir mit aller Schärfe Protest und wir werden es nicht zulassen, daß sich die Vernichtung von Zehntausenden Staatsangestelltenexistenzen noch heuchlerisch in das Gewand der Angestellten-Freundlichkeit hüllt. Wir klagen die Regierung und die sogenannten staatserhaltenden Parteien an, daß sie den Staat und die Bevölkerung in immer schwerere Lasten, in immer gefährlichere Konflikte hineintreiben, wenn Sie nicht noch rechtzeitig einlenken, wenn nicht endlich die Interessen des imperialistischen und nationalistischen Machtsystems zzurücktreten hinter den Interessen der arbeitenden Menschen in diesem Staate, wenn nicht endlich einmal der Machtwahn und die Herrschaftsgelüste der Koalition zurücktreten hinter den Interessen der gesamten Bevölkerung. (Souhlas a potlesk na levici.)

2. Øeè posl. dr. Luschky (viz str. 947 tìsnopisecké zprávy):

Die Regierung hat mit den in Verhandlung stehenden Beamtenvorlagen, welche für einen Großteil der Bevölkerung und damit für die gesamte Volkswirtschaft von folgenschwerster Bedeutung sind, abermals die Gelegenheit wahrgenommen, um sich weit begrenzte Vollmachten durch die zur Einflußlosigkeit herabgewürdigte Nationalversammlung erteilen zu lassen. Mit selbstverständlicher Selbstherrlichkeit wurden dabei die Notschreie der um ihre Existenz ringenden Staatsangestellten und ihrer Organisationen überhört oder gar zu staatsfeindlichen Manifestationen mißdeutet, während andererseits tief einschneidende Steuer- und Abgabenerhöhungen unpassender Weise zur Deckung dieser Auslagen verlangt werden, welche Handel und Verkehr, Industrie und Landwirtschaft neue Lasten auferlegen, aber auch zur Versteifung der ohnedies unerträglichen Teuerung führen und den Staatsangestellten die angebliche Besserstellung wieder zunichte machen müssen.

In diesem Sinne sind die Beam tenvorlagen ein neuer Beweis für die Unfruchtbarkeit der absoluten Oligarchie, welche das Regierungssystem seit Jahren kennzeichnet und mit der verfassungsmäßigen Demokratie in brutal veleugnetem Widerspruch steht. Darüber können auch jene Teile des Vorlagenkomplexes nicht hinwegtäuschen, welche der allgemein aus Menschlichkeitsgründen eingesehenen Notwendigkeit der Gleichstellung der Staatspensionisten Rechnung zu tragen scheinen, aber in ungezählten Fällen das alte Unrecht nicht mehr gutzumachen imstande sind. Die Vorlage, welche Remunerationen für die staatlichen und einige andere öffentliche Bediensteten in den Jahren 1924 und 1925 betrifft, ist nicht einmal geeignet, die Sicherheit für die sofortige Auszahlung der Remuneration des Jahres 1924 zu bieten, bringt aber die bedauerliche Auffassung der Regierung zum Ausdruck, die unausweichliche Aufbesserung der Bezüge der Staatsangestellten nur als Geschenk und nicht als wohlerworbenes Recht aus der Arbeitsleistung für den Staat anzuerkennen. In dieser Richtung und durch die unerträgliche Kargheit der gewährten Aufbesserungen setzt sich die Regierung und setzen sich die Koalitionsparteien in schärfsten Widerspruch zu dem auf eine allgemeine Besoldungsreform abzielenden Antrag Kafka, der im heurigen Sommer durch den verfassungsrechtlichen Ausschuß mit großer Mehrheit angenommen worden ist. (Výkøiky a souhlas na levici.)

Die für das Wohl und Wehe der Staatsund öffentlichen Angestellten aber entscheidende Vorlage, betreffend die Sparmaßnahmen in der öffentlichen Verwaltung, enthüllt das in beschönigenden Phrasen verkleidete Schreckgespenst der Massenentlassungen, von der nach Willkür der vorgesetzten Dienstbehörden wohl alle staatlichen und autonomen Bediensteten betroffen werden sollen, welche ungeachtet der verfassungsmäßig garantierten staatsbürgerlichen Gesinnungsfreiheit durch Geburt und Parteizugehörigkeit das Mißfallen der Amtsvertrauensmänner der herrschenden politischen Parteien erregt haben. Denn wäre die Verwaltungsreform und der Abbau der pedantischen Vielschreiberei, welche bedeutendste sachliche Ersparnisse bringen könnten, der wirkliche Zweck des Gesetzentwurfes, dann hätten die Vorbereitungen mehr zeitigen müssen, als die inhaltslosen Versprechungen seines ersten Abschnittes. So bringt der Entwurf in seiner Gänze nur die Gewißheit eines nach Zehntausenden zählenden Beamtenabbaues und damit für Hundertausende die Gefahr des Brotloswerdens, da die materielle Sicherstellung der Abgebauten und ihrer Familien ganz ungenügend ist. Ohne Gewähr einer anderweitigen Unterbringung der durch Jahre, ja Jahrzehnte, durch theoretische und praktische Schulung erprobten Arbeitskraft werden Zehntausende, welche sich in ihrer beruflichen Existenz gesichert fühlten, der Arbeitslosigkeit überantwortet um in Kürze völliger Not preisgegeben zu sein. Die Abfertigungen genügen keineswegs für die bescheidensten Lebensbedürfnisse für einen längeren Zeitraum und die Kürzung der Versorgungsgenüsse bei den Pensionsberechtigten noch weniger. Diese erhalten nicht einmal die selbstverständlichen selbstbezahlten Pensionsansprüche. (Výkøiky posl. dr. Kafky.) Ungezählte Existenzen und Familien werden so unverschuldet dafür Opfer werden, daß der Regierung das Verständnis für produktive Sparsamkeit fehlt. Wohl erworbene Rechte, wie kürzlich aus der Kriegsanleihe, so jetzt aus der Lebensarbeit der Staatsangestellten, verlieren ihren Wert, und mit ihnen der öffentliche Dienst Anreiz und Ziel auch für die heranwachsende Generation. Oder könnte es vielleicht noch einen Ansporn für den Eintritt in den Staatsdienst geben, wenn ein Gesetz, wie das vorliegende für das 1925, ja jederzeit auch für spätere Jahre durch Pìtkabeschluß wieder erneuert werden kann und das Beamtenrecht nur mehr ein Spielball in der Hand der Regierenden geworden ist? (Souhlas na levici.) Welche schreiende Härte und Ungerechtigkeit enthält z. B. der § 13 der Vorlage der sogenannten Sparmaßnahmen hinsichtlich des erzwungenen Abganges jener Beamten, die Hochschulbildung haben, aber eine kürzere Dienstzeit als 10 Jahre aufweisen! Da ihnen die vier Jahre des Hochschulstudiums nicht eingerechnet werden, so erscheinen sie gegenüber ihren Schulkollegen, welche keine akademische Bildung haben und deshalb um diese Jahre früher in den öffentlichen Dienst treten konnten, zurückgesetzt und sind beim Abbau einer viel ungünstigeren Behandlung unterworfen, wiewohl ihre Arbeitsleistung seinerzeit in der Aktivität in vorderster Reihe stand und ihr Studium mehr Aufwand an Geld und Mühen kostete.

Nicht zuletzt nimmt die Regierung diesen Entwurf wie auch jenen über die Remunerationen zum weiteren Anlaß, die in jedem konstitutionellen Staat unantastbaren Rechte der Selbstverwaltungskörper auf Autonomie nunmehr auch hinsichtlich der Bestellung und Besoldung ihrer Angestellten wegzunehmen und vermehrt mit diesem Keulenschlage so das Unheil einer durch Parteilichkeit und schlechte Behandlung und Besoldung im Vertrauen der Bevölkerung und im Lebensniveau degradierten Beamtenschaft gegen das allgemeine öffentliche Interesse. (Sehr gut!) Die deutschen Staatsangestellten sowie alle anderen nicht èechischen Kollegen werden sicherlich in erster Linie die Opfer dieser sogennanten Sparmaß ahmen sein, um den fingierten Nationalstaat im Amtskalender zu verstärken und damit auch in diesem Belange den Minderheitsschutz zu sabotieren (Posl. Kostka: Es gibt doch keinen Amtskalender, es gibt nur Geheimschriften!) Sie sind nur sehr teuer zu haben! Diensteskenntnisse und Arbeitstreue werden da erspart werden, damit Militarismus, Auslandspropaganda, Spitzeltum und Polizeigeist weitergedeihen können. (Souhlas na levici.) Sie haben die Macht, wie Sie so oft und übermütig und auch bei diesen Vorlagen abermas bekunden, uns bleibt damit umsomehr die Pflicht, im Kampfe des deutschen Volkes um Existenz und Recht geeint der Willkür den unbeugsamen Lebenswillen entgegenzusetzen. Mit Entrüstung und Empörung weisen daher die durch mich vertretenen Parteien der deutschen Arbeitsgemeinschaft, der Bund der Landwirte, die deutsche christlichsoziale Volkspartei, die deutschdemokratische Freiheitspartei und die deutsche Gewerbepartei die Zumutung irgendeiner Mitverantwortung an dieser neuen nationalen Versklavung und sozialen Verelendung zurück. (Potlesk na levici.)

3. Øeè posl. Patzela (viz str. 951 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Eines der größten politischen Schwindel und Betrugsspiele vollzieht sich vor unseren Augen. Seit der Verabschiedung des Staatsvoranschlages, bei dem wir die sachliche Mitarbeit ablehnen mußten, hat sich am System der parlamentarischen und nationalen Vergewaltigung durch die herrschende Regierungsform und die Reg erungsparteien nichts geändert. Und nun werden nach verschiedenen langen geheimen Packeleien die wichtigsten Fragen der inneren Verwaltung auf den Tisch des Parlamentes geworfen und sollen innerhalb 48 Stunden durchgejagt und durchgepeitscht werden. Die Fratze eines solchen Parlamentarismus wird klar sichtbar durch die Tatsache, daß Gesetzesvorlagen, die in das innere Gefüge des Staates tief einschneiden und die das Wohl und Wehe von Hunderttausenden von Staatsbürgern berühren, in wenigen Stunden verabschiedet werden sollen. Der. Opposition weist man dabei die Rolle der Kulisse zu, wir sind aber nicht gewillt, diese Komödie mitzumachen. (Souhlas na levici.) Wir sehen, daß hier im Hause die Koalitionsparteien sich nicht einmal getrauen, ihren Wechselbalg zu verteidigen. Seit zwei Jahren, seit dem unglückseligen Dezembergesetz, werden die Staatsangestellten, werden die armen Pensionisten von dem bürgerlichen und den sozialistischen Parteien der Koalition in zynischer Weise zum besten gehalten. (Výkøiky.) Jetzt sollen sie mit einem Bettelpfennig abgespeist werden. Mit dieser bettelhaften Aushilfe verbindet man aufeinmal... (Rùzné výkøiky na levici.)

Místopøedseda Buøíval (zvoní): Prosím o klid. (Výkøiky.)

Posl. Patzel (pokraèuje): ... die Einleitung zur Lösung der großen Frage der Verwaltungsreform. Eine Vereinfachung der Verwaltung und Abbau der Drohnen im Staatshaushalt wäre gewiß notwendig (Souhlas na levici.), eine zwingende Notwendigkeit. Die Art der Vorbereitung des Beamtenabbaues aber und die halbamtlichen und amtlichen Stimmen, die hierüber schon im voraus laut geworden sind, die sich mit dieser Frage beschäftigen, zeigen wohl, wohin der Weg geht. Den Vertretern der Nationen und Parteien, die heute hinter sich in Wahrheit die Mehrheit der Bevölkerung des Staates haben, wird nicht die Möglichkeit gewährt, hiebei ihr verfassungsmäßiges Recht auszuüben. Wir wissen überhaupt ganz genau, daß dieses Spiel der Verwaltungsreform und des Beamtenabbaues ein nichtswürdiges Komödiespiel ist. (Výkøiky na levici.) Denn wer soll den Beamtenabbau durchführen, wer soll die Drohnen abbauen?

Die Koalitionsparteien, die seit dem glorreichen großen Umsturztag, über die man sich noch nicht einig ist, Tausende und Tausende von Protektionskindern in die Staatsverwaltung gebracht haben, diese Koalitionsparteien sollen nun ihre Protektionskinder davonjagen und nur die Bienen im Staatsbetriebe lassen! Wir sehen klar vor uns, daß das nicht gewollt ist: Die Verwaltungsreform soll sich ausleben, um die deutschen Staatsangestellten um die wirklich arbeitsfähigen Menschen, die nicht bevorzugt, nicht Protektionskinder der herrschenden Parteien sind, hinauszuwerfen. (Výkøiky na levici.) Die Geste der Verwaltungsreform ist eine Schwindelgeste gegenüber dem Ausland, um der Auslandsanleihe willen, weil man weiß, daß man in England und Amerika den Beamtenabbau und die Verwaltungsreform vor die Gewährung von Anleihen setzt. Darum dieser unwürdige Schwindel, dem ehrlich arbeitende Menschen nach einem ungeheueren Willkürsystem zum Opfer fallen werden, während die Herren Minister Schwiegersöhne auf Staatsreisen schicken. (Posl. inž. Jung: Die Schwiegersöhne soll man abbauen!) Jawohl.

Unser Volk und unsere deutschen Staatsangestellten wissen sehr wohl, woran sie sind. Unser Volk wird aber auch immer mehr erkennen, wie notwendig es ist, den Kampf gegen die ses System mit aller jener zähen Energie zu führen, deren die Deutschen fähig sind, wenn sie wissen, daß es auf ihr Leben abgesehen ist. Die Koaitionsparteien gehen andererseits den Weg weiter, den das alte Österreich, in diesem Falle unseligen Angedenkens, eingeschlagen hatte. Nicht überflüssige Repräsentationsau slagen, nicht ein überflüssiges, von den vernegerten Franzosen komandiertes Heer soll abgebaut und eingeschränkt werden, man verwendet vielmehr - zum blutigen Hohn für die ehrlich arbeitenden Staatsangestellten - dieses kleine armselige Bettelgeschenk, das den Arbeitsbienen gegeben wird, als Anlaß zur Erhöhung der öffentlichen Gebühren. Man sucht damit wirklich oder vereintlich Gegensätze zwischen den im öffentlichen Dienst stehenden Festangestellten, zwischen den geistigen Arbeitern und der übrigen Bevölkerung herzustellen und zu verteiren. (Výkøiky na levici.) Aber wen Gott verderben will, den schlägt er mit Blindheit, und Sie sollten wohl schon erkennen, welchen Weg Sie gehen, wenn Sie sehen, wie die Regierungskoalition in Prag in ihre Kanzlei- und Bahnverkehrsbeamten, die vor Not und Hunger aufschreien, mit dem Pendrek hineinschlägt und daß die èechischen Akademiker und Minderheitsapostel, ohne deren Opferwilligkeit Sie nach dem, ich sage es wieder, so glorreichen Umsturz Ihren Staat nicht hätten vier Tage lang administrieren können, heute in sehr bittere Klagen gegen Ihren Staat ausbrechen.

Und wie sehen die Gesetze aus, diese Gesetze, die nach wochenlangem Herumraten endlich das Licht des Tages erblickt haben? Welch schleuderhafte Arbeit es ist, werden wir gleich sehen. Man führt damit vor der Bevölkerung einen Schwindel auf, indem man scheinbar Abänderungens anträge beschließt; man mmacht den armen betrogenen Staatsangestellten ein Spiel vor, als habe man endlich um das Problem, gerungen und die schwersten Härten beseitigt. Mit großer Geste spricht man in dem Gesetz von den Aufgaben der öffentlichen Verwaltung, spricht allgemeine Grundsätze aus in einer Form, wie etwa ein Schuljunge einen Zeitungsartikel schreiben würde, aber von den wirklichen Grundsätzen der Verwaltungsreform ist keine Rede. Die Gesetze über die Gaueinteilung und die neue Bezirksverwaltung werden nicht durchgeführt, aber man will mit dem Beamtenabbau vorgehen und mit der Beseitigung von Ämtern. Seit Jahren wartet ein jeder, der etwas von Staatsverwaltung versteht, auf ein Gesetz über die Abgrenzung der Zuständigkeit der Ministerien. Dieses Gesetz werden wir wohl ad calendas graecas, vielleicht "èechas", erleben, aber dafür wird die Möglichkeit bestehen, Steuerämter aufzuheben, damit die deutschen Gebirgsbauern stundenweit in die großen Städte gehen müssen, es wird die Möglichkeit bestehen, Kriegsbeschädigtenämter aufzuheben, man wird unsere deutschen Kriegsbeschädigten, die einbeinigen Krüppel, zwingen, Hunderte von Kilometern weit sich in die èechischen Städte zu begeben. Eine solche Komödie tut sich auf unter dem Namen Verwaltungsreform!

Wir haben vor uns das Gesetz über den Beamtenabbau. Alle Macht - und dieser Grundsatz lebt sich immer tiefer ein - wird in die Hände der Regierung gegeben. Das Ausmaß des Abbaues der Staatsangestellten bestimmt die Regierung. Neuaufnahmen finden nicht statt, aber die Regierung hat das Recht, nach Bedarf und Willen Protektionskinder aufzunehmen, während der abgebaute Staatsangestellte, wenn er noch so verwendungsfähig ist, auch bei Bedarf von guten Kräften keinen Anspruch auf Wiederanstellung besitzt. Während der Dauer des Gesetzes werden aus Ersparungsrücksichten alle Beförderungen ausgeschlossen, die Zeitvorrückung und alles ist sistiert, die Arbeitsbienen können sich schinden, wie sie wollen, aber die hohe Regierung hat trotzdem nur in den ihr richtig erscheinenden Ausnahmsfällen das Recht, Protektionskinder nach Belieben zu befördern. Für alle, die nach der Wirksamkeit dieses Gesetzes eingestellt werden, gelten nicht mehr frühere Fristen für die Einrechnung von Dienstjahren, nur für die allerhöchsten Stützen des. Staates, für die Legionäre, gelten sie weiter. Bei der Auswahl der Abzubauenden haben lediglich und in erster Reihe die Grundsätze der Verwendbarkeit zu gelten, nur für die Herren Legionäre gilt die Verwendbarkeit in allerletzter Reihe. Aber man nimmt doch Gruppen von Staatsangestellten aus, so die Richter, und zeigt damit, wie hoch man das Rechtsleben im Staat einschätzt. Diese Bestimmung in dem Gesetz ist wohl solch ein blutiger Hohn, daß man nicht begreift, daß derjenige, der sie hineinschrieb, sich dessen nicht schämte in einem Zeitpunkt, wo man doch gar nicht genug Richter hat, wo man andererseits die Unabsetzbarkeit der Richter suspendiert hat. Dagegen nimmt man den Trägern der Wissenschaft ihre bisherige Unversetzbarkeit, auch die Hochschullehrer hat man vom Abbau nicht ausgenommen. Dieser demokratische Staat, der an die Justiz die Axt gelegt hat und die Richter bedroht, bedroht jetzt schon in ungeheuerem Maße die Freiheit der Wissenschaft. Ebenso erstreckt sich das Abbaugesetz auf die Lehrer; denn der Staat hat es notwendig, der Staat des Johannes Hus und Jan Amos Comenius, der freilich bisher mehr in der deutschen Nation, mehr bei uns Germanen, als in der èechischen Nation gewürdigt wird. (Souhlas na levici.) Wir sehen genau das Bild vor uns: Zuerst sperrt man unsere Schulen, da werden die Lehrer frei, und dann muß man sie natürlich abbauen. Und wenn eines Tages unsere Schulen wieder überfüllt, wenn die Folgen des Krieges überwunden sein werden, wird uns diese Nation mit Hohn kommen und sagen: "Wir können doch keine neuen Klassen errichten, wir haben ja die Lehrer gar nicht." Das ist die Nation, die auch glaubt, durch ein Gesetz die Jahrhunderte alte Geschichte der Prager deutschen Universität einfach aus der Weltgeschichte ausradieren zu können. Und die Vertreter dieser Nation, die bisher immer das Wort "Demokratie" und "Selbstverwaltung" im Munde führen, reißen auch einen Pfeiler des ohnedies arg verwitterten Unterbaues der Gemeindeautonomie nieder. Denn auch die Gemeinden werden gezwungen, Beamte abzubauen, die Verwaltung zu restringieren, aber nicht nach eigenem Ermessen.


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