Støeda 28. listopadu 1923

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 233. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze ve støedu dne 28. listopadu 1923.

1. Øeè posl. inž. Kalliny (viz str. 797 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Zum dritten Male seit dem Zusammentritt dieses Parlamentes haben wir das fragwürdige Vergnügen, den Staatsvoranschlag zu beraten. Denn in Wirklichkeit ist es ja nur ein Betrug, der an der Öffentlichkeit verübt wird, der man unter Aufgebot des ganzen teueren parlamentarischen Apparates vortäuscht, als ob es sich hier wirklich um Beratungen handeln würde, während es sich in Wirklichkeit nur um eine schlecht gespielte Komödie handelt. Denn, angefangen von den Beratungen im Budgetausschusse, bis über die Verhandlungen in den Vollsitzungen des Hauses haben wir nur Redeübungen vor uns, da ja über Beschluß der "Pìtka" der vorgelegte Staatsvoranschlag unverändert angenommen werden muß. Wohl hat ein Redner der "Pìtka", und zwar der Herr Kollege Nìmec, anstandshalber namens der èechischen sozialdemokratischen Partei gegen die unwürdige Art und Weise, mit der der Voranschlag im heurigen Jahre wieder durchgepeitscht werden soll, protestiert, aber es wurde kein Wässerlein getrübt. Der im Budgetauschuße begonnene Redefluß-wurde nach diesem kleinen Ausfluge des Kollegen Nìmec in demokratische Gefilde wieder in das richtige Bett gelenkt, bald waren alle demokratischen Bedenken fortgeschwemmt und in gewohnter Eintracht sah man die staatserhaltenden Parteien wieder am Staatsvoranschlage arbeiten. Doch mit des Geschickes Mächten ist kein ew’ger Bund zu flechten! Wieder war es ein Vertreter der èechischen Sozialdemokratie, der die "Pìtka" zu sprengen drohte. Seit dem Ausfalle der Gemeindewahlen zu ihren Ungunsten sind nämlich diese Herren sehr nervös geworden und versuchen durch Aufrollung verschiedener Affären ihr Gewicht in der Regierungzu verstärken, denn sie fürchten, daß auf Grund der durch die Gemeindewahlen geänderten Machtverhältnisse auch eine Machtverschiebung in der Regierung folgen könnte; deshalb entdecken sie Korruptionsfälle, die ihnen schon seit langem bekannt waren, aber die scheinbar, bisher in Spiritus aufbewahrt, zur richtigen Stunde der Öffentlichkeit präsentiert, die gewünschte Wirkung zur Folge haben sollen. Gewiß, seit die Welt besteht, wurden Reptilien in Spiritus aufbewahrt, ur war man bisher gewohnt, sich mit kleinen Reptilien zu begnügen, die in Gläser untergebracht wurden; hier in diesem Staate hat man einen neuen Rekord aufgestellt und gewichtigere Reptilien eingelagert, zu deren Unterbringung riesengroße Fässer notwendig waren. Als Kollege Remeš die Zündschnur - ob es nicht ein einfacher Strick war, ist mindestens zweifelhaft - an das Spiritusmagazin legte, entstand lebhafte Bewegung auf der Spiritusbörse, doch gelang es dem Senatspräsidenten in seiner doppelten Eigenschaft als Präsident, die Aufregung, die fast die Koalition zum Sprengen gebracht hätte, zu dämpfen und den Reptilienfond zum Schweigen zu bringen, indem er Kraft seiner Machtvollkommenheit den salamonischen Ausspruch tat: "Keine der Koalitionsparteien hat etwas aus diesem Korruptionsfonde bekommen." Alles atmete erleichtert auf, die Koalition und der Staat waren wieder einmal gerettet. In sanfter Eintracht geht wieder alles seinen gewohnten Gang. Gewiß wäre es interessant zu erfahren, was sich in diesen schweren Tagen vor der Erklärung des Senatspräsidenten Prášek hinter den verschlossenen Türen der "Pìtka" abgespielt hat. Doch gemach, die Wahrheit ko mmt noch an den Tag, und zwar voraussichtlich während der nächsten Parlamentswahlen, die, wenn nicht alle Anzeichen trügen, früher stattfinden werden, als gar manche zu wähnen glauben. Für mich hat es den Anschein, als ob die Regierung die Wahlen mit Rücksicht auf die Verhältnisse in der Slovakei gewissermaßen noch unter dem alten Regime durchführen möchte, um mit allen ihr zu Gebote stehenden Machtmitteln noch einmal zu versuchen, den Regierungsslovaken zum Siege zu verhelfen. Doch sei dem wie immer, wir deutschen Abgeordneten wissen, daß, wie bisher, Macht vor Recht gehen wird, und von diesem Gesichtspunkte aus gehe ich auch an die Besprechung des vorliegenden Staatsvoranschlages und will mich kurz mit den einzelnen Kapiteln beschäftigen. Ich weiß zwar, daß unsere Kritik, und sei sie noch so berechtigt, von der Gegenseite nicht ernst genommen wird, und daß alle unsere Abänderungsanträge abgelehnt werden, aber wir erfüllen unsere Pflicht der deutschen Öffentlichkeit gegenüber, die sehen soll, daß wir keine Gelegenheit verabsäumen, die herrschende Gewalt und damit die verantwortlichen Faktoren von der Stimmung der deutschen Bevölkerung, von ihren berechtigten Beschwerden und Forderungen, zu unterrichten.

Schon von einigen Rednern wurde auf die unhaltbare Lage der deutschen Staatsbeamten hingewiesen, die trotz ernster Pflichterfüllung eine Behandlung erfahren, die jeder Beschreibung spottet. Demütigungen, Zurücksetzungen aller Art, verbunden mimit finanziellen Einbußen, müssen sie erdulde. Mit unerhörter Strenge werden insbesonders die Bestimmungen des Sprachengesetzes trotzdem bis zum heutigen Tage die Durchführungsverordnung nicht herausgegeben wurde - benützt, um sie zu disqualifizieren und wegen ihrer Volkszugehörigkeit über Wunsch einzelner Výbormänner, die ihre verhetzende Tätigkeit unter dem Deckmantel der unterschiedlichen Jednotas fortsetzen, aus sogenannten Dienstesrücksichten ins èechische Sprachgebiet zu versetzen. Ich will mich heute mit den Verhältnissen der deutschen Eisenbahner und Postangestellten befassen, die unter diesen Zuständen am schwersten zu leiden haben. Mit Rücksicht auf die sogenannten strategischen Erfordernisse, denen ja in diesem Staate alles andere, angefangen von der Außenpolitik dieses Staates, untergeordnet wird, wurde seit der Staatsgründung die Verdrängung der deutschen Eisenbahner auf allen Staatsbahnstrecken eingeleitet und von leitenden Posten allein 720 an der Zahl enthoben und versetzt. In dieser Zahl sind die neuen Versetzungen auf der Buschtìhrader Eisenbahn und der Aussig-Teplitzer Eisenb ahn nicht inbegriffen. Ins deutsche Sprachgebiet wurden bisher 1020 èechische Beamte versetzt, und dies alles aus sogenannten dienstlichen Rücksichten. Diese Zahl vermehrt sich um ein Bedeutendes, wenn wir die Verdrängung bei den beiden verstaatlichten Privateisenbahnen mit einbeziehen. Besonders sei aber auch erwähnt, daß von den beim Umsturze enthobenen deutschen Beamten noch immer 40 Beamte weder in Dienst gestellt, noch pensioniert wurden. Zu letzteren gehört auch unser Kollege Böllmann. Diese angeführten Zahlen sprechen eine so deutliche Sprache, sie erbringen den unwiderleglichen Beweis, daß die Gewalthaber unter Bruch der feierlich gegebenen Versprechungen die deutschen Beamten unter Mißachtung der erworbenen Rechte drangsalieren und ihnen durch Versetzungen und Zurücksetzungen den Dienst vollständig verleiden wollen, um sich ihrer überhaupt zu entledigen. Ich will Sie, meine Herren von der èechischen Seite, und insbesonders den Herrn Eisenbahnminister heute daran erinnern, daß er am 11. Mai d. J. anläßlich der Vorkonferenz, in welcher er von der Verstaatlichung der Buschtìhrader Eisenbahn Mitteilung machte, ausdrücklich erklärte, daß es sich der Regierung nur um eine rein wirtschaftliche Maßnahme handle und daß er die Versicherung geben könne, daß die deutschen Angestellten gar nichts zu fürchten haben und daß ihnen unter keinen Umständen irgend ein Schaden erwachsen werde; weiters, daß er insbesondere darüber wachen werde, daß niemand wegen der Erlernung der èechischen Sprache Chikanen ausgesetzt werde. Diesen Versprechungen schlossen sich auch die Vertreter der Pìtkaparteien an. Ich erklärte schon damals, daß ich diesen Versprechungen wenig Glauben beimessen könne, da uns die Vorgänge seit Bestand dieses Staates gelehrt haben, daß gerade das Eisenbahnministerium an der Spitze des Mißbrauches seiner Macht zu Zwecken der Èechisierung des Beamtenstandes marschiert und die Staatsbahndirektionen willfährige Vollzugsorgane der einzelnen Èechisierungsvereine sind.

Ich will heute nur den Herrn Eisenbahnminister an drei Angelegenheiten erinnern, die ich bei den Beratungen über die Verstaatlichung der Buschtìhrader Eisenbahn vor einem halben Jahre aufgerollt habe. Der Herr Minister erklärte damals auf meine Feststellung, daß die Verstaatlichung wieder in erster Linie unsere deutschen Eisenbahner hart treffen werde und daß Versetzungen ins èechische Gebiet auf der Tagesordnung sein werden, daß es zu solchen Versetzungen nicht kommen werde, da ja der Staatsbahnverwaltung nicht einmal in Fällen, wo aus dienstlichen Gründen, z. B. auf Grund eines Disziplinarverfahrens, die Notwendigkeit einer Versetzung bestünde, eine Versetzung möglich sei, und zwar weil die Wohnungsfrage hindernd in den Weg trete. Nun wissen wir aber, daß seit dem Umsturze bereits weit über tausend Beamte ins èechische Gebiet versetzt wurden, und zwar einzig und allein um èechischen, vom strategischen Standpunkte einwandfreien Elementenn-Platz zu machen. Die Folgen dieser angeblich nur aus Dienstesrücksichten erfolgten Versetzungen sind ja aus der großen Zahl der Eisenbahnzusammenstöße und der verschlechterten Abwicklung des Verkehrsdienstes zu ersehen. Bei der Buschtìhrader Eisenbahn wurde ein neuer Weg betreten, indem man mit Hilfe der Gewäh rung eines Krankenjahres die Pensionierung erleichterte. Der Herr Eisenbahnminister weiß ganz gut, daß dieser sanfte Druck nur mit dem Mäntelchen des Entgegenkommens umgeben wurde, um so rascher zum Ziele zu gelangen. Friß, Vogel, oder stirb! Das ist die Losung dieses Systems; entweder vorzeitige Pensionierung oder Versetzung vom leitenden Dienstposten auf einen untergeordneten Posten im èechischen Gebiete. Es ist gewiß ein schwerer Gew issenskonflikt, in welchem sich unsere Eisenbahner in solchen Augenblicken befinden. Denn unter ganz anderen Voraussetzungen und Möglichkeiten waren sie seinerzeit in den Dienst der Privatbahn getreten, haben sich ihre Familie, ihr Heim gegründet, und jetzt werden sie mit rauher und roher Hand herausgerissen aus der ihnen liebgewordenen Umgebung, die ihnen zur Heimat geworden. Sie ringen mit der Vorstellung, was soll mit den Kindern im èechischen Gebiete werden? Gar mancher verzagt und läßt sich seiner Familie wegen vorzeitig pensionieren. Lieber hungern und darben in der Heimat, als in der Fremde einem ungewissen Schicksale entgegengehen. Ich will von dieser Stelle unseren Eisenbahnern nur zurufen, wenn es ihnen halbwegs möglich ist, auszuharren. Freilich, Pflicht unseres ganzen deutschen Volkes wäre es, hier helfend einzugreifen. Den Herrn Eisenbahnminister möchte ich aber von dieser Stelle aus noch einmal an sein gegebenes Versprechen erinnern, daß den deutschen Beamten aus der Verstaatlichung kein Nachteil erwachsen werde. Ich bin mir zwar bewußt, daß mein Apell vergebens sein wird, denn man spricht in diesem Staate nur von Humanismus, feiert ihn bei Festlichkeiten, besonders im Auslande, als die Grundlage der èechischen Kultur, den deutschen Staatsbürgern gegenüber aber beruft man sich immer auf die Machtverháltni sse und sogenannten staatlichen Bedürfnisse, die die Vergewaltigung des Deutschtums in diesem Staate erfordern.

Wie man im deutschen Gebiet vorgeht, erhellt am besten aus nachstehendem Vorfall: Am 1. Mai 1923 überreichte ich eine Interpellation, in welcher ich auf einen am 26. März erschienenen Hetzartikel des "Èeský Deník" verwies, in welchem den deutschen Eisenbahnbediensteten von Buchau systematische Diebstähle zur Last gelegt wurden, daß noch 10 deutsche Eisenbahnerfamilien dort sind, die in einem staatlichen Gebäude wohnen und daher leicht versetzt und gegen èechische Bedienstete ausgetauscht werden könnten. Zum Schluße führte ich noch an, daß bereits 3 Bedienstete versetzt wurden und die Versetzung von drei weiteren Bediensteten bevorstehe. Bei der Beratung der Verstaatlichung der Buštìhrader Eisenbahn am 14. Mai versprach mir der Herr Eisenbahnminister die sofortige Beantwortung. Am 8. August erhielt ich endlich die Antwort, in welcher auf die genannten Beschuldigungen des "Èeský Deník" gar nicht eingegangen wurde, sondern nur festgestellt wird, daß die Versetzung der 3 deutschen Bediensteten einzig und allein aus Dienstesrücksichten erfolgt ist und daß - ich zitiere wörtlich die Behauptung, daß eine Versetzung on noch drei weiteren deutschen Bediensteten aus Buchau im Zuge wäre, jeder sachlichen Grundlage entbehre. Soweit der Herr Minister. Nun bin ich in der Lage festzustellen, daß diese Antwort unrichtig ist, ja der Wahrheit direkt ins Gesicht schlägt, denn vor einer Woche erhielt ich die Mitteilung, daß die 3 Eisenbahner tatsächlich schon versetzt sind. Ich muß sagen, entweder werden wir absichtlich belogen, das will ich aber nicht annehmen; es kann also nur der Herr Minister von seinen Beamten belogen worden sein. Das ist aber ein solcher Skandal, daß hier der Minister eingreifen muß, ob er will oder nicht. Die schuldtragenden Beamten, die ihren eigenen Minister brüskieren, müssen enthoben werden, oder der Herr Minister muß, wenn ihm hiezu die Macht fehlt, demissionieren.

Ein weiteres Beispiel: In der Sitzung des Verkehrsausschusses am 12. Mai brachte ich auch die Frage der den gesetzlichen Bestimmungen nicht entsprechenden nur einsprachigen èechischen Bezeichnung von Stationen und Kundmachungen in Orten, wo mehr als 20 % Deutsche wohnen, zur Sprache. Ich verwies als einen krassen Beispiel auf Brünn. Der Herr Minister beauftragte noch in der Sitzung seinen Beamten, den Fall zu erheben, um nötigenfalls sofort Abhilfe zu schaffen. Bis zum heutigen Tage ist nichts geschehen und in Brünn sind noch immer einsprachige Aufschriften und Kundmachungen. Die Regierung darf sich bei solchen Zuständen nicht wundern, wenn die Achtung vor den Gesetzen immer geringer wird, wenn nicht einmal die Ministerien die Einhaltung der Gesetze im eigenen Wirkungskreise herbeif ren können oder wollen. Wenn solche Zustände herrschen, dann darf man sich aber auch nicht wundern, wenn wir die Befolgung der Gesetze ablehnen werden, denn in diesem Staate giltangeblich gleiches Recht für alle. Wir werden dann einfach genau so, wie die èechischen Legionäre im Jahre 1920 die deutschen Aufschriftstafeln in Brünn entfernt haben, ohne daß die Regierung den Mut gefunden hat, sie wieder anzubringen, mit den èechischen Tafeln in den deutschen Gebieten vorgehen. Denn was dem einem recht ist, muß dem anderen billig sein.

Wie es ansonsten mit der sagenhaften Gleichberechtigung in diesem Staate aussieht, ergibt sich auch aus folgender Darstellung: Die beiden verstaatlichten deutschen Privatbahnlinien wurden gemeinsam mit einigen Staatsbahnstrecken einer neuerrichteten Direktion Prag-Nord unterstellt. Sämtliche leitenden Stellen bei den Abteilungen - Vorstände und Stellvertreter - wurden nur mit Èechen besetzt. Aber nicht nur in der Zentralstelle hat man diese himmelschreiende Ungerechtigkeit und vollständige Zurücksetzung des deutschen Elementes eingesetzt, sondern auch die deutschen Stationsvorstände aller größeren Stationen haben bereits èechischen Nachfolgern weichen müssen.

Zu den im Staatsvoranschlage "Kapitel Eisenbahnministerium" angeführten Zahlen kann ich mich füglich auf einige kurze Bemerkungen beschränken, denn wie bei anderen Kapiteln kommen auch hier die Deutschen schlecht weg, oder besser gesagt, sie werden überhaupt nicht berücksichtigt. Der Charakter der industriereichen Gebiete bringt es mit sich, daß eine große Reihe von Lokalbahnprojekten ihrer Verwirklichung schon seit vielen Jahren entgegenharren. Doch vergeblich sucht man unter den Millionenausgaben des Jahres 1924 auch nur eine einzige noch so kleine Post für diese Zwecke. Im Investitionsbudget ist für den Neubau von Eisenbahnen der Betrag von 185,370.000 Kronen vorgesehen und entfällt von diesem Betrage nicht ein einziger Heller auf die deutschen Gebiete der Republik. Der gesamte Betrag gelangt im Südosten zur Verbauung, und zwar über Verlangen des èechischen Generalstabes, der den Ausbau von Aufmarschbahnen gegen Ungarn fordert. Während Beneš in Genf Abrüstungsreden hält, werden in seinem Staate Unsummen dem Militarismus in den Rachen geworfen. Statt den Bau wirtschaftlich wichtiger Bahnen zu beschleunigen, werden alle diese baureifen Projekte zurückgestellt und nur der Bau sogenannter strategisch wichtiger Bahnen betrieben. Dies alles, obwohl jeder einsichtige Mensch weiß, daß dieser Staat wegen seiner unglücklichen strategischen Lage überhaupt nicht im Ernstfalle zu verteidigen ist. Die einzig mögliche Sicherung dieses Staates liegt darin, seine Bewohner mit Zufriedenheit zu erfüllen. Der Erreichung dieses Zieles dienen aber durchaus nicht Millia denausgaben für das Heer, die, zum größten Teile der Wirtschaft entzogen, die herrschende Wirtschaftsnot nur noch vergrößern und die Unzufriedenheit steigern. Freilich genügt es nicht allein, die wirtschaftlichen Verhältnisse zu bessern, sondern die Regierung wird endlich auch daran gehen müssen, für die Hälfte der Bevölkerung, die bisher unterdrückt wird, jene Unterlagen zu schaffen, die gegenwärtig wenigstens ein friedliches Nebeneinanderleben gewährleisten könnten. Die bisher geübte maßlose Vergewaltigung des Deutschtums in diesen Landen bringt sie diesem Ziele nicht einen Schritt näher. Die von Dr. Beneš in der Welt verkündete Konsol idierung bleibt immer eine sagenhafte, denn sie ist nur eine grobe Täuschung der Öffentlichkeit. Denn angefangen von dem angeblich schon fast erreichten Gleichgewichte im Staatshaushalte heru ter bis zu den einzelnen Posten der verschiedenen Kapitel des Staatsvoranschlages haben wir nur Zahlenreihen vor uns, deren Überprüfung auf die Richtigkeit hin nicht nur den Parlamentariern, sondern sogar dem staatlichen Kontrollamte unmöglich ist, weil bis zum heutigen Tage eine wirkliche Abrechnung der Staatsausgaben nicht einmal für das Jahr 1921 vorliegt und wir daher heute noch immer nicht wissen, welche Ausgaben den Einnahmen der vorletzten Jahre auf dem Gebiete der Eisenbahnverwaltung gegenüberstehen. Das ist ein unerhörter Zustand, für den es keine Entschuldigung gibt. Denn entweder liegt diese Abrechnung für die vergangenen Jahre noch nicht vor, weil wegen Entfernung der gesamten deutschen Beamten aus leitenden Stellen es an tüchtigen Beamten mangelt, oder die Staatsverwaltung hat ein ganz besonderes Interesse, der Öffentlichkeit diese Zahlen vorzuenthalten. In beiden Fällen wäre es am Platze, der gesamten Regierung die schärfste Mißbilligung auszusprechen. Doch über allen Wassern ist Ruh. Die Regierung hat ganz andere Sorgen und die Pìtkapart ien haben große Mühe, die Regierungsmaschinerie, die ständig durch Korruptionsfälle heiß zu laufen droht, mit dem notwennd gen Ausgleichskühlwasser zu versorgen. Und das alles kostet viel Geld und Zeit. Da kann man eben nicht die notwendige Zeit erübrige, die der Vorbereitung und wirklichen Überprüfung der Grundlagen des Staatsvoranschlages ordnungsgemäß gewidmet werden müßte. Trotzdem der Staatsvoranschlag mit besonderer Absicht so ausgestaltet wurde, daß es den Parlamentariern - deren hervorragendstes Recht angeblich dessen Überprüfung ist - direkt unmöglich gemacht wird, wie ich schon vorher ausgeführt habe, einen wirklichen Einblick wegen Mangels an Unterlagen zu gewinnen, so will ich doch einige interessante Feststellungen machen, und hoffe, daß sich der Herr Eisenbahnminister hiezu äußern wird.

So finde ich z. B. unter Titel III. Abteilung B unter Post 13 eine Erhöhung des eingesetzten Betrages von 379.000 des Jahres 19 3 auf 2,302.500 Kè und in der Begründung den Hinweis, daß die Erhöhung um 1,923.500 Kè notwendig sei, und zwar mit Rücksicht auf die immer sich wiederholende Beraubung von Stationskassen. Man muß schon sagen, daß diese Voraussicht an russische Verhältnisse erinnert. Weiters ist unter Post 15 ein Betrag von 98.250 Kè für Spenden und Beiträge an Vereine und Schulen vorgesehen; ich wäre dem Herrn Minister sehr verbunden, wenn er uns ein Verzeichnis der aus diesem Fonde (im laufenden Jahre betrug er 122.000 Kè) zur Verteilung gelangten Spenden vorlegen würde. Weiter ist bezeichnend für den Ernst der Staatsbahnverwaltung bezüglich der Veranstaltung von Sprachkursen zur Erlernung der èechischen Sprache für das nichtèechische Eisenbahnpersonal, daß die diesbezüglich ausgeworfene Post im kommenden Jahre um 129.000 Kè herabgesetzt wurde, trotzdem durch die Verstaatlichung der Buschtìhrader Eisenbahn ein großer Prozentsatz deutscher Eisenbahner neu zugewachsen ist. Die Begründung findet man in der Erklärung zur Post 1, wo ausdrücklich darauf hingewiesen wird, daß bei der Aussig-Teplitzer Eisenbahn und Buschtìhrader Eisenbahn mit einer Erhöhung der Zahl der Angestellten und einer Änderung im Personalstand mit Rücksicht auf den zu erwartenden höheren Abgang in den Pensionsstand zu rechnen ist. Es ist klar, daß, wenn überhaupt notwendig, die Personalreferenten der Staatsbahndirektion Prag-Nord diesen Wink mit dem Zaunpfahle verstehen werden. Aufklärung bedarf auch die Post 6 der Abteilung C, wo von dem für Prämien vorgesehenen Betrage von 18,306.000 Kronen für die Buschtìhrader Eisenbahn ein Betrag von 447.950 Kè und für die Aussig-Teplitzer Eisenbahn ein Betrag von 29.350 Kronen vorgesehen ist.

Bevor ich aber mit der Besprechung dieses Kapitels schließe, möchte ich noch auf die unerhörte Zurücksetzung der deutschen Bewerber bei Neuaufnahmen in den Staatsbahndienst hinweisen. Trotz großer Zahl von Bewerbungen wurden nur 5% deutscher Beamtenanwärter aufgenommen. Dieser Vorgang spottet jeder Beschreibung und ist eine klassische Illustration zu der von der Regierung immer wieder betonten Gleichberechtigung in diesem Staate und Aufforderung zur Mitarbeit. Kurz erwähnen will ich nur noch, daß 74 Beamte der ehemaligen Kaschau-Oderberger Bahn sich seinerzeit aus wirtschaftlichen Gründen nicht unifizieren ließen; diesen Bediensteten hat man die Durchrechnung der Dienstjahre vorenthalten, wobei nicht vergessen sein soll, daß an der Spitze des Eisenbahnressorts ein Sozialist steht. Auf der einen Seite verweigert man den nichtunifizierten Eisenbahnern die auf Grund neuer Erlässe sich ergebenden Vorteile, auf der anderen Seite, wenn Abstriche vom Gehalte bei den Staatseisenbahnern platzgreifen, ist man so human, obengenannte Beamte ebenfalls in ihren Bezügen zu kürzen. Ich hoffe, daß diese Feststellung genügen wird, diese brutale, jedem sozialen Empfin den hohnsprechende Behandlung der 74 Eisenbahner einzustellen. Besonders krasse Zustände herrschen auch bei der Olmützer Eisenbahndirektion, wo 50 Beamte, nachdem sie bereits ein Jahr lang in den Status III a eingereiht waren, wieder in den Status III b mit bedeutend niedrigeren Bezügen eingereiht wurden und außerdem nunmehr zur Rückerstattung der bezogenen höheren Bezüge verhalten wurden.

Wir haben im Laufe der Jahre eine große Zahl von Beschwerden über willkürliche Auslegung der Bestimmungen des Sprachengesetzes durch èechische Eisenbahnangestellte vorbringen müssen. Ich verweise nur auf den Fall, daß ein èechischer Schaffner eine vollgültige Schülerlegitimation auf der Buschtìhrader Eisenbahn einfach durchgestrichen und mit der Aufschrift versehen hat: "Ungültig, weil nicht in der Staatssprache ausgefüllt." Auf meine Beschwerde beim Bahnhofsvorstand erhielt ich die Aufklärung, daß zwar eine diesbezügliche Verordnung noch nicht bestehe, daß aber eine Beschwerde zwecklos sei, da auf Grund eines vorliegenden Rekurses in einem gleichen Falle von der Direktion die Verständigung kam, den Rekurs abschlägig zu erledigen, da ein diesbezüglicher Erlaß, der die Ausfüllungen der Legitimationen in der Staatssprache fordern werde, in Vorbereitung sei. Aber nicht genug daran, die Staatsbahndirektion Königgrätz, die alle anderen Direktionen an Chauvinismus zu überbieten trachtet, will sogar diese Vorschrift auf die von den Gemeinden ausgestellten Schub- und Zwangspässe zur Anwendung bringen und verweigert ungerechtfertigterweise den Begleitpersonen der Schüblinge die gesetzmäßige Fahrpreisermäßigung, wenn die diesbezüglichen Ausweise nicht an erster Stelle in èechischer Sprache ausgefüllt sind. Als seitens der Stadtgemeinde Tetschen der Beschwerdeweg beschritten wurde, hat sich ein Beamter der politischen Bezirksverwaltung, der politischen Landesverwaltung, oder was am wahrscheinlichsten ist, der Königgrätzer Staatsbahndirektion erfrecht, diese Beschwerdes chrift mit der Randbemerkung "Drzost" zu versehen. Also soweit sind wir schon in diesem Staate gekommen, daß eine rechtsuchende Körperschaft ungestraft von solchen èechischen Heißspornen beleidigt werden darf.

Wie bei der Eisenbahnverwaltung, liegen auch die Verhältnisse bei der Postverwaltung. Eisenbahn- und Posttarife haben eine solche unerschwingliche Höhe, daß die Gesundung des Wirtschaftslebens von vornherein, auch wenn die anderen Voraussetzungen gegeben wären, unmöglich gemacht wird. Als anläßlich der Herabsetzung der Staatsbeamtengehälter im Vorjahre die Gesamtregierung mittels eines Aufrufes eine Verbilligungsaktion einleitete, in der sie neben der Aufforderung an die Produzenten, die Preise der Produkte herabzusetzen, auch eine Herabsetzung der Post- und Eisenbahntarife, überhaupt aller das Wirtschaftsleben zu stark belastenden öffentlichen Abgaben, in Aussicht stellte, haben wir schon darauf hingewiesen, daß mit Versprechungen allein nichts getan ist. Die Erfahrungen haben gelehrt, daß wir Recht behalten haben. Die Tarife halten noch immer auf einer unerschwinglichen Höhe und trotz aller Versprechungen und der seit ihrer Einführung gebesserten Valuta ist von einer Herabsetzung nichts zu hören und nichts zu sehen. Die Ministerien haben eben andere Sorge. Statt die Verwaltung zu verbessern, die Verbilligung der Tarife herbeizuführen, wird die ganze Kraft der Verdrängung des deutschen Elementes - und das trotz seiner anerkannten Tüchtigkeit - gewidmet.

Wie bei der Eisenbahnverwaltung, müssen auch die leitenden Postler selbst bei den kleinsten Postämtern dem èechischen Eindringling weichen. Es gibt schon eine Reihe deutscher Bezirke, wo es nur noch vereinzelte deutsche Postvorstände gibt; tüchtige deutsche Postverstände werden trotz jahrzehntelanger zufriedenstellender Dienstzeit in den Subalterndienst zurückversetzt. Bei den Sprachprüfungen wird oft mit einer Unmenschlichkeit vorgegangen, die jeder Beschreibung spottet. Auch das ernste Bestreben der deutschen Postler, die èechische Sprache zu erlernen, wird durch dieses Vorgehen bei den Sprachprüfungen zunichte gemacht. Hier, wie auf allen Gebieten der Staatsverwaltung müssen wir immer lauter die Forderung nach Einstellung deutscher Beamten nach dem Bevölkerungsschlüssel erheben und verlangen, daß die deutschen Beamten im deutschen Gebiete Verwendung zu finden haben. Furchtbar ist die Not und die Verzweiflung der mutwillig aus ihrer Heimat vertriebenen Beamten, die unter dem Vorwande sogenannter Dienstesrücksichten ins èechische Gebiet versetzt wurden, einzig und allein aus dem Grunde, um den Èechisierungsbestrebungen im deutschen Gebiete freien Raum zu schaffen. Alte, erprobte, eingearbeitete Beamte werden versetzt, um unerfahrenen èechischen jungen Kräften Platz zu machen, damit die unterschiedlichen Jednotas eifrige Mitarbeiter bekommen und mit Erfolg auf die Zunahme des Èechentums in diesen Gebieten verweisen können. Mit welcher Skrupellosigkeit da vorgegangen wird, erhellt unter anderem aus dem Vorgehen der Karlsbader Postverwaltung, die langjährige eingearbeitete Postaushilfsdiener in der heurigen Kursaison nicht mehr eingestellt hat und an ihrer Stelle mit den Karlsbader eigenartigen Verhältnissen nicht vertraute èechische Diener aus dem ganzen Lande, und zwar 15 an der Zahl, zusammenzog. Nicht nur daß dadurch der Staatsverwaltung wegen Gewährung der sogenannten auswärtigen Verwendungszulage eine Mehrbelastung um 56.000 Kè erwuchs, wurden diese armen Menschen, denen seit Jahren durch Versehung dieses Dienstes ein Verdienst gesichert war, aufs Pflaster geworfen und sie vermehrten das Heer der Arbeitslosen, ohne aber einen Anspruch auf den Unterhaltsbeitrag zu haben, und außerdem litt unter der Einstellung fremder Kräfte besonders der Zustellungsdienst. Aber wie überall in diesem Staate, müssen Dienstesrücksichten schweigen, wenn es sich um eine Schädigung deutscher Arbeitnehmer zugunsten èechischer handelt. Meine diesbezügliche vor Monaten eingebrachte Interpellation harrt noch immer der Erledigung.

Aber auch bezüglich der Verwendung der für die Errichtung von staatlichen Gebäuden eingesetzten Beträge müssen wir feststellen, daß die deutschen Gebiete immer ieder trotz ihrer hohen Steuerleistungen zurückgestellt werden. Ich will bei dieser Gelegenheit unter anderem auf das immer neu gestellte Verlangen nach Errichtung eines neuen Bahnhofsgebäudes in Böhm. Leipa hinweisen, da das bisherige Gebäude den Bedürfnissen durchaus nicht mehr entspricht und du rch gleichzeitige Errichtung eines Bahnhofpostamtes schwerwiegende Unzukömmlichkeiten behoben werden könnten. Mit Recht können wir auch eine entsprechende Berücksichtigung bei Neueinrichtung von Postautobuslinien verlangen, da nach den bisher gemachten Erfahrungen ein Großteil der baureifen Eisenbahnprojekte nicht sobald zur Durchführung gelangen wird.

Wenn ich mich nun der Besprechung des Kapitels "Ministerium für öffentliche Arbeiten" zuwende, so will ich gleich feststellen, daß es infolge der unklaren Aufstellung schwer möglich ist, sich ein klares Bild über die Verwendung dieser großen Summen zu machen. Nur eines ist mit aller Sicherheit herauszulesen, daß die deutschen Gebiete in jeder Beziehung vernachlässigt werden und insbesondere auf dem Gebiete des Hochwasserschutzes und der Regulierungsbauten in unverantwortlicher Weise vernachlässigt erscheinen. Während für die Regulierung der Flüsse im deutschen Gebiete nur einige Hunderttausend Kronen ausgeworfen werden, sind für das èechische Gebiet viele Millionen Kronen vorgesehen. Es ist selbstverständlich, daß diese inverantwortliche Zurücksetzung der deutschen Gebiete sich auch in einem weiteren Anwachsen der Zahl der Arbeitslosen und einer weiteren Verschärfung der Wirtschaftskrise auswirken wird. Auch für die Verteilung dieser Ausgaben hätte der Schüssel der Steuerleistung Anwendung zu finden. Bei der Beratung des Voranschlages im Vorjahre habe ich unter anderem einen Resolutionsantrag gestellt, in dem die Regierung aufgefordert wurde, das seit Jahrzehnten in Bearbeitung stehende Projekt, umfaßend die Errichtung einer Reihe von Talsperren im Tepltale bei Karlsbad, endlich der Bauausführung zuzuführen. Die Überschwemmungskatastrophe im Jahre 1890 hat einen Millionenschaden angerichtet, im Frühjahre des Jahres 1920 war Karlsbad fast wieder von einer ähnlichen Katastrophe bedroht und nur dem Zufalle, daß die Hochwasserzuflüße aus den Nebentälern sich nicht gleichzeitig zu einer einzigen Hochwasserwelle vereinigt haben, war es zu verdanken, daß nicht unersetzbarer Schaden angerichtet wurde. Der damalige Antrag wurde einstimmig angenommen. Aber bis zum heutigen Tage ist vom Beginne des Baues der Talsperren nichts zu sehen. Ich werde es nie unterlassen, die Regierung an ihre Pflicht zu erinnern, und werde auch heuer wieder meinen diesbezüglichen Antrag stellen. Bemerken will ich nur, daß seitens des Staates im Jahre 1922 der lächerlich geringe Betrag von 5000 Kè für Vorarbeiten, für Sondierungen bewilligt wurde. Weiters will ich nur feststellen, daß ich trotz aufmerksamen Suchens auch im Voranschlage für das Jahr 1924 vergebens nach einer diesbezüglichen Post gesucht habe. Hingegen fand ich unter dem Titel 8 unter anderem auch neben Beträgen für Flußregulierungen den Betrag von 2,200.000 Kè für die Fortsetzung von Wasserleitungs- und Kanalbauten auf der Prager Burg und 300.000 Kè als staatlichen Unterstützungsbeitrag für Notstandsbauten der Stadt Brünn. Besonders letztere Post ist sehr auffallend, da doch alle anderen Städte zur Behebung der Arbeitslosigkeit oft große Beträge aufbringen müssen, ohne sich einer solchen fürsorglichen Unterstützung des Arbeitsministeriums erfreuen zu können. Ich will nur anführen, daß z. B. Karlsbad für Notstandsbauten in den letzten 3 Jahren trotz seiner nicht rosigen finanziellen Lage den Betrag von rund 7 Millionen Kè verwendet hat, ohne einer solchen Unterstützung teilhaft geworden zu sein. Von den im Kapitel XX unter Titel 9 vorgesehenen Beträgen für Wasserstraßenbauten im Betrage von 40,392.880 Kè entfällt überhaupt nichts auf deutsche Flußstrecken.


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