Pátek 25. listopadu 1921

Es wird sehr viel von der Sanierung der Gemeindefinanzen gesprochen. Ich kann Ihnen heute, da meine Redezeit sehr kurz ist, nur soviel sagen, daß ohne Lösung der Kriegsanleihefrage eine Sanierung der Gemeindefinanzen ganz unmöglich ist. Zufällig ist der Kollege Sonntág hier, der ganz genau wissen wird, wie wir zu jener Zeit, als die Kriegsanleihe ausgeschrieben wurde, vom Landesausschuß und indirekt von den Bezirkshauptmannschaften sowie von allen übrigen Stellen beauftragt und aufgefordert wurden, die Gemeinden namentlich, die Kriegsanleihe zu zeichnen, wie unter persönlicher Verantwortung der Gemeindevorsteher und Obmänner der Kassen uns aufgetragen wurde, wenigstens 15 % der Einlagen zu zeichnen. Das war der Landesausschuß, und derselbe Landes ausschuß tritt heute an die Stelle der Banken und fordert uns auf, die Lombard zinsen zu bezahlen, trotzdem wir für unsere Kriegsanleihe keine bekommen haben, er fordert uns auf, sogar die Schuld zu be zahlen. Ich bin Vorsteher eines kleinen Dorfes mit 250 Einwohnern, das seinerzeit 1 00.000 Kronen gezeichnet hat. Ich muß nun sagen und Sie werden mir das bestätigen, die die Verhältnisse kennen, daß das der Ruin aller Gebirgsgemeinden wäre. In folgedessen muß ich mich auch der Forderung, die von so vielen Seiten hier von dieser Stelle aus aufgestellt wurde, anschließen, wenn ich sage, ohne Einlösung der Kriegsanleihe gibt es absolut keine Sanierung der Gemeindefinanzen und ohne Einlösung der Kriegsanleihe gibt es absolut kein Vertrauen zu diesem Staate. Wenn Sie nun alle unsere Beschwerden angehört haben, muß ich aufrichtig sagen und hier die Frage an Sie stellen, die Sie heute die Machthaber in diesem Staate sind, ob Sie es wert sind daß von dieser Stelle aus hier versöhnliche Worte gesprochen worden sind, besonders wenn wir hier die Rede des Kollegen Špaèek in der vorigen Woche vernommen haben, der trotz allem der ausgesprochenste Feind des Deutschtums ist und bleibt. Ich muß ferner aufrichtig gestehen, daß schade um die versöhnlichen Worte ist, die von dieser Stelle aus gesprochen werden und ich sage weiters, all die Beamten, die Sie hinaus geschickt haben, um das deutsche Volk zu schikanieren, sind die Totengräber Ihres Staates. Wenn Sie es schon so haben wollen, wenn Sie sich die Grube selber schaufeln wollen, so bitte ich, das zu beschleunigen. Uns kann es recht sein. Aber bedenken Sie, daß Ihre Versenkung die Auferstehung des Deutschtums sein wird. Aus allen diesen Gründen werden Sie auch unsere Haltung bei der Abstimmung über diesen Vor anschlag zu erklären wissen. (Souhlas a potlesk na levici.)

3. Øeè posl. Hausmanna (viz str. 1167 protokolu):

Meine Damen und Herren! Die Mehrheitsparteien dieses Hauses betonen bei jeder Gelegenheit, daß ihr politisches Tun, ihre politischen Handlungen bedingt sind durch die Sorge um den Bestand des Staates, durch die Sorge, denselben vor Erschütterungen zu bewahren. Diese Beteuerungen entsprechen nicht ganz der Wahrheit und den Tatsachen, Beweis, daß die Mehrheitsparteien bei Beratung des vorliegenden Budgets für dieses stimmen werden. Die Regierung verlangt für das Jahr 1922, und zwar in besonders erhöhtem Maße, Milliarden für unproduk tive Zwecke. Die Sorge um den Bestand des Staates bedingen, nach Ansicht der Regierung und der Mehrheitsparteien, die Ausgaben für das stehende Heer, für die Polizei, für die Gendarmerie, für die Konfidenten.

Alle diese unproduktiven Ausgaben müssen sein, um den Staat vor Gefahren zu retten. Bei diesen Sorgen hat die Regierung - und die Verhandlungen haben es bisher gezeigt, auch die Mehrheitsparteien - hat die Regierung bei der Aufstellung des Staatsvoranschlages sich nur so neben bei erinnert, daß es Pflicht der Lenker eines jeden Staats ist, sich auch des höchsten Gutes, des größten Reichtums eines jeden Landes, bei der Zusammenstellung des Staatsvoranschlages zu erinnern, des höchsten Gutes, des Menschen. Wie sieht es nun mit dem Schutz der Menschen, der Bürger in diesem Staate aus? Ich spreche nicht von den Unbilden, welche die deutschen Bürger dieses Staates ungesühnt bisher über sich ergehen lassen müssen. Ich will davon sprechen, wieviel die Regierung für den Schutz und die Fürsorge aller schaffenden und arbeitenden Menschen dieses Staates auszugeben gedenkt, wieviel und in welcher Weise sich die Regierung und die Mehrheitsparteien der arg verwahrlosten, verwaisten, kranken, siehen und verkrüppelten Kinder annehmen will, wie man sich den Ausbau und die Vollendung der Sozialversicherung vorstellt, wie die Fürsorge für die hungernden und darbenden Kriegsopfer, die Kriegsverletzten, die Kriegswitwen und -Waisen ausgebaut werden soll; wielange die siechen, alten, invaliden Arbeiter auf die Unterstützung zu warten haben, was zur Vorsorge der Verhütung und Heilung der Volksseuchen vorgesehen ist, wie es mit der Erweiterung und dem Ausbau der Krankenhäuser und der Schaffung neuer Heilstätten bestellt ist, wie man sich den Ausbau der Gewerbeinspektorate vorstellt und dann, was man weiter zu tun gedenkt, um die gräßliche Wohnungsnot zu mildern. Aber wenn man sich die Ausgaben des Staatsvoranschlages betrachtet, so wird jederman finden, daß meine Behauptung, daß man gerade das Wichtigste vergessen hat, den Tatsachen entspricht. 22 Kapitel des Staatsvoranschlages weisen eine Erhöhung auf, das Kapitel "Soziale Fürsorge" eine Verringerung um 5.6%, die Ernährung 23%. Nun wird wahrscheinlich eingewendet werden, daß diese Verminderung im Budget durch den Ausbau der staatlichen Bewirtschaftung bedingt ist. Das ist gewiß wahr, aber es darf nicht vergessen werden - und es ist wohl notwendig, das gerade bei dieser Gelegenheit auszusprechen - daß durch den Ernährungsplan, der seitens der Regierung dekretiert wurde, Staatsbürger zweiter Klasse geschaffen worden sind, die wohl jetzt ihre staatliche Ration dem Quantum nach erhalten sollen und, wie die Berichte lauten, auch jetzt teilweise erhalten, aber fragen Sie nicht, wie die Qualität derRationen aussieht; und wenn Sie den Arbeiter draußen fragen, werden Sie wahrscheinlich die einstimmige Antwort erhalten, daß, wenn es ihm halbwegs möglich ist, er auf das sogenannte billigere Mehl und Brot gerne verzichten würde. Als Entkräftung und Widerlegung meiner Behauptung, daß man gerade auf das Wichtigste vergessen hat, könnte auch eingewendet werden, daß ja bei dem Kapitel "Gesundheit" der Nachweis erbracht wird, daß dort eine Erhöhung von 70% gegen das Vorjahr (also gegen heuer) zu verzeichnen ist. Darauf, inwieweit eine solche Einwendung Berechtigung hat, werde ich noch zu sprechen kommen.

Wie sich die Regierung die Durchführung der Sozialversicherung vorstellt, ist dem Hause ja durch die Erklärung des Ministerpräsidenten bekannt. Trotzdem unsere Stellung zu diesem Kapitel unser Klubkollege Dr. Czech schon dargelegt hat, wäre es notwendig, wiederum und unausgesetzt an der Stellung der Regierung zu dieser Frage Kritik zu üben. Nachdem die Nationalversammlung durch einen Machtspruch der Mehrheitsparteien die Redezeit zum Budget stark eingeschränkt erhalten hat, muß von der notwendigen Ausführlichkeit abgesehen werden. Die Proletarier aller Nationen verlangen die rascheste und gründlichste Durchführung der Sozialversicherung. Unsere Partei wird in- und außerhalb dieses Hauses alle zweckdienlichen Mittel anwenden, um den Widerstand gegen die Durchführung der Sozialversicherung zu brechen. Eines muß bei dieser Gelegenheit offen und laut ausgesprochen werden! Unsere Meinung ist die, daß in dieser sowie in allen anderen die arbeitende Bevölkerung berührenden und betreffenden Fragen das Ministerium für soziale Fürsorge die treibende Kraft sein sollte; diese treibende Kraft ist dort nicht zu finden. Der im Ministerium für soziale Fürsorge herrschende Geist kann nicht volksund arbeiterfreundlich genannt werden. Das Gegenteil kommt der Wahrheit näher. Tatsache ist, daß das Ministerium für soziale Fürsorge den vielen Fragen geradezu wesensfremd gegenübersteht, die tatsächlichen Verhältnisse nicht kennt und ich erinnere da nur an die Arbeitslosenunterstützung. Gestern schon hat unser Klubkollege Palme darauf verwiesen, weder in Deutschland noch in Deutschösterreich werden die Opfer der zusammengebrochenen Volkswirtschaft einer solchen Behandlung und einer solchen Pein ausgesetzt wie in diesem Staate. In Deutschland und in Österreich bekommt jeder Arbeitlose ohne Unterschied des Berufes und der Partei die Arbeitslosenunterstützung ausgezahlt und es ist gewiß sehr deprimierend für die Arbeiter, wenn sie sehen, daß ausländische Arbeiter hier die Arbeitslosenunterstützung infolge des Reziprozitätsvertrages zwischen diesen Staaten bekommen müssen, während die heimischen Bürger von der Unterstützung ausgeschaltet sind.

Das Konto "Sozialversicherung" weist einen Betrag von 5,710.000 Kronen aus, das ist um 4,750.000 Kronen weniger als im Vorjahre. Das scheint jenes Tempo zu sein, das der Herr Ministerpräsident in seiner Erklärung gekennzeichnet hat: Für die Bedürftigsten des Staates Einschränkung und Reduzierung der Staatshilfe, für die Interessen der besitzenden Klassen enorme Erhöhungen der Ausgaben. Das ist der Inhalt des Staatsvoranschlages. Für den Jugendschutz wurden 19,644.000 im Voranschlage eingestellt, das ist ein Mehr, u. zw. von 1,760.000. Der eingestellte Betrag ist bezeichnend. Nur ein geringer Bruchteil des Elends, der Not wird dadurch gemildert werden kön nen. Jugend- und Mutterschutz erheischt dringend einer gesetzlichen Regelung. Ich erinnere bei dieser Gelegenheit an den Antrag Kirpal, Blatný, Deutsch, der schon im sozialpolitischen Ausschuß zur Verhandlung stand. Über Einspruch des Ministeriums für soziale Fürsorge wurde dieser Antrag jedoch zurückgestellt. Das Ministerium versprach eine neue Vorlage auszuarbeiten und dem Hause vorzulegen. Das Versprechen wurde bisher nicht erfüllt. Es wäre sehr notwendig, daß der Herr Minister für soziale Fürsorge dafür sorgen würde, daß die gegebenen Versprechon eingehalten und die Gesetzesvorlage sobald als möglich dem Hause zur Beratung und Beschlußfassung vorgelegt wird. Geradezu aufreizend wirkt der Betrag, der für das Jahr 1922 für Kriegsbeschädigte ausgewiesen wird. Unser Kollege Beutel hat schon auf die enorme Kürzung verwiesen. Ich frage: Sind denn infolge der bisherigen glänzenden Fürsorge, welche man den Kriegsverletzten gegenüber an den Tag legt, schon soviele mit dem Tode abgegangen, daß diese enorme Summe erspart werden kann, oder war es das Schlemmerleben oder die Not, welche die Kriegskrüppel, die Kriegswitwen und -Waisen in den Tod trieb? Wie kann die Regierung diese Kürzung begründen und verantworten? Sie begründet sie damit, daß durch die sozialärztlichen Befunde viele minderbeschädigte Kriegsverletzte als gesund erklärt und aus den Listen der Bezugsberechtigten gestrichen werden konnten. Nehmen wir an, daß die von den Kommissionen als gesund erklärten Kriegsverletzten wirklich geheilt und keine Nachwirkungen der erlittenen Verletzung vorhanden sind. Zeigt bei Annahme dieser Behauptungen aber diese Kürzung soziales Verständnis der Regierung? Die Erhöhung der Aufbesserung der Renten für die Kriegsbeschädigten ist eine unausweichliche Notwendigkeit. Wann ge denkt die Regierung die gerechten Forderungen der Kriegsopfer zu erfüllen? Unsere Partei verlangt unverzüglich die Mil derung und Beseitigung der Notlage der Kriegsbeschädigten.

Für die Gewerbeinspektion ist ein Betrag von 3,429.000 K im Voranschlage zu finden, ein Mehr von 565.000 K. Meine Zeit ist zu kurz, um aus den offiziellen Berichten der Gewerbeinspektoren wieder einmal nachzu weisen, wie reformbedürftig die Gewerbe inspektion und wie dringend notwendig deren Ausbau wäre. Die langjährigen Forderungen der Arbeiterschaft nach Vermehrung der Inspektoren und Hinzuziehung der Arbeiter zum Inspektionsdienste und anderes mehr, bleibt auch weiterhin unberücksichtigt. Die Sparsamkeit der Regierung auch bei diesem Kapitel geht wieder auf Kosten der Arbeiterschaft. Mehr Tote, mehrVerletzte auf dem Schlachtfelde der Industrie als notwendig wäre, sind die Frucht und das Ergebnis dieser Ersparnis. Mit dem Leben und der Gesundheit der Arbeiter wird Raubbau getrieben. (Souhlas na levici.) Diesem Raubbau kann nur ein Ende gemacht werden, wenn die Forderungen der Arbeiter zur Erfüllung gelangen. Eine regelmäßige Kontrolle ist die erste Notwendigkeit, damit die Schutzbestimmungen für die Arbeiter in den Betriebsstätten eingehalten werden. Für die Bekämpfung und Verhinderung von Volksseuchen ist im Budget der Betrag von 11,600.000 K ausgewiesen, gegen das Jahr 1921 um 1.900.000 K weniger. Wenn die Ziffern des Budgets die gesundheitlichen Verhältnisse des Volkes widerspiegeln würden, so müßte man annehmen, daß der Stand der Volksgesundheit sich gehoben hat. Daß das nicht der Fall ist, brauche ich hier in diesen Kreisen wohl nicht erst anzuführen. Zur Bekämpfung der Epidemien wird ein Betrag von 5,100.000 K ausgewiesen. Es ist dieser Betrag, wie die im Staatsvoranschlage für das Jahr 1921 ausgewiesenen Beträge, unzulänglich. Diese Millionen langen nicht einmal aus, um eine der fürchterlichsten Volksseuchen, die Lungentuberkulose, mit Erfolg bekämpfen zu können. Bei der vorjährigen Budgetdebatte wurde von unserer Seite schon darauf verwiesen, was auf diesem Gebiete in Deutschland vorgesehen ist und wurde. Was geschieht bei uns? Wir haben nicht genügend Heilstätten für Lungenkranke, Tausende von Menschen müssen zu Grunde gehen, weil von Staats wegen dieser so wichtigen Sache so wenig Aufmerksamkeit zugewendet wird. Mit dem Spuckverbot allein bekämpft man die Lungentuberkulose nicht. Ein einziges Beispiel soll zeigen, daß der Betrag von 16.7 Millionen, die in diesen zwei Kapiteln ausgewiesen sind, nicht genügt. In Aussig ist, bedingt durch die immer wieder auftretende Gefahr von Volksseuchen, der Bau von Isolierbaracken für Infektionskranke notwen dig. Die Bausumme hiefür beträgt 800.000 K. Der Bau dieser Baracken ist nicht aufschiebbar. Die erst vor kurzem erfolgte Typhusepidemie in Pockau, einem kleinen Vororte von Aussig mit ca. 5000 Einwohnern, hat gezeigt, daß der gegenwärtige Zustand unhaltbar ist, und daß für die Unterbringung von ansteckend Erkrankten unbedingt Räume geschaffen werden müßten. Die Baracken für Lungenkranke müssen ausgebaut und eingerichtet werden. Der Aufwand hiefür beträgt 500.000 K. Notwendig ist die Einführung eines orthopädischen Turnkurses mit einem einmaligen sachlichen Aufwand von 5000 K, die Anschaffung eines Sanitätsautos wäre dringend geboten. Der Kostenpunkt beträgt 120.000 K. Die Überführung von plötzlich Erkrankten und Verletzten bereitet oft die größten Verlegenheiten. Dieser Zustand ist unerträglich. Weiters ist dort der Bau einer Desinfektionsanstalt notwendig, der Bauaufwand beträgt 700.000 K. Die bestehende städtische Desinfektionsanstalt ist veraltet und schlecht angelegt. Die Anstalt ist so schlecht, daß die Aufnahme eines Fleckfieberkranken oder eines anderen Menschen mit einer ansteckenden Krankheit das Pflegepersonal, die Ärzte und die übrigen Kranken in Gefahr bringt. (Souhlas na levici.) Die einmalige Ausgabe für dieses Projekt, die das Wenigste ist, was in dieser Stadt gemacht werden müßte, beträgt 2,125.000 K. Dazu kommen noch 144.600 K jährlich wiederkehrende laufende Ausgaben. Die Einstellung von 3 Fürsorgeschwestern, einer Masseuse und dreier Schulschwestern wäre notwendig. Die Arbeit der Schulärzte wird immer nur ein Stückwerk bleiben, wenn nicht Schulschwestern dafür sorgen, daß der vom Arzte den Eltern des Schulkindes gegebene Rat auch wirklich befolgt wird. Auch die Zahnbehandlung armer Schulkinder darf nicht unbeachtet gelassen werden. Nebst diesen sanitären Maßnahmen wäre in Aussig die Kanalisation von Pockau und damit im Zusammenhange die Regulierung des Gleicherbaches eine dringende Notwendigkeit. Im Laufe des heurigen Jahres sind in diesem kleinen Pockau 26 Personen an Typhus erkrankt, davon drei gestorben. Der Typhus kann dort aber nur radikal durch Kanalisation und Regulierung des Gleicherbaches und Versorgung der Stadt mit Trinkwasser bekämpft werden. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda dr. Hruban.) Das Regulierungsprojekt ist dem Ministerium für öffentliche Arbeiten be reits übermittelt worden. DieAusgaben für alle dieseDinge kann die Stadt Aussig nicht allein tragen. Sie ist deshalb an die Regierung um Gewährung von entsprechenden Subventionen herangetreten. Wird dem Ansuchen nicht bald Rechnung getragen, steht Leben und Gesundheit tausender Menschen auch weiterhin in Gefahr. Sowie in Aussig, ist es fast ausnahmslos, wenn nicht noch bedeutend schlimmer, in allen Städten und Industrieorten der Republik. Daß diese traurigen sanitären Zustände wieder aus der Arbeiterschaft die größte Zahl der Opfer heischen, brauche ich wohl nicht erst anzuführen. Der Betrag von 16.7 Millionen, der zur Bekämpfung von Volks seuchen ausgeworfen worden ist, bedeutet einen Tropfen auf einen heißen Stein. Wenn man bedenkt, daß durch Schaffung und Bau aller dieser notwendigen Objekte Tausenden von Menschen das Leben gerettet werden könnte, daß außerdem durch Inangriffnahme des Baues dieser notwendi gen Anstalten Arbeit und Verdienst geschaffen würde, dann ist erst zu ermessen, welcher hoh en und hehren Pflicht die Regierung nachkommen würde, wenn diese Dinge im Staatsvoranschlag mehr berücksichtigt worden wären. Zur Unterstützung des Ausbaues von Krankenhäusern weist der Voranschlag den Betrag von 5 Millionen aus, das sind 3 Millionen weniger als 1921. Damit soll wohl bewiesen werden, daß es hier auf dem Gebiete der Krankenhausanstalten besonders herrlich bestellt ist.

Auch diese Post ist für die Arbeiterschaft aufreizend. Ganz abgesehen davon, daß die Einrichtung der bestehenden Krankenhäuser sehr ergänzungsbedürftig ist und bei der Berücksichtigung der notwendigsten Dinge eine große Summe erforderlich wäre, benötigen wir die Erweiterung der alten und den Bau von neuen Spitälern. Der Mangel an notwendigem Belegraum der Spitäler trifft wieder nur die Arbeiterschaft. Wie oft muß um die Aufnahme eines erkrankten Arbeiters geradezu gekämpft werden! Wie oft wird die Aufnahme eines solchen armen Teufels verweigert, muß verweigert werden, weil der notwendige Belegraum fehlt! Der Kranke wird in die armselige überfüllte Wohnung zurückgeschafft, geht dort zugrunde oder überträgt die Krankheit auf andere Mitbewohner oder ist der Erreger neuer Krankheiten. Operationsbedürftige müssen tagelang warten, weil jede Voraussetzung für den nötigen ärztlichen Eingriff fehlt. Das Wort "Spitalschande" hat bei uns Heimatberechtigung gefunden. Die vornehmste Pflicht jeder Regierung ist, diesem himmelschreienden Skandal ein Ende zu bereiten. Erste Voraussetzung hiezu ist die Schaffung eines Reichsgesundheitsamtes. Es soll dies ein Zentralamt sein, geführt und geleitet von den tüchtigsten Fachmännern, von Menschen, erfüllt von sozialem Sinn. Dieses Amt soll die treibende Kraft sein, die all, das erschreckende Material sammelt, durch welches dann offiziell bewiesen werden kann, wieviel auf dem besprochenen Gebiete bisher an der Menschheit überhaupt, der arbeitenden und schaffenden insbesondere, gesündigt wurde. Wir fordern weiters die Vereinigung der Ministerien für soziale Fürsorge und Volksgesundheit. Die Agenden, die bisher getrennt in zwei Ministerien behandelt, und verwaltet wurden, sollten dem Wohl und der Fürsorge der Bürger dieses Staates dienen. Vereint in einem Ministerium wird die zu leistende Arbeit zweifellos ersprießlichere Früchte tragen als bisher.

Noch einiges zu dem zu schaffenden Zentralamt für Körperpflege durch Leibesübungen. Ich will nicht über den Wert der Körperpflege und der Leibesübungen sprechen. Darüber brauche ich wohl nicht Worte zu verlieren. Ich möchte nur wünschen und hoffen, daß dieses neu zu schaffende Zentralamt für Körperpflege nicht nach den Grundsätzen des militärischen Drilles arbeite, und daß bei Besetzung all' dieser Beratungsstellen auch die deutsche Turnerschaft berücksichtigt werde. Die Pflege des Körpers durch Turnen und Leibesübungen war eine Zeit hindurch das Monopol des nationalistischen Bürgertums. Die Arbeiterschaft aller Nationen als Feind der nationalen Entfremdung und Verhetzung hat sich eigene Turnvereine gebildet. Trotz aller Drangsalierungen im alten Österreich durch die Behörden und das nationalistische Bürgertum haben sich die Arbeiterturnvereine behauptet und sind zu einem Faktor geworden, der beachtet werden muß. Die Feindseligkeiten gegen die Arbeiterturnvereine scheinen aber in letzter Zeit wieder ihre Auferstehung zu feiern. Österreichischer Geist der Behörden und Haß des nationalistischen Bürgertums machen sich gegen die Arbeiterturnvereine bemerkbar. Die Bezirksschulbehörde in Friedland hat mit Erlaß vom 23. September 1921, Zahl 2073, dem Arbeiterturnverein "Vorwärts" in Christiansau mitgeteilt, daß das Schülerturnen des Vereins nicht mehr so ohne weiters geduldet werden kann. Dazu müsse sich derVerein auf Grund des Landesschulrat-Erlasses vom 9. Feber 1916, Zahl 197, eine behördliche Bewilligung einholen. Zur Orientierung will ich bemerken, daß dieser Turnverein schon seit langem das Schülerturnen pflegt, und die Friedländer Republikaner mit altösterreichischem Sinn erst jetzt die Ungesetzlichkeit des Arbeiterturnvereins entdeckt haben. Eine ähnliche Zuschrift hat die Bezirksschulbehörde in Deutsch-Gabel an den Arbeiterturnverein gesandt. In Prag dürfte sich wohl kaum jemand an diesen Erlaß aus dem alten Österreich erinnern oder sich darnach halten. Auch die Friedländer und Deutsch-Gabler Herren haben sich bisher um diesen Erlaß nicht gekümmert. Dortamts aber hat man Sorgen, ob die Schülerabteilungen von geeigneten Männern geleitet werden, und pb den Kindern kein Nachteil in körperlicher und geistiger Hinsicht erwächst, und daß sich der Betrieb der Leibesübungen in Formen abspielt, die mit den Grundsätzen einer vernünftigen Erziehung vereinbar sind. Die Herren Pädagogen aus diesen zwei Orten haben diese große Sorge zweifellos nur, weil es sich um Arbeiterturnvereine handelt. Wenn man Arbeiterturnvereinen das Schülerturnen schon nicht mehr, wie das früher der Fall war, verbieten kann, wollen doch die Herren der hochwohllöblichen Behörden mit ihren Hintermännern alles daransetzen, um es so schwierig wie möglich zu machen. Wir sehen das auch an dem Vorgehen einiger Gemeinden. Einige Gemeinden machen sich für die Verleihung der Schulturnhallen die Grundsätze des Erlasses aus dem Jahre 1920, Zahl 79.655, zunutze, um die zum Teil bisher freie Benützung der Schulturnhallen aufzuheben und für die Beheizung und Beleuchtung eine Bezahlung in einem Ausmaße zu verlangen, die zu erschwingen den Arbeiterturnvereinen nicht möglich ist. Ich appelliere an den Minister für Volksgesundheit, daß die den Arbeiterturnvereinen feindlich gesinnten Schulbehörden endlich entösterreichert werden, und dafür zu sorgen, daß all' die Schwierigkeiten, die der Körperpflege durch Leibesübungen bereitet werden, beseitigt werden mögen. Die Gegnerschaft gegen die Arbeiterturnvereine ist nicht bloß bei den nationalistischen Kreisen der Deutschen, sondern auch der Èechen vorhanden. Der Arbeiterturn- und Sportverband in Aussig kann zum Beispiel mitteilen, daß der Direktor einer èechischen Schule den Schülern, die an einem Arbeiterjugendturnfest teilgenommen haben, eine schlechte Sittennote in Aussicht stellte, daß die Schüler mit Nachsitzen und Knien bestraft wurden, und ihnen gesagt wurde, daß es eine Schande sei, wenn Schüler einer èechischen Schule an Turnübungen der deutschen Arbeitervereine teilnehmen.

Es ist hüben wie drüben, der nationale Haß soll schon den Kindern eingeimpft werden. Entsprechende Körperpflege, Schutzmaßnahmen für Leben und Gesundheit in den Betriebsstätten der Arbeiter, Ausbau und Vervollkommnung der Krankenhäuser, Epidemiespitäler, Desinfektions- und Isolieranstalten, Kanalisierung und Beschaffung einwandfreien Trinkwassers, das ist alles bloß Sysiphusarbeit, wenn der Staat nicht in der Lage ist, die schreckliche Wohnungsnot zu beheben oder entsprechend zu mildern. Solange Menschen gezwungen sind, sich in Lokalen aufzuhalten, auf die der Name "Wohnung" nicht angewendet werden kann, solange solche von Menschen überfüllte Aufenthaltsorte sein werden, in welchen geboren und gestorben, gewaschen, gekocht und geschlafen werden muß, wo sich der ganze Verkehr der Familienangehörigen und Nichtangehörigen abwickelt, solange haben wir Tausende von Krankheits- und Seuchenherden. Ich fühle mich außer Stande, die schreckliche Not und das gräßliche Elend zu schildern, unter dem diese Menschen zu leben gezwungen sind. Die Wohnungen sind langsam, aber sicher wirkende Krankheitsherde für Tausende erwachsene Proletarier und deren Kinder. Das Wohnungselend ist eine Kulturschande, eine Gefahr für die gesamte Menschheit und den Staat. Die Haustiere der Besitzenden haben sehr oft bessere Unterkunftsräume als ein großer Teil der armen geplagten produktiv schaffenden Menschen. (Souhlas na levici.) Die bisher angewandten Mittel zur Behebung und Milderung der Wohnungsnot haben zum größten Teil versagt. Es werden nun neue Mittel anempfohlen: Aufhebung des Mieterschutzgesetzes, freie Wirtschaft auf dem Wohnungsmarkte, Erhöhung der Mietzinse und anderes mehr. Es ist ein Fantom, zu behaupten, daß dadurch die Bautätigkeit belebt und der Wohnungsmarkt gehoben werden kann. Was hindert die Geldmenschen jetzt überhaupt Wohnungen zu bauen? Für solche Neubauten gilt weder das Mieterschutzgesetz, noch ist die Festsetzung der Mieten durch irgendwelche gesetzliche Bestimmungen beeinträchtigt. Für solche Neubauten können ja auch alle durch das Baugesetz normierten Erleichterungen in Anspruch genommen werden: Erleichterte Bauweise, 50jährige Steuerfreiheit, Subvention und alles, was im Baugesetz enthalten ist. Der Einwand vom verlorenen Bauaufwand, daß man sich nicht in die Gefahr begeben will, wenn wieder normale Zeiten eintreten sollten, auf ein großes Stück des investierten Kapitales zu verzichten, ist ebenfalls nicht stichhältig, weil leider wahrscheinlich diese normalen Zeiten, wo die Gefahr bestände, daß ein Kapitalist einige Tausend Kronen vom Baukapital als Bauaufwand verlieren würde, nicht ein treten werden. Wenn die Geldmenschen solche Wohnhäuser bauen würden und die Mieten so festsetzen möchten, daß sich der verlorene Bauaufwand schon in 10 bis 15 Jahren amortisieren würde und das Haus sich so rentierte, wie sie es so schön aus zudrücken vermögen, so sollen sie bauen und sie werden Mieter bekommen. Die Mieter können ja gar nicht ausbleiben. Die Mieter werden durch die Not gezwungen, alles zu zahlen, was verlangt wird. Wer kennt nicht den Wucher mit all den Wohnungen trotz des Mieterschutzgesetzes und anderer gesetzlicher Besti mmungen, wo Hunderttausende Kronen dem Volk, das Wohnung braucht, direkt aus der Tasche geraubt werden! An der gesunden Wohnung hängt die Existenz, das Leben und die Gesundheit der Menschen. Die besitzenden Klassen haben kein Interesse an dem Bau neuer Wohnungen. Durch den Bau neuer Wohnungen könnte die Nachfrage und der Bedarf auf dem Wohnungsmarkt in das entgegengesetzte Verhältnis gebracht werden, wie es jetzt ist. Dies widerspricht den Klassen- und Profitinteressen der besitzenden Klassen. Der Kampf gegen die Kulturschande des Wohnungselendes muß vom Staat und der Allgemeinheit geführt werden. Die freiwillige und praktische Anteilnahme an diesem Kampf durch die Allgemeinheit war bisher nur sehr minimal. Es werden deshalb wohl gesetzliche Maßnahmen getroffen werden müssen, um das Interesse der Allgemeinheit zu wecken.

Die Wohnungsfürsorge im èechoslovakischen Staat hat sich bisher in folgenden Grundsätzen bewegt: Beeinflussung des Wohnungsmarktes durch den Mieterschutz, Wohnungsanforderung und Beschränkung des Zuzugs, Bodenpolitik, Geldbeschaffung, technische Herstellung der Gebäude, Materialbeschaffung und Lohnpolitik, Steuermaßnahmen. Alle diese Maßnahmen haben nur eine geringe Milderung der Wohnungsnot gebracht. Das jetzt geltende Bauförderungsgesetz Nr. 100 hindert aber auch in jenen Fällen, wo es gelungen ist, alle Voraussetzungen zu schaffen, um ans Bauen schreiten zu können, die Durchführung infolge des büro kratischen Instanzenzuges. Ich kann keine Vergleiche antellen, nachdem ich schon aufmerksam gemacht werde, zu enden, wie die Erledigung im alten Österreich erfolgt ist. Ich will nur noch folgendes sagen: Der den Tatsachen wesensfremd gegenüber stehende Geist, von dem ich schon sprach, herrscht auch in der Bauabteilung des Ministeriums für soziale Fürsorge. Nur an einem Beispiel will ich den Nachweis er bringen: Wenn eine Baugenossenschaft sich um den Charakter der Gemeinnützig keit bewirbt, so werden - das ist gesetz lich Bedingung - Erhebungen gepflogen, ob die Funktionäre, die sich die Genossen schaft zur Führung selbst gewählt hat, die entsprechende Vertrauenswürdigkeit be sitzen. Gegen diese Bestimmungen ist ge wiß nichts einzuwenden. Nun will ich folgende Geschichte vorbringen: In Altstadt bei Mährisch Trübau hat sich eine Bau genossenschaft gegründet, die ebenfalls im Sinne des Gesetzes um den Charakter der Gemeinnützigkeit beim Ministerium für soziale Fürsorge ansuchte. Die Gemein nützigkeit wurde nicht zuerkannt, dagegen erhielt die Genossenschaft den Auftrag, gewählte Funktionäre von ihrem Amte zu suspendieren und Neuwahlen vorzuneh men, weil die gewählten Funktionäre vor bestraft waren. Welche Strafen haben diese Funktionäre? Der erste wurde vor zehn Jahren wegen Alleinstehenlassens eines Wagens - er ist Milchhändler ge wesen - zu 15 Kronen Strafe verurteilt, der zweite ist ein schlimmerer Mensch, der hat vor 10 Jahren in seiner Jugend einen Raufhandel gehabt und ist damals schwer bestraft worden mit zwei Monaten Arrest - heute würde er die Strafe wahrschein lich bedingt erhalten - der dritte hat drei Tage deshalb erhalten, weil er sich nach dem Zusammenbruch kein Holz kaufen konnte und sich welches im Walde selbst holte. Der vierte ist ein besonderer Schwerverbrecher. Er hat vor 15 Jahren bei Nacht beim Radfahren einen Mann umgestoßen. Er wurde zu 15 Kronen Strafe verurteilt. Der größte Verbrecher scheint aber der letzte zu sein. Er hat ein mal einen Tag wegen Holzdiebstahls und zwei Tage deshalb bekommen, weil er einen Streit mit seiner Schwiegermutter gehabt hat. (Výkøiky, veselost na levici.) Ob er damals nicht aus Notwehr gehandelt hat, das zu untersuchen, hat wahrscheinlich das Gericht unterlassen. (Veselost.) Diese Funktionäre könnten alle öffentliche Funktionen bekleiden, können Bürgermeister, könnten Abgeordnete werden. Aber das Ministerium für soziale Fürsorge erklärt, Funktionäre einer Baugenossenschaft können und dürfen sie nicht sein, dazu besitzen sie nicht die notwendige Vertrauenswürdigkeit.


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