Úterý 19. èervence 1921

Diese Durchrechnung der Tarife hat einen besonders ungünstigen Einfluß auf das Falkenauer Kohlenrevier ausgeübt. Das Falkenauer Kohlenrevier, welches vor dem Kriege oder auch noch während des Krieges mit seinem Absatz an Kohle, hauptsächlich an Süddeutschland angewiesen war, durch die Konkurrenz und die Minderwertigkeit der Kohle dieses Gebietes, später aber auch den Inlandmarkt requirieren mußte, leidet unter diesen ungünstigen Kohlentarifen und der Nichtdurchrechnung der Tarife am schwersten und es ist die gesamte Kohlenproduktim dieses Falkenauer Gebietes dadurch auf das schwerste gefährdet. Diese unhaltbaren Zustände sind besonders durch das sogenannte Binnenzollverhältnis herauf beschworen worden.

Es wäre Pflicht der Regierung, auf diesem Gebiete Wandel zu schaffen und den vollständigen Zusammenbruch der Kohlenproduktion in diesem Gebiet zu verhindern und damit auch der Arbeitslosigkeit zu steuern. In weiten Kreisen ist auch die Anschauung vorhanden, daß die Tariferhöhungen ausschließlisch zur Erhöhung der Gehälter und Löhne der Eisenbahner erfolgten und daß die erhöhten Einnahmen dem Personale zugewendet worden sind. Dem Unternehmer scheint es, daß wir ein zu teueres Personal haben und daß da abgebaut werden müsse. Dieser durchaus auf der Unkenntnis der Personalverhältnisse beruhenden falschen Meinung, muß endlich einmal von dieser Stelle aus ganz energisch entegegengetreten werden.

Der Esenbahnbedienstete arangiert seit jeher seit 20 Jahren und auch länger in der Reihe der schlechtest bezahlten Arbeitskräfte, gleichgiltig ob Arbeiter, Diener Unterbeamte oder Beamte. Nur die unter aller Kritik schäbige Entlohnung schon in der Vorkriegszeit hat es der Bahnverwaltung ermöglicht auf Kosten des Personals mit verhältnismäßig niedrigen Tarifen zu wirtschaften. Auch während und nach dem Kriege steht die Entlohnung der Arbeiter in keinem Verhältnisse zu den Preisen der verschiedenen Lebensbedürfnisse.

In der Èechoslowakei haben wir z. B. zu verzeichnen eine Erhöhung der Einkommen verhältnisse bei den Eisenbahnern, gegenüber dem Jahre 1914 von 234 % bei den Beamten bis zu 900 %, bei den früher schlechtest bezahlten Arbeiterkategorien. Im Durchschnitt beträgt die Einkommenserhöhung bei den Eisenbahnbediensteten überhaupt nur 510 %. (Predsednictví se ujal pøedseda Tomášek.)

Bei den deutschen Eisenbahnern im Reiche verzeichnen wir eine Erhöhung der Einkommensverhältnisse der Eisenbahnbediensteten von 600 bis 850 % im Durchschnitt von 690 %. Wir stehen also, was die Bezahlung des Personals anbelangt, noch weit hinter der Bezahlung der Eisenbahner im Deutschen Reich zurück. Daraus ist zu ersehen, daß die Entlohnung der Eisenbahnbediensteten, selbst wenn man die höchste gegenüber dem Jahre 1914 eingetretene Einkommensteigerung bei den niedrigsten Kategorien in Anschlag bringt, gegenüber dem amtlichen Indexziffern der Èechoslovakei von 1274, 45 % allgemeiner Verteuerung des Lebensaufwandes noch immer um 315 % zurückbleibt.

Es mögen sich also alle jene beruhigen, die da meinen, Tariferhöhungen seien lediglich zu dem Zwecke erfolgt, um die Eisenbahner auf Rosen zu betten. Die Ursache liegt in der Hauptsache auf einem anderen Gebiete. Und da verweise ich noch einmal auf den während des Krieges getriebenen Raubbau an dem Material der Eisenbahnen, auf die ungeheueren Anforderungen und Leistungen sowohl des toten als auch des lebenden Materials, keine Reparaturen während dieser Zeit oder äußerst mangelhafte, nur den momentanen Bedürfnissen Rechnung tragende. Wenn wir uns beispielsweise die. Materialpreise von heute ansehen, so finden wir, daß eine der Ursachen der Mehrausgaben der Eisenbahnen hauptsächlich in den verteuerten Preisen der Materialien liegt. Die Materialien sind um 3000 bis 4000 % gegenüber der Vorkriegszeit gestiegen. Eine Lokomotive kostet heute weit über eine Million Mark. Im deutschen Reiche betragen beispielsweise die Ausgaben um 100 % mehr als die Einnahmen.

In jüngster Zeit wurde auch bei den èechoslovakischen Staatsbahnen ein sogenannter Zentraleisenbahnrat geschaffen. Dieser soll den Zweck haben, beratende Körperschaft zu sein, Anregungen zu geben für den Ausbau des Verkehrswesens, für den Handel, zur Hebung der Wirtschaft überhaupt. Auch die Deutschen wurden eingeladen, Mitglieder dieses Zentraleisenbahnrates zu werden. Es sind auch die Organisationen der Bediensteten in diesem Eisenbahnrat vertreten. Nun ist es aber mit dem Zentraleisenbahnrat genau so bestellt, wie mit diesem Parlament.

Dieser Eisenbahnzentralrat enthält eine Geschäftsordnung, die im § 16 folgende Bestimmung enthält: "Die Verhandlungssprache des Èechoslovakischen Staatseisenbahnrates und dessen Sektionen und Ausschüsse ist die Staatssprache. In der Staatssprache verhandeln die Vertreter der Staatsverwaltung und Funktionäre der Sektionen und Ausschüsse und in derselben Sprache geschehen die Äußerungen der Mitglieder." Das heißt also: Aller seiner Mitglieder, Angehörige der deutschen, russischen, kleinrussischen, ungarischen oder polnischen Sprache, können zwar, falls sie der èechoslovakischen Sprache nicht mächtig sind, ihre Äußerungen und Anträge in ihrer Sprache tun. Da wird also die Gnade geübt, daß diejenigen, die der èechischen Sprache nicht mächtig sind, sich auch einer anderen Sprache bedienen können. (Výkøiky.)

Nun ist gewiß jeder von uns, der in diesem Zentralrateisenbahnrat eingetreten ist, mit der ernsten Absicht dorthin gegangen, fruchtbringende Arbeit für das Verkehrs- und Wirtschaftsleben in allgemeinen zu leisten. Jeder möchte seine Erfahrungen fruktifizieren. Es ist aber ausgeschlossen bei einer derartigen Geschäftsordnung. Es scheitert der beste Wille, mit den die Menschen hinkommen, wenn derartige Strangulierungen von vornherein festgelegt sind. Es wurde deshalb gleich in der ersten Sitzung dieses Zentraleisenbahnrates ein gemeinschaftlicher Antrag eingebracht, der eine Abänderung dieser Bestimmungen des § 16 der Geschäftsordnung beinhaltet und wenn auch der Herr Eisenbahnminister damals erklärte, er könne über diesen Antrag nicht abstimmen, weil die Bestimmung bereits festgelegt sei, so möchte ich doch von dieser Stelle im Interesse des Gedeihens jeglicher Arbeit in diesem Zentraleisenbahnrat an ihn die Bitte richten, Verhältnisse zu schaffen, eine Verbesserung di eser Geschäftsordnung durchzuführen, die eine Mitarbeit sämtlicher nichèechischer Mitglieder des Zentraleisenbahnrates ermöglicht. Man hat auch die Absicht bei den Staatsbahnen noch sogenannte Ersparungskommissionen einzuführen. Auch dazu müssen wir die Forderung erheben, daß die Staatsbahnverwaltung nicht allein die Bürokraten zuzieht, sondern auch Vertreter aus den Kreisen der Bediensteten.

Es wurde uns auch ein Investitionsprogramm bekannt gegeben, in welchem wir aber vermissen, daß in den deutschen Gebieten dieses Staates irgendwelche Ausbauungen der Bahnhöfe oder Strecken beabsichtigt wird. Wir finden zwar, daß ein Bauprogramm entworfen wurde für Prag, Brünn, Preßburg, Kolín, Böhm. Trübau, Olmütz, Gmünd, neue Bahnprojekte mit insgesamt 3000 Kilometern, aber für das deutsche Gebiet ist weder der Umbau eines Bahnhofes noch der Ausbau einer Linie oder der Neubau von Bahnlinien in Aussicht genommen worden. Die Bahnhöfe in Bodenbach, in Böhm.-Leipa, in Aussig bedürfen dringend des Umbaues und ganz besonders deshalb, weil in den angrenzenden Gebieten des Sachsenlandes die modernsten Bahnhöfe zu finden sind. Es ist ein Skandal, diese Labyrinthe noch weiter bestehen zu lassen. Dasselbe können wir bezüglich des Personalwohnhäuserbaues konstatieren. Auch da ist das deutsche Gebiet mit keinem einzigen Bauprojekt berücksichtigt worden. Wir müssen auch hier die Forderung erheben, im Interesse der Steuerung der Wohnungsnot, daß die Staatsbahnverwaltung auch in den deutschen Gebieten Wohnhäuser für das Personal erbaut.

Obzwar wir es bei dem in Verhandlung stehenden Gesetz lediglich mit einer Anforderung zu tun haben, die sich auf die Anschaffung von totem Material erstreckt, so halte ich es in Anbetracht dessen, daß es in diesem Parlament den oppositionellen Parteien so ungemein erschwert ist zum Worte zu kommen, für meine Pflicht, diesen Anlaß mit dazu zu benützen, auch die Wirtschaft mit dem lebenden Eisenbahnmaterial zu beleuchten. Das Kapitel Personalwirtschaft bildet ja bekanntermaßen ein besonderes Ruhmesblatt in der jungen Geschichte dieses Staates. Bestand doch die erste heroische Tat unserer Eisenbahnbureaukratie, der vom alten Österreich übernommenen sowohl wie der jungen, neu eingesetzten gleich nach dem Umsturz darin, eine wüste chauvinistische Hetze gegen alles Nichtdeutsche auf den Eisenbahnen zu inszenieren und die Bediensteten nichtèechischer Volkszugehörigkeit in der maßlosesten und böswilligsten Weise zu verfolgen und aus ihren Stellen zu verdrängen. Ein großes Herre von Denunzianten wurde auf diese Weise gezüchtet, das im späteren Verlauf zu einem regelrechten Spitzelsystem ausgebaut worden ist und heute in der unheilvollsten Weise nicht nur zum Schaden aller nichtèechischen Bediensteten, sondern auch zum Nachteil der Verwaltung selbst sein Unwesen entfaltet. Denunziationen niedrigster Art von Seite minderwertiger Charaktere genügten so manchem Bureaukraten, um langjährigen verdienstvollen Bedienstete nichtèechischer Zugehörigkeit den Strick zu drehen und sie auf das Pflaster zu werfen. Auf diese Weise wurden nahezu 2000 geschulter Bediensteter deutscher Nationalität aus ihren Stellungen hinausgeworfen und durch ungeschulte junge Kräfte in mehr als überreichem Maße ersetzt. In keinem einzigen Falle wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet, so daß kein Einziger dieser Gemaßregelten in die Lage kam, sich irgendwie rechtfertigen und verteidigen zu können. Die Verwaltung erklärte einfach, daß die Dienstordnungsbestimmungen aus der Revolutionszeit keine Geltung haben. Wir haben eine Ämterkumulierung zu verzeichnen, die die Eisenbahnwirtschaft ungemein belastet, massenhafte Versetzungen deutscher Beamter in èechische Gebiete, ohne daß sie der èechischen Sprache mächtig waren, wurden einfach rücksichtslos durchgeführt. Auf diesem Gebiete haben ganz besonderes die Prager, Olmützer, Brünner Direktion geleistet. Auch die Königgrätzer hat es daran nicht fehlen lassen, doch muß gesagt werden, daß bei der letzteren eine Wendung zum besseren eingetreten ist und wohltuender Weise zur Sanierung beiträgt und dem Dienste förderlich ist. Dagegen aber verharren besonders die Prager und Olmützer Direktion weiter auf ihrem chauvinistichen Standpunkt zum Schaden der Bediensteten und der Verwaltung. Es haben sich in der letzten Zeit Fälle ereignet, die geradezu skandalös sind. Man hat von Bodenbach einen Beamten nach Laun versetzt - Goldmann heißt er - der in der ersten Zeit dort keine Wohnung bekam. Später verschaffte ihm die Verwaltung eine Wohnung. Diese entsprach jedoch nicht den hygienischen Erfordernissen. Die Frau des betreffenden Beamten ist leidend und hat erst eine Kur durchmachen müssen. Man wollte trotzdem den Beamten zwingen mit seiner Familie die Wohnung zu beziehen. Weil er nicht hingegangen ist, weil er diese Wohnung nicht bezogen hat, geht die Staatsverwaltung her und nimmt eine Scheidung eines gemeinschaftlichen Haushaltes dieser Beamtenfamilie vor. So entzog man der Frau des Beamten die Legitimation und den Kohlenbezug unter der Begründung, er führe keinen gemeinschaftlichen Haushalt. Ich richte von dieser Stelle aus an den Herrn Eisenbahnminister die Frage, ob er mit dem Vorgehen der Prager Eisenbahndirektion, mit dem Vorgehen des Direktor Schmilauer einverstanden ist, daß man eine Trennung des Haushaltes gegen das bürgerliche Gesetzbuch durchführt.

In einer geradezu unerhörten Weise ist auch die Brünner Direktion gegen eine Anzahl Bediensteter deutscher Nationalität vorgegangen, die dort seit Jahren seßhaft war. Man hat sie in èechisches Gebiet versetzt und hat an ihrer Stelle, obzwar es nicht direkt ihre Posten gewesen sind, im Stationsdienst, anderssprachige Bedienstete hingenommen, für die man sehr gut hätte vom Zugspersonal abgezogene Bediensteten verwenden können. Die Staatsbahnverwaltung hütet sich ängstlich davor, eine Kontrolle aus den Kreisen der Bediensteten der Y, zu bekommen. Sie erschrickt bei dem Gedanken, daß das Betriebsrätegesetz auf die Eisenbahnverwaltung Anwendung hätte. Es scheint so, daß einige Räte Furcht haben, sie könnten bei dem Gedanken der Betriebsräte um ihre Titel gebracht werden. Man hat anstelle der Betriebsräte, die bei den Eisenbahnen bereits vorhanden sind, hier ein Surrogat gesetzt, das man Vertrauensmännerausschüsse nennt, welchen aber ein so beschränkter Wirkungskreis zugemessen ist, daß sie gar nicht im stande sind, einen Einblick inbezug auf die Kontrolle zu gewinnen. Doch die Herren Bürokraten können versichert sein, soweit sie dabei in Frage kommen, daß die Eisenbahner sich nicht dauernd außerhalb des Betriebsrätegesetzes stellen und mit dem Surogat von Vertrauensmännerausschüssen abspeisen lassen werden. Wenn wir als Sozialdemokraten trotz unseres oppositionellen Standpunktes für den geforderten Nachtragskredit stimmen, so geschieht dies einzig und allein nur aus dem Grunde, um in dieser Zeit der furchtbaren Krise und Arbeitslosigkeit den Arbeitern Beschäftigung und Verdienst zu verschaffen. Im Ubrigen ändert aber das nichts an unserer grundsätzlichen Stellung zum bürgerlichen Staat im Allgemeinen und dieser Regierung im Besonderen, der wir nach wie vor mit dem größten Mißtrauen gegenüber stehen. (Souhlas a potlesk na levici.)

8. Øeè posl. Èermaka (viz str. 620 protokolu):

Geehrte Damen und Herren! Die Besprechung der uns vorliegenden Interpellation über die Dezemberereignisse gibt uns Gelegenheit zur Erörterung eines dunklen Kapitels in der jüngsten politischen Geschichte dieses Staates. Wir haben heute vom Regierungstisch aus, vom Herrn Justizminister und vom Herrn Minister des Innern, eine Darstellung gehört, wie sich die Regierung diesen Ereignissen gegenüber verhalten hat, wie sie sie auffaßt. Auch bei einigen Rednern, besonders bei meinem unmittelbaren Vorredner, konnten wir die Wahrnehmung machen, daß in der demokratischen Èechoslovakischen Republik, in diesem Staate, der angeblich auf den Grundlagen der politischen Freiheiten aufgebaut wurde, in diesem modernseinwollenden Staate eine große politische Bewegung mit den Mitteln der Polizeigewalt zu meistern versucht wird. Man mag zur kommunistischen Partei stehen vie immer, - ich werde mir noch erlauben darzulegen, daß unsere Partei ein scharfer Unterschied von der kommunistischen Partei trennt, - aber unsere Partei ist nicht engherzig und kurzsichtig genug, um die Fragen der Grundrechte dieses Staates, die allgemeinen Fragen der politischen Demokratie, die Fragen der bürgerlichen Freiheit auf die Art erledigen zu lassen, daß aus bloßer Feindschaft und Haß gegen eine Partei alle Erwägungen, alle Betrachtungen einfach kapitulieren müssen vor dem Gedanken: Jedes Mittel ist uns recht, wenn es nur dient, eine mißliebige Bewegung oder Partei, wie es die Herren Gewaltigen dieses Staates glauben, zu stören und zu hindern. Es gibt ganz andere Methoden und Mittel - selbst vom Standpunkt der bürgerlichen Herren dieses Hauses, auch vom Standpunkt einer Regierung, die das Exekutivorgan der Kapitalistenklasse dieses Staates ist, - eine politische, feindliche Bewegung zu bekämpfen.

Sie könnten sich hier etwa ein Beispiel nehmen - auch nur an den Vertretern einer kapitalistiischen Wirtschaft - etwa an englischen Staatsmännern, zum Teil auch an französischen Staatsmännern, die mit einer gewissen Großzügigkeit versuchen, im Wege der Aufklärung, im Wege des politischen Ringens, des geistigen Kampfes, sich mit einer großen Volksbewegung auseinanderzusetzen; aber mit dem Polizeiknüppel, durch Anwendung brutaler Gewalt, eine große Bewegung niederschlagen zu wollen, meine Damen und Herren, das sind Methoden, die im alten Österreich zu Hause waren, das sind Methoden Ungarns, aber das sind keine Methoden der politischen Auseinandersetzung für einen modernen Staat, der die Èechoslovakische Republik sein will. So wird man auch heute aus der Rede der Herren Minister wahrnehmen, daß sie sich auf den Standpunkt stellen, es seien hier Kriminalfälle zu erledigen, es wäre der Nachweis zu führen, daß dieser Gendarm so und so gehandelt habe, die Gerichte so und so funktioniert haben, und ein Herr Vorredner hat sich sogar dagegen gewehrt, daß hier Milde walten soll, kurz Methoden der engsten bürokratischen Auffassung, einer völlig unpolitischen Denkart oder gar des blindesten Parteifanatismus, der den eigenen Boden untergräbt, auf dem jede politische Betätigung, jede politische Freiheit überhaupt, ruhen.

Meine verehrten Damen und Herren! Wenn man zur kommunistischen Partei anders steht als mit blindem Fanatismus, wenn man sich bemüht, sich mit ihr auseinanderzusetzen, mit ihr geistig zu ringen und zu kämpfen, muß man natürlich diese Methoden verwerfen, weil die brutalen Methoden, mit denen Sie die kommunistische Partei bekämpfen wollten, genau das Gegenteil von dem erreicht hatten, was Sie wollten (Souhlas na levici.), weil die Sympathien aller freiheitlichen Menschen dieses Staates sich dadurch auf die Seite der Kommunisten stellen müssen, die nichts anderes wollen, als eine politische Betätigung im Staate. Mit einer großen Bewegung, wenn sie auch anderen Klassen und Parteien große Schwierigkeiten bereitet, wird man nicht so feritg, wie Sie das vermeint haben. Es müßte sonderbar zugehen, wenn die siegreiche Revolution der Arbeiter und Bauern Rußlands nicht auf Hunderttausende Proletarier in Westund Mitteleuropa in der Form gewirkt hätte, daß diese vermeinen, daß Sie das Beispiel sei, nach dem die soziale Revolution zu führen wäre. Die kommunistische Bewegung ist in den fortgeschrittensten und demokratischesten Ländern ganz naturgemäß am schwächsten in jenen Ländern, in denen eine durchgebildete Arbeiterschaft vorhanden ist, die im wirtschaftlichen Kampf politisch geschult ist. Am schwächsten in England, Amerika und in Deutschland. Die kommunistische Bewegung, dieses große Mißverstehen marxistischer Auffassungen über die Anwendung revolutionärer Mittel im Klassenkampf, konnte natürlich den stärksten Nährboden haben vor allem bei den indifferenten, aus völliger Kulturlosigkeit erwachten russischen Proletariern, bei den Proletariern in Osteuropa, und sie hat einen großen Nährboden gefunden im èechoslovakischen Proletariat, das aus der Kirchweihstimmung 1918, aus dem nationalen Rausch, in dem das ganze èechische Volk daran ging, diesen Staat zu gründen, erwacht ist, und aus dieser Stimmung ist ein großer Teil der èechischen Arbeiterschaft in ein anderes Extrem, in das Extrem des Wortradikalismus verfallen.

Die Enttäuschungen der èechischen Arbeiterschaft über die Grundlagen und das Wirken dieses Staates, die politische und wirtschaftliche Entwicklung haben natürlich zehntausende Arbeiter mit einem gesunden Klasseninstinkt, mit einer gewissen ursprünglichen Fähigkeit, ihr Interesse zu erkennen, in die Bahnen der kommunistischen Partei getrieben. Aber gegen eine Partei, die, meiner Meinung nach, vornehmlich ihre Existenz der mangelhaften politischen Schulung großer Massen verdankt, die anstelle der ökonomischen und politischen Erkenntnisse bloß den Willen setzen will, eine Partei, die nur zu verstehen ist zum Teil auch als Kriegswirkung, dadurch, weil Millionen von Menschen fünf Jahre lang in einer Gewaltideologie gelebt haben und erzogen wurden, eine Partei, die in besonderen Verhältnissen, in einer Zeit politischer und sozialer Revolutionen, den Marxismus mißversteht und die Arbeiter zu der für den Endsieg des Proletariates schädlichen Methode des Putschismus und Bakuninismus führt, mit einer solchen Arbeiterbewegung muß man sich auseinandersetzen, einen politischen Kampf führen, gegen die darf man nicht mit dem Polizeisäbel walten.

Sofern Sie sich nach anderen Ländern umsehen, einen Blick auf die kommunistische Bewegung in andern Ländern werfen, werden Sie mir wohl darin zustimmen müssen, daß zwischen Kommunismus und Kommunismus auch noch ein Unterschied besteht. Ein Kommunist in Deutschland ist etwas ganz anderes als ein Kommunist Šmeralscher Richtung. Was ist dieser Kommunismus der èechischen Arbeiterschaft? Er ist dies die Opposition gegen den Ministerialismus, gegen die Koalitionspolitik der èechischen Sozialdemokraten, er ist eine Reaktion gegen die Verfälschung des sozialistischen Gedankens durch die nationalsozialistische Partei, eine Reaktion gegen das Zusammenwirken der Sozialdemokratie mit den bürgerlichen Parteien. Und diese oppositionelle Arbeiterpartei, die ist etwas ganz anderes als die prinzipiellen Kommunisten nach Lenin. Eine Partei, deren Führer, ohne daß ich Šmeral nahetreten möchte, ich nenne den Namen nur, weil er einen Typus darstellt, der schon in der Arbeiterbewegung im alten Österreich vorhanden war, und der in der èechoslowakischen Republik geblieben ist - eine Partei, deren Führer von diesem Typus-Šmeral sind, ist keine revolutionäre Partei, die imstande ist, den Staat aus den Angeln zu heben. Diese Partei sagt in ihrer eigenen Interpellation an einer Stelle: "In der Slowakei ist das Volk geduldig, aber durch diese Gendarmengewalttaten, die Sie allerdings nur ein Teil von Ihnen - zugunsten der magyarischen Grundbesitzer und Pächter begehen, wird das Ansehen des Staates ernstlich gefährdet. (Smích.) Mein verehrten Damen und Herren! Wir deutsche Sozialdemokraten, wir haben es nicht gerade nur auf die magyarischen Grundbesitzer abgesehen, sondern auf alle Grundbesitzer, auch auf die èechoslowakischen, und sind absolut nicht besorgt um die Gefährdung des Ansehens dieses Staates.

Wenn also die Regierung nur einige politische Erwägungen hätte walten lassen, wenn die Regierung auch nur von ihrem Standpunkt so ein bischen die Dinge richtig betrachtet hätte, es gehörte nicht viel Scharfsinn, politische Klugheit und Voraussicht dazu, um das Wesen der kommunistischen Partei im èechischen Proletariate im Zusamenhang mit den Dezemberereignissen so zu werten und einzuschätzen, wie es dem Wesen dieser Partei und den Machtverhältnissen in diesem Staate entspricht. Und wenn das geschehen wäre, wenn die Beamtenregierung, die ja nicht Anspruch darauf erheben wird, daß sie sich bei ihren Handlungen von großen politischen Gesichtspunkten leiten läßt, wenn das diese Regierung, hinter der ja doch die "Pìtka" steht, deren Ratgeber die Budgetparteien, die Mehrheitsparteien sind, die politischen Drahtzieher dieses Hauses, wenn die Regierung das bedacht hätte, was ihr diese hätten begreiflich machen müssen, dann hätte sie erkannt, daß mit den von ihr angewandten Methoden eine große Bewegung nicht zur meistern ist. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Buøíval.)

Wir, das will ich noch kurz sagen, ehe ich mich der Besprechung der Interpellation zuwende, wir deutschen Sozialdemokraten lassen uns nicht von augenblicklichen Stimmungen leiten, wir machen, weil wir uns mit unseren Prinzipien im Klaren sind, dem Kommunismus keinerlei Konzessionen, wir weichen vor keinem Phrasengebäude zurück, wir stellen uns mit aller Energie unter Konsumtion unserer Popularität, jener Agitation entgegen, die im deutschen Proletariat geführt wird, um die Massen des deutschen Proletariates in eine unsozialistische Politik, in die Putschtaktik zu treiben. Und so wie wir im Ganzen, nicht mit dem Knüttel in der Hand, sondern mit geistigen Waffen, wie wir glauben erfolgreich, den Kampf gegen die kommunistische Partei führen, weil wir glauben, daß es unsere Pflicht ist, im Interesse der Arbeiter für den Sieg des Sozialismus so wirken zu müssen, so haben wir selbstverständlich auch den Dezemberstreik abgelehnt. Wir haben ihn abgelehnt, zunächst weil er gerichtet war gegen einen Teil des èechischen Proletariates, weil er sich entzündet hat im Streite um das Volkshaus, weil er geführt wurde ohne Einvernehmen mit den verantwortlichen Faktoren der deutschen Arbeiterschaft, kurz weil der Dezemberstreik alle Merkmale eines putschistischen Streikes an sich hatte. Wir sind überzeugt, daß unsere Stellungnahme gegen den Dezemberstreik in den großen Massen der deutschen Arbeiter verstanden und gebilligt wurde, und die späteren Ereignisse, besonders die jüngste glorreiche Aktion am 14. Juli, haben uns recht gegeben. Innerhalb des Proletariates zeigt sich, ich glaube es sagen zu können, ein Erwachen der deutschen Arbeiter dort, wo sie von der kommunistischen Phrase gefangen genommen waren.

Meine Damen und Herren, da wir den Dezemberstreik abgelehnt haben, weil wir die Arbeiter nicht unter das Diktat einer Minderheit stellen lassen, heißt das natürlich nicht, daß wir etwa grundsätzlich den Generalstreik abschwören, wir sind vielmehr der Meinung, daß dem Proletariat in diesem Staate überhaupt nur geholfen werden kann, wenn alle seine Zweige und politischen Parteien, wenn alle Arbeiter, die auf dem Boden des Klassenkampfes stehen und als Ziel den Sozialismus haben, sich doch zur Aktion vereinigen, und wenn eine solche Gemeinschaft, eine solche Zusammenfassung des ganzen Proletariates, durch den Generalstreik, der das letzte Mittel ist, eine große politische, vielleicht eine große wirtschaftliche Entscheidung herbeizuführen, beschließt.

Wir lehnen also die Methode des Generalstreiks durchaus nicht ab, wenn wir verpflichtet waren, uns mit aller Macht gegen den Dezemberstreik zu wenden, und wenn wir bereit sind, auch in Zukunft, so oft der Versuch gemacht wird, putschistische Teilaktionen im Proletariat herbeizuführen, uns mit aller Energie dagegen zu wenden. Man mag wie immer zur kommunistischen Partei stehen, die Regierung hat durch ihr Verhalten im Dezemberstreik und durch die nachfolgenden Ereignisse gezeigt; daß sie bar jeder politischen Vernunft gehandelt hat. Und wenn uns auch heute der Herr Minister des Innern einige Daten gebracht hat, um darzutun, daß die Angaben in der Interpellation, besonders über die Vorfälle in der Slovakei, nicht richtig sind, eine Regierung, die die Slovakei heute noch mit dem Ausnahmszustand regieren muß, verdient nicht das Vertrauen des Parlamentes. Ich verweise auf das geflügelte Wort, daß mit dem Ausnahmszustand jeder Esel regieren kann. Es müssen sonderbare Zustände in dieser Slovakei sein, die ich leider aus eigener Wahrnehmung nicht kenne, aber man kann sich doch einigermaßen aus übereinstimmenden Berichten ein Urteil erlauben. Es scheint in der Slovakei so zu sein, wie es einmal in Galizien gewesen ist, wie in gewissen Gouvernements Rußlands in der Zeit des Zarismus. Sie haben sehr viele gute Patrioten in der Slovakei, aber diese Patrioten lassen sich ihren Patriotismus wahrscheinlich sehr teuer bezahlen. (Souhlas na levici.) Sie verlangen, daß ihnen in der Slovakei vor allem die zügellose Ausbeutung der Arbeiterschaft vorbehalten bleibt. Die hohe Regierung des èechoslovakischen Staates hat offenbar die Auffassung: Wenn wir nur unsere Art der friedlichen Assimilation in der Slovakei durchsetzen können, eine Oberschicht von Intellektuellen und eine andere Schichte von loyalen sogenannten Staatsbürgern erzielen! Dafür, daß sie Cortegedienste machen, politische Handlanger des Zentralismus sind, können sie politisch und wirtschaftlich in der Slovakei nach Gutdünken schalten und walten. Das sahen wir nicht nur bei der Niederwerfung der kommunistischen Krawalle. Wir haben uns ja schon öfter mit derartigen Vorfällen in der Slovakei beschäftigt. Es ist nur eine Kleinigkeit, was in der Interpellation wegen der Belästigungen des Kollegen Hlinka steht. Es ist nur ein Symptom dafür, daß dort eine Art Ausnahmszustand besteht, unter besonderen Verhältnissen verwaltet und regiert wird. Und was ist denn überhaupt eigentlich im Dezember alles geschehen? Die èechoslovakische Republik ist schon an ganz andere Krawalle gewöhnt. Wenn so die Prager Sokolen ausrücken, wenn die Herren Nationalisten in Prag in den Straßen demolieren, da hat es der Herr Ministerpräsident noch nie mit dem Einschreiten der Behörden so eilig gehabt. (Souhlas na levici.) Als beispielsweise Angriffe gegen die Deutschen in Prag oder gegen das deutsche Landestheater erfolgten, wurde zwar auch die Rechtsmaschinerie in Bewegung gesetzt, aber wir wissen zu gut, wie das Funktionieren dieser Maschine eingerichtet ist.

Ein Staat der in seinen Anfängen nur glaubt bestehen zu können, wenn er einen Teil seiner Arbeitschaft als Hochverräter stigmatisiert, der nur glaubt, seine Autorität behaupten zu können, wenn er da und dort Verbrecher sucht, die den Staat zu gefährden und umzustürzen drohen, ein solcher Staat muß auf sehr morschem und schwankendem Boden stehen. Sie müssen die ältesten Paragraphen herausziehen, den ältesten Polizeiapparat in Bewegung setzen, um nur einigermaßen vor diesem Hause in der Verteidigung. Ihrer Maßnahmen über die Dezemberereignisse bestehen zu können. Sie haben mit ihrem Verhalten vor allem erreicht, daß Sie nicht nur den kommunistischen Arbeitern, sondern der ganzen Arbeiterschaft klar gemacht haben: Der Staat ist mit all seinen Einrichtungen das Herrschaftsmittel der besitzenden Klasse. Und seit den Dezemberereignissen, die ich durchaus nicht beloben will, die wie ich glaube, eine schädliche Wirkung für die Arbeiterbewegung hatten, seit diesen Ereignissen wurde es sinnfällig, wozu wir die Milliarden für den Militarismus ausgeben. (Souhlas na levici.) Die Art, wie die Regierung diese politischen Demonstrationen bekämpft hat, zeigt den Unterschied zwischen uns und anderen Staaten, in denen vielleicht ganz anders geurteilt worden wäre. Ich erinnere da an den englischen Richter, der einem Anarchisten gesagt hat, der den Staat stürzen wollte: "Sie sind freigesprochen, gehen Sie hin und stürzen Sie den Staat!" Eine so liberale Auffassung, eine solche politische Betrachtung der Ereignisse hätte die Regierung unmöglich dazu bringen können, mit jenen rückständigen Mitteln des Polizeistaates zu arbeiten. Aber ich rede nicht nur davon, daß die politischen Beamten, die Gendarmerie in Bewegung gesetzt wurden bei Ereignissen, die mit einigen vernünftigen Worten zu regeln gewesen wäre, durch Beamte, durch Vertrauensmänner. Nicht nur gegen den Mißbrauch des staatlichen Apparates wende ich mich, sondern vor allem - und die Erklärung des Herrn Justizministers, die er uns heute gegeben hat, ist keine ausreichende - dagegen, daß zum Kampfe gegen eine politische Partei und zum Nutzen anderer politischer Parteien der Rechtsboden dieses Staates unterminiert und unterhöhlt wird. (Souhlas na levici.) Denn wenn der Herr Justizminister uns im Ernst einreden will, daß sie die Kommunisten schützen wollten, indem Sie sie den Geschworenengerichten entzogen und sie vor ein Ausnahmsgericht gestellt haben, so darf er nicht vergessen, daß es sehr gefährlich ist für das Rechtsbewußtsein und für die Rechtsmoral eines Volkes, wenn in dem Augenblicke, wo die verfassungsmäßigen Einrichtungen in Geltung sein sollen, in politisch bewegten Zeiten, da die Geschworenengerichte sistiert werden sollen.


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