Pátek 25. listopadu 1921

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 99. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze v pátek dne 25. listopadu 1921.

1. Øeè posl. Budiga (viz str. 1141 protokolu):

Sehr gechrte Herren! Das Budget ist sozusagen das Rückgrat eines Staates, nach dem seine wirtschaftliche und finanzielle Lage beurteilt wird. Der Staatsvoranschlag bietet durch seinen großen Einfluß auf eine günstige innere und äußere Politik, auf das Wohl und Wehe des ganzen Wirtschaftslebens sowie durch die Wiederspiegelung des inneren Apparates sozusagen einen Gradmesser für die Leistungsfähigkeit des Staates, dessen Kreditfäfigkeit und Ansehen vom Staatsvoranschlage abhängig ist. Auch das politische Verhältnis der einzelnen Parteien drückt sich durch Zutrauen oder Mißtrauen, durch Begünstigung oder Bekämpfung desselben aus. Es ist ein Merkmal der Staatswirtschaft fast aller Länder, daß sie nach dem Kriege mit einem Defizit abschließen, und dasselbe ist bei der Èechoslovakischen Republik der Fall. Es betrug im Jahre 19 19 und 1920 je 5 Milliarden, im Jahre 1921 hat man es durch einen frisierten Staatsvoranschlag so weit gebracht, daß sogar ein rechnungsmäßiger Überschuß von 300 Millionen vorhanden war. Jetzt hat sich aber herausgestellt, daß das nur eine Roßtäuscherei war, um das Vertrauen des Auslandes zu gewinnen, denn dieser Staatsvoranschlag wurde um fast 50% überschritten. Der heutige Voranschlag erweckt nicht einmal mehr den Anschein eines budgetären Überschusses, sondern schließt mit einem Defizit von 3/4 Milliarde ab, das, die Investitionen inbegriffen, fast über 4 Milliarden beträgt. Die größte Post in unserem Voranschlage nimmt der Personalaufwand mit 9426 Millionen K, das sind 45% der gesamten Ausgaben ein. Dabei sind die Zuwendungen für die Mannschaft des Heeres und für die Lehrerschaft nicht inbegriffen. Der Personalaufwand ist noch gegen das Vorjahr um 4 Millionen gestiegen. Dessenungeachtet kann man noch immer nicht sagen, daß unsere kleinen Beamten und Angestellten in diesem Staate zu gut bezahlt werden. Protektionskinder mit zumeist ungenügender Vorbildung sind die Nutznießer des Staates, der als Melkkuh betrachtet wird, und das schädigt unserren ganzen Verwaltungsapparat. Alles drängt sich sozusagen zur Staatskrippe, um dort auf Kosten der Allgemeinheit versorgt zu werden, sodaß sch on auf 20 Einwohner ein Beamter kommt, ein ganz ungesundes Verhältnis; und von den Beamten sind kaum 6% Deutsche. Charakteristisch dafür, wie unsere deutschen Beamten in diesem Staate behandelt werden, ist folgender Vorfall, der mir, als ich nach Prag fuhr, auf der Bahn von glaubwürdiger Seite erzählt wurde, und ich kann nicht umhin, ihn hier zu erwähnen. Greifendorf Polzer kam vor etlichen Tagen ein Gendarmerieoberleutnant und forderte von ihm die Herausgabe aller Belege, die er infolge seines Verkehrs mit einer politischen deutschen Partei in Brünn besäße. Man beschuldigte ihn und sagte ihm, daß man Beweise dafür hätte, daß er auch in mündlichem Verkehr mit dieser Parteistände. Er beteuerte seine Unschuld, daß das nicht auf Wahrheit beruhe, daß er zu keiner politischen Partei irgendwelche Verbindung hätte. Dessenungeachtet wurde eine hochnotpeinliche Hausdurchsuchung vorgenommen, das unterste zu oberst gewendet, aber diese Untersuchung hatte kein belastendes Resultat zu Tage gefördert, vielmehr die Unschuld des Kommandanten bewiesen. Dessenungeachtet hat man aber dem Manne keine Genugtuung geleistet, man hat ihn vielmehr strafweise seines Postens enthoben und dem èechischen Posten in Boskowitz zugeteilt. Infolge der großen Aufregung und der Schmach, die dem Manne angetan worden ist, ist der Mann schwer erkrankt, ebenso seine Frau, sodaß er zu weiterer Dienstleistung fast unfähig ist. Es ist geradezu eine Schmach, wie man deutsche Beamte behandelt, um sie hinauszuekeln und unmöglich zu machen. Wir müssen fordern, daß Denunzianten und Spitzel auch tatsächlich der Bestrafung zugeführt werden. Es geht nicht an, daß unsere Beamtenschaft, die in diesem Staate ihre Pflicht restlos erfüllt, hier vogelfrei ist.

Nachdem ich zum Kapitel Schulwesen das Wort zu ergreifen nicht Gelegenheit hatte, muß ich hier einen Fall erwähnen, wie man in unserem Wahlkreise èechische Minoritätsschulen errichtet. In Selsen, einer Gemeinde an der Sprachgrenze, wurde im Laufe des vorigen Jahres eine èechische Minoritätsschule errichtet. Nachdem keine èechischen Kinder vorhanden waren, hat man sich damit zu helfen gewußt, daß deutsche Eltern, wenn Großvater oder Urgroßmutter Èechen waren, von Seite der Behörde gezwungen worden sind, ihre Kinder in die èechische Minderheitsschule zu schicken. Und sie wurden noch mit Strafe bedroht. Trotzdem war diese Schule nicht lebensfähig; und man hat sich wieder zu helfen gewußt, in bargemeinde, von Horákölhütten, aus der dortigen èechischen Schule in Döschna ausschulte, die in die weit entlegene Schule nach Selsen gehen mußten. Die èechischen Eltern haben sich dagegen entschieden gewehrt und sind bei den Behörden vorstellig geworden und haben gebeten, aber nichts hat genützt. Sie kamen sogar zu mir, ich möchte sie vor dem Terrorismus der èechischen Behörde schützen. Man sieht daraus, daß kein Mittel zu schlecht ist, wo es sich darum handelt, unsere deutschen Gebiete zu èechisieren, daß man sogar die èechische Bevölkerung zu diesem Zwecke terrorisiert. So sieht die vielgepriesene Freiheit und Demokratie in diesem Staate aus. Wir müssen verlangen, daß deutsche Eltern das Recht haben, ihre Kinder in deutsche Schulen zu schicken für ihr eigenes Geld, das sie zahlen müssen.

Ich komme nun zur Besprechung der wirtschaftlichen Gruppe, die soeben in Behandlung steht. Die Lage des Staates ist durchaus nicht so günstig, wie man sie in manchen Regierungskreisen hinzustellen beliebt. Wir kranken an den kolossalen Fehlern der ersten Regierung Dr. Kramáø und Rašín und wir werden uns von diesen Fehlern nicht so leicht erholen. Diese Regierung hat es unterlassen, rechtzeitig die Produktion zu fördern, rechtzeitig Brot und Arbeit zu verschaffen.

Man war nicht darauf bedacht, Absatzgebiete für unsere Industrie und unser Gewerbe zu sichern, man hat im Gegenteil eine ganz verfehlte Wirtschafts- und Zollpolitik gemacht, man ließ sich einfach vom nationalchauvinistischen Geiste leiten in der Meinung, die deutsche Industrie und das deutsche Gewerbe zu ruinieren und zu vernichten und auf dessen Trümmern die èechische aufzubauen. Sollten die Herren Èechen auf diesem Gebiete so weiter fortfahren, so werden sie die deutsche Wirtschaft zwar zugrunde richten, wir in den Sudetengebieten werden verarmen, aber auch Sie werden ihren eigenen Staat mit zugrunde richten. Wenn die erste Regierung dieses Staates, vor allem Rašín, nicht durch seine Finanzpolitik, dadurch, daß er die Grenzen durch Monate schließen ließ, um die Notenabstempelung durchzuführen, die Einfuhr von Rohprodukten verhindert hätte, und wenn nicht Milliarden gleich im Anfang für den Militarismus ausgegeben worden wären, sondern dieses Geld zum Ankauf von Rohprodukten verwendet worden wäre, wäre Verdienst und Arbeit geschaffen worden, es stünden die Staatsfinanzen ganz anders da, als es heute der Fall ist. Man hat nebst der verfehlten Politik der Notenabstempelung auch die Kriegsanleihefrage ganz falsch behandelt und man muß sagen, daß die ersten Staatsmänner dieses Staates nicht seine Baumeister, sondern seine Totengräber gewesen sind.

Was das Kapitel Landwirtsch aft betrifft, so muß ich es bemängeln, daß für die Hebung der Landwirtschaft in diesem Staate nicht viel übrig zu bleiben scheint, es ist herzlich wenig, kaum der 10. Teil dessen, was für den Militarismus geopfert wird. Man muß sagen, der Militarismus ist noch immer der größte Zehrer in diesem Staate. Und von dessen Abbau hat niemand von den Regierungskreisen auch nur ein Wort erwähnt. Meine Herren, man ist zwar gewohnt, von der Landwirtschaft viel zu verlangen, man hat uns erst kürzlich das Getreidekontingent um 30 % erhöht. Eigentümlich mutet es einen an, daß doch die Mehrheitsparteien 5 oder 6 Monate hinter verschlossenen Türen gesessen sind und über den Ernährungsplan beraten haben. Und nach 6 Monaten waren sie nicht imstande, einen Ernährungsplan vorzulegen, sie haben sich der Mißgeburt geschämt und sie im Verordnungswege das Licht der Welt erblicken lassen. Wie diese Verordnung, diese Mißgeburt aussieht, dafür ist sehr bezeichnend, daß man nicht einmal ausrechnen konnte, wieviel geliefert werden muß, um 40.000 Waggons zu bekommen, so daß man jetzt eine Nachlieferung von 30 % vorschreibt. Die meisten großen Besitzer haben das Kontingent inklusive des 30 % igen Zuschlages abgeliefert, und nur die kleinen Landwirte, die noch zu dreschen haben, sind noch die Leidtragenden. Man kann nicht verlangen, daß diese sich für die Nachlässigkeit der Regierung opfern, und sie werden unter gar keiner Bedingung bereit sein, das fehlende Kontingent nachzuliefern. Wie es in unserem Budget mit der Hebung der Landwirtschaft aussieht, ersieht man daraus, wenn man die einzelnen Kapitel miteinander vergleicht und das Verhältnis zu den Gesamtausgaben von 19 1/2 Milliarden betrachtet, von denen für die Landwirtschaft nur knapp über 2 1/2 % übrig bleiben. Es muß erwähnt werden, daß das, was im Budget für die Landwirtschaft aufgewendet wird, produktive Ausgaben sind, die der Allgemeinheit wieder mit reichen Zinsen zurückkommen. Hängt doch damit die klaglose Ernährung und Versorgung von Millionen Konsumenten mit Lebensmitteln zusammen und das Wohl und Wehe von Hunderttausenden Landwirten, landwirtschaftlichen Arbeitern und Dienstboten. Das Leben und die Wohlfahrt eines Staates hängt mit der Landwirtschaft innig zusammen, denn zuerst muß der Mensch leben, bevor er höhere Werte zu schaffen vermag. Alles, was wir essen und trinken und womit wir uns kleiden, stammt in seinen Uranfängen von der Landwirtschaft her. Wenn ich nun die Einzelheiten des Etats bezüglich der Landwirtschaft bespreche, so muß ich es bemängeln, daß wir Deutsche keine Vertretungen in den verschiedenen Kommissionen und landwirtschaftlichen Beiräten haben. (Souhlas na levici.) Ich muß es auch bemängeln, daß überall dort, wo landwirtschaftliche Angelegenheiten beraten werden, nicht praktische Landwirte mit dem nötigen Wissen sitzen, sondern mei st Theoretiker, und das ist der größte Schade für die Landwirtschaft.

Wir Deutschen haben fast gar keine deutschen Beamten im Landwirtschaftsministerium und ebenso verhält es sich bei den anderen Zentralstellen. Wir müssen entschieden fordern, daß wir nach unserer Steuerleistung und auch der Bevölkerungszahl entsprechend deutsche Beamte bekommen. Was die Erweiterung des landwirtschaftlichen Unterrichtes und des Versuchswesens anbelangt, so wurden zu diesem Zwecke im Staatsvoranschlag 22 und 8 Millionen ausgeworfen, etwas mehr als es im Vorjahre der Fall gewesen ist. Was die Hebung des landwirtschaftlichen Unterrichtes bei uns Deutschen betrifft, bleibt sehr viel zu wünschen übrig. Bei uns mangelt es sehr an den nötigen landwirtschaftlichen Winterschulen und Haushaltungsschulen und die Regierung gibt als Beisteuer zur Erhaltung der landwirtschaftlichen Winterschulen 6000 und zur Erhaltung der Haushaltungsschulen 2500 Kronen. Mit diesem Betrag läßt sich bei den jetzigen Teuerungsverhältnissen gar nichts anfangen und es ist notwendig, daß diese Beträge erhöht werden. So notwendig die Förderung des Meliorationswesens wäre, um die Bodenproduktion zu fördern und zu heben, damit der Staat unabhängig vom auswärtigen Getreidemarkt werde, ist der Meliorationsfond nicht erhöht worden, sondern wir finden wieder nur 15 Millionen zu diesem Zwecke ausgeworfen. Bezüglich der Zuwendung von Subventionen muß ich mich sehr beklagen, daß wir Deutschen, sei es bei den Straßenbausubventionen, sei es bei den Meliorationen sowie bei allem übrigen immer zu kurz kommen und immer in den Hintergrund gestellt werden. Wenn eine Entwässerungsgenossenschaft z. B. nach Vollendung eines Teiles ihrer Arbeiten oder nach der gänzlichen Vollendung und der Kollaudierung um Subvention ansucht, so bleibt dieses Gesuch durch Monate schön bei der Landesverwaltungskommission und bei der Landesbauabteilung, durch Monate beim Landwirtschaftsministerium und beim Finanzministerium liegen, und so vergehen Jahre, bis die betreffenden Genossenschaften zur Subvention kommen. Sie müssen mittlerweile natürlich Geld zu einer hohen Verzinsung aufnehmen und dementsprechend sind auch die Subventionen von den Zinsen bereits aufgezehrt. Das zeigte sich in Kunzendorf, in Lotschnau und anderwärts. Der Vorgang beim Meliorationswesen ist überhaupt ein viel zu schleppender. Vom Zeitpunkte der Überreichung eines Gesuches um Fertigstellung der Projekte vergeh en oft mehr als 14 bis 16 Jahre, mitunter sogar noch mehr. Während dieser Zeit sind die Kosten um 800 bis 1200 % gestiegen, und wenn auch der Kostenvoranschlag vor Inangriffnahme der Arbeiten richtiggestellt wird, so werden die Kosten trotzdem bis zur Fertigstellung der Arbeiten den Betrag noch bedeutend übersteigen, und wenn dann die betreffenden Genossenschaften um Gewährung von Nachtragssubvention ansuchen, werden sie einfach abgewiesen. Unter solchen Verhältnissen kann niemand daran denken, zu drainieren, das ist überhaupt gar nicht denkbar.

Da muß Wandel in der Weise geschaffen werden, daß die Subvention nach richtiggestelltem Kostenvoranschlag, nach Beendigung der Kollaudierung ausbezahlt wird. Der Betrag von 900.000 K, der im Voranschlage zur Förderung der Viehzucht eingesetzt ist, reicht nicht aus, es läßt sich mit ihm nichts anfangen, er reicht nicht einmal für einen Bezirk, viel weniger für den Staat aus. Mit solchen geringen Mitteln werden wir unsere Viehzucht nicht heben. Zur Förderung der Produktion des Bodens und zur Hebung der Viehzucht ist es notwendig, daß hinreichend Kunstdünger aus dem Auslande beschafft wird, aber nicht, daß es vorkommt, daß trotz des Kunstdüngerfondes, der jetzt in Liquidierung steht, wozu auch die Deutschen, speziell ihr Waldbesitz, so große Beträge einzahlen mußten, diese nicht einmal in der Lage waren, den notwendigen Kunstdünger für den Herbstanbau zu bekommen. Wir haben bis heute keine Vertretung im Kunstdüngerfond und wissen nicht, was mit den übriggebliebenen Geldern geschehen wird. Die ungeheuren Frachtsätze, die für Kunstdünger und Futtermittel verlangt werden, sind eben nicht geeignet, diese Artikel aus dem Auslande verschaffen zu können. Es ist im Interesse der Produzenten und Konsumenten gelegen, wenn der illegale Zwischenhandel ausgeschaltet wird. Wir begrüßen es ferner, wenn die Regierung darangeht, unser Genossenschaftswesen zu fördern und zu heben, wir verlangen aber entschieden, daß hiebei jede Parteipolitik ausgeschaltet und daß man bei den Zuwendungen für die Landwirtschaft nur vom rein sachlichen Standpunkt ausgehe und daß auch die kleinen Landwirte entsprechende Berücksichtigung finden.

Für die Unabhängigkeit und Selbständigkeit des Staates wäre es von der größten Bedeutung, daß alle Produktionszweige, die der Ernährung dienen, so ausgebildet werden, daß der Staat selbst in der Lage ist, für seine Staatsbürger zu sorgen. Diese Aufgabe ist umso wichtiger, als die bloße Massenproduktion von Gütern nicht genügt. Ein Staat, der nicht in derLage ist, vom Bauern- und Bürgerstand zu leben und dieselben lebensfähig zu erhalten, ist selbst kein lebensfähiger Staat mehr. Geradeso, wie es mit der Landwirtschaft steht, ist es um das Kleingewerbe bestellt. Man darf nicht über dasselbe hinweggehen, als ob es dem Untergange geweiht wäre. Der Staat hat dafür zu sorgen, daß entsprechende Subventionen gewährt werden, um jeden technischen Fortschritt wenigstens den Genossenschaften dienstbar zu machen, damit sie konkurrenzfähig gegenüber der Großindustrie werden. Woran das Kleingewerbe sehr leidet, ist das Hausiererwesen, besser Unwesen, die Pfuscherarbeit und die Strafhausarbeit, die teilweise noch besteht, wo der Staat dem Kleingewerbe selbst Konkurrenz macht. Wir müssen uns auch sehr darüber beklagen, daß bei der Vergebung staatlicher Lieferungen das Kleingewerbe, insbesondere der deutsche Handwerkerstand, nach seiner Steuerleistung nicht die entsprechende Berücksichtigung finden. Wir fordern in dieser Beziehung Abhilfe. Wir sehen, daß für das Kleingewerbe in diesem Budget nur 12 Millionen ausgeworfen sind und dadurch ist der Beweis erbracht, wie stiefmütterlich dasselbe hier behandelt wird. Wir sehen, daß das Budget nicht vom volkswirtschaftlichen, sondern vom fiskalischen Standpunkt aufgebaut ist. Ich hätte noch manche Beschwerde vorzubringen, namentlich über Post und Eisenbahn, allein die Redezeit ist zu kurz. Trotz der hohen Posttarife läßt der Brief- und Postpaketverkehr an Pünktlichkeit alles zu wünschen übrig. Dasselbe ist auch bezüglich der Zustellung der Telegramme der Fall. Die Gewerbetreibenden und Industriellen können ihre Postpakete mit Wertangabe nicht zu jeder Tageszeit bei der Post anbringen, sie werden abgewiesen. Ganz besonders skandalös und einzig dastehend sind diese Zustände in der Industriestadt Zwittau. Wenn dort ein Kaufmann oder ein Industrieller ein Postpaket mit Wertangabe aufgeben will, muß er 3 bis 4 Stunden, oft tagelang warten, ja, die Leute sind dort gezwungen, mit der Bahn nach Greifendorf, das 2 Stunden entfernt ist, zu fahren, um das Postpaket dort aufgeben zu können. Das sind unglaubliche Zustände. (Výkøiky.) Trotzdem auch die Arbeiterschaft wiederholt interpelliert hat, ist zur Abhilfe nichts geschehen, jetzt endlich hat man mir zugesagt, es werde Abhilfe geschaffen werden. Ich bin neugierig, ob die Herren ihre Versprechungen auch einhalten werden. Wird dies nicht der Fall sein, so wird von der Industrie gedroht, daß sie am 1. Dezember mit Arbeiterentlassungen beginnen wird, und ich müßte die Regierung für solche Zustände verantwortlich machen.

Zum Schluß will ich noch bemerken, solange wir nicht als ebenbürtige Staatsbürger in diesem Staate behandelt werden, solange unsere Steuergelder nicht zur sozialen und wirtschaftlichen Gesundung in gerechter Weise Verwendung finden, solange nicht für die hungernden Pensionisten und bettelnden Kriegsinvaliden gesorgt ist, solange nicht die Kriegsanleihe voll und ganz eingelöst ist und solange unsere Steuergelder nur für das Militär geopfert werden, können wir kein Vertrauen zum Staate und kein Vertrauen zur Regierung haben und werden in der schärfsten Opposition verharren und daher gegen das Budget stimmen. (Potlesk na levici.)

2. Øeè posl. Röttela (viz str. 1148 protokolu):

Hohes Haus! Der bessere Ausdruck wäre eigentlich leeres Haus! Eine der wichtigsten Beratungen eines Volkshauses ist die Beratung über den Staatsvoranschlag. Es muß einen etwas ehrlich gesinnten Volksvertreter wirklich unangenehm berühren, wenn in erster Linie eine so kurze Redezeit gegeben wird und in zweiter Linie, wenn man die Teilnahmslosigkeit der maßgebenden Faktoren, der Volksvertreter, mit ansehen muß. Wenn ich als Landwirt, insbesondere als kleiner Landwirt, den Voranschlag, der uns da vorgelegt wurde, einer Betrachtung unterziehe, muß ich das, was ich bereits beim letzten Voranschlage gesagt habe, wiederholen und muß konstatieren, daß in diesem Voranschlag eines der wichtigsten Ressorts, die Landwirtschaft, wieder sehr schlecht davonkommt. Der Voranschlag für 1921 hat für die Landwirtschaft wenigstens 4%, der für 1922 aber nur 3 1/2 % übrig. Für dasRessort für nationaleVerteidigung hatte der Voranschlag 1920 14 1/2%, der für 1922 18.4% übrig. Im Gegensatz zur Landwirtschaft wirklich erschreckend und beschämend. In einer Zeit, wo man der Ansicht ist, daß die Ernährungskrise und die Teuerung noch lange nicht vorüber sind, sollte man der Landwirtschaft ein größeres Augenmerk zuwenden und sie mehr unterstützen, als den Moloch Militarismus, den wir heute überhaupt nicht mehr brauchen. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda inž. Botto.)

Und weil ich schon die Worte "Ernährung" und "Teuerung" gebraucht habe, gestatten Sie, daß ich mich dabei einen Moment aufhalte. Es wird uns Bauern - die Erfahrung haben wir schon lange während des Krieges und auch jetzt gemacht - von Konsumentenkreisen der Vorwurf entgegengeschleudert, daß wir einzig und allein an der Ernährungskrise und Teuerung schuld seien. Man müßte ja mit Blindheit geschlagen sein, man müßte die letzte Zeit verschlafen haben, wenn man dies ernstlich behaupten wollte. (Souhlas na levici.) Jeder ehrlich denkende Mensch muß zugenen, daß im großen und ganzen mit ganz kleinen Ausnahmen die Zentralenwirtschaft an der ganzen Krise und Teuerung schuld ist, denn wer war der größte Wucherer während der ganzen Zeit? DerStaat war es gewesen, durch seine Steuern, durch seine Mißerfolge, die er mit der Zentralenwirtschaft gehabt hat. Das muß jeder ehrliche Mensch zugeben. Soll ich daran erinnern, wieviel Waggons Kartoffeln verloren gegangen sind, um sie den Schnapsjuden zuzuschanzen, wieviel Waggons Selchfleisch in Prag, Brünn zugrunde gegangen sind, um sie den Seifenfabrikanten, den Seifenjuden zuzuschanzen, soll ich erinnern, wieviel Waggons Obst, das hier gebraucht wurde in den großen Städten, einfach draußen verfault sind, ganz abgesehen von dem vielen Getreide, das zugrunde gegangen ist und das in den Fluß geschüttet wurde, weil es als Lebensmittel nicht mehr zu gebrauchen war. Das schönste bei dem gazen ist, daß diejenigen, die auf der rechten Seite dieses Hauses sitzen, welche die Verantwortung dafür tragen, sich jetzt parteiisch gegenseitig Vorwürfe machen. Sie alle haben aus der Rede der Koll. Zeminová gehört, daß ihre Anklagen gegen die Bürgerlichen gehen und von bürgerlicher Seite hören wir wieder, daß ihre Anklagen gegen die Sozialdemokraten gehen, aber im großen ganzen haben sie alle Butter auf dem Kopf und sind alle daran schuld. (Souhlas na levici.) Erwiesen ist, sehr geehrte Volksvertretung, daß alle diejenigen, die an der Spitze dieser Zentralen standen, Millionen mit fortgeschleppt haben, es ist erwiesen, daß die Spirituskommission, die Fettzentrale und alle anderen, Tod und Teufel, wie sie heißen mögen, mit einem großen Defizit abgeschlossen haben. Mich insbesondere als Kleinlandwirt und Gebirgslandwirt interessiert die Getreidezentrale, wo nach Ansicht der maßgebenden Faktoren fünf bis sieben Milliarden fehlen sollen. Hier muß ich ein Sprichwort zitieren: die kleinen Diebe henkt man, die großen läßt man laufen. Die kleinen Leute, die kleinen Bauern usw., die kleinen Milchhändler und Eierhändler, die vielleicht die Ware um 15 Heller teurer verkauft haben, sind bis zu 100 Kronen verurteilt worden, oder zu 14 Tagen Arrest, und die zwei Hauptschuldigen von der Staatsgetreidegesellschaft, sehr geehrteVolksvertretung, die sind dadurch gestraft worden, daß der Direktor in die Slovakei mit einem Jahresgehalt von 50.000 Kronen versetzt wurde, und der Vizedirektor mit 36.000 Kronen in Pension gegangen ist. Das ist die Bestrafung dieser zwei Hauptschuldigen. Wir haben infolgedessen eine Resolution vorgelegt, in welcher wir auf Grund dieser Umstände eine Kontrolle und Rechnungslegung verlangen. Wie schwer das sein wird, können wir uns alle vorstellen, ob wir dazu überhaupt kommen werden, wissen wir gar nicht, Wir wissen, daß es bei den kleinen Instituten der Bezirksgetreideämter nicht möglich ist, zu einer Bilanz zu kommen; um wieviel schwerer wird es hier sein, wo die maßgebenden Faktoren selbst gesagt haben, daß die Bücher und Belege nicht mehr da sind. Ich habe vor einem Jahre, als ich von die ser Stelle aus zu dem Budget von 1921 ge sprochen habe, das Ernährungsministe rium aufgefordert, uns über diese und jene Zustände Aufklärung zu geben, aber bis heute ist noch keine Spur davon gewesen. Wir haben weder Aufklärung noch sonst etwas bekommen. Es ist im großen und ganzen wahrnehmbar, daß eine Ernährungskrise tatsächlich in manchen Gegenden eingesetzt hat. Eine große Schuld an dieser Ernährungskrise, ich möchte sagen die größte Schuld hat die sogenannte "Pìtka" und jene Faktoren, welche von der Pìtka aus den Auftrag bekommen haben, das System der Aufbringung des Getreides aus der Ernte von 1921 in Vorschlag zu bringen. Ich habe als Mitglied des Ernährungsausschusses - auch meine deutschen Kollegen von der sozialdemokratischen Partei darf ich hier nicht ausnehmen - wir haben auf dieses schlechte System aufmerksam gemacht. Aber es war der chauvinistische Sinn, wenn ich mich so ausdrücken darf, und der Haß gegen die deutschen Landwirte, der diesem System zum Durchbruch verholfen hat. Ganz kann ich den Konsumentenparteien die Schuld nicht absprechen, denn diejenigen, welche hier in der Majorität des Hauses sind, hätten gewiß Kraft und Macht gehabt, gegen dieses System viel mehr als wir, die wir in den Minorität sind, aufzutreten. Ich habe oft und oft Gelegenheit gehabt, auf die kleinen Gebirgslandwirte hinzuweisen, auf das Verbrechen, das man an diesen kleinen Landwirten durch dieses System begangen hat. Man hat mir zugenickt und sich einverstanden erklärt, aber getan hat man gar nichts dagegen. Infolgedessen wird es heute so weit kommen, daß wir trotz der ziemlich günstigen Ernte des heurigen Jahres die Schikane das ganze Jahr hindurch auszuhalten haben werden. Der kleine Landwirt im Gebirge, der durch diese Aufbringung zu Schaden kommt, kann nicht liefern, und demjenigen, der es hätte liefern können, hat man schon längst Gelegenheit gegeben, auszudreschen und zu verkaufen, er kann die 60 % nicht mehr nachliefern, weil er sie nicht mehr hat, und so ist unsere Ernährungswirtschaft in eine derartige Sackgasse hineingekommen, wie sie es verdient; ich vergönne es ihr, weil sie unseren Weisungen und Anordnungen keine Folge geleistet hat. Ich als Vertreter des deutschen Landvolkes kann nicht umhin, auf einige schwere Leiden, die das deutsche Landwolk bei uns zu erdulden hat, hinzuweisen, insbesondere was die Getreideaufbringung betrifft. So sind in meinem Wahlkreis zwei sogenannte Bezirkspaschas, ich kann sie ganz ruhig nennen, es ist in Sternberg und Olmütz, welche mir viel mehr zu schaffen machen, als der gesamte übrige Wahlkreis. Diesen èechischen Bezirkspaschas ist sehr viel daran gelegen, den deutschen Landwirten dieses Bezirkes das Leben so sauer wie möglich zu machen. Ich habe Gelegenheit gehabt, bei dem Kommissär in Olmütz zu intervenieren, um den deutschen Gebirgslandwirten des Olmützer Bezirkes in der Bezirksrepartitionskommission eine Stelle zu verschaffen. Der Mann hat mir das versprochen, er hat sogar die Nominierung vorgenommen und versprochen, zur Einberufung zu schreiten. Bis heute ist aber noch nichts geschehen und die Aufteilung ist vollzogen und in viel schärferem Maße, als gegenüber den Landbauern dieses Bezirkes. Insbesondere muß ich noch auf einen Umstand aufmerksam machen, dee sich in meinem Wahlkreis zugetragen hat, nämlich die Absetzung des Bürgermeisters von Ellhotten. Der Bürgermeister von Ellhotten, ein deutsch gesinnter Mann, ist natürlich dem Bezirkhauptmanne von Sternberg ein Dorn im Auge gewesen von jeher, und er hat sich vielleicht in irgendeiner Art und Weise, was die Kundmachungen anbelangt, dem Bezirkshauptmann entgegengestellt. Der Bürgermeister wurde nun vom Bezirkshauptmann seines Amtes entsetzt und an seine Stelle ein èechischer Kommissär, ein Arzt der Irrenanstalt, dort eingesetzt. Dieser Mann bekommt täglich 50 Kronen, das ist jährlich 18.000 Kronen, das Budget der Gemeinde Ellhotten beträgt aber nur 21.000 Kronen, der Gehalt dieses Mannes ist dem des Olmützer Bürgermeisters gleich. Ich möchte nun die juristischen Kreise dieses Hauses fragen, ob sie in der Gemeindeordnung für Mähren im § 105 eine diesbezügliche Klausel finden, wonach man wegen eines 10.000 Kronen verurteilen kann, und in zweiter Linie möchte ich die Frage stellen, ob man nicht, statt einen Kommissär einzusetzen, zuerst den Stellvertreter einzusetzen hat und nicht so ohne weiters statt des Vizebürgermeisters einen Kommissär mit täglich 50 Kronen.

Was die Mobilisierung anbelangt, so liegen bei uns derartige Beschwerden vor, daß ich vielleicht zwei Stunden darüber sprechen könnte. Unser Landvolk, mit dem alten System vertraut und früher loyal gesinnt, ist ja nicht so leicht dazu zu bewegen, sich in das neue System hineinzuarbeiten und hineinzufinden. Aber trotzdem haben sie im großen und ganzen dem Mobilisierungsbefehl Folge geleistet. Einige krasse Fälle jedoch, die sich zugetragen haben, einige erschreckend krasse Fälle, sind darnach angetan, schärfste Abscheu im Volke hervozurufen. Es ist ein Fall unnittelbar in der Nähe meiner Gemeinde, wo eine arme Kleinbauerswitwe 3 Söhne beim Militär gehabt hat, die alle drei den Krieg, der eine 5 Jahre, der zweite 14 Monate, der dritte 7 Monate lang mitgemacht haben, und diese arme Witwe sollte auch jetzt zur Mobilisierung wieder ihre drei Söhne hergeben. Sie waren nicht zu Hause, sie waren irgendwo, zwei, drei Stunden von ihrem Heimatsort auf Arbeit und mußten erst gerufen werden. Der dortige Wachtmeister - zu meinem Leidwesen, ich muß es schon sagen, war es ein deutscher Wachtmeister kam in die Wohnung der Witwe und wollte diese arme Frau, die noch kurz zuvor einen Schlaganfall erlitten hatte, dazu zwingen, daß sie ihre Söhne zur sofortigen Einrückung verhalten soll. Ihre Angabe, daß sie ihren Kindern noch verschiedene Sachen vorbereiten müsse, die laut Kundmachung verlangt wurden, wie zum Beispiel Decken, Kleider, Rucksäcke und allen Tod und Teufel, half ihr nichts, der Mann benahm sich derart brutal, daß die Frau vor Aufregung zusammenstürzte und wenn nicht ärztliche Hilfe gekommen wäre, so wäre die Frau auf der Stelle gestorben. Solche Fälle sind nicht bloß in dieser Gemeinde, sondern auch in vielen anderen Gemeinden vorgekommen. Einen Fall muß ich noch zitieren, wie man gegen Schulen vorgegangen ist. Kollege Häusler wird mir das bestätigen. Es sind viele Schulen von Mähr.-Schönberg, unter anderen auch die in der Gemeinde Weikersdorf befindliche siebenklassige Volksschule geräumt worden, trotzdem die Kinder während der langen Kriegszeit soviel zurückgeblieben sind. Nun mußten die Kinder auch während der Mobilisierung der Schule fern bleiben. Und es ist tatsächlich beschämend, wenn ich hier von dieser Stelle sagen muß, daß vorige Woche noch in der siebenklassigen Schule in Weikersdorf statt der Kinder zwei Kanonen und 6 Mann Militär gewesen sind. Ich muß noch auf einige andere Sachen aufmerksam machen, die eigentlich mehr oder weniger, wie schon vorher erwähnt, eine gewisse Abscheu gegen Sie erwecken müssen. Der Herr Koll. Schälzky hat bereits gestern darauf hingewiesen, auf welche Art und Weise unsere Kriegsbeschädigten zurückgestellt werden. Es ist nicht genug, daß sie in puncto Zahlung zurückgestellt werden, nicht genug, daß sie auf jede Art und Weise gegenüber den Èechen benachteiligt werden, man muß auch noch mitanschauen, wie zum Beispiel Bahnrestaurationen und Trafiken den deutschen Invaliden weggenommen und den Èechen zugeteilt werden. Man muß mitansehen, wie zum Beispiel in Lundenburg beim Grenzübertritt Legionäre und èechische unverantwortliche Faktoren bei der Überprüfung des Reisegepäcks, das über die Grenze genommen wird, vorgehen und daß eigentlich den Leuten alles weggenommen wird, auch das, was sie nach dem Gesetz als zulässig über die Grenze mitnehmen können.


Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP