Meine Herren! Ebenso tief, wie Sie in unser kulturelles Leben eingriffen, griffen Sie auch in unser Wirtschaftsleben ein. Ich erwähne da nur das Kriegsanleihegesetz, welches einer Enteignung des deutschen Besitzes gleichkommt. Ich sage Ihnen, selbst wenn unsere Kriegsanleihebesitzer von dem besten Willen beseelt wären, von den Bedingungen dieses Gesetzes Gebrauch zu machen, so sind sie ganz einfach nicht in der Lage, dieses Gesetz zu benützen, weil sie nicht über die Mittel verfü en, dieses Gesetz tatsächlich in Anwendung zu bringen. Ich behaupte, daß dieses Gesetz die größte Tollheit ist, die jemals auf parlamentarischem Boden an einem Volke verübt wurde, daß dieses Gesetz gleichbedeutend ist mit einem Hinwegsetzen über jede Moral. Ich sage, daß dieses Gesetz sich an diesem Staate furchtbar rächen wird. Sie haben nicht auf uns gehört, es wird aber alles eintreten, was wir in unseren Reden gegen dieses Gesetz als Folge prophezeit haben.
Ich sage nur, daß wie jeder einzelne den Verpflichtungen des kategorischen Imperatives unterliegt, so noch mehr der Staat als Gesamtheit der einzelnen Personen, und wehe dem Staatswesen, das sich hinwegsetzt über den kategorischen Imperativ, wehe dem Staate, der das tut; er zerstört sich die Grundlage seines Ansehens, er zerstört sich die Grundlage seines Prestiges, seines inneren und äußeren Kredites, wie ja das als Folge des Kriegsanleihegesetzes sich schon zeigt.
Meine Herren, dieses Gesetz wurde schon zu einer Zeit, da wir deutschen Vertreter in diesem Hause waren, beschlossen, und daß dies der Fall sein konnte, beweist, daß Sie gewillt sind, in eben derselben Art und Weise gegen unser Volk zu verfahren, wie Sie es taten zur Zeit des Bestandes der alten Revolutionsnationalversammlung. Es beweist, daß auch unsere Anwesenheit nicht im Stande ist, Ihnen in dieser Tätigkeit Abbruch zu tun. Es ist dies eine Folge der unsinnigen Geschäftsordnung, die uns hier zu bloßen Statisten herabwürdigt, die es uns un möglich macht, in fruchtbarer Art und Weise mitzuschaffen, mitzuarbeiten und mitzubauen. Entweder werden Sie uns die Möglichkeit geben mitzuarbeiten oder Sie werden etwas anderes erleben, als sie bisher erlebt haben.
Ich möchte dann noch auf ein Gesetz zu sprechen kommen, das in derselben Weise eine Vergewaltigung des deutschen Volkes darstellt, wie das Kriegsanleiheübernahmegesetz, das ist das Gesetz vom 29. Feber 1920, das Sprachengesetz. Wegen der kurz bemessenen Redezeit ist es mir nicht möglich, ausführlich auf die Behandlung dieses Gesetzets einzugehen, aber ich bezeichne dieses Gesetz als eine unerhörte Demütigung, als eine unerhörte Beleidigung und Provokation unseres Volkes wie der anderen Minderheitsnationen. Es ist weder praktisch, noch durchführbar und es wird auch dieses Gesetz einer Abänderung unterzogen werden müssen.
Der Herr Ministerpräsident sprach in seinem Programm, das er uns da vorführte, auch von dem Versuch einer Arbeit zu Gunsten der Ordnung, einer Arbeit im Sinne des Fortschrittes, im Sinne der Befriedigung insonderheit auch der Wünsche der in sozialer Niederstellung sich befindlichen Menschen dieses Staates. Als Sozialisten sind wir bereit, an der Arbeit zu Gunsten der sich in sozialer Niederstellung befindlichen Menschen in diesem Staate mitzuwirken. Wenn irgendwo soziale Tätigkeit notwendig ist, so ist dies besonders in diesem Staate notwendig und ich komme da ein wenig auf die Stellung unserer Partei zur Frage der Sozialisierung zu sprechen.
Wir sind der Meinung, daß die Sozialisierung kommen soll, daß sie auch kommen wird und daß sie auch kommen muß als Sache der Gerechtigkeit und als Sache des in dieser Gerechtigkeit gelegenen Machtausgleiches. Aber die Sozialisierung darf nach unserer Meinung nicht als brutale Machtfrage behandelt werden, als Frage der Partei oder der Organisation. Die Sozialisierung wird sich als Hauptgegenstand der zu provozierenden ökonomischen Veränderungen, wie ich glaube, mit Naturnotwendigkeit aus der ökonomischen Entwicklung unserer Tage herausbilden, sie wird mit Naturnotwendigkeit aus der ökonomischen Entwicklung unserer Zeit herauswachsen. Wir sind keine Phantasten, wir sehen ein, daß die Wirtschaft heute den höchsten Ertrag von Arbeit leisten muß, um aus dem Chaos der Tage herauszugeraten. Nur die Arbeit wird es möglich machen, daß der kontinuierliche Niedergang der Lebenshaltung der Völker aufgehalten wird. Wir sehen auch wohl ein, daß wir nicht ein leichtsinniges Experiment auf Gelingen und Mißlingen an unserem dermaligen Wirtschaftskörper vornehmen, daß nicht Entwicklungsstufen überspringen werden können. Aber das darf uns nicht Furcht vor allem Neuen einflößen, sondern im Gegenteil, uns bestärken, das Neue zu studieren und in der Tat vorzubereiten. Der ganze Prozeß der Sozialisierung wird sich selbstverständlich nicht von heute auf morgen vollziehen. Ich betrachte das allzurasche Vorgehen auf diesem Gebiete auch nicht einmal als klug, das schrittweise Vorgehen, das systematische Vorgehen wird das Taktischeste in diesem Falle sein. Keinesfalls wird die volle Sozialisierung in diesem Augenblicke zu verwirklichen sein aus technischen, ökonomischen, wi ssenschaftlichen Gründen, und derjenige, der dieser Meinung ist - und es muß jeder, der halbwegs Gefühl für Vernunft hat, zu dieser Erkenntnis gelangt sein - darf auch nicht aus was für Gründen immer diese volle Sozialisierung im Augenblicke verlangen.
Anfügend möchte ich dann noch den Standpunkt unserer Partei zur Frage der Sozialisierung noch etwas näher präzisieren. Wir Nationalsozialisten würden selbstverständlich an eine derartige auch im Exposé des Ministerpräsidenten erwähnte sozialisierende Tätigkeit mit Begeisterung schreiten im national einheitlichen Staate, aber wir fürchten, daß die sozialisierende Tätigkeit in diesem Staate oft und oft den Stachel in sich tragen würde und aus diesem Grunde werden wir sagen, daß diese Tätigkeit, die wahrscheinlich entfaltet wird, nicht den Stachel gegen uns tragen darf. Es ist mir eben das Wort Bodenreform zugeworfen worden, jawohl, schon das Bodenreformgesetz beweist, daß wir als Deutsche ungemein vorsichtig gegenüber der in diesem Staat an den Tag gelegten sozialisierenden Tätigkeit sein müssen. Wir sind selbstverständlich als Sozialisten für eine Neuregelung der Grund- und Bodenverhältnisse. Denn besonders in den deutschen Industriebezirken ist eine derartige Neuregelung nötig, vielleicht viel nötiger als in den anderen Gebieten dieses Landes. Aber gerade dieses Bodenreformgesetz, das da erwähnt wurde, erfüllt uns auch mit Mißtrauen. Ich gebe zu, daß es in seinem Wesen ein sozial gedachtes Gesetz genannt werden kann, aber wir wissen auch, daß es eben gegen uns gehandhabt wird. Und so erkläre ich auch, wie ich auch schon vornhin betont habe, daß wir als Nationalsozialisten uns in der Pflicht und in der Aufgabe gefallen werden, die Bedeutung des Grundes und Bodens für unser Volkstum zu erkennen und daß wir wahrscheinlich mit wachsamem Auge darüber wachen werden, daß der deutsche Heimatsboden, wenn er verteilt wird, auch wieder Deutschen zugute kommt. (Souhlas a potlesk nìm. poslancù.)
Ich will nun übergehen zu dem von dem Herrn Ministerpräsidenten herangezogenen Ernährungsproblem. Der Bericht des Herrn Ministerpräsidenten über die Ernährungssituation interessiert uns Deutsche viel mehr als die anderen Vertreter dieses Hause s; denn wenn in den letzten Monaten und in den letzten Jahren von Hunger die Rede war, wenn in den letzten Jahren Hunger und Elend herrschte, so war dieses Elend und dieser Hunger ja doch nur in den deutschen Bezirken, insbesondere in den deutschen Industrie-, Berg- und Grenzbezirken. Als Vertreter eines der größten Industriebezirke dieses Staates, des Gablonzer Bezirkes, könnte ich hier ein Buch erzählen von dem ungeheueren Elend, das die ganze Kriegsu nd Nachkriegszeit über in meinem Bezirke tobte und würde nicht fertig werden zu berichten über den traurigen Ernährungszustand, der bei uns herrschte und heute noch herrscht. Gehen Sie doch selbst einmal hin in unseren Bezirk; Sie werden aus den Augen und dem Antlitz hunderter und aberhunderter Arbeiter und Bürger und aus den Augen und dem Antlitz hunderter und aber hunderter unglücklicher Frauen und Kinder die Wahrheit dieser meiner aufgestellten Behauptungen erfahren und ersehen können.
Solche Not und solches Elend, wie es in unserem Bezirke herrschte, herrscht im Inneren dieses Staates sicher nicht. Und deshalb haben wir als Deutsche mehr als alle anderen ein Interesse an der klaglosen Gestaltung der Ernährungswirtschaft und wir fordern auch Sie auf, intensiv tätig zu sein auf diesem Gebiete, um für den Staat zu verhüten, was er in der Vergangenheit erleben mußte. Ich verweise da nur auf den Hungerstreik, der in den nordböhmischen Industriebezirken tobte, und der ganz sicher nicht geartet und imstande gewesenen ist, das Prestige dieses Staates zu heben, der weit mehr geeignet war, die Ordnung zu gefährden und diesen Staat zu erschüttern; und es würde das auch in zukünftigen Ernährungsperioden der Fall sein, wenn Sie in dieser Beziehung nicht eine voraussichtige Tätigkeit pflegen wollten. Ich kann es mir nicht ersparen, hier meiner Verwunderung darüber Ausdruck zu geben, daß jetzt am Beginn der Ernährungsperiode in unseren Bezirken schon wieder Schwierigkeiten herrschen. In den letzten Wochen ist in unseren Bezirken Brot zur Ausgabe gelangt von derart schlechter Qualität, daß nach dem Genuß dieses Brotes bei jenen, die es genossen, sich gesundheitsschädliche Folgen einstellten. Das ist jetzt, zu Beginn der Ernährungsperiode, der Fall. Die deutschen Industriebezirke haben ein volles Anrecht auf einwandfreie und klaglose Verpflegung. Wir bewohnen nicht ein so fruchtbares Land wie die Èechen, wie die Bewohner im Inneren dieses Staates. Unsere Erde ist rauh, unsere Gegend unwirtlich und unproduktiv. Aber umso mehr produktiv sind die Menschen, die auf dieser unproduktiven Erde wohnen und auf dieser unproduktiven Erde schaffen. Es sei nur an den Export dieser Bezirke erinnert, an die Exportindustrie, die Jahr für Jahr dem Staate, der Gesellschaft Millionengewinne zuführt. In diesen Bezirken gibt es keine inneren Feinde, wie der Herr Finanzminister Engliš sich auszudrücken beliebte, keine Leute, die wert wären, mit der Hacke erschlagen zu werden. Diese Leute schaffen und arbeiten für die Gesellschaft und verdienen ein anderes Los als dieses Los, das Ihnen der Herr Finanzminister Engliš in unverantwortlichen und frivolen Äußerungen zugedenkt. (Souhlas na levici. - Rùzné výkøiky.) Meine sehr verehrten Damen und Herren! In unserem Industriebezirke sind 92.000 Einwohner. Von diesen 92.000 Einwohnern sind nur 200 Selbstversorger. Wir sind also auf Zuschübe von anderen Bezirken angewiesen, und diese Zuschübe müssen sich in klagloser Weise gestalten, damit diese Bevölkerung, die für den Staat, für die Gesellschaft schafft - dies beweisen die Unsummen von Steuern, die geleistet werden - daß diese Bevölkerung auch in zweckentsprechender Weise in ernährungspolitischer Beziehung zufrieden gestellt wird.
Wenn die Regierung aus finanziellen Schwierigkeiten nicht im Stande ist, die genügenden Einkäufe zu erledigen, so empfehle ich der Regierung das Eingehen auf einen Gedanken, der auf dem vorjährigen Wirtschaftskongresse Ausdruck fand. Bekanntlich propagierte ein deutscher Teilnehmer in der genannten Beratung der Wirtschaftsräte den Gedanken einer wirtschaftlichen Organisation der Arbeiter und Unternehmer der Notstandsbezirke, die unter gegenseitiger Haftung ihrer Arbeits- und Exportfähigkeit eine Anleihe unter staatlicher Genehmigung und Beihilfe aufzunehmen hätten, welche den Bezug von Nahrungsmitteln, Bedarfsartikeln und Rohstoffen für die nächsten zwei bis drei Jahre hätte sicherstellen können und deren Bezahlung und Amortisation in großzügiger Weise aus den Erträgnissen der Exportindustrie und des Arbeitsertrages garantiert worden wäre. Eine solche Anleihe wäre vielleicht auf größeres Verständnis gestoßen, als manche andere Anleihe. (Souhlas nìm. poslancù.)
Ich komme zur Frage der gebundenen Wirtschaft. Aus den Erörterungen über das Ernährungsproblem des Herrn Ministerpräsidenten entnehmen wir auch, daß er in der gegenwärtigen Ernährungsperiode aus praktischen Erwägungen heraus an dem System der gebundenen Wirtschaft festhalten will. Wir wollen einsehen, daß von diesem System nicht augenblicklich Abgang genommen werden kann. Dieses System ist etwas Gewordenes, durch den Krieg Gewordenes und kann im Moment nicht in ein anderes System überführt werden, kann nur sukzessive abgebaut werden. Trotzdem empfehlen wir doch ein Eingehen auf den Gedanken der freien Wirtschaft - ich sage das im Namen meiner Partei - und es ist eine feststehende Tatsache, daß die Kaufleute, trotz der vieljährigen Ausschaltung aus dem legitimen Handel dennoch über größere Beziehungen zum Auslande verfügen, als der Staat sie besitzt und, was vielleicht noch wichtiger ist, daß die Kaufleute unter Umständen im Auslande auch über größeren Kredit verfügen, als ihn der Staat besitzt. Wir müssen leider als Ergebnis der letzten Jahre konstatieren, daß der Staat kaufmännisch zu schwerfällig ist, nicht über jene kommerziellen Geschmeidigkeiten verfügt, die im wirklichen Geschäftsleben auftreten. Und noch etwas ist zu erwähnen; bei der Herbeischaffung der Nahrung für das Volk darf weder politische Sympathie noch politische Antipathie eine Rolle spielen. Heute ist das der Fall, heute ist man vielleicht aus politischen Gründen heraus gezwungen, die Nahrungsmittel irgendwo nicht zu nehmen, wo sie vielleicht am nächsten zu haben wären und auf diese politische Sympathien und Antipathien wird der gewöhnliche Kaufmann, der sich in einer solchen Zwangslage nicht befindet, eben keine Rücksicht zu nehmen haben.
lch komme nun zu den wirtschaftlichen Forderungen der Staatsbeamten. Den wirtschaftlichen Forderungen der Staatsbeamten muß in genügender Weise Rechnung getragen werden. Die Gehalte, die Bezüge der Staatsbeamten müssen eine tatsächliche Anpassung an die ökonomische Gegenwart erfahren. Die bisherigen Gehalte und Bezüge der Staatsbeamten, ihre bisherigen Zulagen, war en in der Tat nicht angepaßt der Wirtschaft der Gegenwart, der Wirtschaft des heutigen Tages. Eine Erhöhung muß kommen. Ich muß hier ausdrücklich betonen, daß wir wünschen, daß in diese Erhöhung vollinhaltlich auch die Lehrerschaft einbezogen wird. Es darf das Gesetz vom 23. Mai 1919, das Paritätsgesetz, das den Lehrern Gleichstellung in ihren Bezügen mit den Bezügen der Staatsbeamten garantiert, nicht durchbrochen werden, und ich weise auch namens meiner Partei die Äußerung des Finanzministers zurück, die dieser in der Sitzung des Staatsangestelltenausschusses vom 27. Oktober getan hat, gleich wie seine Äußerung, in der er sagte, daß es ihm nicht möglich sein werde, den Lehrern jene Erhöhungen an Teuerungszulagen zu teil werden lassen, die den Staatsbeamten zuteil werden. Das, was sich die Lehrerschaft nach langen Jahren, nach mühe vollem Kampfe, errungen hat, die Gleichstellung mit den Staatsbeamten, diese Gleichstellung, die durch das Paritätsgesetz vom 23. Mai 1919 Ausdruck findet, diese Gleichstellung muß auch weiterhin gewahrt werden. Ich empfehle auch weiters eine Gleichstellung der Bezüge der Altpensionisten mit jenen der Neupensionisten, wie auch eine Gleichstellung der Bezüge der Pensionisten mit jenen der Aktiven, weil nur durch diese Gleichstellung auch die Vorrückungsfrage gelöst werden wird. Daß auch der Frage der Regelung der Rechtsverhältnisse der Kindergärtnerinnen wird Rechnung getragen werden müssen, ist von unserem Standpunkte aus selbstverständlich. Für die Kriegsverletzten empfehlen wir die für die Regelung ihrer Rechtsverhältnisse nötigen Beträge dem Militärbudget zu entnehmen. (Souhlas nìm. poslancù.) Es ist unverantwortlich, daß nach so vieljährigem Kriege, nach all' den entsetzlichen Leiden, die durch diesen Krieg über die Menschheit gekommen sind, anstatt die aus diesem Kriege heraus unglücklich Gewordenen zu versorgen, neue Millionen und Milliarden in den unersättlichen Rachen des Moloch Militarismus geworfen worden.
Und nun das Militärprogramm! Die Armee, die Wehrmacht dieses Staates betrachten wir als eine uns feindliche Institution. Das Gesetz, durch welches die Wehrmacht geschaffen wurde und wird, ist für uns ein Oktroi, fällt in den Komplex jener Gesetze, die wir niemals anerkennen werden. Anstatt daß man den Militarismus im Sinne der Zeit abbaut, baut man ihn aus. Dafür haben wir selbstverständlich kein Verständnis.
Wir werden auch ein wachsames Auge über die Verhältnisse unserer Rekruten, unserer eingerückten Jünglinge, haben und verlangen die Einsetzung eines Überwachungsausschusses, dem die Aufgabe übertragen würde, das Schicksal, die Behandlung unserer jungen Leute, die eingerückt sind, so überwachen, wie wir auch verlangen, daß deutsche Mitglieder in den Redaktionsausschuß der projektierten Soldatenzeitung komme.
Ich komme zum Schlusse. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir waren bisher als Deutsche bemüht, Ihnen die Wege zu zeigen, die in diesem Staate gegangen werden müßten, um Ruhe, Ordnung und Frieden zu erneuern. Wir waren bemüht, Ihnen auch in der Gegenwart, auch durch meine Ausführungen, diese Wege zu zeigen. Wir haben bisher mit parlamentarischen, mit legalen- Mitteln gekämpft. Wir werden in der Zukunft andere Methoden gebrauchen und werden sehen, ob diese anderen Methoden mehr ziehen, als die parlamentarischen legalen Mittel. (Souhlas a potlesk nìmeckých poslancù.)
Meine sehr Verehrten, ich möchte hier ein Wort eines Ihrer Konnationalen anführen. Es ist ein Wort, das der gewesene Minister Habrman geschrieben hat, als er im Gefängnisse in Stein an d. Donau saß. Er schrieb: "Freund! Kopf in die Höhe! Sei tapfer, vergiß nicht, daß wir Revolutionäre sind! Wir sind Helden; wir leiden für die große Sache, deren Apostel wir sind. Es kommt die Zeit, da jene, die uns heute richten, von uns gerichtet werden. Und so wie sie mit uns, so werden wir mit ihnen kein Mitleid haben! Mag kommen, was wolle, wir bleiben fest. Sie werden uns nicht bezwingen. Unsere Leiber können Sie fesseln und einkerkern, unseren Geist und unsere Überzeugung nicht! Nicht wir, unsere Richter gehören hinter Kerkermauern und wir auf den Richterstuhl. Trotz und Verachtung gebühren Ihnen. Kopf in die Höhe! Trotz und Stolz in der Seele!"
Wir werden keine schlechteren
Deutschen sein, als Sie, meine Herren, in der Vergangenheit gute
Èechen waren. (Potlesk nìm. poslancù.)
Geehrtes Haus! Als wir im Sommer auseinander gingen, da war an dieser Stelle zwar noch die rotwangige Regierung in Lebensfülle zu sehen, und wir Deutsche ahnten nicht, daß sich eigentlich die politischen Obstipationserscheinungen auch hier schon bemerkbar machten (Nepokoj. - Pøedseda zvoní.) und daß es unmöglich sein werde, diese Regierung, die uns solange regiert hatte, über den Sommer durchzuhalten. Es ist ihr nicht gelungen. Die betreffenden Herren sehe ich in voller Gesundheit ja hier, das Ergebnis ist die Beamtenregierung. Wir haben uns natürlich als Deutsche, die wir in die Intimitäten des èechischen Familienlebens nicht vollkommen eingedrungen sind, darüber den Kopf zerbrochen und haben uns schwere Gedanken darüber gemacht, was wohl der Grund für dieses plötzliche Auslöschen der kombinierten, koalierten Regierung sei. Wir wußten sehr lange schon, daß es notwendig gewesen ist, eine sehr merkwürdige Schaukelpolitik zu üben, und es hat ein Vertreter dieser Regierung uns auch seinerzeit mitgeteilt, daß vielleicht in Zukunft manches dieser Gesetzgebungswerke die Geschichtsforscher und Nationalökonomen beschäftigen werde, wieso ein so merkwürdiges Gebilde zustandegekommen sei. Ich hoffe heute noch von einem solchen Gebilde sprechen zu können. Wir haben gesehen, daß die Politik bei den èechischen Parteien auf Schaukelpolitik aufgebaut ist. Sie müssen einmal den agrarischen Flügel, das zweitemal wieder dem sozialdemokratischen Flügel und deren Tendenzen nachgeben. Aber die geehrte Vorrednerin war so gütig, unsern Blick hier noch etwas zu schärfen. Sie hat uns sehr deutlich erzählt, warum gestern Dr. Kramáø sich mit lobenden Worten einmal über die Agrarier und zweitens auch mit lobenden Worten über die jetzt gebildete Regierung ausgesprochen habe. Wir sehen also heute schon etwas klarer und sind der geehrten Vorrednerin sehr verbunden, daß sie uns auch mitgeteilt hat, daß die Nationaldemokraten auch sehr viele jener Stellen ausfüllen, die uns zwar in diesem Staate schon längst als überflüssig erschienen sind, von denen aber ein großer Teil des Volkes nicht lassen will, das ist der ganze Beamtenapparat. Wir sind der geehrten Vorrednerin sehr dankbar für diese Aufklärungen und möchten wünschen, daß es gelingen möge, in nächster Zeit diesen eisernen Besen, von dem sie gesprochen hat, hier einmal in Tätigkeit zu setzen und ich glaube, alle deutschen Stimmen würden sich dafür ergeben, daß wir die Frau Zemin als die Obmännin dieser Auskehrzentrale einsetzen würden. (Veselost.) Sie soll mit dem eisernen Besen all das hinausfegen, was in diesem Staate wirklich schlecht und korrupt ist. Leider muß ich sagen, daß ich allerdings auf der anderen Seite den Optimismus der geehrten Vorrednerin bewundere. Denn sie hat in anderer Richtung auch davon gesprochen, daß es notwendig ist, das Volk müsse arbeiten. Gewiß - wir wissen das alle - weil das Volk existieren will und sich nicht darauf einlassen will, für die Reichen zu arbeiten. Gewiß, wir betonen es und gerade unsere Partei betont es gewiß auch, daß die Arbeit nicht einer Ware gleichzusetzen ist. Aber sie ist zu optimistisch, wenn sie meint die ganze Welt könnte auf diesen Staat schauen, wenn wir uns einmal hier mit den Sozialisierungsproblemen befassen würden. Ich glaube, die Welt schaut schon auf uns, gewiß, aber zu dem Zwecke, um am nächsten Tag die Valuta wieder um einige Punkte herabzusetzen, weil sie sieht, daß in diesem Staate so viel faul ist. Und es ist das nicht vor allem das Arbeitsproblem, es ist eine Unsumme von Problemen, die an dem Mark des Staates immer und immer mehr zehren.
Nun hat uns auch die geehrte Vorrednerin ungefähr diese Zukunftsregierung wieder aufgestellt. Sie meinte, wenn es nicht gelingen sollte, auf der einen Seite einen sozialistischen Block zu schaffen, würden in Zukunft Juden, Deutsche und Agrarier beisammen sein. Es ist das eine furchtbare Kombination! Und ich glaube, wenn sie zustande käme, wäre sie imstande, den Staat ganz zu ruinieren. Aber ich glaube nicht daran. Derartige Kombinationen, derartige Vereinigungen sind für die Dauer nicht möglich. Es hat sich gezeigt, daß wir heute noch in diesem Staat an ganz anderen Dingen, an wichtigeren Dingen schwer zu kauen haben. (Pøedsednictví ujal se opìt pøedseda Tomášek.) Es ist vielleicht, wenn wir auf die Hauptfragen zurückgehen, mehr oder minder Wiederholungsunterricht, heute Kritik zu üben, aber dieser Wiederholungsunterricht kann nicht schaden, denn man kommt auf die Frage zurück, warum denn eigentlich die Beamtenregierung eine Notwendigkeit in diesem Staate darstellt. Es ist wiederholt betont worden, aber es zeigt sich, daß dieser Wiederholungsunterricht gut ist. Wir müssen es im Gymnasium auch so machen, daß das, was in den unteren Klassen gelehrt wurde, in den oberen Klassen wiederholt wird. Es scheint die Ansicht noch nicht durchgedrungen zu sein, warum wir hier unbedingt zu einer Beamtenregierung kommen mußten. Wir haben es wiederholt gesagt, daß die Èechen in diesem Staate nicht die Majorität besitzen. Sie haben sie nicht, denn sie haben von den 13 Millionen Einwohnern dieses Staates bloß 6.2 Millionen, also keine Mehrheit und sie müssen sich Eines borgen, u. zw. bei der sehr verwandten, aber in den Grundfragen doch auseinander gehenden Nation der Slovaken. Diese verlangen - wie es in den Zeitungen zu lesen stand vielleicht werden es die Herren später bestätigen, ich kann nämlich nicht slovakisch um mich orientieren zu können, ich kann nur èechoslovakisch, aber nicht slovakisch allein . . . (Hluk.), daß in Zukunft hier sich aus der Frage der Autonomie möglicherweise Berührungspunkte mit anderen Teilen dieses Staates ergeben werden, die bis zum heutigen Tag noch nicht bestanden. Wir haben also - als Wiederholungsunterricht - festzustellen, daß es nicht richtig ist, was Minister Beneš mit seinem eigenen Namen unterschrieben hat, daß es sich hier um einen Nationalstaat handle, es ist vielmehr ein Nationalitätenstaat, in welchem die Èechen nicht die Majorität haben. Das sei als Wiederholungsunterricht wieder einmal von der Öffentlichkeit festgestellt.
Wir müssen aber hier auch feststellen, daß die Verfassungsurkunde mit dem Begriff, welcher in der Einleitung zu der Verfassungsurkunde enthalten ist, nicht übereinstimmt. Es ist ein schönes Wort, dort zu lesen, daß wir Freiheit, Demokratie und Selbstbestimmung in diesem Staate haben. Und wenn wir unsere Verfassung Schritt für Schritt anschauen, ist das Gegenteil von Freiheit das Gegenteil von Demokratie, das Gegenteil von Selbstbestimmung zu treffen. Wie kann also ein verantwortungsvoller Mensch eine solche Urkunde unterschreiben?! Die geehrte Vorrednerin nannte das die "Krankheit der Demokratie". Ich möchte diesen Ausdruck richtigstellen und nenne es "Lügen der Demokratie". Es ist eine demokratische Lüge, es ist eine Verhöhnung des demokratischen Gedankens, was hier geübt wird, und wir Deutsche sind leider dazu genötigt, in einer Versammlung, die eigentlich für die Zeitungen spricht und auf der Gegenseite, bei den geehrten Regierungsmitgliedern, keine Zuhörer hat, unsere Argumente über diese Fragen vorzutragen. Sie sollten diese Kritik sich aber anhören, Sie sollten sie zumindest in den stenographischen Protokollen des Hauses nachlesen, dann werden Sie finden - und ich habe das soeben festgestellt - daß auch die geehrte Vorrednerin etwas ähnliches behauptet hat, daß sich Berührungspunkte ergeben werden und daß sie selbst der Meinung sind, daß der demokratische Gedanke in diesem Staate nicht durchgeführt ist.
Es würde zu weit führen, wenn ich hier vielleicht zuerst die Historie anführen ollte und mich mit dem Memoire III. beschäftigen wollte. Ich möchte hier nur eines feststellen: Es heißt in diesem Memoire - wer es geschrieben hat weiß, ich nicht, wir hoffen, in der nächsten Zeit Aufschluß darüber zu erhalten "Die Deutschen sind kein geeignetes, organisiertes, in der Richtung auf ein bestimmtes Ziel geleitetes Element"; es heißt weiter: "Keine auf realen Grundlagen beruhende Volksbewegung besitzen die Deutschen, die berechtigt wäre, das Rechtsprinzip anzurufen, ihr Schicksal selbst zu bestimmen." Ich muß offen gestehen, daß ich dem Herrn Minister Beneš das Recht nicht zuspreche, in der Art und Weise über ein anderes Volk zu urteilen. Er hat seinen Namen darunter geschrieben, ob er nun wußte, was in dem Dokument steht, oder ob er es nicht wußte. Er darf so etwas nicht unterschreiben mit seinem Namen, denn er hat keine Berechtigung, darüber zu sprechen, ob wir selbst unser Schicksal bestimmen können, ob wir berechtigt dazu sind, das Rechtsprinzip anzurufen. Aber woher nehmen denn Sie das Recht, das zu verlangen? Ist die Beamtenregierung nicht der gerade Gegenbeweis dafür? Wo sind Sie im Stande heute, sich Ihre Rechte zu bestimmen, wo sind Sie im Stande, heute eine Regierung zu schaffen? Sie stehen vor dem verneuerten Österreich wieder da, das alte Österreich in neuer Form. Man kommt auf die alte Formel: "In der Not greife ich zu den erprobten Beamten und lasse sie ruhig weiterregieren, bis sich wiederum etwas Neues gefunden hat". Ist das demokratisch? Kann derjenige, der dem Anderen ein Recht abspricht, sich selbst eine Regierung zu schaffen, kann er ein solches Wort noch weiter aufrecht erhalten, wenn er in seinem eigenen Volke nicht im Stande ist, eine solche Regierung zu schaffen, wenn er selbst derartige Erscheinungen bei der Demokratie in der kürzesten Frist in diesem Lande ausbrechen sieht? Die ziffermäßige Historie würde uns gewiß hier zu weit führen, es ist gewiß nicht richtig - auch wieder nur Wiederholungsunterricht - daß in den deutschen Gebieten 30 bis 35 Prozent èechische Minoritäten sind. Schauen Sie sich die Ziffern der Wahlen an, bei den Gemeindewahlen an, schauen Sie sich die Ziffern an, wie sie für die Nationalitätenversammlung durch die Wahlstatistik geschaffen worden sind, so werden Sie sehen, daß dies ein leeres Spiel mit Ziffern ist. Das muß hier noch einmal hervorgehoben werden und auch die Volkszählung wir die nötigen Beweise erbringen. Wir können nun selbstverständlich den demokratischen Schein, mit dem diese Republik bisher umgeben wurde, auch weiter zestören, indem wir die Gesetze aufführen, die von der letzten Regierung beantragt und vom Parlament oder von dem früheren Revolutionskonvent beschlossen worden sind. Ich möchte hier selbst gar keine Kritik darüber üben, ich beziehe mich nur auf ein Wort, das hier gestern von einem Vertreter einer durchaus nicht chauvinistischen deutschen Richtung angeführt worden ist. Er nannte es "Taumel des Siegerwahnsinns". Führen Sie sich dieses Wort ins Gewissen und gerade die èechische Bevölkerung und die große allgemeine Menge möge es sich immer deutlicher machen, daß in der deutschen Bevölkerung heute die allgemeine Meinung besteht, daß diese Gesetze nur geschaffen werden konnten im Taumel des Siegerwahnsinnes. Die Periode der Beamtenregierung wird vielleicht Zeit dazu lassen, daß ein Teil der èechischen Bevölkerung aus diesem Wahnsinne, der zweifellos keine Methode mehr hat, aufwachen. Wir hoffen es.