Ètvrtek 10. èervna 1920

Aber ich erinnere noch an etwas anderes und das mag die Herren auf deb èechischen Bänken darüber aufklären, warum wir Versprechungen gegenüber recht vorsichtig sind. (Výkøiky.) Wer die deutsche Politik im alten Osterreich mitgemacht hat, der weiß, daß seit der Zertrümmerung der ersten deutsch-èechischen Ausgleichsverhandlungen im Jahre 1890 leider auf der anderen Seite die Nichteinhaltung von eingegangenen Verpflichtungen das Um und Auf parlamentarischer und außerparlamentarischer Politik war, und daß, wenn auch zur Versöhnlichkeit geraten wurde, der Mann, der heute so viel von Furcht und Nichtfurcht vor den Deutschen sprach, Dr. Kramáø, die allerwesentlichste Schuld daran hat, daß wir nicht daran glauben können. Aber ich erinnere daran, daß etwa vor Jahresfrist das Amtsorgan des Herrn Dr. Kramáø, jetzt des Herrn Vlastimil Tusar, uns davon erzählen wollte, wenn wir einmal zur Mitarbeit kommen, dann wolle man ja den Staat èechoslovakisch-deutsche Republik nennen, man wolle daraus eine moderne neue Schweiz machen. Meine Herren! Aus der neuen Schweiz ist nichts geworden. (Hlas: Die Schweiz möchte sich schämen!) Die Schweiz bedankt sich dafür gewiß und übrigens hat man keine Schweiz daraus gemacht; aber ein Stückchen aus der Geschichte der Schweiz hat man genommen, ein Zwinguri, mit allen Attributen einer solchen Zwingburg, mit einer Leichenhalle, einem Gefängnis und einem Hungerturm. (So ist es!) Auf der Leichenbahre liegen die Toten des 4. März, für die heute noch keine Sühne gegeben wurde, trotz der Worte des Ministerpräsidenten, trotz der Worte einer höheren Person, die sich dafür verbürgt hatte, und es hat dem Ansehen des Staates in den deutschen Landen vielleicht am meisten geschadet, daß auch Herr Thomas Masaryk, der Herr Präsident der Republik, sich für eine gerechte Untersuchung verbürgt und aus Gründen, die ich nicht auseinandersetzen will, diese gerechte Untersuchung nicht durchgeführt werden konnte, weil er vermutlich ein Gefangener gewisser politischer Parteien war. (Hlas: Genau so wie der Pittsburger Vertrag!)

Der wurde auch nicht eingehalten und darum wollen wir darauf erwidern: wir wollen erst Taten sehen, bevor wir dem Staate und irgend einem Funktionär desselben auch nur das bescheidenste Stückchen Glauben entgegenbringen. In der Leichenhalle auf der Bahre liegt die Existenz von Hunderten und aber Hunderten deutscher Staatsangestellter, Eisenbahnern und dergleichen mehr, die nichts anderes getan haben, als in der Stunde der Not zu ihrem Volke zu halten (Potlesk nìmeckých poslancù. Odpor èeských poslancù.), die sich nicht geweigert haben, ihre Pflicht zu erfüllen, Hunderte, die nicht gemaßregelt wurden, weil sie der èechoslovakischen Republik den Treueid verweigert haben, sondern bloß deshalb, weil ein deutscher Vater sie gezeugt und eine deutsche Mutter sie geboren hat. (Hluèná pochvala nìmeckých poslancù.)

Auf der Leichenbahre liegen die Existenzen Hunderter deutscher Offiziere und Unteroffiziere. (Výkøiky posl. Mlèocha.) Wer hat in Brüx, in Kaaden und überall geschossen? Auf der Leichenbahre liegen die Existenzen der Kriegsbeschädigten, für die dieser Staat in wahrhaft jämmerlicher Weise sorgt oder vielmehr nicht sorgt. Die Witwen und Waisen derer, die im Kriege gefallen waren, haben doch die èechoslovakische Republik nicht bekämpft, meine sehr geehrten Herren von der èechischen Seite. Und auf der Totenbahre, auf der moralischen Totenbahre liegen Tausende von Kriegsgefangenen und die Angehörigen der Kriegsgefangenen, die zum Teil deshalb nicht heim befördert wurden, weil sie sich nicht in die èechoslovakischen Formationen ein schreiben lassen wollten und weil sie auch in der sibirischen Gefangenschaft zu ihrem Volke hielten (Výkøiky: Weil sie ihrem Volke treu bleiben wollten! Weil sie nicht wortbrüchig geworden sind!), ja weil sie ihrem Volke treu bleiben wollten; und es ist sonderbar, daß die Nation, deren stramme völkische Zusammengehörigkeit wir immer stets neidlos anerkannt haben, dort, wo ein Anderer zur eigenen Nation sich bekennt, so wenig Verständnis an den Tag legt. (So ist es!) Aber in dem Zwinguri ist auch ein mächtiges großes Gefängnis, und das ist die ganze Verfassung, die uns über den Kopf gestülpt wurde, die nichts Anderes darstellt, als ein großes Gefängnis für die nichtèechischen Völker in diesem Staate. Und auch ein Hungerturm ist dort! Meine Herren, darauf komme ich noch. Unsere deutschenLandbezirke besonders schmachten unter einem Hungerelend, zu dessen Besichtigung ich die èechischen Frauen einladen möchte. (Výkøiky. Hluk.)

So kommt es, daß uns Deutschen in diesem Staate alles verbittert wird, auch dann, wenn vielleicht wirklich manchmal etwas Gutes, Modernes, Fortschrittliches geschaffen wird, weil uns der Zwang und die Art der Pillen, die uns dabei verabreicht werden, au ch die fortschrittlichen Ideen, die uns dargeboten werden, vergällt und vergiftet.

Aber die Dinge liegen eben so: Seit dem Tage, da die èechische Nation über ihren Siedlungsbereich hinausgegangen ist und durch Irreführung anderer und Ausnützung günstiger Umstände, die Einverleibung weiter Gebietsteile nicht èechischer Völker erzwungen hat, ist dem èechischen Staate die Unterlage, der Tragbalken einer wahrhaft sittlichen Idee verloren gegangen. (Potlesk nìmeckých poslancù. Výkøiky.) Der erste Ministerpräsident der èechoslovakischen Republik Herr Dr. Kramáø . . . (Hlasy: Der Thronfolger! Der böhmische König ohne Krone!) - die Krone ging ihm verloren - hat gewissermaßen zur Begründung dessen, was man uns in diesem Staate antat, auf die angebliche Unterdrückung der èechischen Nation im alten Österreich und durch die deutsche Nation hingewiesen.

Sie gestatten, meine Herren, daß ich da ein Wort wiederholen darf, das er so oft und gern gebraucht: er hat dabei ein sehr altes Luxusklavier gespielt. Denn erstens: Wo haben die Deutschen in diesem Staat die Èechen unterdrückt? Kulturell? Kulturell vielleicht deshalb, weil vielleicht sogar unser Goethe an die Echtheit der Königinhofer Handschrift eine Zeitlang geglaubt hat? Vielleicht deswegen, weil unser Ebert und Meissner ihren

Žižka und Hus erst in die Weltliteratur eingeführt haben? Kulturell unterdrückt, weil mit Zustimmung der deutschen Vertreter die alte Prager Universität Karls IV., der sowohl römischer Kaiser als böhmischer König war, geteilt wurde in eine deutsche und eine èechische Universität? Unterdrückt etwa deswegen, weil von dem Tage, da ihre Nation die passive Politik aufgab und in das österreichische Abgeordnetenhaus eintrat, immer mehr èechische Minister in den Regierungen Platz nahmen, und zwar nicht als "Verräter", sondern als anerkannte Vertreter der Nation im Rate der Krone Habsburg saßen. Wenn darin die Unterdrückung besteht, wenn in den Fortschritten, die sie in kultureller und finanzieller Beziehung machen, die Unterdrückung liegt, da sage ich: wir möchten uns in diesem Staate nichts besseres wünschen, als auf diese Weise unterdrückt zu werden. (Potlesk nìmeckých poslancù. Hluk.)

Aber wir haben doch - und Sie gestatten, daß ich auch Sie auf den sozialdemokratischen Bänken apostrophiere oft genug darauf hingewiesen, daß auch alle oppositionellen Richtungen auf deutscher Seite von den österreichischen Regierungen genau so verfolgt und wir genau so eingesperrt wurden, wie ihre Opposition und die deutschnationalen Redakteure und Agitatoren wurden genau so hinter Schloß und Riegel gesetzt im alten Österreich, wie z. B. damals, wo der Herr Abgeordnete und Parlamentsvizepräsident Dr. Kramáø im Jahre 1897 die Polizei in das österreichische Abgeordnetenhaus geführt und die oppositionellen deutschen Abgeordneten mit Polizeigewalt hinausführen ließ. (Hluèný souhlas nìmeckých poslancù.) Es waren damals die Èechen, die unterdrückt haben. Oder wie war es damals, als der deutsche christlichsoziale Unterrichtsminister Hussarek von Heinlein im Jahre 1912 am Sokolkongreß teilnahm, als unter der Ägide des Fürsten Thun das Palackýdenkmal enthüllt wurde, das in einer Gruppe so wunderbar - uns Deutschen kann das gleichgiltig sein - eine Verhöhnung des Hauses Habsburg darstellt - war das die Knechtung der èechischen Nation?

Meine Herren! Sie haben solche Denkmäler errichten können, während sie uns sogar die Denkmäler nicht des Kaisers Franz Josef - die schenken wir ihnen sondern jenes Kaisers umstürzten, der auch die èechischen Bauern befreit hat. (Potlesk nìmeckých poslancù.) Und statt der Freiheit, die Sie uns versprochen haben, als Ihre Soldatensöhne in unsere Gaue einzogen, haben Sie uns das innere und äußere Wesen eines Polizei- und Militärstaates gebracht und wollen es durch das neue Wehrgesetz noch vervollständigen und womöglich vielleicht auch deswegen, um dann auch die Söhne des deutschen Volkes gegen die Polen, Magyaren und ich weiß nicht gegen wen noch, verwenden zu können. (Hlas: Gegen die Deutschen!) Natürlich vor allem gegen die Deutschen, denn der Motivenbericht zum Wehrgesetz - die Herren Zwischenrufer haben vollständig recht und auch die verschiedenen Erklärungen zum Bodenenteignungsgesetz sagen es ganz klar und deutlich, daß an den Grenzen dieses Staates gewissermaßen eine neue èechoslovakische Militärgrenze errichtet werden soll, zu keinem anderen Zweck, als um zu verhindern, daß - sagen wir - deutsche Gedanken herüberund hinüberfliegen.

Aber was die alte Zensur in Österreich und der Polizeigeist nicht zu hindern vermocht haben, das werden auch Ihre èechischen Legionäre nicht vermögen, daß die Gedanken hinüberfliegen; und dem Gedanken folgen schließlich und endlich auch einmal die Menschen. Und politisch haben Sie uns statt der Ausgestaltung der Selbstverwaltung zwar gleichzeitig mit der begrüßenswerten Demokratisierung der Gemeindeverwaltung eine Knebelung der Gemeindeverwaltung sondergleichen gebracht und Sie haben eine zwangsweise Vereinigung und Trennung von Gemeinden durchgeführt. Und aus politischen Gründen sind heute noch, ein Jahr nach der Durchführung der ersten Gemeindewahlen in der èechoslovakischen Republik, in den Grenzgebieten auch in unserem Nordwestböhmen noch Dutzende von Gemeinden ohne gewählte Vertretung und erfreuen sich des Segens. . . (Hlas: Auch in der Slovakei und im Hultschiner Ländchen.) Ja, im Hultschiner Ländchen, das Sie befreit haben, erfreuen sich heute doch noch genug Gemeinden der Segnungen der Národní výbory. Und im Hultschiner Ländchen, das Sie angeblich befreit haben aus den Klauen der deutschen Knechtschaft, setzen Sie jetzt Verwaltungskommissionen ein, wahrscheinlich um den Hultschinern recht Gelegenheit zu geben, sich auszuruhen von den Leiden und sich vorzubereiten auf die Segnungen der èechoslovakischen Republik. (Hlas: Was die Hultschiner für eine Freude haben!) Darauf komme ich noch gleich zurück. Ja es fällt das Wort Hultschin. Die Frage ist doch sicherlich berechtigt. Wenn die èechoslovakische Republik auszog und im Friedensvertrage eine Einverleibung dieses Gebietes erzwang unter dem Titel einer nationalen Befreiung, dann fragen wir: warum sitzen heute auf diesen Bänken noch nicht Vertreter von Hultschin? warum konnten die nicht wählen? (Hlas: Sie können doch nicht èechisch!) Weil man erst präparieren will, genau so wie in der Slovakei. Aber sie fühlen sich nicht als Èechen. Sie haben wahrscheinlich ganz richtig sich die neue èechoslovakische, nach der Versicherung der Slovaken gar nicht bestehende Staatssprache noch nicht aneignen können.

Die Schule verèechen sie und es ist merkwürdig, daß diese Befreiungstat eine solche Wirkung hat, daß die biederen Hultschiner, die niemals im Leben alldeutsch gesinnt waren, die sich Mährer, Moravani nennen, daß die jetzt zum Zeichen des Protestes: "Deutschland, Deutschland über Alles" und die "Wacht am Rhein" singen! (Souhlas nìmeckých poslancù.) So begeistert sind sie, daß sie befreit worden sind! (Hlas: Einen Schulstreik machen sie!) Aber das machen die Leute dort unter Ihren Regierungskommissären.

Und zwei Tage vor dem 1. Juni hat man sogar die beiden Lehrer dort entlassen, die die Gemeinde verlangt hatte. So sehr achtet man die Gemeindeautonomie und die Schulautonomie der Bevölkerung. Und es liegen uns Akten vor, wornach der von ihrer Regierung eingesetzte Schulinspektor erklärte: Die Regierung wird ihren Willen, daß die Kinder die neuen èechischen Schulen besuchen, durchsetzen und wenn hinter jedes Kind ein Soldat gestellt werden sollte. Es ist interessant, daß der èechische sozialdemokratische Unterrichtsminister Habrman und der Landesverteidigungsminister zu seinem Kollegen Tusar geht und Gendarmerie und Militär verlangt, damit die angeblich befreiten deutschen Kinder in èechische Schulen gezwungen werden.

Was uns im Verlaufe der Debatte und was uns aus dem Munde des Herrn Ministerpräsidenten gerade nach seiner Vergangenheit am eigenartigsten berührt hat, ist, daß der Appell auf eine angeblich - ich weiß nicht wo - vorhandene nationale Gerechtigkeit die Begründung dafür hergeben mußte, daß Herr Habrman oder zu mindest doch mit seinem halben Vorwissen Herr Metelka Dutzende von deutschen Schulen und Schulklassen schließt, auch von einklassigen Schulen, wodurch deutsche Proletarierkinder gezwungen werden, 5 und 6 Kilometer weit in die Schule zu gehen, weil ihnen diese Regierung die Schule und die Schullehrer in ihrer Heimatsgemeinde nimmt. Diese Wegnahme deutscher Schulen bildet wohl den größten und blutigsten Hohn auf die Versicherung nationaler Gerechtigkeit. Und wenn man uns erzählt, daß man mit der obersten Stufe des deutschen Schulwesens, mit der deutschen Universität, ja nur eine Umbenennung vorgenommen hat, so muß ich sagen: Ich beneide den èechischen Minister außerordentlich um seinen Sprachschatz und seine Ausdrucksfähigkeit, denn wenn man einen auf der Straße anpackt, ihm alles wegnimmt und ihm schließlich nur die Hosen läßt, damit er 1 Kilometer gehen kann, und dann erklärt, daß dies nur eine Umbenennung ist, dann muß ich sagen: So eine Nomenklatur ist mir in meinem 44jährigen Leben zum erstenmal von dieser Ministerbank begegnet. Und das sind dieselben Herren, die sich immer auf die Historie berufen und nicht zugeben wollen, daß eine nahezu 600jährige Geschichte für die Kontinuität der deutschen Universität spricht, dieser alten, von Karl IV., der, wie ich wiederhole, sowohl böhmischer König als auch römisch-deutscher Kaiser war, gegründeten Universität. Die deutsche Universität will man heimatlos machen, genau so, wie man mit dem Schulvernichtungsgesetz und Schulaufsichtsgesetz unser Schulwesen knebeln, unsere Lehrer auf ein Sterbeétat setzen will, um möglichst viele Kinder unserer Nation zu entfremden, um uns die Seelen unseres Volkes zu stehlen. Und dann kommt einer daher und nennt sich Universitätsprofessor und will uns erzählen, wir hätten in dem Lande keine eigene deutsche Kultur, wir hätten gewissermaßen von den Èechen nur etwas übernommen. (Veselost.) Wir haben es nicht notwendig gegenüber dem Herrn Professor Srdínko unser eigenes Kulturleben zu verteidigen, wir haben unser eigenes, schönes Kulturleben und das Haus, in dem wir tagen, ist auch ein solches Zeugnis für deutsche Kultur und deutsche Kunst. (Souhlas nìmeckých poslancù.) Und der Mann spricht offenbar mit dem sittlichen Gefühl, daß für ihn alles erlaubt sei, eine bösartige Unwahrheit aus. Wir haben es nicht nötig, denn schließlich und endlich merkt man uns doch, wenn wir sprechen, eine kulturelle Zusammengehörigkeit an mit den 60 Millionen anderer Menschen, die auch irgendwo in der Welt als Deutsche leben. Und der Goethe mit seinem "Faust", der sogar so groß ist, daß ihn Jaroslav Vrchlický übersetzt hat, und Kant und Humboldt und Leibnitz und Liebig und Hertz waren nun einmal Deutsche, und daß es Deutsche waren, ist nicht zu leugnen, und daß wir an den Gütern dieser deutschen Nation teilnehmen, werden wir uns auch vom Herrn Professor Srdínko nicht streitig machen lassen.

Nie haben Deutsche in diesem Lande, weder links noch rechts, auch kein deutscher Chauvinist, dem èechischen Volk seine eigene Kultur mißgönnt. Die extremsten Enthusiasten haben immer das erfreuliche Aufwärtsstreben der èechischen Nation anerkannt; aber wir möchten wünschen, wenn die èechische Nation weiterbaut an ihrer eigenen Nationalkultur, dann soll sie nicht geraubte Kulturgüter anderer Nationen als Bausteine benützen.

Die Entwicklung, unter der wir leiden, hat auch noch nach etwas anderem gegriffen und das ist die Rechtspflege. Wenn etwas in einem Staate schlecht sein mag, so war immer bisher der Gedanke der, daß ein gesunder Kern dann vorhanden ist, wenn die Rechtspflege in Ordnung ist, wenn das Wort: "il y a des juges, es gibt noch Richter," auf die Richterschaft des betreffenden Staates angewendet werden kann. Wir leugnen nicht, daß in der Rechtspflege Gutes geschehen ist. Wir freuen uns, daß endlich einmal das Schandmal der Ausschaltung der Schwurgerichte beseitigt ist.

Wir freuen uns, daß man die Militärgerichtsbarkeit ganz wesentlich beschnitten hat, wir freuen uns, daß man dem unglaublichen Wahnsinn der Hochverratsprozesse ein Ende gemacht hat. (Výkøiky: Woher denn! Fragen sie, wieviel Leute in Illava wegen Hochverratsverdacht sitzen!) Dann sind wir belogen worden. Es ist kürzlich, soviel ich mich aus meiner Zeitungslektüre zu erinnern weiß, ein sogenannter Amnestieerlaß veröffentlicht worden. (Výkøik: Nur für den Muna!) Auch für den Muna. Das war auch ein politisches Delikt und auch der Munaprozeß war eine Schande für den Staat, so wie andere Hochverrratsprozesse eine Schande für den Staat waren, dessen oberster und höchster Angestellter einmal das Wort sprach, daß eigentlich der Begriff Hochverrat aus dem Leben moderner Völker ausgetilgt sein solle, ein Grundsatz, der zwar in der Vergangenheit gebraucht wurde, aber im Augenblick längst nicht mehr gehandhabt wird, weil zwischen der Theorie der alten und der Praxis der neuen Zeit ein wesentlicher Unterschied liegt. Wir waren bisher der Meinung, daß wenigstens mit einem solchen Präsidentenwort - entschuldigen sie den Ausdruck - nicht Schindluder getrieben werden dürfe. Ich höre aber gerade, daß man sogar einen solchen Erlaß zur Täuschung der Öffentlichkeit benützt hat. Und nichts kennzeichnet sosehr den Tiefstand der politischen Moral in diesem Staate, als diese Erscheinung. Und benützt man nicht ein Sprachengesetz, benützt man nicht ein scheinbar formales Gesetz auch zur materiellen Entrechtung von hunderten rechtsuchenden Deutschen? Und hat nicht dieser Staat, indem er nach etwas griff, wonach selbst das alte Österreich nicht griff, nach der Unabhängigkeit der Richter, sich den schwersten Eingriff in das Rechtsleben erlaubt, indem er durch willkürli he Versetzungen der Richter Unsicherheit in die Rechtssprechung und vor allem Unsicherheit in das Verantwortlichkeitsgefühl der Richter brachte, deren Folgen gar nicht auszudenken sind, was vielleicht einmal èechische Oppositionsparteien, weil alle Schuld sich auf Erden rächt, selbst bitter empfinden werden. Und wie zum Hohn gegen alle wohlwollenden Äußerungen von der anderen Seite hat man uns in den Tagen, da wir hier sitzen, noch ein Gesetz über die Richteramtskandidatenprüfung empfohlen, das im Wesentlichsten auch nichts Anderes bedeutet als einen Streich gegen alle Richter nichtèechischer Zunge, um womöglich das Richteramt ausschließlich an Angehörige èechischer Nation auszuliefern, und in weiterer Folge, was für uns noch wichtiger ist, die juridische Fakultät der deutschen Universität langsam zum geistigen Hungertode zu verurteilen. Da dürfen sie sich nicht wundern, wenn wir gar nichts glauben, was uns von der èechischen Seite gesagt wird, weil wir nicht Taten sehen.

Vom Entösterreichern ist geredet worden, und es muß wohl alle Welt eigentümlich berühren, wenn ein Ministerpräsident sich selbst gezwungen sieht, den Kampf gegen die Korruption in der Verwaltung anzukündigen. Ich möchte da an etwas erinnern. Im alten Österreich war Vieles nicht gut. Was aber gut am alten Österreich war, trotz des gewiß von allen Seiten mißbilligten und bekämpften Bürokratismns und was das alte Österreich trotz aller Risse und Sprünge solange aufrecht erhielt, war das Pflichtgefühl der Beamtenschaft. Und ich nehme davon auch große Teile der èechischen Beamtenschaft nicht aus. (Souhlas nìm. poslancù.)

Und die Korruption hier in diesem Staate! Hat nicht die Regierung selbst nicht nur unsere deutschen Beamten durcheinander geschüttelt, sie entlassen, in die Slovakei usw. versetzt, hat sie nicht ihre eigenen Beamten geknebelt und an die Wand gestellt, wenn sie irgendwie von vornherein ehemaliger austriakischer Gesinnung und williger Pflichterfüllung verdächtig waren, hat sie nicht Protektionskinder hineingeschoben und damit der Korruption Tür und Tor geöffnet, einer Korruption, der sich sogar die èechischen Witzblätter bemächtigten.

Heute las ich in den "Humoristické Listy" - es ist das allerdings ein anderes Kapitel, über das ich lieber nicht reden will wie zwei Damen sich Nägel polieren, und die eine die Andere fragt: Ja, warum manükierst Du denn zu Hause, was machst Du dann im Ministerium, im Amte? Und das größte Verdammungsurteil, das über diese Verhältnisse gesprochen wurde, hat der erste Mann in diesem Staate gesprochen, indem er vor Monaten den èechischen Beamten die Mahnworte zurief, sie sollten arbeiten und nicht stehlen. Als ich das las, da ist mir, der ich kein Èeche bin, ein eigentümliches Gefühl durch die Seele gegangen, wenn der erste Mann im Staate über einen großen Teil seiner Beamtenschaft ein so furchtbares Verdikt fällen muß. Und das ist die ins Furchtbare, ins Extreme getriebene Entösterreicherung und die Parteitüchtigkeitswirtschaft, die Sie getrieben haben, als die Beamten nicht nach ihrer Tüchtigkeit in die Ämter kamen, sondern nach ihrer Parteizugehörigkeit und die Ämter so aufgefüllt werden mußten, daß der èechoslovakische Staat heute einen Beamtenapparat hat, der perzentuell weit über das geht, was in Frankreich, dem Eldorado an Beamtenwirtschaft, oder auch im alten Österreich möglich war.

Nun hat uns der Herr Ministerpräsident eingeladen, uns etwas mit wirtschaftlichen Fragen zu beschäftigen. Und auch der Minister für Volksernährung - das ist so Ernährungsministergepflogenheit hat heute viel abgelesen und eine große Rede gehalten. Gerade die Herren von der èechischen Seite müssen sich daran erinnern, daß gewisse Gruppen von ihnen in den letzten Jahren des Krieges die sogenannte gebundene Wirtschaft ad absurdum geführt haben, und bevor sie mit irgend welchen Sittensprüchlein kommen, muß man die Herren von der èechischen Seite daran mahnen, sie sollen zuerst ihre eigenen Volksgenossen zum Staatsgefühl und zur Pflichterfüllung zwingen. Im nordwestböhmischen Industriebezirke Dux, einem ausgesogenen und ausgepowerten Bezirke, haben die deutschen Bauern - ich will gewiß die Machenschaften der deutschen Bauern auch nicht beschönigen, ihre Pflichterfüllung muß man aber feststellen - 120% des von der èechischen Staatsgetreideanstalt aufgetragenen Kontingentes abgeliefert, daß heißt, sie haben mehr abge liefert als der èechische Staat von ihnen verlangt hat. Und aus Mähren wurde uns erzählt, daß angeblich amtliche Berichte melden, daß von den Hanakischen Bauern nur ungefähr 50 bis 60% abgeliefert wurden. Und in dem nordwestböhmischen Industriegebiete will der èechoslovakische Staat zu neuen Zwangsrequirierungen bei den deutschen Bauern schreiten. Dazu kommt noch etwas anderes: Es ist festgestellt und die Hungerkrawalle der letzten Wochen haben das unzweifelhaft erwiesen, daß auch die Belieferung der sich nicht selbst versorgenden Bezirke eine vollständig ungleichmäßige ist. In den Monaten nach dem Zusammenbruche haben wir festgestellt, daß sogar damals für die èechischen Minderheiten Extraknödel gekocht und Extrakartoffel gebraten wurden, daß die èechischen Minderheiten in allen deutschen Gebieten Sonderzuweisungen bekamen und versorgt wurden, während die deutsche Bevölkerung am Hungertuch nagte und nichts zum Leben hatte. Da hat kürzlich in einer Rede der Herr Abgeordnete Udržal, ein Führer der èechischen Bauern, sein eigenes Volk in diesem Zusammenhang eine Buchtlund Knödelnation genannt. Aber die deutsche Nation im Randgebiete ist keine Buchtl- und Knödelnation, und was insbesondere in den Bezirken, wo heute die Arbeiterschaft einen mehrtägigen Hungerstreik durchgeführt hat, vor sich gegangen ist, grenzt an das Furchtbarste. In den letzten Wochen haben diese Menschen überhaupt kein Stücklein Brot bekommen, von Mehllieferungen ist seit Wochen keine Rede. Als im vergangenen Herbste der Wirtschaftsrat in Platten Lieferungen mit dem deutschen Reiche abschließen wollte, als von der sächsischen Kartoffelversorgunsanstalt ihnen die Zusicherung der Belieferung mit Kartoffeln zuteil wurde, dam als wurde von Organen des Ernährungsministeriums dieser Kartoffelankauf untersagt mit der Begründung, daß dadurch das Prestige des èechischen Staates leiden würde.

Aber ich sage ihnen, den Menschen in Westböhmen ist es ganz Wurst, ob der, der hinkommt und sie mit schönen Worten vertröstet, Karl Habsburg oder Vlastimil Tusar heißt. Die Menschen wollen leben. Es geht aber so weit, daß sogar Liebesgaben, die sie aus Deutschland oder der Schweiz geschickt bekommen haben, mit Zoll belegt werden, so daß ein armer Arbeiter, dessen Kind in der Schweiz zu Gaste war, dem der Schweizer Gastfreund etwas sandte, für ein Päckchen von drei Kilogramm Gewicht der èecho slovakischen Regierung für Zoll, Einfuhr prämien usw. 29 bis 30 K abführen mußte. Und für Liebesgabensendungen, die aus der Schweiz in den letzten Wochen kamen, forderte der èechoslovakische Staat auf seinen Bahnen 5mal soviel Gebühren als das deutsche Reich, gleichsam, als wenn er es darauf angelegt hätte, dieses Gebiet langsam dem Verhungern auszuliefern. Ich wiederhole, ich möchte die Vertreter des èechischen Volkes bitten, ihre Frauen, die auf dem Altstädter Ring und dergleichen oft so viel Worte über die Volksnot finden, hinauszusenden in das erzgebirgische Hungergebiet und sie möchten begreifen, daß die Menschen dort nicht nur der Gesellschaftsordnung, sondern auch dem Staate fluchen, der sie um des Prestiges willen hungern läßt. (Potlesk u Nìmcù. - Posl. Landová-Štychová: To není pravda! Byla jsem na severu 7 nedìl.) To je pravda, milostpaní! Byl jsem tam taky! (Hluk. - Rùzné výkøiky. - Pøedseda zvoní). Meine Herren, Sie dürfen sich nicht wundern, wenn dort in der zermürbten Bevölkerung - ich spreche es offen aus - die Irredenta des Hungers von Tag zu Tag immer stärker wird.

Der Herr Ministerpräsident hat uns eingeladen, auch andere wirtschaftliche Fragen mit ihm zu erörtern und daran mitzuarbeiten. Ich rate ihnen, den Frauen, sich in den deutschen Industriegegenden die Bevölkerungsverhältnisse anzuschauen. Der Staat hat einen Wohnungsfond geschaffen, das ist wahr. (Rùzné výkøiky. - Hlasy nìmeckých poslancù: Sie hat zu den Deutschen Bagage gesagt! Das dürfen wir uns nicht gefallen lassen! Herr Präsident, gibt es da denn keinen Ordnungsruf! Ordnungsruf!)


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