Úterý 27. listopadu 1923

Die wichtigeste Angelegenheit aber, die uns bei der Budgetdebatte beschäftigt, ist der religiöse Unterricht in den Schulen. Auf diesem Gebiete prallen die Gegensätze am schroffsten aufeinander. Die eine Weltanschauung will die Kinder nur für das Diesseits erziehen und lehnt die Erziehung für das Jenseits als feindlich ab, die andere für beides, für das Diesseits und für das Jenseits in harmonischer Vereinigung. Wir müssen hier leider konstatieren, daß gerade auf dem Gebiete der Erziehung die Demokratie in diesem Staate am allerwenigsten gewahrt wird. An den Mittelschulen ist der Religionsunterricht soweit als möglich eingeschränkt: bis zur vierten Klasse sind zwei Stunden obligat, in der vierten und fünften nur eine Stunde, und in den drei höchsten Jahrgängen darf Religion nur unobligat und soweit als möglich nur in den letzten Stunden vorgetragen werden. Bei jedem anderen Gegenstand, sei es Turnen, Zeichnen oder welchem immer, muß, sobald die Schülerzahl die Ziffer vierzig übersteigt, der Unterricht in getrennten Abteilungen gegeben werden. Nur bei Religion nicht, auch wenn 50 bis 60 Schüler in einer Abteilung vereinigt sind. Dabei ist es den Religionslehrern wohl gestattet, zur Erreichung der obligaten Unterrichtsstunden weltliche Gegenstände vorzutragen, beileibe aber nicht Geschichte und Literatur, weil man fürchtet, daß sie dabei jenen Angriffen, welche besonders auf diesem Gebiete gegen die Kirche vorgebracht werden, wirksam entgegentreten möchten. Es sind dies lauter Verfügungen, welche wohl geeignet sind, die Religion in den Augen der Öffentlichkeit und besonders der Schüler so tief als möglich zu degradieren. Alle Vorstellungen dagegen werden mit dem Bescheid abgewiesen, daß prinzipiell keine Veränderungen vorgenommen werden. Das Prinzip aber, das vom ersten Unterrichtsminister - nicht vom jetzigen - in der Unterrichtsverwaltung eingeführt wurde, aber noch ganz ungeschwächt fortwirkt, scheint zu sein: ceterum censeo religionem esse delendam, im übrigen aber denke ich: die Religion muß soviel als möglich unterdrückt werden.

Und nun zur Volksschule. In der Volksschule sollte, so haben wir wenigstens gehofft, das kleine Schulgesetz eine Art Burgfrieden zwischen beiden gegensätzlichen Anschauungen vermitteln. Aber die Durchführungsverordnung hat solche Punkte unter dem Titel Bürgerkunde eingeführt, welche diesen Frieden sehr gefährden, weil sie die von uns vollständig abgelehnte Laienmoral beinhalten. Wir sind absolut nicht gegen die Bürgerkunde, da wir es wohl begreifen, daß die Jugend mit den Rechten und Pflichten eines Bürgers wohl vertraut werden muß, wir sind auch nicht gegen die Laienmoral für konfessionslose Kinder. Aber mit einer obligator ischen Laienmoral auch für katholische Kinder können wir uns wohl nicht einverstanden erklären. Zunächst, weil wir sie für überflüssig halten, weil die Kinder dasselbe, was in der Laienmoral vorgetragen wird, im Religionsunterricht hören, aber auf viel stärkere Motive aufgebaut. Und wir müssen dann auch das traurige Schauspiel sehen, daß Kinder von 9 bis 10 Jahren in der dritten und vierten Klasse in einer Woche 22 bis 30 Stunden auf den Schulbänken zubringen müssen, eben weil die Laienmoral eingeführt worden ist neben dem Religionsunterricht, und weil noch andere Gegenstände, z. B. Handfertigkeitsunternicht eingeführt wurde, bei welchem sich die Kinder mit demselben beschäftigen, was sie schon längst im Kindergarten absolviert haben. Wir halten weiters die Laienmoral für unbegründet, weil sie die zwei wichtigsten Faktoren des sittlichen Gesetzes beiseite läßt, nämlich den unabänderlich über dem Menschen stehenden Gesetzgeber und seine Sanktion; und weil die Geschichte eben beweist, das alle Ergebnisse der Laienmoral, die jetzt vorgetragen werden sollen, nicht auf dem Baume der Humanität, sondern auf dem des Christentums gewachsen sind. Wir halten die Laienmoral - wenigstens für Kinder, welche in religiöser Sittlichkeit erzogen werden - für gefährlich und finden uns darin eines Sinnes mit einem der berühmtesten modernen Pädagogen, Foerster, der folgendes gesteht: "Gott sei Dank, daß noch ihr nicht genährt wurdet mit dieser blutarmen seelischen Nahrung, welche ihr nun anstelle der lebendigen Wahrheiten der Religion dem neuen Geschlechte vorlegen wollt. Alles, was in euch noch fest ist, stammt noch on eurer religiösen Erziehung. Wartet nur und wenn ihr es selbst noch nicht bemerket, dann wird der seelische Zustand eurer Kinder und Enkel euch davon überzeugen, wie wenig Lebenskraft all eure künstlichen Ersatzmittel hatten."

Wenn wir uns aber mit jener Laienmoral versöhnen könnten, welche nicht die Grundlage der sittlichen Moral antastet, so müssen wir uns auf das entschiedenste dagegen verwahren, daß in der Laienmoral Punkte behandelt werden, welche dem Lehrer Gelegenheit bieten, die Grundlage der religiösen Sittlichkeit anzugreifen, wie Ursprung der Sittlichkeit, Ursprung des Christentums, Zweck des Lebens. Und daß diese Gelegenheit, gegen die Religion vorzugehen, wohl benützt wird, davon bieten den Beweis schon im vorhinein die Gesinnungen sovieler deutscher und èechischer Lehrer, die in Organisationen vereinigt sind, welche vollständig auf dem Boden der religionslosen Weltanschauung stehen und gerade die Bekämpfung der Religion zu ihrem Hauptzweck haben. Es beweisen dies weiter die Jubelbriefe der Presse, die von derselben Gesinnung beseelt ist, daß durch das kleine Schulgesetz ein bedeutender Schritt zur Verweltlichung der Schule gemacht wurde. Wenn der Herr Unterrichtsminister versichert, er werde jeden Lehrer zur Verantwortung ziehen, der unter dem Deckmantel der Bürgerkunde gegen die religiöse Überzeugung der Schüler feindlich vorgeht, so anerkennen wir wohl seinen guten Willen; aber er bietet uns keine Gewähr, daß es anders wird. Der Herr Unterrichtsminister wird ja wohl selbst wissen, wie schwer einerseits und wie unwürdig andereseits es ist, Kinder als Zeugen gegen ihre Lehrer anzuführen, von denen sie in mancher Beziehung in ihrer Lebensexistenz abhängig sind; und dann fordern ja gerade die Punkte, um die es sich handelt, direkt den Lehrer auf, ein Bekenntnis seiner Gesinnung abzulegen. Es wird uns wohl unter solchen Umständen nichts übrig bleiben, als die konfessionelle Schule zu verlangen, die allein dem Geiste wahrer Demokratie entspricht. Katholische Schule für katholische Kinder, aber ohne Zwang, für israelitische Kinder israelitische Schulen und für konfessionslose Kinder die religionslose Schule. Auch hierin stimmt uns wohl der Herr Unterrichtsminister nicht bei, der in einer konfessionellen Schule eine Gefahr für den Bestand der Republik sieht. Er möge getrost sein, denn sein Befürchtungen sind nicht begründet. Diese Befürchtung haben nicht die ersten Politiker aller Völker gehabt und zum mindesten der große Washington, der Befreier seines Vaterlandes und Gründer der machtvollen Vereinigten Staaten von Amerika, der in seinem Testamente folgende Mahnung seinen Landsleuten hinterläßt: "Religion und Moralität sind die unerläßlichen Stützen der öffentlichen Wohlfahrt. Der ist kein Mann des Vaterlandes, der diese mächtigen Pfeiler der menschlichen Glückseligkeit untergräbt. Jeder wahre Politiker ehrt und liebt sie ebenso gewiß, wie jeder fromme Mensch. Vernunft und Offenbarung beweisen, daß Moralität im Volke ohne Religiosität nicht bestehen kann." Diese Befürchtung ist weiter unbegründet, weil ja gerade die konfessionelle Schule die sicherste Gewähr dafür bietet, daß die Kinder zu besten Staatsbürgern herangezogen werden.

Denn es ist doch ein alter schon im Evang lium begründeter Spruch: Wer Gott gibt, was Gottes ist, gibt, so hieß es in der früheren Zeit, dem Kaiser, was des Kaisers ist und gibt, so heißt es jetzt, in der modernen Zeit, der Republik, was der Republik ist. (Posl. Hillebrand: Wie wäre das gewesen, als Pius IX. das österreichische Schulgesetz aufhob?) Das stimmt vollständig zu dem, was ich sage.

Es haben gerade die entschiedensten Vertreter der religionslosen Weltanschauung, sei es in Frankreich, sei es in Deutschland offen und klar gestanden, daß die Simultanschulen nur ein Schritt zur vollständigen antireligiösen Schule sind. Aus den konfessionellen Schulen wurden Simultanschulen, aus den Simultanschulen dann religionslose Schulen, dann antireligiöse Schulen. Wenn man eben einmal auf der schiefen Ebene anfängt, geht es herunter, bis man vollständig im Abgrund angelangt ist. Und schließlich braucht auch der Herr Unterrichtsminister sich nicht der Befürchtung hingeben, daß die konfessionelle Schule den Anfang vom Ende der Republik bedeuten würde, weil sonst ja auch ein Mussolini nicht die Religion in den Schulen eingeführt hätte, und weil sonst nicht auch das hochentwickelte, das fortgeschrittenste, zu 2/3 protestantische Holland konfessionelle Schulen eingeführt hätte, protestantische und katholische und zwar aus Staatsmitteln erhaltene. Und wir können noch weiter dem Herrn Unterrichtsminister versichern, wenn wir die Geschichte zu Rate ziehen, daß nicht jene Staaten zugrunde gegangen sind, welche die Religion gepflegt haben, sondern diejenigen, welchegegen die Religion vorgegangen sind. Immer und immer hat sich das französische Sprichwort erfüllt: Qui mange du pape, en meurt, wer vom Papst ißt, der stirbt daran. Und die Geschichte der alten Zeiten gibt uns die Gewähr dafür, daß auch in Zukunft das Wort Christi des Herrn erfüllt wird: portae inferi non praevalebunt. Die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen.

Meine Herren! Im Namen des Fortschrittes hat man auch verlangt, daß die Schulen von der Religion befreit werden. Nun, in der Forderung nach Fortschritt sind wir ja alle einig, nur handelt es sich darum, wo der Anfang und wo das Ende bei diesem Fortschritt ist. Die einen suchen den Fortschritt in der vollständigen Entfremdung von Gott, von den Idealen und der vollständigen Hinneigung zum Diesseits. Ob dies der richtige Fortschritt ist, weiß ich nicht. Wenn wir aber die berufensten Sprecher der modernen Philosophie fragen, müssen wir wohl gestehen, daß dieser Fortschritt auf dem Gebiete des Denkens zur größten Ratlosigkeit geführt hat, auf dem Gebiete der Sittlichkeit zur vollständigen Versumpfung, auf wirtschaftlichem Gebiete zur entsetzlichen sozialen Frage und Ausbeutung, und auf politischen Gebiet zur vollständigen Anarchie, zum extremsten Chauvinismus. Dann begreife ich wohl auch jene wehmütige Frage, welche der Herr Generalberichterstatter des Budgets an seine Nation gerichtet hat und die wir wohl an die ganze Menschheit richten können: Was fehlt dir mein Volk noch zu deinen größeren Glücke? Mehr Liebe im Herzen zu dem Nächsten, mehr Seelenkultur und weniger Sehnsucht nach dem Golde. Aber Liebe zum nächsten, Seelenkultur und Sehnsucht nach dem Idealismus setzen eben auch Geistigkeit des Wesens des Menschen voraus und damit auch den Glauben an einen Gott. Meine Herren! Auch wir wollen den Fortschritt, aber nicht abwärts, sondern aufwärts. "Sonnenwarm im Herzen werden, sonnenhell im freien Geist, sei des Ringens Preis auf Erden, bis das Lebensband zerreißt." Und das bessere in uns, die Seele, in die Heimat über den Sternen eilt, um dort das Ziel des wahren Fortschrittes zu erreichen, die Verklärung.

Die Sonne aber, die in Geist und Herze Licht und Wärme gießen soll, ist die Religion des himmlischen Eros, der vor zwei Jahrtausenden als Menschensohn auf Erden weilte; und der Weg zur Verklärung ist jener, den er mit dem Banner des Kreuzes uns vorangegangen. Auf Kreuzes Pfad zum Himmelslicht, per crucem ad lucem. Und daß wir in dieser Gesinnung uns Eins wissen mit den größten Geistern der modernen Zeit, dafür bürgt ùns auch das Wort des großen Rudolf Eucken, der in dem Werke "Die Lebensanschauungen großer Denker" folgende Worte bringt, mit denen ich auch schließen will: "Immer mehr drängt es uns aus dem Kulturgetriebe zurück zu den Problemen der Seele, zu einem Kampf um einen Sinn des Lebens und um die Rettung eines geistigen Seins. Mit diesen Fragen steigt aber auch das Problem der Religion wieder auf. Voraussichtlich wird es im neuen Jahrhundert immer größere Macht gewinnen. Und dabei wird es sich wohl zeigen, vielleicht durch Erschütterungen und Umwandlungen hindurch, daß das Christentum nicht nur eine große Vergangenheit, sondern auch eine große Zukunft hat." (Potlesk na levici.)

5. Øeè posl. Simma (viz str. 735 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Ich habe die Absicht, über einige Beschwerden und Forderungen der Deutschen in Bezug auf das niedere Schulwesen und die Lehrerschaft desselben zu sprechen. Es kann auch heuer sowie in den Schuldebatten anläßlich der Beratung der Voranschläge der verflossenen Jahre nicht behauptet werden, daß unserem deutschen niederen Schulwesen besondere Pflege und Förderung zuteil wird. Im Gegenteil, es wird alles versucht, die Bedeutung desselben fortgesetzt zu schmälern. Die Gründe und Ursachen, die Sie nach unserer Meinung zu den weiterandauernden Angriffen auf unseren kulturellen Besitzstand veranlassen, haben wir öfters kundgetan, sie wiederholt zu nennen, finde ich nicht für nötig. Wichtig ist eben nur die Konstatierung der Tatsache, daß diese Angriffe weiter dauern. Diese Tatsache beweist am besten der Generalberichterstatter zum Budget selbst. Der Herr Kollege Dr. Srdínko hat in seiner Rede im Budgetausschuß beim Kapitel "Schulwesen" mit Zahlen aufgewartet, von denen wir wohl annehmen dürfen, daß sie authentisch sind. Herr Kollege Dr. Srdínko berichtete, daß zu Beginn des Schuljahres 1922/23 in Böhmen, Mähren und Schlesien 1.068 èechische Bürgerschulen mit 206.155 Kindern und einem Klassendurchschnitt von 45 Kindern bestanden; weiters 6.422 èechische Volksschulen mit 779.456 Kindern und einem Klassendurchschnitt von 39.6. Die Deutschen in Böhmen, Mähren und Schlesien besaßen zum gleichen Zeitpunkte 400 Bürgerschulen mit 65.070 Kindern und einem Klassen-Durchschnitt von 42 und 3.135 Volksschulen mit 333.050 Kindern und einem Klassendurchschnitt von 37.8. Wenn wir aus diesen Angaben die Klassenzahl bestimmen, ergibt sich: an èechischen Bürgerschulen 4.581 Klassen, an èechischen Volksschulen 19.683 Klassen mit zusammen 985.611 Kindern; an deutschen Bürgerschulen 1.549 Klassen, an deutschen Volksschulen 8.810 Klassen mit zusammen 398.120 Kindern. Hier drängt sich sofort die Notwendigkeit des Vergleiches mit den Zahlen für das Schuljahr 1920/21 auf, für welches Jahr der letzte offizielle Bericht in den Mitteilungen des statistischen Staatsamtes Nr. 33 ex 1922 vorliegt. Danach bestanden am 31. Dezember 1920 in Böhmen, Mähren und Schlesien an èechischen Bürgerschulen 938 mit 3.473 Klassen, an èechischen Volksschulen 6.262 mit 20.405 Klassen mit zusammen 1,180.635 Kindern. Die èechischen Schulen wiesen also in drei Jahren einen Gewinn von 130 Bürgerschulen mit 1.108 Klassen und von 160 Volksschulen auf. Die Klassenzahl der èechischen Volksschulen hat um 722 abgenommen. Allerdings ist diese Abnahme der Klassenzahl an den èechischen Volksschulen nur eine fiktive. Tatsächlich sind die Abgänge durch die Übernahme dieser Klassen, bezw. Schulen als Minderheitsschulklassen oder Schulen in die Verwaltung des Ministeriums für Schulwesen zu erklären. Also beim èechischen Schulwesen ein beispielloser Gewinn auf der ganzen Linie. Die deutschen Schulen dagegen weisen einen Verlust innerhalb dieses Zeitraumes auf von 3 Bürgerschulen und 168 Volksschulen mit 1.062 Klassen. Die Gesamtbilanz seit 1922 ist also èechischerseits ein Gewinn von 290 Schulen bei einem Schülerabgang von 195.024 Kindern, deutscherseits ein Verlust von 171 Schulen mit 995 Klassen bei einem Schülerabgang von 123.678 Kindern. Dabei darf nicht vergessen werden, daß das èechische Schulwesen seit dem Jahre 1918 bis zum 31. Dezember 1920 bereits zugenommen hatte, und zwar um 372 Bürgerschulen mit über 1.150 Klassen und um 780 Volksschulen mit über 2.150 Klassen, wozu noch 777 Minderheitsschulen kommen, von denen 760 mit 1.525 Klassen èechisch sind.

Zu diesem Anstieg des èechischen Schulwesens im Vergleiche mit dem Abstieg des deutschen Schulwesens ist wohl jeder Kommentar überflüssig.

Wir sind heute im Volksschulwesen gegenüber dem Bevölkerungsschlüssel bereits in den ärgsten Nachteil geraten. Man ist, wenn man den Zweck der Restringierung des deutschen Schulwesens im Auge hat, nicht sonderlich wählerisch in der Anwendung der Mittel und schreckt nicht davor zurück, eine kleine Gesetzesbeugung vorzunehmen. Ich brauche, um das zu beweisen, nur die Praktizierung des kleinen Schulgesetzes zu illustrieren. Wir gestehen, daß wir dachten, daß dieses Gesetz einen Wendepunkt in der Politik der Schulverwaltung dieses Staates darstellen würde. Bis zum 2. August 1922, dem Tage der Sanktion des sogenannten kleinen Schulgesetzes war die Schulpolitik der Republik durchtränkt von dem Geiste des Gesetzes vom 3. April 1919 dessen Schöpfer Herr Metelka war. Bis dahin gab es ein Massensterben der deutschen Schulen und Klassen. Die Anwendung des § 9 des Gesetzes vom 3. April 1919 bot Möglichkeiten genug, ein Stück deutschen kulturellen Besitzstandes nach dem anderen dem Tode zuzuführen. Als das kleine Schulgesetz kam, dachten wir, ich wiederhole, daß tatsächlich unsere Klagen Gehör gefunden hätten, daß der Geist sich ändere. Wir verstanden zumindest einige Bestimmungen des Gesetzes so und haben mit Rücksicht auf diese Bestimmungen des Gesetzes, die wir akzeptierten, gerne auf die Kritik der anderen Mängel des Gesetzes verzichtet. Allen voran war es Abs. 2 des § 7, den wir akzeptierten. Wir wähnten ihn zu dem Zwecke in das Gesetz aufgenommen, um den weiteren Bestand der wegen zu geringer Schülerzahl in Gefahr gekommenen Klassen für eine Zeit des Überganges zu sichern. Der Absatz 2 des § 7 bestimmt, daß bereits errichtete Klassen nicht aufzuheben, bezw. zusammenzuziehen seien, wenn durch die Auflassung oder Vereinigung die Schülerzahl in einer Klasse 60 übersteigen würde. Das wäre, wenn man sich an den Wortlaut dieser Bestimmung halten würde, gewiß eine Sicherung für manche Klassen, die eine geringere Schülerzahl haben und die in der Gefahr der Auflösung schweben. Was ist aber Klarheit? Die Auslegekunst der èechischen Schulbehörden macht diese Sicherung zunichte, und sie wäre doch der einzige Vorteil des Gesetzes für uns gewesen. Abs. 2 des § 7 wird vergewaltigt, ja er wurde schon vergewaltigt, noch bevor das sogenannte kleine Schulgesetz durchgeführt war. Die Bestimmung wird nämlich nicht auf provisorische Klassen angewendet. Man begegnet bei den èechischen Schulbehörden der Anschauung, daß die provisorischen Klassen keine richtigen Klassen im Sinne des Wortes sind. Diese provisorischen Klassen seien lediglich Zugeständnisse des Landesausschusses an die Schulen im Interesse einer Erleichterung des Unterrichtes in stärker besuchten Klassen gewesen. Ihr Bestand sei an den Willen des Landesausschusses geknüpft und es könne ihm daher willkürlich durch den Landesausschuß ein Ende bereitet werden. Sie seien also, weil sie an eine Bedingung geknüpft sind, keine "schon errichteten Klassen" im Sinne der Bestimmung des Abs. 2, § 7, wobei ich die Worte "schon errichtete Klassen" unter Anfnführungs zeichen setze.

Man muß schon sagen, das zeugt von einer unendlichen Fähigkeit, die Dinge auszulegen, nicht wie sie sind, sondern wie man sie braucht. Es liegt eine unendliche juristische Findigkeit in dieser Auslegung. Man könnte auch schlechtweg von Kühnheit reden. Denn was ist es anderes als Kühnheit, die Praxis des Paragraphen eines Gesetzes seinem Wortlaut und dem Motivenbericht ganz zuwider anzuwenden und diese Anwendung noch zu begründen. Richtig ist, daß die provisorischen Parallelklassen unter der Bedingung errichtet wurden, daß sie wieder aufzulassen sind, wenn die Kinderzahl unter 80 sinkt. Aber jede Bedingung hat sich nach den gesetzlichen Grundsätzen zu richten. Für die früher gegebenen Bedingungen war der § 11 des Reichsvolksschulgesetzes maßgebend durch eine festgesetzte Höchstanzahl von Kindern in einer Klasse. Heute ist es der § 5 des kleinen Schulgesetzes, aber nicht ausschließlich, da er eben durch § 7 Abs. 2 eine einschneidende Änderung erfahren hat. Trotz der Höchstzahl von 80 Kindern in einer Klasse dürfen Klassen nicht aufgelöst werden, sofern nach ihrer Auflassung eine Klasse der Schule über 60 Kinder zählen wird. Es müssen sich daher heute die Bedingungen nach dieser gesetzlichen Bestimmung richten, denn sonst würden sie in ihrer Folge dem Gesetze widersprechen. Maß gebend ist somit auf jeden Fall die enge Bestimmung des § 7, Abs. 2, durch welche eben jede Klassenauflassung geschützt sein muß, sofern durch sie ein diesem Paragraphen widersprechender Zustand hervorgerufen würde.

So wollten wir das auf gut deutsch verstehen. Der Juristerei des Landesschulrates, des Landesverwaltungsausschusses, des Ministeriums für Schulwesen setzen wir unseren Rechtsstandpunkt entgegen. Aus diesem Rechtsstandpunkt heraus fordern wir die rückhaltlose Anwendung des Abs. 2 des § 7 seinem Inhalt und dem Motivenbericht des kleinen Schulgesetzes entsprechend, für alle Klassen, auch die provisorischen und Parallelklassen, sowie die Unterlassung der Auflassungen oder Zusammenziehungen von Klassen, wenn durch dieselben Klassen mit über 60 Kindern entstehen würden. Diese Forderung stellten offiziell die deutschen Abgeordneten, soweit sie im Schulausschuß der deutschen Selbstverwaltungskörper vertreten sind, in der Vorsprache beim Herrn Minister Bechynì am 12. Jänner 1923 noch rechtzeitig vor der Durchführung des Gesetzes. Ich stelle sie heute wieder. Wir fordern heute um so mehr Respekt vor der rechtlichen Seite des kleinen Schulgesetzes, als durch die Sabotage des Geistes desselben der Rechtszustand unseres Schulwesens immer trauriger wird. Die Übergehung des Schutzes des § 7, Abs. 2, macht es möglich, ganz im Sinne der Metelkaschen Methode Kürzung über Kürzung des deutschen Schulwesens vorzunehmen, nicht nur zum Schaden der deutschen Schule selbst, sondern auch zum Schaden der deutschen Lehrerschaft.

Die furchtbare Folge der Politik des Landesschulrates, des Landesausschusses und des Ministeriums in Gemäßheit der Sabotage des § 7 ist das Stellenloswerden von immer mehr und mehr Lehrern und Lehrerinnen. Die auf Grund des Gesetzes vom 3. April 1919 und des kleinen Schulgesetzes in falscher Anwendung desselben vorgenommenen Schuldrosselungen im deutschen Sprachgebiet haben heute ein Achtel aller Lehrkräfte an den deutschen Volks- und Bürgerschulen der Republik stellenlos gemacht. Der größte Teil davon, es sind weit über tausend Lehrer und Lehrerinnen, steht ohne alle Bezüge da, der restliche Teil mit völlig unzureichenden Mitteln. Viele Hunderte von Lehrerfamilien sind dadurch in namenloses Elend gebracht worden. Bis zur Wiederherstellung des Rechtszustandes, der eintreten wird durch die rückhaltlose Anwendung des § 7, Abs. 2, für alle Klassen, provisorische und Parallelklassen eingerechnet, muß diesen durch die geschehenen Gesetzesbeugungen ins Unglück gebrachten Lehrern und Lehrerfamilien Hilfe zuteil werden. Wir fordern die Wiederherstellung der Artikel I bis III des Gesetzes vom 9. April 1920, Slg. d. G. u. V. Nr. 306, und die gesetzliche Regelung der Pensionierungen von Amts wegen nach den für Staatsbeamte geltenden Bestimmungen.

Resümierend betone ich: Wir fordern den Respekt vor der deutschen Schule, wir fordern die Anerkennung ihrer Unantastbarkeit, wir fordern die Reparation der durch Nichtachtung dieser Grundsätze dem deutschen Schulwesen bisher erwachsenen Schäden. Die Politik der Schuldrosselungen zeigt sich offen. Neben dieser offenen Einwirkung in unser Schulwesen läuft parallel eine Politik versteckter Angriffe gegen dasselbe. In den Bereich dieser letzteren gehört der Versuch, dem verbleibenden Rest unseres kulturellen Besitzstandes seine selbständige Note als deutscher Besitzstand zu nehmen, die Versuche, jede nationale Seite des deutschen Schulwesens zu verwischen. Zunächst zeigt sich der Versuch bei der Administrative. Es sei hier nur auf die Versuche verwiesen, die nationalen Abteilungen bei den Landesschulräten aufzulassen. Geleitet von dem Bestreben, die Reibungsflächen zwischen den beiden Volksstämmen zu verringern und die nationalen Gegensätze zu mildern, wurde in den denkwürdigen Ausgleichskonferenzen vom 4. bis 19. Jänner 1890 der Landesschulrat in zwei Abteilungen zerlegt in Böhmen wie in Mähren. Jeder der beiden in den Ländern wohnenden Nationen sollte das Entscheidungsrecht über das eigene Schulwesen eingeräumt werden. Dieses Übereinkommen findet sichtbaren Ausdruck in der Schaffung der selbständigen nationalen Abteilungen des Landesschulrates, eines Punktes der seinerzeitigen Ausgleichsmaterie, der in der Sitzung des böhmischen Landtages vom 16. Mai 1890 angenommen wurde. Auf beiden Seiten hatten ganze Männer an der Schaffung dieses Ausgleichswerkes mitgetan, durchdrungen von Sachlichkeit: Plener, Hallwich, Scheykal, Scharschmid. Schlesinger von den Deutschen, Rieger, Mattusch, Zeithammer von den Èechen. Es war ein wertvolles Werk, das Sie mit den Anfängen der nationalen Zweiteilung schufen, der Versuch, die nationale Selbstverwaltung der Nationen zu begründen. Es darf nicht sein, daß eine solche, dem Frieden zwischen den Völkern des Staates dienende Institution zerstört wird, vielmehr muß sie einen gründlichen Ausbau erfahren. Hier zeigt sich der Weg zum Le ben. Knüpfen wir bei der Tradition des Jahres 1890 an! Wir haben als deutsche Nationalsozialisten wohl ein Anrecht, dieser Tradition das Wort zu reden. Wir tun so nicht seit heute, wir sind schon zur Zeit des alten Österreich auf dem Standpunkt gestanden, daß für jedes Volk die Autonomie, die Selbstverwaltung eine Lebensbedingung ist. Wir erblicken auch heute darin den Gipfel des politischen Programmes der Deutschen dieses Staates überhaupt. Wir sind nicht programmlos, wie so häufig hier behauptet wurde. Wir haben ein Programm: Unsere nächste Aufgabe, die wir schon hundert und tausendfach aufgezeigt haben, besteht darin, dem deutschen Volke im Rahmen des Staates, in den es die imperialistischen Mächte der Weststaaten gezwungen haben, die volle uneingeschränkte Selbstverwaltung seiner nationalen Angelegenheiten zu erringen, denn dies ist die Grundlage der Selbstbehauptung und der ferneren kulturellen Entwicklung. An die Erfüllung dieser Aufgabe das Höchstmaß uns erer Kräfte zu setzen, in ihren Dienst unsere ganze politische und wirtschaftliche Energie und Leidenschaft zu stellen, auf sie unser gesamtes politisches Denken und Wollen zu vereinigen, daß ist das Gebot der Stunde, für wohl alle deutschen politischen Parteien dieses Hauses. Wir sind im Augenblick die Verteidiger der spärlichen Ansätze der nationalen Selbstverwaltung aus den Neunziger Jahren. Es mag sein, daß in diese spärlichen Ansätze entgegengesetzt unseren Wünschen noch Bresche geschlagen wird. Wir wissen aber, daß diese Wünsche nach nationaler Selbstverwaltung so tiefe sittliche Grundlagen haben, daß wir vor aller Welt die berechtigte Forderung solange erheben werden, daß man ihr für die Dauer nicht wird widerstehen können. Das ist unsere politische Formel.

Dieser politischen Formel muß auch Rechnung getragen werden bei der Aktivierung der Gaue. Auf den Fall des deutschen Schulwesens bezogen und auf die Forderungen der Deutschen, heißt das, auch bei Durchführung des Gaugesetzes die Zweiteilung der Verwaltung des Schulwesens zu belassen, d. h. ebenso wie sie beim Landesschulrat bestehen auch bei den kommenden Gauschulräten nationale Abteilungen einzurichten.

Die Forderung nach Respekt vor der deutschen Schule, nach der Anerkennung der Unantastbarkeit derselben und nach Reparation der verursachten Schäden, die Forderung nach dem Ausbau der Selbstverwaltung, insbesondere auf dem Gebiete des Schulwesens sind Forderungen schulpolitischer Art, wie sie sich aus den Verhältnissen des Staates und seiner Länder für die Deutschen ergeben. Wir wünschen, daß die politische Atmosphäre sich soweit veränderte, daß wir nicht dieser Art der Forderungen die meiste Energie zuwenden müßten, daß wir vielmehr auch Ruhe hätten, der deutschen Schule in schulreformatorischer Hinsicht dienen zu können.

Trotzdem die Dinge für uns so liegen, daß wir nicht in Ruhe bei schulreformatorischen Fragen mitarbeiten können, lassen wir die Beachtung dieser Fragen nicht aus dem Auge und widmen besonders der Reform der Lehrerbildung unsere Kraft, für den Fall, als aus der Schulreform eine freiheitliche Schule hervorgehen sollte. Die freiheitliche Schule betrachten wir als die Schule der Zukunft, und wenn hier von meinen unmittelbaren deutschen Vorrednern die konfessionelle Schule betont worden ist, so sage ich namens meiner Partei und auch vom Standpunkt mancher anderen deutschen Partei, daß wir diese Rückentwicklung unseres Schulwesens zur konfessionellen Schule nicht brauchen, nicht wollen und nicht wünschen. Es hat den Anschein, daß von Seite meines unmittelbaren deutschen Vorredners der heißeste Wunsch in der Richtung der konfessionellen Schule geht, wir wünschen sie aber nicht. Der Redner für die konfessionelle Schule, Herr Kollege Dr. Petersilka, hat sich auch einige Entgleisungen der Lehrerschaft gegenüber geleistet, die ich hier zurückweisen möchte. In einem Atemzug hat er einen èechischen Kollegen, der irgendwelche Meinungen gegenüber seinem Standpunkt äußerte, einen Verleumder geheißen und in demselben Atemzug hat er selbst verleumdet, indem er die Lehrerschaft hier pauschaliter als religionsfeindlich und Religionsstürmer bezeichnete. Es muß hier gesagt werden, daß es nicht immer als Religionsfeindlichkeit ausgelegt werden darf, nicht als Religionsstürmerei aufgefaßt werden darf - diese Erklärungen des Kollegen Dr. Petersilka werden, so hofte ich, aus diesem Saalt hinausdringen und auf die Lehrerschaft stoßen und die Lehrerschaft wird sie zurückweisen - wenn einmal etwa ein Lehrer versucht, diese Zeit nicht wiederkommen zu lassen, da er wohl nicht Büttel der Kirche, wohl aber einiger geistlicher Herren war. Ich habe diese Entgleisung des Herrn Kollegen Petersilka zurückweisen müssen im Zusammenhang mit der Erklärung unserer Bereitschaft, bei der kommenden Schulreform mitzuarbeiten.


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