Ètvrtek 30. øíjna 1924

Ich will auch einige Zitate über die Beweggründe der amerikanischen Politik anführen. Ich will hier nur anführen, was der Herr Abgeordnete Hilfferding, ein Sozialdemokrat, im deutschen Reichstag am 25. August in der Debatte über den Dawesplan ausdrücklich gesagt hat. Der sagte, daß nur die momentane Depression in Amerika jetzt die Durchführung des Sachverständigengutachtens begünstige. Die Farmer wollen den europäischen Lebensmittelmarkt erhalten wissen und die amerikanische Finanz will in der Depression Verwendung für ihr Geld haben. Und noch einen authentischeren Zeugen will ich führen, den Präsidenten der Vereinigten Staaten von Nord-Amerika Coolidge, der in einer Wahlrede sagte: "Die Vereinigten Staaten werden durch den Dawesplan von der Gefahr einer sonst unvermeidlichen Depression in der Landwirtschaft errettet sein, die das anhaltende Chaos und Elend Europas im Gefolge haben müßte. Die außenpolitischen Forderungen der republikanischen Plattform sind die einzigen, die gegenwärtig die praktische Möglichkeit der Durchführung biete. Auf diesem Wege nur können die Vereinigten Staaten die stolze Stellung als Führer der Welt einnehmen, die ihnen vom Schicksal bestimmt ist." Hier haben wir in drei Sätzen klar Amerikas Interesse konzentrisch zusammengefaßt. Der große Versklavungsplan Europas durch Amerika segelt unter dem Namen des Generals Dawes, der als großer Wohltäter gepriesen wird, der Deutschland und Europa eigentlich retten werde, der gewissermaßen Europas Heiland geworden ist. Wer ist der Herr General Dawes? Er ist ein General, man könnte bei uns sagen: nebbich ein General. Der Herr Dawes ist ein Kommis des Bankhauses Morgan. Bis zum Eintritt Amerikas in den Krieg leitete er die Filiale des Hauses Morgan in Chicago, die sogenannte Central Trust Company. Als Amerika in den Krieg eintrat, da focht Dawes in der Intendantur des Herrn Generals Pershing und dort wurde er General. Als der Krieg zu Ende war, wendete er sich wieder dem besseren Geschäfte zu, nämlich dem Dienste des Hauses Morgan, wurde wieder dessen Kompagnon. Im Auftrage diese Bankhauses Morgan hat General Dawes auch das Sachverständigengutachten ausgearbeitet. Der General Dawes ist auch Kandidat der republikanischen Partei auf den Vizepräsidentenposten im gegenwärtigen Wahlkampf. Auf diese Weise hat sich Morgan auch Einfluß auf die Politik gesichert. Im übrigen ist vom Herrn General Dawes nur bekannt, daß er ein sehr sonderbarer Ehrenmann ist, der eine rechte Vergangenheit hat, die ihn als smarten amerikanischen Geschäftsmann, als businessman kennzeichnet. Der General Dawes war vor 10 Jahren in eine sehr unangenehme Affäre, in einen groß angelegten Bankschwindel verwickelt, in dessen Verlauf der Senator Lorimer sein Amt niederlegen mußte. Also ein Mann, wie geschaffen, als Agent, als Kommis des amerikanischen Kapitals Europa die Rettung zu bringen. Übrigens hat sich das Bankhaus Morgan - es setzt auf beide Pferde auch für den Fall gesichert, daß der Kandidat der Gegenpartei siegt, nämlich Herr Dawis ist ebenfalls nichts anderes, als ein Kommis des Bankhauses Morgan, mit dem er schon liiert war zur Zeit, als er unter Präsident Wilson Gesandter in London war. So sehen wir, daß die amerikanische Politik gemacht wird in Wirklichkeit von dem amerikanischen Großkapital, wir sehen, daß in der Außenpolitik Morgan die größte Rolle spielt. Im übrigen ist General Dawes bekannt als Organisator jener schwarzen Banden, die berufen sind, jeden Streik der Arbeiter niederzuschlagen. Woher kommt denn das Interesse, das jetzt plötzlich der ganze internationale Kapitalismus vortäuscht für die Wiederherstellung Europas und die Sicherung des Friedens in Europa? Welche Grundlagen hat dieser Sieg der pazifistischen Ideen? Er hat seine Grundlage erstens darin, daß der internationale Kapitalismus von einem wirtschaftli hen Zusammenbruch in Europa den Sieg der sozialen Revolution befürchtet, und er hat seine Grundlage zweitens in dem Bewußtsein, daß ohne Russland der wirtschaftliche Wiederaufbau Europas nicht möglich ist, daß man aber, bevor Rußland in den Wiederaufbau einbezogen wird, eine geschlossene Front der kapitalistischen Staaten gegen Rußland schließen muß. Und drittens hat dieser Pazifismus seine Ursache darin, daß die Großmächte, die Weltmächte freie Hand bekommen wollen, in Europa Frieden und Ruhe haben wollen, da sie jetzt andere Sorgen haben, Sorgen infolge der Bewegung unter den Kolonialvölkern, die stürmisch nach ihrer Befreiung drängen. An allen Ecken und Enden der Welt züngeln Flammen des Aufruhrs unter den Kolonialvölkern; die von den kapitalistischen Mächten unterdrückten und ausgesaugten Völker Afrikas und Asiens begehren auf. Und weiters haben die Großmächte, die Weltmächte unter einander noch schwere Auseinandersetzungen in der Weltpolitik vor sich, so z. B. Amerika eine solche über Ostasien. Wie in Wirklichkeit diese Interessen aussehen, das sagen uns einige Ziffern. Wenn wir sehen, daß England in Brasilien mit einem Kapitalsexport von 659 Millionen Dollars interessiert ist und die Vereinigten Staaten mit 128 Millionen Dollars, wenn wir sehen, daß in Argentinien nahezu 2 Milliarden Dollars englischem Kapital 250 Millionen amerikanisches Kapital gegenüberstehen und über 400 Millionen Dollars französisches Kapital, wenn wir zugleich den Kampf beobachten, den die Vereinigten Staaten jetzt um die Beherrschung Südamerikas zwecks Ausschaltung aller anderen Konkurrenten führen, dann sehen wir, welch gewaltige Probleme die Weltmächte unter einander auszutragen haben, zu deren Lösung sie freie Hand, Ruhe und Frieden in Europa brauchen.

Am besten sehen wir den Sieg dieser pazifistischen, demokratischen Ideen, wenn wir unseren Blick außerhalb Europas, nach Afrika und Asien werfen. Heute führen die Pazifisten und Demokraten, die hier in Europa, in Genf, das Maul voll nehmen in Bezug auf Frieden, heute führen dieselben Männer in China eine Intervention durch, heute hetzen sie in China die einzelnen Bevölkerungsschichten, die Generale gegeneinander und schüren dort den Bürgerkrieg, um die Privilegien zu sichern, die sich die Kapitalisten in China vom chinesischen Volk erzwungen haben. Man begründet das ganze infame Vorgehen der kapitalistischen Mächte damit, daß man angeblich die Europäer schützen müsse, die Ausländer schützen müsse. Welches sind denn die Ausländer, die dort geschützt werden müssen? Diese Ausländer sind das in China investierte europäische Kapital. Und da sehen wir ganz schöne Ziffern, 902 Millionen Francs, 61 1/2 Millionen Pfund Sterling, 64 Millionen Dollars, 115 Millionen japanische Yens und 1 3/4 Millionen holländische Gulden, die einzig und allein die kapitalistischen Staaten der Regierung des Staates China geliehen haben. Das sind die Europäer, die sie in China schützen wollen. Um dieses Geldes Willen greifen sie in China ein und die englische Regierung Macdonalds befolgt keine andere Politik in China, als die, die England seit dem Jahre 1839, seit jenem schändlichen Opiumkrieg gegen China ununterbrochen verfolgt hat. Wenn wir aber heute näher betrachten, wie die Lasten beschaffen sind, die der Dawesplan Deutschland und damit der ganzen europäischen Wirtschaft indirekt auferlegt, brauchen wir nur die wichtigsten Ziffern zu nennen. Deutschland soll nach dem Dawesplan im kommenden Budgetjahr 1924-25 1000 Millionen Goldmark aufbringen und diese Zahl steigert sich von Jahr zu Jahr, bis Deutschland schließlich im Jahre 1928/29 2.500 Millionen Goldmark aufbringen soll. Der Kernpunkt der Frage ist der, wie das Geld aufgebracht werden soll. Der Ententenkapilismus hat in dem Bestreben, von den deutschen Kapitalisten Reparationen zu erhalten, eine vollständige Niederlage erlitten. Die Entente war nicht imstande, die deutschen Kapitalisten zur Zahlung zu zwingen, aber sie glaubt imstande zu sein, mit Hilfe der deutschen Kapitalisten die deutschen Arbeiter zur Zahlung zu zwingen. Es genügt nur auf eines hinzuweisen, auf die alleinige Ziffer der Erhöhung der Steuern auf Zucker, Tabak, Alkohol und Bier, die im laufenden Jahre in Deutschland 857 Millionen Goldmark einbringen und deren Ertrag nach dem eigenen Vorschlag Deutschlands bis zum Jahre 1928 1.700 Millionen und nach dem Dawesplan über 2 Milliarden Goldmark betragen soll. Hier sieht man, wer die Lasten in Wirklichkeit aufbringen soll. In Wirklichkeit bedeutet der Dawesplan Deutschlands vollstandige Kolonisierung. Deutschland wird zur Kolonie des amerikanischen Kapitals. Wir brauchen nur die 5 Milliarden Industrieobligationen und die 11 Milliarden Eisenbahnobligationen in Betracht zu ziehen, die in die Hände der Entente kommen, dann die Ententekontrolle, die Finanzkontrolle, die Beherrschung der Goldnotenbank, die in Wirklichkeit die Abschaffung der Währungshoheit des Staates bedeutet.

Aber dieser Dawesplan, so fein er ausgesonnen ist, ebenso unmöglich wird er in der Durchführung sich zeigen. Von allem anderen abgesehen gibt es auch hervorragende Fachmänner auf dem Gebiete der Volkswirtschaft und des Finanzwesens, die über die Möglichkeit dieser Durchführung anderer Ansicht sind. Ich will nur einen zitieren, und zwar Keynes, er schreibt: "Der Plan wird nicht zur Gänze ausgeführt werden." Weiter schreibt er: "Der Dawesplan richtet ein System auf, das unvereinbar ist mit Menschlichkeit und Zivilisation. Er setzt über die Bank, die Eisenbahn und über den Fiskus eine Kontrolle ein, die den letzten Tropfen Schweiß aus dem deutschen Volke herauspressen wird. Niemals wird man von Deutschland Reparationen erhalten, außer jenen mäßigen Beträgen, welche es wird freiwillig zahlen wollen. Der Dawesplan gibt vor, mehr als das zu versuchen. Deshalb wird er fehlschlagen. Aber ich wage zu glauben, daß die verschiedenen Kontrollen und die feine Maschinerie des Dawesplanes nicht in der Absicht der Unterdrückung geschaffen worden sind, sondern um mit Sicherheit zu beweisen, daß jede Vorsichtsmaßregel versucht wurde, wenn es einmal zum Zusammenbruch kommt, und daß der Zusammenbruch nur auf die tatsächliche Unlösbarkeit der gestellten Aufgabe zurückzuführen ist." Es gibt bekanntlich in England und auch in Amerika ernste Kreise, die entschieden gegen die Durchführung des Dawesplanes sind. Die Widerstände, die der Dawesplan auslöst, bevor er in Wirklichkeit tritt, sind schon ganz gewaltige und vor allem ist es die Angst um die Wiederherstellung der deutschen Konkurrenz in ihrem früheren Umfange. Daran ändert auch der Umstand gar nichts, daß die deutsche Bourgeoisie den Dawesplan angenommen hat. Die deutsche Bourgeoisie fühlt sich zu schwach, um dem internationalen Kapital zu trotzen, zu schwach aber deshalb, weil sie es nicht wagt, die Massen des Volkes zum Kampfe gegen diese Versklavung zuzulassen, weil sie weiß, daß dieser Kampf weiter führen würde, als zur Beseitigung dieser Versklavung, als zur Beseitigung dieses infammen internationalen Raubplanes, daß dieser Kampf führen würde zur sozialen Revo ution. Und deshalb unterwirft sich lieber die deutsche Bourgeoisie und sie weiß, daß es ihr möglich sein wird, die Sache so einzurichten, daß nicht sie, sondern das deutsche Proletariat durch die Herabsetzung seines Lebensniveaus, durch die Verbilligung des Preises seiner Arbeitskraft zahlen wird. Unabsehbar sind die Folgen, die das für die Arbeiterklasse ganz Europas bringen wird. Wir brauchen uns ja jetzt nur in der Èechoslovakei umzusehen und nicht nur in Trenèín, sondern auch an vielen anderen Punkten - wir werden in den nächsten Tagen auch eine Interpellation darüber einbringen, das Material haben wir von Seiten der Gewerkschaften - sehen wir, wie heute via facti Industrielle die Gesetze in der Èechoslovakei, das Gesetz über den Achtstundentag, das Gesetz über den Schutz der Frauen, das Gesetz über Kinderarbeit und Nachtarbeit in Wirklichkeit aufheben, und wie alle Appelle an die Gewerbeinspektoren vollständig vergebens sind. Generell genommen, bedeutet dieser Dawesplan, daß das ganze europäische Proletariat dem amerikanisch-englischen Kapital tributpflichtig werden wird. Das ist die wirtschaftliche Grundlage jenes sogenannten Friedenszustandes, den man jetzt in Europa erreichen will. Genau genommen ist das nichts anderes, als der Bankerott der europäischen Bourgeoisie, der sich in ihrer vollständigen Kapitulation vor dem Dollar und dem Pfund äußert, weil sie unfähig war, die Krise nach dem Kriege zu überwinden, weil sie unfähig war, den wirklichen Frieden in Europa zu bringen. Dieser inte rnationale Plan bedeutet die Auslieferung der ganzen europäischen Wirtschaft an das amerikanische und englische Kapital.

Die Regierungen werden wie heute vor uns sitzen und ihre Exposés geben. Sie werden in Zukunft, was sie immer waren, nicht nur die Exekutive der Kapitalistenklasse ihres Landes sein, sondern sie werden außerdem auch noch die Exekutive der amerikanischen Kapitalisten sein. Und sie werden nichts anderes sein als Vögte, die von dem Proletariat ihres Staates den Tribut eintreiben müssen, welchen Tribut sie dann an die amerikanischen Kapitalisten abliefern müssen, von dem die einheimische Arbeiterschaft nur einen Anteil bekommt, den Lohn, wobei die Regierungen als Sklavenvogt fungieren. Die Grundlage der Durchführung des Dawesplanes soll der bis zum äußersten gehende politische Druck auf die Arbeiterklasse sein, soll der weiße Terror sein. Ich will nur auf eines verweisen: in Deutschland sind heute 7000 Arbeiter im Gefängnis - 7000 Arbeiter - weil sie sich zur Wehre setzten gegen die infame Versklavung durch die deutsche Bourgeoisie, weil sie sich zur Wehre setzten gegen die Versklavung im Interesse des amerikanischen und englischen Kapitales. In Polen, von dessen demokratischem Umschwung hier ein Sozialdemokrat einen Panegyrikus gehalten hat, in diesem Polen sitzen heute 6000 Arbeiter in den Gefängnissen als Opfer des weißen Terrors, blutig geschlagen, zur Verzweiflung, in den Irrsinn und Tod getrieben. Das ist das System - ich will von anderen Staaten nicht sprechen - das in Europa aufgerichtet werden wird, und wenn die Regierung der Èechoslovakei damit in Podkarpatská Rus und in der Slovakei anfängt, so bewegt sie sich eben nur auf der sogenannten Linie des geringeren Widerstandes. Sie glaubt dort dieses System früher aufrichten zu können. Aber es ist nicht das erstemal, daß ein solcher Plan durchgeführt wird. Wir haben schon ei nmal in diesem Hause über etwas Ähnliches gesprochen, damals, als das Genfer Protokoll, die Genfer Vereinbarung gegen Österreich durchgeführt wurde. Damals haben wir noch gesehen, daß hier Vertreter der Zweiten Internationale gegen diese Versklavung Österreichs gesprochen haben. Heute aber findet sich kein Wort mehr aus den Reihen der Zweiten Internationale gegen dasselbe noch viel schändlichere Werk, das gegen Deutschland jetzt durchgeführt wird. Im Gegenteil, sie schreibt sich den Ruhm und das Verdienst an diesem Werk zu und sagt, die Annahme des Sachverständigengutachtens, des Dawesplanes, sei ein Werk der Zweiten Internationale, ein Werk der Arbe terregierung Macdonalds in England, und sie ist stolz auf dieses Werk. Es zeigt eben nur, daß die Zweite Internationale heute nichts anderes als ein Werkzeug des internationalen Kapitalismus geworden ist und natürlich auch ein Werkzeug zur Durchführung des Dawesplanes. (Souhlas komunistických poslancù.) Wir Komunisten werden uns gegen die Durchführung dieses Planes zur Wehre setzen und wir werden die Massen des Proletariates zum Kampfe aufrufen gegen diesen Bürgerkrieg, den die Bourgeoisie damit auf wirtschaftlichem Gebiete an das Proletariat ganz Europas erklärt hat.

Soll man noch darüber reden, was denn pazifistisch, demokratisch ist? Wir brauchen nur die Hochburg des Pazifismus und der Demokratie - wenigstens war es bis heute so, wie es morgen sein wird, wissen wir noch nicht - wir brauchen uns nur die englische Arbeiterregierung anzusehen. Diese englische Arbeiterregierung und die englische Regierung überhaupt war noch nie so kriegeriscb aktiv in Mesopotamien, Arabien, Ägypten, im Sudan, in Indien usw., wie zur Zeit der Regierung Macdonalds. Die Zeit erlaubt es nicht, aber ich könnte hier ein Zitat aus einem Leitartikel des Pariser "Temps" bringen, in dem dieses kapitalistische Blatt begeistert schreibt, daß die englische Arbeiterregierung, soweit die englischen Kolonialinteressen, die Interessen des englischen Kapitalismus an der Versklavung der Völker Asiens und Afrikas in Betracht kommen, dieselbe Politik macht wie die englische Bourgeoisie, wie die konservativsten englischen Regierungen. Und damit, glaube ich, hat, wenn wir die wirtschaftlichen Grundlagen betrachten, wenn wir sehen, wer hinter dieser Politik steht, welches die wirtschaftliche Unterlage ist und wer die Politik macht, damit ist auch das gerichtet, was in dem sogenannten Genfer Protokoll heute die Erlösung Europas bringen will. Abrüstung, Frieden, Einschränkung der Rüstungen - es hat ja Herr Abgeordneter Dr. Czech hier darauf verwiesen - und noch nie waren die Rüstungen so wahnsinnig wie jetzt, auch in der Zeit des Weltkrieges nicht; und was der deutsche Militarismus im Jahre 1914 war, das ist ja ein Unschuldsknabe neben dem, was heute der englische, französische und amerikanische Militarismus ist und dessen Charakteristikon darin besteht, daß die ganze Industrie, die ganze Volkswirtschaft, alles in den Dienst des Militarismus gestellt, daß der Krieg in ungeheuerem Maßstabe industrialisiert wird. Verfolgen wir nur, was in der letzten Zeit über Heeresreformen in verschiedenen Zeitungen geschrieben wurde, so sehen wir, daß die Heeresreform hinausläuft auf eine Beschränkung der stehenden Heere, aber auf eine stärkere Heranziehung des gesamten Volkes für Heeresdienste, auch für den wirtschaftlichen Kriegsdienst, in Wirklichkeit also die Mobilisierung des gesamten Volkes bis auf den letzten Mann für den Dienst des Krieges. Der Völkerbund, das Genfer Protokoll, das ist die Begleitmusik, sie sind das Werkzeug, das diesen ungeheueren internationalen Versklavungsplan des englisch-amerikanischen Kapitales durchführen soll, sie sind das Gegenstück zu dem ganzen Dawesplan, sie sind die Vollzugsorgane der Herren Pierpont Morgan und Dawes, und es ist sonderbar, es liegt, möchte ich sagen, eine Schändung der eigenen Geschichte darin, wenn die èechischen Patrioten heute diesen schändlichen Plan, in dessen Hintergrund der amerikanische Milliardär Morgan steht, in Verbindung bringen mit den Gedanken Georgs von Podìbrad und Amos Commenius. (Potlesk komunistických poslancù.)

Aber ich habe schon angeführt: dieser Dawesplan und die ganze jetzige Politik ist gegen Rußland gerichtet, gegen das die europäischen kapitalistischen Staaten eine starke geschlossene Einheitsfront aufrichten wollen. Die bisherige Politik der Absperrung, die Blockade Ruslands hat vollständigen Schiffbruch erlitten; Rußland ist aus dem Kriege der europäischen Kapitalisten, der Absperrung und der Blockade, dem politischen, militärischen und Wirtschaftskrieg siegreich hervorgegangen. Aber die europäische Wirtschaft ist ohne Rußland zu keiner Konsolidierung gekommen. Darum die Wendung in der Politik gegen Rußland. Man will auf dem Wege der Beziehungen mit Rußland, aufdem Wege der Anerkennung, Rußland jetzt in dieses Wirtschaftssystem einbeziehen, man will Rußland gewissermaßen von einer anderen Seite angenen. Auf diesem Wege will man den Kampf gegen Rußland weiterführen. Wir geben uns keiner Illusion wegen der Anerkennung Rußlands durch England und Frankreich hin. Diese Anerkennung ist ein Sieg Rußlands, weil damit zum Ausdruck kommt, daß Rußland gegen die ganze bisherige infame Politik der europäischen Bourgeoisie gesiegt hat und die europäische Bourgeoisie gezwungen ist, zu einer anderen Methode überzugehen. Die europäische Bourgeoisie wird mit dieser Methode ebenso heftig Rußland zu bekämpfen suchen, doch wir sind überzeugt, daß Rußland auch in diesem Kampfe bestehen, daß es auch aus diesem Kampfe siegreich hervorgehen wird. Man will sogar Deutschland in diesen Konzern gegen Rußland einbeziehen, und Deutschlands Aufnahme in den Völkerbund hat keinen anderen Sinn, denn man kokettiert auch mit der Frage der Aufnahme Rußlands in den Völkerbund, die selbstverständlich vom Standpunkt Rußlands aus unmöglich ist, weil der Völkerbund nichts anderes als ein Organ der Ententeregierungen zur Durchführung des Versailler Friedens ist und weil Rußland für den Eintritt in den Völkerbund Bedingungen gestellt werden, wie die Anerkennung der Versailler Friedensbedingungen auf wirtschaftlichem Gebiete, die die Preisgabe der Errungenschaften der Revolution bedeuten würden. Das wird Rußland niemals zugeben und der Völkerbund wird das bleiben, was er ist, auch wenn die deutschen Kapitalisten in ihn hineingehen, um ihre kapitalistische Politik zu vollenden: ein Werkzeug in der Hand der Ententeregierungen. (Souhlas komunistických poslancù.)

Es wurde hier auch von den Verhältnissen in Rußland gesprochen, von seiner Wirtschaft. Die Herren brauchen sich über Rußlands wirtschaftliche Verhältnisse keine Sorgen zu machen. Rußland ist trotz Blockade, trotz Absperrung, trotz Feindseligkeit des Kapitalismus der ganzen Welt und trotz des Furchtbaren, das es durchmachen mußte, dahingekommen, daß es seine Wirtschaft in Ordnung hat und daß es heute einen Staatsvoranschlag vorlegen kann, der seine vollständige Deckung hat, ohne daß zu einer Notenemission die Zuflucht genommen werden mußte.

Daß diese jetzige Periode im Verhältnis zu Rußland nichts anderes ist, als eine andere Form, den Krieg gegen Rußland zu führen, das haben wir an zwei Beispielen gesehen, und gerade diese zwei Episoden zeigen, wie jeder Versuch des europäischen Kapitalismus, an Rußland zu rühren, mit einer Niederlage oder Blamage enden muß. Die Niederlage in Georgien, wo der schamlose Versuch eines Aufstandes vollständig scheiterte, ist eine sehr gute Lehre für den europäischen Kapitalismus, seine Finger von Rußland zu lassen. Bei dieser Gelegenheit glaube ich auch ein Wort darüber verlieren zu müssen, was Herr Minister Dr. Beneš trotz unserer Interpellationen in seinem Exposee übergangen hat, und was ich hiermit wiederhole: Wir protestieren gegen die schamlose freche Einmischung des Völkerbundes in die inneren Angelegenheiten Rußlands. Georgien ist ein Bestandteil Rußlands und geht den Völkerbund gar nichts an. Er hat seine Finger davon zu lassen. (Potlesk komunistických poslancù.) Ich frage von dieser Stelle den Herrn Minister Beneš, ob er die Zustimmung gegeben hat zu einem solchen Schritt, der eine freche Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates bedeutet. Der zweite Versuch allerdings, der Versuch des Herrn Macdonald mit dem Briefe Zinovìvs zeigt, daß heute Herr Macdonald mit diesem Briefe der blamierte Europäer ist. Es hat sich gezeigt, daß ihn die konservativen Beamten des Foreign office in die Tunke hineingelegt haben. Das ist der Aususgang des zweiten Versuches, der Sowjetregierung eins am Zeuge zu flicken.

Dem Herrn Beneš, der èechischen Regierung, ist es gelungen, zu erreichen, daß sie, soweit die Anerkennung Rußlands in Betracht kommt, als letzte kommen wird. Es ist nicht das Interesse Rußlands, ob Herr Beneš vor Frankreich kommt oder nach Frankreich. Die Sowjetregierung ist heute von allen europäischen Großmächten anerkannt und das Zögern und die Zurückhaltung der èechischen Regierung ändert an diesem Zustand absolut nichts. Wir müssen uns heute fragen: Wer hat denn ein Interesse an der Anerkennung der Sowjetregierung, diese oder die èechoslovakische Regierung? Und hier müssen wir wohl sagen, daß Rußland die Èechoslovakei nicht braucht, aber die Èechoslovakei braucht Rußland, und gerade jetzt zeigt sich diese Frage immer brennender. Gewiß, es ist hier vom Vorredner gesagt worden, es liege Rußland überhaupt nicht viel an der de jure- Anerkennung, aber die Hinausschiebung dieser Anerkennung durch die èechische Regierung bedeutet einen Akt der Unfreundlichkeit, ja Feindseligkeit gegen Rußland. Von diesem Standpunkte ist die Sache aufzufassen und es ist eine Unfreundlichkeit, die ein wenig, ich möchte fast sagen, arrogant ist, mit der der Minister sich immer erlaubt, über das politische und wirtschaftliche System Sowjetrußlands hier zu sprechen, als wäre er der berufene Kritiker. Ich will dem Herrn Minister darauf nicht antworten. Das ist eine Frage, in der wir uns mit der èechischen Bourgeoisie niemals einigen werden, über die wir mit ihr nie diskutieren, eine Frage, die nur von diesseits und jenseits der Barrikaden entschieden werden wird. Aber ich möchte nur sagen: Der Herr Minister ist sonst so enthaltsam in Bezug auf die Einmischung in die inneren Verhältnisse eines Staates. Er sagt nichts vom Regierungssystem in Italien, er sagt nichts von dem Regierungssystem in Spanien, die in schroffem Widerspruche zu den Grundsätzen des Pazifismus und der Demokratie stehen und er nimmt die spanischen und die italienischen Orden, die an seine Brust geheftet werden, freundlich an, ohne auch nur über das Regierungssystem in diesen Staaten ein Wort zu sagen.

Die Frage der Anerkennung Rußlands ist heute eine Frage des Handelsverkehrs mit Rußland. Nicht nur daß die Handelsverträge mit Rußland nicht ratifiziert wurden, nicht nur, daß die Feigheit derer, die diese Handelsverträge abgeschlossen haben, die Feigheit vor den èechischen Nationaldemokraten, das Zusammenklappen vor ihnen verhindert hat daß der Vertrag ins Parlament gekommen ist; die Sache ist heute die, daß, weil Rußland nicht anerkannt ist, seine Handelsmission, seine Handelsvertretung keine juristische Person ist und daher auch keine Geschäfte abschließen kann und stets eine Bank als Garanten braucht. Die Folge davon ist, daß die Banken sich das teuer bezahlen lassen und die weitere Folge, daß dadurch die Spesen verteuert werden; die èechoslovakischen Waren, die Rußland kaufen würde, werden dadurch so teuer, daß sie niemand kaufen kann. Die Industriellen in der Èechoslovakei haben schon großes Entgegenkommen gegenüber Rußland gezeigt, sie haben langjährige Kredite bewilligt, aber man kann nicht davon Gebrauch machen, weil die Waren zu teuer sind. Die landwirtschaftlichen Maschinen und Geräte, die die Èechoslovakei auf die Ausstellung nach Moskau sandte, haben Anklang gefunden, aber sie sind zu teuer aus den eben angeführten Gründen und weil hier die juristische Grundlage fehlt, um Handel zu treiben, um Geschäfte in großem Maßstabe abzuschließen. Auch die Einfuhr von Manganerzen aus Rußland z. B. ist deshalb bis heute unmöglich geblieben. Deshalb kann auch die Frage der Kolonisation nicht geregelt werden, und gerade Rußland wäre für die armen Bauern aus der Slovakei und Karpathorußland, die zu Tausenden vor der Befreiung durch die Èechoslovakische Republik nach Amerika ausreißen müssen, ein Gebiet, wo sie als Kolonisten sich ansiedeln könnten. Jeder Tag, der diese Anerkennung verzögert, bringt unserer Volkswirtschaft neuen Schaden, und es zeigt sich an diesem Beispiel nur der Widerspruch zwischen der poritischen Linie unserer Außenpolitik und den wirtschaftlichen Bedürfnissen des Staates. Das ist heute schon schlimm und wird noch schlimmer werden, weil die Durchführung des Dawesplanes, die Verschärfung der deutschen Konkurrenz, die Notwendigkeit vermehrter deutscher Ausfuhr, um die Reparationen zu zahlen, die Èechoslovakei zwingen wird, ihre handelspolitische Orientierung mehr als bisher in der südlichen und östlichen Nachbarschaft und überhaupt im Osten zu suchen. Die Politik, die Herr Beneš in diesem Punkte betreibt, ist auch eine unaufrichtige, denn niemand hat sovielüber die Freundschaft zu Rußland geredet wie Herr Beneš, und niemand hat so gegen Rußland gehandelt wie derselbe Herr Beneš. Angefangen von den 200.000 Kerenskirubeln, die Herr Savinkov für terroristische Politik von Herrn General Klecanda bekam. Es ist ja bekannt, daß die Attentatspolitik von Pazifisten und Demokraten unterstützt wird, die sonst bekanntlich gegen den individuellen Terror sind. (Potlesk komunistických poslancù.) Von da angefangen ist die Handlungsweise der èechischen Regierung eine ununterbrochene Kette von unaufrichtigen, unfreundlichen, ja feindseligen Handlungen gegen Rußland gew esen. Wir haben in unseren Interpellationen dafür schon eine ganze Reihe von Beweisen gebracht. Die Frage der Emigration in der Èechoslovakei ist heute dadurch, daß eine ganz ungeheuere Menge von Wrangelleuten hier aufgenommen wurde, wieder akut. Diese Wrangelleute bilden in der Mehrheit eine durchaus monarchistische Emigrantengruppe. Denn an der Spitze des Oreso, dieses großen Verbandes der russischen Emigranten in der Èechoslovakei, steht z. B. der Herr Neander, ein Monarchist durch und durch, der in einer Sitzung der russischen Nationalkomités in Prag am 22. Oktober nach dem Bericht der sozialrevolutionären Zeitung "Dni" ausdrücklich erklärt hat: "Die einzige Erlösung für Rußland ist die Monarchie." Wir wissen, welche Rolle die demokratische Republik der Èechoslovakei gerade in dieser Frage gespielt hat. Es wurde auch dem Herrn, der sich selbst zum Zaren ernannt hat, dem Herrn Kyrill, dem zweiten in der Reihe der selbsternannten Zaren - weitere diesbezügliche Offerten werden hier in Prag angenommen (Veselost komunistických poslancù.) - ein Begrüßungstelegramm geschickt. Das ist auch ein Beweis dafür, wie unwahr es ist, wenn gesagt wird, daß die Emigration in der Èechoslovakei sich nicht politisch betätige. Ich will hier nicht auf die Geldunterstützungen eingehen. Wir werden dem Herrn Minister noch Gelegenheit geben, auf diese Fragen anderweitig zu antworten. Die Politik gegenüber den Emigranten ist nichts anderes als eine großangelegte Organisation, um hier ein Reserveheer zu schaffen, damit, wenn in Rußland, wie die Herren hoffen, ein Umsturz kommt, hier bereits ein geschultes Heer von Offizieren, Juristen und so weiter bereit steht, das der russischen Gegenrevolution zu Hilfe eilen kann. Nur einen Beweis will ich dafür anführen, daß hier auf nicht anderes, als auf den Sieg der Gegenrevolution spekuliert wird: Es besteht hier eine russische Rechtsfakultät, die 1500 sogenannte Studenten zählt. An dieser Rechtsfakultät wird ausschließlich zaristisches Recht und das Kerenskirecht gelehrt. Aber nichts wird gelehrt über das heute in Rußland bestehende Recht. Das zeigt klar und deutlich, daß man nur auf den Sieg der Gegenrevolution spekuliert. Es ist die Spekulation auf das sogenannte neue Rußland. Die Herren wissen ganz genau und der Herr Minister des Äußeren ist, glaube ich, auch davon überzeugt, daß der Sturz des heutigen Regierungssystems in Rußland, auf den er spekuliert, ohne gewalttätige und gewaltsame Gegenrevolution unmöglich ist, und wenn er auf das neue Rußland spekuliert, spekulierter auf diese Gegenrevolution. Dieser Spekulation zuliebe wird die Anerkennung Rußlands hinausgeschoben, wird unserer Wirtschaft schwerer Schaden zugefügt, dieses Abwarten muß unsere Wirtschaft und müssen unsere Arbeitslosen zahlen.


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