Ètvrtek 17. listopadu 1921

Auf dem Gebiete der Sozialpolitik sehen wir als Ergebnis der neuen Koalitionsregierung vor allem das fleißige Bremsen in der Fortentwicklung der sozialpolitischen Gesetzgebung, ein Bremsen, das schon in der Regierungserklärung zum Ausdruck kam, dort, wo uns der Herr Ministerpräsident erklärte, daß die Sozial versicherung wohl kommen werde, aber mit einer ganzen Reihe von "Aber". Und diese Sozialpolitik der Koalitionsregierung wird am besten gekennzeichnet durch die begeisterte Zustimmung, die sie vonseiten des Unternehmertums findet, was aus dem Artikel des Dr. Verunáè über ein "Aktivum", er nennt das noch "Ein Aktivum unserer Regierung", in der "Prager Presse" zum Ausdrucke kommt, wo es heißt: "Desgleichen ist auch hinsichtlich der Industrie festzustellen, daß eine Zeit anhebt, in der die Unmöglichkeit weiterer Belastungen der Industrie Verständnis findet" - wahrscheinlich bei den èe chischen Sozialdemokraten - "was auch das Regierungsprogramm beweist, an dem auch die sozialistischen Parteien mit gearbeitet haben, und in dem eine der für die Zukunft in Betracht kommenden Reformen, nämlich die Sozialversicherung durch die Worte limitiert" - also begrenzt - "wird: soferne die finanzielle Situation des Staates es gestattet und soferne es im Wege der Entwicklung geschehen wird." "Diese wenigen Tatsachen genügen, um den Beobachter zu überzeugen, daß trotz der schweren Leiden der Kriegszeit, trotz der erlittenen Entbehrungen, die Verhältnisse bei uns sich in sozialpolitischer Hinsicht weit mehr gebessert haben als in den umliegenden Staaten und somit auch vom unvoreingenommenen Standpunkt des Ar beitgebers eine bestimmte Besserung zu verzeichnen ist."

Das Verhalten der Regierung in der Frage der Ostrauer Bergarbeiter, worüber ich die Erklärung abgegeben habe, zeigt deutlich, wohin die Politik der Regierung segelt. In der Wohnungsfrage sehen wir, wie jetzt schon gepackelt wird, um nur ja den entschiedenen Mieterschutz auf zuheben und in ein hausherrenfreund licheres Fahrwasser zu gelangen. Das Ver hältnis der Steuern im Budget, worüber ja ein anderer Genosse von unserem Klub sprechen wird, zeigt ebenfalls deutlich, daß in diesem Staate viel mehr noch als in allen kapitalistischen Staaten, als im alten kaiserlichen Deutschland und im alten Österreich, in dieser Republik der Anteil des arbeitenden Volkes an den Lasten des Staates gestiegen ist. Ich weiß nicht, ob die Herren èechischen Sozialdemokraten jetzt so wie einst im alten Österreich von Versammlung zu Versammlung ziehen und dort den berühmten Zettel aus der Tasche ziehen werden das war immer einer ihrer besten Versammlungsschlager - wo steht, daß so und soviel Prozent direkte Steuern und soviel Prozent indirekte Steuern gezahlt werden müssen, daß daher das arbeitende Volk, die breiten Maßen den Staat größtenteils erhalten müssen. Diese sonderbare Entwicklung unter dieser Koalition in der inneren Politik findet ihr Gegenstück in dem Fiasko der äußeren Politik, ein Fiasko nicht vom Standpunkt der Regierung, das gebe ich ohne weiteres zu, ein Fiasko aber von dem Standpunkt aus, den die Regierung am Beginn ihrer politischen Campagne nach außen vertreten hat, vom Standpunkt des sogenannten Kampfes für die Demokratie und gegen den Monarchismus. Der Erfolg in diesem Kampfe gegen die Reaktion steht in entgegengesetztem Verhältnis zu dem Aufwand an Kraft und Mitteln, der dabei zu verzeichnen war. Alle unsere Befürchtungen haben sich erfüllt, denen wir gleich zu Beginn der Campagne gegen Ungarn Ausdruck gaben, und unser Mißtrauen stellt sich heute als vollständig berechtigt heraus, das Mißtrauen, das wir von allem Anfange an kundgaben, daß dieses System und diese Regierung nicht fähig sind, den Kampf gegen die Reaktion, für die Demokratie, zu führen; denn mit der Last des Polizeistaates und des Vasallentums gegenüber der westlichen Reaktion beschwert, kann man nicht frisch und frei gegen die Reaktion und gegen den Monarchismus kämpfen. Was ist in diesem Feldzug erreicht worden? Es ist die Beseitigung der Habsburger erreicht worden. Gut! Aber Herr Dr. Beneš hat uns in seiner Rede erklärt, daß diese Beseitigung der Habsburger, die bekanntlich ebenfalls auf der Linie des Friedens von Trianon liegt, im Einvernehmen mit der Entente geschehen ist Wenn aber nun die Kleine Entente und die Große Entente beide einmütig entschlossen waren, die Habsburger endgültig und gänzlich aus Ungarn zu beseitigen, dann glaube ich, war die Mobilisierung, wenn es sich nur darum handelte, und die Drohung mit dem Kriege, sehr überflüssig. Denn wo gibt es in Europa eine Macht, die ihnen widerstehen könnte, auch wenn sie keine militärischen Mittel in Anwendung brächten? Wozu hat man also eigentlich mobilisiert, fragen wir nun. Herr Dr. Beneš gibt uns eine Antwort darauf in seiner Rede. Er sagt, die èechoslovakische Regierung mußte nicht nur alle ihr zu Gebote stehenden diplomatischen, sondern auch nachdrücklichere Mittel, also die Mobilisierung, in Anwendung bringen. Es handle sich darum, daß die Öffentlichkeit Europas die enorme Tragweite dieser ganzen Frage für Zentraleuropa begreife. Mit der Mobilisierung wollte man also Europa die Tragweite der Habsburgischen Frage begreiflich machen. Europa - ich glaube nicht irre zu gehen, wenn ich annehme, daß für Herrn Dr. Beneš Europa ja doch nur existiert, soweit die Entente vorhanden ist, denn Deutschland existiert ja für das Europa der Entente und ihrer Vasallen nicht. Hier handelt es sich ausschließlich um die Entente; denn was hätte auch Deutschland der Èechoslovakei hier helfen können! Um also die Entente zu überzeugen von der Tragweite der Habsburgergefahr in Ungarn, deshalb mußte man mobilisieren - also man hat eigentlich scheinbar gegen die Entente mobilisiert, um ihr begreiflich zu machen, wie gefährlich die Habsburger sind. Denn deutlicher sagt ja der Herr Ministerpräsident im nächsten Satze: im Westen - und da ist doch wohl nur die Entente, - ich glaube, daß die Republiken Andorra und Portugal hier nicht gemeint sind - im Westen weiß man noch nicht genügend, daß die Rückkehr der Habsburger ein für die befreiten Völker Zentraleuropas nicht an nehmbares politisches System bedeutet". Was heißt das? Solange arbeitet der Herr Ministerpräsident schon gemeinsam mit der Entente, an ihrer Seite hat er im Weltkriege gegen die Habsburger gekämpft, seit der Beendigung des Weltkrieges, seit drei Jahren, ist er diplomatisch mit der Entente ein Herz und eine Seele. Und in dieser Zeit ist es ihm noch nicht gelungen, die Herren Briand und Lloyd George aufzuklären über die große Gefahr, die die Restaurierung der Habsburger in Mitteleuropa bedeuten würde? Diese Annahme, daß die Mobilisierung nur vollzogen worden sei, um die Entente von der Habsburgergefahr zu überzeugen, daß also eigentlich gegen die Entente mobilisiert wurde, das klingt so komisch, - um ein Wort des Ministerpräsidenten zu gebrauchen - daß wir in unserer - auch ein Wort des Herrn Ministerpräsidenten - in unserer politischen Unbildung das absolut nicht begreifen können. Hier muß aber doch gesagt werden, daß gerade die Stelle der Rede des Ministerpräsidenten über die Begründung der Mobilisierung, die logisch schwächste Stelle seiner Rede ist, und da es sich hier nicht um eine improvisierte Rede handelt, sondern um eine Rede, die Wort für Wort schon vordem vorbereitet und gedruckt war, bevor sie gehalten wurde, so kann das nicht allein ein Fehler im Aufbau der Rede sein. Der Herr Ministerpräsident sagte: "Von verschiedener Seite wurde die Einwendung gemacht, daß wir dies alles vielleicht auch ohne die Mobilisierung erlangt hätten. Ich weise diese Behauptung zurück." Das ist schön, aber worin besteht der Gegenbeweis für diese Behauptung? Der nächste Satz lautet: "Vor allem erreichen die Kosten der Mobilisierung beiweitem nicht die Ziffer, von der gesprochen wurde". Was das für eine Begründung für die energische Zurückweisung der Behauptung ist, das weiß ich nicht. Hier sind wir Kommunisten in unserer politischen Unbildung leider nicht fähig, die Logik des Herrn Ministerpräsidenten zu begreifen. Es schaut das so aus, diese plötzliche Wendung, wie wenn der Herr Ministerpräsident sagen wollte: "Reden wir lieber von etwas anderem". Welches war nun neben der Entfernungder Habsburger die Hauptsache bei diesem Feldzug gegen Ungarn? Doch gewiß die Entwaffnung Ungarns, denn das ist der Kernpunkt des ganzen Problems: der reaktionären Gesellschaft, die in Ungarn jetzt das Heft in Händen hat, die Waffen zu entwinden. Diese Gesellschaft herrscht nicht auf Grund der von Herrn Dr. Lodgman eifrig und leidenschaftlich verfochtenen ungarischen Demokratie, nicht auf Grund des Willens des Volkes, den Herr Lodgman so heilig erachtet, daß er nicht angetastet werden darf, dieses System herrscht vielmehr lediglich auf Grund der Bajonette und der Gewalt. Ihm die Waffen zu entwinden, war die Voraussetzung für den Sturz des Systems und für die endgültige Beseitigung auch des Monarchismus in Ungarn. Aber gerade in der Frage der Entwaffnung ist das Ergebnis des ganzen Feldzuges gegen Ungarn gleich Null. Der Herr Ministerpräsident ist sehr schweigsam über diesen Punkt gewesen, er deutet nur an, daß die Entwaffnung nach dem Friedensvertrag von Trianon durchgeführt wird. Ich habe das Empfinden, daß dieser Friedensvertrag mitsamt der Bestimmung von der Durchführung der Entwaffnung schon hübsch lange besteht, und daß da keine Änderung geschehen ist. Wenn nur der Vertrag von Trianon in Betracht kommt, hätte die Entwaffnung schon längst durchgeführt werden können. Und gerade jetzt sich auf den Vertrag von Trianon zu berufen, wie wenn das plötzlich die Garantie für die Entwaffnung geworden wäre, in dem Augenblick, wo durch die Volksabstimmung in Ödenburg, durch den Vertrag von Venedig, dieser Friedensvertrag durchlöchert worden ist, das erscheint mir auch eine sehr seltsame politische Logik. Tatsache ist, daß in der Frage der Entwaffnung gar nichts erreicht wurde, daß die Frage der Entwaffnung weiter in der Hand der Entente bleibt, in den Händen derselben Leute, welche die Entwaffnung Ungarns keinesfalls durchgeführt haben, während sie Deutschland und Österreich gegenüber in dieser Aktion sehr energisch vorgegangen sind. Die Nachricht von dem Aufruf des ungarischen Landesverteidigungsministers zum Eintritt in die Armee beweist deutlich, wie ernst die Herren in Ungarn die Frage der Entwaffnung und die Entschlossenheit der Entente nehmen.

Der Abgeordnete Stivín hat in seiner Rede angeführt, die èechische Sozialdemokratie sei von den sozialistischen Parteien der Nachbarstaaten ersucht worden, man solle aushalten, durchhalten in diesem Kampf gegen die ungarische Reaktion. Wenn das wahr ist - und ich zweifle nicht daran, alle Äußerungen der sozialistischen Presse Deutschlands und Österreichs beweisen es - dann hat die èechische Sozialdemokratie ihre internationalen Pflichten sonderbar erfüllt und hat jedenfalls nicht durchgehalten.

Damit nach der Tragödie noch die Komödie zum Rechte komme, damit nach dem Schaden auch noch der Spott komme, ereilt uns jetzt noch die schöne Nachricht, daß sich der hohe Rat der Entente mit der Frage beschäftigt, wie die Kosten für den Unterhalt von Karl Habsburg auf die Nachfolgestaaten aufgeteilt werden sollen. Das Ende wird sein, daß wir, die Èechoslovakei, auch noch Herrn Karl Habsburg mitfüttern und erhalten müssen. Dieser Ausgang der ganzen Affaire der ungarischen Campagne zeigt deutlich, wie berechtigt unser Mißtrauen, wie richtig unsere Politik war und daß wir den Willen des ganzen arbeitenden Volkes zum Ausdruck gebracht haben, daß es bereit ist, gegen die Reaktion, gegen Habsburg, gegen den Monarchismus zu kämpfen, daß es aber nie und nimmer kämpfen kann und nie und nimmer Vertrauen hat zu kämpfen unter der Führung dieses Systems und dieser Regierung, weil dieses System und diese Regierung mit der Reaktion so innig verknüpft sind, daß sie gar nicht im Stande sind, einen ehrlichen Kampf gegen die Reaktion zu führen. Und wenn wir diese Erklärung als Kommunisten abgegeben haben, daß das arbeitende Volk bereit ist, die Republik, die Demokratie zu verteidigen gegen die Reaktion und gegen den Monarchismus, so haben wir damit durchaus nicht irgend ein politisches Bekenntnis zu diesem Staate abgegeben. Auch darin, daß wir offen erklärt haben, daß jeder Angriff auf die Selbständigkeit, auf die Existenz dieses Staates, auf die nationale Selbständigkeit des èechoslovakischen Volkes, abgewehrt werden muß, auch darin, daß wir die Grenzen dieses Staates nicht durch die ungarische Reaktion antasten lassen, auch darin liegt gar kein politisches Bekenntnis zu diesem Staate. (Posl. Stivín: Konec té vìty znìl jinak!) Ja, Herr Stivín, das gebe ich zu, wir sehen die Dinge ganz anders als Sie, und am Ende wird unsere Politik, so wie sie jetzt ist, auch ganz anders sein, als die Ihrer Partei. (Posl. Stivín: Konec té vìty znìl, že se postavíte proti každému vmìšování do maïarských pomìrù!) Wir stellen uns gegen gar kein Einschreiten gegen die Verhältnisse in Ungarn. Das arbeitende Volk, das revolutionäre Proletariat ist bereit, und ich glaube, das revolutionäre Proletariat in der Slovakei brennt darauf, mit der Horthygesellschaft abzurechnen. Aber es darf nicht abrechnen, und die es daran hindern, das sind die Behörden dieser Regierung, das ist die Regierung dieser Republik, die das slovakisohe revolutionäre Proletariat mit Hilfe der Horthyagenten in der Slovakei niederhält. Ich werde dann gleich ein solches Beispiel anführen. (Souhlas komunistických poslancù.) Es ist im Verlaufe dieser politischen Campagne auch zu Angriffen von allen Seiten gegen unsere Partei gekommen, auch von Seiten der deutschen Sozialdemokraten gegen unseren angeblichen èechoslovakischen Patriotismus, Angriffe, welche gewiß auf der rechten Seite dieses Hauses einige Heiterkeit erregen werden und auch in der Mitte des Hauses. Und es hat sich in Anschluß daran eine ganz heitere Auseinandersetzung abgespielt zwischen den deutschen Sozialdemokraten und den Herren von der deutschbürgerlichen Partei über die Frage, wer Kriegshetzer ist und wer keiner. Wenn wir diese Erklärung abgegeben haben, daß wir bereit sind, die Demokratie, die Republik und die nationale Selbständigkeit des èechoslovakischen Staates zu verteidigen, aber nicht unter der Führung dieser Regierung und dieses Systems, so glauben wir, dazu mehr Recht zu besitzen als seinerzeit die Herren deutschen Sozialdemokraten besessen haben zur Verteidigung Österreichs, des Habsburgerreiches, und zur Verteidigung des Wilhelminischen Deutschland gegen seine äußeren Feinde. Und ich glaube, daß, wenn ich derjenige war, der im November und Dezember 1918 der Ansicht war, daß man die Deutsche Republik, die sozialdemokratische Republik Deutschland, an deren Spitze ausschließlich Sozialdemokraten standen, gegen den Angriff vonseiten der Entente nicht mit Protesten, sondern nur mit den Waffen in der Hand verteidigen kann, so glaube ich ebenfalls besser im Recht gewesen zu sein, als es die Herren deutschen Sozialdemokraten in der Verteidigung dieser beiden Staaten, des Habsburgischen Österreich und des Wilhelminischen Deutschland waren. So begeistert patriotisch, wie die Herren Sozialdemokraten für Deutschland und für Österreich, haben wir auch nicht einmal in dieser politischen Campagne uns benommen. Es hat in keiner unserer Zeitungen etwas Ähnliches gestanden wie damals am 5. August 1914 in der "Arbeiterzeitung", wo es hieß: "Da das deutsche Vaterland in Gefahr, und da die nationale Unabhängigkeit des Volkes bedroht ist, tritt die Sozialdemokratie schützend vor die Heimat hin. Und die "vaterlandslosen Gesellen", die "Rote Rotte", wie sie der Kaiser einst schmähte, weiht dem Staate Gut und Blut der arbeitenden Massen. (Smích na levici.) Ich erinnere daran, daß die Herren Sozialdemokraten nicht allein die Verteidigung des Vaterlandes, sondern auch diejenigen Dinge gutgeheißen haben, die sie heute als Schandtaten des wilhelminischen Regims bezeichnen. Die Wiener-Neustädter "Gleichheit" hat über die belgische Frage nur einen Satz geschrieben: "Deutschland mußte, um den Krieg rasch ins Feindesland zu tragen, über belgisches Gebiet schreiten." Und über das Selbstbestimmungsrecht der anderen Völker gab es eine Ansicht, wie die der "Volkstribune": "Am allerschlimmsten ist natürlich unter solchen Umständen die Situation für den alten Läusepeter in Serbien, der jetzt allmählich merkt, daß auch auf den großen Bruder Nikolaus kein Verlaß ist. Wie weiland König Belsazar das Mene Tekel Upharsin, so sieht er jetzt von einer Hand in Flammenzeichen die Mahnung schreiben: Peter Karageorgewitsch, jetzt geht dein morsches Thrönlein pritsch. (Výkøiky.) Gegenüber dem deutschen Vaterland, dem Vaterlande Wilhelms, waren die Herren Sozialdemokraten gewaltig begeistert. Da schreibt die "Arbeiterzeitung", als die deutschen Heere in der Richtung auf Paris marschierten: "Die Franzosen sind eine stolze selbstbewußte Nation, und der Gedanke, daß sie nicht bloß eine große, daß sie weit eher die große Nation sind, ist der Niederschlag ihrer Geschichte, der Inbegriff ihrer Auffassung von dem Verhältnis der Völker. Und die winselnde Versicherung, daß ihnen Hilfe von England kommen werde, dessen Söldnertruppen vor der Gewalt des deutschen Volkes in Waffen wie Spreu im Winde zerstieben, daß sie Väterchen Zar den Eisenklammern der deutschen Heeressäulen entwinden werde, die soll ihr Selbstbewußtsein aufrichten, die soll sie zu jener letzten und äußersten Kraftanstrengung entflammen, die nicht von der physischen Not kommen, die nur der unerschütterbare Glaube an das gute Recht verleihen kann. Das schmerzliche Bewußtsein, der deutschen Kraft nicht gewachsen zu sein, kann kein Zar mehr auslöschen . . . Denn wie der er schütterndeKlang desWeltgerichtes dröhnt der Ruf, der von Heer zu Heer in den deut schen Reihe erschallt: Nach Paris! nach Paris!" (Posl. Èermak: Ich bin ganz er schüttert!) Und die Herren waren es da mals, und Herr Èermak war, als er diese Zeilen las, patriotisch sehr erschüttert. Ich erinnere an die Frage des Unterseeboot krieges, die heute auch von den Sozialde mokraten zu den größten Schandtaten des Wilhelminischen Regimes gezählt wird.

Darüber schreibt die "Arbeiterzeitung" vom 4. Feber 1917: "Wie ist vollends auf der Linie der technischen Entwicklung der einzige Vorsprung eingeholt! Nach den Leistungen der deutschen Tauchboote und Handelstauchboote wird kaum jemand heute noch zweifeln, wem die Palme zu fällt." Und weil wir gerade von Herrn Karl Habsburg sprechen, der in der letzten Zeit in den deutschen sozialdemokratischen Zeitungen als Idiot hingestellt wurde, so erin nere ich an die "Arbeiterzeitung", wie sie über die Wöllersdorfer Arbeiter geschrie ben hat. Diese Wöllersdorfer Arbeiter haben an den Kaiser eine Ansprache ge richtet. Die "Arbeiterzeitung" schreibt:

"Die Hauptvertrauensmänner wurden am 9. Juni nicht zu dem Trottel, sondern zu seiner Majestät dem Kaiser nach Baden befohlen. Der Kaiser, der uns als Euere Vertreter in der leutseligsten Weise emp fing, erkundigte sich nach den Verhältnis sen und nach der Lage der Arbeiter und wir gaben pflichtgemäß eine wahrheits gemäße Darstellung. Seine Majestät sagte, daß alles für die Munitionsarbeiter ge schehen soll, was möglich ist, dankte wie derholt in bewegten Worten der Arbeiter schaft für alle Mühen, sprach dem Verhalten der Arbeiterschaft seine vollste Anerkennung aus, bezeichnete das Vertrauensmännersystem als eine gute Einrichtung und beauftragte uns, der gesamten Arbeiterschaft den Dank des Kaisers so zu übermitteln, daß jeder Arbeiter und jede Arbeiterin in Kenntnis seinerAnerkennung und seines Dankes kommt. Außer stande anders, machen wir Euch auf diesem Wege hiemit Bericht. Wir sehen in dieser schweren Zeit, wie wichtig es ist, daß die Ar beiterschaft geschlossen und einig bleibt. Bleiben wir wie bisher auf der betretenen und als richtig anerkannten Bahn, harren wir aus bei unserer Arbeit bis zum ersehnten Frieden. Vertrauen um Vertrauen, Treue um Treue." Also Treue gegenüber Karl Habsburg, dem Trottel von heute.

Zugleich mit dieser Chamade, mit der die Politik der Regierung gegen Ungarn geendet hat, läuft die Frage des Vertrages mit Polen, jenes Vetrages mit Polen, dessen Besprechung der Herr Minister präsident, jedenfalls um ihn national po pulärer zu machen, mit der Bemerkung einleitet, daß es sich hier um zwei slavische Völker handle. Ich glaube, es gibt dort im Osten noch ein slavisches Volk, und das ist das ukrainische Volk. An dieses scheint der Ministerpräsident nicht gedacht zu haben, denn er erklärte sich desinteressiert an der Frage von Ostgalizien. Das bedeutet nichts anderes als die Sanktionierung jener brutalen Vergewaltigung des ukrainischen Volkes durch das heutige Polen, durch das heutige polnische Regime, die in Ostgalizien verübt wird, in jenem Ostgalizien, das zum polnischen Staate mit den Waffen gepreßt wurde, obwohl es nach dem Urteil eines hiesigen tschechischen Blattes eben so polnisch ist, wie Argentinien èechoslovakisch.

Der Herr Ministerpräsident hat den Vertrag mit Polen als harmlos hingestellt. Dies Kind, kein Engel ist so rein, wie dieser Vetrag mit Polen. Ich möchte denn doch daran erinn ern, daß diesem Vertrag mit Polen ein ähnlicher Vertrag mit Rumänien vorausgegangen ist und es ist bezeichnend, daß wir so eifrig die Freundschaft gerade der allerreaktionärsten Staaten suchen. Auch in diesem Vertrage mit Rumänien finden wir dieselbe Bestimmung, die gegen Rußland gerichtet ist. Der Ministerpräsident hat uns vorgeworfen, es sei lächer ich, von einem Feldzug gegen Rußland zu sprechen. Es handelts ich aber bei Beurteilung dieses Vertrages mit Polen nicht um einen Feldzug der Èechoslovakischen Republik gegen Rußland, es handelt sich um die Hilfe für Polen und Rumänien durch die wohlwollende Neutralität in einem Feldzug gegen Rußland. Da möchte ich schon den Herrn Ministerpräsidenten darauf aufmerksam machen, daß für das klassenbewußte Pro letariat aller Nationen dieses Staates die Frage der Durchfuhr von Kriegsmaterial, der Unterstützung Polens und Rumä niens in einem Kriege gegen Rußland, die in diesem Vertrage festgesetzt ist, eine genau so ernste Frage ist wie der Krieg gegen Rußland selbst, und daß diese Aus übung der wohlwollenden Neutralität in einem solchen Falle genau so gut eine Kriegserklärung an das klassenbewußte Proletariat dieses Staates ist, wie es der Krieg mit Rußland selbst wäre. Aller dings, wir kennen das aus der alten Zeit: der Vertrag tritt nur in Gültigkeit, die wohlwollende Neutralität gilt nur, wenn Rumänien oder Polen von einem anderen Staate angegriffen wird. Obwohl wir politische Unbildung besitzen, einiges wissen wir doch aus der Geschichte der Politik, besonders der letzten Jahrzehnte. Wir wissen, daß nichts leichter ist als zu er reichen, daß man angegriffen wird, und daß man, wenn man es will, sehr rasch dazu kommt, angegriffen zu werden, daß man die Dinge schon so einrichten kann. Gerade bei Polen und Rumänien ist dies der Fall, wo wir gerade in letzter Zeit die Politik der Unfreundlichkeit, des Hasses gegen Rußland sehen, wo alles dazu be nützt wird, um gegen Sowjetrußland vor zugehen.

Es ist interessant, daß gerade kurz vor der Abreise des Herrn Skirmunt aus War schau nach Prag jene sogenannte Auf standsbewegung in der Ukraine losge brochen ist. Gerade in den letzten Oktober tagen drangen zahlreiche, gut bewaffnete Petljuratruppen über die rumänische und polnische Grenze in die Ukraine ein. Wie vom russischen Gesandten in Warschau am 29. Oktober bei seinem Besuche im polnischen Außenministerium festgestellt wurde, waren die aufrührerischen Banden aus polnischen Internierungslafern mit Unterstützung der polnischen Militär- und Eisenbahnbehörden in polnischen Eisenbahnzügen bis an die Grenze transportiert worden, von wo sie unter Kommando des Ataman Tiutiuniuk den Angriff gegen die Stadt Hussiatvn durchfüh rten. Am nächsten Tage, den 30. Oktober, protestierte zwar der polnische Außenminister Skirmunt gegen diese Zumutung in einer an die russische Gesandschaft eingereichten Note. Schon am 1. November wurde aber Polen eine scharfe Note von dem Gesandten der Sowjetukraine, Schumski, überreicht, in der nochmals der Friedensbruch der polnischen Militärbehörden, die auf eigene Faust den ukrainischen Banditen Hilfe leisteten, festgestellt und die Bestrafung einer Reihe ukrainischer Generäle, wie Omeljanowitsch, Burkowcev, Udowitschenko verlangt wurde. Diese letzte Note wurde von dem polnischen Außenministerium nicht beantwortet. Das zeigt deutlich, wie sich Polen und Rumänien eifrig bemühen, von Rußland angegriffen zu werden, wie sie ununterbrochen arbeiten, um Rußland zu provozieren. Sehr bezeichnend ist es, daß die Nachrichten über den sogenannten Aufstand in der Ukraine gerade aus Lemberg in die Welt geschickt werden. Das ist ein Beeeis dafür, daß der ganze Feldzug von dort aus gelenkt wird, daß es sich nicht um einen Aufstand handelt, sondern um einen planmäßigen Feldzug gegen Sowjetrußland, der von Polen aus organisiert worden ist.

In einem Augenblick, wo das Blut unserer Brüder in der Ukraine fließt im Kampfe gegen die weißgardistischen Banden Petljuras, die von unserem neuen Bundesgenossen Polen organisiert und unterstützt werden, spricht der Herr Ministerpräsident davon, daß es lächerlich sei, von einem Feldzug gegen Rußland zu sprechen. Das ist genau so, wie wenn jemand in einem Augenblicke, wo Flinten und Kanonen schießen, sagen würde: Es geht nichts vor, es ist kein Krieg. Wenn das die seriöse Beurteilung ist, die der Herr Ministerpräsident von uns verlangt, wenn in diesem einfachen Ignorieren ernster, blutiger Tatsachen der Ausdruck jener politischen Bildung und jenes Gedankenreichtums liegt, den der Ministerpräsident nach seiner Rede bei uns Kommunisten so sehr vermißt, und wenn der Herr Ministerpräsident so von oben herab die rußlandfeindliche Auslegung des Vertrages mit Polen aburteilt, in demselben Augenblick wo bereits Banden von Polen aus in die Ukraine einmarschieren, dann zeigt das eben, daß alle Versicherungen des Herrn Ministerpräsidenten von dem absoluten Friedenswillen gegen Ruß land sehr kritisch aufzunehmen sind. Übrigens möchten wir den Herrn Mini sterpräsidenten einladen, mit dieser Kritik von oben herab gegen alle, die hinter dem Vertrag mit Polen rußlandfeindliche Absichten vermuten, sich gefälligst auch an andere zu wenden und nicht bloß an uns Kommunisten. Ich erinnere ihn zum Beispiel daran, daß der "Kuryer Polski" in Beurteilung des Vertrages der Èechoslovakei mit Polen schrieb, daß der Vertrag nicht bloß eine Ergänzung des Verhältnisses Polens zur großen Entente ist, wo mit England und Frankreich übereinstimmen, sondern er sei auch ein Beweis des polnischen Friedenstrebens, wobei gleichzeitig auf das Verhältnis Polens zu den Sowjets ein Licht geworfen werde. Ich verweise ferner den Herrn Minister präsidenten auf einen Artikel der Tribuna", in welchem es heißt: "V èlánku druhém zajišuje se blahovolná neutralita napadenému kontrahentu, tedy i volný prùvoz váleèného materiálu. Tím odstraòuje smlouva jednu velmi neblahou vzpomínku z doby, kdy Polsko bylo v smrtelném zápasu se sovìtským Ruskem a kdy pro nejasnost vnitøních našich pomìrù nebyl mu potøebný váleèný materiál po našem území dopravován. Tento fakt nám Poláci vždy velmi zazlívali a jest dobøe, že získávají jistotu, že se nebude opakovati, tím spíše, že úspìšná obrana Polska proti bolševickému útoku je jedním z našich nejživotnìjších zájmù. Smlouva polsko-èeská jest úspìchem polské politiky, která si takto kryje záda proti Rusku a získává velmi cenné naše desinteressement na východní Halièi." Das bedeutet, daß dieser Vertrag mit Polen keinen anderen Sinn hat, als daß er ebenso wie das Nachgeben in dem Kampf gegen Ungarn in der Frage der Entwaffnung eine Wendung in der Politik des Herrn Ministerpräsidenten ankündigt. Der Herr Ministerpräsident hat es auf die Dauer nicht mehr ertragen, daß man ihm den Vorwurf machte, daß die Èecjoslovakei damals im Kriege mit Sowjetrußland Polen nicht zu Hilfe gekommen ist und er will diesen Vorwurf für immer von sich abwälzen, indem er jetzt nach der Äußerung der "Tribuna" über die Haltung der polnischen Presse die Èechoslovakei zur Rückendeckung für Polen im Kriege gegen Rußland hergibt. Das sind die ernsten Tatsachen, die aus der Presse sprechen, und da möchte ich den Herrn Ministerpräsidenten aufmerk sam machen, wenn er schon auf dieser Linie sich bewegt, wenn er alle als lächer lich hinstellt, die den Vertrag mit Polen als gegen Sowjetrußland gerichtet be zeichnen, daß der Herr Ministerpräsident dann bessere Instruktionen an die Presse seiner Regierungsparteien ausgebe, damit nicht z. B. ein Herr Dr. Frankenberger im "Venkov" schreibt (ète): "Èeskoslovenská republika ve spolku s Polskem na jedné a Rumunskem na druhé stranì tvoøí pevnou hráz proti ruskému bolševismu, která jest s to zastaviti jeho postup na západì a odvrátiti úplnì nebezpeèí odtud hrozící, kdežto zároven pøedstavuje velmoc, která jest s to zasáhnouti úèinnì k úplnému zdolání bolševismu a obnovení spoøádaných pomìrù ve velké východní slovanské øíši. Zasazení takové bude døíve nebo pozdìji nezbytno, jen tím dá se èeliti rostoucí tam anarchii a jednak osvoboditi Rusko z politické a hospodáøské mizerie, která rdousí zde úplnì každý život, jednak ale zabezpeèiti se proti ustaviènému znepokojování a podrývání klidného rozvoje, jemuž všechny tøi státy odtud stále jsou vydány."


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