Pátek 14. ledna 1921

Ich kann nur das Eine sagen: Gehen Sie in sich, fangen Sie einmal an, eine ordentliche Ernährungswirtschaft zu treiben, oder es wird sich der Riese Bauer erheben und wird Euch alle kurz und klein schlagen! Merkt Euch, auch wir haben Organisationen. Und sie werden Euch zeigen, daß sie dem roten Terror gewachsen sind und ihn nicht fürchten, und daß wir willens sind, uns unsere Freiheit zu erkämpfen; sonst schlagen wir Euch den Staat in Fransen. Es hat eine Zeit gegeben, wo bei uns die Landwirte sich sagten: Wir werden hier in der Republik wirtschaftlich besser fortkommen. Diesen psychologisch günstigen Moment haben die èechischen Machthaber glücklich verpaßt und ich bin froh, daß sie ihn verpaßt haben. Sie können unseren Landwirten es nicht mehr herauskratzen, was Sie uns zugefügt haben. Diese werden es Ihnen nie vergessen, daß sie hier nur als Heloten und Sklaven gehalten werden, die ihrer Pflicht nachkommen dürfen, aber keine Rechte haben. (Místopøedseda Buøíval pøevzal pøedsednictví.)

Will man denn in einigen Monaten die Industriebevölkerung hier in den Städten nicht mehr ernähren, braucht man das Getreide nur heute, will man in Mai und Juni nicht auch noch leben? Wovon aber will man leben, wo ist der Plan, den die Regierung gefaßt hat, um die Bevölkerung zu ernähren? Sie hat keinen Plan, hat nie einen gehabt, hat nie gewußt, was produziert, was konsumiert wird, es ist ein Tohu Wabohu, wie man es sich ärger nicht vorstellen kann, es ist die Unfähigkeit zur höchsten Potenz.

Das zweite Truggebilde, dem die Herren, die Regierenden dieses Staates nachlaufen, ist die Wahnidee eines Nationalstaates. Schon im Titel der Republik hat man das Dasein von uns Deutschen unterschlagen und heute sind wohl manche von Ihnen noch der Meinung, daß wenigstens das Ausland es glaubt, daß wir tatsächlich ein Nationalstaat sind. Nun, meine Herren, im Inland glauben es viele nicht mehr und auch das Ausland ist, Gottseidank, schon entsprechend aufgeklärt. Die Artikelserie in der englischen "Morningpost" zeigt Ihnen, daß es nicht möglich ist, einen modernen Staat mit einer chinesischen Mauer zu umgeben. Frei gehen die Gedanken hin und her, dementsprechend auch die Informationen und man weiß genau, daß die Fabel vom rein èechischen Nationalstaat eine Lüge ist, die kurze Beine hat. Und die letzten Ereignisse, die sich zugetragen haben, bezeugen es, daß insbesondere hier in der Èechoslovakischen Republik das Volk selbst sich vom chauvinistischen Gedanken abwendet. Es ist die Zeit gekommen, wo wirtschaftliche Momente in den Vordergrund treten, und darüber werden Sie nicht hinwegkommen.

Es ist interessant, wie sich die Regierung bemüht hat, die letzten Ereignisse von kommunistischer Seite einfach totzuschweigen und dadurch möglichst in den Hintergrund zu drängen. Wir wissen trotzdem, daß es ganze Schlachten gegeben hat, daß es nicht so einfach zugegangen ist, wie man uns erzählt. Es gab eine Schlacht bei Oslavan, wenn Sie wollen, gab es deren zwei, es gab eine Schlacht bei Göding und es hat Aufruhr, Mord und Totschlag auch anderwärts gegeben. Niemand hat es verkündet. Zuerst hat in Oslavan die Arbeiterschaft gestreikt, Brünn lag da ohne Strom, Licht und Kraft. Da war der Staat rasch bei der Hand, besonders die jetzige Regierung der starken Hand, um zu zeigen, daß sie wirklich willens ist, "klid a poøádek" zu halten. Es wurde eine Armee nach Oslavan entsendet; die Soldaten stiegen in Eibenschütz auf den Lokalzug über und die Herren Offiziere wurden bereits dort informiert, sie mögen sich rechtzeitig wappnen, um gerüstet der kommunistischen Gefahr entgegenzutreten.

Sie stiegen in Oslavan aus und die erste Schlacht war auch schon geschlagen. Die glorreiche Armee war bei Oslavan so glorreich entwaffnet, wie manche Regimenter drüben in Rußland, die heute zurückkommen und sagen "My jsme to vybojovali". Auch diese Herren können stolz "My jme to vybojovali" sagen, denn sie haben dazu beigetragen, das rote Proletariat mehr zu bewaffnen, als es bereits war. Hierauf wurde die zweite Armee entsendet, allein diesmal war man vorsichtiger und wählte nicht die glorreichen Soldaten, sondern die weniger glorreichen, die Besiegten, die Hochverräter, die man seinerzeit blutig schlagen zu dürfen glaubte, weil sie bei der Assentierung mit deutschen Fahnen erschienen und weil sie mit Trauerfahnen dokumentieren wollten, daß sie gegen den Militarismus, gegen das Blutvergießen und gegen die Menschenschlächterei sind. Getrieben von der eisernen Notwendigkeit militärischer Disziplin mußten sie, ausgerüstet mit den Mordwaffen des 20. Jahrhunderts, aufmarschieren gegen jenen unglücklichen Ort, um ihn im Morgennebel zu umkreisen und frühmorgens mit Maschinengewehrfeuer zu bombardieren.

Im Sturm wurde das Bahnhofsgebäude genommen und über 70 Personen wurden dort erschlagen, schmählich einem nichtswürdigen Tod preisgegeben. Das war die Schlacht bei Oslavan und wenn die Regierung stolz darauf ist, daß sie es ist, welche "klid a poøádek", Ruhe und Ordnung hält, so sagen wir: Schmählich ist es für sie, daß sie nur mit solchen Mitteln imstande ist, die Ruhe des Grabes in dieser Republik aufrecht zu erhalten. In Znaim, Pohrlitz, in allen übrigen Gemeiden, wo man nach dem Umsturz gezeigt hat, daß man eine èechische Mehrheit hat, wußte man keine andere Rettung, als Znaimer deutsche und Egerländer Rekruten aufmarschieren und hinter Maschinengewehren postieren zu lassen, und die èechischen Paschas nahmen nirgends Anstand daran, daß die "Wacht am Rhein" und "Deutschland, Deutschland über alles" vor ihren Kanzleitüren draußen ertönte. Da fühlten sie sich stolz und sicher unter dem Schutz der deutschen Soldaten. Eine Schmach für diese Republik, eine Schmach für das System! Das einzige Gute daran war nur, daß unsere armen Soldaten endlich für diese Zwecke ihre Wintermontur bekamen, ordentliche Stiefel, ordentliche Überröcke, denn bis dahin hatte man sie bloßfüßig und halbnackt auf dem Exerxierplatz herumgetrieben.

Die selbstverständliche Forderung, die wir heute erheben, ist die, daß in demokratischer Weise vorgegangen werde, daß die ordentlichen Gerichte wieder eingesetzt werden; und unter keinen Umständen werden wir es dulden, daß Sie in dieser Art weiterschreiten, daß Sie meinen, den Gerichten quasi Vorschriften von Regierungswegen geben zu können, daß die und die Leute zu verurteilen sind.

Zur Frage, ob dieser Staat ein Nationalstaat ist oder nicht, können wir nur das Folgende sagen: Wir haben vielleicht kurz nach dem Umsturz, auch noch zu Beginn dieses Parlamentes manchmal Befürchtungen gehegt, es könnte möglich sein, daß es der Èechisierungsmethode in dieser Republik gelingen könnte, unser Deutschtum tatsächlich zu untergraben. Ich kann Ihnen aber heute versichern: diese Befürchtungen hegen wir heute nicht mehr. Nach dem Umsturz sind zwar einige wetterwendische Elemente umgefallen, der Großteil unseres Volkes aber hält treu und aufrecht zu seinem Volkstum und auch die nationale Frage hat sich verinner licht und ist dementsprechend nicht so leicht umzubringen. Die Leute wissen bereits, daß es nicht das Dokumentieren nach außen ausmacht, sondern das Festhalten im Innern, und da sind sie unbesiegbar und werden sich niemals unterkriegen lassen. Unseren Bauernstand am Lande draußen werden Sie nicht auslöschen, ihn werden Sie nicht vertreiben können, er wird der Jungbrunnen sein, aus dem sich unsere städtische Bevölkerung wieder neu und aufgefrischt erheben wird. Deutschböhmen, Sudetenland und unser Südmährerland werden deutsch bleiben und da können Sie hinausschicken, wen Sie wollen, einen Pascha radikaler und chauvinisticher als den anderen. Das Volk weiß, daß es seine Rechte hat und es wird darauf bestehen. Ich weiß auch, daß es èechische Parteien und Parteiführer gibt, welche der Meinung sind, daß es unmöglich ist, die Idee des nationalistischen Staates aufrecht zu erhalten, es fehlt ihnen nur eines, es fehlt der Mut, die Kourage, ihrer Wählerschaft dies zu sagen. Es ist eine Schmach, daß jemand Volksvertreter sein will, ohne sich die Kraft zuzutrauen, einer Idee, die er für richtig und für gesund hält, auch Nachdruck bei der Wählerschaft zu verschaffen.

Wir können nur das eine sagen: Es gibt Rechte der Menschen und Nationen, die sich nicht mit dem brutalen System der "vìtšina " und "menšina" entscheiden lassen. Es sind die Urrechte des Menschen, frei zu leben, unabhängig vom fremden Willen. Mögen es, die Lenker des Staates rechtzeitig einsehen, daß sie diese geheiligten Naturgesetze nicht ungestraft verletzen dürfen. bevor die Götzendämmerung über sie und ihr ganzes System hereinbricht. (Souhlas a potlesk nìmeckých poslancù.)

3. Øeè posl. dr. Baerana (viz str. 1675. protokolu):

Meine sehr geehrten Herren! Es ist beiläufig sechs Wochen her, daß der Herr Finanzminister Dr. Engliš diesem Hause den ersten ordentlichen Voranschlag vorgelegt hat. Und dieser erste ordentliche Voranschlag war schon so unordentlich, daß ich von ihm ruhig behaupten konnte, das er nichts anderes ist, als die "englische" Ausgabe des ägyptischen Traumbuches. Keine Post hat gestimmt, es war alles durcheinandergeworfen, man konnte sich mit den besten Willen nicht durchringen durch diesen Voranschlag. Und der Herr Finanzminister hat in die ganze Welt hinausposaunt, daß dieser Staat der erste ist, der sich im Gleichgewicht befindet. Meine Herren! Ein Staat, der die Kriegsanleihe hinter sich hat in der Form, wie wir sie im Sommer beschlossen haben, ein Staat, wo die Korrespondenzkarte 50 Heller kostet, ein Staat, wo die Eisenbahntarife unerschwinglich sind, ein Staat, wo die Mehrheit der Völker unterdrückt ist, befindet sich nicht im Gleichgewichte des Haushaltes. Kaum haben wir dieses Budget beraten, wirft man uns ins Haus einen Nachtrag auf einige 5 Milliarden. Da sehen Sie, daß wir Recht gehabt haben, wenn wir den ersten Voranschlag mit großem Mißtrauen entgegengenommen haben. Meine sehr verehrten Herren! Sie verwalten Gelder, die nicht Ihre Gelder sind, und da müssen Sie eine Sorgfalt üben, die weit größer ist als die Sorgfalt, welche Sie für Ihre eigenen Angelegenheiten verwenden dürften. Sie gehen aber über alles mit fabelhafter Gleichgültigkeit und Leichtfertigkeit hinweg. Ich will Ihnen als kleines Beispiel einen Fall erzählen, wie leichtfertig und leichtsinnig Sie mit den Staatsgeldern wirtschaften: In Brünn haben wir eine Expositur des sogenannten Amtes für den Außenhandel. Diese Expositur war bisher untergebracht in dem prächtigen Palais der Handels- und Gewerbekammer, wo sehr viele Räumlichkeiten zur Verfügung stehen. Sie hat Personal dort gehabt, ausgezeichnet qualifiziertes Personal aus der Handels- und Gewerbekammer, allein sie wollte aus der Kammer wegkommen und hat infolgedessen bei der kolossalen Wohnungsnot in Brünn es verstanden, ein Haus weit an der Peripherie der Stadt draußen an sich zu bringen, d. h. die Parteien, die dieses Haus bewohnt haben, mit 70.000 K aus Staatsgeldern abzulösen; weiters hat sie an dem Gebäude Adaptierungen um 200.000 K vorgenommen. Das alles war gar nicht notwendig, die ganze Sache war leichtfertig, leichtsinnig, denn das Amt ist nun nicht mehr inmitten der Stadt, sondern weit draußen an der Peripherie, wodurch der Zugang ungemein erschwert ist. Aber Sie haben 300.000 K hinausgeworfen.

Und mit derselben Leichtfertigkeit, die wir Ihnen hier beim Nachtragsbudget nachweisen können, gehen Sie bei jeder Kleinigkeit vor. Nehmen wir z. B., damit wir doch über das Budget genauer reden, das Militär her. Das Ministerium für nationale Verteidigung hat, wenn das richtig ist, was in ihrem Traumbuch geschrieben steht. 42 Juristen und 4 andere Gelehrte - Sie scheinen alle möglichen Fakultäten dort zu haben, - Sie haben dort 17 Generäle und 44 Generalstäbler allein in der Leitung, dann haben Sie die französische Mission mit 3 Generälen, 13 Obersten und 43 Stabsoffizieren; das ist aber noch nicht das eigentliche Kriegsministerium, die Arbeitskräfte kommen noch. Das Kriegs ministerium besteht aus der sogenannten politischen Abteilung, die wieder aus Politikern, 149 Gagisten, ferner aus 33 Militärgagisten, im ganzen aus 625 Leuten besteht, sodaß das Kriegsministerium allein fast 1000 Offiziere, bezw. Angestwllte hat. Meine Herren, ob die Leistungen des Kriegsministeriums mit den damit verbundenen kolossalen Lasten im Einklang zu bringen sind, wird ja eine spätere Zeit beurteilen. Nur glaube ich, wenn ich diese Riesenausgaben für das Militär vor mir sehe, daß Sie unklug vorgehen, wenn Sie, wie es z. B. beim Brünner Regiment der Fall ist, zum Kommandanten eines Regimentes einen Tischlergehilfen machen. Der Mann war bis zum Jahre 1914 Tischlergehilfe und wäre sicherlich ein guter Tischlermeister geworden. Ob er ein guter Regimentskommandant ist, bezweifle ich. Sein erster Major - das ist das merkwürdige Maleur beim einem Regimente - war bis zum Jahre 1914 Schuhoberteilerzeuger. Das ist ja alles sehr schön, mei ne Herren! Und glauben Sie nicht, daß ich irgend etwas an dem Gewerbe auszusetzen hätte, ich sage nur, es ist ein Unsinn, daß man solchen Leuten solche Posten in die Hand gibt, von dennen sie keine Ahnung haben können.

Und sehen wir uns weiter um, warum Ihr Militär so ungemein viel Geld verschlingt. Sie haben bezüglich der Legionärdienstzeit die Bestimmung, daß jeder Legionär, der draußen war, für ein Jahr drei Jahre angerechnet bekommt. Nun kam es sehr oft vor, daß ein 18-jähriger junger Mann, hinauskam, selbstverständlich gleich hinüberging und bis zum Jahre 1920 in Rußland war. So ist der Jüngling inzwischen 24 Jahre alt geworden, aber er hat schon 24 Dienstjahre, welche ihm der Staat anrechnet. Und da werden Sie doch zugeben, daß das ein Unsinn ist und den Staat fabelhaft belastet. Da werfen Sie das Geld förmlich zum Fenster hinaus, während Sie die Witwen und Waisen nach den armen gefallenen Soldaten, während Sie die armen Offiziere, die ihre Pflicht getan, hungern und darben lassen. Ich muß das Kriegsministerium auf das Schwerste anklagen, wenn ich die Not und das Elend sehe, wie diese armen Frauen und Kinder vor dem Kriegsministerium kriechen und betteln und jahraus, jahrein keine Erledigung bekommen. Obwohl 1000 Leute angestellt sind, findet man es nicht einmal der Mühe wert, irgend eine Antwort, auch wenn sie negativ wäre, herauszugeben. Das spricht Bände gegen Sie!

Sie geben so furchtbar viel Geld für Militär aus. Nun frage ich Sie aber eines: Mit welchem Rechte haben Sie bei den letzten Aufständen in Brünn Ihren Soldaten Dumdumgeschosse ausgefolgt? Wissen Sie, daß das gegen das Völkerrecht ist? Ich bin im Besitze von 80 solcher Kugeln und bin im Besitze von Protokollen von Soldaten, welche Ihnen bestätigen werden, daß sie sich geweigert haben, diese Geschosse anzunehmen, daß man ih nen aber gesagt hat, es gehe gegen die Nìmci - in dem einem Falle, im anderen Falle gegen die Kommunisten. Menschen sind wohl alle! Auch der Kommunist ist ein Mensch, auch wenn wir die Ansichten der Kommunisten nicht vertreten, aber vor der Majestät des Menschentums müssen wir Halt machen. So etwas darf man nicht einmal den Wilden in Afrika gegenüber tun. Sie haben es hier getan und ich lege diese Geschosse dem Herrn Minister zur Erinnerung auf den Tisch, damit er nicht in Europa erzähle, wie hoch unsere Kultur stehe.

Ich sehe weiter an dem Nachtragsbudget, an dem "dodatek", daß Sie so furchtbar viel Kleider für das Militär brauchen. Eine ganz bescheidene Anfrage. Was haben Sie mit den enormen Vorräten getan, die Sie im Monturdepot in Brünn bekommen haben? Laut amtlichen Protokollen, die wir Ihnen jederzeit vorlegen können, haben Sie Stoffe und Schuhe um 2 1/2 Milliarden - das ist aber der Friedenspreis - übernommen. 2 1/2 Milliarden des Friedenspreises repräsentieren heute, man kann es ruhig sagen, 15 bis 20 Milliarden. Wo ist das alles hingekommen? Geben Sie mir hier Antwort, wenn ich Sie frage! Sie werden es nicht imstande sein. Inzwischen aber laufen Gerüchte, daß dort ungeheuere Unterschleife geschehen sind, daß die einzelnen Offiziere ihren Verwandten und Bekannten Stoffe und Schuhe vielleicht sogar umsonst abgegeben haben. Es ist bei lhnen nicht alles so in Ordnung, wie Sie der Welt plausibel machen wollen, Sie wissen es selbst und die anständigen Elemente unter Ihnen schämen sich sicherlich auch dafür, aber kein Mensch wäre imstande Abhilfe zu schaffen.

Es hat sich in den letzten Tagen der folgende Fall ereignet: Legionäre haben vor einigen Monaten eine Sammlung veranstaltet und sind auch nach Brünn gekommen. Im deutschen Brünn hat die Sammlung 300.000 Kronen eingetragen, alles von deutschen Gewerbetreibenden, deutschen Industriellen, denen die Legionäre versprochen haben, daß sie staatliche Lieferungen, Ein- und Ausfuhrbewilligungen bekommen werden, kurz, man hat das Blaue vom Himmel versprochen, gehalten jedoch nichts. Aber wie erstaunt waren diese Leute, die so große Spenden gemacht haben, als sie in den letzten Tagen von Prag die Aufforderung erhielten, die gezeichneten und versprochenen Beträge einzuzahlen! Ja, die waren schon längst eingezahlt! Sie können sich denken, welcher Schreck über die Leute kam, als auf einmal die Beträge fehlten. Die Leute haben sich selbstredend gewehrt, noch einmal zu zahlen. Wie erstaunten sie nun, als in den letzten paar Stunden wieder neue Legionäre kommen und neue Sammlungen einleiten, wieder Versprechungen machen, Einfuhrbewilligungen, Ausfuhrbewilligungen, Staatslieferungen in Aussicht stellen u. s. w. Wissen Sie, was für Antwort die Leute bekommen? Nicht nur, daß ihr uns die Versprechungen nicht eingehalten habt, euer Staat hat uns ausgezogen bis auf die Haut!

Wir können nicht mehr, denn wir bekommen von draußen keine Maschinen, keine Rohstoffe, wir sind machtlos. Woher sollen wir denn das Geld noch nehmen?! Und jetzt frage ich Sie: Wer wird denn die Untersuchung einleiten, wer die Gelder gestohlen hat? Nicht, daß Sie glauben, meine Herren, daß ich hier gegen die Legionäre etwas erwähne, das beleidigender Natur wäre. Ich sage Ihnen ganz aufrichtig: Ich schätze und achte jeden Legionär. Denn er hat gezeigt, wie man sein Volk liebt, und in Tausenden von Versammlungen habe ich meinen Volksgenossen gesagt: Nehmt Euch ein Beispiel an den Leuten, wie man sein Volk liebt. Ihr müßt es gerade so machen, wie sie. Also, nicht, daß sie glauben, daß da eine beleidigende Absicht dahinter ist.

Aber verlassen wir jetzt das Militärbudget und kommen wir zum traurigen auswärtigen Amt. Ich habe bei der Beratung im Finanzausschuß speziell bei diesem Kapitel gesagt, daß der èechoslovakische Staat im Auslande nahezu operettenhaft wirkt und diese Bemerkung hat selbstverständlich einen Sturm der Entrüstung hervorgerufen. Ich frage Sie aber: Ist es nicht wirklich operettenhaft, wenn Sie Leute ins Ausland schicken, die von der Diplomatie keine Ahnung haben? Sie erinnern sich an den Fall Veverka, Sie erinnern sich an den Fall, wo Ihr Gesandter nach Haag gekommen ist und seine Tätigkeit dort dadurch angezeigt hat, daß er ein Inserat in die Zeitungen gab. Natürlich hatte die Regierung im Haag keine Ahnung, daß der èechische Gesandte da sei; zwei, drei Monate hat er amtiert. Dann hat er endlich einmal beim Ministerpräsidium etwas zu tun. Er kommt hin, meldet sich an, man kennt ihn logischer Weise nicht und als man dem Manne sagte: ja wie so kommt es, daß Sie hier amtieren, antwortete er: ich habe es ja in den Zeitungen bekannt gemacht! Daraif nun natürlich Erslaunen. Man sagte ihm: Das geht ja doch so nicht, sie müssen doch akkreditiert sei n. Da sagt der Mann, der Gesandte: Ja, das hat mir kein Mensch gesagt. (Veselost na levici.) Solche Diplomaten haben wir. Nehmen Sie dazu den Fall Veverka und schauen Sie sich andere Diplomaten an und dann frage ich Sie offen und ehrlich: Steht das wirklich dafür, daß es uns so ungeheure Gelder kostet?

Eines möchte ich in dem Budget aufgeklärt wissen: Was bezieht eigentlich Herr Dr. Beneš an Gehälteru? Wir können studieren, solange wir wollen, wir kommen bei diesem Budget nicht ins Klare. Alles ist so versteckt, so verborgen. Ich weiß nicht, es zeigt sich überall, daß Sie ein schlechtes Gewissen haben müssen. Sie trauen sich nicht mit der Wahrheit heraus. Mühsam muß man zusammenfinden, daß Dr. Beneš 150.000 K an Jahresgehalt bezieht. In einem anderen Kapitel findet man, daß er sich die Lokalitäten, die Wohnungsräumlichkeiten am Hradèin um 320.000 Kronen reparieren läßt. Dann findet man 80.000 K an Repräsentationskosten. Warum vereinigt man das alles nicht auf eine Post, damit man ein klares Bild bekommt? Und wo finde ich beim auswärtigen Amt jene Post, die mir Aufklärung gibt, was Ihre Spionage im Ausland kostet? Wir wissen ganz genau, daß Sie in Wien, Berlin, München, Budapest, ich weiß nicht wo überall noch, ausgezeichnete Spionagebureaus haben. Das kostet Sie ja bei den Valutaunterschieden, speziell in manchen Staaten, ein enormes Geld! Sagen Sie mir aber, wo finden wir diese Post? Vielleicht unter den 100 Millionen K, die das Ministerratspräsidium auf einmal im Nachtragbudget in Anspruch nimmt? Oder klären Sie uns überhaupt auf, was Ihre Spionageberichte wert sind, wenn Ihr Herr Minister ins Haus hereinkommt, und als größte Neuigkeit mitteilt, die Slovakei werde in allernächster Zeit angegriffen werden, die eiserne Division von Zakopane werde einmarschieren, 35.000 Mann werden von Budapest einmarschieren; und wir müssen dann darüber lachen, wenn wir hören, daß in Zakopane vielleicht 10 verrückte Leute sind, die überhaupt von einer eisernen Division nichts wissen und in Ungarn kein Mensch an einen Einfall denkt. (Výkøiky.) Aber Sie haben Berichte und solche Berichte haben Hunderte und Hunderte von Menschen in der Slovakei in den Kerker gebracht. Diese Spionageberichte sind einen Schmarren wert.

Gehen wir weiter. Wie unklug Sie vorgehen, hat man z. B. daran gesehen, daß Sie selbst vor der Person des Präsidenten nicht halt machen. Wir achten den Präsidenten, das werden wir Ihnen allen bestätigen. Und daß wir es jetzt erwähnen, tun wir nur deshalb, um Ihren Präsidenten in Schutz zu nehmen. Abgesehen davon, daß Sie natürlich die läppische Bemerkung in den Nachtragskredit hineinnehmen und dort als Erläuterung erzählen, daß zur Ergänzung eines Vierergespannes des Präsidenten ein Amtsschimmel - Pardon ein Schimmel notwendig ist . . . Wie ich das gelesen habe, habe ich mich gefreut, daß der Amtsschimmel verendet ist. Aber ich bemerkte, daß das nur einer ist, der in das Viergespann hereingehört. (Veselost na levici.) Tun Sie das nicht! Sie schaden Ihrem Präsidenten, sowie Ihre Bürokraten am Hradèin es ununterbrochen versuchen, ihn in ein schiefes Licht zu bringen. Drei Fälle sind in letzter Zeit geschehen und in der Öffentlichkeit erörtert worden. Ich will sie deshalb hier erwähnen, um klares Licht hineinzubringen. Im vorigen Jahre ist der Herr Präsident Masaryk auf Sommeraufenthalt nach Hluboš gegangen. Der Besitzer wurde nicht gefragt. Es ist das keine Schuld des Herrn Präsidenten, sondern seiner Bürokratie. Man ist ohne Bewilligung des Besitzers wochenlang mit dem ganzen Hofstaate in sei nem Schloße gewesen.

Der Schloßherr hat keine Ahnung davon gehabt. Solange ein Gesetz, ein Recht besteht, muß der Präsident der erste sein, der Recht und Gesetz achtet, und die Beamten dürfen ihn nicht in ein schiefes Licht bringen, als wenn er es nicht täte. Sie haben es getan. Erst nachdem der Sommeraufenthalt vorüber war, da wurde ein Dankschreiben an den Besitzer gerichtet. (Posl. dr. Lodgman: Das ist doch eine Frage von Lebensart, sonst gar nichts!) Sicherlich. Jetzt aber der zweite Fall. Sie wissen doch, daß die ehemalige Revolutionskonstituante dem Herr Präsidenten Masaryk ein Nationalgeschenk von 1 Million Kro nen gemacht hat; man will ihm hiefür ein Schloß kaufen, man ist auch in das betreffende Schloß hineingegangen und hat behauptet, daß das Schloß dem Herrn Präsidenten sehr gut gefalle und daß es gekauft werden müsse. Als der Schloßherr sagte: "Ja wohin soll ich dann?" hat man ihm gesagt, daß er ja noch einen Meierhof habe, wenn er Schloß und einen Meierhof hergebe. Man hat lange verhandelt und zum Schlusse kam man mit dem Revolver, indem man erklärte, wenn er es nicht in Güte hergeben werde, werde man mit Gewalt kommen. Gebe er es aber in Güte, dann werde man ihn bei der Aufteilung des Großgrundbesitzes und bei der Vermögensabgabe nicht kennen. (Hört, hört!) Das ist korrupt, da kann man sagen, was man will. Das Gesetz ist für alle gleich im Staate. Der Präsident darf nicht in so schmutzige Affären hineingezogen werden. (Posl. dr. Lodgman: War das nicht irgendwo konfisziert?) Das ist möglich.

Nun der dritte Fall, der etwas heiterer wirkt: Man ruft einen Koch aus aus einer adeligen Familie auf den Hradschin und teilt ihm mit, daß der Herr Präsident wünsche, daß er den Dienst sofort bei ihm anzutreten habe. Nun ist der Mann ja doch durch sein Dienstverhältnis gebunden und kann nicht augenblicklich weg. Man erklärt ihm: Wenn Sie zum Präsidenten eintreten, geht das niemand etwas an. Das Gesetz ist hier Wurscht. Man bedeutet ihm, daß er ein Gehalt von 17.500 K jährlich und ein Dekret als Staatsbeamter der siebenten Rangsklasse bekommt (Veselost na levici.) und gibt ihm ein Staatsautomobil. Meine Herren, solche Sachen dürfen Sie nicht machen. Da werden wir den Herrn Präsidenten verteidigen. Wir werden ihm sagen, solche Sachen dürfen nicht vorkommen im Interesse seiner Integrität.

Der Herr Finanzminister hat alles mögliche getan, um aus diesem Staate herauszupressen, was herauszupressen ging. Ich möchte ihn aber fragen: "Warum hat er nicht eine Börsensteuer bis heute geschaffen? Warum hat er nicht die Wucherei, nicht die Schieber herangezogen? Ja, meine Herren, das sind Fragen, die interessant wären, aber ich sehe, der Herr Finanzminister ist nicht anwesend, und ich bin auch überzeugt, daß er es nicht tun könnte, denn er ist ja keine Autorität, wie alle diese Ämter hier keine Autorität sind. Schauen Sie nach Brünn! Sie wissen, daß dort die Aufschriften mit Gewalt èechisiert wurden.

Uns gebühren Aufschriften in beiden Landessprachen, Sie haben sie uns vorenthalten und jetzt über Zwang herausgegeben. Kaum waren über Ihre Anordnung die Aufschriften auf dem Bahnhof doppelsprachig, kaum waren die übrigen Aufschriften doppelsprachig, da kamen die Legionäre und die Studenten und entfernten das einfach wieder. Wo ist da die Autorität in diesem Staate? Sie möchten mir sehr viele Antworten schuldig bleiben, denn in diesem Staate hat ja niemand eine Autorität als vielleicht ein paar verrückte Leute, die im verborgenen amtieren und hantieren und Hetzereien über Hetzereien treiben. Wir könnten über das Budget unendlich viel sprechen. Einen Fehler haben Sie dabei noch gemacht in Ihrer Leichtfertigkeit, daß Sie uns nicht Gelegenheit gegeben haben, die Sache gut durchberaten zu können. Man hat uns diesen Nachtrag, den "Dodatek ", eine halbe Stunde vor Eröffnung des Finanzausschusses in die Hand hineingeschoben und verlangt von uns, wir sollen es durchberaten. In 4 1/2 Stunden ist er durchgepeitscht worden. Ich schwöre darauf, daß keiner von Ihnen eine Ahnung hat, wofür er gestimmt hat. Und hier in diesem Hause wird es wieder mit Leichtfertigkeit durchgepeitscht. Wir werfen Milliarden zum Fenster hinaus, während das Volk darbt und hungert, wir sparen nicht am richtigen Platze, wir werfen das Geld blind heraus. Bei so einer Wirtschaft können wir nicht mittun. Wir kõnnen froh sein, daß wir aus dem Strudel wegkommen, in dem Sie untergehen werden. Ihr Ende ist nach einem solchen Treiben sicher, wir können nicht mitschuldig sein und es ist leicht begreiflich, daß wir schauen, so rechtzeitig als möglich aus der Gefahr wegzukomme n. Tun Sie mit sich, was Sie wollen, aber uns müssen Sie damit verschonen. Wir sind gezwungen in diesen Staat gekommen, Sie haben uns nicht gefragt. Hätten Sie damals, am 28. Oktober 1918, sagen wir, die Klugheit besessen und wären zu uns gekommen und hätten uns gesagt: "Leute, machen wir diesen neuen Staat zusammen", von uns hätte Ihnen keiner gesagt: "Nein, wir wollen nicht." Aber wir sind ein arbeitsames Volk, sind ein strebsames Volk, sind ein Volk, vor dem die ganze Welt auch heute noch Achtung hat und wir hätten aus diesem Staate etwas gemacht. Sie aber haben mit Ihrem Fanatismus diesen Staat schon zugrunde gerichtet.

Glauben Sie nicht, daß ich ein Feind Ihres Volkes bin. Ich achte jedes Volk, insbesondere achten und lieben wir unsere mährischen Landsleute, welche wesentlich verschieden sind von denen an der Elbe hier, denn die an der Elbe haben sich nicht wesentlich gebessert seit einem Jahrtausend, von denen der alte Schriftsteller Dietmar von Merseburg gesagt hat: "Ein ganz eigentümliches Volk, dieses Volk der Slaven an der Elbe. Solange sie klein und schwach sind, sind sie unterwürfig. Anmaßend sind Sie schwachen Regierungen gegenüber und hochfahrend und grausam sind Sie dann, wenn Sie sich im Glück befinden." Und das stimmt ja bei Ihnen glänzend. Jetzt sind Sie augenblicklich der Hans im Glück und jetzt wissen Sie nicht genug ausfindig zu machen, um uns niederzudrücken, um uns zu zeigen, daß wir Knechte sind in diesem Staate. Aber ich sage Ihnen, aus uns kann man nicht Knechte machen, wir sind ein Volk, das den dreißigjährigen Krieg hinter sich hat und trotzdem wieder in die Höhe gekommen ist. Ein Volk das einen Bismarck, einen Goethe, einen Kant, einen Fichte und alle diese Riesenheroen hervorgebracht hat, ein solches Volk kann nicht zu Grunde gehen, aber ein solches Volk läßt sich auch nicht knechten. Wir verlangen von Ihnen die Autonomie. Wundert Sie es, wenn Sie diesem Ruf gegenüber taub geworden sind, daß in den Herzen von 3 1/2 oder fast 4 Millionen Deutschen ganz andere Gefühle gegenüber ihrem Staate entstehen? Sie wissen selbst, daß Sie dafür Sorge tragen, daß alles bei uns zentrifugal geht. Wundert Sie es, daß die deutsche Irredenta so mächtig geworden ist, daß Sie heute über sie nicht mehr hinweg kommen können? Sie werden uns die Autonomie geben müssen. Je später Sie sie geben, desto gefährlicher wird es für Sie sein. Sie sind vor der Volkszählung und haben schon wieder die grausamsten Gedanken im Kopfe, um uns herauszubekommen aus diesem Staate, um der Welt das Märchen zu erzählen, daß es keine Deutschen darin gibt. Wir sind gerüstet auf diese Umtriebe und warnen Sie rechtzeitig. Sie vergleichen uns so gerne mit einem Bären, der schwerfällig ist, aber wenn der einmal mit seinen Pranken ausholt, wehe dem, der dazwischen kommt. Wundern Sie sich nicht daß es bei uns so weit gekommen ist, daß wir den Sinnfeinern alles abgucken, daß wir es so machen, wie die Irländer in England. Wir wollen die Autonomie erkämpfen. Geben Sie uns die Autonomie nicht im Guten, dann wird es im Bösen gehen. Ein Geheimnis kann ich Ihnen hier verraten: die Not hat uns beten gelehrt. Wenn wir die Hände falten zum lieben Herrgott und das Vaterunser beten, dann bleiben wir bei der siebenten Bitte stehen: Herr, führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von diesem Übel, Amen. Von diesem Übel werden wir befreit werden mit Hilfe des Himmels, aber vor allem mit unserer Begeisterung wir werden herauskommen, denn Knechte sind wir nie gewesen und Knechte werden wir nicht sein wollen. Nun, nehmen Sie zur Kenntnis, wir kön nen nicht dafür stimmen, wir werden nicht dafür stimmen, so wie wir auch nie zugeben werden, daß Sie uns zu Knechten in diesem Staate machen. (Výkøiky: Heil! Souhlas a potlesk na levici.)

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