Pøíloha k tìsnopisecké zprávì
o 202. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze v úterý dne 19. dubna 1923.
1. Øeè posl. Josefa Fischera (viz str. 114 tìsnopisecké zprávy):
Hohes Haus! Unter den Maßnahmen, welche die Hebung der wirtschaftlichen, sanitären, sittlichen und sozialen Lage der minder- und der unbemittelten Volksklassen auf dem Wege friedlicher Reformen bezwecken sollen, steht an erster Stelle die Wohnungsfrage, die schon seit Jahrzehnten die Öffentlichkeit beschäftigt. Das Wohnungselend in den Städten ist heute stabil geworden. Nun lehrt die Geschichte des Wohnungswesens, daß dieser Mißstand nicht durch papierene Verordnungen und nicht durch Drosselungsund Zwangsgesetze beseitigt werden kann, wie sie uns heute wieder vorgelegt werden. Die Wohnungssorgen werden Sie mit diesen Gesetzesvorlagen nicht beseitigen. Ich nenne sie ruhig einseitig. Denn die Gesetzesvorlage benennt sich selbst "über den Schutz der Mieter" und läßt somit die Deutung zu, daß sie nur den Zweck verfolgt, den Mieter zu schützen, nicht aber den Hausbesitzer. Auch alle mir bekannten gerichtlichen Entscheidungen in Mieterstreitangelegenheiten werden von den Gerichten meist dahin begründet, daß diese Gesetze nur den Mietern dienen. Daher sind sie auch sozial nicht gerecht.
Knapp vor Torschluß - denn die Wirksamkeit des Gesetzes endet am 30. April - wird dasselbe wieder auf ein Jahr verlängert. Wir erheben vom Standpunkte des Hausbesitzers gegen die Verlängerung selbstverständlich Protest. Wir haben nicht nur den Abbau des Gesetzes erwartet, unsere Forderung, insbesondere für das flache Land und für die Landstädte geht vielmehr dahin, daß der Mieterschutz als anzer fallen gelassen werde. Denn er benimmt dem Hausbesitzer die wichtigsten Verfügungsrechte über sein Eigentum und das Recht der freien Vereinbarung zwischen ihm und dem Mieter. Andererseits muß er beim Mieter das Bewußtsein der Unantastbarkeit seiner Wohnung erwecken, sodaß - die Erfahrung spricht dafür - sich oft ein Benehmen des Mieters gegenüber dem Hausbesitzer herauswächst, das mit der Zeit unerträglich wird und die Freude am Hausbesitz vollständig verschwinden macht. Ein solches Verhältnis trägt nur zu Verdrießlichkeiten bei. Auch dadurch wird die Freude am Bauen und die Baulust unterbunden, wodurch nicht nur das Baugewerbe, sondern auch die Bauhilfsgewerbe und andere Industrien, welche direkt oder indirekt von Neubauten Nutzen ziehen, geschädigt werden, und dies gerade zu einer Zeit, wo infolge der wirtschaftlichen Verhältnisse die Arbeitslosigkeit ohnehin erschreckend zun immt. Ob es nun gerade wünschenswert erscheint, daß durch das Unterbinden der Bautätigkeit Brot und Arbeit genommen wird, sollen jene verantworten, die für die Beschränkung, für die Zwangsgesetze eintreten.
Ich habe bereits erwähnt: Woher soll die Freude am Schaffen kommen, wenn die Rechte der Hausbesitzer vollständig mißachtet werden und außerdem der Haus besitz, wie ich an einigen Beispielen nachweisen werde, vollständig unrentabel geworden ist? Glauben Sie ja nicht, daß sich die Hausbesitzer, wenn der Mieterschutz aufgehoben würde, wie Hyänen auf ihre Mieter stürzen würden. Man hatte ja auch früher patriarchalische und friedliche Verhältnisse ohne die einseitigen Schutzgesetze gehabt, und ohne daß dadurch Abhängigkeitsverhältnisse geschaffen wurden. Wir auf dem flachen Lande leiden ja nicht unter dieser Wohnungsnot. Die Bevölkerung unserer stillen Dörfer und Landstädte zieht vielmehr ab. Wir bieten den Leuten draußen nicht jene Vergnügungen, die sie in den Städten finden. Auf dem Lande gibt es harte Arbeit und wenig Freude. Infolge des Tiefstandes unserer Produktenpreise, die bereits unter den Gestehungskosten verkauft werden, können wir die hohen Lohnforderungen nicht befriedigen und daraus ergibt sich die Abwanderung vom flachen Lande und naturgemäß eine ganz ungesunde Vergrößerung und Erweiterung der Städte. Das flache Land entvölkert sich, während in den Städten eine Überbevölkerung platzgreift.
Wenn nun in den Städten das Wohnungselend beseitigt werden soll, muß man nach einer Heilung der Verhältnisse Umschau halten. Da kommt jeder zu der Einsicht, daß die Gesundung mit solchen Gesetzen nicht durchgeführt werden kann. Die Beseitigung der Wohnungsnot ist vor allem durch die Belebung der Bautätigkeit möglich. Das kann nur dadurch geschehen, daß man vor allem für die Rentabilität des Besitzes sorgt. Ein Blick in die Grundbücher beweist, daß die bücherliche Verschuldung des Hausbesitzes in den letzten Jahren erschreckend zugenommen hat, sodaß der Zinsendienst eines solchen Besitzes dem Eigentümer viele schlaflosen Nächte verursacht und ihn täglich vor die Gefahr stellt, daß er sein Eigentum bald werde verlassen müssen. Nachdem die Spekulation in der Bautätigkeit eingesehen hat, daß hier keine Rentabilität zu erwarten ist, hat sie sich anderen Gebieten zugewendet, die Spekulation beschäftigt sich hier nicht mehr mit der Aufführung von großen Hausbauten.
Den Baugenossens chaften, die ins Leben gerufen worden sind, fehlt es auch an Mitteln zur Ausführung gemeinnütziger Bauten, denn die Pflicht des Staates wurde von der Regierung vollständig versäumt, die durch unverzinsliche Darlehen, durch Subventionierungen die Bautätigkeit hätte fördern sollen. Aber - was insbesondere in den deutschen Gebieten zu konstatieren ist - die Gesuche um Bausubventionen liegen seit Jahren hier, und trotz aller Urgenz ist eine Erledigung nicht herbeizuführen, und jene, die sich zu Bauausführungen verleiten ließen, stecken heute in der tiefsten Verschuldung und in größter Sorge. Hätte der Staat die vielen, vielen Gelder, die er für ganz andere Zwecke verprpulvert, spez ell in den Städten zur Aufführung und Unterstützung von Wohnhäusern verwendet, hätte dies die Bevölkerung sicherlich mit besonderem Dank quittiert. Nun sehen wir aber, daß z. B. für die Erbauung neuer und ganz unnotwendiger Kasernen Beträge von 120 bis 130 Millionen verwendet werden. Mit dieser Riesensumme hätte man sicherlich einen kleinen Teil des akuten Wohnungselendes beseitigen können. Außerdem hätte der Staat die Baulust auch noch durch eine entsprechende Steuerfreiheit, insbesondere durch Berücksichtigung des belasteten Besitzes fördern können, der durch Steuermaßnahmen nicht noch weiter in die Verschuldung hineingetrieben werden soll.
Wer soll nun die Interessen des Hausbesitzes wahren? Das Gesetz über den Schutz der Mieter sagt ausdrücklich, daß es für den Schutz der Mieter bestimmt ist. Maßnahmen, die sich der Fürsorge des Hauseigentümers zuwenden, kenne ich nicht, und so wird man es begreiflich finden, daß wir es als unsere Pflicht betrachten" hier den Standpunkt der Hausbesitzer zu vertreten. In der Vorlage, auf deren Inhalt ich nicht weiter eingehen will, was ja aus unserer ablehnenden Gesamthaltung erklärlich ist, wird auch für die Hausbesitzer, damit das Gesetz verdaulicher erscheint, eine Erhöhung der Mietzinse in Aussicht gestellt. Nun sagen Sie mir aber, wer soll unter den heutigen Verhältnissen die erhöhten Mietzinse aufbringen? Ein großer Teil der Mieter rekrutiert sich aus den Beamten- und Angestelltenkreisen. Durch den unverantwortlichen Abbau der Gehälter unter das Existenzminimum hat man ihnen ja die Mietzinse von vornherein weggenommen oder anders gesagt, sie haben jetzt die doppelten Mietzinse zu fühlen, den einen durch den Abzug, den anderen durch die in Aussicht gestellten erhöhten Mietzinse. Und werden diese Erhöhungen dem Hauseigentümer wirklich einen Vorteil bringen? Das bezweifle ich, denn die Zinserhöhungen, die ja in der Fassion einbekannt werden müssen, dienen bekanntlich nur wieder zur Erhöhung bei der Vorschreibung der Zinssteuer, so daß man hier indirekt zum Vorteil des Fiskus arbeitet und der Hausbesitzer von dieser Erhöhung nur die Verantwortung, aber nicht den Vorteil hat.
Um von der Rentabilität eines kleinen Wohnhauses zu sprechen, sehe ich mich bemüßigt, Ihnen ein solches Beispiel wahrheitsgetreu vorzuführen, und man muß sich wirklich fragen, wo jene die Unternehmungslust hernehmen sollen, denen das Anstreben eines eigenen Heimes als ein herrliches Ziel erscheint, wo sie die Freude aufbringen sollen, wenn sie dadurch eigentlich indirekt geschädigt werden. Ein mir bekannter Maschinist erbaute im Jahre 1912 in meiner Gemeinde ein Wohnhaus. Er hatte sich durch seine Lebensarbeit 6000 Kronen erspart und errichtete sich unter Aufbringung von rund 14.000 Kronen Baukosten dieses kleine Wohnhaus. Zu seinem eigenen Kapital erhielt er von der Sparkassa 6000 Kronen und von privater Seite 2000 Kronen, so daß dem Hausbesitz eine Verschuldung von 8000 Kronen verbüchert wurde. Er selbst bewohnt 3 Räume, d. b. 2 Zimmer und Küche, und hat 5 Wohnbestandteile vermietet. An Mieterträgnis erhält er 1060 Kronen; an Steuern hat er 208 Kronen zu entrichten, an Umlagen, die in der Gemeinde ziemlich hoch sind, 260 Kronen, verschiedene Versicherungsprämien und andere ständige Auslagen machen 170 Kronen aus, die Verzinsung für seine Passivkapitalien 420 Kronen, so daß die ständig wiederkehrenden und anwachsenden Ausgaben 1058 Kronen betragen, denen Einnahmen von 1060 Kronen gegenüberstehen, so daß der Mann für seine 6000 Kronen, die er als eigenes Baukapital aufwendete, jährlich 2 Kronen an Verzinsung einnimmt und somit sein Verlust 358 Kronen beträgt. Wo soll nun da die Baufreude herkommen, wenn man von Seiten der Steueradministration nicht einmal berücksichtigt, unter welch schweren Verhältnissen er seinen Besitz erhält, ja wenn man ihm noch einen Zahlungsauftrag auf 1200 Kronen zusendet und der Mann nicht weiß, wo er nun zu seiner Verschuldung noch die 1200 Kronen Zuwachsabgabe aufbringen soll, trotzdem tatsächlich eine fortwährende Verminderung des Besitzes eintritt! Ein anderes größeres Wohnhaus, das bei der Konskription mit 120.000 Kronen einbekannt wurde und von Seite der Steuerbehörde auf 180.000 Kronen richtiggestellt wurde, das nur Geschäftslokale mit Magazinen und 6 Wohnräume enthält, erhielt eine Vermögensabgabe von 14.000 Kronen vorgeschrieben. Es ist ganz ausgeschlossen, daß der Betreffende einen solchen Betrag aufbringen kann, weil heute die deutschen Sparkassen nicht in der Lage sind, derartige Darlehen zu geben, denn durch die Kriegsanleihe sind sie so in Mitleidenschaft gezogen worden, daß das Geld deutscherseits äußerst rar geworden ist. An èechische Institute werden wir nicht herantreten, es hätte auch keinen Zweck, weil in den èechischen Banken und Sparkassen das Geld sowieso nach und nach verpulvert wird. Wie manche Hausbesitzer leiden, beweisen mir die Verhältnisse in Neusattel, einer Gemeinde im Bezirke Elbogen, wo sich eine bedeutende Glasindustrie und größere Bergwerke befinden. Die dortigen Hausbesitzer, die durch Bergschäden eine 80% ige Entwertung ihres Besitzes sicherstellen ließen, da die Häuser durch Eisenschließen eingebunden werden mußten, um sie vor Einsturz zu bewahren, selbst diese Hausbesitzer erhielten eine so unerschwingliche Vermögensabgabe vorgeschrieben, daß sie nicht in der Lage sind, sie aufzubringen. Wo ist heute eine Verordnung zu finden, die einer Hausbesitzerfürsorge gleichkäme? Nirgends! Wenn nun über solch wichtige soziale Fragen hier entschieden werden soll, so muß doch schrittweise vorgegangen, so müssen doch Rechte und Pflichten auf beiden Seiten berücksichtigt werden, wenn die Gesetze durchgreifende Verbesserungen bringen sollen, wenn die Auswirkung eine wohltätige sein soll. Und auf keinem Gebiete der Gesetzgebung ist dies so gefährlich, wie auf dem der Wohnungsfürsorge in den Städten.
Da nun in den gesetzgebenden Körperschaften, im Parlament die Deutschen von jeder Arbeit ausgeschaltet sind, da alle Anträge, die von anderer Seite gestellt werden und die von noch so vortrefflicher Auswirkung gewesen wären, abgelehnt wurden, so möge die Mehrheit des Hauses, so möge die Regierung das Problem der Wohnungsfürsorge selbst lösen. Wie die Herren es lösen werden, so werden sie auch die Verantwortung für die hieraus folgenden Zustände tragen. (Potlesk na levici.)
2. Øeè posl. dr. Keibla (viz str. 116 tìsnopisecké zprávy):
Sehr geehrte Damen und Herren! Da das Gesetz vom 26. April 1922 Ende dieses Monates seine Wirksamkeit verliert, waren Regierung und Parlamentsmehrheit gezwungen, die Frage des Wohnungswesens einer Prüfung zu unterziehen und das Ergebnis dieser Prüfung liegt nun in drei Gesetzanträgen vor. Sie stellen eine vorläufige Regelung der einschlägigen wirtschaftlichen und sozialen Fragen vor und tragen deutlich den Stempel des Kompromisses auf der Stirn. Im großen und ganzen ist das Kompromiß so ausgefallen, daß das alte Gesetz, von einigen Details abgesehen, auf ein weiteres Jahr verlängert wird. Wer hätte das vor einem Jahre geglaubt, als man das Gesetz vom 26. April 1922 beraten hatte? Damals ging man daran, den Mietzins staffelweise zu erhöhen. In der Begründung des Regierungsentwurfes wurde angeführt, er sei aus dem Bestreben hervorgegangen, die Rückkehr zu normalen Verhältnissen vorzubereiten. Insbesondere sei die Erhöhung des Mietzinses deshalb erfolgt, um staffelweise, nach und nach, den Zins der alten Häuser dem Zins anzunähern, der in den neugebauten Häusern gefordert werden muß. Denn, so hieß es damals, es konsolidieren sich die Verhältnisse in diesem Staate zusehends, die Kosten der Lebenshaltung werden augenscheinlich und rasch kleiner. Unter solchen Umständen müsse endlich auch dem Hausbesitzer sein Recht werden, es müßten die ihm durch den Krieg angelegten wirtschaftlichen Fesseln gelockert werden. Gleichzeitig wurde auch angekündigt, daß dieser Abbau der außerordentlichen Verhältnisse im künftigen Jahre, also jetzt, wird weiter fortgesetzt werden. Ich kann mich übrigens auch noch dunkel erinnern, daß schon damals diese Art der Aufmachung der Sache selbst unter den Mehrheitsparteien nicht den erwarteten ungeteilten Beifall fand und daß die èechischen Sozialdemokraten eine Zeitlang Späne machten. Ich sehe noch heute, wie Rašín auf Herrn Habrman heftig einredete, und seinen Argumenten beugten sich schließlich auch die Widerspenstigen.
Und heute, nach einem Jahre, ist von dem angekündigten Abbau des sogenannten Mieterschutzgesetzes nicht viel zu sehen, die ganze Aktion ist sozusagen ins Stocken geraten. Es verlohnt sich vielleicht den Gründen für diese Erscheinung nachzugehen. Ich glaube wohl annehmen zu können, daß, wenn wir im Wohnungswesen wenigstens die Verhältnisse der Vorkriegszeit hätten, wir damit ganz zufrieden sein könnten. Im Vergleich zum Deutschen Reich wurde bei uns wegen der wahnsinnigen Hauszinssteuer zwar weniger gebaut, es bestand schon vor dem Kriege bei uns Wohnungsnot, allein im Vergleich zur Nachkriegszeit waren das doch noch immer goldene Zeiten. Ferner glaube ich annehmen zu können, daß, wenn genügend Wohnungen und um einen solchen Zins zu haben sind, daß der Mieter ihn leisten kann, ohne seine wirtschaftliche Existenz zu gefährden, der sachliche Grund für den sogenannten Mieterschutz entfallen könnte. Allein, das ist das entscheidende der Sache: Was hat alls zu geschehen, damit genügend Wohnungen gebaut werden und damit andererseits der Mieter den Zins erschwinglich und erträglich, also billig, finden kann? Da meine Partei auf dem Grundsatz der freien Wirtschaft steht, glauben wir, daß durch Beschlagnahme von Wohnungen, Kommunisierungen der Häuser, Mieterräte und ähnliche Drangsalierungen des Hausbesitzers eine Bautätigkeit insbesondere in dem notwendigen Umfang nicht erreicht werden kann.
Eine gewisse Erleichterung kann zweifellos eintreten, wenn der Staat hier fördernd eingreift, indem er teils die Lasten dem Hausbesitz erleichtert, so insbesondere die Steuern ermäßigt. Wir haben infolgedessen einen Resolutionsantrag eingebracht, in dem die Regierung aufgefordert wird, für die Dauer der Wohnungsnot die gesamten Gebäudesteuern aufzuheben, oder den Mieterschutz zwar langsam aber zielsicher abzubauen, teils selbsthandelnd einzugreifen, indem die Regierung selbst baut, oder entsprechend bauen läßt. Wir haben auch in unserem Staate Bauförderungsgesetze, aber ich möchte fragen: verspüren wir wirklich eine nachhaltige Wirkung desselben? Mein geehrter Herr Vorredner hat schon darauf hingewiesen, daß in dieser Beziehung in diesem Staate zweifellos mit zweierlei Maß gemessen wird. Wenn wir uns in èechischen Gegenden umsehen, so sehen wir, daß in èechischen Städten überall eifrig gebaut wird, während wir im deutschen Grenzgebiet fast nichts davon wahrnehmen. Wenn bei uns Angehörige der èechischen Minderheit zusammentreten und eine Baugenossenschaft gründen: Ah, da werden die Gesuche dieser Baugenossens haften sogleich erledigt, die Leute bekommen die geforderte Subvention und die sonstigen im Baugesetze vorgesehenen Garantien, und allsogleich entsteht ein ganzes Viertel, siehe Haida usw. Aber wenn eine deutsche Baugenossenschaft einmal ein Gesuch einbringt, so geht es den regelrechten, ordentlichen Gang, wie man mir erst gestern bei einem Amte sagte, und man glaubt ganz richtig vorzugehen, wenn man die Akten nach dem Eingangstermin, einen nach dem andern, erledigt. Der Akt braucht bis zu seiner Erledigung mindestens mehr als ein Vierteljahr, und es ist klar, daß, wenn das Ansuchen, wie man mir sagte, im Jänner eingelangt ist, es erst im Laufe des Juni erledigt werden kann. Nun habe ich mir den Einwand erlaubt, daß ja das Ansuchen vom eigentlichen Referenten vollständig erledigt ist und daß nur etwas fehlt, nämlich die Unterschrift des Ministerialrates und daß es mich wundere, daß zu dieser Unterschrift des Ministerialrates zwei Monate erforderlich sind. Da hat man einfach gesagt, ja das sei einfach physisch anders nicht zu machen, der Akt müsse geprüft werden und es geht eben nicht anders, vor zwei Monaten könne das Ansuchen nicht erledigt werden. Stellen Sie sich nur vor, in welcher Jahreszeit wir leben. Wenn die Leute jetzt nicht bauen können, so werden sie eben das ganze heurige Jahr nicht bauen können. Das nennt sich dann Bauförderung.
Man könnte dabei den Einwand erheben, die Leute könnten ja anfangen zu bauen und abwarten, bis sie hinterher die Erledigung des Gesuches bekommen. Da ist aber für uns Deutsche das Risiko doch zu groß, weil wir ja nie wissen können, ob wir nicht doch abgewiesen werden.
So sehen wir, daß diese Art der Förderung der Bautätigkeit in diesem Staate nicht jene Ergebnisse zeitigt, welche sie vielleicht zeitigen könnte, wenn objektiv und den Verhältnissen entsprechend vorgegangen würde. Und dann, meine sehr Geehrten; Wenn selbst mit dem Aufwand von ungeheueren Mitteln, ein Haus fertig ist, so stellt es dann ein Vermögensobjekt dar, welches sich unter den gegenwärtigen Verhältnissen kaum verzinsen, geschweige denn amortisieren kann. Es fällt mir nicht ein, vielleicht die Hausbesitzer insofern zu vertreten, daß ich mich für Leute einsetzen würde, welche arbeitslose Renten beziehen. Für mich und meine Parteien ist der Hausbesitz doch etwas anderes: er ist, wie der Grund und Boden, ein Produktionsfaktor von ganz besonderer Art. Wir sehen nicht so sehr den Hausbesitzer, sondern wir sehen das Haus, und sehen darin etwas, was nicht nur für den Eigentümer von großer Bedeutung ist, sondern auch für den Mieter. Wir sehen hier viel mehr gleichlaufende Interessen beider Teile als divergierende. So ist uns das Haus selbst Gegenstand der Fürsorge ohne Rücksicht darauf, ob es jemandem gehört, der nebenher noch einen produktiven Beruf hat oder einem, der nur von Renten lebt.
Aber abgesehen von alledem ist es eine Tatsache der Volkswirtschaft, daß nur dann gebaut wird, daß nur dann Kapital investiert wird, wenn überhaupt Kapital vorhanden ist, wenn überflüssiges Geldkapital zur Verfügung steht. Das ist aber unter den heutigen Verhältnissen einfach nicht zu haben. Es ist nach meiner Ansicht nicht möglich, eine Bautätigkeit zu fördern, wenn man vor allem anderen nicht dafür sorgt, daß das Kapital überhaupt vorhanden ist, welches sich diesem Zwecke zuwenden könnte. Es müßte im übrigen Wirtschaftsleben erspart, erübrigt werden können. Um dies zu ermöglichen, müßte aber die Wirtschaft eine andere sein. Da müßten wir nicht die Krise haben, in der wir leben, da müßten Handel und Wandel gedeihen, da müßten die Zeiten wiederkehren, wie wir sie vor dem Kriege hatten. Wenn wir uns auf der anderen Seite den Standpunkt der Mieter anschauen, so finden wir, daß diese eigentlich unter denselben Verhältnissen leben wie die Hausbesitzer. Der Hausbesitzer kann durch seine Einnahmen sein Haus nicht mehr ordentlich erhalten, er muß es dem Verfall preisgeben, und der Mieter, der ja dem Hausherrn gewiß gerne die erforderlichen Mittel zur Verfügung stellen würde, kann es nicht, weil er ebenfalls infolge der Krise nicht imstande ist, sie aufzubringen. Wir sind eben alle miteinander verarmt, sowohl die Unselbständigen, ie die Selbständigen. Auch diese sind nicht imstande, jene Beträge zu zahlen, die dem Hausbesitzer die Instandhaltung des Hauses ermöglichen.
Meine sehr Verehrten! Wenn dieses Gesetz angeblich keine Mietzinserhöhung beinhaltet, wird sie doch in der Praxis eine solche mit sich bringen. Denn einmal findet sich in diesem Gesetze eine Bestimmung, wonach Neuvermietungen einem erhöhten Zins unterliegen, und das anderemal wird die Zeit selbst dafür sorgen, daß die Mieter zu größeren Leistungen eransezogen werden als bisher. Denn es ist selbstverständlich, daß die Zahl der reparaturbedürftigen Häuser wachsen wird. Es werden sich auch die Reparaturen selbst vermehren, so daß die Kosten der Reparaturen ößer werden und häufiger auftreten. Es werden nicht nur in den großen Städten, wo ja die Aufre chnung der Reparaturen auf Grund des alten Gesetzes dank den Haus esitzerverbänden schon eine allge eine Übung geworden ist, die gesetzlich zulässigen Zinserhöhungen ausnahmslos gefordert werden, sondern auch in den kleinen Städten wird schließlich der Hausbesitz dazu kommen, von seinem gesetzlichen Recht Gebrauch zu machen und die Reparaturen, die er bis jetzt vielfach noch nicht überwälzt hat, auf die Mieter zu überwälzen. Dadurch wird tatsächlich der Mieter in die Lage kommen, mehr zahle zu müssen als bisher. Wie steht es nun mit dem Einkommen dieser Leute? Auch da könnte ich auf das vorige Jahr zurückgreifen und an die Begründung des Gesetzes erinnern, mit welcher die Gehälter der Staatsbeamten verringert wurden. Auch damals wurde verkündet, daß sich die Verhältnisse bei uns konsolidieren. Es sei selbstverständlich, daß die Lebenshaltung billiger wird, sagte man damals. Es müsse infolgedessen ein Abbau der Gehälter erfolgen. Mit dem Abbau der Staatsangestelltengehälter ist selbstverständlich der Abbau aller Löhne verbunden, weil ja in allen diesen Dingen eines das andere mit sich zieht. Wenn aber heute das in Verhandlung stehende Gesetz nicht wagt, das fortzusetzen, was voriges Jahr angekündigt worden ist, so steht das in ursächlichem Zusammenhang mit der Krise, in der wir leben. Es ist eben nicht richtig, daß die Krise nachläßt. Richtig ist vielmehr, daß die Krise in vollem Umfang weiter besteht und man sie so fühlt, daß man sich heute nicht mehr traut, jene Konsequenzen zu ziehen, die man voriges Jahrahr noch hatte ziehen wollen. Und wenn wir uns umschauen, was denn eigentlich der Grund dieser Krise ist, dann können wir nichtbei dersoeinseitig eingestellten Wirtschaft dieses Staates stehen bleiben, sondern müssen unseren Blick über die Grenzen dies es taates hinaus richten und feststellen, daß die Krise eine europäische Erscheinung ist undursächlich zusammenhängt mit den Friedenverträgen. Wenn wir heute in einer so verhältnismäßig kleinen Sache nicht weiter können und es bis in die kleinsten Nerven spüren, daß das Rückenmark der ganzen Wirtschaft krank ist, so ist dies die Folge davon, daß das System der Friedensverträge die ganze Politik und Wirtschaft dieses Staates ins Mark getroffen hat. Wenn Sie wirklich diese soziale und wirtschaftliche Frage von Grund auf lösen wollen, dann dürfen Sie nicht hier zu stümpern versuchen und immer wieder Gesetze machen, die nur die Oberfläche und nur die äußersten Ausläufer der Dinge berühren, sondern Sie müssen in die Tiefe gehen und endlich Ihre Einstellung ändern, Ihre ganze Politik, Ihr ganzes System einer Revision unterziehen.
Die Krise ist nicht nur eine Quelle des Elendes und Hungers, sondern auch eine Quelle der Verzweiflung, die Quelle einer Kraft, die wohl imstande ist, dabei mitzuwirken, um die bestehenden Verhältnisse einer gründlichen Änderung zuzuführen. Sie ist nicht nur bei uns Deutschen wirksam, sondern auch bei Ihnen, meine sehr geehrten Mehrheitsparteien, vorhanden. Uns kann ja diese Sache im Grunde ganz gleich sein. Sie sind es, die das Steuer dieses Staates führen und wir lehnen diese Gesetze ab, weil sie nichts anderes bedeuten als den Versuch, die unhaltbaren Zustände zu verlängern und einer scheinbaren Konsolidierung zuzuführen.
Wenn ich mich nun einem zweiten Gesetzesantrag zuwende, so ist es der Druck 4078 bezüglich der außerordentlichen Wohnungsbeschaffung. Hier ist es insbesonders der § 13, der uns als ganz unannehmbar erscheint. Es ist das auch so etwas merkwürdiges, daß selbst Dinge, welche sonst den Anschein sozialer Fürsorge haben, hier in diesem Staate zum Schlusse ganz anders ausfallen. Wenn man den § 13 liest und mit den hiesigen Verhältnissen nicht vertraut wäre, würde man glauben, er beinhalte eine Fürsorge für die Staatsangestellten, welche versetzt werden und in eine andere Stadt kommen, damit sie nicht auf der Straße liegen, sondern sozusagen von vornherein ihre gesicherte Wohnung haben.
Wir wissen aber ganz genau, was die ganze Geschichte für einen Zweck hat. Hier handelt es sich darum, èechische Staatsangestellte in deutsche Gebiete versetzen zu können und ihnen Wohnungen zu sichern, die sie vielleicht unter anderen Umständen nicht bekommen würden. Aus diesem Grunde ist auch der großartige Absatz 5 in diesen §8 hineingekommen, welcher geradezu den abtretenden Staatsbeamten bindet, daß er von dem Rechte der Kündigung nicht Gebrauch macht, weil in einem solchen Falle dieses Gesetz nicht anwendbar wäre. Er muß alles tun, damit die Regierung imstande ist, an seine Stelle einen anderen Staatsbeamten setzen zu können; und wie das geschieht, wissen wir ja alle ganz genau aus den vergangenen Monaten und Jahren.
Wir können übrigens auch nicht einsehen, warum alle diese Gesetze nicht auch für staatliche Wohnhauser und für staatliche Betriebe gelten sollen. Wir haben einen Antrag gestellt, daß die betreffenden Bestimmungen außer Kraft gesetzt werden, weil wir ja wissen, wie zum Beispiel mit unseren Eisenbahnern umgesprungen wird. Sie werden pensioniert, und wenn der Betreffende nicht rechtzeitig eine Wohnung findet, so wird er samt seiner Familie einfach aus der innegehabten Dienstwohnung delogiert. Ein solcher Fall ist auch z. B. bei uns in Böhm. Kamnitz vorgekommen. Der Mann mußte einfach hinaus, er wußte nicht wohin; und das geschieht lediglich deshalb, weil diese Wohnungen nicht unter das Mieterschutzgesetz fallen.
Unter solchen Umständen wäre es für uns eigentlich ziemlich üb rflüssig gewesen, irgendwelche Zusatzanträge zu stellen. Wenn wir es doch gemacht haben, so aus dem Grunde, weil wir glauben, auf einige Fehler aufmerksam machen zu müssen, die diesem Gesetze anhaften. Schließlich wird ja das Gesetz doch in Kraft treten und wir alle werden an diesen Fehlern zu leiden haben.
Nun möchte ich mir gestatten, auf das erste Gesetz mit wenigen Worten zu sprechen zu kommen. Im § 1 werden die Gründe aufgezählt, nach welchen Kündigungen möglich sind. Es hat sich im Ausschuß die Frage ergeben, ob diese Aufzählung taxativ oder demonstrativ sein soll. Es wurde auch der Antrag gestellt, sie möge taxativ sein. Wir schließen uns diesem Antrag an, weil wir glauben, daß es auch für das Gericht besser ist, wenn es sich an diese Aufzählung als taxative halten kann. Eigentlich liegt hier ein Widerspruch vor: Im Abs. 1 sagt man, daß die Kündigung erfolgen kann nur aus triftigen Gründen, gibt also dem Richter sozusagen eine allgemeine Vollmacht, festzusetzen, was triftige Gründe sind; und dann kommt man mit einer ganzen Reihe von Gründen, von denen man wirklich nur sagen kann, daß sie beinahe erschöpfend das aufzählen, was überhaupt unter einem als wichtiger Kündigungsgrund aufgefaßt werden kann.
Uns scheint der Abs. 2 in seiner offiziellen Fassung nicht genügend zu sein. Der Kündigungsgrund wegen einer strafbaren Handlung des Mieters ist in seiner offiziellen Fassung unzureichend vor allem, weil die Kündigung des Mieters nicht nur dann zulässig sein muß, wenn es selbst, sondern auch, wenn sein Haushaltungsmitglied sich einer strafbaren Tat schuldig gemacht hat. Wenn z. B. der Sohn des Mieters dem Hausbesitzer eine schwere körperliche Verletzung zugefügt hat, so kann doch nicht verlangt werden, daß der Hausbesitzer mit einem rabiaten oder gar gefährlichen Menschen noch weiter zusammenhausen soll, weil er nicht selbst Mieter, sondern nur Hausgenosse eines solchen ist. Endlich ist auch die Beschränkung auf von Amts wegen zu verfolgenden Delikte teils zu weit, teils zu eng. Es gibt Delikte, welche das Strafgesetz sogar als Verbrechen bestraft, deren Begehung jedoch vom moralischen Standpunkt aus ganz und gar keine entehrende Handlung ist. In einem solchen Falle ist ein weiteres Zusammenhausen des Hausbesitzers mit dem Mieter weder gefahrdrohend noch unmoralisch. Dagegen gibt es nur auf Privatanklage zu verfolgende Delikte, welche ein Gesetz, das die Kündigung eines sie begehenden Mieters verbietet, als unmoralisch erscheinen läßt. Wir denken hier z. B. an einen zwischen dem Mieter und der Gattin des Hausbesitzers begangenen Ehebruch. Es widerspricht jedem Sittlichkeitsgefühl, wenn ein Gesetz den beleidigten Ehegatten zwingt, den Ehebrecher im Hause zu behalten, um ihm die Fortsetzung des ehebrecherischen Verhältnisses zu erleichtern, Wir haben infolgedessen folgende Fassung dieses Absatzes beantragt: "Wenn der Mieter oder einer seiner Haushaltungsangehörigen wegen einer an dem Vermieter oder seinen Familienangehörigen verübten strafbaren Handlung oder wegen eines solchen Deliktes verurteilt wurde, nach welchem dem Hausbesitzer oder anderen Bewohnern des Hauses ein Zus ammenleben mit dem schuldigen Mieter aus Sicherheits- oder Sittlichkeitsgründen nicht zugemutet werden kann." Wir sehen darin keine besondere Belastung für den Mieter, denn schließlich ist die Frage, ob ein solcher Kündigungsgrund vorhanden ist oder nicht, zuletzt doch Sache des entscheidenden Richters.