Sie haben im vergangenen Jahre unehrlich an der Landwirtschaft gehandelt. In vielen Bezirken des Reiches bemühte man sich, auf Grund desbestehenden Gesetzes und der Novelle landwirtschaftliche Krankenkassen zu gründen. Die gesetzlichen Vorbedingungen waren fast in allen Fällen gegeben. Ein Kesseltreiben ganz sonderbarer Art hat eingesetzt. Die Rekurse blieben unerledigt und heute warten wir darauf, ob endlich nicht doch an oberster Stelle das schwergebeugte Recht einen Schützer finden wird. Auch alle anderen Gesuche schlummern in den Kanzleien und harren der Auferstehung aus dem Aktenstaub. Es ist eine heillose Wirts chaft, die fast allgemein ausgebrochen ist, und die Regierungen schauen mit verschränkten Armen dazu. Kein Beamter will sich daran die Finger verbrennen, die Sache ist zu einem Kräutlein "Rührmichnichtan" geworden. Unsere Leute schritten deshalb zur Selbsthilfe und gründeten landwirtschaftliche Kassen. Sie sagten sich, wenn die Regierenden, die Gesetzgeber versagen, wenn sie Recht zu Unrecht wandeln, so werden wir sie nötigen, Farbe zu bekennen. Sie hatten in dieser Annahme nicht ganz Unrecht behalten. Die Regierenden haben Farbe bekannt, dies allerdings in ganz anderer Art, als man von ihnen erwartet hatte. Sie haben die gekränkte und verletzte Unschuld gespielt und in einem allerdings später widerrufenen Erlasse den Ärzten und Apothekern verboten, den erkrankten Mitgliedern dieser Krankenkassen Hilfe angedeihen zu lassen. Hilfe in der Not soll selbst der Feind dem Feinde nicht versagen. Sie allerdings denken in dieser Frage ganz anders. Dieses Verhalten gehört gewiß auch an den Pranger. Im Gefolge dieser Aktion regnete es auch eine Unmenge von Geldstrafen. Die Gequälten waren uns ere Landwirte, die Geplagten unsere politischen Unterbehörden, die diese Strafen durchführen mußten und denen überhaupt das Schicksal beschieden ist, von unten nach oben dann Stöße zu erhalten. Die Regierenden sind es selb st. die ihnen diese bitteren Doppellektionen einbrocken. Das Vertrauen zum Gesetze muß sinken, wenn Sie es selbst mißachten. Entweder machen Sie Freibahn für die Durchführung der landwirtschaftlichen Krankenkassen oder handeln Sie ehrlich und lehnen Sie einfach das Gesetz und seine Verlängerung ab.
Es ist einer Regierung unwürdig, von der Volksvertretung beschlossene Gesetze nicht durchzuführen. Wo dies geschieht, hat man es mit einer Frivolität zu tun, und das ist hier der Fall. Die Herrschaft einiger weniger ist in dieser Sache ausschlagg bend. Das Parlament führt überhaupt ein trauriges Scheinleben, es ist zu einer Abstimmungsmaschine geworden und bringt nicht einmal die Kraft und den politischen Anstand auf, sachliche und ernste Anträge der Opposition anzuhören, zu prüfen und eventuell zu akzeptieren. In keinem Parlament der Erde würde beispielsweise ein mit 117 Minoritätsstimmen gezeichnetes ernstes Friedensangebot der Opposition sang- und klanglos begraben worden sein, wie es hier begraben wurde.
In der Krankenkassefrage, das haben uns die Vorgänge der letzten Tage eigt, hat es in der Koalition wieder einmal nicht geklappt und hinter den Kulissen ein ziemlich starkes Kreuzfeuer gegeben. Bisher war in allen diesen Kämpfen der unterliegende, der besiegte Teil die Landwirtschaft. Es wäre auch für den èechischen Bauer viel nützlicher und viel wertvoller, wenn der Herr Ministerpräsident kein so großer Künstler in politischen Kompromissen wäre, sondern ein überzeugter Agrarier von echtem Schrot und Korn. Der Politiker in ihm erschlägt den Bauer und die Ministerpräsidentschaft erschlägt seine agrarische Reputation.
Aus allem, was wir sehen, geht hervor, daß wir auch in Hinkunft in den Krankenkassenfragen die Geschlagenen sein werden. Die Stille in Ihrem Lager ist immer verdächtig. Wenn diese stille Stimmung sich breit macht, dann wissen wir, daß Sie etwas zu verschweigen haben, was der èechische Bauer nicht wissen soll, nämlich einen agrarischen Mißerfolg durch irgendein faules politisches Kompromiß. Die Krankenkassenfrage ist jene, in der Sie bisher die größte Schwäche gezeigt haben. Es ist ein Linsengericht, wenn Sie sich mit einigen paar landwirtschaftlichen Krankenkassen abspeisen lassen wollen. Nicht nur, daß die Regierung die Neugründung landwirtschaftlicher Kassen verwehrt, sie geht noch einen Schritt weiter und bewilligt nicht einmal, daß sich die landwirtschaftlichen Interessenten eines Bezirkes einer bereits bestehenden landwirtschaftlichen Krankenkasse anschließen. Was diesbezüglich im Bezirk Weseritz geschah, wo man Strafen nach allen Seiten ausschüttete, ist unverzeihlich. Ja, glauben Sie denn, daß dies auf die Dauer so fortgehen kann? Allerdings, wir wissen den tieferen Grund aller dieser Ungesetzlichkeiten. An dieses Gesetz ist wie an die Gemeindewahlen der Bestand Ihrer Koalition gebunden. Das ist der heikle, wunde Punkt dieser Sache, und wegen dieses Umstandes wird Unrecht auf Unrecht gehäuft und das Gesetz durch die amtierenden Sektionschefs erwürgt. So mancher dieser Männer muß gegen seine bessere Überzeugung handeln. Die zahlreichen Deputationen, die diesbezüglich vorsprechen, werden unter den nichtssagendsten Vorwänden abgespeist oder von einer Tür zur anderen expediert und kehren ebenso gescheit heim, als sie hingekommen sind. (Posl. dr. Luschka: Das ist noch gut, daß sie nicht dümmer geworden sind.) Das ist ihr eigenes Verdienst, Herr Kollege, daß sie nicht dümmer heimkehrten. Uns ist dieses Treiben schon bis ins Innerste zuwider und wir sind nur begierig, wann Ihren eigenen ländlichen Kreisen die Sache endlich einmal zu bunt werden wird.
Unsere wenigen ersten, als Musterkrankenkassen gegründeten Institute haben sich bewährt und halten jeden Vergleich aus, so daß Sie keinen Grund haben, diesbezüglich der Sache Mißtrauen entgegenzubringen. Als Musterbeispiel führe ich die neue Krankenkasse Mies an. Eben erhielt ich einen diesbezüglichen Bericht eingesendet. Mies sammelte in den ersten 14 Monaten seines Bestandes 142.000 Kronen Reserven an. Dieser Kasse gelang es im zweiten Jahre ihres Bestandes trotz der Grippewelle, die vom Vorwinter bis zum Frühsommer sich hinzog, durch ihre solide Amtierung standzuhalten. Die Wochenbeiträge wurden in den einzelnen Lohnklassen herabgesetzt und damit einem allgemeinen Wunsche der Landwirtschaftskreise entsprochen. Überdies läßt die Kasse bei Rückständen, bei An- und Abmeldungen die größte Li beralität wälten. In gleichem Sinne arbeiten unsere übrigen landwirtschaftlichen lassen und ist der Beweis solider und umsichtiger Gebarung hiemit erbracht, und dies umsomehr, als die Ärzte pünktlich und regelmäßig bezahlt werden. Unsere landwirtschaftlichen Kassen haben es nicht nötig, die Regierung um Sanierungsbeiträge und unverzinsliche Darlehen anzugehen. Sie erhalten sich selbst aus eigener Kraft. Der Staat hat also auch ein fiskalisches Interesse daran, sie zu fördern. Wir mahnen die Regierung dringlich an die Erledigung der alten Gesuche und an die beschleunigte amtliche Behandlung der anderen vorliegenden Gesuche. Wir wünschen, daß die Frage der landwirtschaftlichen Kassen noch vor Inkrafttreten des Sozialversicherungsgesetzes endgültig bereinigt wird, denn auf ihnen wollen wir unser Sozialversicherungsinstitut aufbauen. Unsere landwirtschaftlichen Krankenkassen sollen in den landwirtschaftlichen Bezirksversicherungen aufgehen aber wir lehnen es ab, eine Einheitskrankenkasse zu gründen und stehen diesbezüglich zum Teil, die nationale Gliederung der Anstalten aufrecht erhaltend, dem Antrag Stanìk-Šrobár, der unter Zahl 3558 aufgelegt wurde, sympathisch gegenüber.
Wir wiederholen unsere Kardinalforderung, die darin besteht, daß wir die Einheitskassen grundsätzlich ablehnen. Auch die gewerblichen Genossenschaftskassen können von einer gleichen Nichtberücksichtigung erzählen. Sie haben Gelegenheit, durch Annahme des Resolutionsantrages Schälzky-Schubert-Patzel Ihren guten Willen in dieser Sache heute zu bekunden. Lehnen Sie ihn ab, dann zweifeln wir an Ihrem ehrlichen Willen, der Landwirtschaft zu helfen. Wir werden auf der Hut sein und ein wachsames Auge auf Ihre Machenschaften richten, die einzig und allein den Zweck haben, die politische Herrschaft der Koalitionsparteien aufrecht zu erhalten ohne Rücksicht darauf, ob die wirtschaftlichen Werte der erwerbenden Stände darunter Schaden leiden oder nicht: Sie fliehen jede ehrliche, sachliche Kritik und erklären jeden, der nicht kritiklos Ihre Verfügungen und Beschlüsse hinnimmt, als einen Feind des Staates. Wir werden uns jedoch Ihrem undemokratischen Druck nicht fügen und der wichtigen Frage der Errichtung landwirtschaftlicher Krankenkassen auch in Zukunft ein ernstes Augenmerk zuwenden und dieselbe nicht zum Einschlummern kommen lassen.
Tun auch Sie endlich Ihre Pflicht, schaffen Sie Freibahn für die Bildung landwirtschaftlicher Krankenkassen und Freibahn für die Krankenkassenwahlen. Wenn wir heute für diese Vorlage, welche die Verlängerung der Novelle zum Krankenkassenversicherungsgesetz betrifft, stimmen werden, so geschieht dier nicht aus Vertrauen zur Regierung, sondern aus Rücksicht auf die Interessen der bedrängten heimischen Landwirtschaft. In diesem Sinne ist unser Votum aufzufassen. (Potlesk na levici.)
15. Øeè posl. Beutela (viz str. 1994 tìsnopisecké zprávy):
Meine Damen und Herren! Wenn man hier das Wort ergreift, so kann man es nicht tun, ohne Anklagen zu erheben und Beschwerde zu führen. Auch die Behandlung der Krankenversicherung gibt zu solchem Anlaß. Vor allem aber ist es notwendig, daß wir einiges darauf erwidern, was der Herr Vorredner hier ausgeführt hat. Vor allem muß konstatiert werden, daß bei Gründung von landwirtschaftlichen Krankenkassen in fast willkürlicher Weise vorgegangen wird und daß die gesetzlichen Vorschriften in jeder HHinsicht mißachtet werden, und das aus dem Grunde, weil sich die Herren Agrarier in dieser Richtung natürlich etwas ganz anderes erlauben können, als alle anderen Kreise in diesem Staate. (Hluk, výkøiky na levici.) Sie haben mit Hintansetzung aller gesetzlichen Vorschriften die meisten landwirtschaftlichen Krankenkassen widerrechtlich gegründet. Sie haben vor allen anderen Dingen, das können wir aus dem Aussiger Bezirk konstatieren, bei der Gründung der Krankenkassen, bei der Erbringung des Nachweises über die erforderliche Anzahl von Unterschriften diese fingiert. (Hluk.) Im Aussiger Bezirk ist die landwirtschaftliche Krankenkassa nur deshalb nicht zustande gekommen, weil wir den Nachweis erbrachten, daß die meisten Unterschriften gefälscht waren, und so ist bis zumm heutigen Tage die Gründung dieser landwirtschaftlichen Krankenkasse unterblieben, weil wir das nachgewiesen haben. (Hluk. - Rùzné výkøiky na levici. - Místopøedseda dr. Hruban zvoní.) Da können Sie schreien, wie Sie wollen, das ist behördlich nachgewiesen. Die Behörden, die heute den Krankenkassen gegenüberstehen, sind wahrlich nicht jene, die den Krankenkassen, namentlich den Bezirkskrankenkassen freundlich gesinnt sind. (Hluk.) Es ist vor allen Dingen zu konstatieren, daß an der Hand der Ausführ ungendes Herrn Vorredners (Hluk. - Místopøedseda dr. Hruban zvoní.) nachgewiesen erscheint, daß Sie sich von ganz anderen Motiven leiten lassen.... (Hluk.)
Místopøedseda dr. Hruban (zvoní): Prosím, pánové, o klid!
Posl. Beutel (pokraèuje): ... als von den Motiven, für die Arbeiter das Recht der Krankenversicherung, das Selbstbestimimmungsrecht der Arbeiter zu kreieren. Die Leistungen, die bei diesen Kassengebilden festgesetzt werden, sind ja darnach und wir haben ja gehört, daß es die niedrigen Leistungen gewesen sind, die eine so rasche Ansammlung der Reservefonds ermöglicht haben. Wenn das in der heutigen Zeit, in der Zeit der Krise möglich ist, so sagen wir als erfahrene Kassenpraktiker, daß das nur auf Kosten der Arbeiter geht, weil sie den Arbeitern mindere Leistungen bieten und weil sie das einzige Bestreben haben, (Hluk.) die Arbeiter durch die Krankenkassen in ihre Hand zu bekommen. Wenn sich die Kassen bewähren, wie Sie sagen, so ist das lediglich dem zuzuschreiben, daß sie bei äußerst niedrigen Beiträgen und bei den niedrigen Lohnklassen geringere Leistungen haben und außerdem alles andere vorkehren, daß die Kassen nicht übermäßig in Anspruch genommen werden. Von einer sozialen Fürsorge für die Arbeiter in dem Sinne, wie Sie es bei allen anderen Krankenkassen finden, ist bei den landwirtschaftlichen Krankenkassen keine Spur. Sie erblicken in den landwirtschaftlichen Krankenkassen lediglich ein Werkzeug, um die Arbeiter unter Ihre Fuchtel zu bekommen und ihres Selbstbestimmungsrechtes auf das Krankenkassenwesen zu berauben. Sie haben vor allen anderen Dingen die Organisation der landwirtschaftlichen Arbeiter nicht gefragt. Im Aussiger Bezirk ist die Gründung der landwirtschaftlichen Krankenkasse unmöglich gemacht worden durch einen Protest der gewerkschaftlich organisierten landwirtschaftlichen Arbeiter; das muß konstatiert werden. Sie haben, ohne diese Arbeiter zu befragen und ohne die gesetzlich erforderlichen Unterschriften aufzubringen, die Kasse dennoch gründen wollen und nur durch den Protest der landwirtschaftlichen organisierten Arbeiter ist dieses Werk hintertrieben worden. So sieht Ihre Arbeiterfreundlichkeit bei der Gründung landwirtschaftlicher Krankenkassen aus. Man möchte in diesem Falle sagen, diese Handlungsweise richtet sich von selbst.
Es wäre sehr verlockend, bei Beratung und Erledigung des vorliegenden Gesetzes, betreffend die Verlängerung der Wirksamkeit der Krankenversicherung, die Entwicklung der Gesetzgebung und namentlich die seitens der Arbeiterschaft hiefür gebrachten Opfer zu besprechen. Davon haben die Herren keine Ahnung, was die organisierte Arbeiterschaft gerade für die Krankenversicherung und für den heutigen Zustand der Krankenversicherung für Opfer gebracht hat. Und jetzt, wo die Arbeiterschaft die Krankenkassen aufgebaut hat, kommen Sie her und schmeicheln sich bei dieser Regierung ein und glauben, daß Sie mit dieser Sache die Arbeiter für Ihre Zwecke werden einfangen können. Da werden Sie die Rechnung ohne den Wirt gemacht haben. Das Klassenbewußtsein der Arbeiter wird Ihnen in dieser Beziehung in Zukunft die Antwort geben. Die Zeit, die uns zur Verfügung steht, reicht nicht aus, die Entwicklungsgeschichte der Krankenversicherung hier zu besprechen. Es wäre das ein äußerst dankbares Kapitel und wir könnten da manches erzählen, woraus Sie in dieser Beziehung sehr viel lernen könnten, wenn Sie das ehrliche Bestreben hätten, der Arbeiterklasse auf dem Lande zu helfen, was aber nicht vorhanden ist, wie ich schon gesagt habe; es sind andere Beweggründe. Es muß konstatiert werden, daß in der letzten Zeit die Entwicklung der sozialen Fürsorge vornehme lich gelitten hat durch die Kriegsfolgen und dadurch sehr stark beeinflußt worden ist. Namentlich die Befristung des alten Gesetzes, welches nun abläuft, sowohl, wie die des neuen sind zum Teil mit darauf zurückzuführen, aber schließlich nur zum Teil. Die Behandlung der Regierungsvorlage im sozialpolitischen Ausschuß beweist uns, daß da wieder irgend ein Kuhhandel im Zuge ist und daß die landwirtschaftlichen Krankenkassen auch weiter nichts sind, als ein Objekt des Kuhhandels. Während bereits in diesem Ausschuß die Verlängerung bis 31. Dezember 1923 beschlossen war, wurde sie in einer anderen Sitzung wieder rückgängig gemacht. Wir sehen, das war so ähnlich, wie bei einer Beratung der Staatsbeamtenvorlage und anderer Dinge. Die èechischen sozialistischen artei en sind es wiederum gewesen, die im Ausschuß umgefallen sind, und sie werden nun natürlich für die kurze förmlich lächerliche Befristung von 6 Monaten stimmen. Daß eine solche Befristung Gründe hat, und mit Berechnung ins Werk gesetzt wird, das werden Sie uns nicht ausreden, weil da wieder Gelegenheit ist, im Trüben zu fischen. Wir wissen schon, wie derlei Dinge zwischen den besitzenden Klassen untereinander gemacht werden, wir wissen ganz genau, daß zwischen der Regierung und den Parteien, auf die man in Zukunft hofft, derartige Dinge ausgetragen werden. Daß der bestellte Referent zu diesem Punkte Laube sein Referat niedergelegt hat und ein anderer Abgeordneter, ich glaube ein christlichsozialer, für ihn im letzten Augenblick eingesprungen ist, ist gewiß bezeichnend für die Vorlage.
Die Befristung, wie sie die Regierungsvorlage bringt, ist also unverständlich und nicht zu erklären. Leiden werden darunter vor allem die Versicherten und auch die Kassen außerordentlich. Die Befristung bedeutet für alle am Versicherungswesen Beteiligten einen Zustand der zunehmenden Unsicherheit, einer Unsicherheit, die in dieser kurzen Zeit gar nicht zu schildern ist, denn da müßte ein ausführliches Referat darüber gehalten werden. Dieser Zustand wird immer unerträglicher und selbst wenn das Gesetz länger als bis zum 31. Dezember befristet wird, wie wir es beantragen, trotzdem wir Gegner einer jeden Befristung sind, so ist dies noch immer keine Hilfe, um diese Unsicherheit zu beseitigen, sondern diese Unsicherheit wird prolongiert. Die Lage wird vor allem dadurch verschlechtert, daß durch frühere Verordnungen die Wahlen bei den Krankenkassen soviel wie ausgeschaltet worden sind. Wir haben sie oft genug reklamiert, ihre Durchführung war aber bis zum heutigen Tage nicht möglich. Auch da hat die Regierung wiederum bekanntlich gute Gründe, aber sie gibt sie nicht bekannt, welche sie dazu bestimmten, um das zu erreichen, was sie auf geradem Wege nicht erreichen kann. Und ebenso wie es die Regierung und die Mehrheitsparteien in dieser Richtung treiben, beginnen auch die Agrarier zu arbeiten und möchten am liebsten den alten Zustand der Krankenkassenzersplitterung, wie er bei den Betriebskrankenhassen bestand, wieder herbeiführen. Das wird aber an der Geschlos senheit der Arbeiterklasse scheitern. Da können Sie überzeugt sein. Es liegt angeblich ein Resolutionsantrag vor, in dem das Stattfinden der Wahlen im Jahre 1923 versprochen wird. Da kann man wohl auch sagen: "Die Botschaft hör ich wohl, aber es fehlt der Glaube." Sache der Mehrheitsparteien wird es sein, dafür zu sorgen, daß wir Unrecht haben, daß in dieser Richtung endlich Wandel gescheffen wird. Die höchste Zeit wäre es. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Buøíval.)
Unser Klub hat sich mit Rücksicht auf den durch die Befristung geschaffenen Zustand der Unsicherheit der Versicherungskassen und der Unhaltbarkeit des bisherigen Gesetzes bewogen gefühlt, mehrere Anträge auf Abänderung des Gesetzes an und für sich zu stellen. Die gegenwärtigen Zustände sind auf die Dauer für niemanden haltbar, weil die Beitragsvorschreibungen und die Leistungen und Lohnklassen nicht mehr in Kontakt stehen. Dies bedeutet für die Versicherten und Kassen eine Gefahr für die Zukunft, zumal der Aufwand der Invaliden- und Altersversorgung sowie die Erkrankungsgefahr der Versicherten, namentlich der Arbeitslosen infolge der Wirtschaftskrise immer mehr steigt. Es ist kein Wunder, wenn die Leute bei zunehmendem Hunger immer mehr erkranken. Bei den landwirtschaftlichen Kassen, wo die Arbeiter natürlich alle in Kost und Wohnung sind, wird Hunger und werden Krankheiten nicht in dem Maße entstehen, wie es bei den Industriekreisen Platz greift. In der Wirtschaftskrise glauben wir Ihnen schon, daß sie besser prosperieren können, weil diese Einrichtungen nicht so ausgestaltet werden, wie es seitens vieler Bezirkskrankenkassen geschehen ist. Dafür sind die Krankenkassen sicher wenigsten hiebei vor allem bei der Stellung dieser Anträge von der Ansicht ausgegangen, daß eine Reform der Krankenversicherung nach der Richtung vorzunehmen ist, daß die Krankenkassen wirklich in der Lage sind, als Unterbau der Sozialversicherung dienen zu können. Unser Streben ist deshalb dahin gerichtet, alle erwerbstätigen Menschen in die Krankenversicherung einzubeziehen. Deshalb beantragen wir die Streichung des gegenwärtigen § 3, der die definitiv angestellten Beamten und Bediensteten des Staates von der Krankenversicherungspflicht befreit, und beantragen die Aufnahme einer neuen Bestimmung, nach welcher diese Personen der Krankenversicherungspflicht unterliegen würden, wobei auf die spezifizierten Verhältnisse entsprechend Rücksicht genommen wird. Durch die Aufnahme dieser Bestimmung soll auch dem seit langem gehegten Wunsch dieser Angestelltenkategorie Rechnung getragen werden, es soll aber jenen entgegengewirkt werden, die diesem Wunsche dadurch entgegenzukommen trachten, daß sie wieder eine eigene Institution schaffen wollen. Ich komme noch darauf zurück. Das Bestreben der Agrarier steht nicht vereinzelt da. Die Kassenzersplitterung macht Fortschritte und wird auch von anderer Seite betrieben, auch das Industrierittertum beginnt sich zu rühren, und Angestellte und andere werden vorgeschoben, um die Zersplitterung der Kassen betreiben zu helfen. Wir haben schon greifbare Beispiele, daß neben den Agrariern auch die industriellen Ausbeuter das gleiche zu tun bestrebt sind.
An grundlegenden Änderungen beantragen wir die Streichung des letzten Absatzes des § 11, der in bestimmten Fällen die Errichtung von Betriebskrankenkassen zuläßt. Wir beantragen, daß die Errichtung neuer Kassen untersagt wird und daß im § 12 jene Bestimmung gestrichen werde, welche die Errichtung der landwirtschaftlichen Krankenkassen unter gewissen Voraussetzungen zuläßt. Wir stehen unverrückt auf dem Standpunkte, daß auf Grund der Erfahrungen, die man in Deutschland in Jahrzehnten zu sammmmeln Gelegenheit hatte, eine wirklich gedeihliche Arbeit innerhalb der Sozialversicherung nur dann gewährleistet wird, wenn alle Faktoren, die auf diesem Gebiete tätig sein wollen, zusammengefaßt werden, wenn Einheitsinstitutionen zur Grundlage des ganzen Baues gemacht werden. Und wenn der Herr Vorredner hier die Einheitskassen abgelehnt hat, so tat er es aus gewissen Gründen, weil es Ihnen gegen die Interessen geht, welches die großen Massen des arbeitenden Volkes verfolgen. Die Einheitskasse ist die Hauptbedingung für die Ausgestaltung der Alters- und Invaliditätsversicherung auf der Grundlage der gegenwärtigen Krankenversicherung, und weil Sie Feinde dieser Einrichtung sind, weil Sie die Beiträge zu diesen Einrichtungen scheuen, aus dem Grunde sind Sie gegen die Einheitskassen. (Výkøiky, hluk.) Die Frage der Einheitskassen war zu jener Zeit, als die Wahlen auf Grund des Majoritätsprinzips durchgeführt wurden, eine Machtfrage, sie ist es heute, wo bei allen Krankenkassen die Wahlen auf Grund des Verhältniswahlre chtes durchzuführen sein werden, nicht mehr.
Alle anderen Änderungen, die wir in Vorschlag bringen, sind zwingender Art und durch die allseitig gemachten Erfahrungen unbedingt notwendig. Aber die Herren machen die Rechnung ohne die Arbeiter. Genau so wie im Aussiger Bezirk, werden sich die Arbeiter auch anderwärts aufraffen und werden Ihnen schon den Appetit zur Gründung landwirtschaftlicher Kassen versalzen. So verlangen wir unter anderem, daß die Zeit, für welche Wöchnerinnen eine Unterstützung vor der Niederkunft gewährt worden ist, in die Karenzfrist nicht eingerechnet werde. Nach den Bestimmungen des § 6, Abs. 1, sollen Änderungen in der Lohnklasse, welche später als 4 Wochen vor Beginn der Krankheit oder während der Krankheit eingetreten sind, für die Bestimmung der Höhe des Krankengeldes für diese Krankheit nicht mehr in Betracht kommen.
Wir beantragen sowohl im § 6 als auch im § 7 die Streichung der ersten Lohnklasse, die namentlich bei landwirtschaftlichen Krankenkassen eine sehr große Rolle spielt, die auch bei Rückkehr ganz normaler Verhältnisse ohne weiters eliminiert werden muß. Der Umstand, daß kranke Personen auf ein Krankengeld von 1·40 Kronen gesetzt werden, muß unbedingt beseitigt werden. Der letzte Absatz des § 7 hat wiederholt zu Meinungsverschiedenheiten Anlaß egeben. Wir beantragen die Streichung dieses Absatzes und dafür die Aufnahme einer Bestimmung in den § 25, nach welcher ausdrücklich festgesetzt wird, daß der Beitrag na ch dem täglichen Arbeitsverdienste für jeden Kalendertag zu bemessen und daß bei Wochenverdiensten der sechste, bei Monatsverdiensten der dreißigste Teil als Grundlage der Berechnung zu nehmen ist.
In § 8 streben wir die Aufnahme einer Bestimmung an, nach welcher ausdrücklich festgelegt wird, daß die Krankenkassen zum Ersatz der Verpflegsgebühr für Personen, die aus sanitätspolizeilichen Gründen in einem Krankenhause untergebracht werden, nicht verpflichtet sind. Ebenso wollen wir der Absicht des Gesetzgebers bei der im Jahre 1917 durchgeführten Änderung des § 8 klaren Ausdruck verleihen, indem wir sagen, daß die Verpflegsgebühren für Personen, die zum Zwecke der Entbindung um Aufnahme in irgend eine Krankenanstalt ansuchen, seitens der Krankenkassen nicht zu entrichten sind.
Im § 9 beantragen wir, daß Unterstützungsfonds bei allen Krankenkassen ohne Rücksicht darauf, ob Mittel vorhanden sind oder nicht, geschaffen werden sollen. Im § 32 wollen wir die Verpflichtung des Arbeitgebers zum Ersatz der aufgelaufenen Kosten im Erkrankungsfall einer verspätet oder gar nicht angemeldeten Person auch ausgedehnt wissen auf jene Fälle, in denen Arbeiter nicht ordnungsgemäß angemeldet wurden. Da muß ich wieder konstatieren, daß diese Fälle am häufigsten in den Kreisen der Landwirtschaft sich ereignen. Aus der Praxis heraus sind diese Gesetzesänderungen von uns beantragt worden. Wir kennen ja alle diese Bestrebungen, die darauf hinauslaufen, die Arbeiter in der Hand zu haben. Das war das einzige Bestreben, welches Sie beseelte, diese Kassen zu gründen.
Im § 58 wollen wir eine klarere Fassung, aus welcher hervorgeht, daß Mitglieder von Genossenschaftskassen nur Personen sein können, welche bei Pflichtmitgliedern der Genossenschaft beschäftigt sind. Es soll damit dem ungesetzlichen Vorgang vorgebeugt werden, daß die einzelnen Unternehmer den bestehenden Genossenschaftskassen als freiwillige Mitglieder beitreten und daraus das Recht ableiten, auch bei ihnen beschäftigte Personen bei den Genossenschaftskrankenkassen anmelden zu können. Wir haben diese Erfahrungen namentlich am Lande gemacht, auf den Dörfern, wo die Hausindustrie, wie z. B. die Knopffabrikation, zu Hause ist. Dort haben wir gefunden, daß die bäuerlichen Besitzer dieser Anstalten den Genossenschaften beigetreten sind und so die Arbeiter abgeschachtelt haben, um auch in diesem Falle die Betriebskrankenkassen in der Hand zu haben. Wir verlangen die Aufhebung des Zwangsgesetzes vom 22. Dezember 1921, mit welchem die freie Ärztewahl festgelegt wird. Die freie Ärztewahl hat sich in Deutschland nicht eingelebt. Sie ist kein erstrebenswerter Zustand.
Schließlich verlangen wir die Aufhebung der Bestimmung des Gesetzes vom 15. Feber 1919 nach der Richtung, daß die Tätigkeit der registrierten Hilfskassen sich nur auf den Bereich eines politischen Bezirkes beschränken soll.
Es ist vor allem anderen notwendig, da bei der praktischen Handhabung der Bestimmungen hinsichtlich der Familienversicherung sich einige Unebenheiten ergeben aben, daß diese beseitigt werden. So wollen wir, daß auf die Leistungen für die in der Familie Erwerbsunfähigen auch die ehelichen und unehelichen Kinder Anspruch haben können, die wohl das sechzehnte Lebensjahr überschritten haben, aber dauernd erwerbsunfähig sind. Bei vielen Kassen wird das schon praktiziert, nur fehlt die notwendige gesetzliche Festlegung.
Wir haben aber auch den Willen, nicht nur derer zu gedenken, die gegenwärtig sich im Versicherungsstande befinden und Arbeit haben, wir müssen auch der Arbeitslosen gedenken, der Opfer der Wirtschaftskrise, und da sieht es bei den Bestrebunge auf der anderen Seite sehr schlecht aus. Die Reform des Gesetzes muß derart erfolgen, daß vor allen anderen Dingen für den Fall der Arbeitslosigkeit die Versicherten geschützt werden. Einen derartigen Zustand herbeizuführen ist dringend notwendig. Auch hiezu haben wir eine Vorlage eingebracht. Die Arbeitslosigkeit hat ungeheueren Umfang angenommen. Das Los der Arbeitslosen, um das sich nat ürlich die Herren Unternehmer einen blauen Teufel kümmern, ist ja an und für sich ein bedauernswertes. Angewiesen auf die karge Arb eitslosenunterstützung, die durch das bestehende Gesetz gewährleistet, manchmal auch nicht gewährleistet wird, gestaltet sich seine Lage geradezu katastrophal, wenn er selbst oder eines seiner Familienmitglieder von einer Krankheit heimgesucht wird. Alle Arbeitslosen waren, solange sie ihrer Berufsarbeit nachgehen konnten, in der Kranken- und Unfallversicherung. Die meisten von ihnen sind sogar seit dem Bestande der Krankenkassen deren Mitglieder. Alle haben schwere materielle Opfer gebracht, um im Erkrankungsfalle eine Unterstützung zu haben, und nun sollen sie gerade in der Zeit, in welcher sie die Hilfe am dringendsten brauchen, derselben verlustig werden. Es ist unbedingt notwendig, daß in dieser Richtung etwas geschieht. Die Ansprü che der Arbeitslosen und ihrer Familienangehörigen einerseits, der Wöchnerinnen und stillenden Frauen andererseits müssen in dieser Richtung geschützt werden. Den Arbeitslosen ist mit der von uns vorgeschlagenen Reform die Möglichkeit zu geben, sich mit Staatshilfe die Mitgliedschaft bei den Krankenkassen zu erhalten, denn der Staat nimmt wahrlich genug von den Arbeitern, so daß auch sie ein Recht haben, etwas vom Staat zu fordern.
Wenn natürlich den Mehrheitsparteien für die Dringlichkeit unserer Anträge das Verständnis fehlt und sie unsere Anträge ablehnen, so fällt die Verantwortung dafür einzig und allein auf sie und die Regierung zurück. Dann wird aber das Chaos, das ohnehin bereits durch die Zersplitterung und durch die Privilegierung der registrierten Hilfskassen, wie z. B. der Prager Privatbeamtenkassa, schon vorhanden ist, nur noch wachsen. Es wird dann dazu kommen, daß schließlich der letzte Rest des Selbstverwaltungsrechtes der Krankenkassen beseitigt wird. Daß die Unternehmer darauf hinarbeiten, wissen wir sehr gut.