Pátek 24. listopadu 1922

Und damit sind wir bei dem zweiten Kapitel des vorliegenden Budgets angelangt, das wir kurz in Schnelligkeit behandeln wollen.

Wenn der erste Teil des Budgets, das vom Unterrichtsminister vorgelegt wurde, viele harte Kritiker gefunden, hat der zweite Teil den ersten nicht an Zahl, wohl aber an Schärfe der Kritik überragt. Es war vor allem Herr Warmbrunn, der sich mit aller Entschiedenheit für die Streichung des Kultusbudgets eingesetzt hat. Wir wundern uns nicht darüber. Ist er ja seiner Gesinnung nach ein Genosse jener herrschenden Partei in Rußland, die im Namen der modernen Freiheit Tausende von Priestern und Bischöfen zum Tode verurteilt, die alle Kirchenschätze an sich gerissen hat, die im Geiste ihrer Demo kratie im § 121 ihres Strafgesetzes ver fügt: "Der Religionsunterricht der Kinder, und der nichterwachsenen Personen über haupt in den staatlichen und privaten Schulen wird mit Kerker bis zu einem Jahr bestraft". Der § 124 desselben Gesetzes besagt: "Die Vollziehung religiöser Ge bräuche, das Aufhängen religiöser Bilder und Anschriften wird mit Kerker bis zu 3 Monaten oder mit Geldstrafen bis zu 300 Goldrubel geahnd t"; einer Partei sage ich, die ihrem Haß gegen das Christentum Denkmäler in Stein setzt, wie es Hening Kehler, der Bevollmächtigte des dänischen Roten Kreuzes berichtet, der mit der Hilfs aktion für die österreichisch-ungarischen Kriegsgefangenen u. s. w. Zentralrußland bereist hat und zufällig Augenzeuge ge wesen ist, wie ein Denkmal für Judas. Ischariot von den Bolschewiken enthüllt wurde. Er beschreibt diese Feierlichkeit in seinem in Berlin 1921 erschienenen Werke "Der rote Garten": Auf der Fahrt nach Kasan hielt der Militärpanzerzug, in wel chem eine gewesene Chantansängerin na mens Dolly aus Reval als Chef des Sani tätswesens mitfuhr, bei der Station Swia gorod. Kehler stieg aus und ging mit der Dolly in die Stadt, wo zwei Regimenter ungarischer Gefangener um ein verhülltes Denkmal standen. Ein rothaariger Präsi dent des Sovjets hielt eine Rede, worin er erklärte, daß man anfänglich Lucifer und Kain als Revolutionären ein Denkmal er richten wollte, schließlich aber auf Judas Ischariot gekommen sei. Auf einen Wink enthüllte die Dolly das Denkmal und vor den erstaunten Leuten stand ein vollkom men nackter Mann in Überlebensgröße, der mit verzerrtem Gesicht und krampf haften Fingern sich einenStrick vom Halse zu reißen versucht: Judas Ischariot. Das alles machte auf Kehler einen solchen Ein druck, daß es gestand: Ich glaubte von einem tollen Wirbel erfaßt zu sein und meine Knie zitterten. Das ist der alte Haß gegen Christus, der Wahnsinn der Revolution.

Nun, in diesem Staate sind wir Gott sei Dank doch noch nicht so weit, und so konnte im Budgetausschuß der Herr Unterrichtsminister erklären, daß, solange der Staat rechtliche Verpflichtungen gegenüber der Kirche habe, müsse er auch die daraus sich ergebenden Kosten tragen. Und dieser rechtlichen Verpflichtungen sind nicht wenig. Es ist zunächst der Religionsfond, der aus den unter Kaiser Josef II. eingezogenen zur Hälfte verschleuderten Kirchengütern gebildet wurde. Wenn dann der Staat zur Bestreitung des Kultus im weitesten Sinne des Wortes genommen, d. h. für Personen, Ort, Unterricht, aufzukommen hat, so zahlt er es größtenteils nicht aus seiner Tasche, sondern aus dem, was der Kirche gehört. Was er aber aus eigenem zahlt, das hat die Kirche sich wohl verdient, verdient durch die Arbeit ihrer Vertreter, die als Matrikelschreiber dem Staat 80 Millionen, also um 40 Millionen mehr, als das ganze Kultusbudget ausmacht, ersparen, die der Staat für hiezu eigens bestimmte Beamte ausgeben müßte. Sie hat es sich weiter verdient als Ergänzung jener verschwindend kleinen Mieten, die der Staat für beschlagnahmte Kirchenanstalten zahlt. In Brünn beispielsweise zahlt er für zwei Militärzwecken zugeführte Stockwerke 50 Kronen und für ein Garnisonspital soviel jährlich, als man sonst monatlich für eine vierzimmrige Wohnung zahlt. Die Kirche hat es sich weiter verdient durch Zahlung von Steuern und besonders bedeutenden Äquivalenten und verdient als kleinen Ersatz für 236.186 ha aus dem Titel der Bodenreform beschlagnahmte Kirchengüter. Sie hat es sich schließlich verdient durch soviele Rechte, die sich der Staat gegenüber der Kirche zuschreibt und die er in einer Weise ausübt, welche den religiösen Interessen des katholischen Volkes im allgemeinen und des deutschen Volkes im besonderen nicht allzu zuträglich ist.

Daraus geht weiters hervor, daß, wenn der Staat für andere Konfessionen im heurigen Budget 9 Millionen einstellt, trotzdem dieselben nicht die gleiche Basis ihrer Ansprüche haben wie die katholische Kirche, dafür aber für die Bedürfnisse der katholischen Kirche 5 Millionen weniger als im Vorjahr und dies bei einem Stand von 10 Millionen Katholiken im Verhältnis zu 3 Millionen Andersgläubigen, so kann dies nicht im mindesten als Bevorzugung der katholischen Kirche angesehen werden.

Herr Warmbrunn begründet weiters seine Forderung nach Streichung des Kultusbudgets auf einen anderen Umstand. Nach ihm werden ja die 54 oder 55 Mil lionen für Volksverdummung, für die Um nachtung von Gehirnen durch die schwarze Macht, für einen gehaltlosen Zweck aus gegeben, da ja Gott und seine Moral im Verstande der gebildeten Menschheit ge stürzt sei. Nun, wenn man die Geschichte der Wissenschaften studiert, welche unter den ersten Größen auf allen Gebieten des menschlichen Wissens tiefgläubige Männer aufweist, wer die Bibliotheken der Klöster, die Kunstsammlung des Vatikans kennt, wer das Wirken der Kirche für Volks bildung und Universitäten zu einer Zeit, da der Staat sich um die Bildung gar nicht kümmerte, auf Grund von Quellen und nicht von an Phrasen reichen, an Beweisen und Inhalt desto ärmeren Zehnkreuzer broschüren studiert, wer die herrlichen Werke auf allen Gebieten der Kunst, die dem religiösen Geiste entstammen, studiert hat, der wird sich wohl kaum erklären können, daß Wissenschaft Glaube und Religion nicht mit einander übereinstimmen können und daß die Religion die geistige Umnachtung wäre.

Wenn Herr Warmbrunn weiter sagt, daß Gott mit seiner Moral in den Herzen so Vieler gestürzt ist, so kann dies wohl zugegeben werden, aber eines empfehle ich seiner Erwägung; wenn man in deutschen und èechischen Zeitungen von moralischen Sümnpfen redet, in welche die Jugend der Großstadt versunken ist, wenn man in den Zeitungen, wie unlängst im "Venkov", von organisierten Räuber banden der studierenden Gymnasialjugend liest, wenn man von den fabelhaften Kapi talien weniger Männer hört, die aus dem Blut und Schweiß von tausenden Arbeitern ihre Dollars machen, wenn man hört, daß die Völker sittlich bis ans Mark ange fressen sind und der weiße Tod unter den Familien rast, so mag man sich wohl fragen, welche Weltanschauung da mehr fördernd, bzw. hinderlich tätig ist, ob jene Weltanschauung, welche einen ewigen Gesetzgeber und unabänderliche sittliche Gesetze, einen gerechten Ausgleich und eine ewige Sanktion anerkennt oder jene Weltanschauung, die den Menschen rein als diesseitiges Wesen betrachtet, der unbekümmert um ein sittliches Gebot eines Höheren nur nach eigenem Willen, nach dem Grundsatz handelt: Macht euch das Leben diesseits reich und schön, es gibt kein Jenseits, gibt kein Wiedersehen.

Herr Warmbrunn hat gemeint, daß die Masse jetzt eine Umorientierung suche. Freilich, es ist eine Umorientierung, aber jedenfalls nicht nach der Richtung, wie er sie wünscht. Beweis davon ist der Umstand, daß nie eine Frage so brennend war, wie die religiöse Frage es heutzutage ist. Beweis dafür diese Tausende von Gottsuchern, Beweis dafür die Abstimmungen auch unter jenen, welche ihrem Programme nach nicht der religiösen Weltanschauung angehören und welche das Verlangen haben, die Kinder religiös erziehen zu lassen. (Posl. Hillebrand: Beweis dafür die Massenaustritte aus der katholischen Kirche!) Die Massenaustritte sind ungefähr 25%, 75 % sind geblieben. Nun das ist denn doch nicht eine solche Umorientierung. Dabei ist aber noch zu bemerken, daß Tausende der Ausgetretenen sich bereits wieder zurückgemeldet haben und sich täglich melden. Beweis davon sind die großen herrlichen Katholikentage, an welchen Tausende und Tausende dort teilnehmen, wo früher der Name des Christentums verpönt war, und welche abgehalten wurden, trotzdem Èechen und Deutsche, einer anderen Weltanschauung, sich die Hände geboten haben, den Gottesdienst mit roher Gewalt zu stören. Herr Warmbrunn meint, daß das eine furchtbare Veränderung ist, wenn diese Republik das Kultusbudget zahlt, die ihre Geburt mit der Stürzung der Mariensäule eingeweiht hat. "Ja," meint er klagend, "die Republik ist buchstäblich zu Kreuze gekrochen." Meine Herren, ihm sei es gesagt, ja, sie ist zu Kreuze gekrochen und wohl ihr, daß sie es getan hat, man wird gescheiter und es wird vielleicht die Zeit kommen, wo nicht bloß diese Republik, sondern die ganze Menschheit wird buchstäblich zu Kreuze kriechen müssen, wenn sie anderenfalls nicht zu Grunde gehen will. (Posl. Hillebrand: Da werden sie ein alter Jude! - Smích.) Nicht das sage ich, ich habe noch nicht die Jahre Abrahams gesehen, aber vielleicht wird dies, wenn ich die Jahre Abrahams sehen werde, schon der Fall sein. Es wird halt Licht in den Köpfen und ein liberaler Kalviner, ein Amerikaner, nicht ein Katholik, ein schwarzer Priester, George Heron, sagt es in seinem unlängst herausgegebenen Werke "Der Pariser Friede und die Jugend Europas" so schön: "Die heutige Menschheit ist zwischen zwei gleichgefährliche Eventualitäten eingeklemmt, zwischen dem internationalen reaktionären Kapitalismus auf der einen Seite und dem internationalen materialistischen Bolschewismus auf der anderen. Beide sind Ausgeburten der gleichen Tyranei und der gleichen Rachsucht, beide sind die gleichen Feinde des wirklichen Sozialismus und der aufrichtigen Demokratie. Und beide enthalten die gleichen Giftbazillen für die Seele und für die Gesellschaftsordnung. Wenn eine von diesen geistigen Bewegungen triumphieren sollte, wäre das der eistige Tod des Menschengeschlechtes. Ein unabwendbares Schicksal. Unter der Möglichkeit des Sieges einer diesen beiden Gewalten zittern und beben wir heute. Und do ch ist Hoffnung vorhanden, daß uns die Wahl zwischen beiden erspart bleibe, wenn wir den Weg wählen, der mit Beachtung und Verwertung all des Schönen und Schöpferischen, das die Vergangenheit schließlich zu einer Wiedervereinigung der Me schheit in der christlichen Liebe führt." "Ja", sagt er weiter, "wir müssen unserer Seele das Reich des Himmels suchen, oder wir werden in tiefere Höhlen hinabsteigen als die, in der wir uns heute winden. Zwischen diesen beiden Zielen, zwischen Himmel und Hölle heißt es sich heute entscheiden, es heißt sich heute entscheiden zwischen Verfall oder Fortschritt. Und der Fortschritt kann nur auf einem Wege vor sich gehen, auf dem, der der Weltenseele schon Jahrtausende bekannt und vorgezeichnet ist, auf dem Wege von Jerusalem nach Nazareth." (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Buøíval.)

Meine Herren, lassen Sie mich schließen mit einer Anspielung auf die heutigen und auf die Zeitverhältnisse vor einem Jahrtausend, auch wenn ich vielleicht bei manchen Herren auf den oder jenen Bänken in den Verruf kommen sollte, daß ich vielleicht mit einer Predigt geschlossen habe. (Posl. Hillebrand: Das Ganze war eine Predigt!) Hat Ihnen aber nicht geschadet. In kurzer Zeit werden wir den Advent beginnen. Erinnerung an jene Zeit, die vor 1900 war und die Zeit von damals war gleich der Zeit von heute, absoluter Materialismus, Riesenkapitalismus der römischen Besitzer, fürchterlicher Pauperismus der Millionen und Millionen von Sklaven, Bolschewismus, Männer wie Catilina und Spartakus, entsetzlicher Chauvinismus und eine herrliche Kultur nach außen und eine fürchterliche Verzweiflung nach innen. Und wer hat die Menschheit gerettet? Sagen Sie, was Sie wollen, es war derjenige, bei dessen Geburt himmlische Geister gesungen: "Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen auf Erden!" Und heutzutage, meine Herren, wo es ganz genau so ist, haben Sie auch kein anderes Mittel, als das Mittel des guten Willens. Meine Herren, wir streiten Ihnen den gutenWillen nicht ab, den Sie für die Arbeiter, für den Staat und die Menschheit haben. Wir wollen aber auch für uns den guten Willen in Anspruch nehmen, daß wir es zumindest nicht minder gut meinen, als Sie. In gutem Willen läßt sich viel besprechen, und für die Menschheit und für die Völker wäre es jedenfalls nur ein Erfolg, wenn sich alle Menschen im guten Willen finden würden. Ob es dazu kommt, ist eine andere Frage. Aber, das kann ich im Namen unserer Partei aussprechen, daß wir nicht rasten und ruhen werden, um soviel als möglich jenes Programm durchzuführen, das eben die Engel angedeutet haben an der Geburt des Welterlösers: "Gebet Gott die Ehre und dann wird Friede den Menschen auf Erden sein, die einen guten Willen haben." (Souhlas a potlesk na levici.)

4. Øeè posl. dr. Medingera (viz str. 1073 tìsnopisecké zprávy):

Wir haben von dieser Tribüne ebenso oft wie erfolglos gegen die Schmälerung des deutschen Besitzstandes angekämpft. Höher aber als alle materiellen Besitztümer stehen denen, die wirklich wert sein wollen, Deutsche genannt zu werden, die ideelen Güter. Sind jene das Ergebnis der Mühen vieler Generationen und stellen sie sozusagen erstarrte Arbeit dar, so bilden diese die Bedingung lebendigen Schaffens der Zukunft, bilden die Grundlage, auf dem unser Volk das Bauwerk seiner Kultur und Zivilisation fortführen soll. Die Erhaltung und Vermehrung unseres Volksvermögens und Einkommens ist wohl wichtig. Aber wehe uns, wenn wir sie bereits als unser Ziel, statt bloß als Weg zum Ziele betrachten würden! Dieses Ziel kann nur in der Vergeistigung, in der wissenschaftlichen Vertiefung und in der künstlerischen Erhebung bestehen.

Bevor uns dieser Staat zu seinen Bürgern gemacht hat, war für die wissenschaftliche und künstlerische Ausbildung unserer Jugend relativ gut gesorgt, die Prager Universität hatte einen Weltruf, sie stand zu manchen Zeiten und in manchen Fakultäten höher oder gleich hoch wie Wien oder manche hohe Schule Deutschlands und wirkte magnetisch auf hervorragende Männer der Welt. An Verstandesbildung übertraf der Sudetendeutsche die übrigen österreichischen Stämme und seinem reichen Hochschulwesen dankte er eine oft vortreffliche Laufbahn im Auslande. Zur künstlerischen Ausbildung standen ihm sowohl die Anstalten des Landes wie aber auch die Wiens zur Verfügung. Daß dieser Zusammenhang nun zerrissen und der Blutkreislauf mit den Alpenländern unterbrochen wurde, wird sich an der künstlerischen Entwicklung unseres Volkes fast ebenso nachhaltig rächen, wie die Zerschlagung des großen Wirtschaftsgebietes unsere Industrie schädigt. Freilich ziehen viele unserer Studenten, von der Unerträglichkeit der Prager Verhältnisse getrieben und vielleicht auch von der Billigkeit des Lebens angelockt, zum Studium von neuem nach Österreich und Deutschland. Dies ist aber heute ein unerträglicher Zustand. Wissenschaftlich leiden unsere Institute darunter. Für unsere Söhne muß, wenn wir schon ein eigener Staat sein sollen, im eigenen Lande gesorgt sein, sonst kommen manche nicht mehr zurück, gehen dem Volke verloren oder leiden dann in ihrer Inlandskarriere. Wir Deutschen sind hier zahlreicher als die deutschen Schwei zer, die Dänen oder die Norweger und haben Anspruch auf eine ähnliche Ausge staltung unseres höheren Bildungswesens, wie sie diese Völker besitzen. Dieses Ver langen muß jeder Unbefangene als recht und billig anerkennen. Wenn der Staat nicht für unsere Kultur höherer Ordnung sorgt, so kann er keine Staatstreue von uns fordern. Wir haben ein gutes Recht, zu verlangen, daß die Aufwendungen für die èechische und die deutsche Bildung den Steuerleistungen (3 bis 2:1) der beiden Völker entsprechen, denn man kann doch von keinem Volke verlangen, daß es dauernd Tribute zahle. Das wäre eine unwürdige Fremdherrschaft. Darum verlangen wir Kulturautonomie, Souveränität in unserem gesamten Bildungswesen und Bestreitung der Kosten aus eigenen Steuerquellen.

Leider ist man in den Ämtern, die das Budget aufgestellt haben, gewissenlos genug, um die Macht der Mehrheit zu einer dolosen Verteilung der Steuergelder zu mißbrauchen. Man hält sich nicht einmal an die Bevölkerungsproportion der gefälschten Zählung (4 bis 3:1), sondern geht mit Willkür vor. Nachfolgend seien einige Fakultäten- und Institutsbudgets angeführt, um diese Anklage gegen die Mehrheit wegen illoyalen Verhaltens gegenüber den wehrlosen Minderheiten zu beweisen. Das Bild ist entsprechend der zur Verfügung stehenden Zeit äußerst unvollständig.

Nun zum Investitionsbudget der Universitäten in Prag für das Jahr 1923.

Im Investitionsbudget der deutschen Universität stehen folgende Posten: Bau von Studenten-Wohnungen 800.000 K, Aufbau eines zweiten Stockes auf das anatomische Institut 400.000 K, Zubau zur dermatologischen Klinik 200.000 K, für die philosophische Fakultät 100.000 K, Ankauf eines Grundes für einen botanischen Garten 400.000 K, zusammen 1,900.000 K.

Hiezu ist zu bemerken: So dringend not wendig auch die Studentenwohnungen sind, so ist es nicht gerechtfertigt, sie gerade der deutschen Universität auf das Investitionskonto zu setzen. Sie kommen nicht ausschließlich der Universität, sondern auch der Technik zugute und haben mimit den Aufgaben der Universität überhaupt nur indirekt zu tun. Die Kosten für die Wohnungen der èechischen Studenten sind immer aus anderen Posten des Budgets, bezw. aus anderen Mitteln (zum Beispiel Masaryk-Fond) bestritten und nicht dem Budget der Universität aufgerechnet worden.

Ein neuer botanischer Garten ist seitens der Universität nicht verlangt word n, ja die beteiligten Kr eise wissen überhaupt nichts von dem veranschlagten Kauf und müssen sich entschieden gegen eine vielleicht geplante Verlegung an irgendeine schwer erreichbare Stelle aussprechen. Überhaupt ist, solange nicht Aufklärungen über den Posten gegeben werden, eher zu befürchten, daß diese Aufwendung für die "Deutsche" Universität eigentlich der èechischen zu einer Erweiterung ihres Gartens unter Einbeziehung des deutschen verhelfen soll. So bleiben an nutzbringenden für die Universität selbst veranschlagten Investitionen 700.000 Kronen übrig.

Dabei ist zu bemerken, daß der Betrag für das Stockwerk des anatomischen Institutes viel zu gering ist, um überhaupt anfangen zu können; soll schon in Raten gebaut werden, so muß die erste Rate wenigstens so viel betragen, daß der Rohbau unter Dach kommt.

Der Summe von 1,900.000 K oder richtiger 700.000 K für die deutsche stehen nun 23,500.000 K angeplanten Investitionen für die Prager èechische Universität, darin 400.000 K für die gemeinsame Universitätsbibliothek gegenüber. Zur Begründung wird immer eine bauliche Vernachlässigung und Rückständigkeit der èechischen Universität gegenüber der deutschen im alten Österreich behauptet. Diese Behauptung ist falsch.

Zunächst gilt für die medizinische Fakultät, daß die theoretischen Institute allerdings einen gewissen Vorsprung hatten, der aber durch den noch vom alten Öster reich im Kriege ausgeführten Prachtbau des pathalogisch-anatomischen Institutes großenteils eingeholt wurde. Die Kliniken sind auf èechischer Seite wieder durch einen mustergültigen Neubau aus der Kriegszeit im Vorteile und gerade die räumlich allerdürftigsten Kliniken, wie die der Chirurgie und der Ohrenheilkunde, sind auf deutscher Seite zu finden. Viel günstiger ist auf èechischer Seite die na turwissenschaftliche Fakultät daran, welche lauter große neue Institute erhielt, während für die deutsche außer einem bo tanischen Institute und Garten überhaupt nur die vielfach rückständigen, wenn auch seinerzeit neuen Institute aus der Zeit der ungeteilten Universität blieben.

Was schließlich die anderen Fakultäten betrifft, so sind die in gleicher Weise bei beiden Universitäten, ja nebeneinander, in alten unzulänglichen Gebäuden unter gebracht; die theologische Fakultät der deutschen Universität hat heute noch nicht die beim Umsturze beschlagnahmten Räume zurückbekommen. Im Investitionsprogramm sind aber an Prager Bauten eingestellt: Für die èechischen theoretisch-medizinischen Institute 2,800.000 K, für die deutschen theoretisch-medizinischen Institute 400.000 K, für èechische Kliniken 10,500.000 K, für deutsche 200.000 Kronen, für die èechische naturwissenschaftliche Fakultät 3,400.000 Kronen, für die deutsche naturwissenschaftliche Fakultät unverlangte 400.000 K, für andere èechische Fakultäten 6,000.000 K, für andere deutsche Fakultäten 100.000 K.

Auch das Unterrichtsbudget der medizinischen Fakultäten gibt zu ähnlichen Beschwerden Anlaß. Im Ordinarium sind für Prag (deutsch) rund 1,980.000 K an Sachausgaben präliminiert, wobei die für den wissenschaftlichen und Unterrichtsbetrieb bestimmten Dotationen der Anstalten entweder mit dem Friedensbetrage oder bestenfalls mit dem doppelten desselben eingesetzt erscheinen. Damit kann kein Institut, keine Klinik heute auslangen; die Preise sind acht- bis zehnmal so hoch, die Frequenz ist auf etwa das Doppelte gestiegen. Hier muß das Extraordinarium aushelfen. Dieses beträgt aber nur 680.000 K, ist also gänzlich unzureichend. Dagegen beträgt das èechische Extraordinarium für Prag 2,570.000 K, und zwar bei einer nur etwa 2 1/2fachen Frequenz, wobei die Kosten wissenschaftlicher Arbeit nicht von der Frequenz abhängen und auch die anderen medizinischen Fakultäten (Brünn und Preßburg) weisen annähernd die gleichen Millionenbeträge im Extraordinarium auf, trotzdem z. B. Preßburg nur drei statt fünf medizinische Jahrgänge, die klinischen, umfaßt und dem Vernehmen nach bloß 92 Hörer hat, so daß von der Summe der medizinischen Extraordinarien auf die Prager deuts he Universität bloß 8.2% entfallen, was wohl in einem für die nationale Mehrheit beschämenden Widerspruche zu dem Bevölkerungs- und gar zu dem Steuerleistungsschlüssel steht.

Die naturwissenschaftliche Fakultät der deutschen Universität in Prag: Die sachlichen Anforderungen der Fakultät im Ordinarium pro 1923 betragen rund 110.000 Kè. Der ins Budget 1923 aufgenommene Betrag stellt sich dagegen auf 86.230 Kè, gegenüber 61.130 Kè für 1922, bedeutet also eine Erhöhung um rund 25.000 Kè bei einem angeforderten Plus von rund 50.000 Kè. Die naturwissenschaftliche Fakultät der èechischen Universität in Prag erhält pro 1923 unter der gleichen Post 225.100 Kè. Die sachlichen Erfordernisse der Fakultät im Extraordinarium pro 1923 betragen rund 120.000 Kè. Der ins Budget 1923 aufgenommene Betrag stellt sich auf 69.000 Kè (gegenüber 67.000 Kè im Jahre 1922), bedeutet also eine Erhöhung um 2000 Kè bei einem angesprochenen Plus von rund 50.000 Kè, mithin einen Fehlbetrag von rund 48.000 Kè. Die naturwissenschaftliche Fakultät der èechischen Universität in Prag erhält pro 1923 unter der gleichen Post 233.600 Kè gegenüber 330.500 Kè pro 1922.

Zur Entschuldigung dieses schreienden Mißverhältnisses wird die zum allgemeinen Schlagwort gewordene Behauptung vorgebracht, die Institute der naturwissenschaftlichen Fakultät der deutschen Universität seien von früher her besser ausgestattet, als die èechischen Institute. Diese Behauptung ist unwahr, was jederzeit durch den Augenschein zu erweisen ist. Ich stelle den Antrag auf Besichtigung und Vergleichung der Institute. Auch sei zur Würdigung der wahren Sachlage über die angebliche Zurücksetzung der èechischen Institute die Tatsache festgestellt, daß die naturwissenschaftliche Fakultät der èechischen Universität in Prag über 26 ordentliche Lehrkanzeln gegenüber 16 derselben deutschen Fakultät und über 12 außerordentliche Professoren gegenüber 3 deutschen verfügt. Aber nicht genug damit, wird die Wiederbesetzung von ordentlichen Lehrstühlen an der naturwissenschaftlichen Fakultät der deutschen Universität von Semester zu Semester hinausgezögert und die berufenen Lehrkräfte werden schließlich nur als Extraordinarien angestellt, so daß das Professorenkollegium der naturwissenschaftlichen Fakultät der deutschen Universität bei einer einzigen, noch bestehenden Vakanz nur 12 Ordinarien und 4 Extraordinarien zählt. Wir gönnen der èechischen naturwissenschaftlichen Fakultät jede Förderung der wissenschaftlichen Forschung und Lehre, worin leicht zu wenig, schwerlich zu viel getan werden kann. Wir müssen es aber als eine nur aus nationaler Gegnerschaft fließende und gewollte Zurücksetzung empfinden, wenn diese Förderung der èechischen Fakultät mit einer nicht zu rechtfertigenden Drosselung der deutschen Anforderungen einhergeht oder gar auf Kosten der deutschen Fakultät erfolgt und dies um so mehr, als die Anforderungen der naturwissenschaftlichen Fakultät der deutschen Universität sich in Grenzen bewegen, die absolut und relativ von jedem billig Denkenden als durchaus bescheiden bezeichnet werden müssen.

Was nun die deutsche technische Hochschule in Prag und damit das Studium sämtlicher technischer Fächer im weiteren Sinne des Wortes für die Deutschen unseres Staates betrifft, fehlen diesen teilweise oder ganz die Möglichkeiten für eine Reihe wichtiger Abteilungen. Die montanistische Fachgruppe ist bis zur Stunde auf die ersten vier Semester eingeschränkt und das Wort des Herrn Präsidenten Masaryk ist nicht eingehalten worden. Dutzende von Deputationen sind bis heute ergebnislos geblieben. Den Hörern blieb nur die Wahl zwischen èechischen Vorlesungen in Pøibram oder die Auswanderung nach Freiburg oder Leoben. Das System, keine deutschen Bergingenieure mehr haben zu wollen, tritt offenkundig zu Tage.

Die Èechen haben sofort nach dem Um sturz eine èechische Handelshochschule ge gründet und für diese den Neubau des che mischen Institutes der deutschen techni schen Hochschule in Prag einfach beschlagnahmt. Durch diesen Vorgang wurde der chemischen Abteilung der größte Teil der Räume auf Jahre hinaus genommen. Die Gründung einer selbständigen Abteilung für Handels- und Wirtschaftswesen in Aussig im Rahmen der deutschen technischen Hochschule in Prag wäre durch das Entgegenkommen aller Kreise eine finanziell überaus leichte Frage gewesen. Alle Schritte sind getan und trotzdem bleibt dieser dringende Wunsch der deut schen Industrie und Kaufmannschaft nach dem hochschulmäßig gebildeten Nach wuchs des Handels und der Industrie un erfüllt.

Hinsichtlich akademisch gebildeter Forstingenieure sind die Verhandlungen über den Ausbau der Reichstädter Forst akademie zu einer selbständigen Hochschulabteilung ergebnislos gewesen. Reich stadt soll nach èechischen Wünschen Mittelschule bleiben und damit ist ein deut scher akademischer Forstingenieur im eigenen Staat nicht möglich.

Der einzige kleine Lichtblick ist die Lösung der Frage der landwirtschaftlichen Abteilung in Liebwerd; diese Lösung wurde noch vor der lex Mareš im Ver handlúngswege erzielt. Immerhin ist aber auch für Tetschen-Liebwerd für den hoch schulmäßigen Ausbau an Betrieb und Unterbringung noch viel zu tun übrig. Be züglich der Angliederung der Tierarznei an Tetschen-Liebwerd, wofür sich die deutschen Hochschulkreise entschlossen haben, drohen die Anträge auch stecken zu bleiben.

Die Raumfrage in der technischen Hoch schule in Prag ist prekärer denn je. Sie war schon unter Alt-Österreich ein euro päischer Skandal und trotzdem hat man den bescheidenen Anträgen für den An kauf der Häuser, in denen die Hochschule seit Jahrzehnten zur Miete wohnt, ferner für die dringendst notwendigen Stock werksaufbauten im Budget nur halb statt gegeben. Demgegenüber hat die èechische technische Hochschule in Prag im vergan genen Jahre in aller Stille 10 Millionen be reits verbaut. Nicht einmal 3 Millionen stehen für die deutsche technische Hoch schule imBudget. Wichtige Institute fehlen überhaupt oder sind mangelhaft einge richtet und die Dotationen sind gegenüber dem Friedensausmaße höchstens verdop pelt. Mit Mühe und Not war es möglich, ein elektrotechnisches und ein Festig keitslaboratori um in die Höfe einzu pferchen. Auch zur Besichtigung der Räume der alten Hochschule in der Hus gasse seien die èechischen Politiker einge laden. Sie werden sich über deren gänzliche Unzulänglichkeit leicht überzeugen können. Nun zur bildenden Kunst! Auch auf dem Gebiete der bildenden Kunst, des Kunstgewerbes und des Fachschulwe sens scheint die Tendenz des Hin haltens und des langsamen Absterben lassens zu bestehen. Seit Jahren verlangen die Kunststudierenden eine Reform des Kunstunterrichtes; auch die Professoren sind von deren Notwendigkeit durch drungen. Eine gesunde Reform kann aber nur dann Platz greifen, wenn die Er ziehung der Kunst - dem Ausspruche des Präsidenten Masaryk entsprechend, daß die Kunst national ist - jedem Volke allein überlassen bleibe. Von diesem Grundsatze ausgehend, hat das Profes sorenkollegium der Akademie bildender Künste in Prag vor Jahren bereits ein stimmig den Beschluß gefaßt, daß diese heute noch utraquistische Anstalt geteilt und daß die Prager Anstalt als rein èe chische ausgebaut, während für die Deut schen eine eigene Anstalt errichtet werde. Die hierauf fußenden Reformpläne, die der Natur der Sache nach für das deutsche und das èechische Kunstschulwesen ganz verschieden sein müssen, liegen seit Jahr und Tag im Ministerium für Schulwesen, ohne daß irgend etwas geschehen wäre. Seitens der deutschen politischen Parteien ist bereits eine Gesetzesvorlage auf Er richtung einer deutschen Kunsthochschule, die in ihrem Aufbaue den eigenartigen völkischen Bedingungen der Deutschen im Staate entsprechen soll, eingebracht wor den. Die Mittel dazu wären im Vergleich zu anderen Ausgaben äußerst gering, hin gegen würde die Lostrennung der bis herigen drei deutschen Spezialschulen an der Akademie bildender Künste in Prag für die èechische Anstalt wesentliche Erleichterungen bieten.


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