Úterý 21. listopadu 1922

Mit diesen verfehlten Grundmaßnahmen belastet, trat die erste gewählte Nationalversammlung zusammen, welcher wir jetzt angehören. Wir haben uns mit dem Eintritt in diese Nationalversammlung, dem Zwange der Verhältnisse entsprechend, auf den Boden dieses Staates gestellt. Wir haben offen die republikanische Staatsform dieses Staates in unserem Programm gebilligt, den besten Willen mitgebracht, in dieser Nationalversammlung unsere Kräfte zur Geltung zu bringen, trotz der Schwierigkeiten, die in sprachlicher Hinsicht und infolge der Gebundenheit durch die Verfassung und die Geschäftsordnung und die Staatssprache uns hinderlich waren. Was haben wir erreicht? Wir sind unserem Volke, das uns gewählt hat, verantwortlich für unsere Tätigkeit und es war unsere heilige Pflicht, das Interesse unseres Volkes zu verteidigen. Mit Spott und Hohn wurden wir oft genug behandelt; die besten Anregungen und Anträge, die wir einbrachten, wurden einfach rücksichtslos niedergestimmt, Interpellationen, Anfragen und Anträge, die wir einbrachten, wurden von der Regierung meist einfach unbeantwortet gelassen. Haufenweise liegen sie in dem Archiv dieses Hauses begraben. Unsere Anwesenheit in den Ausschüssen des Hauses hatte trotz unserem vollen Aufwand in der Regel von vornherein keine Aussicht auf Erfolg. Bei der Zusammenstellung des Staatsvoranschlages wurde auf unser Volk keine Rücksicht genommen und im Hause selbst wurde als ständiges Abstimmungsergebnis "To jest vìtšina" verkündet.

Wenn wir dabei unsere Geduld nicht verloren haben, ist dies unserer strengen Auffassung der Pflichten als Volksvertreter zuzuschreiben, auch bei der augenscheinlichen Erfolglosigkeit auszuharren, bis der Erfolg eintreten wird, da er eintreten muß, wenn wir beharrlich bleiben. Ich will mir ersparen, den Leidensweg noch näher zu schildern, den wir schon durchgemacht haben. Ich will für den Augenblick die Verganfenheit vergessen und mich der Gegenwart und der Zukunft zuwenden.

Die derzeitige Lage unseres Staatswesens läßt sich mit kurzen Worten so schildern. In politischer Hinsicht stehen wir nach außen nicht besser als vordem und im Innern verschlechtert sich die Lage von Tag zu Tag. Wenn auch der Außenminister uns versichert, daß er zur Konsolidierung nach außen viel, sehr iel beigetragen hat, so ist es doch bei näherer Betrachtung nicht so gut. Wir stehen mit Ungarn infolge der unglückseligen Mobilisierung und infolge der verfehlten Einbeziehung großer magyarischer Landstriche mit rein magyarischer Bevölkerung noch immer auf gespanntem Fuß. Wenn auch der Ausbruch von offenen Feindseligkeiten nicht so bald zu befürchten ist, so ist doch der sogenannte Kleinkrieg in der Slovakei in Permanenz. Die Schäden, die sich daraus ergeben, sind unabsehbar. Nie kann und wird die Slovakei zur Ruhe kommen, solange nicht ein halbwegs befriedigendes Zusammenleben der einzelnen dieses Land bewohnenden Völker einsetzt.

Und in Karpathorußland mit seinen noch mehr verwickelten politischen und nationalen Verhältnissen steht es noch schlimmer. Ich verkünde hier offen: Es ist ein Gebot der Gerechtigkeit, daß den Völkern in Karpathorußland und in der Slovakei die versprochene und rechtmäßig gebührende volle Autonomie endlich einmal gegeben werde. Das bisherige Festhalten an einem überspannten Zentralismus kann die Republik mehr schädigen, als es das èechische Volk ahnt. Und folgerichtig verlangen auch wir für unser deutsches Volk in diesem Staate dieselben Rechte, welche die karpathorussischen und die Völker der Slovakei für sich in Anspruch nehmen. Die volle Autonomie ist und bleibt auf unserem Programme solange, bis sie erfüllt sein wird. Von dieser Kardinalforderung unseres Volkes, besonders unseres deutschen Landvolkes, werden wir nie ablassen und den Kampf um unsere Selbstverwaltung weiterführen, mögen noch so viele Regierungen kommen.

Die bevorstehende Einführung der Gauund Bezirksverfassung würde die Möglichkeit für unsere Autonomie gegeben haben, wenn sie nicht so sehr nach dem zentralistischen, imperialistischen und bürokratischen Geschmack gewisser Machthaber eingerichtet worden wäre, welche noch immer das Regieren im Beherrs chen und Befehlen sehen. Regieren ist heute nicht mehr Herrschgewalt, sondern die Aufgabe, die richtige Ordnung herauszufinden und auszuführen, und dies läßt sich nur in engster Fühlung mit dem Volke selbst erreichen, also im deutschen Siedlungsgebiete Hand in Hand mit der deutschen Bevölkerung. Solange dieses selbstverständliche Erfordernis einer ordentlichen Verwaltung nicht voll durchdringt, wird auch die neue Gau- und Bezirksverfassung nicht ihr Ziel erreichen. Auch da wird und muß politisch, national und wirtschaftlich der Kampf wieder einsetzen, wenn uns nicht die Autonomie gewährleistet wird. Wir bestehen daher auf unserer programmatischen Forderung, daß die Gaue und Bezirke national einheitlich ges chaffen und abgegrenzt werden. Erst von der Erfüllung dieser Forderung kann man halbwegs geordnete Zustände in der Gau- und Bezirksverwaltung erreichen. Die bisherige Autonomie der Gemeinden wird, wie wir leider feststellen müssen, zum größten Nachteile des Volkes immer mehr und mehr eingeschränkt und dem staatlichen Bürokratismus geopfert. Der Staat tötet damit jede Initiative der Gemeinden und schwächt sie so sehr ab, daß sie in Zukunft wie ein dürrer Baum aussehen werden, der keine Blätter und Früchte tragen kann und zum Absägen und Verbrennen reif ist.

Dieselbe Feindseligkeit gegen die Autonomie wie in Sachen der Gemeindeverwaltung sehen wir auch in Angelegenheiten der Landesverwaltung einreißen. Die Machhaber und die ihnen ergebenen Bürokraten dieses Staates scheinen vom Wahn geblendet zu sein, daß der Staat alles ist und alles sein soll. Diese Überschätzung des Staates wird sich noch rächen. Wir Deutschen können zwar der autonomen Landesverwaltung kein unbedingtes Lob spenden, aber in den Zweigen der Landesverwaltung, welche national geteilt sind, müssen wir feststellen, daß sich die Landesverwaltung bestens bewährt hat. Ich möchte vor allem die nationalen Sektionen des Landeskulturrates erwähnen, die beiden Völkern beste Früchte gebracht haben, die nationalen Reibungen wurden ausgeschaltet, die Sektionen wetteifern miteinander in der Hebung der Landeskultur und setzen ihre besten - Kräfte dafür ein. Aber auch dieses glänzende Beispiel einer Autonomie will man aus der Welt schaffen. Namens des deutschen Landvolkes warnen wir Sie. Wenn Sie sich auf die Forderunge der Abschaffung der nationalen Sektionierung des Landeskulturrates einließen, würden Sie wieder einen Zankapfel mehr zwischen die Nationen werfen, der zum Unheil des Staates, und was noch bedauerlicher ist, zum Unheil der Landwirtschaft selbst ausreifen würde. (Souhlas na levici.)

Nicht weniger schädlich ist die bisherige staatliche Tätigkeit auf dem Gebiete des Volksschulwesens. Es erübrigt sich eine Schilderung der allgemeinen Not des deutschen Volkes im Schulwesen, da sie überall schon bekannt ist. Aber einige Beispiele aus meiner engsten Heimat mögen die haarsträubendsten Erfolge der Tätigkeit gewisser Schulb ehörden darlegen. Ich bemerke ausdrücklich, daß die Schulbehörden unter dem unverantworlichen Druck von Außenmännern stehen, die, von nationalen Hetzern getrieben, sich ein Recht anmaßen, in die bestehenden geordneten Verhältnisse einzugreifen, damit aber nur Unheil anrichten, das zum Himmel schreit. Ich will nur wenige Beispiele bringen. Im Böhmerwald ist inmitten von Wald ein kleiner Ort, er heißt Silberberg. Dieser Ort besitzt mit den umliegenden weit entfernten Gemeinden keine Wegverbindung. Er ist besonders in der Winterszeit vollständig auf sich selbst angewiesen. Mit Rücksicht darauf wurde in den 90er Jahren in diesem Orte eine Schulexpositur gegründet. Diese Schulexpositur besaß ein eigenes Gebäude, das sich die dortige arme Bevölkerung aus eigenen Mitteln errichtet hat. Es kam der Umsturz und wenige Zeit darauf ging die Regierung daran, diese Schulexpositur aufzuheben und Silberberg an die Mutterschule in Hadruwa zu verweisen. Alle Gesuche um Errichtung einer deutschen Minderheitsschule, einer deutschen Privatschule sind bisher erfolglos geblieben. Im Gegenteil, man ging im vorigen Jahre daran, das deutsche Schulgebäude für Zwecke der neu errichteten èechischen Minderheitsschule zu beschlagnahmen. Man hat diese Minderheitsschule für 5 èechische Kinder des Ortes errichtet, obwohl 14, bezw. mit den eingeschulten Einschichten 26 deutsche Schulkinder ohne Schule sind. Das Gesuch um Errichtung einer deutschen Privatschule in Silberberg wurde vom Landesschulrate mit der Begründung abgewiesen, daß die für diese Schule in Aussicht genommenen Räume im deutschen Schulgebäude für die èechische Minderheitsschule beschlagnahmt worden sind. Als es sich um einen geeigneten Raum für die èechische Minderheitsschule in Silberberg handelte, habe ich mit Rücksicht auf die besonderen Verhältnisse mich selbst bemüht, für diese Zwecke einen eigenen Raum in einem anderen Hause ausfindig zu machen. Ich habe zu diesem Zwecke an der behördlichen Kommission teilgenommen und es gelang uns tatsächlich, in einer Villa geeignete Räume für die èechische Minderheitsschule bereit zu stellen, und es wurde damals zwischen den Vertretern der Deutschen und der Èechen vereinbart, daß, wenn die deutsche Privatschule bewilli gt wird, die èechische in die für die sichergestellten Räume übersiedelt. Trotzdem also für die èechische Minderheitsschule anderweitig ein Raum bestimmt wurde, der auch nach Ausspruch des Staatstechnikers den Bedingungen vollständig entsprach, trotzdem inzwischen die Beschlagnahme des deutschen Schulraumes seitens des Verwali tungsgerichtshofes aufgehoben wurde, trotzdem nun auch der Abweisungsgrund des Landesschulrates hinfällig geworden ist, hat das Ministerium für Schulwesen bisher dem Gesuch um Errichtung der deutschen Schule nicht stattgegeben, obwohl der gewesene Schulminister Šrobár einer Abordnung mit Handschlag versichert hat, daß er dem Rekurs stattgeben und daß infolgedessen die deutsche Privatschule in Silberberg errichtet werden wird. (Výkøiky na levici.)

Dieser kleine Ort hat aber noch mehr erfahren. Die Bezirksverwaltungskommission in Neugedein hat sich das Recht angemaßt, die bestehende Ortsgemeinde aufzulösen. Das Postamt in Putzeried hat von diesem Tage an die Postzustellung an die Ortsvertretung in Silberberg eingestellt und die Aufsichtsbeschwerden und Rekurse, die dagegen eingelegt wurden, wurden von den Behörden bis heute noch nicht erledigt. Da muß man sich doch fragen, ob man in einem Rechtsstaate, in einem Staate, wo die Rechtsordnung etwas gilt, lebt, oder in einem Staate, wo das Recht nur für die Herrennation gilt. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda inž. Botto.)

Ein zweiter Fall, der sich in der letzten Zeit ereignet hat, war die Beschlagnahme eines Gastlokals für die Zwecke der èechischen Minderheitsschule in Krotiv-Spiels. Interessant ist dabei, daß selbst ein Teil der èechischen Minderheit der Gemeinde beim Bezirkssc ulausschuß in Klattau dagegen Einspruch erhoben hat. Aber ungerecht dabei ist die Beschlagnahme des einer Witwe mit 9 Kindern gehörigen Gastlokals, deren Anwesen stark verschuldet ist und der man als Jahresmiete 2000 K und als Gewerbeentschädigung 200 K zusprach. Auf diese Art wird sie brotlos und ist der ärgsten Not ausgesetzt. Wenn schon der Staat dieses Gastlokal für die Zwecke der èechischen Minderheitsschule benötigt, hat er, meines Erachtens nach, auch die Pflicht, für die Witwe und deren 9 Kinder zu sorgen. Mit 2000 K Entschädigung ist es unmöglich, daß diese Frau mit 9 Kindern ihr Leben fristen kann. (Výkøiky na levici.)

Ein weiteres trauriges Beispiel ist das deutsche Schulwesen der Gemeinde Braunbusch. Dieser Ort besaß bis zum Umsturz und auch noch ein Jahr später eine zweiklassige deutsche Volksschule, die in einem Schulvereinsgebäude, also in einem Privatgebäude, untergebracht war. Obwohl diese Schule trotz allen möglichen dabei angewendeten unlauteren Mitteln eine genügende Schüleranzahl von mehr als 30 Schülern aufwies, hat man sie aufgehoben, das deutsche Schulvereinsgebäude beschlagnahmt und die Schulkinder auf den Besuch der deutschen Schule in Viertl verwiesen, das eine Wegstunde entfernt ist. Der Weg ist offen, er ist im Winter schneeverweht, so daß er zeitweise für die Schulkinder unpassierbar ist. Obwohl die Gemeinde und die deutschen Schulkinder Eingaben an die Behörden, selbst an den Präsidenten dieses Staates, gerichtet haben, obwohl Kommissionen stattfanden, ist bis heute noch nichts veranlaßt worden, um in Braunbusch, wo sich, wie bereits gesagt, mehr als 30 deutsche Schulkinder befinden, die angesuchte deutsche Privatschule zu errichten. Das sind unhaltbare Verhältnisse. Wir müssen feststellen, daß wir im Allgemeinen gewiß nicht grundsätzlich gegen die Errichtung von èechischen Minderheitsschulen sind, wenn hiezu das Bedürfnis vorhanden ist. Aber wir müssen verlangen, daß nach gleichem Maße auch für die deutschen Minderheitsschulen vorgesorgt wird.

Überhaupt haben wir eine entschiedene Abneigung dagegen, daß sich der Staat in die Angelegenheiten der Volksschulen einmischt. Die Volksschulen sind das ureigenste Gebiet der Autonomie. Die Volksschulen sind Ortsschulen, die über den Rahmen der Gemeinde nicht herausreichen und da müssen wir vor allem verlangen, daß die Errichtung von Volksschulen in erster Reihe Sache der Gemeinden selbst ist und daß der Staat nur sein Aufsichtsrecht auszuüben berechtigt ist. Wir verlangen daher dringend, daß dem Unfug des staatichen Volkschulwesens gesteuert werde und daß der Staat es bei seiner staatlichen Aufsicht bewenden lasse, sonst richtet er mehr Unheil an, als er verantworten kann. In jeder Gemeinde, die eine nennenswerte Minderheit einer anderen Sprache hat, sitzen auch Vertreter dieser Minderheit im Gemeindeausschuß und da können sie ihre Anliegen geltend machen und im Instanzenwege durchsetzen. Warum sich da der Staat einmischt, ist mir schier unverständlich, ich kann dies nur dem geradezu krankhaften Bestreben zuschreiben, alles mit staatlicher Autorität und Bürokratie zu durchsetzen. Geht dieser Kurs noch weiter - und allem Anschein nach hat auch die jetzige Regierung keine anderen Richtlinien - so wird es noch dazu kommen, daß auch für die kleinste Polizeimannstelle der staatliche Konkurs ausgeschrieben wird, in dem die Kenntnis der Staatssprache in jedem Dorf verlangt wird.

Das Mittelschulwesen muß meines Erachtens zwar der örtlichen Autonomie entrückt sein, aber auch da ist der Staat nicht geeignet, die beherrschende Stellung einzunehmen, die er sich bis jetzt anmaßt. Geben Sie die Mittelschulen in die Verwaltung der Gaue, selbstverständlich national einheitlich gebildeter Gaue, und Sie werden sehen, daß diese Schulen weit besser gedeihen werden als jetzt. Ich ergreife hier die Gelegenheit, den Übergriff festzunageln, dessen sich der Staat bezüglich des deutschen Gymnasium inPrachatitz schuldig gemacht hat. Dieses Gymnasium, von der Stadt-Gemeinde Prachatitz mit großen Opfern ins Leben gerufen und ausgestattet, für die Stadt Prachatitz und die umliegenden Bezirke bestimmt, hat ein überhitzter èechischer Nationalist mit Hilfe der allzeit gefügigen èechischen Bürokratie über Nacht in ein èechisches Gymnasium verwandelt und damit dem deutschen Böhmerwald eine Bildungsstätte entrissen, welche für uns unersetzlich ist. Mit Wo rtbruch, Hinterlist und Gewalt wurde diese Infamie durchgeführt. Ich brandmarke hier öffentlich diese Schmach, die man den Prachatitzern und dem ganzen deutschen Böhmerwald damit angetan hat.

Vom Hochschulwesen will ich nur soviel erwähnen, daß wir Deutschen dabei absichtlich und vorsätzlich immer mehr in den Hintergrund getrieben werden. Wir vermissen eine forstwirtschaftliche Hochschule, wir ha ben keine tierärztliche Hochschule. Unsere land- und forstwirtschaftlichen Kreise müssen mit Betrübnis feststellen, daß dieser Staat keinen Sinn für den notwendigen deutschen Nachwuchs in diesen Bildungszweigen hat. Die nackten Ziffern des Staatsvoranschlages zeigen uns, in welcher Art unsere Schule vernachlässigt, ja absichtlich im Stiche gelassen wird. Das ist keine Unterlassung mehr, sondern eine direkte Schädigung unserer nationalen Bildung. Es liegt darin ein beabsichtigter Verstoß gegen den uns Deutschen zugesicherten Minderheitenschutz.

Zu den wirtschaftlichen Angelegenheiten übergehend, muß ich weiter ausholen. Das hervorstechendste Moment, welches uns in dieser Session beschäftigen wird, ist die Wirtschaftskrise, die allgemeine Wirtschaftskrise, welche plötzlich über uns hereingebrochen ist, und uns alle bedrückt, wenn auch vorerst wir Deutschen am schwersten davon betroffen werden. Nicht die Industrie, das Gewerbe und der Handel allein sind es, welche unter dieser Fuchtel leiden, auch die Land- und Forstwirtschaft ist ebenso schwer davon betroffen. Gestatten Sie mir, ein kurzes Bild unserer jetzigen Lage in der Landwirtschaft zu entwerfen und die Aussichten in die Zukunft beizufügen. Sagen Sie mir, wie kann bei einem Preise von 10 Kronen und noch weniger für einen Meterzentner Kartoffeln der Landwirt, dessen Hauptanbaufrucht die Kartoffel ist, bestehen? Sagen Sie mir, wie kann bei dem noch andauernden Sinken der Getreidepreise eine halbwegs rentable Landwirtschaft im Getreidebaugebiet aufrecht erhalten werden, wenn die Höhe der Löhne und die Preise der Bedarfsartikel, Geräte und Maschinen, welche die Landwirtschaft unumgänglich braucht, nicht sinken? Wissen Sie, daß ein Mißmut sich in die Kreise der landwirtschaftlichen Bevölkerung einschleicht, ich glaube, auch sogar auf èechischer Seite, weil die Landwirtschaft bei uns dem Untergange geweiht ist? Wenn wir uns nach der Ursache dieser Krise fragen, so mag ja der Umstand, den der Landwirtschaftsminister in seinem letzten Exposée im Landwirtschaftsausschuß angeführt hat, teilweise dazu beitragen, nämlich die Disparität der Preise der landwirtschaftlichen Erzeugnisse einerseits und der Industrieerzeugnisse anderseits. Ich glaube, daß diese Disparität der Preise wohl darauf zurückzuführen ist, daß die Industrieerzeugnisse durch hohe Schutzzölle und hohe Finanzzölle vor der Konkurrenz des Auslandes geschützt sind, während gerade die wichtigsten landwirtschaftlichen Erzeugnisse jedwedes Zollschutzes entbehren. Wir müssen feststellen, daß diese Zollfreiheit bezüglich der landwirtschaftlichen Erzeugnisse um so mehr hervortritt, weil ja bekanntlich unsere Krone im Auslande mehr gilt als im Inlande, also überwertet ist. Zu all dem kommt noch, daß wir im heurigen Jahre von einer ausgesprochenen Wetterkrise sprechen können. Während zu Beginn der Vegetation Regen vollständig gemangelt hat, ist in der späteren Zeit der Reife Regenwetter eingetreten, das bis jetzt eigentlich ohne Unterbrechung angedauert hat, und so liegen insbesondere in den höheren Lagen, in den Randgebieten, noch jetzt unter dem Schnee große Mengen von Getreide, insbesondere von Hafer und unausgereiftem Sommerkorn, und auch die Einbringung des Herbstfutters, insbesondere von Grummet war einfach unmöglich; und das, was eingebracht werden konnte, ist zur Fütterung untauglich. Die Ursache der Krise in der Landwirtschaft ist also nicht allein die Disparität der Preise, sondern auch die Disparität des Kronenwertes im Auslande und im Inlande, weiter die verheerende Wetterkrise und nicht zuletzt die ganz verfehlte staatliche Wirtschaftspolitik, die bis heute noch eine reine Konsumpolitik und keineswegs eine Produktionspolitik ist.

Wir deutschen Landwirte haben uns gleich nach dem Kriege mit der größten Betriebsamkeit und mit gewaltigen Anstrengungen dafür eingesetzt, daß die landwirtschaftlichen Arbeiten wieder voll aufgenommen werden, wir haben nicht Kosten und Auslagen, nicht Anstrengung gespart, um die Landwirtschaft zu heben, aber all unser Mühen ist verloren, unsere Kriegsanleihen werden nicht eingelöst, sondern sogar noch besteuert, die Vermögensabgabe und die Vermögenszuwachsabgabe werden in unsinniger Höhe von einem Werte erhoben, der nicht da ist, von einem Wertrtzuwachs, der nur in der Phantasie besteht und rein fiktiv ist. Wir hören Klagen: Wie kann ich überhaupt als Landwirt daran denken, die Vermögensabgabe und Vermögenszuwachsabgabe zu bezahlen, da ich schon mit Steuern und Zuschlägen über meine Kräfte belastet bin!" So kann es nicht weitergehen. Entweder Sie novellieren die Vermögensabgabe und Vermögenszuwachsabgabe und gestatten die Zahlung mittels Kriegsanleihe, oder die Landwirtschaft bricht zusammen; und dabei kann ich Ihnen bestimmt voraussagen, daß nicht nur die deutsche Landwirtschaft, sondern auch die èechische Landwirtschaft unter der Wucht der Bedrückungen, denen sie ausgesetzt sind, gänzlich zusammenbrechen wird. Noch ist es Zeit, daß dieser Krise Einhalt geboten wird, aber es ist höchste Zeit, sonst ist es zu spät.

Da ich schon von der landwirtschaftlichen Privatwirtschaft gesprochen habe, so muß ich eines hervorheben: Kein Staat darf sich unterfangen, in der Bodenbewirtschaftung die Elemente auszuschalten, von denen die Privatwirtschaft gehalten wird, ich meine die persönliche Unternehmungslust und die persönliche Kraft des einzelnen Landwirtes. Wird diese Kraft gelähmt, ist es aus mit der ganzen Privatwirtschaft. Der staatliche Organismus kann nie und nimmer diese persönlichen Momente ausschalten, ohne selbst den Schaden davon zu haben. Es mag sein, daß gewisse Betriebe in staatlicher Wirtschaft sich so halb und halb führen lassen, obwohl ich noch nie gehört habe, daß sie, von Monopolbetrieben selbstverständlich abgesehen, einen nennenawerten Gewinn abgeworfen hätten. Die Staatsbahnen sind passiv, die Post und der Telegraph sind passiv, trotz der hohen Tarife, die staatlichen Forst- und Domänenverwaltungen sind passiv, und da glauben Sie, daß der Staat noch die Grenzwälder verstaatlichen muß? Ich meine, Sie täuschen sich in der Annahme, daß der Staat hiezu vorbereitet und fähig wäre, und ich bin überzeugt, daß diese Betriebe ebenso passiv sein werden wie die anderen. Und wer zahlt dann darauf? Immer wieder die Steuerträger.

Wir haben nun schon so viele Steuern, daß niemand mehr, auch nicht der Landwirt, der rechnen kann, sich darin auskennt. Der Militäretat drückt schon mit seinem ungeheueren Bedarf für 150.000 Mann, dazu kommen noch Schießplätze, Munition, Kasernen, Fliegerausrüstungen, Exerzierplätze, Fliegerstationen usw.. Man schaue sich nur den Voranschlag genauer an, wie diese Last alljährlich an unserem Volksgute zehrt; sie verbraucht fast ein Viertel aller Steuern, und da noch viele andere mehr oder weniger entbehrliche Posten im Staatsvoranschlage existieren, die bei einer wirklich freiheitlichen und demokratischen Verwaltung überflüssig wären, verschlimmert sich die Sache noch mehr. Bei all dem aber soll der Staat noch ungezählte Hektar Grenzwälder unter schwierigen Betriebsverhältnissen und unsicherster Konjunktur in Staatswirtschaft übernehmen. Der Staat ist schon übersättigt und kann nichts mehr ertragen. Zur Wirtschaftskrise käme noch eine Staatskrise. Wir Deutschen wollen auch dafür keine Verantwortung tragen, was Sie unternehmen. Wir als Opposition können nur abwehren, und dieser Aufgabe muß ich gerecht werden. (Souhlas na levici.)

Die Hauptsache, von der ich noch sprechen muß, ist die Bodenreform. Der Voranschlag für das staatliche Bodenamt ist im heurigen Budget auf zwei Zentralstellen verteilt, was mit der Verstaatlichung der Wälder zusammenhängt. Einerseits ist die Post für das Bodenamt, beziehungsweise für die Bodenreform enthalten im Voranschlag des Ministerratspräsidiums, andererseits im Voranschlag für das Landwirtschaftsministerium. Hervorheben möch te ich, daß heuer der Voranschlag bezüglich Karpathorußland gesondert in einem eigenen Titel ausgewiesen erscheint. Das Erfordernis für das Bodenamt u. z. für die Zentrale in Prag stellt sich auf rund 7 1/2 Millionen an ordentlichen und auf 3 1/2 Millionen an außerordentlichen Ausgaben, zusammen also auf rund 11 Millionen für die Zentrale. Erwähnen möchte ich, daß von diesen 11 Millionen z. B. ein Betrag vom 700.000 Kronen für die Einrichtung dieses Amtes dienen soll, daß die Zentrale 254 ständige Beamte und Angestellte beschäftigt, und daß ferner mit einem Aufwand von ungefähr 2,400.000 Kronen Vertragsangestellte dort arbeiten, so daß die Zentrale einen Personalstand von 500 Angestellten erreichen dürfte. (Výkøiky na levici.) Wenn man bedenkt, was bisher von dieser Zentrale mit diesem Angestelltenheer geleistet wurde, stehen Aufwand und Leistung jedenfalls im einem traurigen Gegensatz, besonders wenn man noch die Ziffern hinzunimmt, die noch für Distriktsämter und Kommissionen ausgeworfen sind, und zwar mit rund 16 Mi lionen an ordentlichen und 4 Millionen an außerordentlichen Ausgaben, zusammen also mit 20 Millionen K. (Výkøiky na levici.) Die Distriktsämter und Kommissionen beschäftigen ihrerseits wieder 272 ständige Angestellte. Die Zahl der Vertragsangestellten ist nicht angegeben, aber aus einem Vergleich des Aufwandes für ständiges Personal mit dem Aufwand für Vertragsangestellte ergibt sich, daß im Außendienst des Bodenamtes ungefähr 1400 Angestellte tätig sein dürften. (Hört! Hört!) Zusammengenommen werden wir also beim Bodenamt glücklich 2000 Angestellte besitzen. (Výkøiky na levici.)

Die Durchführung der Bodenreform selbst ist mit einer Ausgabe von 382 Millionen eingestellt. Dabei ist allein der Aufwand bei der Übernahme und Zuteilung, Abschätzung, Vermessung usw. mit rund 42 Millionen veranschlagt. Wenn man bedenkt, daß in den Erläuterungen zu diesem Kapitel angeführt wird, daß es dem Bodenamt, beziehungsweise seinen Angestellten nicht möglich ist, die Abschätzung, Vermessung und Vermarkung selbst durchzuführen, sondern daß damit private Schätzleute betraut werden sollen, die ungefähr einen Aufwand von 1/2% des Schätzungswertes erfordern werden, daß weiter die Vermessung und Vermarkung der zugeteilten Grundstücke ebenfalls nicht durch die Geometer des Bodenamtes, sondern durch Zivilgeometer durchgeführt werden soll, die einen Aufwand von 250-300 Kronen per Hektar erfordern, ist der Aufwand von 42 Millionen Kronen anläßlich der Übernahme und Zuteilung einfach unverständlich. Die Einnahmen für das Bodenamt sind mit rund 700.000 K - die ordentlichen Einnahmen aus der Durchführung der Bodenreform mit 435 Millionen Kronen vorgesehen und zwar für Grundzuteilungen, die in Bar bezahlt werden, sind rund 372 Millionen Kronen präliminiert. Weiters Ersatz der Regieauslagen bei der Wälderübernahme vom Landwirtschaftsministerium rund 9·7 Millionen Kronen. Das ergibt pro Hektar einen Regieaufwand - bei der Übernahme des Waldes - von 42 K pro Hektar. Wenn wir dabei in Betracht ziehen, daß das Landwirtschaftsministerium für diesen Zweck selbst einen großen Betrag und zwar 54 Millionen Kronen auswirft, das sind 270 K pro Hektar, so sstellen sich die Übernahmskosten von 1 Hektar Waldboden auf rund 310 K. Wenn man weiter in Betracht zieht, daß der Hektar Waldboden durchschnittlich mit 2000 K bezahlt wird, dabei aber allein die Übernahme einen Aufwand von rund 310 K pro Hektar erfordert, so ergibt sich, wie sehr das Bodenamt den Boden verteuert. Wenn wir sehen, daß durch die verschiedenen Zuschläge der Zuteilungspreis der landwirtschaftlichen Grundstücke gegenüber dem Übernahmapreis um 60% höher ist, so beweist dies, welch teurer Apparat das Bodenamt ist, und daß wir daher mit allen Mitteln uns dafür einsetzen müssen, in das Bodenamt einen anderen Zug hinein zu bringen und dahin zu wirken, daß die Bodenreform viel billiger und besser durchgeführt wird.

Was das Flächenausmaß anbelangt, so ist beabsichtigt, im Jahre 1923 eine landwirtschaftliche Fläche von 140.000 Hektar zu einem Durchschnittspreis von 2200 K und eine Waldfläche von 30.000 Hektar mit einem Durchschnittspreis von 2000 K für ein Hektar durch das Bodenamt zu übernehmen und der Zuteilung zuzuführen. Von diesen 140.000 Hektar sollen im Rübenbaugebiet 31.000 Hektar, im Getreidegebiet 45.000 Hektar, im Kartoffelgebiet 24.000 Hektar, im Futterbaugebiet 29.000 Hektar und an sonstigem Boden 11.000 Hektar übernommen werden. Von diesen 140.000 Hektar landwirtschaftlicher Fläche sollen 100.000 Hektar ins. Eigentum, und zwar 75.000 Hektar gegen Barzahlung, 25.000 Hektar im Kreditwege vergeben werden, während die restlichen 40.000 Hektar in Pacht gegeben werden sollen. Der übernommene Waldboden von 30.000 Hektar soll zur Gänze ins Eigentum zugeteilt werden. Ich möchte ausdrücklich feststellen, daß diese 30.000 Hektar nur jener Waldboden ist, der der eigentlichen Bodenreform unterzogen wird, während der andere übernommene Wald - und zwar handelt es sich dabei um 234.000 Hektar - bekanntlich verstaatlicht und als Staatsforstbesitz dem Ministerium für Landwirtschaft in Verwaltung zugeführt werden soll. Wenn wir nun die Übernahmspreise ins Auge fassen, so müssen wir zugeben, daß sie mit Rücksicht auf die heutigen Verhältnisse wohl nicht entsprechend sind, insbesondere wenn wir erwägen, daß durch die verschiedenen Beiträge und Zuschläge und nicht minder durch die Auslagen des Bodenamtes diese Übernahmspreise, wie schon gesagt, im Durchschnitt um 60% erhöht werden und in dieser Höhe als Zuteilungspreis in Betracht kommen. Das sind Verhältnisse, die unhaltbar sind und die die Bodenreform auf ein Geleise bringen, wo es dann eben nicht mehr weitergehen wird.


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