Meine Damen und Herren! Die Durcl hpeitschung wichtiger, tief in das Volksleben einschneidender Vorlagen ist in diesem Hause zur Regel geworden, besonders wenn es sich um die Durchpeitschung von Vorlagen sozialpolitischen Inhaltes vor Sessionsschluß handelt. Voriges Jahr im Dezember wurde die Novelle zum Mieter schutzgesetz von der Tagesordnung abgesetzt. Die Zwischenzeit sollte dazu verwendet werden, um ein neues Mieterschutzgesetz gründlich vorzubereiten. Man hatte erwartet, daß das nunmehr geschieht. Die Verhandlungen in der "Pìtka" haben, wie wiederholt festgestellt wurde, viele Monate gedauert. Aber die Fassung des Gesetzentwurfes, wie er uns vorliegt, dürfte erst in den letzten Augenblicken vor der Einbringung im Hause erfolgt sein. Daher auch die juristischen Mängel, auf die im sozialpolitischen Ausschuß hingewiesen wurde. Der Auslegungskunst der Advokaten ist damit der weiteste Spielraum gegeben. Es ist für uns beschämend, feststellen zu müssen, wie man uns gerade bei dieser Vorlage behandelt hat, in einer Weise, wie es früher nicht vorgekommen ist, trotzdem wir schon an vieles gewöhnt sind. Erst gestern wurde uns die Vorlage in deutscher Übersetzung übergeben. Heute drängte eine Sitzung die andere, eine Abänderung des Gesetzes die andere, so daß man sich einen Überblick gar nicht machen konnte und es daher für uns ganz unmöglich ist, in gründlicher, sachlicher Form zu der wichtigen Vorlage Stellung nehmen zu können, und ohne daß Gelegenheit geboten gewesen wäre, die Meinungen der interessierten Körperschaften und die Wünsche derselben zur Kenntnis zu nehmen. Bei einer solchen Vorlage, wo die wirklichen oder scheinbaren Gegensätze der Hausbesitzer und der Mieter aufeinandertreffen, wäre eine gründliche Erörterung überaus notwendig gewesen, um beide Teile auf einen unter den obwaltenden Umständen möglichst befriedigenden Mittelweg zu führen und namentlich vor der Öffentlichkeit die Frage zu erörtern, wie man der schrecklichen Wohnungsnot abhelfen kann und wie die Bautätigkeit zu fördern wäre. Gegen diese Behandlung wurde von fast allen Rednern Verwahrung einhelegt und ich muß das auch im Namen meines Klubs tun. Die Abänderungsanträge, die wir vom Verbande gestellt haben, hat mein Klubgenosse Dr. Keibl bereits begründet. Ich möchte nur noch auf einiges hinweisen. Bei der herrschenden Wohnungsnot ist ein Mieterschutzgesetz unerläßlich, um nicht einen großen Teil der Mieter obdachlos zu machen. Ich verweise darauf hin, daß in Prag allein über 4000 obdachlose Parteien und in Reichenberg egen 900 gezählt werden. Nur in dem Maße, wie eine genügende Anzahl von Wohnungen erstellt werden kann, kann auch an einen Abbau des Mieterschutzes geschritten werden.
In einer Zeit, in der Wirtschaftskrisen und Arbeitslosigkeit breite Kreise mit banrer Sorge um die Erhaltung der Existenz und ihrer Famikie erfüllen und die Reduzierung der Gehälter für die Beamten und Lehrer diese Stände zwingt, ihre Lebenshaltung herabzusetzen, kann eine all zu große Erhöhung der Mieten nicht in Erwägung uezogen werden. Daß von einem Preisabbau heute leider noch nichts zu spüren ist, ist klar. Eine übermäßige Erhöhung der Mieten müßte naturgemäß einen gewaltigen Lohn- und Gehaltskampf nach sich ziehen. In den großen Städten oder in den Kurorten würde eine unerträgliche Steigerung der Mieten eintreten, so daß nur Schieber und Schwindler sich eine größere Wohnung zu leisten in der Lage wären. In Marienbad z. B. hat vor einigen Tagen ein Mieterschutzverein festgestellt, daß dort für Läden, die in der Friedenszeit 1000 bis 3000 Kronen gekostet haben, heute Angebote von 100.000 und 200.000 Kronen gemacht, außerdem der zwanzigfache Mietzins angeboten wurde. Also die heutigen Wirtschaftsverhältnisse sind noch nicht geeignet, an eine Aufhebung des Mieterschutzgesetzes denkrn zu können. Aber andererseits muß festgestellt werden, daß auch die Lage der Hausbesitzer keine rosige ist. Von verschiedenen Rednern wurde darauf hingewiesen, daß die Mietzinse von den bi sherigen Erhöhungen, abesehen von dem Vorkriegsertrag, festgehalten sind. Die Reparaturen verschlingen heute ansehnliche Summen, so daß der Hausbesitzer vielfach nicht in der Lage ist, die notwendigen Reparaturen vornehmen zu können, daß wir in allen Städten von einem Verfall der Häuser hören. Nicht allein bei uns, in anderen Staaten und Städten ist das noch viel ärger, in Deutschland z. B. oder in Wien. In Berlin hat im vorigen Jahr die Polizei mehr als 4000 Dachwohnungen gesperrt. Unter diesen Verhältnissen leidet besonders der kkeine und mittlere Hausbesitzer und diese machen ja 80%der gesamten Hausbesitzerschaft in der Republik aus. Der kleine Mann, der Pensionist, der Beamte, der Handwerker, der Arbeiter, der Gewerbetreibende, der durch Sparsamkeit sich ein eigenes Heim erworben hat, das ihm ein mäßiges Einkommen im Alter bringen sollte, der seine Ersparnisse dort angelegt hat, wird unter diesen Verhältnissen überaus hart getroffen. Diese sind heute im Nachteile gegen ihre Berufsgenossen, die diesem nparsinn nicht betätigt hahen, und es liegt doch vorwiegend auch im Interesse des öffentlichen Wohls, daß dieser Sparsinn der Bevölkerung geschützt wird. Die Klagen der kleinen und mittleren Hausbesitzer dürfen wir nicht überhören. Für viele soll der Hausbesitz ein Zuschuß zur kärgglichen Pension oder Rente sein. Die Forderung nach entsprechender Erhöhung der Mietzinse, die aber die Lebenshaltung der Mieter nicht allzu belastet, ist wohl berechtigt und wird auch von einem großen Teil der Mieterschaft selbsbst anerkennt. Selbst ein Vertreter der Sozialdemokraten hat jja das auch hier festgestellt, denn es liegt ja doch die Instandhaltung der Wohnungen und die Förderung der Bautätigkeit im wohlverstandenen Interesse der Mieter selbst. Es wäre interessant, die großen Wechselwirkungen und Wechselbeziehungen zwischen den Hausbesitzern und den Mietern festzustellen. Wenn heute die Wohnungsfürsorge als eines der wichtigsten Kapitel der sozialen Fürsorge betrachtet wird, da der gesundheitliche und sittliche Wert gesunder und geeigneter Wohnungen für das ganze Volks- und Staatsleben immer mehr erkannt wird, so muß sich das Augenmerk der Gesetzgebung und üffentlichkeit nicht nur auf neue Wohnungen, sondern auch auf die Erhaltung der bestehenden Wohnungen richten, sonst werden wir einmal Milliarden für die Instandsetzung der Wohnungen ausgeben müssen. Um den Hausbesitzern die Lasten zu erleichtern und die Möglichkeit zu bieten, die notwendigen Instandhaltungsarbeiten vornehmen zu lassen, sind aber außer der Erhöhung der Mieten noch ganz andere Mittel erforderlich, noch ganz andereWege zu beschreiten. Ich möchte auf die Notwendigkeit der Herabsetzung der Steuerlasten, besonders der Hauszinssteuer, hinweisen. Wir vom Verband haben diesbezüglich Anträge eingebracht, auch den Antrag, daß die Mietzinserhöhung von diesen Steuern befreit werden soll. Die Steuern sollen die Einnahmen treffen, aber nicht die Häuser. Sie sollen sozial abgestuft werden, um kinderreiche Familien zu schützen und diesen ein den gesundheitlichen und sittlichen Forderungen entsprechendes Wohnen zu ermöglichen. Eine große Zahl von Beamten hat von früherer Zeit her größere Wohnungen, die durch die Familienverhältnisse, durch die Größe der Familie notwendig sind. Durch dieses Gesetz werden diese Beamten den Kapitalisten gleichgestellt. Die Hausbesitzer mit kleinen Wohnungen sind im Nachteil nach uns Mietansätzen gegen die Hausbesitzer mit großen Wohnungen. Hier in diesem Hause wurden sehr oft die Mittel und Wege erörtert, wie die Wohnungsnot allmählich behoben werden könnte, allein zu einer großzügigen Lösung des Wohnungsproblems ist man nie gekommen, dazu hat man den Weg noch nicht gefunden und die Hauptsache ist und bleibt bei diesem Problem die Erstellung von neuen Wohnungen, die intensive Förderung der Bautätigkeit. Erst wenn Wohnungen in genügender Zahl vorhanden sein werden, kann auch auf dem Wohnungsmarkt das Gesetz von Angebot und Nachfrage wieder gelten.
Bei der Beratung der Baugesetze wurden von verschiedehen Seiten die Mittel und Wege erörtert, die Wohnungsnot abzubauen; durch staatliche Subventionen und Zinsengarantie soll dle Bautätigkeit gehoben werden. Die gemeinnützigen Gesellschaften kommen aber vielfach gar nicht dazu, diese staatlichen Subventionen in Anspruch zu nehmen, weil sie sich keinen Baukredit verschaffen können. Das Kapital ist sehr zurückhaltend, es sucht anderweitig Anlagen, die bessere Gewinne abwerfen und bisher war gerade die Kapitalsbeschaffung eines der Haupthindernisse für die Bautätigkeit. Dazu kommt noch, daß die bisherige Behandlung der Kriegsanleihe, der Vorkriegsrenten u. s. w., die Geldbeschaffung ungemein erschwert und die Geldinstitute hindert, größeren Baukredit zu gewähren. Ohne eine gerechte Einlösung der Kriegsanleihe muß auch die Bauanleihe ein Fiasko erleiden. Das ist auch eingetreten, da statt der Baumilliarde nur einige schäbige Millionen gezeichnet worden sind. Ohne erfolgreiche Förderung der Bautätigkeit und ohne Neubelebung der ganzen Wirtschaft können wir auf eine Besserung in diesen Dingen nicht rechnen. Sicherlich würde auch viel mehr gebaut werden, wenn die Erlangung staatlicher Aushilfen erleichert würde. An den verschiedenen Regierungsstellen wächst die Zahl der Ansuchen ins Ungeheuere. Die Rückstände sollen schrecklich sein. Die Erledigung geschieht äußerst schleppend, jeder Akt muß von einem Amt zum anderen urgiert werden, wenn man in absehbarer Zeit eine ErErledigung haben will. Es ist selbstverständlich, daß unter solchen Umständen sehr vielen die Lust zu bauen vergeht, auch denjenigen, die lange Zeit mit allem Eifer daran gedacht und sich dafür eingesetzt haben. In vielen Orten wird die Wohnungsnot durch den Staat selbst vermehrt, der in manche Orte - nur ein Beispiel soll hervorgehoben werden - wo früher zwei Gendarmen waren, heute 10 oder 12 mit ihren Familien hinsetzt, ohne sich darum zu bekümmern ob diese auch eine Wohnung haben, der ganz einfach es der Bürgerschaft überläßt, Wohnungen zu beschaffen. Man hat schon sehr oft von der Notwendigkeit gesprochen, daß der Staat einmal großzügig an die Erbauung von Amtsgebäuden und Beamtenwohnungen schreite, aber es ist sehr wenig in dieser Hinsicht geschehen. Auch in dem Baugesetz verspricht man Abhilfe - ein Tropfen auf einen heißen Stein.
Die Steuern, die durch den erhöhten
Mietzins einkommen sollen, schätzt man auf 10-12 Millionen, die
vom Finanzministerium auf 30 Millionen ergänzt werden sollen.
Von diesen 30 Millionen sollen 2/3 für Wohnhäuser durch den Staat
bestimmt werden, und zwar zur beliebigen Verwendung. Was davon
im deutschen Gebiet verbaut werden wird, können wr uns nach den
bisherigen Erfahrungen denken. Ein Drittel der Summe soll den
Gemeinden und Baugenossenschaften überlassen werden. Die gemeinnützigen
Baugenossenschaften kommen natürlich zuletzt. Auf eines möchte
ich noch hinweisen. Wenn das Bauförderungsgesetz Ende dieses Jahres
zu Ende geht, sollte man daran gehen, ein wirklich einheitliches,
modernes Wohngesetz zu schaffen, das für die Lasten, die es auferlegt,
auch die Gewähr bietet, daß wir in absehbarer Zeit aus der Wohnungsnot
herauskommen. (Souhlas a potlesk na levici.)
Geehrtes Haus! Meine Gesinnungsgenossen haben im Winter für die Verlängerung des bisher gültigen Mieterschutzgesetzes gestimmt, einmal aus dem Grunde, weil die Beibehaltung des Mieterschutzgesetzes auch uns als Notwendigkeit erschien, weil auch wir von der Notwendigkeit durchdrungen waren, daß ein Vakuum nicht entstehen dürfe, solange wir nicht genügend Wohnungen haben, ferner weil wir die Überzeugung oder wenigstens die Hoffnung hatten, daß es in der Zwischenzeit uns werde ermöglicht werden, an einem Gesetze mitzuarbeiten, das geeignet wäre, die Verhältnisse zwischen Mieter und Vermieter neu in befriedigender Weise auch im Interesse der Wohnungsförderung in der gesamten Èechoslovakischen Republik zu regeln. Freilich wurden wir, wie in so vielen Fällen, in dieser Erwartung getäuscht. Man hat uns hier - verzeihen Sie den etwas harten Ausdruck - die Komödie einer parlamentarischen Verhandlung geboten. Man hat, während man eine dreimonatliche Frist verstreichen ließ, eine Regierungsvorlage eingebracht, die innerhalb 24 Stunden verabschiedet sein mußte, und infolgedessen gebar die Pìtka einen Wechselbalg, der niemand befriedigt, der scheinbar zwar die Interessen der kleinen Mieter mit den Bedürfnissen der von der Hauszinssteuer sehr hart bedrückten kleineren und mittleren Hausbesitzer vereinigen wil, in Wirlichkeit aber doch - davon sind wohl auch die Herren auf der rechten Seite des hohen Hauses überzeugt, schon deswegen, weil sie recht wenig zur Verteidigung des Entwurfes zu sagen wußten eine Fratze des sozialen Ausgleichs darstellt. Wir können nicht oft genug wiederholen, daß gerade die Herren von den sogenannten konzentrierten - oder vielleicht heißt es auch koalierten oder assoziierten Parteien, der Name ist gleich, ist Schall und Rauch - wesentlich daran Schuld tragen, wenn das Ansehen dieses Parlaments in weiten Bevölkerungskreisen, auch in den Kreisen ihrer eigenen Konationalen, nicht steigt, sondern immer tiefer sinkt. Auch wir wissen, daß der Mieterschutz noch auf absehbare Zeit aufrecht erhalten bleiben muß. Denn diejenigen, die uns einreden wollen, daß die freie Wirtschaft hier sofort Wandel schaffen würde, sind im Irrtum. Es sind uns auch jetzt schon genug Fälle bekannt, wo Leute, die genug Geld hätten, nicht eigene Wohnhäuser bauen und dafür reiche wohlhabende Fabrikanten zu Dutzenden andere Häuser zusammenkaufen, woraus hervorzugehen scheint, daß der Besitz von großen Zinshäusern heute denn doch nicht so schlecht sein muß, als es der Herr Vorredner darzustellen beliebte. Es ist ein Unterschied zwischen groß en Zinshäusern und kleinen Häusern, in denen kleine Arbeiterfamilien wohnen. Auch wir können nicht wollen, daß eine Anarchie eintritt, die aus der Freigabe, sagen wir aus der Sehnsucht der reichen Hauszinseinnehmer hervorgehen würde. Wir geben uns keiner Täuschung hin, daß die bishe§gen Verhältnisse eines großen Teiles der Hausbesitzer, namentlich der kleinen Hausbesitzer, unhaltbar geworden sind und eine Änderung Platz greifen muß, der sich auch ein großer Teil der Mieterschaft, vielleicht schon etwas spät - das müssen wir in klarer Erkenntnis der wirklichen Tatsächlichkeiten erklären, nicht mehr ungünstig zeigt. Nun meinen wir allerdings, daß eine wirkliche nicht auf 48 Stunden berechnete Durcharbeitung der Frage bei Wertung aller hereinspielenden Gesichtspunkte vielleicht zu einer besseren Lösung der Frage geführt hätte, als der vorliegehde Bericht ist, der um Mitternacht zur Abstimmung gelangen wird.
Bei allen modernen Fragen, bei allen Fragen, die irgendwie entfernt mit sozialen Dingen zusammenhängen, werden die Familienverhältnisse und die Einkommensverhältnisse ins Kalkül gezogen. Hier gerade, bei diesem Gesetz, welches das ursprünglichste Bedürfnis der Menschen, das Wohnungsbedürfnis mitbefriedigen helfen soll, wird weder auf die Familienverhältnisse, noch aufdie Einkommensverhältnisse derer, die eschützt werden sollen, irgendwie merklich Rücksicht genomm en Darnach wird nicht gefragt. Es ist wahr, der Entwurf, auch in der Fassung der Ausschüsse, schützt zum Teil die kleinen Mieter, die Mieter von Kleinwohnungen. Aber auch er fragt nicht darnach, ob die Inhaber dieser kleinen Wohnungen Leute sind, die infolge der wirtschaftlichen Entwicklung ein besseres Einkommen haben und bessere Lebensverhältnisse sich gönnen können, oder ob es arme arbeitslose Proletarier, arme Witwen mit Waisen sind. Sie werden alle über einen und denselben Kamm geschoren. Es scheint, als würden die wohlhabenden Besitzer größerer Wohnungen etwas stärker herangezogen, und doch zeigt sich auch hier, daß die Gleichmacherei eine böse soziale Ungerechtigkeit sein kann. Denn diese Gleichmacherei trifft hart gerade einen Stand, der jetzt in den jetzigen Zeitläuften überhaupt etwas vernachlässigt und zurückgesetzt ist, d. i. den Großteil der Intelektuellen, derjenignien Leute, die sich vor dem Kriege, wie wir allerdings fälschlich sagen, zum sogenannten Mittelstand rechneten, Menschen, die auf ein bißchen LebenskulturAnspruch machten, die einen groß en Wert darauf legten, wenigstens ein schönes wohnliches Heim für sich und für die meist ziemlich zahreichen Kinder zu haben, die aber jetzt auch nach ihrer ei genen Erkenntnis Proletarier sind, diie nur meist froh sind, in den Industrieorten in ihren alten Wohnungen zu stecken. Sie haben heute Mietzinserhöhungen zu erwarten, wobei sie über einen Kamm geschoren werden mit den Reichen, Kriegsgewinnern und Schiebern.
Was bei der Vorlage noch besonders schmerzhaft ist, ist die Tatsache, daß die Mietzinserhöhung, so notwendig sie auf der einen Seite erscheinen mag die öffentlichen Angestellten schwer trifft, jene Staatsangestellten, denen die Herren von der rechten Seite dieses Hauses eine böse Weihnachts- und Neujahrsbotschaft bereitet haben, denen man einen Entgang ihres Einkommes nuferlegt hat, unter der angeblichen Voraussetzung, daß wir mit einem starken Preisaabbau zu rechnen haben, während wir jetzt sehen und in allen Zeitungen, nicht nur in den bösen deutschen Zeitungen, lesen, daß wir von einer neuen verheerenden stetigen Preiswelle erfaßt und getroffen werden. Die Herren von den Regierungsparteien machen wir darauf aufmerksam, daß wir gerade die Festangestellten, die am bösesten getroffen sind, durch einen gemeinsamen Antrag der Vertreter der Parteien unseres Deutschen parlamentarischenVerbandes schützen wollen, der es den Herren ermöglichen soll, die Versprechungen, die sie in der Zwischenzeit zwischen dem Dezembergesetz und dem heutigen Tage ihren öffentlichen Angestellten bei sovielen Vorsprachen gegeben haben, wenigstens zum Teile wieder gutzumachen und wettzumachen.
Das Gesetz, das wir verhandeln und beschließen sollen, hat nun noch ein zweites Gesicht. Die Besitzer von großen Zinskasernen, von Prachtgebäuden mit prächtigen Wohnungen und mit riesigen Geschäftsräumen, die viel einnehmen, erhalten die Möglichkeit einer starken Steigerung ihres Einkommens und damit was für die Finanzverwaltung gewiß sehr angenehm ist - auch eine Steigerung ihrer Steuerfähigkeit.
Sie bleiben aber stark im Vorsprung gegenüber der großen Zahl der kleinen Hausbesitzer, in deren Häusern meist kleine Wohnungen sich befinden, die nur eine geringe Steigerung der Einnahmen erhalten, von denen noch meist weit über die Hälfte vom Fiskus nach altgewohnter Manier konfisziert wird, und sie haben das Nachsehen. Man nimmt ihnen das bißchen, was sie seit 1914 mehr erhalten haben; das besteuert der Fiskus noch durch die Gebäudesteuer und legt Zuschläge darauf.
Die Hoffnung, die aus dem Motivenbericht und aus den Reden der Herren von den Mehrheitsparteien spricht, daß dieses Gesetz eine kleine Hilfe sein soll und sein werde zur Linderung der Wohnungsnot, diese Hoffnung können wir allerdings nicht teilen. Sie erscheint uns unberechtigt. Warum? Weil gerade die Gemeinden, jene Faktoren, die seit dem Umsturze in der Èechoslovakischen Republik am meisten darauf bedacht waren, zur Linderung der Wohnungsnot mitzuwirken, der Bevölkerung neue Wohnungen zu beschaffen für die ärmsten Mitbürger, aus dem Mehrertrag der Gebäudesteuer einen Pappenstiel erhalten. Und der Staat, meine Herren? Daß wir in die Verwaltung der 30 Millionen durch den Staat recht wenig Vertrauen setzen, werden Sie nach den bisherigen Erfahrungen begreiflich finden. Wir meinen, daß wahrscheinlich wieder als dringendste Bedürfnisse Kasernbauten oder vielleicht auch Wohnungsbauten für auch von den Slovaken als überflüssig anerkannte Beamte in der Slovakei werden durchgeführt werden, daß aber für unsere deutschen Gebiete, namentlich unsere deutschen Industrieorte, in denen wir eine sehr böse brennende Wohnungsnot haben, davon nichts abfallen wird. Für diese traurige Annahme sprechen ale unseren bisherigen Erfahrungen und besonders die Tatsache, daß in allen Voranschlägen der Republik bisher Millionen für die Förderung der öffentlichen Bautätigkeit ausgeworfen wurden und daß man uns bisher den Ausweis über die Art der Verwendung verweigert hat und daß eine Umfrage, die wir persönlich bei unseren Gemeinden veranstaltet haben, gezeigt hat, daß keine einzige deutschböhmische Industriestadt, kein einziger deutschböhmischer Industrieort aus den Staatsgeldern auch nur einen Heller an barer Subvention erhalten hat, ja, daß der Staat in vielen Fällen auch übernommene Garantien für Zinsenzahlungen bis heute schuldig geblieben und die Gemeinden in äußerst schwere Verlegenheiten gebracht hat, sodaß wir vergebens Antwort auf die Frage gesucht haben, wohin die Millionen gekommen seien, die bisher für die Wohnungsfürsorge aufgewendet wurden. Wir fragen uns vergeblich, woher eine Linderung der Wohnungsnot kommen soll, wenn der Staat Kasernen baut, wenn der Staat den inneren Kredit nicht anregt, wenn der Staat Millionen, ja Hunderte von Millionen Steuergelder nicht benützt zur Befruchtung der Wirtschaft im Staate, sondern für die Erhaltung eines überflüssigen Heeres, oder wenn er Dutzende von Millionen für Missionen, für Propaganda, usw. ins Ausland schickt, wo sie verpulvert werden, statt daß sie hier den bedürfnissen der arbeitenden Menschen zugeführt werden. Wie sollen wir glauben, daß es ernst ist mit einer Förderung der Wohnungsfürsorge, wenn wir gesehen haben, daß die Herren von den Regierungsparteien die einzige Bestimmung, die der sozialpolitische Ausschuß verbessert hat, abgelehnt haben, eine Bestimmung, die eine Gruppe von wohlhabenden Leuten hätte mehr heranziehen und zwingen sollen, Häuschen und Villen zu bauen, um Raum zu schaffen für andere, daß die Herren von den Mehrheitsparteien unter dem Andrang der Herren, die vorgeben, die kleinen Hausbesitzer zu vertreten, in Wahrheit aber die hohe Finanz der Republik vertreten, sogar diese einfache Verbesserung des Gesetzes wieder zurückgeworfen, wieder abgelehnt haben.
Und dann, es ist nicht so, wie manche glauben, daß die Frage der gebundenen oder freien Wirtschaft in der Wohnungsfrage entscheidend wäre. Wir meinen eines: Als Haupthindernis auf dem Wege zu einer geordneten Wohnungsförderung erscheint uns hier ein Überbleibsel aus dem alten Österreich, und das ist das gerade 102 Jahre alte Gebäudesteuergesetz, an dem wir im alten Österreich oft vergeblich gerüttelt haben, an dem auch die Herren, die jetzt so eifrig die Hausbesitzer vertreten, im alten Österreich zu rütteln versuchten, wobei sie dankbar waren, wenn sie einige kleine Verbesserungen durchsetzten, und an dem sie jetzt nicht wollen rütteln lassen, trotzdem feststeht, daß dieses Gesetz längst überholt ist, ein Gesetz, das geschaffen ist in einer Zeit, wo ganz außerordentliche Verhältnisse herrschten, nach dem Bankkrach, nach dem Staatskrach des Jahres 1811. Trotzdem wir sehen, daß die Gebäudesteuer heute weitaus nicht mehr so wie vor dreißig bis vierzig Jahren ein Eckpfeiler der Staatsverwaltung bildet, können wir uns der klaren Erkenntnis nicht verschließen, daß diese Steuer mit den vielen Zuschlägen einer der größten Hemmsteine auf dem Wege zu einer geordneten Baubewegung ist. Es wird viel von Entösterreichung gesprochen. Wir meinen, hier wäre Entösterreichung als eine Befreiung von einem Jahrhunderte alten längst veralteten System im Interesse der gesamten Bewohnerschaft, im Interesse der wohnungsuchenden Bevölkerung dringend geboten.
Ich will Ihre Zeit nicht überflüssig in Anspruch nehmen, gestatten Sie jedoch, daß ich zu der Verhandlungsart noch einige politische Bemerkungen mache. Wir wissen schon, warum Sie solche Dinge, die man in einem anderen Staate in mühseligem Ringen stunden- und tagelang berät, im Handumdrehen durchpeitschen und um Mitternacht zur Abstimmung bringen. Aus dem Grunde, weil Sie sich bei länger anda uernder Beratung des Ansturmes der verschiedenen Kreise Ihrer angeblich konzentrierten Parteien nicht erwehren könnten, weil Sie gegenüber Ihren eigenen Leuten das jetzige Spiel nicht mehr aufrecht erhalten könnten. Es gibt wenige Staaten, die eine so starke Wirtschaftskraft haben, wie gerade dieser Staat, und es gibt wenige Staaten, die diese starke Wirtschaftskraft im Interesse der Allgemeinheit durch eine eigenartige Verwaltung so wenig zu nützen wissen, wie gerade die Èechoslovakische Republik. Ich wiederhole: es handelt sich in diesem Falle nicht so sehr um die Streitfrage, ob gebundene oder freie Wirtschaft, sondern darum, ob man die Kraft und die Fähigkeit besitzt, alle wirtschaftlichen Kräfte in billiger Freiheit zu gemeinsamer Arbeit zu gewinnen und zu sammeln.
Diesen Willen scheinen die Herren
von den Regierungsparteien nicht zu haben. Sie scheinen diese
Frage nicht zu verstehen, vielleicht weil sie glauben, daß für
sie so eine Art ewigen politischen Mieterschutzgesetzes besteht,
wobei sie freilich verkennen, daß die Entwicklung der Zeit einmal
eine Kündigung bringen kann, von der auch die Totenrichter der
Pìtka sie nicht werden freisprechen können. (Souhlas na levici.)