Das Ziel des gegen uns geführten Schulkampfes ist die Vernichtung des hochorganisierten, gut entwickelten deutschen Schulwesens. Man will das deutsche Volk von seiner Kulturhöhe herabdrücken, man will seine Jugend körperlich und geistig verkrüppeln lassen. Das wird natürlich nicht offen gesagt, sondern es werden andere, und Scheingründe, vorgebracht, und ich werde mich nun etwas eingehender mit diesen Gründen beschäftigen. Man behauptet von èechischer Seite, daß das deutsche Schulwesen im alten Österreich besonders begünstigt, und im Gegensatz dazu das èechische Schulwesen unterdrückt worden ist. (Posl. Warmbrunn: Das ist wahr!) Herr Kollege Warmbrunn, ich werde Ihnen gleich beweisen, daß es nicht wahr ist, daß das èechische Schulwesen unterdrückt worden ist. Diese Ansicht kann ich vielleicht verstehen und gebe Ihnen recht, wenn Sie vielleicht das Mittelschulwesen herausgreifen, es stimmt aber in gar keiner Weise bezüglich des Volksschulwesens. Denn auch im alten Österreich haben die Gemeinden die sachlichen Bedürfnisse bei Schulgründungen beizustellen gehabt, den Personalaufwand hat das Land beigestellt. Ich stelle fest, daß Böhmen und Mähren seit Jahrzehnten, in Mähren seit dem Ausgleich des Jahres 1905 - eine in der Mehrheit èechische Verwaltung hatten. (Sehr richtig!) Wenn infolgedessen die Èechen nicht genügend berücksichtigt worden sind, dann müssen sie sich an ihre eigenen Kreise wenden, dann müssen sie es beklagen, daß in ihren Gemeinden dem Volksschulwesen nicht jene Beachtung geschenkt wurde, (Souhlas na levici.) wie auf deutscher Seite. (Výkøiky na levici.) Während unsererseits, auf deutscher Seite, ein großes Interesse an einem hochentwickelten Schulwesen vorhanden war, während selbst die kleinste Gemeinde ihren Stolz darein setzte, ein schönes Schulgebäude zu besitzen, war eben auf èechischer Seite dieses edle Bestreben nicht vorhanden.
Es war ein einziger Streitpunkt: die Minderheitsschulen, weil sich die deutschen Gemeinden wehrten, für das zugewanderte èechische Element Schulen auf eigene Kosten zu bauen. Nur auf diesem Gebiete kam es bedauerlicherweise zu keinem Übereinkommen und das ist der einzige Vorwurf, der heute den Deutschen gemacht werden kann, umgekehrt aber von Seite der deutschen Minderheiten in den èechischen Städten selbstverständlich auch den èechischen Gemeindevertretungen. Sie prunken heute mit der Behauptung, daß angeblich beim Umsturz in den deutschen Schulen nur 50 bis 53 Kinder in einer Klasse gesessen sind, in den èechischen aber 60, und der Berichterstatter des Budgetausschusses Dr. Srdínko hat diese Zahlen für jezt mit 46 in den deutschen und mit 50 in den èechischen Schulklassen angegeben. Davon leitet er den Schluß ab, daß heute noch Ungerechtigkeiten in der Verteilung vorhanden sind. Sie vergessen oder wollen es aber schlauer Weise nicht sagen, daß die Deutschen mehr einklassige und im Verhältnis auch mehr zweiklassige Schulen haben als die Èechen. Ich werde nur das Verhältnis nach dem Stande vom 31. Dezember 1919 hernehmen - leider steht mir nur das Material von Böhmen zur Verfügung. Nach diesem Stande sind in Böhmen 1132 einklassige Schulen, davon 516, d. i. 45.6 % èechische und 616 oder 54.4 % deutsche. (Hört! Hört!) Zweiklassige Schulen waren 1762, davon 1086 oder 61.6 % èechische, und 676 oder 38.4 % deutsche. Weiters gehören von den 225 Exposituren 117, d. i. 51 % den Èechen und 108 oder 49 % den Deutschen. Von den 11 Exkurrendostationen gehören 5 den Èechen und 6 den Deutschen. Der perzentuelle Anteil der Deutschen in Böhmen ist nach der letzten Volkszählung 31.9 %, also rund 32 %. Demnach müßte auch unser Anteil an diesem Schulwesen nicht mehr wie 32 % im Höchstfalle ausmachen. (Sehr richtig!) Wir haben aber das eine Mal 54.4, das andere Mal 38.4 %. Diese Zahlen finden ihre Erklärung in den Siedlungsverhältnissen. Nachdem unsere Volksgenossen in den schwer zugänglichen Randgebirgen und unfruchtbaren Gegenden siedeln, wurden hier vielfach Schulen geschaffen, um den Kindern wegen der schlechten Weg- und Witterungsverhältnisse die mögliche Ausbildung zu geben. Es ist selbstverständlich, daß diese Schulen natürlich eine geringere Kinderanzahl haben können, im Gegensatz zu den èechischen Schulen, die vielfach im Tieflande sind und deren Klassen natürlich besser gefüllt sein können. Es ist also ein Unsinn, wenn man vielleicht rechnerisch den Durchschnitt zieht, um damit zu behaupten, daß wir mehr Schulen, bzw. zuviel Klassen haben oder daß Ihre Klassen überfüllt sind. (Výkøik posl. inž. Junga.) Ich behaupte, selbst wenn es richtig wäre, daß die Deutschen im alten Österreich begünstigt worden wären, daß es durch nichts gerechtfertigt ist, daß die Èechen diesen Schulkampf, diesen Kulturkampf, gegen uns begonnen haben. (Místopøedseda inž. Botto pøevzal pøedsednictví.)
Wäre es nicht vielleicht zweckentsprechender und vernünftiger, wenn Sie die eigene Schule hinaufentwickelt hätten, (So ist es!) wenn Sie Schulen geschaffen hätten, so viel Sie wollten? Auch wir waren der Meinung und vertreten auch heute noch diesen Standpunkt, Sie mögen sich Schulen schaffen, so viel Sie wollen. Aber auf der einen Seite uns die Schulen wegnehmen, um die eigenen hinaufzuentwickeln, das ist nicht mehr Kultur, das ist Unkultur, das ist Rückschritt und dessen haben Sie sich schuldig gemacht. (Posl. Warmbrunn: Sie haben kein Recht, kein moralisches Recht, über Unterdrückung zu klagen!) Herr Kollege Warmbrunn, Sie haben kein Recht sich aufzuregen , Sie beschmutzen ja ihr eigenes Nest! (Posl. warmb runn: Entschuldigen Sie, woher nehmen Sie das moralische Recht. . . . .) Sie haben jahrelang vom deutschen Schulverein den Gehalt bezogen als Hüter des deutschen Schulwesens und heute beschmutzen Sie das eigene Nest. (Posl. Warmbrunn: Was folgern Sie daraus?) Daß Sie schon lange Ihre Stelle beim deutschen Schulverein hätten niederlegen sollen. (Výkøiky na levici. - Hluk.).
Meine Herren! Es wird von èechischer Seite behauptet, daß dieser Weg, den wir meinten, nicht zu beschreiten war, weil man sparen mußte. Ich glaube, darüber kein Wort mehr! Ein Staat, der Milliarden für Militär hinauswirft in einer Zeit, wo die ganzen Nachkriegswirkungen, die vielen Verirrungen überall zu bemerken und zu beoba chten sind, ein Staat, der für die französische Militärmission Millionen nutzlos hinauswirft, der hat kein Recht, dieses Sparsystem gerade auf die Schule anzuwenden. Es ist das Verkehrteste, für unproduktive Zwecke Milliarden hinauszuwerfen und hier für produktive Zwecke nicht einmal die notwendigen Millionen aufzubringen. Außerdem steht gerade dieses Argument im Widerspruch mit der Tatsache, daß Sie auf der anderen Seite hunderte èechischer Schulklassen neu eröffnet haben. Und wenn ich schließlich noch zugeben will, daß die Deutschen vielleicht wirklich ein höher entwickeltes Schulwesen gehabt haben, so hat dies auch vielleicht darin seinen Grund gehabt, daß schließlich und endlich das deutsche Volk ein altes Kulturvolk ist und daß das èechische eigentlich erst in neuerer Zeit einen lebhafteren Bildungsdrang entwickelt hat. Aber schließlich, ich meine, über all das hätte man reden können. Das verletzende aber bei dem ganzen Vorgehen war, daß man uns, die Vertreter des deutschen Volkes, daß man die deutschen Kö rperschaften, die zum Schutze des Schulwesens da sind, nicht einmal gefragt hat, daß man einfach über unsere Köpfe hinweggegangen ist, daß man das Verfahren sofort durchgeführt hat, daß man den Rekursen nicht stattgegeben hat, kurz und gut, daß wir vollständig machtlos den Verhältnissen gegenüberstanden, obwohl der Minister Habrman seinerzeit als Schulminister ausdrücklich erklärt hatte, er werde mit uns bei jeder neuen Schulauflassung verhandeln. Er hat dieses Wort nicht gehalten, er konnte es vielleicht nicht halten, wie ja so verschiedene Ministerworte in diesem Staate nicht gehalten worden sind (Souhlas na levici.), seine eigenen Beamten erlaubten es ihm nicht, sein Wort zu halten. Gewiß, wir hätten den Verhältnissen nach dem Umsturz Rechnung getragen. Es ist ohne Zweifel eine gewisse Abwanderung von den deutschen Schulen zu beobachten. Die deutschen Schulen haben früher eine gewisse Anziehungskraft auf die èechischen Kinder ausgeübt, die Kinder erlernten eine Weltsprache, sie nahmen Einblick in den deutschen Kulturkreis, was ihnen für das fernere Leben gewiß nicht geschadet hat. Von einer Germanisation, die Sie uns heute vorwerfen, konnte keine Rede sein, denn ich könnte Ihnen aus Ihrem eigenen Volke eine Reihe von ganz hervorragenden Männern, angefangen vom Präsidenten Masaryk, nennen, die durchwegs in die deutsche Schule gegangen und gute Èechen geblieben sind. Die Kinder wurden in der Schule deutsch unterrichtet, zu Hause aber wurde èechisch gesprochen, von einer Germanisation war gar keine Rede. Umgekehrt gebe ich auch zu, daß die Anzahl der deutschen Kinder in den èechischen Schulen außerordentlich gering war, aus dem einfachen Grunde, weil die èechische Sprache einen Vergleich mit der deutschen Sprache in ihrem Geltungsbereiche nicht aufnehmen kann, weil man schließlich und endlich mit ihr nicht weit kam und die kulturellen Errungenschaften nicht so bedeutend waren, daß sie eine Anziehungskraft auf die deutschen Kinder ausgeübt hätten. Es waren nach Professor Srdínko am 31. Dezember 1918 in Böhmen 15.780 èechische Kinder in deutschen Schulen und umgekehrt 2356 deutsche Kinder in èechischen Schulen. Die Zahl ging sofort herunter. Im Jahre 1919 war sie bereits auf 3204 èechische Kinder gefallen und umgekehrt die Zahl der deuts chen Schulkinder hinaufgegangen auf 2842. In dem letzten Schuljahr gab es in der èechoslovakischen Republik nach Professor Srdínko in den èechischen Schulen 3527 deutsche Schulkinder, d. i. 0·4 % aller schulbesuchenden Kinder, in den deutschen Schulen 0.8 %, also ungefähr 7000 èechische Kinder. Ich weiß nicht, wie Herr Professor Srdínko zu diesen Zahlen gekommen ist, es sind nach meiner Auffassung kühne Annahmen, Phantasiezahlen, denn der Schülerkatalog hat bis heute noch keine Rubrik über die "Nationalität", der Lehrer fragt nicht und kann nicht fragen nach der Nationalität der eingeschriebenen Kinder, er weiß es vielfach nicht, nachdem auch die Volkszählung, wie Sie ja wissen, nunmehr ein großes Geheimnis geworden ist. Aber zugegeben, daß alle diese Zahlen richtig sind: Durch den Umsturz sind neue Verhältnisse eingetreten, Tausende èechischer Kinder sind aus den deutschen Schulen zurückgeflutet und haben damit die Auflassung von deutschen Schulklassen gerechtfertigt. Ich nehme an, wir hatten rund 20.000 èechische Kinder in unseren deutschen Schulen. Wenn Sie einen Durchschnitt nehmen von 80 Schülern pro Klasse, so rechtfertigt das die Auflassung von 250 deutschen Schulklassen. Und ich gebe Ihnen auch noch das Doppelte! Nehmen Sie an, daß 500 Klassen aufzulösen notwendig gewesen wären. Aber wie rechtfertigen Sie, daß über 1600 deutsche Schulklassen aufgelassen worden sind?
Der Vorgang allerdings war sehr einfach. Nach § 9 des Gesetzes vom 3. April 1919 hatte der Vorsitzende des Landesschulrates das Recht, alle Klassen aufzulösen, wo nicht genau 40 Kinder vorhanden waren. Der § 5 desselben Gesetzes gab ihm aber auch die Möglichkeit, unter Umständen auch Schulen zu schaffen, wo nicht 40 schulbesuchende Kinder vorhanden sind. Das heißt mit anderen Worten: Für die Gründung èechischer Klassen und Schulen war jede Anzahl genügend, bei den deutschen wurde genau nach der Vorschrift gehandelt. Ich werde Ihnen einmal kurz den Vorgang beschreiben, wie er sich bei uns in hunderten Fällen abgespielt hat: In reindeutschen Gemeinden wird zunächst einmal eine Versetzung in der Beamtenschaft vorgenommen, ein neuer Gendarmeriekommandant kommt hin mit 4 bis 5 Kindern, Eisenbahnpersonal wird ausgewechselt, Familien mit zahlreichen Kindern werden ausgesucht, die Finanzwache wird ausgewechselt u. dgl. mehr. Auf einmal ist die Zahl von 10 oder 12 èechischen Kindern in einer deutschen Gemeinde vorhanden. Man nimmt dann weiter dazu die nichtschulpflichtigen Kinder, man rechnet dazu Kinder, die bereits das Schulalter überschritten haben, ja es gibt bei uns sogar sogenannteWanderkinder, die wandern von einer Gemeinde zur anderen, sie werden immer gezählt, und bis die Schule errichtet ist, wandern sie in die nächste Gemeinde. (Posl. Vahala: 20 jich tam máte vy!) Herr Kollege Vahala, ich werde Ihnen aus Ihrem Wahlkreise eine ganze Reihe von Daten später bringen. Ich bitte, sich etwas zu gedulden.
Wird einmal eine Schule errichtet, muß sie auch untergebracht werden. Aber trotz der Wohnungsnot gibt es heute gar keine Schwierigkeiten dabei. Der § 7 des Gesetzes vom 3. April 1919 gibt dem Vorsitzenden des Landesschulrates das Recht der Enteignung. Es wird rücksichtslos angewendet und zwar vielfach an deutschen Schulgebäuden, obwohl es klar ist, daß es vielleicht niemals in der Absicht der Gesetzgeber war, deutsche Schulklassen zu diesem Zwecke heranzuziehen. Deutsche Schulklassen werden enteignet, die deutschen Schulen müssen Halbtagunterricht einführen, damit nur für die wenigen èechischen Kinder Platz gemacht wird. Aber nicht bloß das, es ist oft nur ein Justamentstandpunkt, der eingenommen wird. Man kapriziert sich ausgerechnet auf die besten Schulgebäude, die es in den deutschen Gemeinden gibt. Wir haben z. B. in Neutitschein ein Gebäude für èechische Schulzwecke zurVerfügung gestellt, dasseit Jahrzehnten für deutsche Schulzwecke benützt wird und auch heute noch Verwendung findet. Es ist vollkommen gegeignet. Der Bezirkshauptmann selbst erklärte mir, er würde das gutheißen und diese Lösung annehmen; die èechische Minderheit aber kaprizierte sich ausgerechnet auf das allerbeste und neueste Schulgebäude und setzte es auch beim Ministerium durch, daß sie es bekam. Das Ministerium sanktioniert restlos alles, was von ihm verlangt wird. Deutsche Kindergärten werden enteignet, Privathäuser werden beschlagnahmt, der Hausherr hat kein Recht mehr, selbst über seine Räume zu verfügen. Er kann einen Rekurs einbringen, aber trotz des eingebrachten Rekurses werden bereits die baulichen Veränderungen an seinem Hause vorgenommen.
Nun weiter: Diese Schulen müssen nun bevölkert werden, und da zu wenig èechische Kinder vorhanden sind oder vielleicht auch zum Beweise, daß deutsche Schulklassen mit Recht aufgelassen werden mußten, werden die sogenannten Reklamationen der Schulkinder durchgeführt. Was auf diesem Gebiete sich seit Jahr und Tag besonders in Mähren abspielt, spottet jeder Beschreibung und ist geradezu haarsträubend. Ich gebe zu, daß der Grundsatz richtig ist und daß auch wir anerkennen, daß èechische Kinder in èechische Schulen gehören. Aber dann auch umgekehrt, daß ein deutsches Kind in eine deutsche Schule gehört! (Souhlas na levici.) Dann werden wir noch zu sprechen haben über die Kinder aus einer sogenannten gemischten Ehe. Denn das ist bis heute noch nicht festgestellt, dafürgilt bis heute das Elternrecht, in Mähren eingeschränkt durch die lex Perek. Im § 20 des Gesetzes vom 27. November 1905 wird festgesetzt, daß in die Volksschule in der Regel nur Kinder aufgenommen werden dürfen, welche der Unterrichtssprache mächtig sind. Vor wenigen Tagen, am 7. Juni 1922, hat das Oberste Verwaltungsgericht unter Zahl 6962 diesbezüglich ein Erkenntnis gefällt, das im Widerspruche mit dem steht, was es mit Entscheidung vom 24. September 1921, Zahl 11774, ausgesprochen hatte, daß nämlich ein schulpflichtiges Kind grundsätzlich in die Schule seiner Nationalität gehört. Damit wird auch mit der Rechtsanschauung des alten Wiener Verwaltungsgerichtshofes vollständig gebrochen und ein ganz neuer Grundsatz aufgestellt. Ich halte dieses Urteil für ein bedauerliches Fehlurteil. Aber selbst zugegeben, daß die Nationalität für den Besuch einer Schule maßgebend sein soll: Aber wer bestimmt denn die Nationalität des Kindes? Darüber schweigt sich das Verwaltungsgericht vollständig aus. Das Verwaltungsggericht sagt in seinem Erkenntnis, daß das eine Frage des Tatbestandes ist, den festzustellen Sache der Behörde sei. Und wie wird das gemacht? (Posl. Sladký: Podle sèítání!) Diesen Schwindel können wir schon von der Volkszählung her. Wir wissen, daß der Einzelne gar kein Recht hat, nicht das Recht der Entscheidung über sich selbst, sondern, daß durch die politische Bezirksverwaltung einfach nach dem Namen, nach Forschungen vielleicht nach dem Großvater und Urgroßvater einfach bestimmt wird, welcher Nationalität der einzelne anzugehören hat. Es sind hunderte, es sind tausende solcher Erkenntnisse erflossen, wo einfach dem Betreffenden gegen seinen eigenen Willen, gegen sein Bekenntnis im Volkszählungsbogen die Nationalität "deutsch" abgesprochen und "èechisch" aufgezwungen wurde; es wurde ihm gegen seinen eigenen Willen einfach die èechische Punze aufgedrückt. Alle Rekurse haben bis heute nichts genützt. Die Landesregierung hat bereits die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt, das Ministerium wird sie selbstverständlich auch bestätigen. Die Volkszugehörigkeit wird also von der politischen Bezirksbehörde oder, besser gesagt, vom èechischen Gendarmen des betreffenden Ortes bestimmt. Zahlreiche Übergriffe sind diesbezüglich vorgekommen und Sie werden es also begreiflich finden, daß wir uns gegen eine derartige Bestimmung der Nationalität ganz energisch zur Wehr setzen müssen, daß wir auf dem Grundsatze stehen, daß lediglich der frei erklärte Wille jedes einzelnen entscheidend sein darf. Das entspricht auch den §§ 106, 107 und 121 der èechoslovakischen Verfassungsurkunde, welche allen Bewohnern der Èechoslovakischen Republik ohne Rücksicht auf ihre Herkunft, Sprache, Rasse und Religion vollen Schutz ihrer Freiheit und der mit der persönlichen Freiheit verbundenen Freiheit des Willens, sowie des Gewissens und des Bekenntnisses gewährleisten. Jeder Staatsbürger hat also das Recht, in allen Gewissens- und Glaubenssachen freie und souveräne Entscheidungen zu treffen. Sie werden sagen: das Recht der Nation ist stärker als das Recht des Einzelnen. Leider haben wir diesen Grundsatz noch nicht in der Form eines Gesetzes kodifiziert. Er wird auch schwer durchzuführen sein, bei der Art, wie unsere Bevölkerung seit Jahrhunderten durcheinander siedelt, und sich vermischt hat, z. B. gibt es auf deutscher Seite viele Familien mit èechischen Namen und umgekehrt, auch auf èechischer Seite sehr viele mit deutschen Namen. Ich greife nur einige Parlamentarier auf èechischer Seite heraus: Engliš, Ertl, Franke, Habrman, Hampl, Hajn, Langr, Mach, Meissner, Neumann - er schreibt sich allerdings verschämt Najman (Veselost.) - Frau Pechman, Schuster, Sonntág, Winter usw. usw. Sie sehen also, dieser Grundsatz ist nicht anwendbar und auch damit werden wir auf keinen grünen Zweig kommen.
Sie nun wenden trotzdem diesen Grundsatz, daß der Name die Nationalität bestimmt, auch auf die schulbesuchenden Kinder an. Der Vorgang ist folgender: Zuerst wird ein Privatbrief an die Eltern geschrieben, - ich habe hier Originale vom Leiter der Minderheitsschule in dem betreffenden Orte. In diesem Privatbriefe heißt es, daß eine neue èechische Minderheitsschule im Orte bestehe und "da Sie nach vertraulicher Mitteilung èechischer Nationalität sind, bisher aber ihre Ihre Kinder in die èechische Schule nicht einschreiben ließen, werden Sie von der Leitung aufgefordert, dies ehestens zu tun und hofft die Schulleitung, daß Sie dieser Aufforderung Folge leisten werden." Unterschrieben: Šnitzer. Auch vielleicht ein Urèeche. (Veselost.) Das ist ein sanfter Druck. Der genügt meist nicht. Da hilft die politische Bezirksverwaltung etwas nach. Der Leiter der politischen Bezirksverwaltung schreibt nun einen Privatbrief. Er ist zwar amtlichen Charakters, aber mit einer Marke versehen, zum Zeichen, daß es sich um ein privates Schreiben handelt. Darin steht unter anderem: "Zuerst wendet man sich auf privatem Wege und mit freundlichen Rat an Sie. Ich ersuche Sie, sich Ihrer völkischen und moralischen Pflicht zu erinnern (Hört! Hört!) und weiterhin Ihr Kind in die èechische Schule einzuschreiben. Wenn dieser mein freundschaftlicher Rat nicht befolgt würde, würde ich gezwungen sein, die Erfüllung Ihrer Pflicht nach dem Gesetze anzustreben. (Hluk na levici.) Das ist Amtsmißbrauch, Rechtsbruch und widerspricht allen bestehenden Gesetzen. (Posl. dr. Lodgman: Wer ist denn dieser Kavalier?) Das ist der Janiš in Mährisch-Weißkirchen. (Výkøiky na levici.) Ich habe Originalbriefe hier. Also auf privatem Wege wurde auf die Eltern Einfluß genommen. Ich habe hier ein zweites Schreiben vom Bezirksschulrat in Sternberg, unterschrieben vom Amtsleiter Dostal, in dem er an eine Partei folgendermaßen schreibt: "Ich trage Ihnen auf, daß Sie sofort beginnen, Ihre Kinder in die èechische Schule zu schicken, widrigenfalls gegen Sie mit scharfen Strafen eingeschritten werden wird." (Výkøiky na levici.) Ich werde Ihnen noch andere Fälle mitteilen. Diese Verständigung genügt oftmals nicht. Da wird nun der Betreffende aufgefordert, mit seinen Kindern zu einer Prüfung zu erscheinen, und zwar unter der Androhung, im Falle des Nichterscheinens mit der Gendarmerie abgeholt zu werden. Eine gesetzliche Bestimmung für die Abhaltung derartiger Prüfungen ist mir vollständig unbekannt. Es gibt keine. Die Leute leisten dieser Aufforderung meist Folge und erscheinen denn vor einer Prüfungskommission, die sich zusammensetzt: aus zwei èechischen Lehrern, dem Leiter der Bezirkshauptmannschaft und einem Kommissär, dem èechischen Inspektor des betreffenden Bezirkes. Hie und da ist es vorgekommen, daß auch ein deutscher Vertreter der Parteien oder des Ortsschulrates eingeladen wurde. Nun wird dort vom èechischen Lehrer eine Prüfung mit den deutschen Kindern vorgenommen, und zwar zur Feststellung, ob das Kind der èechischen Sprache mächtig ist. Man fragt die Kinder nach bekannten Gegenständen. Man fragt sie: Was ist das? "Das ist ein Stuhl, das ist ein Tisch." Die Kinder lernen bei uns schon in der zweiten und dritten Klasse Èechisch und kennen also diese einfachen Begriffe oder sie kennen sie aus dem Leben draußen. Dann gibt man den Kindern ein Buch zu lesen, da steht: To je táta, to je máma. Das kann das Kind lesen, weil es lateinische Buchstaben kennt, wenn es auch manchmal nicht weiß, was es gelesen hat. Darauf kommt in das Protokoll: "Es ist durch die Prüfung festgestellt, daß das Kind der èechischen Sprache in Wort und Schrift mächtig ist." (Výkøiky na levici.) Es kommt natürlich vor, daß die Kinder nicht wissen, worum es geht, daß sie keine Ahnung haben, wovon die Rede ist und nicht antworten. Da kommt dann in das Protokoll hinein, "das Kind versteht zwar Èechisch, weigert sich aber, èechische Antworten zu geben." Damit wird das Protokoll abgeschlossen, geht nach Prag an das Ministerium und, während wir sonst wochenlang, monate- und jahrelang auf eine Entscheidung des Ministeriums warten müssen, geht es in solchen Fällen außerordentlich rasch. In 14 Tagen, 3 Wochen, ist die Entscheidung seitens des Ministeriums hier und zwar dahingehend, daß tatsächlich festgestellt worden ist, daß das Kind der èechischen Sprache in Wort und Schrift mächtig ist. Infolgedessen wird der deutschen Schulleitung aufgetragen, das Kind aus der deutschen Schule auszuscheiden und der èechischen Schule zum Besuche zuzuweisen. Ein Rekursrecht wird nicht zugestanden. Außerdem wird mit den schwersten Strafen gedroht, falls diese Ausscheidung nicht sofort durchgeführt wird. Nun sind Fälle bei uns vorgekommen, daß selbstverständlich Eltern sich auch geweigert haben und glatt erklärten, sie werden dazu niemals ihre Zustimmung geben. Das hat ihnen gar nichts genützt, sie wurden vorgeladen, wurden erst einmal in Güte aufgefordert, das zweitemal bestraft wegen Schulversäumnis ihrer Kinder mit 20 Kronen, dann mit 40 Kronen und schließlich sogar mit Arrest.
Nun, meine Damen und Herren, ich weiß nicht, ob Sie das gutheißen. Mir ist es unbegreiflich, wie das Ministerium das zulassen konnte. Mir ist es unbegreiflich, daß nicht ein rechtlich denkender Èeche vorhanden war, der erklärt hätte, es müsse wenigstens solange gewartet werden, bis der Rekurs beim Ministerium erledigt ist. Der Herr Vizepräsident Remes hat einmal in einem Falle zugestanden, zuzuwarten, aber der Bezirkshauptmann Šèáva in Neutitschein hat sich einfach daran nicht gehalten, weil draußen jeder Beamte macht, was er will und dort selbst die Stimme des Ministers und der Zentralbehörden nicht mehr gehört wird.
Ich werde Ihnen einzelne spezielle Fälle aufzählen. In Schlettau, Bezirk Mährisch-Trübau, war eine deutsche Frau. Der Mann war gestorben, ein Knabe besuchte die deutsche Schule. Die Frau heiratete zum zweitenmal. Der Stiefvater war ein Èeche. Trotzdem blieb das Kind in der deutschen Schule, weil die Mutter es verlangte und weil es ein deutsches Kind war. Am 3. Feber 1922 wurde der Stiefvater zur politischen Bezirksbehörde vorgeladen, um sich zu rechtfertigen, warum das Kind in der deutschen Schule sei. Er weigerte sich das Kind herauszunehmen und wurde zu 24 Stunden Arrest verurteilt. (Hört! Hört!)
In Mährisch-Kromau sind viele Eltern, die ihre Kinder nicht in die èechische Schule schicken wollten, zu 4 Tagen Arrest verurteilt worden. In der Olmützer Sprachinsel, in Nedweis, Neretein, in Olmütz Neugasse war es ebenso. In Seitendorf bei Neutitschein lebt eine Frau seit 10 Jahren von ihrem Manne getrennt. Der Mann war ein Èeche, sie eine Deutsche. Das Kind geht die deutsche Schule. Die Frau weiß gar nicht, wo der Mann sich aufhält. Sie muß das Kind selbst ernähren und fortbringen. Jetzt bekam sie den Auftrag, daß dieses Kind sofort auszuschulen und als èechisches Kind der èechischen Schule zu überweisen ist.
Ich könnte die Aufzählung noch beliebig fortsetzen. In Seelowitz, Wojkowitz, Mährisch-Kromau gab es hochnotpeinliche Untersuchungen, die angestellt wurden darüber, ob nicht der Urgroßvater oder der Ururgroßvater einmal ein Èeche gewesen ist. Èechisch klingende Namen wurden zum Anlaß genommen, um die Kinder zum èechischen Schulbesuch zu zwingen. In Wainitz, Bezirk Znaim, wurde der Sohn eines deutschen Oberlehrers aus der deutschen Schule ausgewiesen und der èechischen Schule überstellt, weil er einen èechischen Namen hatte. Ich könnte Ihnen erzählen, daß ich selbst beim Unterrichtsminister Šusta mit einem Herrn war, der auf Grund seiner Dokumente nachweisen konnte, daß sowohl seine Familie, als auch die Familie seiner Frau seit Jahrhunderten deutsch gewesen sind. Er hat unglücklicherweise den èechischen Namen Èerný. Er legte dem Minister die gesamten Dokumente vor, und bat mit aufgehobenen Händen, er möchte dieses Unrecht gutmachen und möchte doch endlich erlauben, daß sein Kind wieder in die deutsche Schule zurückgehen könne. Das hat aber dem Manne alles nichts genützt. Der Minister erklärte, er könne nichts machen, er müsse sich erst mit Brünn in Verbindung setzen. Der gute Mann ging gebrochenen Herzens mit dem Bewußtsein aus dem Zimmer, daß es in diesem Staate keine Behörde gibt, bei der Deutsche ihr Recht bekommen können. (Výkøiky na levici.)
Ich will nicht davon sprecen, welchen Druck man auf Beamte, Offiziere und Bedienstete ausübt. Ich will nur feststellen, daß solche Ungerechtigkeiten draußen in hunderten Fällen vorgekommen sind und daß die Reklamationen nicht durch das zuständige Forum, durch den Bezirksschulausschuß vorgenommen wurden, sondern daß der Leiter der politischen Bezirksverwaltung als Vorsitzender des Bezirksschulausschusses vollständig selbständig gehandelt hat. Und was Sie für Herren draußen an der Spitze der politischen Bezirksverwaltungen haben, das weiß der Herr Minister Èerný wohl sehr genau, weil wir es ihm schon oft genug gesagt haben: Männer, wie Šèáva in Neutitschein, Dostal in Sternberg, Žilka in Mähr.-Ostrau, Kuchinka in Mährisch-Kromau und wie sie alle heißen in Böhmen, Mähren und Schlesien. Solche Zustände sind geradezu ein Skandal für diesen Staat und diese Leute sind in erster Reihe schuld, daß heute bereits eine derartige ungeheuere Erregung in der Bevölkerung Platz gegriffen hat. Denn diese Herren sind nicht unbeeinflußte Beamte für beide Nationen, sondern nur für die èechische, wie z. B. der Bezirkshauptmann Šèáva in Neutitschein ausdrücklich erklärt hat, er sei nur zum Schutze der èechischen Minderheit da, um ihr alle Steine aus dem Wege zu räumen. (Hluk.) Wir waren der Meinung, daß dieser Mann für beide Nationen da ist, wir waren der Meinung, daß er, besoldet von Steuergeldern beider Völker, unbeeinflußt und unparteiisch besonders in dem gemischtsprachigen Bezirk beiden Nationen Rechnung tragend amtieren muß, und mußten aus seinem eigenen Munde erfahren, daß er hier nur der Exponent der èechischen Politik ist.