Sobota 19. èervna 1920

Wenn man derartige Maßnahmen vorsieht, die das gesamte geschäftliche Leben außerordentlich stark berühren, so wäre auch hier eine gewisse Gründlichkeit am Platze gewesen. Man soll nicht von heute auf morgen derartige Maßnahmen erlassen. Man soll nicht immer wieder aus der alten Zeit gerade das herüber nehmen, was dort schlecht war, die Schlamperei. Man hätte vor allem auch hier die neue Zeit mit etwas mehr Gründlichkeit vorbereiten müssen. Die Form der Abstempelung, die damit verbundenen Schikanen waren für unser ganzes geschäftliches Leben so störend und drosselnd, daß mancher die Stunde verflucht haben wird, wo Rašín auf diese Idee gekommen ist. (Výkøik: Auch unter den Èechen!) Die hat es mit derselben Härte getroffen. Nur hatte man gewöhnlich, wenn es sich darum handelte, die Leute zu quälen, im èechischen Gebiete von Seite der Regierung nicht den Mut, gegen die demonstrierende Bevölkerung aufzutreten, wie man es sich mit verhältnismäßig leichteren Mitteln im deutschen Gebiet immer von Fall zu Fall geleistet hat. Als man sich zum Beispiel in Pilsen geweigert hat, angeblich falsch gestempelte Noten anzunehmen, da hat sich die dortige Arbeiterschaft einfach zusammengerottet, hat diktiert und die Regierung hat nachgegeben. Im deutschen Grenzgebiet war man etwas energischer, weil man dort die Bajonette wie die Grenzbäume in dichten Mengen aufgepflanzt hat. (Posl. dr. Radda: Die haben selber am meisten geschmuggelt mit falsch gestempeltem Geld.) Es sind mir auch solche Fälle bekannt. Das ist eine bekannte Tatsache. Auf der Znaimer Strecke ist von Seiten der Grenzsoldaten mit Stempelmarken gehandelt worden. Sie notierten dort ihren Kurs je nach der Nachfrage und dem Angebot. Es ist aber bei der Gelegenheit noch etwas als eine ganz besondere Härte empfunden worden und hat alte Beziehungen untergraben und erschwert. Ich spreche vor allem als Vertreter von Grenzbezirken, die alte Handelsbeziehungen aufgeben mußten und die von Seiten der Regierung Quälereien ausgesetzt wurden, die sie ganz und gar nicht verantworten kann. Es wäre hoch an der Zeit, daß man endlich einmal daran geht, in dieser Richtung Wandel zu schaffen, daß man endlich einmal es uns wieder ermöglicht, an der Grenze mit den Nachbarbezirken in Handelsbeziehungen, in Verkehr zu treten und daß man uns nicht so abschnürt und abdrosselt, wie es gegenwärtig der Fall ist. Große Grenzschutzzölle und Grenzschutzmaßnahmen mögen unter den alten Verhältnissen einen Zweck gehabt h aben, wenn große Wirtschaftsgebiete bestimmte Zwecke damit verfolgt haben. Wenn aber die heute entstandenen kleinen Balkanstaaten auch eine derartige Politik verfolgen werden, dann kommen wir zu Zuständen, wie wir sie in der letzten Zeit leider mit großer Trauer feststellen konnten. Es sind Verhältnisse geschaffen, die uns - mit einem Worte - balkanisiert haben, die statt eines bedeutenden Fortschrittes einen Rückschritt, wie wir ihn uns vor Jahren hätten, nie und nimmer träumen lassen.

Lloyd George soll angeblich dem èechischen Staat die Sittennote "Eins" ausgestellt haben, mit Rufzeichen. Ob das englische Volk in seiner Gesamtheit über uns auch so denkt, lasse ich dahingestellt. Bei den geographischen Kenntnissen der Engländer bin ich überzeugt, daß eine diesbezügliche Prüfungsfrage den Beweis erbringen würde, daß ein hoher Prozentsatz nicht weiß, wo die Èechoslovakei liegt. Ein Hauptfehler bei der gesamten Finanzkunst, die sowohl Rašín entwickelt hat und die sich auch die heutige Regierung mit dieser Vorlage zu eigen macht, ist die ungerechte Behandlung, die dabei der Bevölkerung zuteil wird. Man hat bei der Banknotenabstempelung eine Art Besteuerung hauptsächlich der deutschen Bevölkerung auferlegen wollen. Man hat die Hälfte der Banknoten aus dem Verkehr gezogen, wahllos, ohne zu fragen, ob der Betreffende, dem hier zur Ader gelassen wurde, auch die Fähigkeit habe, diese Lasten zu tragen. Man hat in dieser Richtung mit der Finanzkunst geradezu Lotterie gespielt. Dem einen ist es geglückt, der andere hat das Nachsehen. Leute, die Millionenwerte ihr Eigen nennen, führen oft eine kleine Kasse und sind mit verhältnismäßig geringen Mitteln davongekommen. Andere, die infolge ihres Geschäftes mit größeren Werten zu Hause in der Handkasse rechnen mußten, denen wurde zur Ader gelassen und die natürliche Folge ist, daß ihre eigenen Betriebe außerordentlich gelitten haben, daß sie gestört sind und daß in ihrer Wirkung diese ganze Unterbindung jedes geschäftlichen Verkehres in ihren weiteren Folgen auch auf den Staat und das ganze Wirtschaftsleben, kurzum auf das ganze pulsierende Handelsleben zurückgreifen mußte. Die Èechen haben sich nach dem Umsturz mit einer wahrhaft kindischen Freude des Erfolges gefreut, der ihnen beschieden war. (Posl. Hackenberg: Das war ein großer Rausch und jetzt kommt der Katzenjammer!) Jetzt noch nicht, denn das Sokolfest beweist, daß sie jetzt noch nicht ganz in die Katerstimmung hineingelangt sind. Aber was nicht ist, das kann werden und ich bin überzeugt, daß vielleicht nach dem Sokolfest die Katzenjammerstimmung doch nicht ausbleiben wird.

Die Èechen haben damals, als die Gründung ihres Staates erfolgen konnte, sich über den Erfolg außerordentlich gefreut. Ich wundere mich nicht darüber. Es war ein Erfolg, den sie, nicht erwartet haben, an den sie vor kurzem nicht im Entferntesten gedacht haben, und der Ihnen reiche Früchte in den Schoß warf, an die sie überhaupt nicht dachten. Sie haben das eine vergessen, daß bei der Übernahme eines Geschäftes, das schließlich und endlich doch nur aus einer Konkursmasse heraus entstanden ist, neben den Aktiven auch Passiva zu übernehmen sind, daß sie sich auch die Lasten mit aneignen und daß sie auch für diese Lasten werden aufkommen müssen. Von einem Aufkommen für die Lasten wollten sie natürlich nichts wissen, das war ihnen etwas lästig und Herr Rašín hat bekanntlich mit einer leichten Geste sich über einen großen Teil dieser Verpflichtungen hinwegzuhelfen verstanden.

Er glaubte allerdings, daß er mit der Kriegsanleihe überhaupt nur Deutsche treffen kann, und war sehr überrascht, als aus den eigenen Reihen immer mehr und mehr Gläubiger auftauchten (Sehr richtig!), als er feststellen mußte, daß auch dort im eigenen Volke Gläubiger waren und daß auch dort so manches böse Wort aufgeklungen ist, das ihm klar machen mußte, daß es nicht so einfach damit ist, über die Kriegsanleihen zur Tagesordnung übergehen, wie er es sich gedacht hatte. Er hatte auch einsehen müssen, daß diese Frage sehr einschneidend unser ganzes Wirtschaftsleben hemmt, daß der Kredit der Banken und Kassen ins Wanken geriet, daß der einzelne Geschäftsmann, der Kriegs anleihe gekauft hatte, aber dann wieder den Lombard in Anspruch nahm, nunmehr in Gefahr geriet, diesen Kredit nicht weiter ausnützen zu können. Er hat einsehen lernen müssen, daß er mit dieser Entwertung des Kriegsanleihepapieres das ganze pulsierende Leben tatsächlich unterbindet. Und es war vielleicht für ihn ein Glück, daß er nicht von diesem Posten aus die ganze Wirkung seiner Tat hat miterleben müssen, sondern daß er rechtzeitig hat verschwinden können. Ich beneide auch heute nicht seine Nachfolger, daß sie nunmehr das wieder gut machen sollen, was Rašín in seiner Übereiltheit und in seiner nicht zu unterschätzenden Gehässigkeit uns auferlegt hat.

Sie wissen, daß man uns in der ersten Zeit, wenn wir mit allem Nachdruck darauf hingewiesen haben, daß wir nunmehr als Staatsbürger in diesem Staate Gleichberechtigung verlangten, immer das geflügelte Wort von dem "Besiegten" an den Kopf geworfen hat. Es ist über dieses Kapitel auch von diesem Platz aus schon gesprochen worden. Es könnte sich mir eigentlich erübrigen, dies noch einmal aufzuwärmen. Aber ich möchte doch wünschen, daß die Herren bei der Beurteilung dieser Frage einigermaßen konsequent bleiben. In dem Augenblicke, wo der Zusammenbruch erfolgte, waren wir unter einem Dach. Damals waren wir jedenfalls beide die Besiegten. Wenn wir heute unter einem Dach uns als Sieger fühlen, dann kann man uns eigentlich von diesem Begriffe auch nicht gut ausschließen und man muß uns wenigstens genau so in die Reihen der Sieger einreihen, wie die Herren das so ganz plötzlich mit sich selbst getan haben. Allerdings hat die Sache einen Haken. Der Sieg setzt Kampf voraus, setzt Krieg voraus, verlangt kurzum vorher Taten. Diese Taten haben gefehlt und wir müssen Siegern, die nie gesiegt haben, die Berechtigung absprechen, sich Sieger zu nennen. (Sehr richtig!) Was haben Sie höchstens gekonnt? Mit falschen Karten haben sie gespielt und in diesem falschen Kartenspiel haben sie gewonnen. Das ist Ihr Vorteil, den Sie uns gegenüber herauskehren. Es ist ein Glück - ich will's nicht als Glück bezeichnen, wenigstens nicht für uns für die Gegenseite, daß seit Rašín die Stimmung denn doch schon etwas umgeschlagen hat. Wenn man so die kalten Wassergläser bemerkte, die von Tag zu Tag immer reichhaltiger in diesen hitzigen èechischen Wein hineingegossen werden mußten, so kann man eigentlich wieder einmal zur Bewunderung greifen und sich freuen über die Anpassungsfähigkeit? Von dem Hochzuroßsitzen ist schon viel abgegeben worden.

Die Herren sind kleiner geworden, nicht nur Herr Dr. Kramáø, auch die anderen haben etwas nachgelassen und mit diesem Kleinerwerden ist für uns der Zeitpunkt gekommen, wo auch wir wieder einmal uns den Rücken steifen und wo wir den Herren sagen konnten, daß wir auch noch da sind und daß wir in Anspruch nehmen, mindestens gehört zu werden, wenn man in Hinkunft daran gehen und daran denken sollte, wieder mit alt gelernter Fixigkeit neue Gesetze zu machen.

Die Frage der Kriegsanleihe ist eigentlich bis zu einem gewissen Grade für diesen Staat grundlegend geworden. Der Frage der Kriegsanleihe verdanken auch wir Deutsche außerordentlich viel und wir wissen auch, daß der Grund für die Einbringung dieser Vorlage keineswegs der Liebe zu uns entsprungen ist, das hatte tiefere Gründe. (Posl. Hackenberg: Friedrich mit der leeren Tasche!) Wenn der Friedl sich helfen und Schulden machen kann, so ist er noch gut heraus, aber unserem Friedl - oder, ich glaube, er heißt Bedøich - ist das nicht gelungen, und darum mußte er zu größeren Mitteln greifen, und da hat er sich endlich dazu entschließen müssen, das Kriegsanleiheproblem - ein solches ist es geworden denn doch anders zu behandeln, als es seinerzeit Rašín tat. Ich kann Sie versichern, daß wir der Kriegsanleihefrage - es ist nicht zuviel gesagt - überhaupt die Wahlen verdanken, daß die Kriegsanleihefrage mit die Ursache war, daß man überhaupt daran gedacht hat, die Nationalitätenversammlung einzuberufen. Diese Kriegsanleihefrage war die Ursache, daß die Regierung im Innern mit ihren Prämienanleihen eine Niederlage nach der anderen erlitten hat. Die nicht eingelöste Kriegsanleihe hat die Deutschen verhindert, an der Prämienanleihe mitzuwirken, und in dieser Richtung sind die Èechen auch heute noch unsere sehr gelehrigen Schüler. Die Kriegsanleihefrage war dann im Weiteren durch diese nicht gezeichnete Prämienanleihe auch die Ursache, daß der Vetter aus Amerika, der reiche Onkel, und sein reichen Quellen versagt haben und daß man auch dort sich nicht entschließen konnte, mit ausländischen Darlehen dem neuen Staat unter die Arme zu greifen, und so mußte man sich endlich hier entschließen, zur Wahl der Volksvertretung zu schreiten und den Deutschen endlich wieder Gelegenheit zu geben, daß sie in diesem Lande Gehör bekommen.

Die Kriegsanleihe in ihrer ganzen Wichtigkeit hat natürlich nun in èechischen Kreisen auch viel Aufregung verursacht und man hat den Rückzug, der angetreten werden mußte, mit allen erdenklichen Mitteln zu verschleiern versucht. Man schritt von Versuch zu Versuch, man hat sich gedreht und gewunden. Man kam schließlich doch mit einer Frucht vor dieses Haus, die aber nach meiner Ansicht sehr unreif abgepflückt worden ist, und die in ihrer Wirkung jedenfalls wieder nicht das bringen wird, was sich die Herren Gewalthaber hievon versprechen. Die Frage der Kriegsanleihe hat bekanntlich auch schon eine reiche Schar von Finanzministern gefordert, und es ist nicht ausgeschlossen, daß in der Richtung noch manches Opfer wird daran glauben müssen; denn die Lösung, die man uns heute vorschreibt, und de man uns bis zu einem gewissen Grade unter allen möglichen Drohungen aufzwingt, ist jedenfalls nicht die, die uns so befriedigen würde, daß wir in Hinkunft dem Staat das zu geben in der Lage wären, was er von uns braucht. Die erste Vorlage, die man uns gezeigt hat, war im Erfolge scblechter, aber ich möchte sagen, sie war menschlicher gehalten. Das, was man uns jetzt bringt, ist das Umgekehrte. Jetzt wird gedroht, geschreckt, die Knute geschwungen "Entweder oder, Vogel friß oder stirb!" So wird man die Liebe der Bevölkerung wahrlich nicht gewinnen, und ich glaube, das Kriegsanleiheproblem wäre ein Anlaß gewesen, bei dem man eine Art Frieden in diesem Hause hätte vorbereiten oder anbahnen können. Es war hier eine wirtschaftliche Frage auf der Tagesordnung, die beide Teile trifft, sehr hart trifft, - die Herren werden dessen erst gewahr werden, wenn sie das Gesetz zur Durchführung bringen wollen - und dieser wirtschaftliche Boden hätte vielleicht auch eine Annäherung auf politischem und nationalem Gebiet zeitigen können. Die Herren scheinen aber nicht das Geschick, vielleicht auch nicht den guten Willen zu haben, in dieser Richtung einen Schritt nach vorwärts zu tun. Es war ein Fehler, daß Rašín vom ersten Tage an die Kriegsanleihe nicht als ein wirtschaftliches Problem empfunden hat, daß er sie nationalisiert und politisiert hat. An diesem Fehler wird dieser Staat noch lange kranken, und vielleicht wird seine Finanzwirtschaft überhaupt nie mehr zu einer Gesundung zu bringen sein. Wir haben bei der Frage der Behandlung der Kriegsanleihe uns vor Augen halten müssen, daß mit dieser Behandlung jedes Vertrauen zu jeder Art von Staatspapieren in Hinkunft untergraben werden muß.

Wer die wohlerworbenen Rechte anderer nicht achtet, kann nicht verlangen, daß man das achtet, was er uns als Recht vorsetzt. Und daran werden die heutigen Staatslenker noch lange zu beißen haben, daß die Autorität im Lande bei den eigenen Staatsbürgern durch solche Vorgänge von Tag zu Tag mehr untergraben wird; daß wir dadurch der ständigen Unordnung als etwas Normalem immer mehr entgegentreiben, das hat man hier in den letzten Tagen aus mancher Rede herausklingen hören und wenn die Herren Ohren hätten, würden sie nicht achtlos daran vorübergehen oder sie würden nicht ständig durch ihre Abwesenheit glänzen. Es wäre sehr gut für sie, wenn sie ab und zu sich auch der Mühe unterziehen würden, das Urteil derer zu hören, die draußen stehen und die durch unseren Mund zur Regierung sprechen.

Wenn das Ansehen, die Achtung des Staates bei der eigenen Bevölkerung ganz und gar untergraben wird, wenn wir hören, daß Regierungsverordnungen einfach nicht befolgt werden, daß die Regierung auch nimmer die Macht hat sich durchzusetzen, wenn man den eigenen Gesetzen, weil sie schlecht sind, Regierungsverordnungen entgegensetzen muß, die sie wieder aufheben, dann ist der Zeitpunkt gekommen, wo man dem Abgrund entgegengeht.

Dann ist aber auch der Zeitpunkt da, wo man sich nach etwas anderem umschauen müßte und sich Hilfe suchend umwendet um andere Freunde. Da müßte derjenige wieder eingreifen, dem schließlich und endlich der Staat in seiner heutigen Form das Entstehen verdankt: die Herren Sieger, die Herren von der Entente. Und wie weit es dort noch mit dem Einfluß aussieht, das hat man aus der Erklärung des Herrn Min. Dr. Beneš vor zwei Tagen herausklingen hören. Ich glaube, gefragt sind die Herren um ihre Meinung verflucht wenig worden; sie kriegen einfach vorgeschrieben, was in Hinkunft in Ostschlesien zu geschehen hat und sie werden schlucken müssen, ohne auch nur mit einem Wort dagegen aufmucken zu können. Wir haben die Frage der Verquickung der Kriegsanleihe mit der Prämienanleihe verurteilt, wir finden sie aber vom Standpunkt der Regierung und des Finanzministers begreiflich. Wir müssen uns aber dagegen verwahren, daß man alles bei dieser Frage über einen Leisten schlagen will, daß man hier nicht Rücksicht nimmt auf die Leistungsfähigkeit derjenigen, die heute noch im Besitz von Kriegsanleihe sind; in dieser Richtung kann unserer Regierung eine Oberflächlichkeit sondergleichen nicht abgesprochen werden. Es sind von deutscher Seite Bemühungen unternommen worden, in dieser Richtung noch einige Verbesserungen zu schaffen. Ich bin neugierig, ob auf der Gegenseite soviel Einsicht vorhanden sein wird, um in der Richtung im letzten Augenblick doch noch etwas auszufeilen. Eine Last wird dieses Gesetz, wenn es angenommen wird, für die gesamte Bevölkerung und für den Staat als solchen aufjeden Fall werden. Es ist ganz eigentümlich, daß man sich so sehr dagegen sträubt, diese Kriegsanleihe bei der Vermögensabgabe mit als ein Zahlungsmittel anzunehmen. Es ist doch eine alte Forderung von uns allen, das wenn die Vermögensabgabe kommt, sie Verwendung finden soll für alte Verpflichtungen. Und es wäre nur logisch und folgerichtig, wenn man diese Titres dazu verwenden würde, um diese alte Schuld abzustoßen. Das wäre der einfachste Weg; es brauchte nicht durch soviel andere Hände zu gehen, die, wie wir wissen, in diesem Staate alles meistens wieder verteuern. Man kann sich nicht dazu entschließen und man begeht damit hauptsächlich deshalb ein Unrecht, weil man schon wieder daran denkt, nicht die alte Schuld abzustoßen, sondern die Mittel, die aus der Kriegsanleihe, beziehungsweise aus der Prämienanleihe und der Vermögensabgabe herauswachsen, wieder zu neuen Auslagen zu verwenden, die eine neue Last bedeuten und uns über kurz oder lang in ähnliche Schwierigkeiten bringen, wie sie die Regierung als ständige Erscheinung seit ihrem Bestehen zu gewärtigen hat. Es wäre die Frage zu erwägen, ob man grundsätzlich die derzeitige Prämienanleihe und das Gesetz für die Einlösung der Kriegsanleihen nicht genau so behandeln sollte, wie wir bisher die Prämienanleihen behandelt haben.

Wir haben sie wirklich geschnitten, wir haben sie nicht beachtet, hauptsächlich aus dem Grunde, weil wir erklärt haben: So lange Sie die alten Verpflichtungen nicht einzulösen gesonnen sind, solange haben wir keinen Grund, Ihnen mit Prämienanleihen aus den staatsfinanziellen Schwierigkeiten herauszuhelfen. Die Regierung hat auf diesen Ruf gehört. Sie ist daran gegangen, uns ein Gesetz zu unterbreiten und da uns dieses Gesetz nicht befriedigt, wäre die gleiche Behandlung wie die der alten Prämienanleihen die richtige Antwort. Man soll nicht sagen, daß das nicht zu machen wäre. Wenn heute das deutsche Volk in diesem Staate dies will, dann ist es zu machen. Und die ersten, die uns auf diesem Wege folgen würden, wären - davon bin ich überzeugt - wieder unsere èechischen Landsleute. Denn in der Richtung überlassen sie uns doch die Führung. Wenn Sie heute das Gesetz beschließen, so bin ich überzeugt, daß trotzdem das Gespenst der Kriegsanleihe, das seit Bestand dieses Staates hinter jedem Finanzminister gestanden hat, auch in Hinkunft nicht verschwinden wird. Mit dieser Kriegsanleihe- Einlösung werden neuerlich soviele Härten geschaffen, daß sie sich immer und immer wieder zeigen werden und ich bin überzeugt, daß man wieder, durch die Not gezwungen, zu Regierungsverordnungen wird greifen müssen, zu dem nun einmal in dieser Republik schon üblichen Wege, um die Härten des Gesetzes wieder abzuschwächen. Es ist eigentlich nicht meine Sache, das zu sagen, aber ich glaube, die Frage geht heute nicht mehr um die Demission eines oder des anderen Finanzministers, sondern unser ganzes finanzielles Staatswesen wird an dieser Frage sich entweder erholen oder zugrunde gehen. Und Sie sollten sich vor Augen halten, ob Sie an dem Bestande des Staates nicht soweit interessiert sind, daß Sie derartige finanzielle Fragen denn doch nicht so leichtfertig und oberflächlich lösen wie dies durch die ses Gesetz geschieht. Ein Erfolg wird für die Finanzverwaltung daraus erwachsen: sie wird den Kredit für die Banknoten presse bekommen. Das ist aber alles. Das heißt, es wird gedruckt werden, flott ge druckt werden deshalb, weil eine scheinbare Deckung durch die Lombardierung da ist. Daß aber nach den Erfahrungen des Welt krieges der Weltmarkt auf solche Dinge nicht mehr hereinfällt, diese Erfahrung sollten Sie sich aus dem benachbarten Deutsch-Österreich angeeignet haben. Sie werden mehr Banknoten drucken, aber die Entwertung des Geldes wird totsicher so zunehmen, daß Sie alle darüber erschrecken werden. Kein Wunder, wenn dann das Aus land in ein einmal faules Geschäft nichts hineinsteckt. Denn die Freundschaft hört dort auf, wo es sich um den Geldsack han delt, und wenn die anderen nicht sehen, daß aus dem Geschäfte etwas herausspringt, so werden sie sich eben nicht zur Verfügung stellen. Was Sie heute hier be schließen, wird sich rächen. Sie hätten mit diesem Gesetze viel Segen bringen können im Lande, Sie hätten manche Träne trocknen können. Sie hätten - was ich vorhin schon betont habe - hier auf eigenem wirtschaftlichen Boden eine An näherung finden können zwischen den beiden großen Nationen in diesem Staate. Sie haben diesen Augenblick versäumt. Es mag sein, daß die Schöpfung das, was sie tut, mit einer gewissen Berechnung und Weisheit tut. Wenn sie Sie auch mit Blindheit geschlagen hat, soll es uns recht sein. (Souhlas a potlesk na levici.)

6. Øeè posl. dra Schollicha (viz str. 515. protokolu).

Meine Damen und Herren! Wir stehen in einer Schicksalsstunde der Kriegsanleihe, auf die die breite Öffentlichkeit schon seit langem mit Sehnsucht wartet, eine Gelegenheit, die ihr endlich die restlose Erfüllung dessen bringen sollte, was in bangen Stunden seit eineinh alb Jahren wie ein Damoklesschwert über all den Kriegsanleihebesitzern schwebt: die Anerkennung ihrer Forderungen, die Anerkennung dessen, daß das Geld, das seinerzeit für die Kriegsanleihe aufgewendet wurde, nicht restlos verloren sei.

Wir haben ein Gesetz hier vor uns, das nach jeder Richtung hin als vollständig verfehlt und mangelhaft bezeichnet werden muß. Schon die Verquickung der Kriegs anleihe, die Art der Einlösung, daß man gezwungen wird, die neue Staatsanleihe zu zeichnen, schon diese Art des Vor ganges ist eine vollständig unmoralische; denn damit sagt die Regierung: Und gehst du nicht willig, so brauch' ich Gewalt. Dieser Vorgang widerspricht auch voll ständig jedem Rechtsbegriff, er widerspricht dem öffentlichen Interesse und in erster Linie natürlich auch dem Interesse der Kriegsanleihebesitzer. Findet die Regierung, daß sie verpflichtet ist, die Kriegsanleihe einzulösen, dann hätte sie das restlos tun müssen, ohne irgend welche Bedingungen daran zu knüpfen. Findet sie, daß sie nicht verpflichtet ist, das zu tun, dann hätte sie es offen und ehrlich heraussagen müssen. So aber verschleiert sie die ganze Angelegenheit. Es wurde uns von vielen Seiten hier sogar betont, daß wir ein Geschenk bekommen, daß wir voll und ganz zufrieden sein können; dies wurde lediglich behauptet, um der Öffentlichkeit Sand in die Augen zu streuen. Wir aber wissen, daß wir von diesem Gesetze nichts zu halten haben, daß es ein krasser Diebstahl ist, der an uns, in erster Linie an uns Deutschen hier verbrochen wird. Wir sollen bestraft werden von den Siegern. Denn das wird uns ja bei jeder Gelegenheit entgegengeschleudert: "Ihr seid besiegt worden."

Nun, ich will nicht untersuchen, wie weit diese Angelegenheit auf Wahrheit beruht, aber ich will nur darauf verweisen, daß Herren an den Sieg geglaubt haben, die auf unseren Ministerbänken sitzen und daß ich Ihnen Aufrufe des Herrn Minister Sonntág hier reproduzieren könnte, durch die er in seinen Blättern, seinerzeit, als er bei der Kriegsgetreideverkehrsanstalt in Brünn war, alle Kreise aufgefordert hat, soweit als möglich Kriegsanleihe zu zeichnen. Heute aber, da schweigt man davon, weil man nicht ein so großes Interesse daran hat, weil man den Großteil der Kriegsanleihe rechtzeitig abgestoßen hat.

Wir haben gehört, wozu wir die Kriegsanleihe brauchen. Es macht beinahe den Eindruck, als ob der Staat schon fast vor dem unmittelbaren Zusammenbruch stände, weil man sich so beeilt, diese vollständig verfehlte Vorlage so rasch als möglich im Gewalttempo durchzupeitschen. Es muß fürwahr kläglich bestellt sein mit unseren Staatsfinanzen, es muß sehr trist aussehen in all den Staatskassen, wenn man zu solchen Gewaltmitteln greift. Es ist gar kein Wunder, wenn man sich vergegenwärtigt, wie groß der Aufwand in unserem Staate ist und wie hoch die Schuldenlast bereits angewachsen ist. Der alte österreichische Staat hatte im Jahre 1910 eine Schuldenlast von 12 Milliarden. Der Abgang unseres neuen Staates, der Èechoslovakei, unserer prächtigen Republik, beträgt im Voran schlag dieses Jahres bekanntlich 10 Milliarden. Und wie uns damals gesagt wurde, soll sich dieser Betrag noch wesentlich steigern. Wieso es zu einem derartigen Abgang gekommen ist, wieso unsere Finanzlage, eine so trostlose wurde, das wurde ja vielfach an Beispielen erörtert. Ich könnte Ihnen hier eine ganze Reihe neuer Belege anführen, die beweisen, wie die Ausgaben dieses Staates angewachsen sind. Vor allem deswegen, weil die Kosten der Verwaltung ins Unendliche gestiegen sind. Ich vergleiche hier zum Beispiel die österreichischen Staatsbahnen, die eine Betriebslänge von 19.472 Kilometer hatten mit einem Beamtenstand von 114.547 dauernd angestellten Bediensteten, so daß auf einen Kilometer rund 5.88 Bedienstete kamen. Auf den èechoslovakischen Staatsbahnen, die 8693 Kilometer betragen, haben wir 109.895 dauernd Angestel te, so daß auf einen Kilometer 12.64 Bedienstete entfallen. Die Personalvermehrung an dauernd Angestellten beträgt demnach gegenüber den österreichischen Bahnen 115%. Und ebenso ist es bei den anderen Staatsbeamten. Wir haben heute nach den Ausweisen 525.125 Staatsangestellte; von denen sind Beamte in der ersten bis elften Rangsklasse 53.633, Staatsbedienstete 44.149, Lehrer rund 40.000, Gendarmen 14.241, Offiziere 8.000, Unteroffiziere usw. usw. Sie sehen also, daß wir einen Beamtenstaat haben, der sich sehen lassen kann, in einer Stärke, wie er einem bedeutend größeren Staate alle Ehre machen würde. Es hat sich einfach alles an die Staatskrippe gedrängt, man hat die deutschen Beamten davongejagt, die fähigen, vielfach viel besser verwendbaren, hat an ihrer Stelle zwei, drei, vier Beamten aufgenommen und dadurch den Beamtenstand wesentlich vermehrt. Und wie hier, so ist es selbstverständlich auch auf den anderen Gebieten. Zum Beispiel in Bezug auf das Militär. Sie haben das Wehrgesetz im alten Revolutionsausschuß beschlossen, denn es war ja keine gesetzgebende Versammlung, Sie hatten gar kein Recht, sich das anzumaßen, weil Sie nur selbsterwählte Herren waren, die nach Art einer Tischgesellschaft zusammengekommen sind und Gesetze geschmiedet haben. Sie haben in dieser Revolutionstischgesellschaft ein Wehrgesetz ausgegeben, das die Stärke unseres Heeres dauernd mit 150.000 Mann festsetzt, in einer Stärke also, die selbst dem alten österreichischen angeblichen Militärstaat alle Ehre gemacht hätte.

Es war ja wie ein Treppenwitz der Geschichte, daß der alte Antimilitarist Klofáè auf einmal auftreten mußte, um ein derartiges Gesetz zu begründen. Es war ihm unangenehm und er wollte Scheingründe für diese Stärke des Heeres anführen, indem er sagte: "Die Regierung hat nach wie vor die Einführung des Milizsystems im Auge. Doch die gegenwärtige europäische Konstellation gestattet die Verwirklichung noch nicht. Denn die Armee ist nicht bloß zum Schutz gegen die äußeren Feinde, sondern sie wird auch ein Hort gegen die innere Reaktion sein."

Nun, wir sind allenthalben draußen gefragt worden, wozu wir uns eigentlich den Luxus eines so stattlichen Heeres leisten und was eigentlich die innere Reaktion sein soll. Wir haben es ja in Wirklichkeit erfahren, wozu man das Militär in dieser Stärke braucht. Wir haben es erfahren, als man in vielen deutschen Städten die deutschen Firmenschilder durch das Militär herunterrieß, als man viele deutsche Städte säuberte, wie es im amtlichen Ausdruck heißt, zum Beispiel Olmütz, Brünn und andere mehr; wir wissen, daß das Militär notwendig war, um in zahlreichen bisher deutschen Gemeinden die Gemeindewahlen durchzuführen, sie im èechischen Sinne zu beeinflußen, siehe Olmütz, Znaim und andere Städte; wir wissen auch, daß dieses Militär in die Slowakei geschickt wurde, um dort die Wahlen zu machen, und das Ergebnis ist ja auch in diesem Sinne für diesen Staat außerordentlich günstig ausgefallen. Die Kosten dieses Heeres aber sind so groß, daß meines Erachtens es hoch an der Zeit ist, so rasch als möglich mit einer Verminderung zu beginnen. Daß die Staatsfinanzen heute so trostlos sind, daß wir unmittelbar vor dem Bankerott stehen, hat auch seinen Grund, wie vielfach beont wurde, in dem Korruptionssystem.


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