Das alles ist möglich, weil die
Schulverwaltung in einem national-chauvinistischen Fahrwasser
segelt, weil die Beamten nationale Chauvinisten sind, weil das
Referat über das deutsche Schulwesen durchwegs Fremdnationale
haben, vielfach wie in Schlesien auch bei den Verwaltungskommissionen
nur Èechen. Unzählige Übergriffe, die vorgekommen sind, blieben
vollständig ungesühnt, Eingaben wurden verschleppt und nicht,
vielfach auch nicht einmal formal, erledigt. Es ist einfach lächerlich,
welche Antwort man uns auf unsere Interpellationen gibt, es ist
geradezu wie ein Spiel zwischen Katze und Maus, das man mit uns
treiben will, und es wird begreiflich, daß unsererseits eine ungeheuere
Erregung allmählich Platz gegriffen hat, daß wir den Glauben an
eine Gleichberechtigung vollständig verloren haben, und daß die
Demokratie, von der Sie sprechen, für uns ein Schlagwort geworden
ist. Wir haben uns bisher in unserem Kampf in urbanen Formen bewegt,
wir haben geschwiegen zu alldem, wir haben geglaubt oder wenigstens
die Leichtgläubigen von uns haben geglaubt, daß die Stimme der
Vernunft bei Ihnen endlich platzgreifen wird. Wir haben geglaubt,
daß die Ansicht Tusars durchgreifen wird, der in Komotau
am 1. September 1919 sagte, daß der Kampf um das Schulwesen nicht
weiter geführt werden dürfe. Jedes Volk habe die Gleichberechtigung,
niemand könne sie ihm nehmen, man könne sie ihm für kurze Zeit
absprechen, niemals aber für immer. Wir haben aber auch geglaubt,
daß Sie die Versprechungen des Friedensvertrages erfüllen werden,
wo Sie verpflichtet wurden, den einzelnen Minderheiten das entsprechende
Geld zur Verfügung zu stellen, wir haben an die Versprechungen
des Memoires III geglaubt, wo Beneš erklärte, daß die Èechen
keineswegs daran denken, das deutsche Volk in seinen Schulen,
Universitäten und technischen Schulen zu unterdrücken, wir haben
geglaubt, daß das Wort Masaryks, das er zu den Lausitzer
Serben sprach, auch für uns gelte: "Keine Republik kann die
Kulturbestrebungen unterdrücken, und so glaube ich, daß auch Ihnen
die Freiheit zuteil werden wird." Wir haben bisher umsonst
gewartet. Sie haben sich ernsthaft mit den deutschen Schulbeschwerden
nicht beschäftigt, Sie sind der Frage niemals nahegetreten, wie
das alles abzustellen wäre, ob nicht auf dem Wege der Gewährung
der Schulautonomie Ordnung und Ruhe eintreten könnte. Denn darüber
kommen Sie nicht hinweg. Es ist das ganz natürliche Bestreben
eines jeden Volkes, Herr auf seinem Schulgebiete zu sein. Dieses
Streben haben auch Sie einmal gehabt und Sie werden auch in ihrem
Staate demRechnung tragen müssen. Es ist einfach so durchzuführen,
daß man jede Nation zur Trägerin und Verwalterin des eigenen Schulwesens
macht und ihr die Steuerhoheit auf diesem Gebiete zugesteht. Und
ich sage Ihnen, es wird nicht früher Ruhe und es wird nicht früher
Ordnung in diesem Staate werden, bevor Sie diesen unseren Forderungen
ein williges Gehör gegeben haben. Eine ungeheuere Erbitterung
ist in der Bevölkerung, nicht bloß bei einzelnen, sie geht durch
alle Klassen und Kreise, vom einfachen Arbeiter bis hinauf. Mit
der Schule nehmen Sie dem Volke die Fortbildungsmöglichkeit. Ich
meine, gewarnt sind Sie genügend worden, wir haben Sie auch auf
die Folgen aufmerksam gemacht. Die Frucht dessen, was Sie säen,
werden Sie ernten. Sie sind die Totengräber des Staates, wenn
Sie Ihre chauvinistische Politik weiter fortsetzen. Heute mache
ich Sie auf folgendes aufmerksam: Die Erregung draußen geht weit
und stürmisch wird von unseren Leuten ggefordert, Gleiches mit
Gleichem zu vergelten, Aug um Aug, Zahn um Zahn. Die èechischen
Minderheiten sollen dafür büßen. Alle diese èechischen Minderheiten
leben heute noch so vollständig unbehelligt. Sie konnten Ihre
Èechisierungspolitik ruhig betreiben, weil der deutsche Michel
sich eben bisher alles ruhig gefallen ließ. Wenn Sie aber Ihre
Politik fortsetzen, werden Sie unsere Bevölkerung dazubringen,
daß man diese Eindringlinge mit Dreschflegeln und Revolvern aus
dem deutschen Gebiete hinaustreiben wird. Dann werden Sie den
Bürgerkrieg haben. Ich will mit der Warnung Ciceros an Catilina
schließen: Quo usque tandem abutere, Šrobáre, patientia
nostra! Wie lange noch wollt Ihr unsere Geduld auf die Probe stellen.
(Souhlas a potlesk na levici.)
Hochverehrte Damen und Herren! Vom Klub der deutschen sozialdemokratischen Abgeordneten beauftragt, die von uns eingebrachten dringlichen Interpellationen zu begründen, will ich unter dem Vorbehalte, daß ich im Verlaufe der Debatte auf die eben gehörte, von mir aber nicht verstandene Rede des Herrn Ministers und auch auf die folgenden Reden der gegnerischen Parteien noch zurückkommen will, mich jetzt nur darauf beschränken, in möglichst gedrängter Kürze zu zeigen, wohin der planmäßige Vernichtungsfeldzug der èechischen Mehrheitsparteien in diesem Hause, bezw. des Unterrichtsministeriums und des Landesausschusses gegen das deutsche Schulwesen führt.
In der Erziehung der Jugend, in der Art, wie sie zur Durchführung gelangt, liegt ganz wesentlich ein Stück der Zukunft jedes Volkes. Und aus der Sorge um diese Erziehung heraus, aus der Sorge um die Zukunft unseres Volkes und insbesondere unserer Arbeiterklasse versuchen wir durch unsere Anfragen, durch das Material, das wir vor Sie hinstellen, an Ihr Kulturgewissen zu pochen, versuchen wirs, die Schande hinauszuschreien, als die die Drosselung des deutschen Schulwesens sich zweifellos darstellt. In dem Grade der Entwicklung des Schulwesens eines Staates offenbart sich am deutlichsten die Wertschätzung aller Kulturelemente, die ein Staatswesen ihnen entgegenbringt. Und nun frage ich Sie: Wie wird in diesem Staate in großen Zügen der Kultur gedacht, wie sucht man sie zu fördern? Auf das Tiefste erschreckt über die schaudervollen Wirkungen des Krieges auf die Gemüter, erschreckt über die unerhörte Verrohung, die als natürliche Folge des vieljährigen Mordens die Menschen heimsuchen mußte, erschreckt auch über die Verwüstung, die der Krieg unter unserer Jugend angerichtet hat, über die Verwilderung, der sie anheimfällt, sollte man meinen, man müßte sich mit Abscheu und Entsetzen von jeder Großfütterung des Militarismus abwenden, man müßte alle Kräfte sammeln, um wenn irgend möglich auf erzieherischem Gebiete aber auch das Alleräußerste zu tun, um die fürchterlichen Kriegsschäden auf diesem Gebiete wenigstens einigermaßen auszumerzen. Wie aber sieht es bei uns aus? Vier Jahre nach diesem fürchterlichen Weltkriege stellen sich bei uns die Dinge so, wie es folgende Ziffern beleuchten: dieser Staat gibt in krassester und deutlichster Art für Militärzwecke offiziell 3190 Millionen und, wenn man die versteckten Summen hinzurechnet, nahezu 4 Milliarden aus, während für Zwecke der Schulerziehung wenig mehr als eine Milliarde, also nicht viel mehr als der vierte Teil der für den Militarismus verschleuderten Summe aufgewendet wird. Die ganze Schmach, die sich in diesen Ziffern birgt, kommt auch in dem Verfolgungswahnsinn zum Ausdruck, der sich dem deutschen Schulwesen gegenüber offenbart. Wo bleiben die tönenden Lobgesänge, die Sie anstimmen über die Einrichtungen dieses Staates, wenn man sieht, wie das Schulwesen verkümmert und verkrüppelt wird? Und ich frage Sie: packt Sie nicht das Grauen vor einer Kultur, die den Militarismus schrankenlos großzüchtet, während man auf der anderen Seite vorgibt, sparen zu müssen, wenn es sich um die Schulbildung handelt, um das Wichtigste, auf das wir die Zukunft unseres Volkes und auch die Zukunft dieses Staates stützen können? Gelegentlich der Budgetberatung hat der Herr Unterrichtsminister angegeben, daß aus Ersparungsrücksichten von den Anforderungen seines Ministeriums 400 Millionen gestrichen werden mußten. Ich wünschte sehr, der Herr Unterrichtsminister hätte bei seinen Forderungen im Ministerrat ein ebenso starkes Rückgrat gehabt, wie etwa der Herr Minister für nationale Verteidigung, und hätte sich kräftig dagegen gewehrt, daß man diese 400 Millionen Kronen streicht. Ersparungen, auf dem Gebiete des Schulwesens vollzogen, wir büßen sie hundertfach an der Verkümmerung des Geisteslebens unseres Volkes, an der Zukunft, der wir entgegengehen. Und während man hier gleich hundertmillionenweise spart, während sich die Unterrichtsverwaltung zufrieden erklärt, daß Abstriche vollzogen werden, sieht man zu gleicher Zeit eine geradezu generöse Freigebigkeit in anderen Dingen. Da hat man 55 Millionen Kronen ohne weiteres zur Verfügung, um sie für Kultuszwecke herzugeben. Man spart an der Schule, um die Kirche desto besser füttern zu können, und dann bleiben nur karge Mittel übrig. Und wie nun diese kargen Mittel, die der Schulverwaltung zur Verfügung stehen, aufgeteilt werden, wie mit geradezu empörender Ungleichheit zwischen den einzelnen Völkern Unterschiede gemacht werden, das ist es, was wir hinausschreien müssen und was zu begründen und darz ulegen die Aufgabe dieser Debatte sein soll.
Wir deutschen Sozialdemokraten verhehlen uns nicht, daß das nationale Problem der Deutschen in diesem Staate zum großen Teil zugleich sich als soziales Problem darstellt, da das deutsche Volk vor allem ein Volk von Arbeitern ist, von Menschen, die Lohn beziehen. Und wenn wir das deutsche Volk im Staate stark erhalten wollen, so ist die zwingendste und wichtigste Voraussetzung hiezu, für die Wohlfahrt dieser arbeitenden Massen zu sorgen, ihnen möglichst gute Lebensbedingungen zu schaffen und zu garantieren, daß das Lohneinkommen ein gutes sei, so daß der arbeitende Mensch zu leben und, soweit es heute möglich ist, anständig zu wohnen in der Lage ist. Daß die Abwanderung überflüssig werde, vermögen die verhältnismäßig günstigen Lebensbedingungen hier in diesem Staate zu bewirken. Wir müssen, wenn wir unserem Volke wirklich dienen wollen, die Sterblichkeit herabzusetzen suchen durch Erhöhung der Lebenshaltung, durch entsprechende Wohlfahrtseinrichtungen. Wir Sozialdemokraten wissen sehr wohl, daß anstatt dies zu tun, das deutsche Unternehmertum andere Wege geht. Gerade in dieser Zeit sehen wir überall einen Ansturm auf die Löhne, einen planmäßigen Lohnabbau, den Preiswucher auch durch die deutschen Agrarier, sehen wir die Sperrung von Betrieben, die deutsche Arbeiter vielfach zur Auswanderung zwingt. Es überrascht uns dies nicht; wir wissen, der Nationalismus der kapitalistischen Klassen, er ist in der Regel gar nichts anderes als eine Feiertagsphrase, die halt macht, wenn das Profitinteresse in Frage kommt. Wir wissen, daß die Bestrebungen der Sozialdemokraten, die Klassenlage des Proletariats zu heben, was wir als eminent nationale Tat empfinden, vom Unternehmertum nur mit Groll verfolgt werden. So sehen wir wohl und erkennen, daß die Schwächung unserer Volkskraft in hohem Maße durch die eigenen Volksgenossen geschieht. Zweifelsohne aber kommt dazu die planmäßige Schwächung auch durch den Staat, und darüber haben wir heute vor allem zu reden.
Wir Deutschen sind, ohne gefragt worden zu sein, gegen unseren ausgesprochechenen Willen in diesen Staat hineingezwungen, in ihn hineingepreßt worden und nun mißbraucht dieser Staat seine Macht, um uns Deutsche zu Bürgern zweiten Rechtes zu machen. Das ist es, wogegen wir uns auflehnen, was wir geändert wissen wollen. Wir sehen erschreckt die unerhörte Verwüstung, die sich in unserem Schulwesen vollzieht: unsere Hochschulen und Mittelschulen läßt man verkümmern. Es wird darüber noch manches zu sagen sein. Und wie geht es unseren Volks- und Bürgerschulen? Nach dem Umsturz hat man sehr einfach gehandelt. Legionäre, fanatisierte Volksmengen haben zwangsweise deutsche Volksschulen ganz einfach gesperrt, haben sie hinweggefegt, sie sind vollständig verschwunden. Jetzt geht dies allerdings nicht mehr so. Man hat der Gewaltt gesetzliche Formen gegeben, man hat sie in die Form des Rechtes gekleidet, man hat die Gewalt in ein System gebracht. Man hat durch den Revolutionskonvent, durch die erste nichtgewählte Nationalversammlung, die Voraussetzungen dafür geschaffen, die der Unterrichtsverwaltung es möglich machen, gegen das deutsche Schulwesen willkürlich vorzugehen. Man hat den Landesausschüssen eine geradezu diktatorische Gewalt gegeben, und als das so gemacht wurde, da wurde der Beschluß ohne uns gefaßt, gegen uns.
Man hat die Bestimmung getroffen, daß Schulklassen, die nicht mindestens 40 zum Besuch dieser Schule verpflichtete Kinder besuchen könnten, aufgelassen werden können. Über Anordnung des Landesschulrates können Bürgerschulen, in denen nicht mindestens 90 solcher verpflichteter Schüler vorhanden sind, ebenfalls aufgelassen werden. Schon diese Bestimmung ist natürlich wahnsinnig, sie zeugt von einer unendlichen Fremdheit gegenüber allen Anforderungen einer modernen Erziehung. Man weiß - und ich will heute gar nichts mehr darüber sagen - daß bei einer solchen Schüleranzahl, die schon von vornherein zu hoch ist, der Unterricht eigentlich nicht rationell gestaltet werden kann. Aber es ließe sich vielleicht darüber noch reden, wenn wir sehen würden, daß diese zur Drosselung des Schulwesens bestimmten Paragraphen wirklich gleichmäßig zur Anwendung kämen. Die Erfahrung zeigt uns aber, daß tatsächlich eine absolute Ungleichheit besteht, daß man die deutschen, ja auch die polnischen Schulen ganz anders behandelt, als es den èechischen Schulen gegenüber geschieht, daß parteiisch vorgegangen wird. Man sperrt im deutschen Gebiete eine Schule und eröffnet gleichzeitig eine èechische Schule, wenn auch die Zahl der èechischen Kinder nur ein Viertel der vorhandenen deutschen beträgt, und alles das geschieht, ohne daß man den Vertretern der Deutschen in den Schulbehörden irgend eine Möglichkeit gibt, sich zu äußern. Über die Köpfe der Deutschen hinweg werden diese Maßregeln vorgenommen, werden Drosselungen vollzogen, und so sind wir im Verlaufe dieser verhältnismäßig gar nicht so langen Zeit, seit dem diese Drosselungen begonnen haben, zu geradezu phantastischen Ziffern gekommen, zu Zahlen, die uns das ganze Elend offenbaren, in das das deutsche Schulwesen geraten ist. Bis Ende des Schuljahres 1920/21 sind in Böhmen, Mähren und Schlesien nicht weniger als 193 Schulen der Deutschen überhaupt gesperrt worden. Die Zahl der geschlossenen Klassen beträgt nicht weniger als 1288 und seither sind weitere dazugekommen, soweit uns Nachrichten zugekommen sind, - erschöpfend ist dieses Ziffernmaterial offenbar ja gar nicht. Seither sind weiter dazu gekommen: in Böhmen 185 Klassen - soweit wir wissen, in Mähren zirka 200 Schulklassen, in Schlesien zirka 30 Schulklassen, zusammen wieder 415 Schulklassen, die gesperrt wurden, so daß wir zu einer Gesamtsumme von mehr als 1700 gesperrten deutschen Schulklassen kommen. Geradezu phantastisch hat sich dieser Verfolgungswahn gegenüber den anderssprachigen Schulen im Hultschiner Ländchen ausgetobt. Von dort vorhandenen 38 Schulklassen sind 36 gesperrt worden und 2 allein sind übriggeblieben. (Hluk na levici.) Und neben dieser Drangsalierung unseres Volksschulwesens und damit Hand in Hand geht die Drangsalierung unserer Mittelschulen. Auch da haben wir bereits 22 Schließungen festzustellen. Und nun stehen wir vor der Tatsache, daß jetzt eben wieder solche Sperrungen vorgenommen werden; in Böhmen allein sollen es 70 sein, im Reichenberger Bezirk sollen es 36 Schulklassen sein, die dieser Auffassung zum Opfer gebracht werden und man ordnet diese Schulsperrungen jetzt an, bevor man überhaupt noch eine Ahnung hat, wie groß die Schüleranzahl bei Beginn des neuen Schuljahres sein wird, ein Beweis, daß man nur von der Absicht geleitet, möglichst viele Schulklassen zu sperren, vorgeht, ohne Rücksicht darauf, ob gerade 2 Schüler mehr oder weniger da sein werden, wie es die gesetzliche Ziffer vorschreibt. Und, wie wir hören, sollen bei Beginn des neuen Schuljahres abermals Sperrungen von Schulklassen folgen. Bei diesem Vorgehen setzt man sich kühl und vollständig gleichgültig über die Tatsache hinweg, daß natürlich jetzt nach den Kriegsjahren ein Rückgang in der Schülerzahl eintreten muß. Mir sind Fälle bekannt, daß Schulen von der Gefahr der Einstellung bedroht sind, die seit mehr als hundert Jahren bestehen; jetzt benützt man die Tatsache, daß infolge der Kriegsjahre die Kinderanzahl geringer geworden ist, gegen diese Schulen vorzugehen, und ihnen womöglich ein Ende zu bereiten. Man berücksichtigt gar nicht, daß es sich da vielfach um solcheSchulen handelt, die im Gebirgslande liegen, zu denen die Kinder ohnehin einen weiten Weg zurückzulegen haben, der sich noch bedeutend verlängern würde, wenn diese Schulklassen gesperrt würden. Es hilft nichts, zu leugnen: nicht sachliche Gründe sind es, nicht sachliche Erwägungen, die zu diesen Schulsperrungen führen, es ist der blinde Chauvinismus (Sehr richtig!), der Herrenstandpunkt, der sich austoben will und den wir erdulden und ertragen müssen. Man sagt - und aus den wenigen Worten, die mir übersetzt worden sind, habe ich den Eindruck, daß das auch die Begründung war, die der Herr Minister soeben gegeben hat - Ersparungsnotwendigkeiten wären es, die angeblich zu diesem Vorgehen der Schulverwaltung zwingen. Schon Herr Kollege Schollich hat darüber etwas gesagt. Es ist doch so, daß, wenn man diese Schulklassen auch sperrt, die Lehrer trotzdem weiter bezahlt werden müssen, daß da von großen Ersparungen an und für sich nicht die Rede sein kann. Und wie verträgt sich dann mit diesem Argument des Sparens, daß der Landesschulrat auch nicht zugibt, daß diese gesperrten Klassen von den Gemeinden, von den Bezirken aus eigenen Mitteln erhalten werden? (Výkøiky na levici.) Wenn es der Regierung nur darum zu tun ist, Geldmittel zu ersparen, hat sie keinen Anlaß, die Bosheit soweit zu treiben, daß man auch den Gemeinden und Bezirken untersagt, aus eigenen Mitteln die Schulklassen weiterzuführen, die man einstellen wollte. Und im Übrigen, wenn man sich auf den Standpunkt zurückzieht, daß die Gemeinden nicht dazu berechtigt wären, Volksschulklassen zu erhalten - ja erhalten denn die Gemeinden nicht auch andere Schulen aus ihren Mitteln? - soll allein die Volksschule von diesem Recht der Gemeinden ausgeschlossen sein? Und noch eins: Das Reichsvolksschulgesetz setzt sich als ideelles Ziel sozusagen den Zustand, daß für jeden Schülerjahrgang womöglich eine eigene Schulklasse wäre. Das ist das Ziel, dem zuzustreben wäre. Pflicht des Landesschulrates, Pflicht des Unterrichtsministeriums wäre es natürlich, alles zu tun, um die Entwicklung in diese Richtung zu drängen und alle Bestrebungen zu fördern, die diesem Ideal zustreben. Man müßte Weisungen geben, daß demgemäß die Schulbehörden sich zu verhalten haben. Anstatt dessen geschieht von oben herab alles, um gerade die Absicht des Reichsvolksschulgesetzes vereiteln zu helfen, um es nicht etwa dahin kommen zu lassen, daß in zahlreichen Fällen solche höher organisierte Schulen im deutschen Gebiete bestehen. Ich sage Ihnen, meine Herren: es ist die schlechteste Methode zu sparen, wenn man bei der Erziehung, beim Jugendschutz, bei der Fürsorge für unsere Jugend überhaupt spart. Denn ich glaube, es gibt keine produktivere Anlage staatlicher Mittel als die, die für solche Zwecke aufgewendet werden. (Pøedsednictví se ujal pøedseda Tomášek.)
Aber wenn man schon glaubt, sparen zu müssen, muß es wirklich die Schule sein? Spart, wenn es sein muß, beim Militarismus, spart bei den Ausgaben für Kultuszwecke, spart bei den Ausgaben für die kostspieligen Auslandsvertretungen, spart an dem Geld, das haufenweise hinausgeworfen wird, um die ausländische Öffentlichkeit anzulügen (Výkøiky na levici.) über die Zustände in diesem Staate, spart an den Kosten der Auslandspropaganda. Das Wort vom Ersparen, es ist nur der Vorwand, in Wahrheit handelt es sich um einen planvollen Feldzug, darauf gerichtet, das deutsche Schulwesen zu erwürgen oder doch so weit als möglich herabzudrücken. Wir haben wiederholt verlangt, daß uns authentisches Material über die Anzahl dieser Klassensperrungen zur Verfügung gestellt werde, unser Verlangen hat bisher keine Berücksichtigung gefunden. Wenn das Gewissen der Schulverwaltung rein ist, wenn sie jede einzelne dieser Schul- und Klassensperrungen zu vertreten weiß, wenn sie vor derWelt bestehen kann, warum schweigt sie, warum liefert sie uns nicht das vollständige Material, wie wir vor vielen Monaten und später wieder von ihr verlangt haben? Der auch von uns hochverehrte Präsident der Èechoslovakischen Republik Masaryk hat wiederholt und erst kürzlich versichert, daß ihm die Entwicklung des deutschen Schulwesens ganz ebenso am Herzen liege, wie die Entwicklung des èechischen Schulwesens. Wo bleibt die Erfüllung dieser Äußerung des Mannes, für den Sie ihre Verehrung dadurch zum Ausdrucke gebracht haben, daß Sie ihn auf diesen Posten stellten? Anstatt daß dieser Auffassung Rechnung getragen wird, wird dieser Feldzug immer und immer wieder aufgenommen und fortgeführt. Und Sie denken gar nicht daran, wenn Sie unsere kulturelle Entwicklung stören, daß Sie die kulturelle Entwicklung des Ganzen behindern, daß der Abbau des deutschen Schulwesens das Staatsganze trifft. Das geistige, das körperliche, das sittliche Elend, das sich nach dem Kriege insbesondere unter der Jugend breit gemacht hat, ist, wie ich schon sagte, geradezu ein Zwang, den Erziehungsaufgaben die denkbar größte Aufmerksamkeit zuzuwenden. Aber da sehen wir in völliger Verkennung der Dinge einen blinden Haß sich austoben an den armen Kindern, die doch politisch wahrhaftig nicht gesündigt haben und an denen man Rache nicht nehmen kann. Wir sehen die Dinge anders als Sie, meine Herren von den Rechtsparteien, wir sehen in diesen Kindern nicht Menschen, gegen die sich die politische Macht kehren könnte, wir sehen kaum in ihnen Deutsche, kaum in ihnen Èechen, wir sehen in ihnen arme junge Menschen, die für die Zukunft herangezogen werden sollen, die unserer Hilfe bedürfen und denen diese Hilfe nicht versagt werden darf. Und wer einen Rest von sozialem Empfinden hat und wessen Herz nicht völlig ausgekühlt ist, er müßte alles unterstützen, was geschieht, um die Erziehungsmöglichkeiten für unsere Schuljugend bei Ihnen, bei uns und überall zu fördern, soweit als irgend möglich. Statt dessen sehen wir ein ständiges planmäßiges Zurückweichen vor dem engstirnigsten Chauvinismus, der sich in Ihren Reihen breit macht, der wie eine Peitsche wirkt, auch auf die Parteien, die vielleicht sonst vernünftigeren Erwägungen zugänglich wären. Unrecht und Gewalt überall - wundern Sie sich dann doch nicht, meine Herren, wenn die Ernte dieser Saat Groll, Haß und Empörung ist. Wenn Sie die Dinge nicht ins Uferlose, nicht ins Ungewisse treiben wollen, müssen Sie sich einmal dazu entschließen, diesen Skandal zu beenden. Geben Sie Ihre Zustimmung, verfügen Sie, daß die Schulen und Klassen, die uns genommen wurden, von neuem errichtet werden, sorgen Sie dafür, daß diese Vernichtungskampagne ihr Ende findet, beugen Sie ihrer Fortsetzung vor. Und wenn Sie wirklich Ordnung haben wollen, dann bleibt ja freilich nur der Weg, auf den wir Sie immer und immerwieder verwiesen haben: Die wirkliche Lösung dieses Konfliktgegenstandes, die liegt in der Gewährung der nationalen Autonomie auf dem Gebiete des Schulwesens und der kulturellen Aufgaben (Potlesk na levici.), und wenn Sie sich dazu entschlössen, Sie täten das Größte und Beste, Sie schlügen den Weg ein, an dessen Ende die Versöhnung der Völker steht. Geben Sie zu, sorgen Sie dafür, daß sich endlich vollziehe die Konstituierung der Völker! Geben Sie jedem Volk das Recht der Selbstverwaltung, geben Sie zu, daß auch auf dem Gebiete des Schulwesens wir unsere eigenen Behörden bekommen, statten Sie uns aus mit dem Rechte der Steuerhoheit für unsere Kulturausgaben, für unsere Schulen, lassen Sie uns doch unsere Schulen selbst bezahlen und Sie werden nicht sagen müssen, daß Sie zu sparen haben, weil dem Staate die Mittel fehlen, wie der Herr Minister eben gesagt hat. (Potlesk na levici.) Und Sie werden, wenn Sie sich auf den Standpunkt der nationalen Autonomie bezüglich des Kulturwesens und der Schule zurückziehen, Sie werden dann so viel Schulen haben können, als Sie nur immer wollen, und wir werden ohne Neid uns freuen, wenn Ihr Schulwesen eine hohe Entwicklung nimmt. Aber auch uns wird dann endlich die Möglichkeit gegeben sein, unser Schulwesen so auszugestalten, wie wir es wollen, wie wir es brauchen, in dem Maße, wie wir unsere eigenen Mittel bereit stellen, um die Schulen auszugestalten und zu erhalten. Kein Volk wird dann im Nachteil sein, keines wird sich beschweren können, dem andern gegenüber vernachlässigt zu sein, und so werden Sie den Haß abbauen, so werden Sie die Gegensätze mildern können, so schaffen Sie die Vorbedingung für die freie Entwicklung bei Ihnen und bei uns, so schaffen Sie die Vorbedingung, daß ein edler Wettstreit im Aufstieg der Kultur zwischen Ihnen und uns entstehe, ein Wettstreit, den wir alle begrüßen würden und der uns vorwärts führt. Geben Sie also endlich auf das angemaßte Recht des Stärkeren, daß sie uns gegenüber üben und das nichts anderes ist als Faustrecht, ein Faustrecht in anderer Form, angewendet in einem modernen Staate.
Freilich, ich weiß es, wenn man zu Ihnen von dieser Aufgabe spricht, wenn wir den Kampf um unser Schulwesen führen - wir können ihn ja nicht anders führen als in der Form der Klage über nationale Bedrückung - dann sind Sie sehr leicht bereit, uns deutsche Sozialdemokraten nationalistischer Politik zu bezichtigen. Seien Sie versichert, meine Herren, wir sind weit entfernt davon, Nationalisten zu sein, und der Schulkampf, den wir führen und führen müssen, er ist kein nationalistischer Kampf, es ist ein Kampf um das Schicksal der Kinder unserer Arbeiterklasse, den wir führen müssen (Potlesk na levici.), wenn wir nicht tatenlos zusehen sollen, wie Geist und Tüchtigkeit der heranwachsenden Jugend verkümmert. Wir wenden uns, indem wir den Schulkampf führen, dagegen, daß unsere Kinder ausgeschlossen seien von jenem Grade der Bildung, der unter den gegebenen Verhältnissen an und für sich erreichbar ist. Es ist ja schon dafür gesorgt, daß der Bildungsgang des Arbeiterkindes kein hoher werde, denn dafür haben Sie Bildungsprivilegien geschaffen, die die besitzende Klasse für sich allein in Anspruch nehmen kann. Wogegen wir uns wenden, ist, daß Sie nun auch noch die armselige Volksschule, die Schule der Kinder der Arbeiterklasse, erdrosseln wollen, wogegen wir uns wenden, ist, daß Sie die Volksschule, die Bürgerschule, die auch die Schule der Masse ist, die Schule, die das einzige Bildungsmittel darstellt, das diese Volksklasse sich nutzbar machen kann, daß Sie diese Schule drangsalieren. Und wenn wir also diesen Schulkampf führen, so ist das ein Kampf dagegen, daß die Kinder des deutschen Proletariates ausgeschlossen werden von der Teilnahme an der Kultur, so ist das ein Kampf, den wir führen, um freie Menschen, um Menschen mit Denkkraft und Denkfähigkeit, um selbstbewußte und kampffähige arbeitende Menschen heranzuziehen, so wie wir sie brauchen. So sehen wir den Schulkampf. Es handelt sich nicht um einen nationalistischen Kampf, es ist ein Klassenkampf im wahrsten Sinne des Wortes (Potlesk na levici.), den wir führen, und wenn wir ihn führen, dann erfüllen wir durchaus und absolut unsere sozialistische Pflicht, deren Vernachlässigung unvereinbar wäre mit der prinzipiellen Stellung, die wir einnehmen.
Und so stellen sich unsere Anfragen,
die hier zur Debatte stehen, dar als Appell an Ihr Kulturgewissen,
meine Herren von der rechten Seite dieses Hauses, an die Einsicht
und Ve rnunft. Das, was wir wollen, das ist das Abbauen des Hasses
zwischen den Völkern, was wir wollen, das ist die Schaffung der
Möglichkeit des friedlichen Zusammenlebens zwischen Ihnen und
uns, das, was wir wollen, isst, daß Sie die Möglichkeiten schaffen,
damit alle im Volke ruhenden Kräfte sich entfalten können, daß
sie geweckt werden durch ein gutes Schulwesen. Wir bieten Ihnen
die Hand dazu, daß Sie diese Möglichkeiten schaffen für sich und
für uns. Geben Sie uns die Schulautonomie und unendlich viel wird
auf diesem Gebiete schon geschehen sein! Wir bieten Ihnen die
Hand, damit alle Möglichkeit der freien Entwicklung geschaffen
werde. Wir sagen Ihnen: Laßt ab von unserer Schule, die Volksgut
im besten Sinne des Wortes ist und für die auch wir Vertreter
der deutschen Arbeiterklasse einzustehen entschlossen sind, immerzu,
unter allen Bedingungen, und wenn es sein muß, mit allen Mitteln.
(Souhlas na levici.) Weisen Sie aber die dargebotene Hand
zurück und fahren Sie fort auf dem bisherigen Wege gegen unser
Schulwesen vorzugehen, so mag es Ihnen, meine Herren, wohl gelingen,
das Recht zu beugen, anstelle des Rechtes die Gewalt zu setzen.
Zwingen werden Sie schließlich uns nicht können! Wir werden dann
eben, wenn es sein muß, fo rtführen den Kampf, erfüllt von der
Zuversicht, daß schließlich doch Recht Recht werden muß, fortführen
den Kampf für unsere Schule, für unsere Kinder. (Souhlas a potlesk
na levici.)