Pondìlí 5. listopadu 1923

Nun lassen Sie mich zum entscheidenden Punkte der Ausführungen des Herrn Außenministers übergehen. Der Herr Auß enminister hat in seinem Exposé erklärt, daß die Èechoslovakei, was immer in Deutschland von rechts oder links kommen möge, sich nicht einzumischen gedenke und neutral bleiben werde. Ich habe gleich in meinen einleitenden Worten diese Feststellungen des Herrn Außenministers mit Dank uittiert, ich sage jetzt wieder: soweit ist alles in Ordnung. Aber hoffentlich hat der Herr Außenminister die Kraft, diesen seinen Entschluß gegen jene Elemente zu verteidigen, die in vollständiger Verkennung des wahren Interesses des èechoslovvakischen Staates seit Jahr und Tag gegen Deutschland hetzen und den Zusammenbruch dieses einst so mächtigen Reiches kaum erwarten können. Aber leider geht der Herr Außenminister jedem Urteil über die Rechtslage geflissentlich aus dem Wege. Ich verstehe schon, daß die Èechoslovakei sich als kleiner Staat nach dieser Richtung nicht allzuweit vorwagen kann. Aber die Èechoslovakei würde, täte sie es, hierin absolut nicht isoliert bleiben. In England gibt es in der Beurteilung der Ruhrkrise nur eine einzige Meinung, nicht etwa bloß auf sozialistischer Seite, sondern im ganzen Volke und in der Regierung gleichfalls. Erst kürzlich nannte Curzon im englischen Parlament das Ruhrabenteuer eine "ruinöse Katastrophe". In den letzten Tagen erging aus England eine scharfe Protestnote an Frankreich und Belgien, worin gegen die auf die Zerschlagung Deutschlands abzielenden von Frankreich geförderten Aktionen auf das Entschiedenste protestiert wird. In Belgien und in Italien beginnen sich die Geister zu regen. Nur in der Èechoslovakei hat man in dieser Frage keine Meinung, hier wagt man sich mit ihr nicht an die Oberfläche, kein Wort der Ablehnung der offenkundigen Annektionsabsichten und der Annektionspolitik Frankreichs, kein Wort gegen die von Frankreich favorisierten Lostrennungsbestrebungen der Separatisten. Dabei werden wir, die Èechoslovakei, als der unmittelbare Nachbar, als der hauptsächliche Lieferant und Warenabnehmer Deutschlands von dem Zus ammenbruche des deutschen Wirtschaftslebens, von der Zerreißung Deutschlands unmittelbar und am härtesten getroffen. Jedermann weiß es heute, daß die sogenannte wirtschaftliche Ruhrkonjuktur, die wir in der letzten Zeit zu verzeichnen hatten, nichts als eine vorübergehende Erscheinung ist, und daß eine dauernde Gesundung des Wirtschaftslebens in unserem Staate nicht nur durch die eigene Konsolidierung sondern auch durch die wirtschaftliche Konsolidierung der Nachbarstaaten zu erzielen ist. Denn das ganze Wirtschaftsgebiet in Mitteleuropa ist nichts als ein kommunizierendes Gefäß, in welchem sich die Störungen des einen Teiles naturgemäß sofort auf die anderen Teile übertragen. Wir brauchen also zur Regenerierung unseres Wirtschaftslebens ein gesundes Europa und vor allem ein gesundes Deutschland. Die jetzige Politik kann sich vielleicht Frankreich leisten. Im Jahre 1921 zahlte Frankreich die Arbeitslosenunterstützung noch an 89.932 Personen, Ende des Jahres 1922 nur noch an 2644 Personen, während die Zahl unserer Arbeitslosen noch immer Hunderttausende beträgt. Das kann nicht oft genug gesagt werden, da die Verblendung unserer führenden Menschen gegenüber Frankreich soweit geht, daß sie nicht einmal merken, daß dabei unserer Volkswirtschaft der Boden unter den Füßen abgegraben wird.

Aus all diesen Gründen verlangen wir eine klare Stellungnahme der Regierung zu den Ereignissen, die sich in Deutschland vorbereiten und sagen, daß ein Stillschweigen der Regierung gerade schädlich ist. Aber dieses Stillschweigen allein ist es nicht, was wir der Rede des Herrn Außenministers entgegenzuhalten haben. Während der Herr Außenminister in seiner Rede außer der sehr verklausulierten Bemerkung, daß Deuts chland geholfen werden müsse, nach Deutschland hin leider nicht ein einziges wärmeres Wort gefunden hat, hat die Èechoslovakei just in der Schicksalsstunde Deutschlands und Europas den Besuch des Herrn Präsidenten in Paris veranstaltet, der durch die Übertreibungen der èechischen Öffentlichkeit zu einem wahren Hymnus auf den französischen Imperialismus geworden ist und naturgemäß in Deutschland und in den nicht französisch orientierten Kreisen das größte Befremden erregen mußte. In seiner ganzen Aufmachung hatte der Pariser Besuch der Herrn Präsidenten keine Spur von jener Neutralität, von der in der Rede des Herrn Außenministers gesprochen wird, und auf die Millionen und Abermillionen von Menschen in der schweren Stunde, die wir jetzt mitzumachen haben, so sehr gebaut haben. Es ist wohl wahr, daß Frankreich in seiner völligen Isoliertheit eine Herzstärkung gebraucht hat. Aber ich frage mich, ob dies just in diesem Augenblick, zu dieser schweren Stunde geschehen mußte.

Nun lassen Sie mich an die Frage herantreten, was weiter geschehen soll. Wir haben schon gesagt: das Schicksal Deutschlands und Europas liegt bei England und Amerika. Amerika hält langsam Einkehr. Es hat die Einberufung eines Sachverständigenausschusses verlangt und sich zur Beschickung des Ausschusses bereit erklärt, allerdings sind schon wieder Kräfte am Werke, um diesen Schritt Amerikas zu vereiteln. Auch England ist endlich aus seiner Reserve hervorgetreten. Hoffentlich entschließt es sich endlich zu einer aktiveren Politik, durch die allein der gemarterten Welt der langersehnte Friede gebracht werden kann.

Auch die Èechoslovakei muß ihre freundschaftliche Stellung zu Frankreich benützen, um im versöhnlichen Sinne auf die französische Politik einzuwirken. Ein solches Vorgehen liegt ganz in der Linie der von dem Außenminister für den Ernstfall angekündigten Neutralität, welcher wir den Charakter einer wohlwollenden Neutralität gegeben wissen wollen. Ein solcher Schritt liegt aber, wie ich bereits aufgeführt habe, nicht etwa bloß ausschließlich im Interesse Deutschlands, sondern im eigenen Interesse dieses Landes, das solange nicht zur Ruhe kommen kann, als die chaotischen Verhältnisse im Herzen Mitteleuropas und auch an den Landesgrenzen dieses Staates andauern.

Doch auch das Proletariat aller Länder darf nicht müßig sein. Ganz besonders gilt das vom Proletariat der Ententeländer, der Siegerländer, zu denen sich auch die Èechoslovakei zählt. Da der passive Widerstand eingestellt ist, die von Frankreich gestellten Bedingungen erfüllt sind, müssen wir die schnellste Wiederherstellung des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens, die Wiederherstellung der deutschen Verwaltung im Ruhrgebiet wieder verlangen. Wir müssen die Freigabe der Gefangenen, die Heimkehr der ausgewiesenen Beamten, die Wiedereinsetzung der entlassenen Beamten, die endliche Wiederherstellung des Verkehrs zwischen Ost- und Westdeutschland fordern. Wir müssen gegen die offene oder verschleierte Annektionspolitik Frankreichs Protest erheben und die sofortige Einberufung einer interalliierten Konferenz verlangen, die sich einerseits mit den interalliierten Schulden und andererseits mit der Reparationsfrage zu beschäftigen hätte. Das sind die Forderungen, die in einer jüngst stattgefundenen Konferenz der Labour Party und des Amsterdamer Gewerkschaftsbundes aufgestellt wurden und die auch wir uns zueigen machen. Für diese Forderungen zu wirken und die eigene Regierung zu gewinnen, für sie alle im Volke wirkenden Kräfte mobil zu machen, ist die Aufgabe des Proletariates eines jeden Landes. Mag auch das Proletariat der ganzen Welt, durch Richtungskämpfe gespalten und zerrüttet, durch bitterste Not zermürbt, in seiner Schlagkraft gestört sein, in dem einen Punkte ist das Proletariat aller Länder einig, daß der deutschen Arbeiterklasse geholfen werden muß und daß die Iniative in dieser Richtung vom Proletariat ausgehen muß. Denn der Kapitalismus, der die Welt in Krisen, Konflikte und Katastrophen geführt hat, hat nicht den Willen, die Welt aus diesen Krisen und Katastrophen zu befreien. Gerade in diesem Augenblicke ist der Kapitalismus wieder einmal daran, einen neuen Weltbrand zu entzünden und tausendfältiges Elend über die gemarterte Welt und das Proletariat heraufzubeschwören. Der französische und deutsche Kapitalismus, wie er in der französischen und deutschen Schwerindustrie verkörpert wird, ringt gerade in dieser Stunde um die Hegemonie Europas, er kämpft um das gewaltigste Wirtschafts- und Industriegebiet der Welt, um den Besitz des Einen- und Kohlenzentrums von Europa. Ihm muß sich das deutsche und das französische Proletariat, das Proletariat der ganzen Welt entgegenwerfen. Das haben die Arbeiter Deutschlands und Frankreichs längst erkannt. Die französischen Arbeiter haben sich in gewaltigen Kundgebungen innerhalb und außerhalb des Parlaments gegen die französischen Gewaltakte gewendet. Sie sind nicht stark genug, die Imperialisten und Militaristen des eigenen Landes niederzuschlagen. Es sind auch die belgischen und englischen Arbeiter gerade daran, den Abwehrkampf gegen den französischen Imperialismus zu organisieren, die Passivität ihrer Regierungen durch einen entsprechenden Druck zu brechen und den Widerstand gegen die Vergewaltigung Europas zu stärken und zu beflügeln. Auch die deutschen Arbeiter, durch schwere innere Kämpfe in ihrer Tatkraft gelähmt, durch schwersten Notstand und Hunger zermartert, spannen alle ihre Kräfte an, um sich der Reaktion im eigenen Lande zu erwehren, dem Druck der deutschen Kapitalistenklasse zu entwinden und sich zur entscheidenden Offensive zu sammeln. Mögen die deutschen Arbeiter in diesem Momente aktionsunfähig und daher nicht stark genug sein, um den inneren und äußeren Druck abzuwehren, die Kapitalisten des eigenen Landes zurückzuwerfen und den Feind aus dem Lande zu jagen: Sie sind noch lange nicht verloren und werden im entscheidenden Augenblick ihren Mann stellen. Wir, die wir die Vorgänge jenseits der Grenzpfähle mit atemloser Spannung verfolgen, wir stehen mit unseren Herzen zu ihnen. Nach der letzten Rede Poincarés genügt ihm der Triumpf der Kapitulation Deutschlands nicht. Es genügt ihm nicht, Deutschland und seine Arbeiterklasse unter das von französischen Lanzen gebildete kaudinische Joch zu zwingen, er will Deutschland in Stücke schlagen, um den besten Teil an sich zu reißen. Kommt es dazu, so stehen dem deutschen Proletariat schicksalschwere Stunden bevor. In diesen Stunden wird die deutsche Arbeiterklasse nicht verlassen sein, sondern das ganze internationale Proletariat an seiner Seite haben. Darum sagen wir: Mag in Deutschland kommen was will, wir stehen zur deutschen Arbeiterklasse in unverbrüchlicher Treue! (Souhlas a potlesk na levici.)

4. Øeè posl. Stenzla (viz str. 119 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Bevor ich in eine Stellungnahme zu den Erklärungen des Herren Außenm in isters eingehe, muß ich namens meiner Partei folgende Erklärung abgeben:

Indem ich mich namens meiner Partei der seinerzeitigen staatsrechtlichen Erklärung aller deutschen Parteien anschließe, erkläre ich, daß meine Partei im Sinne der Richtlinien der Deutschen Arbeitsgemeinschaft und in deren Rahmen alles daran setzen wird, um dem sudetendeutschen Volke den Weg zur vollsten Selbstverwaltung und damit zur Gleichheit und Gerechtigkeit zu ebnen.

Die Selbstverwaltung ist das primitive und natürliche Recht der nationalen und kulturellen Mündigkeit jedes Volkes und daher auch des sudetendeutschen, welches durch hundertjähriges Geschehen, durch unzählige wertvolle Leistungen auf dem Gebiete der Kunst, Wissenschaft, Technik und des Handwerks schon den Beweis erbracht hat, daß es berufen und befähigt ist, seine Angelegenh iten selbsttätig und selbständig zu ordnen.

Wir stellen fest, daß die letzte Botschaft des Herrn Präsidenten den Grundsatz anerkennt, daß die "Selbstverwaltung, Autonomie, die notwendige Voraussetzung der Demokratie ist". Als zur Selbstverwaltung reifes Volk und als ein Volk, dessen Angehörigen seit dem fünfjährigen Bestande der Èechoslovakischen Republik nur Beweise und Taten staatsbürgerlicher Pflichterfüllung gebracht haben, glauben wir diese Selbstverwaltung als unser vollstes Recht in diesem Staate fordern zu müssen.

Auf dem Standpunkte einer dem deutschen Gewerbe- und Handelsstand zweckdienlichen Wirtschaftspolitik stehend, macht es mir meine Partei zur Pflicht, für die wirtschaftliche Besserstellung des deutschen erwerbenden, schaffenden und steuerzahlenden Mittelstandes einzutreten. Die enormen Ausgaben für die Militärmacht und die derzeit unerschwinglichen Steuerlasten gefährden bereits den Gewerbe-, Kaufmanns- und Mittelstand, die von politischen Erwägungen beeinflußte Wirtschaftspolitik läßt die natürlichen wirtschaftlichen Vorraussetzungen des Staates verkümmern und bringt die gesamte Wirtschaft in den Zustand einer unheilvollen Krise, deren Auswirkungen heute noch nicht übersehen, aber überall bereits nachhaltigst als schädlich empfunden werden. Zu den Irrungen der Wirtschaftspolitik tritt noch die Gefährdung des Volksvermögens durch Nichtanerkennung und Nichtverwertbarkeit der Kriegsanleihen, eine Frage, die nach einer finanziell möglicher Lösung dringend - auch im Interesse des Staates und des staatlichen Prestige - ruft. Auch auf dem Boden der Wirtschaft fordert die deutsche Gewerbepartei Gerechtigkeit und Ausschaltung aller national chauvinistischen Tendenzen, fordert vielmehr die volle Gleichberechtigung aller Staatsbürger nicht nur dem Wortlaute des Gesetzes nach, sondern auch in der Verwaltung und in der Praxis der Behörden.

Solange eine Regierung des èechoslovakischen Staates diese billigen Voraussetzungen des nationalen Friedens und der selbstverständlichen Objektivität nicht erfüllt, kann die deutsche Gewerbepartei einer solchen Regierung kein Vertrauen entgegenbringen.

Geehrte Damen und Herren! Wenn ich nun nach dieser Erklärung in ganz kurzen und wenigen Worten zu dem Exposé des Herrn Außenministers Stellung nehme, so wird es ganz kurz geschehen und ich möchte dabei eigentlich nur auf jene schönen Worte hinweisen, die uns daraus zu Ohren drangen, und zwar die Worte von der Friedensliebe und der Demokratie. Ich glaube, wir alle wünschen, daß diese Worte in die Tat umgesetzt würden. Wir würden wünschen, daß in diesem Staate und auch in den Nachbarstaaten aufrichtige und wahre Demokratie und wahrheitsgetreue ehrliche Friedensliebe vorhanden sei. Jedoch die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube. Ich meine, genug oft ist in diesem hohen Hause das Wort von der Demokratie und vom Frieden betont worden und immer sieht man trotzdem überall und jetzt auch hier in diesem Staate, daß die Rüstungen immer mehr um sich greifen, daß Frankreich heute als Republik ganz in Waffen starrt und auch in anderen Staaten Rüstungen vorbereitet werden, speziell in den uns befreundeten Staaten der Kleinen Entente. Ich bin von dem Gedanken durchdrungen, daß man nicht durch Waffengewalt jemandem die Friedensliebe aufzwingen kann, sondern ich bin der Meinung, daß nur durch Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit gegenüber dem zweiten und dritten das Wirtschaftsleben in diesem so niedergedrückten Europa befruchtet und gehoben werden kann. Es ist auch ein altes Wort, das da sagt: Druck erzeugt Gegendruck. So werden Sie also einsehen müssen, daß durch diese Maßnahmen, durch diese Politik eine Konsolidierung in Europa nicht möglich ist, und daß gerade hiedurch das ganze Wirtschaftsleben Europas, einerseits durch die seinerzeitigen Friedensverträge von Versailles und St. Germain, andererseits durch die bestehende mit nter unrichtige Außenpolitik gehindert wird. Durch diese Politik, wie wir sie derzeit hier sehen und beobachten, sind die seit Jahren bestehenden Balkanwirren auf ganz Europa ausgedeht worden und man weiß nicht, zu welchem Ende dies eigentlich führen wird.

Der Gewerbe- und Handelstand verfolgt mit bitterem Weh die ihn schädigende Politik dieses Staates, die nur darauf abzielt, sich an einen Staat auszugliedern, an dem gerade dieser Stand das allerwenigste Interesse haben kann, weil ja in dieser Beziehung am allerwenigsten Verdienstmöglichkeiten für den Gewerbestand vorhanden sind. Umsomehr muß diese Tatsache den Handelsund Gewerbestand bedrücken, als gerade in der Botschaft des Präsidenten darauf hingewiesen wurde, daß unsere Handelspolitik noch keine bestimmte Richtung aufweist, und eine Unsicherheit ist draußen wie auch zu Hause fühlbar. Das sind gewiß wahre Worte und wir deutschen Handels- und Gewerbetreibenden verspüren dies selbst am stärksten am eigenen Leibe. Der Gewerbestand ächzt heute unter der schweren Last der hohen Steuern. Nichtsdestiweniger halst man ihm eine derartige Politik auf, die seinen weiteren Ruin nach sich ziehen muß. Wir haben deshalb ein besonderes Interesse an der weiteren Gestaltung der Außenpolitik, die mit den Handelsverträgen, die geschaffen werden sollen, auf das innigste verknüpft erscheint.

Wir fordern demnach, daß mit den nächstliegenden Nachbarstaaten, und hier in erster Linie mit dem bedrückten Deutschen Reich, günstige Zoll- und Handelsverträge abgeschlossen werden, damit eine Befruchtung des Wirtschaftslebens eintrete.

Wir sehen auch weiters den Rückgang der Industrie sowie deren Abwanderung. Wir sehen ferner, daß z. B. die Kohle heute nicht mehr jenen Absatz finden wird, wie sie ihn bisher gefunden hat. Man kann dabei auf Deutschösterreich verweisen, das sich heute halbwegs stabilisiert und konsolidiert hat und nunmehr daran schreitet, seine Wasserkräfte auszubauen, um sich von jedem weiteren Import von Kohle freizumachen. Ich frage Sie: Welche Einwirkung wird dies auf die Handelsbilanz haben, welche Einwirkung wird dies auf das gesamte Wirtschaftsleben dieses Staates haben müssen? Ich meine deshalb, daß unsere Außenpolitik gewiß in vielen Beziehungen auf falschen Wegen wandelt und daß sie Einkehr halten und daran denken möge, daß sie in erster Linie für den eigenen Staat zu sorgen habe, daß jede Einstellung auf chauvinistische Tendenzen ausgeschaltet und die Politik von rein wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten aus geleitet werde. Der der zeitige hohe Stand unserer Valuta hat gewiß besondere Vorteile für den Staatsbürger, aber man muß dabei bedenken, daß dieser Staat heute von lauter Staaten mit schwacher Valuta umgeben ist. Hier, meine sehr verehrten Herren, läge wohl die Notwendigkeit vor, daß unsere Außenpolitik in erster Linie sich nach unseren Nachbarstaaten orientiert. Trotzdem dieser Staat von èechischer Seite regiert und geleitet wird, schwebt uns immer und immer wieder ein wirtschaftliches Interesse an Deutschland vor Augen. Dahin hat man sich in erster Linie zu orientieren und ich verweise darauf, daß einstmals ein hoher Staatsmann erklärt hat: Wir wünschen, daß der Stand der Valuta im Deutschen Reiche wie in unserer Republik gleichen Schritt halten möge. Ein wirtschaftlich gesundes und starkes Deutschland wird gewiß auch das Wirtschaftsleben dieses Staates befruchten und fördern.

Wir müssen, und speziell ich für meine Person als Vertreter des deutschen Gewerbestandes, stets auf der Hut sein und darauf achten, was in Zukunft geschehen wird. Wir fordern deshalb, daß in Zukunft, und zwar in Bälde freundschaftliche Beziehungen zu Deutschland und allen anderen Staaten gepflogen werden und daß man alle anderen Einflüsse, mögen sie von Frankreich oder von irgendeinem anderen Staate kommen, beiseite lassen möge.

Ich will mich heute nicht in eine lange Rede von hoher politischer Bedeutung einlassen, ich werde Gelegenheit nehmen, bei der nächsten Beratung über die wirtschaftlichen Leiden und Beschwerden des deutschen Gewerbeund Kaufmannstandes von dieser Stelle aus eingehender zu sprechen. Als deutscher Abgeordneter ist es aber meine Pflicht, hier zu erklären, daß ich in diesem schweren wirtschaftlichen Kampf in nationaler Hinsicht jederzeit an der Seite meines Volkes zu finden sein werde. Ihnen, meine sehr geehrten Herren von der Regierungsmehrheit, möchte ich zurufen: Halten Sie ein mit einer Politik, die nur einseitig und zufällig auf eine Nation zugeschnitten wäre. Sonst könnte wirklich das Sprichwort zur Wahrheit werden: Wer Wind säet, wird Sturm ernten! (Souhlas na levici.)

5. Øeè posl. dr. Lodgmana (viz str. 124 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Die Stellung meiner Gesinnungsfreunde zu der Regierung und diesem Staate ist hinlänglich bekannt. Ich kann es mir daher versagen, auf die Ausführungen des Herrn Ministers des Äußern im Einzelnen einzugehen. Wenn ich mich trotzdem zum Worte gemeldet habe, so geschah es deshalb, weil in den letzten Wochen und Monaten ziemlich viel vorgekommen ist, was bei geregelter Entwicklung der allzeit gepriesenen Demokratie in diesem Staate Anlaß zu Erörterungen gegeben hätte und weil auch sonst außerhalb dieses Hauses von maßgebenden Personen Mitteilungen und Äußerungen ergangen sind, auf die wir von dieser Stelle aus antworten müssen, um nicht den Verdacht stillschweigender Zustimmung auf uns zu laden. Ich hoffe dabei, das Verständnis und die Verzeihung des Herrn Ministers des Äußern zu finden, wenn ich seine Ausführungen zur Grundlage meiner Erörterungen nehme; muß sich ja heute sogar Altmeister Goethe Belehrungen und Kritiken darüber gefallen lassen, was er erkannt oder nicht erkannt hat, Altmeister Goethe, von dem man wohl ohne Übertreibung behaupten kann, daß er der weitaus überragendste Geist vielleicht des gesamten zweiten christlichen Jahrtausends gewesen ist, an den die zahlreichen Philosophen, Humanisten, Kritiker und demokratischen Politiker in keiner Weise heranreichen, die ihn heute mit überlegener Miene abtun zu können vermeinen. Schade, daß Goethe die Unvorsichtigkeit beging, bereits im Jahre 1832 das Zeitliche zu segnen; so ist es ihm unmöglich geworden, an dem zu lernen, was das Jahrhundert nach seinem Tode an politischen Ereignissen aufweist, obzwar ich überzeugt bin, daß auch dieses Jahrhundert ihm, dem Lehrer und Verkünder der Naturgesetze und der seelischen Gesetze der Menschheit kaum etwas neues geboten hätte.

Aus den politischen Kundgebungen der letzten Zeit ragen insbesondere zwei kennzeichnende Merkmale hervor. Das eine ist die beim Herrn Minister des Auswärtigen nicht mehr neue Betonung demokratischer Grundsätze, so wie er sie versteht, und das andere ist unser enges Verhältnis zu der berühmten Demokratie Frankreichs, welches sich auf gute und böse Tage erstreckt. Ich habe seinerzeit bei Beratung der Genfer Konvention Österreichs von dieser Stelle aus behauptet, daß sich Parlamentarismus und Demokratie in Europa in einer schweren Krise befinden, daß zwar von Demokratie und den Rechten der Einzelnen und der Völker sehr viel gesprochen werde, daß aber die Handlungen der Staatsmänner sich in genauem Gegensatze zu ihren Worten bewegen. In der Tat glaube ich, ist die Frage heute berechtigt, wo in Europa wir noch das haben, was unter der landläufigen Bezeichnung "Demokratie" verstanden wurde. Der Herr Minister Dr. Beneš findet die Grundlagen des heutigen Europa im ganzen gerecht und demokratisch, obzwar auch er zugibt, daß sie einzelne Fehler aufweisen, die für ihn wahrscheinlich nur als Schönheitsfehler in Betracht kommen; ich aber erlaube mir die Frage:

War es gerecht und demokratisch, das deutsche Volk zur Niederlegung der Waffen unter der Vorspiegelung der 14 Punkte Wilsons zu verleiten, um es dann um so sicherer der durch Jahrhunderte berüchtigten französischen Machtgier auszuliefern?

War es gerecht und demokratisch, das Selbstbestimmungsrecht von Millionen Menschen mit Füßen zu treten?

War es gerecht und demokratisch, Deutschland als den Alleinschuldigen am Weltkriege hinzustellen und ist es gerecht und demokratisch, an dieser Lüge nach wie vor festzuhalten, obzwar die zum Teile geöffneten Geheimarchive verschiedener Staaten die genau gegenteilige Entwicklung verkünden?

Ist Lenin etwa der Repräsentant der Demokratie oder Mussolini, einer der Bundesgenossen des Herrn Dr. Beneš, oder Herr Dr. Zimmermann in Wien?

War es gerecht und demokratisch, diesen Staat nach den Grundsätzen des geschichtlichen Staatsrechtes zu bilden, ohne Millionen hievon Betroffener um ihre Zustimmung zu fragen?

War es gerecht und demokratisch, die Verfassung des so entstandenen Staates durch eine selbsterwählte Versammlung des herrschenden Volkes beschließen zu lassen?

Werden der Länderraub Frankreichs und sein Bestreben, sich die deutschen Naturschätze dienstbar zu machen, deshalb gerecht und demokratisch, weil sie nicht mehr mit den Herrschaftsgelüsten Frankreichs oder seiner Kaiser und Könige, sondern mit den notwendigen Reparationen begründet werden, welche Deutschland leisten soll, auch wenn darüber Millionen Deutsche des Hungertodes sterben?

Ist es gerecht und demokratisch, wenn das mächtige Frankreich die kleine Schweiz in der Zonenfrage vergewaltigt?

Ist es gerecht und demokratisch, wenn Italien die Zeit gekommen sieht, dem ohnmächtigen Griechenland Inseln wegzunehmen, um sich dort politische und militärische Stützpunkte zu schaffen und ist es gerecht und demokratisch, wenn ein Demokrat wie Dr. Beneš nicht den Mut hat, sich an die Seite der überfallenen Nationen zu stellen, sondern wenn er vorsichtigerweise den Völkerbund vorschiebt, von dem er genau weiß, daß er nicht nach Gerechtigkeit und Demokratie, sondern nach den gegebenen militärischen Machtverhältnissen entscheidet?

Ist es gerecht und demokratisch, wenn Amerika seine Hilfe zur Niederwerfung Deutschlands leiht, wenn es sich aber denn, nachdem sich die furchtbaren Folgen dieses Vorgehens herausgestellt haben, vom Schauplatze zurückzieht?

Ich könnte noch eine ganze Reihe derartiger Fragen aufwerfen, allein es hat ja keinen Zweck, über die Auslegung der Begriffe "Gerechtigkeit" und "Demokratie" zu einer Zeit zu streiten, in welcher mehr denn jemals in der Geschichte für diese Auslegung die eigenen Interessen und die eigene militärische Übermacht entscheiden. Wenn wir nur die Form im Auge haben, dann allerdings müssen wir zugestehen, daß wir ein Übermaß an demokratischen Einrichtungen besitzen, von den verschiedenen Parlamenten angefangen bis zu dem berühmten oder berüchtigten Völkerbund, der ja die Krönung der "demokratischen" Gewaltpolitik der Siegerstaaten bedeutet; allein wie sieht es mit der Durchführung der Demokratie in der Praxis aus? Der Herr Minister des Äußeren hat in seinen Ausführungen erwähnt, er sei praktischer Pacifist und nicht gewillt, die Sache der Form unterzuordnen. Es ist dies das alte "Si vis pacem, para bellum", das ja die heutige Generation schon auswendig kennt, von dem allerdings viele Menschen behaupten, es sei deshalb ein gefährliches Spiel, weil oftmals das geladene Gewehr ohne unmittelbares Zutun des Schützen losgehe. Sei dem wie immer, auch bezüglich der Demokratie wäre es wahrlich am Platze, unter Verzicht auf scheinheilige Redereien und juristisch-politische Spitzfindigkeiten auf die Sache zu sehen; daß dies geschehe, wird wohl kein Vernünftiger behaupten können.

Was für ein Komödienspiel mit der Demokratie getrieben wird, das haben wir in den abgelaufenen Jahren zu Genüge gesehen und können es noch heute tagtäglich verfolgen. Ich betone ausdrücklich, daß dies nicht etwa eine Besonderheit dieses Staates ist, allüberall, wohin wir blicken, sehen wir gleichen Kräfte am Werk und auch in Deutschland vollziehen sich die Ereignisse in der Form der Abkehr von der Demokratie. Sie hat sich dort, ähnlich wie in Österreich und in der Sache gleich mit Rußland und Italien selbst das Todesurteil gesprochen, denn wenn die Demokratie erklärt, sie bedürfe zur Ordnung des Staates der Diktatur, dann hat sie ihre praktische Unbrauchbarkeit im Leben der Völker und Staaten anerkannt und es ist ganz gleichgültig, ob die einen diese Diktatur mehr nach links oder die anderen mehr nach rechts geleitet sehen wollen, über die Notwendigkeit der Ausschaltung der Demokratie herrscht heute nicht einmal bei denen ein Zweifel, die sich von Partei wegen Demokraten nennen.

So befinden wir uns denn heute offenbar in einem Abschnitte der Geschichte, in welcher die überlieferte Form als unbrauchbar und veraltet empfunden wird; um so mehr wird freilich noch von dieser Form geschwätzt, es dürfte aber nicht mehr allzulange währen, daß man sich wie Lenin und Mussolini der lästigen Hüllen entledigt.

Gar viele Ratschläge wurden dem darniederliegenden Deutschland schon gegeben, auch bei uns ist es Sitte, von Zeit zu Zeit zu betonen, man wünsche keine Zerrüttung Deutschlands und erwarte daher, Deutschland werde endlich seine wahre Lage erkennen und mit den gegebenen Tatsachen rechnen. Ja kennen denn diese, weisen Ratgeber denn auch heute noch nicht das Grundproblem der deutschen Politik? Ihr Freund und Gönner Clemenceau hat dieses gefühlsmäßig besser erkannt, als die heutigen von Demokratie triefenden Berater, indem er aussprach: "Es sind 20 Millionen Deutsche zuviel auf dieser Erde!" Gewiß ist dem so, wenn auch in einem anderen Sinne! Das Grundproblem Deutschlands beruht in der Unmöglichkeit, 60 Millionen Menschen auf einem Stück Erde zu ernähren, deren Urerzeugnisse kaum auslangen, um 40 Millionen zu versorgen und alle noch so gut gemeinten und wohl durchdachten Ratschläge zur Herbeiführung der Gesundung der Währung und Wirtschaft müssen erfolglos bleiben, insolange nicht dieses Problem auf die eine oder die andere Art gelöst ist. Dazu ehört aber in erster Reihe die Wiedergewinnung der staatlichen Hoheit über die deutsche Erde und alle währungspolitischen und wirtschaftlichen Maßnahmen treffen nicht die Wurzel der Krankheit, solange der Vormarsch einer einzigen französischen Division genügt, um alle solche Maßnahmen zunichten zu machen. Hier liegt der tiefste Grund für die Verhältnisse in Deutschland und von ihm aus betrachtet, erkennt man erst so recht das himmelschreiende Unrecht, welches dem deutschen Volke im Frieden von Versailles zugefügt wurde.


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