Pátek 3. prosince 1920

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 30. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze v pátek dne 3. prosince 1920.

1. Øeè posl. Pohla (viz str. 1049. protokolu):

Geehrte Damen und Herren! Wir haben die Beantwortung der von uns eingebrachten Interpellation durch den Herrn Minister für Volksernährung gehört. Gestatten Sie, daß wir durch die Beantwortung dieser Interpellation in mehrfacher Hinsicht durchaus nicht befriedigt sind. Der Herr Minister hat uns eine lange Erklärung vorgelesen, was alles geschieht, was alles geschehen ist. Aber aus dieser Erklärung können wir eine Frage nicht beantworten, die von unseren leidenschaftlich besorgten und nicht ohne Grund besorgten Arbeitern tagtäglich an uns gestellt wird: "Wie steht es mit der Versorgung in der nächsten Zeit?" 8000 Waggons sind aus dem Auslande angekauft und eingetroffen. Diese Menge erscheint uns unverhältnismäßig gering und eine befriedigende Antwort auf unsere Interpellation hätten wir nur dann erblicken können, wenn der Herr Minister den Termin der Anlieferung der Auslandskäufe festgestellt und hier erklärt hätte. Wir sind durch die Interpellationsbeantwortu ng des Herrn Ministers völlig unbefriedigt in der Hinsicht, daß er davon spricht, daß er die Auseinandersetzung, ob Freihandel oder Zwangwirtschaft, den politischen Parteien überlassen will. Wir glauben, das ist das größte Unglück in einem Staate, von einem verantwortlichen Beamten in dieser Zeit, wo die Ernährungssorge so brennend ist, eine solche Antwort hören zu müssen. Was verlangt das Amt von einem solchen Mann? Daß er zunächst selbst ein festes Programm habe und in einer bestimmten Sache - daß er den eisernen Willen hat, und zwar nach allen Seiten hin, den eisernen Willen und Mut habe, durchzusetzen und darauf zu dringen, daß die Ablieferung der Inlandkontingente rascher und vollständiger erfolge. Man kann heute in verschiedenen Bezirken, wenn man die Bezirkslisten durchsieht, fast von einem Ablieferungsstreik der Agrarier beider Nationen sprechen. Es gibt viele solche Bezirke, die schlecht abliefern. Nun braucht aber der Mann, der auf diesem Posten sitzt, eine eiserne Hand und einen starken Willen gegenüber anders gerichteten Bestrebungen seiner Ministerkollegen, gegenüber dem Finanzminister, gegenüber dem Außenhandelsminister und meinetwegen auch gegenüber dem Minister für Ackerbau. Von dieser starken Hand, von diesem Programm und von diesem Willen ist uns leider bisher nichts bekannt geworden und der Herr Ernährungsminister hat auch heute in seiner Erklärung so gut wie nichts davon verlauten lassen, was uns nur mit großer Sorge für die Ernährung in der nächsten Zeit erfüllt.

Gestatten Sie, meine Herren - es soll keine Drohung sein - daß wir Ihnen ganz kurz und leidenschaftslos erklären: die Dinge, wie sie im vorigen Jahr über uns gekommen sind, können ein zweites Mal nicht geschehen oder das ganze Staatsleben wird in schwere Störung und Mitleidenschaft gezogen werden. Wir Vertreter der organisierten Arbeiterschaft, ob wir wollen oder nicht, das ist schon nebensächlich, wir haben heute nicht mehr die Möglichkeit, wenn Ernährungsschwierigkeiten eintreten, auf die Massen beruhigend einzuwirken, denn durch Hinhaltungen, durch leere Versprechungen, die niemals eingehalten werden und eingehalten worden sind, ist gerade auf diesem Gebiete, in dieser Frage, das Vertrauen zu uns durch die Schuld der Regierung vollständig erschüttert, und da gibt es nicht Worte, sondern da sollen wir endlich, glaube ich, Taten sehen.

Da möchte ich auf den Kern der ganzen Ernährungsmisere zurückkommen, verursacht zunächst durch einen gewissen Anbaustreik, denn die Anbaufläche geht ständig zurück und wenn im Budget des landwirtschaftlichen Ministeriums ein großer Betrag enthalten ist, der Landwirtschaft durch den Ankauf von Düngemitteln emporzuhelfen, so begrüßen wir es und sind vollkommen damit einverstanden. Aber wir würden wünschen, daß diese ungeheuere Dotierung an Bedingungen geknüpft würde, die eine erhöhte Produktion der notwendigen Brotfrucht zur Folge haben muß. (Výkøiky.) Wir sehen vor allem das Ernährungselend dadurch kommen, daß der Staat vorratslos von der Hand in den Mund lebt, und da konnte uns der Herr Minister durchaus keine Versicherung geben. Er hat es ja auch gar nicht gewagt, zu sagen, wie es wird. Und wie geschieht es denn, wenn ein Staat vorratslos wirtschaftet? Die kleinste Störung im Transport, zu wenig Wasser auf der Elbe, zu viel Wasser auf der Elbe, zu viel Eisgang auf der Elbe, ein kleiner Streik der Schiffverlader und aller möglichen kleinen Zufälligkeiten, die immer und ständig passieren und worin der Staat Erfahrung hat, daß sie passieren, führt dazu, daß draußen Mehl- und Brotkarten nicht eingelöst werden können. Dann werden Deputationen nach Prag geschickt und die einzelnen für die Ernährung verantwortlichen Männer erklären immer wieder und wieder: ja es schwimmt schon, es wird schon kommen. Wir haben es im Jahre 1920 erlebt, daß Bezirke wochenlang ohne Brot und Mehl waren. Wir haben den Ernährungsskandal in Westböhmen erlebt, daß 5 Bezirke durch zwei Monate statt mit 100, mit 12, höchstens mit 20 Prozent beliefert wurden. Glauben Sie, meine Herren, daß sich die Dinge im Jahre 1920 und 1921 wiederholen können? Das ist ganz ausgeschlossen.

Und da war die Erklärung der Regierung, die wir soeben gehört haben, nach zweierlei Richtungen, wie ich nochmals feststellen muß, unbedingt und durchaus nicht geeignet, die schweren Besorgnisse, die die Arbeiterklasse um die Sicherstellung der nächsten Ernährung hat, zu zerstreuen und ich möchte Ihnen schildern, wie die Vertreter der Arbeiter sowohl hier im Parlament, als auch außerhalb des Parlamentes an Warnungen, an Vorstellungen und an praktischen Vorschlägen es wahrlich nicht haben fehlen lassen. Seit Beginn des Vorjahres haben wir Monate und Monate mit den verantwortlichen Faktoren verhandelt, ihnen Vorschläge gemacht. Aber alle Warnungen, alle Vorschläge scheinen in diesem Staate in den Wind gesprochen zu sein und ich verweise nur auf einen Umstand - und das gilt den Herren Agrariern von rechts und links - Sie erklären, daß Sie die Zwangs-, die gebundene Wirtschaft satt haben. Nun gut, wir si nd auch keine Freunde dieses Systems, dieses bürokratischen Verwaltungssystems mit allen seinen Unzulänglichkeiten. Wir haben es nie verteidigt und es ist nicht unser System. Warum denn auch.

Wir haben am 9. Juli einen Antrag eingebracht, der ein gewisses Übergangsstadium der Zwangswirtschaft beinhalten würde, mit dem Sie sich ja wohl befreunden könnten, wenn es Ihnen wirklich darum zu tun wäre, die Schäden der Zwangswirtschaft zu beseitigen. Der Antrag Seliger beinhaltet, daß Sie mit unseren Produzenten und Konsumenten die ganze Zwangsverwaltung durchführen sollen. Was wollen Sie denn mehr? Wenn Sie selbst entscheiden, als Produzenten und Konsumenten, was wollen Sie denn mehr? Daß es Ihnen aber mit der Versorgung der Bevölkerung nicht wirklich ernst ist, beweist Ihr ablehnender Standpunkt gegenüber dem von uns eingebrachtenAntrag. Der Antrag liegt noch heute im Initiativausschuß und ist aus diesem Initiativausschuß noch nicht herausgekommen. Ich möchte das wohl als einen Skandal bezeichnen, dessen die Mehrheitsparteien und die Regierung im gleichen Maße bezichtigt werden müssen. (Souhlas nìmeckých poslancù.) Vielleicht sehen Sie diese Dinge nicht von dieser Seite und es gibt ja eine gewisse Schichte weniger Großer und Kleiner, die an dem umgekehrten Verhältnis interessiert ist. Wir wissen ja, was Sie mit dem Freihandel wollen: die ungebundene Wirtschaft und die ungebundenen Preise derartig, daß nur bevorzugte und reiche Leute kaufen können. Für uns bedeutet die Aufhebung der Zwangswirtschaft eine Gefahr, sie geht an das Leben der allerärmsten Bevölkerung, deren Ernährung nicht sichergestellt ist und verzeihen Sie, es darf Sie nicht wundern, wenn unter diesen Verhältnissen die Stellungnahme der Arbeiterschaft zu diesem Staate fortgesetzt eine kritischere wird, denn der letzte Arbeiter sagt sich: Alles ganz schön, aber was habe ich an einem Staate für ein Interesse, der nicht einmal im Stande ist, die primitivsten Bedürfnisse des Lebens sicherzustellen und zu erhalten?

Und was Sie selbst an unangenehmen Sachen sehen mögen, was Ihnen so sehr nicht gefällt: 90 % der Ursache des Skandals liegt darin, daß Sie keine Ernährungsplan, keine Wirtschaft, keine Aufbringung haben, daß dazu noch ein vollständig versagender Verwaltungsapparat kommt, der nicht im Stande ist, die Dinge zu meistern. Und wenn sich Dinge ereignen sollten im Laufe der Ernährungskrise, wenn Sie nicht im Stande sind, einen gewissen Vorrat anzuschaffen, wenigstens für 3 Monate, wie wir wünschen, um die Ernährung der Bevölkerung zu sichern, dann suchen Sie nicht nach Bolschewiken, nach Anarchisten und harmlosen Leuten, die Sie ausweisen, und machen Sie sie nicht verantwortlich, sondern suchen Sie die Schuldigen in jenen Faktoren, die dieses Ernährungselend immer und immer wieder systematisch herbeiführen. Meine Herren von der rechten und linken Seite des Hauses! - und ich möchte diese Frage besonders an die kapitalistischen Vertreter dieses Hauses richten - sind Sie nicht erstaunt darüber, daß die Deutschen und Èechen, sowohl die Mehrheits- als Linkssozialisten eine gemeinsame Interpellation eingebracht haben? Ja, das ist wohl das Erfreuliche daran, wir können Ihnen schon sagen, wir sind dazu genötigt, weil eine sozialistische Partei zu schwach ist und wenn sie unsere Mahnungen weiter ungehört verhallen lassen, wird Ihnen eines Tages entgegentreten die geschlossene Kampffront aller Hungernden in diesem Staate, und ich bin neugierig, wie Sie als Mehrheit, als kapitalistische Partei mit dieser Kampffront fertig werden, der Sie wahrscheinlich nichts entgegenzustellen haben, wodurch die Front zu durchbrechen wäre. Ich stelle fest: daß sich das wiederholt, wie im vorigen Jahre, das ist unmöglich. Wir als Vertreter der Arbeiter lehnen die Verantwortung ab. Wir haben rechtzeitig unsere Vorschläge gemacht, unsere Anträge eingebracht, wir haben gewarnt. Auch heute stehen wir vollständig vor dem Leeren, und wenn morgen ein Kahn auf der Elbe in Laube nicht eintrifft, kann die Brotkarte dort nicht eingelöst werden, wie das tatsächlich schon der Fall ist. Lassen Sie diesen letzten Ruf nicht ungehört verhallen. Wenn es ein Problem in diesem Staate gibt, dem die vollste Aufmerksamkeit ge widmet werden muß, und wo von èechischer Seite alles geschehen sollte, so ist es das: die Ernährung vollständig sicherzustellen.

Gestatten Sie mir - ich habe nur 20 Minuten - aber ich will die Gelegenheit ergreifen, um auch dem zweiten wichtigen Zweig unserer Volkswirtschaft einige Worte zu widmen. Das ist unsere Kohlenwirtschaft. Zwei Dinge sind es, die die Existenz des Staates bedrohen: die Ernährungskrise und unsere Kohlenwirtschaft, und da gestatten Sie mir, daß ich mit der Fabel aufräume, wenn fortwährend gesagt wird, wir haben zu wenig Kohle. Das ist ja gar nicht wahr. Wir haben auf vielen Schächten Kohlenvorräte, die nicht abgesetzt werden können. (Výkøiky.) Wir haben auf vielen Schächten Betriebseinstellungen und Arbeiterentlassungen, weil kein Absatz vorhanden ist. Nach einer Aufstellung der Handelskammer in Prag bedarf die Republik samt Export 26 Millionen Tonnen jährlich. Diese Menge hat sie im Vorjahre gehabt und diese Menge bekommt sie auch heuer restlos, nicht ein Prozent fehlt. Aber die Dinge liegen ganz anders. Es fehlt hier ganz was anders. Und da muß ich anfangen bei der Kohlenverteilung. Das ist ein fast unerhörter Verwaltungsskandal. Sie haben einen Kohlenverteilungsapparat, wo untergeordnete Beamte, Tippmamsells, die Kohlenverteilung besorgen, so daß es möglich wird, lebensfähige Industrien lahmzulegen, indem sie Akten zwei Monate liegen lassen und nicht hinausgeben. Die Kohlenversorgung leidet noch unter einem zweiten Grunde, das sind die Belieferungen der Bahnen, und das muß ich zur Sprache bringen. Die Bahnen bekommen, gleichgültig wie die Förderung ist, pro Fördertag 1900 Waggons zugeliefert. Diese Menge ist größer als sie jemals im Frieden war, und ich glaube, das Eisenbahnministerium müßte sich rechtfertigen, wo diese Menge hinkommt? Es ist aber noch ein weit ärgerer Faktor. Täglich stauen sich Leute bei den Kohlenversorgungsinspektoren mit leerer Hand, besser ist es, wenn man etwas in der Hand hat, man wird früher erledigt. (Veselost na levici.) Und beschwert man sich wegen mangelhafter Kohlenzuweisung, so erklären die Inspektoren, sie könnten nichts machen, könnten keine Dispositionen treffen, denn das Eisenbahnministerium habe einen Erlaß herausgegeben, daß bei Bedarf an Regiekohle von allen durchlaufenden Kohlenzügen die Kohlenwagen abgehängt werden können, und so kann es Ihnen passieren, daß Ihnen der Kohleninspektor die Kohle zuweist, sie läuft bis zum nächsten Stationsvorstand, der sagt, er brauche sie, die Wagen werden abgehängt und Sie bekommen die Kohle nicht einmal mehr nachgeliefert. Jedenfalls reden sich die Herren aufeinander aus und machen es möglich, daß es so ist. Der Staat aber tut auch selbst nichts und gestatten Sie, daß ich Ihnen nur einige wenige Beispiele anführe. Im Brüxer Revier ist ein großer Skodatagbau. Seit anderthalb Jahren will die Gesellschaft ein Schleppgeleise haben. Zuerst hat der Eisenbahnminister erklärt, die Gesellschaft müsse sich selbst das Material zum Bau der Geleise anschaffen. Nach vielen Schwierigkeiten und mit ungeheueren Kosten hat die Unternehmung das Material angeschafft. Jetzt liegt das Material seit dreiviertel Jahren dort, wird zum Teil gestohlen und die Baubewilligung bekommt sie doch nicht. Der Tagbau könnte seit 12 Monaten schon 30 Waggons täglich verladen, wenn ein guter Geleiseanschluß da wäre. Und jetzt verlangt das Ministerium von dem Werk, bzw. es unterstützt eine Privatbahngesellschaft, daß es 2 Mil. Kronen Aktien zeichnen soll der Privatbahn Wurzmeß-Potscherad, bevor der Anschluß bewilligt wird, und da schweigt das Ministerium. Sind das die Methoden, um die Produktion zu erhöhen? Das ist ein unerhörter Skandal. Ein weiterer Skandal ist, daß der Staat für ganz minderwertige Kohle, die ausgeführt werden soll, an 2500 Kronen Exportprämien einhebt, so daß in Deutsch-Österreich ein Waggon Staub, minderwertiger Kohle, die bei uns fast niemand mag, 17 bis 19.000 Kronen kostet und die DeutschÖsterreicher trotz ihrer kolossalen Kohlennot sich weigern, diese Kohle zu nehmen. Kein Wunder, sie können sie fast nicht bezahlen; und bei uns werden die Arbeiter entlassen, weil für diese Kohle kein Absatz ist. Wir haben aber noch ganz andere Sachen. In der letzten Unterhandlung mit Deutschland wurde der Kohlenexport vom Mi nister Vrbenský gedrosselt und er bildet sich sehr viel darauf ein, eine Tat im Interesse der Èechoslovakischen Republik - begangen zu haben. Im Falkenauer Revier hat uns diese Tat Vrbenskýs 300 Arbeitslose gebracht und ganze Betriebe stehen vor der Einstellung. Das nahe Bayern, das nahe Sachsen, sie waren natürliche Absatzgebiete. Aber sie dürfen sie nicht bekommen und die Betriebe stehen uns dort still. Es ist überhaupt in der Kohlenzuweisung keine Regel, keine Vernunft, keine Ökonomie, minderwertige Kohle, die fast gar nichts wert ist, wird von Nordböhmen in die Slovakai transportiert. Fragen Sie einen Fachmann, wieviel von dieser schlechten Kohle verbrannt werden muß in den Lokomotiven, ehe die Kohle dorthin kommt. Und wenn wir an den Kohlenpreisen zu rütteln wagen, wenn sie der Bevölkerung zu hoch sind, bitte ich Sie zur Kenntnis zu nehmen, daß nicht die Löhne der Arbeiter, sondern ganz andere Ursachen schuld sind. Der Zentraldirektor Blaschek der Brüxer Bergbaugesellschaft hat unlängst Zahlen seiner Gesellschaft genannt. Ich gebe sie der Öffentlichkeit wieder, u. zw. 10 Tonnen: Lohnkosten 268 Kronen, 10 Tonnen: Materialkosten 208 K, diverse andere Betriebskosten 218 K. Der Verkaufspreis beträgt 910 K, dazu die 30perzentige Kohlensteuer. So schaut es mit den wirklichen Bezugsbedingungen aus. Die Kohlensteuer muß volkswirtschaftlich als ein ungeheueres Verbrechen am Staate bezeichnet werden. Sie haben es leicht, Sie rechnen 1200 Millionen Kronen heraus, das bringt aber andere Industrien vollständig um. Berufen Sie sich nicht auf Deutschland; Deutschland ist ein besiegter Staat, während Sie sich einen Siegerstaat nennen. Wenn Deutschland eine 20perzentige Kohlensteuer braucht, so müßten Sie keine loperzentige Kohlensteuer haben, so aber haben Sie eine 30perzentige Kohlensteuer. Freilich möchte ich eines hinzufügen: Es ist im Bericht der staatlichen Grubenverwaltungen eine Ziffer enthalten: der Ertrag der Kohlenschächte Brüx. Er ist mit über 40 Millionen Kronen ausgewiesen. Diese Ziffer stimmt nicht. Wie ist denn dieser Reinertrag zustandegekommen? Dadurch, daß erstens die Investitionskosten nicht eingestellt, sondern auf ein anderes Konto gebucht wurden und daß zweitens die ungeheueren Mehreinnahmen der staatlichen Gruben aus der Auslandsförderung als reine Betriebseinnahmen gebucht werden. Diese 40 Millionen stimmen nicht, aber sie sind zu einem ganz bestimmten Zweck darin. Sie wollen in dieser gesetzgebenden Körperschaft Stimmung machen für die Verstaatlichung der Gruben. Es soll das Gefühl entstehen, als ob diese 4 Schächte allein 40 Millionen abwerfen. Was könnten wir erst verdienen, wenn wir alle Schächte hätten! Das ist ein Trugschluß und ich möchte davor warnen, auf diesen Ziffern aufzubauen. Erstens hat der Staat diese Anlagen modern ausgebaut und ohne Belastung übernommen. Das wird Ihnen bei den anderen Betrieben nicht gelingen und nicht möglich sein. Zweitens haben Sie den Auslandsverkehr dorthin gelenkt und in die Betriebskosten eingestellt. Drittens wurden die Investitionskosten auf ein anderes Konto gebucht.

Wir erklären, daß wir diesem Staat mehr als jedem anderen Staate die Fähigkeit absprechen müssen einen Wirtschaftszweig wie den Kohlenbergbau zu verwalten. Daß das Ergebnis nicht ungünstig ist, ist nicht das Verdienst dieser Verwaltung. Sie stehen ja mitten drin unter den anderen und können gar nicht anders. Sie haben günstige Vorbedingungen, günstige Ablagerungen, keine Amortisationen, kurz und gut diesen staatlichen Bergbau schlechter zu bewirtschaften würde überhaupt der schlechteste Verwaltungsbeamte gar nicht fertig bringen. (Výkøik: Die Werke sind eben einfach nicht umzubringen!) Ja, nicht umzubringen ist das. Wir würden Sie bitten, daß Sie die Forderungen der Bergarbeiter auf diesem Gebiete berücksichtigen - es sind das nicht die Forderungen der Bergarbeiter allein - den Kohlenbergbau der allgemeinen Bewirtschaftung zuzuführen, diesen Fragen vom Regierungsstandpunkt endlich näher zu treten. Als Vertreter der Bergarbeiter spreche ich es offen aus. Wir dulden keine Verstaatlichungen und sind nicht damit einverstanden, auch wenn die Verstaatlichung in das Mäntelchen eines sozialistischen Antrages eingewickelt ist. Es gibt nur einen Ausweg, die allgemeine Bewirtschaftung durch die drei Faktoren der Produzenten, Konsumenten und des Staates. Heute ist nachgewiesen, daß die Unternehmungen nicht genügend investieren, sondern bei neuen Aufschlüssen Sabotage treiben.

Aber all das zusammen rechtfertigt nicht die heutige Kohlennot, daß sie so schrecklich ist, und im Einzelnen solche Dimensionen annimmt. Die Hauptursache ist, daß der ganze Verteilungsplan und Verteilungsapparat versagt. Einzelne Industrien sind mit Kohle überladen, haben Depots, daß sie zu glühen anfangen, auf den Werken liegen Depots, daß sie nicht abgeführt werden können. Einmal sind keine Waggons da, dann fehlen die Lokomotiven und dann fehlt wieder der Absatz. Arbeiter im Bergbau müssen entlassen werden und auf der anderen Seite müssen Schulen, Wasserwerke, Krankenhäuser, Elektrizitätswerke u. s. w. eingestellt werden, weil sie keine Kohle bekommen können. Hier muß die allgemeine Kontrolle der Öffentlichkeit einsetzen. Es gibt eine Aktivpost, den zu schaffenden Kohlenrat, der könnte Remedur schaffen. Aber was wollen Sie mit diesem Kohlenrat? Der jetzige Minister, - es ist Schade, daß er nicht hier ist - gibt Weisungen hinaus, daß als Vertreter der Bergarbeiter auch in deutschen Revieren wie dem Karlsbad-Falkenauer Revier nur Leute entsendet werden, die vollständig der èechischen Sprache mächtig sind, obwohl es dort èechische Arbeiter gar nicht gibt. Was wollen Sie mit dem Kohlenrat? Wollen Sie die 40.000 deutschen Bergarbeiter ausschließen? Wenn Sie versuchten es zu machen, würden Sie wahrscheinlich üble Erfahrungen machen. Wir erblicken darin einen Fortschritt, wenn die deutsche Arbeiterschaft und die deutsche Industrie in diesen Kohlenrat hineink mmt und mit fachmännischen und das Gebiet beherrschenden Maßnahmen eingreift und nach und nach - auf einmal ist das undenkbar - die Methoden der Verteilung in Ordnung und ins richtige Geleise bringt. Aber schließlich und endlich wird die Remedur nur schaffen die allgemeine Sozialisierung des Kohlenbergbaues, und die hat uns die vorige Regierung versprochen, gerührt hat sie aber keinen Finger und die jetzige Regierung hat sich überhaupt noch nicht geäußert.

Ich kann mich nicht in Einzelheiten einlassen, mir war es nur darum zu tun das Gerücht und die große Unwahrheit aus der Welt zu schaffen, daß wir an Kohlennot leiden und daß für dieselbe die Bergarbeiter verantwortlich zu machen sind. Wir haben keine Kohlennot. Nur die Verteilung ist unzureichend, passive Resistenz und die schlechte Verwaltung sind die natürliche und einzige Ursache, die eine solche hervorrufen. (Souhlas a potlesk nìmeckých poslancù.)

2. Øeè posl. Windirsche (viz str. 1059 protokolu):

Meine Damen und Herren! Ich habe zunächst im Namen des deutschen parlamentarischen Verbandes hier eine Erklärung abzugeben des Inhaltes: Es haben sich gestern im Parlamente Vorfälle ereignet, welche durchaus nicht die Billigung des deutschen parlamentarischen Verbandes finden können. Am bedauerlichsten ist jedoch, daß bei den Vorfällen gestern vormittags ein gewesener Herr Minister in seiner Handlungsweise zu einem Tiefstand gesellschaftlicher Umgangsformen herabgesunken ist, wie er im parlamentarischen Leben wohl seines gleichen sucht. Wenn der deutsche parlamentarische Verband gegen die Verhängung der Ausschließung von Abgeordneten gestimmt hat, so ist dies als Ablehnung der Polizeibestimmungen der Geschäftsordnung zu werten.

Ich habe mir vorgenommen, im Verlaufe meiner Ausführungen mich lediglich mit dem Etat des Landwirtschaftsministeriums zu befassen und ich rüge es eben so, wie der Kollege Taub, der wie ich Mitglied des Budgetausschusses ist, daß man in so unverantwortlicher Weise den ersten Voranschlag in diesem Staate, der gemeinsam mit den Deutschen beraten werden soll, einfach durchpeitscht. Wir haben 26 Kapitel durchzuberaten und es stehen uns als Beratungszeit 117 Stunden 42 Minuten zur Verfügung, so daß auf 1 Kapitel 4 Stunden Beratungsdauer entfallen. Bei der Beratung im Budgetausschuß hat es sich gezeigt, daß es den deutschen Mitgliedern desselben nicht möglich war, sich aktiv an den Beratungen zu beteiligen und zwar deshalb, weil sprachliche Schwierigkeiten hindernd im Wege standen. Es wäre unbedingt notwendig gewesen, schon im Ausschuß von Seiten des Präsidiums aus einfach eine Verdeutschung aller jener Budgetposten zu geben, die durchzuberaten waren und es wäre erst dann möglich gewesen für die Deutschen, wirksamen Anteil an den Beratungen zu nehmen. Dadurch, daß die Mehrheit dieses Hauses sich damit einverstanden erklärt, daß man einfach den Voranschlag so rasch erledigt, dadurch verzichtet auch die Mehrheit dieses Hauses auf ihr vornehmstes parlamentarisches Recht, das eigentlich in der öffentlichen Kontrolle des Finanzwesens besteht. Der Parlamentarismus hat ja seine Grundursache und seinen Hauptentstehungsgrund in der Kontroll der Finanzwirtschaft.

Was nun das Kapitel Landwirtschaft betrifft, so wäre zu bemängeln, daß für die Landwirtschaft in diesem Staate nicht sehr vielübrig zu sein scheint. Man verlangt von der Landwirtschaft sehr viel. (Místopøedseda inž. Botto pøevzal pøedsednictví.) Man will von ihr billige Lebensmittel, man will von ihr die Überbrückung der Ernährungskrise und wenn man die Höhe der Summen der einzelnen Budgetkapitel mit einander vergleicht und diese ins Verhältnis setzt zum Gesamtaufwande, dann findet man, daß für die Landwirtschaft von dem Gesamtaufwande von rund 14 Milliarden Kronen nur ungefähr 1 1/2 % zur Verfügung stehen. Es muß ausdrücklich erwähnt werden, daß überhaupt nur jene Posten des Budgets, die für die Landwirtschaft Aufwendung finden, wirklich produktive Ausgaben sind. Denn jeder einzelne Heller, jede einzelne Krone, die man der Landwirtschaft zuwendet, kommt mit reichlichen Zinsen wiederum der Allgemeinheit zurück. Wenn ich nun über die Einzelheiten im Etat des Landwirtschaftsministeriums spreche, so möchte ich bezüglich der Zentralverwaltung erwähnen, daß die Landwirte einen großen Wert darauf legen, daß man endlich mit dem, was schon im alten Österreich immer wieder gerügt wurde, mit der alten Sünde bricht, daß man dort, wo landwirtschaftlich-fachliche Angelegenheiten entschieden werden sollen, niemals Landwirte in Verwendung genommen hat. Wir haben gefunden, und wir finden das auch unter den jetzigen Verhältnissen, daß im landwirtschaftlichen Ministerium wohl genügend Juristen zu finden sind, aber es sind nicht jene Leute zu finden, die aus dem landwirtschaftlichen Studium hervorgegangen sind. Man findet ferner, besonders betraut mit der Agenda der Förderung d. Viehzucht, hauptsächlich Tierärzte, wo doch die aus dem landwirtschaftlichen Studium hervorgegangenen Personen mit der Förderung der Viehzucht und damit als Tierzuchtinspektoren zu betrauen wären. Wenn man die einzelnen Posten der Zentralverwaltung durchgeht, so findet man dort ferner eingesetzt eine Ausgabe in der Höhe von 32.000 Kronen für Drucksachen und die Herausgabe eines "Vìstník". Ich verweise darauf, daß die Drucksachen, besonders aber der Anzeiger doch eigentlich eine wertvolle Fundgrube für die landwirtschaftliche Welt bedeuten, und daß herauszufinden, was hier verlautbart wird, auch im Interesse der deutschen Landwirte in diesem Staate liegt. Es ist weiter mit eingestellt bei der Post Zentralverwaltung eine Ausgabe von 2000 Kronen für Militäraufsicht in den Pferdezuchtanstalten. In dieser Hinsicht wird nur dasjenige wiederholt, was früher des öfteren schon gewünscht wurde, daß endlich einmal mit dem alten System gebrochen werden möge, wonach man die Agenda der Pferdezucht hauptsächlich Militärpersonen überantwortet. Auch in dieser Beziehung sollen hauptsächlich landwirtschaftliche Fachleute berufen werden, um bei der Pferdezucht wirksam mitzuarbeiten.

Bezüglich der Abteilungen "Unterricht und Versuchswesen" verweise ich darauf, daß insgesamt 15 Millionen eingestellt sind, wovon 8 Millionen auf die landwirtschaftlichen Schulen in der Slovakei entfallen. Es ist gewiß zu billigen, wenn man der bisher arg vernachlässigten Slovakei die Mittel gewährt, um dort das Schulwesen auf eine entsprechende Höhe zu bringen und zwar aus dem Grunde, weil nur dann erst, wenn die landwirtschaftliche Bildung Allgemeingut der dortigen Bevölkerung wird, der vorhandene reiche Boden so aufgeschlossen werden kann, wie es im allgemeinen Interesse des Staates liegt. Wenn ich nun an die Schulen denke, die wir bei uns am Land selbst haben, in Böhmen, Mähren und Schlesien, so werden diese unterschieden als staatliche Anstalten und als solche Schulen, die vom Staate unterstützt werden. Für jene Schulen, welche die staatliche Unterstützung finden, ist eine Post von 1 Million Kronen eingestellt und daraus erhalten z. B. als staatliche Unterstützung pro Jahr die landwirtschaftlichen Winterschulen und die Haushaltungsschulen den Betrag von 1500 Kronen. In der Vorkriegszeit und bis zum vorigen Jahre betrug die Höhe des Beitrages von Seite des Staates 1000 K. Nun, es ist wohl selbstverständlich, daß ich nicht erst auszumalen brauche, daß man für diese 1500 K nicht viel beschaffen kann, wenn man die allgemeine Geldentwertung berücksichtigt. Es wäre eine unbedingte Notwendigkeit gewesen, wenn man den staatlichen Unterstützungsbeitrag für diese niederen landwirtschaftlichen Schulen auf mindestens 7 bis 8000 Kronen pro Jahr erhöht hätte. Dazu kommt auch noch, daß diese Schulen notleidend geworden sind u. zw. dadurch, daß man von Seite des Finanzministeriums die Unterstützungsmöglichkeit aus den Mitteln von lokalen Faktoren im Wege eines Erlasses unterbunden hat. Die Schulen sind mit angewiesen auf Beiträge, welche örtliche Geldinstitute gewähren. Da kam nun kurz nach dem Umsturze an die verschiedenen Geldinstitute, welche mit ihren Mitteln die Schule unterstützen, ein Erlaß des Inhaltes, daß ohne besondere Bewilligung des Finanzministeriums für Unterstützungszwecke keine Beiträge gegeben werden dürfen. Durch die Wirkung dieses Erlasses kommen natürlich auch die Schulen zu Schaden, die unbedingt auf die Zuweisung solcher Mittel angewiesen sind und es ist eine unbedingte Notwendigkeit, daß endlich das Finanzministerium besonders mit Rücksicht auf die landwirtschaftlichen Schulen eine Änderung seiner ursprünglichen Bestimmungen in der Weise bewirkt, daß eben Spenden, d. h. Beiträge an landwirtschaftliche Schulen und ebenso auch an Haushaltungsschulen gegeben werden können. Bei dieser Budgetpost ist auch mit eingesetzt ein Betrag von 1 Million Kronen für das ländliche Volksbildungsschulwesen. In dieser Hinsicht wurde in diesem Staate etwas gänzlich Neues geschaffen. Wir vom Standpunkte der Landwirtschaft aus, besonders aber vom Standpunkt der landwirtschaftlichen Lehrerschaft, wir haben darauf hingewiesen, daß es zunächst notwendig war, die bestehenden landwirtschaftlichen Schulen richtig zu dotieren, sie gesund zu machen und erst dann an die Neugründung anderer Schulkategorien zu denken. Etwas aus dem Boden zu stampfen und sich nicht weiter darum zu kümmern, ist freilich eine leichte Sache. Ich habe die Überzeugung, daß mit diesem Betrage von 1 Million Kronen für das ländliche Volksbildungsschulwesen gewiß nicht viel geleistet wird.


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