Úterý 19. èervence 1921

Der Prager Boden liefert hiefür in großer Menge Belege, so der Wimmerbrunnen im Stadtpark mit seiner ausgemeißelten deutschen Inschrift und vieles andere. Man braucht ja von diesem Hause nicht eimal weit zu gehen. Ganz nahe von hier im Finanzministerium das stets an Geldschwund leidet, im alten Palais Clam-Gallas, kann man gewahren, wie wenig rücksichtsvoll dort vorgegangen wird. Weniger Jahre wird es bedürfen und jene Schöpfungen der Renaissance, die Farbenglut und der Farbenschmelz der herrlichen Wandmalereien und all das Schöne wird verblassen und veröden.

Durch dieses Gesetz werden deutsche und italienische Meister auf den Index gesetzt werden. Schauen sie jetzt einmal in eine Stadt, die in den letzten Tagen eine ziemlich große Rolle, spielte, die alte Bergstadt Mies. In dieser Stadt steht an einem alten Brückenturm eine alte èechische Inschrift aus uralter Zeit und niemandem in dieser Stadt ist es eingefallen diese Inschrift anzurühren; so tolerant ist die Bergstadt Mies, die sich in Ihren Blättern so einer Rücksichtnahme erfreut. Und wenn Sie zur Burg hinaufwandern, so können Sie sehen, wie erst in jüngster Zeit einem Johann von Nepomuk der Kopf dort abgeschlagen worden ist, der Kopf einer künstlerischen Statue. In vielen Bezirken meines Wahlgaues, und mein Wahlgau ist weit, ist der 16. Mai kein Feiertag, doch niemanden fällt es in unserem westböhmischen deutschen Gau ein, den Wasserheiligen dort zu köpfen. Wir führen nicht Krieg mit den Toten, wir führen Krieg mit den Lebenden. Allerdings hat dieser Vandalismus hier im Prager Gau eine noch tiefere, viel bezeichnendere Ursache. Ihr Revolutionskonvent hat den Prager Gau als Kulturgau mit sehr niedriger Wahlziffer erklärt. Wir daheim in unserem Waldbezirk sind kein Kulturgau, wir sind rückständige Relikten, wir verstehen es nicht, Nepomuke zu köpfen, Theater zu beschlagnahmen und christliche und andere Kultstätten zu profanieren. Der Reformdrang, wie Sie ihn üben, darf nie und nim mer zum Reformfieber ausarten.

Ein preußi scher König hat einst aus Achtung vor dem Gesetze sich schließlich und endlich gescheut, einen kleinen Mühlenanreiner seines Besitzes zu entkleiden. Die demokratische Republik vollzieht durch große Beschlagnahmen eine viel intensivere ausschlaggebendere Arbeit. Wenn Sie bei der Verwendung der Schlösser und Herrenhäuser die militärischen Besatzungen nicht ausschalten, dann werden Sie recht traurige und bittere Vorfälle erleben. Sie brauchen sich beispielsweise nur zu erkundigen nach den Umständen, welche sich im Schlosse Ronsperg abgespielt haben, als dort Garnisonen einquartiert waren, was für Verluste an wertvollem Silber und anderen Sachen dort zu verzeichnen waren. In vielen Fällen werden, wie ich bereits erwähnt habe, die Adaptierungen zu großen Unkosten führen. Nicht jede alte steinere Arche Noe läßt sich zu einem bestimmten Zwecke tauglich machen. So manches teuere Anhängsel wird sich ergeben. Im Preßburger Schloß haben Sie seinerzeit eine große Menge von Kanzleien eingemietet. Man mußte zu diesem Zwecke eine äußerst kostspielige Autobuslinie einrichten. Wird uns ferner auch die Gewähr geboten sein, daß die Unterbringung von humanitären Anstalten nicht auch dazu dient, um nationale Propaganda mit Waisen, Blinden, Krüppeln und Lahmen zu treiben? Das Klar'sche Blindeninstitut auf der Kleinseite ist uns auch hiefür ein sprechende Beleg. Wird die Beschlagnahme, die Sie beabsichtigen, nur bei wenigen Gebäuden stehen bleiben, oder wird sie auch weitergreifen? Werden sie nicht auch selbst die Häuser und Gebäude unserer deutschen Vereinigungen beschlagnahmen? Wir fürchten, daß auch da nicht genügender Schutz geboten sein wird.

Wie man hört, wünschen Sie selbst Tuberkulosenheime in diesen beschlagnahmten Gebäuden zu schaffen. Gut, aber da hätte es einen anderen Weg gegeben, die Tuberkulose zu bekämpfen. Seit Beginn dieser Republik sind dem Vernehmen nach 5.000 neue Schnapskonzessionen erteilt worden. Ist das der Weg meine Herren die Tuberkulose zu verhindern? Wir zweifeln daran. Es sickern auch andere Pläne durch, daß nämlich die Gebäude, die Sie beschlagnahmen, für Minoritätenschulen

und Touristenheime zur Verfügung gestellt werden sollen. Die Touristenvereine sollen den großzügigen Plan hegen, die freigewordenen Gebäude für ihre Zwecke zu verwenden. Solche Pläne sind abzuweisen, da sie ein Politikum daraus machen und unsere deutsche Interessensphäre auf das gröblichste verletzen. Bei der Schmiedung solcher Gesetze können Sie daher auf unsere Mitarbeit nicht rechnen. Denn was aus diesen Gesetzen spricht, das ist nicht der Geist der Rücksichtnahme, der Billigkeit, sondern der Unbilligkeit, der darin herrscht. Daß in diesem Entwurf ferner die ordentlichen Gerichte im rechtsstrittigen Verfahren ausgeschaltet sind und daß an ihre Stelle die Verwaltungsbehörden treten, ist eine äußerst bedenkliche Sache, die wir ebenfalls geißeln müssen. In alter Zeit um 1620 war man viel offener und gerader. Da sprach man ganz frei von Konfiskation, frei von der Leber weg. Heute verbrämt und verschleiert man die Konfiskation mit hinterhältigen listigen Paragraphen. Eines so schlimm, wie das andere. Aus all diesen Gründen befürchten wir daher, daß dieses Gesetz für uns von Schaden ist und daß seine Durchführung für uns ungünstig ausfällt. Wir verwahren uns daher von vorn herein ernst und nachdrücklich gegen diese Vorlage und lehnen sie ab. (Souhlas a potlesk na levici.)

3. Øeè posl. Schälzkyho (viz str. 590 protokolu):

Meine Damen und Herren! Das in Beratung stehende Gesetz über die Beschlagnahme von Gebäuden und deren Bestandteilen beabsichtigt in erster Linie, daß der Staat möglichst bald, ohne dem langen Weg der Verhandlungen mit den Eigentümern beschreiten zu müssen, sich in den Besitz der gewünschten Lokalitäten setzen kann.

Dieses Gesetz aber ist ein Glied in der langen Kette der Gewalt- und Raubpolitik dieses Staates, ein Mittel, deutsches Eigentum den rechtmäßigen Besitzern zu entziehen und èechischen zuzuweisen, wie es bereits der Vorredner ausgeführt hat. Das Beschlagnahmerecht, wie es durch das Gesetz vom 11. Juni 1919 über die Beschlagnahme der Gebäude oder deren Teilen für öffentliche Zwecke festgelegt ist, wird durch diesen Gesetzentwurf bedeutend erweitert. Niemand wird sich heute vernünftigen und notwendigen Maßnahmen verschließen, wenn wirklich das öffentliche Wohl es erfordert, das größere geeignete Gebäude ohne Verletzung des Eigentumsrechtes für Humanitätsanstalten, Behörden, Institute und dergleichen in den Grenzen, in denen das Gemeinwohl über das Einzelwohl geht, angefordert werden, solange infolge der Schwierigkeiten, die sich der Bautätigkeit entgegenstellen, es eben unmöglich ist, die erforderlichen Neubauten zu erstellen. Aber durch die Bestimmungen dieses Gesetzes wird die Rechtssicherheit in diesem Staate noch mehr untergraben, da niemand weiß, ob und wann und aus welchen Gründen es einer politischen Behörde II. Instanz oder irgendeiner Interessentengruppe einfällt, die Beschlagnahme eines Gebäudes, das ihr in die Augen sticht, zu fordern. Die Rechtssicherheit in diesem Staate ist ohnedies sehr stark gefährdet, so daß sich dieser Staat um seinen Kredit im In- und Ausland gebracht hat. Zum Beweise dafür brauche ich nur auf das Vorgehen bei der Bodenbeschlagnahme hinzuweisen und auf das sonstige Verhalten des Bodenamtes. Die Zusammenstellung und die öffentliche Behandlung dieser Fragen wird einmal dem In- und Ausland die Augen über die Rechtsverhältnisse dieses Staates öffnen. Die Bestrebungen dieses Gesetzes sind ein Schlag ins Wasser. Was für Wohnungszwecke geeignet erscheint, ist ja bereits beschlagnahmt und was noch vorhanden ist, sind solche Objekte, die sich für Wohnzwecke, für die Unterbringung von Ämtern, Humanitätsanstalten und dergleichen aus vielen Gründen nicht eignen. Außerdem verschlingt die Instandhaltung dieser Objekte ganz gewaltige Summen und solche Opfer, die nur von wohlhabenden Besitzern zur Erhaltung alter Kunstdenkmäler oder Familienbesitze gebracht werden können. Die erforderlichen Um- und Anbauten würden viel größere Kosten verursachen als die Herstellung zweckentsprechender Neubauten. Soweit es sich um öffentliche Ämter handelt, hätte die Regierung schon lange Zeit gehabt, die notwendigen Bauten für Amter und Beamtenwohnungen herzustellen.

Von allen Seiten wird anerkannt, daß nicht die Wohnungsbeschlagnahme, sondern nur die Erstellung neuer Wohnungen die Wohnungsnot beheben kann. Durch Inanspruchnahme von Wohnungen und Gebäuden ist uns nicht gedient. Im Gegenteil! Gerade die staatliche Verwaltung hat durch Inanspruchnahme von Gebäuden, Errichtung von Zentralen und dergleichen die Wohnungsnot ganz bedeutend vermehrt und hat gerade in den Großstädten zur Beseitigung der Wohnungsnot sehr wenig getan und erreicht. Freilich hat die Regierung bisher mit ihrer Bauförderung ein gräßliches Fiasko erlitten. Die Wohnungsfürsorge wurde nach dem Kriege als eine der wichtigsten sozialen Aufgaben hingestellt. Wiederholt wurden von dieser Stelle aus die Beschwerden und Bedenken gegen das dilatorische Vorgehen der Regierung und der sozialen Fürsorgestellen geltend gemacht. Es hat nichts genützt. Was vorausgesagt wurde, ist eingetreten. Auch das Jahr 1921 ist für die Bautätigkeit zum größten Teil verloren gegangen. Die bestehenden Häuser verfallen immer mehr und mehr, neue Häuser werden nicht gebaut. Wie soll da das wachsende Wohnungsbedürfnis befriedigt werden? Es ist heute klar, daß die Wohnungsfürsorge aus öffentlichen, staatlichen und Gemeindemitteln in der Hauptsache versagt hat. Einen besonderen Nachdruck muß man daher auf die Förderung der privaten Bautätigkeit legen. Diese wird aber erst dann wieder in Fluß kommen, wenn die frühere Rechtslage, durch die allmähliche Beseitigung, der dem Hausbesitz auferlegten Beschränkungen hergestellt wird. Selbstverständlich dürfen dabei auch die berechtigten Interessen der Mieter nicht übersehen werden. Für den Staat ist es freilich bequem, durch ein solches Beschlagnahmegesetz sich die gewünschte Unterkunft für Amter, Beamtenwohnungen und so weiter zu beschaffen. Wir befürchten sogar, daß man die angesprochenen Objekte in Kasernen umwandelt. Denn nirgends ist in dem Gesetz der Begriff "für öffentliche Zwecke" etwas näher bestimmt und in einem imperialistischen Militärstaate wird es das Bestreben der Regierung sein, aus strategischen Gründen besonders im geschlossenen deutschen Siedlungsgebiet größere Truppen zu plazieren und hiefür die Gebäude zu beschlagnahmen. Es ist zu befürchten, daß manches größere Objekt auf einmal als strategisch wichtiger Punkt erkannt und in kurzer Zeit zu einer Kaserne umgewandelt oder den Sokoln oder sonstigen èechischen Sportvereinen als Heimstätte überwiesen wird. Wirtschaftliche Gründe werden vorgeschützt wie bei der Bodenreform. Das Bodengesetz bezieht sich dem Wortlaute nach auch nur auf das wirtschaftliche Gebiet. Eine Enteignung aus strategischen Gründen ist in diesem von der Revolutionsnationalversammlung beschlossenen Gesetz nicht vorgesehen, die 265.000 Hektar Waldbesitz, deren Beschlagnahme aus strategischen Gründen in den von Deutschen besiedelten Randgebiet in Aussicht genommen sind, beweisen, daß es sich bei der Bodenreform nicht nur um wirtschaftliche Dinge handelt. Dasselbe befürchten wir auch bei diesem Gesetze. Wir sehen darin einen neuen Beweis für die nationale Vergewalt igungspolitik. Der § 4 des Gesetzes bietet Gelegenheit, jedem Besitzer eines geeigneten Objektes das freie Verfügungsrecht über sein Eigentum zu beschränken. Nach § 12 b) kann sogar die Einrichtung der Gebäude beschlagnahmt werden und nur soviel muß dem Eigentümer belassen werden, als nach Ansicht der beschlagnahmenden Behörde zur Führung seines Haushaltes notwendig ist. Ihm bleibt die Einrichtung, die aus künstlerisch oder historisch wertvollen Gegenständen besteht und auch die soll nur ausnahmsweise zu öffentlichen Repräsentationszwecken beschlagnahmt werden können. Wenn man nun bedenkt, wieviel teuere Familienandenken, wieviel künstlerisch wertvolle Gegenstände in manchen größeren Häusern aufbewahrt werden, sieht man, wie das freie Verfügungs- und Eigentumsrecht den Bürgern des Staates durch dieses Gesetz beschränkt wird. Das sind Ausnahmsgesetze bolschewistischer Tendenz. Wenn gesagt wird, jeder Besitzer der beschlagnahmten Gebäude und Einrichtungen werde dafür entschädigt werden, so wissen wir ja, wie diese Entschädigung von der Behörde festgesetzt wird. Historisch wertvolle Einrichtungsgegenstände, heißt es, sollen nur ausnahmsweise zur Repräsentationszwecken verwendet werden. Das ist auch ein sehr dehnbarer Begriff. Diese Repräsentationszwecke werden oft und von sehr vielen als Begründung zur Ermöglichung der Benützung dieser Einrichtungsgegenstände angeführt werden. Wir Deutsche befürchten von diesem Gesetz, daß deutsche Objekte vielfach sogar Vereinslokale, Turnhallen u. dgl. èechischen Zwecken zugeführt werden. Wenn auch der § 1 Abs. 6 sagt, daß Gebäude, die kulturellen Bildungszwecken oder Zwecken der sozialen Selbsthilfe dienen, ausgenommen werden sollen, so wird ja leicht ein Mittel gefunden, um diesen Vereinen diese Zwecke abzusprechen, oder es wird ein Mißbrauch der Vereinsstatuten hervorgesucht, siehe Nordmark, um die Möglichkeit der Beschlagnahme zu haben. Die beschlagnah mende Behörde ist berechtigt sogar die Räumlichkeiten zu bestimmen, welche dem bisherigen Besitzer zufallen sollen und die Zahl der Dienerschaft festzusetzen. Was werden da die großen Freunde der èechoslovakischen Republik zu dieser Bestimmung sagen, die uns den russischen Verhältnissen immer näher bringt! Anstelle der eigentlichen Herren werden sich dann andere in diese Häuser setzen und man kann sich vorstellen, welche Ersatzräumlichkeiten den bisherigen Besitzern werden zugewiesen werden, und wenn sie ablehnen, welche Entschädigung ihnen zugesprochen wird. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda inž. Botto.)

Ich muß noch auf die großen Scherereien hinweisen, die den Besitzern der Häuser gemacht werden können durch beliebige Interessenten, durch verschiedene Vereine, denen ein schönes Gebäude in die Augen sticht und die es für diese oder jene öffentlichen Zwecke von den politischen Behörden zweiter Instanz beanspruchen. Der Ausdruck "öffentliche Zwecke" ist derart dehnbar, daß man einer Regierung, die offensichtlich èechisierende Zwecke verfolgt, ein solches Mittel nicht in die Hand geben darf. Durch solche gesetzliche Bestimmungen wird jede Sicherheit, jedes Rechtsempfinden unterbunden. Das sind Ausnahmsgesetze, die nicht in einen Staat gehören, der sich Rechtsstaat zu nennen pflegt. Man möge endlich einmal mit derartigen Gesetzen Schluß machen, mit allem Ernste an die Behebung der Wohnungsnot schreiten, die erforderlichen Gebäude, die der Staat für seine Ämter, für seine Beamten braucht, aus öffentlichen Mitteln errichten! Besonders aber möge man trachten, das Rechtsbewußtsein in weiten Kreisen der Bevölkerung zu stärken. Aus den Gründen, die ich gegen dieses Gesetz angeführt habe, werden wir dagegen stimmen. (Potlesk na levici.)

4. Øeè posl. dr. Medingera (viz str. 592 protokolu):

Bevor ich mich dem eigentlichen Thema zuwende, möchte ich bemerken, daß uns das Gesetz in nicht zureichender Zahl übersetzt worden ist, und daß in dieser Übersetzung der Motivenbericht fehlt, wie es bei den meisten Übersetzungen der Fall ist. Der Motivenbericht ist aber doch etwas sehr wichtiges. Ich möchte keinen Vorwurf erheben gegen die überaus gefälligen Herren des Ubersetzungsbureaus, sondern ich möchte nur feststellen, daß das Übersetzungsbureau nicht genügend groß ist, um klaglos funktionieren zu können. Ebenso möchte ich beklagen, daß den Einladungen, der Tagesordnung und dem Sitzungsprogramm keine Übersetzungen beiliegen. Aber wenn man Gesetze übersetzen kann, könnte man doch auch die Tagesordnung ùbersetzen, denn es liegt das doch im Interesse des Parlaments und des Hauses, daß sich die Abgeordneten, bevor sie hereinfahren, über die Gegenstände informieren können und die nötigen Akten mitnehmen könnten. Das in Rede stehende Gesetz der Beschlagnahme von Gebäuden zu öffentlichen Zwecken wird von uns natürlich mit aller Schärfe abgelehnt. Dieses Gesetz reiht sich würdig an die anderen Beschlagnahmegesetze an. Es zeigt das tief stehende Rechtsbewußtsein im Staate. Der Sinn der Gesetze ist doch der, daß sie Schutz bieten sollen gegen die Anwendung von Willkür, aber dieses Gesetz setzt die Willkür erst recht in den Sattel. Alle Bedingungen für die Beschlagnahme sind vage und werden dem Ermessen irgend welcher fragwürdigen Kommissionen anheimgestellt. Die Auswahl der zu beschlagnahmenden Gebäude, der Grad ihrer Beschlagnanme, die Art der Verwendung wird der Laune von einigen Beamten übertragen und sicher werden diese Kommissionen parteiisch vorgehen und die Korruption wird eine große Rolle spielen genau so wie bei den Bodengesetzen. Genau so wie bei den Bodengesetzen der sozialpolitische hohe Gedanke der Bodenreform mißbraucht und so wie die Gesetze nur verwendet wurden zur Befriedigung von Begierden nach fremdem Gut und mißbraucht zur Gelegenheit zur Bestechung, genau so wird auch dieses Gesetz míßbraucht werden. Derlei Gesetze bringen uns der Rechtssicherheit, die doch die Grundlage jeder geordneten Wirtschaft und damit die Grundlage des Staates ist, nicht näher, der Rechtssicherheit, die im Laufe des Krieges verloren gegangen ist, die wir aber wieder erstreben müssen. Um ein Wort eines Philosophen zu gebrauchen, der über die französischen Revolutionsgesetze gesprochen hat, möchte ich wiederholen: "Derlei Gesetze fördern nicht die Anwendung von Recht, sondern sie reizen nur zum Unrecht, sie erregen das Volk, sie haranguieren das Volk weiter. Derlei Gesetze wirken nicht aufbauend, sondern zersetzend." Unrecht Gut gedeiht nicht. Sie werden es ebenso bei den Bodenbeschlagnahmegesetzen erfahren wie bei diesem Gesetze. Man treibt diejenigen, die sich in ihrem tiefsten Rechtsbewußtsein verletzt fühlen, zur Verzweiflung und man schadet dadurch nur dem Staate mehr, als man ihm durch die Zuwendung der beschlagnahmten Güter nützen kann. Die Gewaltanwendung ist immer ein Zeichen geistiger Schwäche.

Wenn man die Gewaltanwendung, die Willkür als Prinzip in ein Gesetz einführt, so untergräbt man damit das Ansehen der Gesetze selbst. Man zwingt dadurch die Leute, die ihr ganzes Leben ehrlich gewesen sind, auf krumme Wege. Kein Volk ist in der Erfüllung seiner Pflichten gegen das Gemeinwesen, in seinem sozialpolitischen Empfinden so hochstehend wie das deutsche Volk. Auch im alten Österreich und in diesem Staate ist das deutsche Volk in sozialpolitischer Hinsicht das fortgeschrittenste.

Wir haben es daher nicht nötig, durch Zwangsmittel uns zur Sozialpolitik erziehen zu lassen. Im Gegenteil. Durch derlei Gesetze wird das Gegenteil des Zieles erreicht. Man wird dadurch die bürgerlichen Tugenden, auf die das deutsche Volk stolz ist, untergraben; man wird es zu Taten zwingen, die ihm bisher fremd gewesen sind. Und in dieser Taktik werden ihm andere Völker, die Slovaken, die diesen Staat bewohnen, nachfolgen, wenn sie ihm nicht vielleicht auf diese Weise bereits vorausgelangt sind. So werden wir durch derartige willkürliche Gesetze vollends zum Balkanstaate und die Ordnungselemente, die sich den umstürzlerischen Bewegungen entgegenstellen können, dadurch geschwächt. Die Unantastbarkeit des eigenen Heimes und der eigenen Scholle war schon im Altertum das erste Kennzeichen der bürgerlichen Freiheit. Und die Unantastbarkeit des Hauses, des Hausrechtes war ein wesentlicher Bestandteil der Magna charta libertatum in England und aus diesem Grundsatze heraus "my home ist my castle" hat der Engländer die wertvollsten Elemente seiner politischen Tüchtigkeit, die Sicherheit seines Auftretens und die Festigkeit seines Wollens bezogen. Durch derlei Gesetze beweisen Sie, daß Sie keinen Sinn haben für wirklich freiheitliche republikanische Ideen. Nicht republikanische Ideen sind in Ihrem Herzen lebend, sondern eher die Pfiffigkeiten eines Polizeimeisters. Fern sei es von uns, daß wir keinen Anteil nehmen an der Not von humanitären Einrichtungen, Spitälern und dergleichen.

In der Wohnungsnot haben viele, die dazu in der Lage sind, die besten Absichten gehabt, Hilfe zu bringen. Ich weiß Gutsbesitzer, die gleich nach dem Kriege bauen wollten, Wohnungen für die Arbeiter schaffen wollten; aber seitdem das Beschlagnahmegesetz gekommen ist, und sie nicht mehr ihrer eigenen Wirtschaft sicher sind, seitdem sind diese Pläne zurückgestellt worden und der wertvollste Moment für den Wiederaufbau ist verloren gegangen. Diese Pläne, dieser gute Wille wird unausgeführt bleiben so lange, bis die Rechtssicherheit, die Sicherheit des Grundeigentums wieder hergestellt ist. Der Staat, das wissen wir, ist zu einer großen Bauaktion unfähig sowohl finanziell, wie auch sachlich in der Durchführung. Nur durch freie Entwicklung können sich die Lücken schließen und die Versäumnis nachgeholt werden, die der Krieg leider verursacht hat. Solange der Hausbesitz, der früher die sicherste Kapitalsanlage gewesen ist, unsicher bleibt und eine Quelle des Defizits ist, und solange nicht einmal die Benützung des eigenen Hauses sicher ist, solange wird niemand Lust haben, durch Neubauten neuerdings Hausbesitzer zu werden. Nur durch allerdings vorsichtigen sozialpolitischen einsichtsvollen Abbau des allzustarren Mieterschutzgesetzes und die Freigabe der Mietsbemessung bei Neubauten kann die Bautätigkeit belebt werden.

Der Effekt des vorliegenden Gesetzes wird für die Volkswirtschaft ein sehr geringer sein. Denn die wenigen großen Gebäude, die da vielleicht ins Auge zu fassen sind, sind selten verwendbar für diese humanen Zwecke, die Gebäude verlangen einen zu großen Aufwand an Beheizung und Bedienung. Sie sind nur durch große Kosten umbaubar und die Kosten von Neubauten sind oft geringer als der Umbau kostet, und auch zweckentsprechender. Genau so wie man in der Agrarreform ohne Beschlagnahme und ohne Enteignung viel weiter gekommen wäre durch kluge sachgemäße Reformen, genau so würde man auch in der Wohnungsfürsorge durch kluge und nicht mit Willkür behaftete Reformen weiter kommen. Diejenigen Schlösser und großen Gebäude, die verwendbar sind und die heute unbenützbar und überflüssig sind, sind im Wege friedlicher Vereinbarungen sicherer gegen volles Entgelt zu erhalten, sofern sie nicht natürlich im künstlerischen Werte durch diese Benützung geschädigt werden. Diese großen Gebäude und Schlösser stellen für den Besitzer nichts anderes als eine Verlegenheit und eine Last dar. Ihre Erhaltungskosten zehren oft den Ertrag von Hunderten von Hektar auf und wenn dem Besitzer Gelegenheit geboten wird, sie einer anderen Verwendung zuzuführen, wird er sicher mit Freuden zugreifen. Es kommt nur auf die Art an, in der man diese Verwendung zu humanitären Zwecken durchführt. Abzulehnen ist der Paragraph in dem Gesetz, wo ausgesprochen ist, daß Einrichtungsgegenstände zu Repräsentationszwecken verwendet werden.

Hier handelt es sich nicht um Sozialpolitik, nicht um Bevölkerungsfürsorge, sondern um ein mehr minder eitles Getue, dem man keine Kosten zum Opfer bringen darf. Leute, die sich früher kaum Seife gekauft haben, müssen heute Salons für sich zur Benützung bekommen, auf Damast sitzen und im Automobil fahren. Diese Freude an Repräsentation kostet dem Staate, den Steuerträgern enorme Summen. Gegen diese Leichtfertigkeit in der Verursachung öffentlicher Ausgaben wenden wir uns und wenn man uns von èechischer Seite immer vorwirft, wir seien destruktiv durch unsere Obstruktion und Opposition, dann können wir wohl sagen: Wenn wir diesen Leichtsinn in der Repräsentation bekämpfen, so sind wir durch diese Negation positiver als die Herren, die solche angebliche Staatsnotwendigkeiten leichten Herzens bewilligen. Es heißt, daß das Erfordernis des Staates, welches im vorigen Jahre 14 Milliarden betragen hat, im nächsten Jahre auf das Doppelte, auf fast 30 Milliarden gesteigert werden soll. Wie wir dieses enorme Erfordernis bedecken sollen, das ist uns allen ein Rätsel und ein großer Teil dieses unnötigen Aufwandes ist eben auf die Sucht zu repräsentieren zurückzuführen. Gegen die wenden wir uns. Paragraph 1 setzt wohl fest, daß künstlerisch wertvolle Gebäude nicht beschlagnahmt werden sollen und knüpft diese Beschlagnahme an die Zustimmung des Denkmalamtes. Das ist recht schön gedacht, aber wir fürchten, daß dieses Denkmalamt, wie uns bekannt ist, in vielen Fällen nicht stark genug sein wird, um seinen Willen gegen irgend welche sogenannte Sachverständige draußen am Lande und gegen die Mächte, die eben diese Gebäude haben wollen, durchzusetzen. Es ist ja eine Schande, wie es ein Vorredner von der Agrarpartei ausgeführt hat, wie in den 2 1/2 Jahren mit künstlerisch wertvollen Gebäuden bereits umgegangen worden ist. Man hat sich da des Kulturbesitzes, den man übernommen hat, wahrhaft nicht würdig gezeigt. § 2 setzt fest, daß den bisherigen Nutznießern Ersatzwohnungen in dem Falle geboten werden müssen, daß die Weiterbenützung durch die Nutznießer und der Zweck der Beschlagnahme nicht vereinbar wäre. Es zeigt das auch wieder das geringere Unterscheidungsvermögen zwischen mein und dein, daß man rechtmäßige Nutznießer verjagt und dem Eindringling dafür ein Vorrecht auf das betreffende Gebäude einräumt. Überhaupt sind die Rechte der beschlagnahmenden Behörde viel zu weit und nicht klar präzisiert. Es ist nicht klar gesagt, was unter öffentlichem Zweck verstanden wird und wir fürchten sehr, daß dem eine unrichtige gefährliche Deutung gegeben wird und insbesondere fürchten wir, daß wertvollste Objekte zu militärischen Zwecken verwendet werden, und dagegen wenden wir uns entschieden. § 4 sieht vor das Recht der beschlagnahmenden Behörde zur Weiterverpachtung der betreffenden Objekte. Auch das ist überaus gefährlich, denn wir haben Mißtrauen, daß die weiterverpachtende Behörde einen Zwischengewinn bei dieser Verpachtung macht. Wie skrupellos in dieser Hinsicht z. B. bei Zwischengewinnen das Bodenamt vorgeht, das wird ein Fall beleuchten. Bei Podìbrad hat man den Metzen Feld um 340 K gekauft und um 700 K an Kleinlandwirte weitergegeben. Solche Gewinne hat man da gemacht. Die Bodenbeschlagnahme und ebenso die Gebäudebeschlagnahme wird in erster Linie dazu dienen, um Advokaten zu einem hohen Verdienst zu helfen, um für zahllose Kommissionen Spesen zu verursachen und um ihnen teils redlichen, teils auch unredlichen Verdienst zuzuschanzen.

Kurz, dieses Gesetz ist genau so wie das Bodengesetz und jedes Gewaltgesetz mit Hinterhältigkeiten geladen und deshalb wenden wir uns entschieden gegen dieses Gesetz. Während die Spannung im Volke nachläßt und sich die sozialen Verhältnisse beruhigen, wird durch das Gesetz ein versteckter Bolschewismus betrieben und da ist ein offener Bolschewismus achtbarer und ehrlicher als ein solcher versteckter. Aber wir können da vorbringen, was wir wollen, die Argumente sind in diesem Hause von einer Wirkung, wie wenn man Erbsen gegen die Wand wirft. Die Verfassung hat nun einmal die Entscheidung hier in Hände gelegt, die zu den hohen legislatori schen Aufgaben und auch zur Verwaltung nicht fähig sind. Ich würde empfehlen, diese Beschlagnahmegesetze, die Willkürgesetze einmal in das Musterparlament nach England einzusenden und sich dort Rat zu holen. Ich glaube, die Engländer würden über derartige Gesetze nur lachen. Die oberste Aufgabe jeder gesetzgebenden Behörde und auch der Verwaltung ist, die Fundamente der Wirtschaft, die Fundamente des Staatslebens zu sichern und auszubauen. Das wichtigste Fundament ist die Sicherheit des Eigentums, die Sich erheit des Rechtes, das Vertrauen in die absolute Gleichheit des Rechtes ohne Ansehung der Person, des Standes und der Nation, das Vertrauen in den Schutz der bürgerlichen Freiheiten, zu der aber unbedingt der Schutz des eigenen Heims gehört. Dieser Schutz wird durch derlei Gesetze untergraben, deshalb stimmen wir für den Vertagungsantrag, der von der Agrarpartei eingebracht worden ist und im Falle der Ablehung für die Zurückweisung des Gesetzes an den Ausschuß.

5. Øeè posl. dr. Holitschera (viz str. 595 protokolu):

Sehr geehrte Damen und Herren! Der Gesetzentwurf, der heute diesem Hause vorliegt und der eigentlich nichts Neues bringt, sondern nur eine Verbesserung des bestehenden Gesetzes vom 11. Juni 1919 sein soll, wurde in seinen Grundtendenzen von unserer Partei mit Freuden begrüßt, denn er soll uns, dem Staate und den Behörden die Möglichkeit geben, für öffentliche soziale Zwecke Gebäude in Anspruch zu nehmen, die für solche Zwecke geeignet sind. Wir haben uns dabei etwas vorgestellt, was man in Österreich drüben als das Schlössergesetz bezeichnete, womit schon gesagt ist, daß es sich hauptsächlich darum handeln sollte, große im Privatbesitz befindliche Gebäude im Lande zu beschlagnahmen und sozialen, humanitären und hygienischen Zwecken zuzuführen. Das haben wir als notwendig erachtet, und sind bereit diese Bestrebungen mit unserer ganzen Kraft zu unterstützen, denn wir sehen das als einen notwendigen Bestandteil der sozialen Reform an. Heutzutage, wo ein solcher Mangel an geeigneten Gebäuden besteht, wo alle, die es auf sich genommen haben, für die Kranken, für die Invaliden, für die Bresthaften, für die vielen hunderttausend Unglücklichen in diesem Staate Unterkünfte zu schaffen, in denen sie gepflegt und geheilt werden können; in diesem Augenblicke muß es jedem, der soziales Gefühl in sich trägt, aufregen und aufreizen, wenn er sieht, daß in diesem Staate Hunderte und Aberhunderte von Gebäuden leer stehen, niemals benützt werden, die sehr wohl geeignet wären diesem Zweck gerecht zu werden.


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