Støeda 24. listopadu 1920

Aber Sie bleiben dabei nicht. Und nicht bloß das Ministerium für soziale Fürsorge, sondern auch das Ministerium für öffentliche Arbeiten hat in der letzten Zeit ein Gebiet betreten, wo es keine Gesetzesbestimmung mehr gibt, wo gesagt werden kann, daß beide Ministerien mit gutem Beispiel vorangegangen sind, wie man gesetzliche Bestimmungen nicht beachtet. Die beiden Ministerien haben sich das Recht herausgenommen, zu erklären, daß Tarifverträge, die abgeschlossen werden, keine Gültigkeit haben auf den vom Staate selbst in Angriff genommenen oder vom Staate subventionierten Bauten. Das ist ein Eingriff in das durch das Gesetz garantierte Lohnrecht der Arbeiter. Sie haben weiter den Grundsatz aufgestellt, daß in der Provinz die Löhne nicht höher sein dürfen, als in Prag, dabei haben sie aber noch lange nicht daran gedacht, den Nachweis zu erbringen, ob die Löhne der Prager Arbeiterschaft den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen, ob die Prager Arbeiter tatsächlich ein so hohes Lohneinkommen haben, daß sie als Menschen zu leben vermögen. Nach Ansicht dieser beiden Ministerien scheint das der Fall zu sein. Die Antwort darauf kann ich nicht geben. Die Antwort auf diese Frage wird die Prager Arbeiterschaft zu geben haben. Als die beiden Ministerien daran gegangen sind, sich dahinein zu mengen, hatte es eine Lohnbewegung im Reichenberger Handelskammerbezirk gegeben, die auf ganz neuer Grundlage vorgenommen worden ist, auf der Grundlage, daß im gegenseitigen Einvernehmen ein Existenzminimum errechnet wurde, nach welchem dann die Lohnsätze vereinbart worden sind. Wir wären in der Lage, jene kleinen Quanten bekanntzugeben, die zur Grundlage genommen wurden, um diese Berechnungsgrundlage herzustellen. Ich weiß nicht, ob eines von diesen beiden Ministerien sich mit dieser Aufstellung zufriedengeben würde. Wir haben in allererster Linie nur jene Quantitäten angenommen, die nach staatlicher Weisheit hinreichen sollen, um einem arbeitenden Menschen jene Nahrung zuzuführen, die genügt um die verbrauchten Kräfte wieder zu ersetzen. Dabei ist gar nicht berücksichtigt worden, daß es sehr viele Wochen im Jahre gibt, wo diese staatlichen Rationen überhaupt nicht gegeben werden und die Arbeiter versuchen müssen, sich im Schleichhandel das Fehlende zu ersetzen. Es wird vonseiten des Ministeriums für soziale Fürsorge erklärt, daß solche strenge Maßnahmen notwendig sind, damit nicht Unwürdige diese Arbeitslosenunterstützung beziehen und dadurch die Staatskasse geschädigt werde. Wir sind ebenfals für sehr strenge Maßnahmen, aber diese Maßnahmen dürfen nicht so sein, daß tausende Arbeiter dadurch um ihr gesetzliches Recht gebracht werden. Es wird auch gesagt, daß die Arbeitslosenunterstützung demoralisierend sei, daß durch die Arbeitslosenunterstützung die Arbeitsscheu großgezogen werde. Da ist wohl die Frage am Platz: ist die Arbeiterschaft dieses Staates überhaupt arbeitsscheu? Und da kann wohl mit Recht und mit aller Überzeugung gesagt werden: nein, tausendmal nein. Schaffen Sie Arbeit und Sie werden finden, daß sich die Zahl der Arbeitslosen sehr bald vermindert.

Gewiß will die Arbeiterschaft nicht mehr in jenen Bahnen weiterwandeln, wie bisher. Sie will arbeiten, sie will Verdienst haben. Aber die Arbeiterschaft sagt, daß der jetzige Zustand Ewigkeitsdauer nicht haben darf, sie hat es satt für andere frohnden zu müssen, sie hat es satt unter dem jetzigen privatkapitalistischen System noch weiterhin den Paria und das Aschenbrödel zu spielen, und es ist sehr bezeichnend, daß im ganzen Budget nicht eine einzige Ziffer, nicht ein einziges Wort zu finden ist, welche Stellung denn eigentlich diese Regierung zu jenen großen Gedanken der Sozialisierung einnimmt, jenem Gedanken, der sich in Millionen Geh irnen der Arbeiter verankert hat, jenem Gedanken, der verwirklicht werden wird, selbst gegen den stärksten Widerspruch der Regierung. Wenn Sie wünschen und vermeinen, daß Sie die friedliche Entwicklung, die Umwandlung des jetzigen privatkapitalistischen Systems in die neue Gesellschaftsordnung hindern wollen, so ist das Ihre Sache. Die Arbeiterschaft wird unentwegt ihre Bahnen weiterwandeln und es wird dahin kommen, daß das Ziel erreicht wird. Die Arbeit zu schaffen, wäre Pflicht der Regierung. Trotz der anderen Sorgen, die die Regierung hat - und das ist in diesem Hause von der verschiedensten Parteien durch ihre Redner schon ausgeführt worden würde sie Arbeit schaffen können, wenn Menschen da wären, die das entsprechende Verständnis und das entsprechende Geschick dazu hätten. Ich will nicht darüber sprechen, was ja so oft schon geschehen ist, wie in diesem Staate Handel, Gewerbe und Industrie gefördert werden. Ich will nicht darüber sprechen, wie die persönliche individuelle Initiative zur Hebung der Volkswirtschaft gerade von den Staatsorganen gehindert wird. Ein besonders lehrreiches Kapitel kann ja jederman in der "Reichenberger Zeitung" nachlesen, die da vor 8 oder 14 Tagen eine solche Geschichte zum besten gegeben hat, mit dem berühmten Faß Rizinusöl, welches wochenlang in Tetschen lagerte und heute wahrscheinlich noch nicht den Empfänger erreicht hat. Wenn man aber nun auf diesem Gebiete schon nicht in der Lage ist, den schaffenden Menschen Verdienstmöglichkeit und Arbeit zu geben, so väre ein Mittel sehr einfach, und zwar, indem man das Investitionsprogramm mit anderen Ziffern ausgestattet hätte. Wir brauchen so ungeheuer viel Wohnungen, wir brauchen Straßen, Kanalisationen und es wäre gewiß, daß durch die Hebung der Bautätigkeit die Arbeitslosigkeit, wenn auch nicht vollständig behoben, so doch zum wesentlichen Teile gemildert wäre. Die Beträge, die dafür eingesetzt sind, entsprechen den tatsächlichen Verhältnissen ebenfalls nicht. Wenn man nun von Demoralisierung durch die Arbeitslosenunterstützung spricht, ist es denn weniger demoralisierend, wenn die Tatsache besteht, die man bisher noch nicht aus der Welt zu schaffen vermocht hat, daß tausende Bürger dieses Staates keine Wohnung finden können? Ist es weniger demoralisierend, wenn andere Tausende sich in Wohnungen das Obdach suchen müssen, die allen hygienischen Vorschriften Hohn sprechen, wo die Inwohner wie Häringe aneinander gelagert sind?

Ist es weniger demoralisierend, wenn Mann und Weib getrennt sind, nur aus der einfachen Ursache, weil sie keine gemeinsame Wohnung, keine Bekleidung, kein Obdach finden können? Ist es weniger demoralisierend, wenn auch die Kinder von der Familie getrennt werden müssen, nur aus dem Grunde, weil keine Wohnungen da sind? (Pøedseda Tomášek ujal se opìt pøedsednictví.) Gewiß hat die Regierung eine ganze Reihe von Maßnahmen seit dem Bestande dieser Republik ergriffen, um die Wohnungsnot zu mildern, aber heute kann von jedem Menschen, der sich dafür interessiert hat, konstatiert werden, daß, die besten Absichten vorausgesetzt, die ganzen Maßnahmen Halbheiten geblieben sind und Halbheiten bleiben werden. Es ist in allererster Linie das Mieterschutzgesetz herausgegeben worden, um - was ja gewiß in der besten Absicht geschehen ist - den Wucher mit den Mietpreisen zu hintertreiben. Aber diese gesetzlichen Mietpreise, wie sie nach dem Sinne und nach den Worten des Gesetzes sein sollen, die gehören in das Reich der Fabel. Es gibt keine Mietpreise, die dem Mieterschutzgesetze entsprechen würden. Dafür haben sich die Herren Hausbesitzer schon noch ein Quantchen Klugheit aufgespart, um die bekannten Hintertürchen des Gesetzes, die ja in unserer Republik geradeso zu finden sind, wie im alten Österreich, zu finden, um dieses Gesetz zu umgehen. Das Mieterschutzgesetz hat die Milderung der Wohnungsnot nicht herbeigeführt und auch die Wohnungsbeschlagnahme, die in diesem Gesetze vorgesehen ist, hat auf die Wohnungsnot nur unwesentlich eingewirkt. Es gibt heute noch tausende von unbewohnten Wohnungen, die aber gar nicht beschlagnahmt werden können, weil sich soviele praktische Schwierigkeiten entgegenstellen, daß es gar nicht möglich ist, die Beschlagnahme vorzunehmen.

Nach § 3 desselben Gesetzes finden die Wohnungsbeschlagnahmen keine Anwendung auf jene Bauten, die nach dem 27. Jänner 1917 erst die Baubewilligung erhalten haben. Dadurch hat man wohl anstreben wollen, indirekt den Wohnungsbau zu fördern. Eine Statistik darüber, ob diese gesetzliche Bestimmung irgend einen wesentlichen Einfluß zu nehmen in der Lage war, ist nicht vorhanden. Ich glaube aber nicht fehlzugehen, wenn ich die Behauptung aufstelle, auch diese Bestimmung sei illusorisch geblieben. Dasselbe gilt von dem Gesetz vom 30. Oktober 1919, wornach das Recht der Beschlagnahme hinfällig wird, wenn sich der Wohnungsinhaber bereit erklärt, in einer befristeten Zeit Ersatzwohnungen zu schaffen, neue zu bauen. Diese Bestimmung ist in sehr vielen Orten in dem Sinne umgangen worden, daß man sich mit einer bestimmten Summe abgefunden hat, daß man den Gemeinden eine bestimmte Summe zur Verfügung stellte, um von dieser Beschlagnahme verschont zu bleiben. In wie vielen Gemeinden durch diese Beträge Wohnungsbauten möglich gemacht worden sind, entzieht sich ebenfalls meinem Wissen. Wenn ich mich recht erinnere, hat man in Gablonz damit den Anfang gemacht.

Auch andere gesetzliche Bestimmungen, so das Gesetz vom 23. Feber 1920, welches die Kontinuität mit dem Wohnungsfürsorgefond aus Österreich herstellen sollte, auch dieses Gesetz hat jene Milderung nicht herbeigeführt, die wünschenswert gewesen wäre. Es nützt der Bevölkerung, es nützt den Gemeinden und es nützt den gemeinnützigen Baugesellschaften nichts, wenn sie bloß die Bürgschaft erhalten können, aber nirgendswo in der Lage sind, Baukapital zu finden. Bei Antritt dieser Regierung war für mehr wie 300 Millionen Bürgschaft geleistet. Ich bin überzeugt, daß für diese 300 Millionen noch nicht ein einziger Spatenstich zum Wohnhausbau gemacht werden konnte, weil niemand in der Lage gewesen ist, sich das entsprechende Baukapital zu verschaffen. Wenn man eine Wohnung mit 100.000 Kronen Baukosten annimmt, so würde man gewiß die Wohnungsfrage mit diesem Gelde nicht gelöst haben, aber man hätte für 3000 Familien Wohnungen schaffen können und man hätte für eine Unzahl von Menschen auch Beschäftigung geschaffen.

Es ist nur möglich, die Wohnungsnot zu lindern, indem direkte Kapitalsbeistellung möglich gemacht wird. Es wird erklärt, wie bei so vielen Anlässen, daß man für diese Zwecke im Staate kein Geld hat. Es ist gewiß sicher, daß jene Beträge, die notwendig sind, um die Wohnungsnot entsprechend lindern zu können, nicht auf einmal im Wege der Steuergesetzgebung hereingebracht werden können. Aber warum unternimmt der Staat, warum unternimmt die Regierung nicht Schritte zu einer großzügigen Kreditoperation für diese Zwecke, die meiner Auffassung nach zumindest soviel Anklang finden würde wie die Staatsanleihe, weil nicht bloß die Bürgschaft des Staates vorhanden ist, auf die ja nicht jedermann zuviel gibt, sondern weil diese Bürgschaftsleistung auch dadurch hätte mitherbeigeführt werden können, indem man hypothekarische Sicherstellung auf den erbauten Häusern vorgenommen hätte.

Es gibt eine Unzahl Gesetze, die ebenfalls zu dem Zweck erlassen worden sind, um die Wohnungsnot zu lindern. Das Steuererleichterungsgesetz, das Gesetz vom 30. März 1919, durch das 250 Millionen Kronen bewilligt worden sind, aus welchem Fond für den Bauvoranschlag bis zu 40 % direkte Subvention gegeben werden konnten. Es gibt ein weiteres Gesetz, welches für eine ganze Reihe von Orten wie Prag, Olmütz, Pilsen, Iglau und Brünn Bauerleichterungen geschaffen hat. Das ist ebenfalls eine allgemeine Förderung und man vermeint, daß es dadurch doch möglich gemacht werden kann, einige Wohnungen in schon bestehenden Häusern zu schaffen. In der großen Not wird man damit sich abfinden müssen und es wäre ein Vorzug, ein Glück, wenn man diese Bauerleichterungen auch auf andere Gebiete ausdehnen würde. Aber dabei kommt nur etwas heraus, was man nur mit der bestehenden Not mit hinnehmen kann. Dadurch bekommen wir natürlich nicht jene Wohnungen, die wir für jedermann und auch für die Arbeiterschaft wünschen, wir bekommen nicht Wohnungen im modernen Sinn, in gesundheitlicher Richtung, weil alle diese Einrichtungen, die man sich für die Wohnungen wünscht, Badegelegenheit, Gelegenheit für Wäsche, Müllabfuhr usw. nicht mitgemacht werden können, weil das dem Gesetz über die Bauerleichterungen schon widersprechen würde.

Es wird mitgeteilt, daß der Staat, daß die Regierung beabsichtigt, durch einenn neuen Entwurf den Wohnungsbau zu fördern. Wenn die Mitteilung der Presse der Wahrheit entspricht, so kann heute schon gesagt werden, daß auch dieser neue Entwurf eine Halbheit bleiben wird. Glauben Sie denn, darauf scheint die Regierung zu rechnen, daß die Aktiengesellschaften ihre stillen Kapitalien, ihre stillen Reserven an die Straße setzen werden, um Wohnhausbauten aufzurichten? Ich glaube nicht daran. Und glauben Sie, daß es möglich sein wird, wie ebenfalls Zeitungsnachrichten melden, nur einen einzigen Arbeiter noch einmal unter das Kriegsdienstleistungsgesetz zu stellen? Wenn schon diese Gruppen, diese einzelnen Gruppen der Arbeiterschaft zu schwach wären, dies zu verhindern, so wird es die gesamte Arbeiterchaft zu verhindern wissen. Es ist nicht notwendig, durch das Kriegsdienstleistungsgesetz und andere analoge Verordnungen die Arbeiter zur Arbeit zu zwingen. Sie wollen ja arbeiten, aber sie wollen durch den Verdienst ihrer geleisteten Arbeit auch die Möglichkeit haben, leben zu können. Wenn Sie aber glauben, daß der Zustand zurückkehren kann, daß man mit der Arbeiterschaft noch durch einige Jahre wie es im Krieg der Fall gewesen ist, umspringen kann wie mit Sklaven, wie mit Heloten, dann werden Sie sich furchtbar täuschen. Das wird sich die Arbeiterschaft dieses Staates, und zwar die Arbeiterschaft keiner Nation gefallen und bieten lassen.

Das Ministerium für soziale Fürsorge hat seinerzeit die Gemeinden und Bezirke beauftragt - ja es bestehen sogar gesetzliche Bestimmungen, wenn die Gemeinden und Bezirke diesem Aufrage nicht nachkommen, könne das durch die politische Bezirksverwaltung angeordnet werden - Notstandsarbeiten zu schaffen. Es hat sehr viele Gemeinden und Bezirke gegeben, die das trotz der finanziellen Not getan haben, in dem guten Glauben, daß man der Regierung dieses Staates glauben darf. Sie sind bös hineingefallen. Das Ministerium für öffentliche Arbeiten hat für diese Notstandsarbeiten Hunderttausende, Millionen vielleicht an Subventionen versprochen. Fragen Sie draußen die Gemeinden, wie weit das Versprechen bisher schon eingelöst worden ist. Der größte Teil dieser Subventionen steht noch aus. Und es kommen ganze Pilgerzüge nach Prag, um diese Subventionen zu urgieren. Sie erhalten neuerliche Versprechungen. Und es ist wohl nicht zuviel gesagt, wenn ich erkläre, wenn jemand einmal richtig gefrozzelt werden will, der soll zu einem Prager Ministerium gehen, er wird auf seine Rechnung kommen. (Veselost na levici.) Wie sollen die Gemeinden diese Arbeiten weiterführen? Ich kenne Gemeinden und Bezirke, die auch jetzt wieder eine solche Notstandsarbeit machen würden trotz der finanziellen Not, wenn sie nur die rückständige Subvention vom Vorjahr bekommen würden. Ob es möglich sein wird, den Gemeinden und Bezirken zu ihrem Rechte zu verhelfen, ist sehr zweifelhaft.

Aber wenn die Regierung tatsächlich an der Arbeitslosenunterstützung sparen will, so muß sie die Subventionen gewähren - und sie will ja sparen, indem sie die Summe um mehr als die Hälfte erniedrigt hat, die sie im Vorjahre eingestellt hatte, womit sie eigentlich das zu begründen vermag, ist mir unbekannt, wahrscheinlich aus dem einfachen Grunde, weil sie vermeint, daß es ihr doch gelingen wird, Handel, Gewerbe und Industrie neu zu beleben. Ich zweifle daran.

Es gibt noch eine ganz andere Menge von Arbeitsmöglichke iten! Ein Posten, dessen Fehlen besonders auffällig ist, ist eine Volks- und Staatsnotwendigkeit. Es ist schon einmal davon gesprochen worden, wie sehr wir von dem Verkehr auf der Elbe abhängig sind. Wenn dort der Wasserstand nicht entsprechend ist, wenn dort die Elbeschiffer irgendeinmal in den Streik getrieben werden, so hängt die ganze Ernährung dieses Staates davon ab. Die Hebung des Schiffsverkehres ist von besonderem volkswirtschaftlichem Interesse und von großer Bedeutung, Nicht bloß der Waggonmangel, sondern auch die größeren Frachtspesen auf der Eisenbahn zwingen zur Förderung dieses Wasserweges. Durch den Friedensvertrag erhält die èechoslovakische Republik von Deutschland 700 Kähne oder soll sie vielmehr erhalten. Dadurch ist wohl der Nachweis erbracht, daß es an Schiffsraum wohl keinen Mangel geben wird, dagegen aber an Hafenanlagen. Wir haben Umschlagsplätze in Melnik, Lobositz, Aussig, Schönpriesen, Rosawitz, Tetschen und Laube. Keiner davon ist so, daß er den wirklichen Verhältnissen entsprechen würde. Außerdem gibt es drei Häfen, die für spezielle Verhältnisse eingerichtet sind, Schönpriesen für Zucker, Rosawitz und Aussig für Kohle. Lobositz und Melnik kommen wegen des geringen Wasserstandes überhaupt nicht in Frage, insbesondere wenn dort die Schleusen geöffnet werden. Der wertvollste Umschlagsplatz ist Laube bei Tetschen. Er ist nicht bloß der Exportplatz für Waren zum Ausführen, sondern auch für den Import, was besonders wichtig ist, da wir jetzt das Getreide und das Mehl dort umgeladen bekommen. Aber es kommen dort auch Rohstoffe für die Industrie, Baumwolle, Erze, Metalle, Salz und s. w. in Betracht, während zum Export Malz, Glas, Obst u. s. w. umgeschlagen werden. Es arbeiten dort 20 Krähne. Es können 160 Waggons dort umgeschlagen werden, 60 und noch viel mehr Kähne liegen in der Regel dort, sodaß sehr oft Stauungen sind und die Waren nicht gelöscht werden können. Davon müssen wieder Liegegelder gezahlt werden, was wiederum volkswirtschaftlich einen Schaden bedeutet. In der Zeit vom 28. Dezember 1919 bis zum 10. Jänner 1920 wurden nicht weniger as 1615 Waggons verschiedener Waren dort umgeschlagen, davon 835 Waggons ausländisches Mehl. Zu dieser Zeit war auch durch einige Tage der Güterandrang so groß, daß ein Ölkahn der Vacuum-Oil-Company tagelang dort liegen mußte und die Gefahr bestand, daß Betriebseinschränkungen für die Metallindustrie und für den Hüttenbetrieb eintreten konnten.

Der Ausbau von Laube und der Hafenbau im angrenzenden Rasseln ist deshalb eine Volksnotwendigkeit. Das besonders Interessante an dieser. Sache ist, daß dieses Projekt gar nicht neu ist. Die Gründe für diesen Hafenbau sind vom alten Österreich schon anerkannt worden. Die staatlichen Wasserbautechniker haben sich für diese Anlage ausgesprochen. Die Statthalterei hat schon am 24. Juni 1914 den wasserrechtlichen Konsens erteilt. Das frühere Ministerium für öffentliche Arbeiten hat am selben Tage angeordnet, daß die Statthalterei mit der Nordwestbahn ein Detailprojekt auszuarbeiten habe. Das ist geschehen. Das generelle Projekt ist ebenfalls fertig und genehmigt. Es ist am 8. Oktober 1917 an Ort und Stelle das Projekt neuerlich erörtert und ebenfalls gutgeheißen worden. Die Statthalterei hat, wie ich schon erwähnte, im Auftrage der Regierung die Einlösung des Grundes schon durchgeführt, es ist auch schon mit der Thunschen Verwaltung wegen Lieferung der Baumaterialien verhandelt worden.

Wir finden nun in diesem Budget wohl eine Summe für Laube, wenn ich mich recht erinnere, von 500.000 K (Výkøik: 50.000!), oder 50.000 Kronen. Wofür Sie das in Laube ausgeben wollen, weiß ich nicht. Dieser Hafenbau ist seinerzeit mit 10 Millionen berechnet worden, der Voranschlag hat rund 10 Millionen Kronen betragen. Daß dieser Hafen jetzt bedeutend mehr kostet, ist selbstverständlich. Aber ich meine, wenn man Geld übrig hat, um einen Posten einzustellen, um damit eine Kaserne in Bodenbach zu bauen, so könnte man, wenn auch der ganze Betrag nicht möglich gemacht wird, zu mindestens einen entsprechenden Betrag als erste Baurate für diesen so notwendigen Hafen einstellen. Das fehlt gänzlich und es kommt auch hier wieder zum Ausdrucke, daß bei der Aufstellung dieses Budgets nicht bloß darauf Bedacht gen ommen worden ist, um der Arbeiterschaft aller Nationen dieses Staates zu zeigen, daß die Èechoslovakische Republik ein Klassenstaat ist, sondern man hat auch, ob mit Absicht oder aus anderen Gründen, durch den ganzen Aufbau des Budgets gezeigt, daß man für die sozialen Notwendigkeiten und für die volkswirtschaftlichen Notwendigkeiten kein Verständnis besitzt.

Dasselbe könnte gesagt werden über das von dem früheren Hause geschaffene Gesetz für die Kriegsbeschädigten, dasselbe könnte gesagt werden über jene Beträge, die für die Jugendfürsorge, den Mutter- und Säuglingsschutz eingestellt werden, für die Arbeitsvermittlung und für die Gewerbeinspektion. Jederman, der draußen im praktischen Leben tätig ist, weiß, daß die Reform und der Ausbau der gewerblichen Inspektion ebenfalls ein Stück Schutz für die arbeitenden Menschen bedeutet. Die Gewerbeinspektion steht auf demselben Standpunkte. Uns fehlen die weiblichen Inspektorinnen, uns fehlen die fachlichen Inspektoren, uns fehlen auch die aus der Arbeiterschaft bestellten Kontrollore. Man wird einwenden, daß der Staat dafür Verständnis gezeigt hat, und zwar deshalb, weil man ja in Prag schon eine Inspektorin hat. Es ist gewiß schön, daß man einen Anfang machte. Es kommt nur darauf an, ob diese Inspektorin schon ein einzigesmal hinausgehen konnte um sich in den Betrieben umzusehen oder ob sie nicht in dem Büro zu arbeiten genötigt ist. Inspektoren oder Inspektorinnen, die nicht über die Türschwelle der Kanzlei oder des Büreaus herauskommen, sind für die Arbeiterschaft vollständig wertlos. Der Herr Minister für Äußeres hat bei der Völkerbundtagung in Genf erklärt, daß im èechoslovakischen Staate besonderes Augenmerk auf die soziale Gesetzgebung gelegt worden ist. Ich weiß nicht, ob Herr Dr. Beneš wirklich von den tatsächlichen Verhältnissen Kenntnis und Ahnung hat, oder ob er das aus anderen Gründen dort den Vertretern der Staaten vorzutragen sich erlaubte. Die Wirklichkeit auf diesem Gebiete sieht jedenfalls wesentlich anders aus.

Unsere Fraktion hat im Budgetausschuß zu allen diesen Dingen Anträge gestellt. Es wird sich zeigen, ob in diesem Hause von der Mehrheit seiner Mitglieder das Verständnis aufgebracht werden wird, für diese Anträge zu stimmen. Die Anträge beinhalten gewiß nicht himmelstürmende Neuerungen. Es ist eine Etappenpolitik, mit der sich wahrscheinlicherweise, selbst wenn alle diese Anträge genehmigt würden, ein großer Teil unserer Arbeiterschaft gar nicht zufrieden geben würde, weil sie noch lange nicht das bringen, was notwendig ist. Wenn aber die Anträge abgelehnt werden, wird es die Arbeiterschaft aus eigener Kraft ohne dieses Haus versuchen müssen - und die Arbeiterschaft dieses Staates, die im alten Österreich schon ganz andere Dinge vollbracht hat, wird sich auch diese Rechte, den Schutz für ihr Leben, den Schutz für ihre Gesundheit zu erobern wissen.

Für uns besteht weder die Möglichkeit noch irgend eine andere Ursache, für das Budget zu stimmen. Solange die Rechte der Arbeiterschaft nicht zur Wirklichkeit geworden sind, solange in diesem Staate nebst der politischen Freiheit, die uns gewährt wurde, nicht auch die wirtschaftliche Freiheit gegeben wird, solange wird unsere Partei zu diesem Staat und zu jeder Regierung in Opposition stehen. Aus diesen Gründen, weil dieser Staat ein ausgesprochener Klassenstaat ist, werden wir auch gegen das Budget stimmen. (Souhlas a potlesk nìm. poslancù.)

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