Geehrte Herren! Durch die Regierungserklärung des Herrn Ministerpräsidenten zieht sich wie ein roter Faden der Ruf und das Verlangen nach Gemeinsamkeit, nach Mitarbeit aller Völker in diesem Staate. Meine Herren! Dieser Ruf ist nichts Neues. Der nationale Völkerzwist ist eine sehr alte Wunde in diesem unglückseligen Lande, sie blutet heute in dem von Ihnen neu aufgerichteten Staate aufs neue und desto heftiger. Es hat aber eine Zeit gegeben, wo sie im Vernarben war, und Sie würden vielleicht heute froh sein, wenn Sie wieder so weit wären, wie zu jener Zeit. Wenn wir von diesen nationalpolitischen Verhältnissen sprechen wollen, so müssen wir, wenn das nicht nur leere Worte sein sollen, welche bloß die Zeit ausfüllen, das Übel bei der Wurzel anfassen.
Es hat eine Zeit gegeben in diesem Lande, wo ich im Sitzungssaal auf der anderen Seite des Moldaustromes als deutscher Redner für den Frieden, für den Ausgleich sprechen konnte, nicht wie heute kontra, sondern als deutscher Abgeordneter als Proredner, als Proredner einer èechisch-deutschen Mehrheit des böhmischen Landtages, für den Ausgleich beider Völker in diesem Lande.
Und, meine Herren, wenn wir nach den Wurzeln suchen, die heute die traurige Stimmung in diesem Lande und unter den Völkern dieses neuen Staates hervorbringen, so finden wir sie in der Tätigkeit einer Richtung, welche schon damals das Ausgleichswerk im alten Hasse zertrümmert hat. Ich habe damals als junger Redner von deutscher Seite im alten Landtag diesen Zertrümmerern des Ausgleichs zwischen den beiden Völkern die Worte zugerufen: "Ceterum autem censeo, Carthaginem esse delendam. Euer Um und Auf ist vom Anfang bis zum Ende nichts Anderes als: "dieser Ausgleich zwischen den beiden Völkern muß zerstört werden! " Damals, meine Herren, stand an der Spitze des èechischen Volkes der anerkannte Führer und Vater dieser Nation, Franz Ladislaus Rieger, er, der mit Jungmann, mit Palacký das Lebenswerk geschaffen hatte für sein Volk, um die èechische Nation aus der tiefen Rückständigkeit und nationalen Versunkenheit auf jene Grundlagen emporzuheben, auf denen Sie heute als großes Kulturvolk stehen und auf denen Sie heute Ihr Staatsrecht erlangt haben. Damals war die èechische Nation unter dieser Führung bereit, mit uns einen Ausgleich zu schließen. Die Vorlagen waren fertig, die Majorität war gesichert.
Und da stand ein Dreigestirn auf in Ihrem Volk. Ich nenne Ihnen da nur die Namen Dr. Herold, Prof. Kaizl und besonders Dr. Karl Kramáø. Diese konnten es nicht erwarten, die Herrschaft über das èechische Volk an sich zu reißen. Sie liefen im Landtag Sturm gegen den Ausgleich, und als es auf dem Wege einer gesetzlichen Abstimmung nicht möglich war, da flogen Tintenfässer gegen die Tribünen, da wurden den Referenten die Akt en aus den Händen gerissen.
Der Oberstlandmarschall verließ fluchtartig den Präsidentenstuhl, der böhmische Landtag war gesprengt.
Dr. Rieger wurde unter Verwünschungen an die Bankreihen gedrückt und diesen verdienten Mann und Führer Ihrer Nation habe ich damals weinen sehen mit zitternden Händen, gebrochen in seiner ganzen Stattlichkeit, wie Sie ihn auf dem Bilde Brožiks heute noch in Ihrem Rathause sehen können.
Meine Herren! Warum erwähne ich dies? Die Herren Jungèechen nahmen die Herrschaft in die Hände, sie gingen nach Wien, sie traten in die Regierung, in das Ministerium ein, sie atmeten Hofluft und sie wirkten mit an jenen cäsarenwahnsinnigen Militärüberrüstungen, die ganz Europa in ein waffenstarrendes Heerlager verwandelten (Souhlas nìmeckých poslancù.), welche Bombe dann in der Form des Weltkrieges platzen mußte und all das Elend herbeiführte, in dessen schwerer Entwicklungsphase wir heute noch alle stehen. (Výkøiky.)
Ich spreche von diesem Landtag, von diesem Staate, der aus den Trümmern des alten Österreich aufgebaut wurde, und ich spreche davon, wer an der Schaffung der Ver fassung, des Sprachengesetzes, welches heute abermals ein Hindernis dafür ist, daß eine gemeinsame Arbeit im Interesse des Volkes und des Staates möglich wird, ich spreche davon: wer ist es abermals gewesen, der an der Wiege dieser Verfassung und dieses Sprachengesetzes als der böse Geist gestanden ist? (Souhlas a potlesk nìm. poslancù.)
Es ist dieselbe Richtung und es ist derselbe Mann und auch ihn haben wir - und das ist das Schicksal der Vergeltung - weinen sehen wie den alten Führer Dr. Rieger. Aber es waren nicht Tränen der Wehmut, es waren Tränen des Zornes und der Wut darüber, daß es in diesem Staate und in diesem Volke noch Männer gibt, und daß die Männer die Mehrheit hinter sich haben, die dem Äußersten entgegengetreten sind und die es verhindert haben, daß die ganze Schale des nationalen Hasses in dieser Verfassung niedergelegt werden konnte. Das sind die Wurzeln, woher das Übelrührt, das ist die Schaufel, welche an einer Seite dieses Ihres neuen Staates die Grundmauer bedenklich untergräbt.
Und wenn ich auf die Regierungserklärung des Herrn Ministerpräsidenten in dieser Beziehung eingehen muß, so muß ich sagen: Es wird einer starken Hand bedürfen, einer festen Hand, um diese Einflüsse von nun ab fern zu halten vom Regierungstisch. Denn wenn Sie Wert darauf legen, daß die anderen Völker dieses Staates endlich mitarbeiten und daß endlich das deutsche Volk von fast 4 Millionen, dieses Kulturvolk, seine starke Mitwirkung einsetzen kann, dann muß ein anderer Weg eingeschlagen werden, dann darf es nicht nur bei Versprechungen bleiben, dann dürfen wir dieser Frage nicht ausweichen und wir müssen die Devise "Offenheit und Wahrheit" aufstellen und wir müssen nach ihr handeln. Und so wie Luther auf dem Reichstag zu Worms gesagt hat: "Weil denn Euere Kaiserliche Majestät, Euere Fürstliche und Kurfürstliche Gnaden eine schlichte und einfältige Antwort erwarten, so will ich die geben, die Hörner und Zähne hat, nämlich also: Es sei denn, daß ich mit dem Zeugnis der heiligen Schrift überwunden und überweiset würde, so kann und will ich nichts widerrufen." Und ich sage ihnen: Das deutsche Volk von fast 4 Millionen und auch die anderen Völker dieses Staates, sie können und sie werden von ihrem Standpunkt nicht abgehen, solange bis Sie nicht nur mit bloßen Reden, sondern mit Tatsachen und einem Entgegenkommen in diesen Fragen vom Regierungstisch aus auftreten, die es diesen Völkern möglich machen, mit Rücksicht auf ihre nationale Ehre den Schritt zu tun, den Sie von uns verlangen.
Alles andere, was hier für und wider gesprochen wird, wird leeres Stroh bleiben und wird keine Körner geben; hier heißt es Opfer bringen und, meine Herren, wie Luther einst die Thesen anschlug an die Schloßkirche zu Wittenberg, so möchte ich Ihnen an der Innenseite des Hauses eine Inschrift vorschlagen, damit Sie dieselbe stets vor Augen haben. Ein einziges Wort wird Ihnen alles sagen. Wir haben es nicht geprägt, es ist geprägt worden von den Machthabern, denen auch Sie die Verwirklichung Ihres langjährigen Staatstraumes verdanken. Es heißt: "Wiedergutmachung". Oder haben Sie vielleicht an uns, dem deutschen Volke in diesem Lande, nichts gut zu machen? Haben Sie nicht durch Jahr und Tag unsere Ämter, unsere Städte und unsere Gemeindevertretungen, unsere Behörden vergewaltigt? (Výkøik: Fakta! Kde?) Ja, Sie haben es getan, ich weiß auch unter welchem Hinweis und mit welchen Entschuldigungsgründen, ich werde noch darauf zurückkommen. Aber solange nicht praktische Schritte getan werden, solange Sie sich nicht entschließen, durch ein wirklich wertvolles Entgegenkommen uns zu gewinnen, den Schutt wegzuräumen auf der freien Bahn der freien Mitarbeit freier Völker, so lange ist es unmöglich, daß wir von unserem Standpunkte abgehen. Denn Ihnen, dem hervorragend national gesinnten Èechenvolke, brauche ich das Wort nicht erst zu wiederholen: "Nichtswürdig ist die Nation", die nicht ihr alles setzt an ihre Ehre. (Potlesk nìm. poslancù.)
Ich komme jetzt zu einem zweiten Punkt. Wenn ich das neue Staatsgebäude, das Sie aufgebaut haben, genau betrachte, so sehe ich nicht nur, daß durch diesen Nationalhaß, durch die Vergewaltigung, die nie und nimmer guten Erfolg haben kann, auf der einen Seite das Fundament der Grundmauern selbst untergraben wird, sondern ich sehe auch auf der anderen Seite dieses Gebäudes bereits einen Riß. Der Herr Ministerpräsident ist ein sehr kluger Mann, er wird als Baumeister mit seinen anderen Staatsgehilfen diesen Riß ebenfalls bemerken. Meine Herren! Dieser Riß geht hervor aus einer Rede, die ein èechischer Herr Abgeordneter hier gehalten hat, und das hat merkwürdigerweise von keiner maßgebenden Seite eine besondere Würdigung gefunden. Es ist die Rede des Herrn Abg. Skalák. Mit dem vornehmen Ignorieren solcher Gefahren schafft man sie nicht aus der Welt. Der Mann weiß, was er will, der Mann hat mit einer Offenheit und Klarheit, die gar nichts zu wünschen übrig läßt, seine letzten Ziele enthüllt. Er hat die Absage gerichtet an Ihren Staat, an die Regierung, an jede Macht, an jedes Gesetz, an alles, was besteht.
Sein Mittel, um zu seinem Ziele
zu gelangen, ist Gewalt. Er hat sogar die Drohung ausgesprochen,
diese Gewalt zu gebrauchen, und er hat die Anwendung dieser Gewalt
befristet. Das sind Erscheinungen, die nicht auf der Oberfläche
des Tages von heute erscheinen, die Gründe dafür liegen tief,
sehr tief in dem sozialen Elend des Volkes, welches so ungeheuer
vergrößert worden ist durch das Elend und die Folgen dieses Krieges.
Aber, meine Herren, wo eine Drohung ausgesprochen wird, wo der
Kampfruf erschallt, da muß ich als aufrechter Verteidiger des
Bauernstandes Ihnen hier vor dem ganzen Parlamente sagen: Ja,
wir sind bereit und nicht nur erst seit heute, die notwendigen
sozialen Reformen gerne und mit Opfern durchführen zu helfen,
aber wenn man uns mit dieser Reform kommt, dann muß ich eine Versicherung
voran stellen, um uns vor dem Vorwurf zu be wahren, daß vielleicht
unsere Bereitwillig keit, Opfer für diese sozialen Reformen in
hohem Maße zu bringen, aus dem Gefühl der Furcht entspringt. Das
ist nicht der Fall! Vor diesen Drohungen wackelt bei uns, dem
kernhaften deutschen Bauern volke in diesem Reiche, und bei dem
um uns herum lebenden Landvolke, welches mit uns die Arbeit und
das Leben teilt, auch nicht ein Haar. Ich bin überzeugt, daß auch
bei dem strammen und markigen èechischen Bauernvolke dasselbe
Gefühl vorherrschen wird. Gewiß, wir werden den Besitz verteidigen
gegen alles, gegen alle Romantik dieses Räubertums, welches Sie
in politische Schlagworte kleiden, und nichts wird uns in der
Verteidigung dieses Besitzes erschüttern. Wir werden unsere Pflicht
tun, wir haben den Kampfruf gehört. In der einen Hand den Pflug,
werden wir weiter arbeiten, um alle zu ernähren, auch ein Heer
von professionsmäßigen Müßiggängern, welches aus diesem Krieg
hervorgegangen ist. Aber in der anderen Hand halten wir die Streitaxt
zur Abwehr und wir werden alle Versuche, uns mit Gewalt unserer
Rechte zu berauben, mit unserer vollen Volkskraft zurückschlagen.
(Posl. Dr. Hahn: Mit dem Pflug ausbeuten!) Das ist wieder
ein Hahnruf aus dem Reichenberger Winkel! (Hluk. Rùzné výkøiky.)
Místopøedseda Buøíval (zvoní):
Prosím, aby øeèníci nebyli vyrušováni!
Posl. Køepek (pokraèuje): Wenn der junge Herr aus diesem Wetterwinkel als deutscher Abgeordneter . . . (Výkøik: Was hat das mit dem Deutschtum zu tun?) . . . die Vertretung der deutschen Volksinteressen darin erblickt, daß er uns, die wir den kernhaftesten Teil des deutschen Volkes vertreten, die Qualität als Volksvertreter abspricht, dann hat ein Größerer als er das Urteil für ihn geprägt von dieser Stelle aus, der anerkannte Führer der Sozialdemokratie, nicht ich. Wenn Sie als deutscher Abgeordneter für diese Behauptungen keine anderen Argumente haben, dann haben wir für Sie nur das Gefühl des tiefsten Beïauerns. (Výkøiky.) Nicht wir haben gedroht, die Drohung ist von einer anderen Seite gekommen und unser Selbstgetühl muß uns dazu bringen, gegen solche Drohungen Stellung zu nehmen, denn wie man in den Wald hineinruft, so schallt es zurück.
Ich komme jetzt zum zweiten Teil dieser sozial-politischen Frage, und da bin ich nun neugierig, ob die Herren Zwischenrufer nicht auch jetzt unterbrechen werden. Nachdem ich erklärt habe, daß wir keine Furcht vor der Drohung kennen, erkläre ich - und zwar nicht deswegen, weil wir diese Drohung fürchten, sondern weil wir erkennen, daß den Ideen der neuen Zeit Rechnung zu tragen ist daß es in einem freien Volksstaate die Pflicht aller Besitzenden ist, Opfer zu bringen, große Opfer, damit auch den Armen und Besitzlosen ein menschliches Dasein ermöglicht wird. (Výkøiky nìmeckých sociálních demokratù: Vor dem Kriege habt Ihr nicht so gesprochen!) Vor dem Kriege habt Ihr (obrácen k nìmeckým sociálním demokratùm) erklärt, geradezu im Tone der Überhebung: "Und die ganze Welt steht still, wenn unser starker Arm es will, und wir werden den Krieg nicht zulassen und werden in den Generalstreik treten." Wo haben Sie den Krieg aufgehalten? Es hat nie eine größere Prahlerei gegeben und nie eine größere Niederlage, als Sie mit dieser Behauptung erlitten haben. (Výkøiky nìmeckých poslancù. Hluk. - Pøedseda zvoní. - Výkøiky posl. Windirsche. Posl. Kreibich: Windirsch kommt nach der Verurteilung durch das Wuchergericht direkt ins Abgeordnetenhaus! Posl. Windirsch k posl. Kreibichovi: Roter Soldatenschinder! Posl. Kreibich: Wann habe ich Soldaten geschunden? - Rùzné výkøiky. Hluk. - Pøedseda zvoní.)
Das deutsche Landvolk und alle
jene, die mit ihm Leiden und Freuden des Lebens teilen, steht
den Bestrebungen des Arbeiterstandes am nächsten und zwar aus
dem Grunde, weil es am meisten arbeiten muß und weil es sich in
dieser seiner Arbeit nur dadurch von ihm unterscheidet, daß es
täglich mehr Stunden arbeitet als Sie. Aus diesem Grunde gönnen
wir einem jeden Arbeiter seinen Lohn, er soll sein menschliches
Dasein finden und es werden uns keine Zwischenrufe irremachen
in unserer Überzeugung, daß wir daran mitarbeiten müssen, für
soziale Wohlfahrt und für alle jene gesetzlichen Maßnahmen einzutreten,
die geeignet sind, eine Verbesserung der Lage des Arbeiterstandes
herbeizuführen. Ihre Zwischenrufe zeigen förmlich, daß Sie das
Wohl des Arbeiterstandes allein gepachtet haben wollen. (Veselost.)
Für das Wohl der Volksgenossen und für das der Genossen des
Arbeiterstandes im ganzen Lande und im ganzen Volke zu wirken,
ist aber nicht Ihr Vorrecht, das ist die Pflicht aller, die dem
Staate und dem Volke angehören. (Výbornì! Potlesk. - Odpor
nìmeckých soc. demokratù. - Rùzné výkøiky. Hluk.)
Místopøed. Buøíval (zvoní):
Prosím, pánové, o klid!
Posl. Køepek (pokraèuje): Ich komme jetzt zum dritten wichtigen Punkte der Staatsrede des Herrn Ministerpräsidenten und das ist die Ernährungsfrage. In der Ernährungsfrage gibt es zwei große geteilte Meinungen, die in zwei Heerlager geschieden sind: die einen, die sagen, wir können von der gebundenen Wirtschaft nicht lassen, wir müssen sie beibehalten, sie ist die einzige Gewähr dafür, daß wir über diese Not hinwegkommen. Die anderen sagen: gebt die Nahrungsmittel frei! Meine Herren! Man soll nicht vorschnell urteilen; eines Mannes Rede ist keines Mannes Rede. Die nächste Zukunft wird ja lehren, was das Bessere ist oder das Bessere gewesen wäre. Für die eine Richtung ist eines die Voraussetzung: die Anhänger dieser Richtung müssen ein großes und unbedingtes Vertrauen haben zu der Ehrlichkeit und Rechtschaffenheit der Zentralenwirtschaft. (Hlasy nìmeckých poslancù: Das hat man ja gesehen!) Sie müssen überzeugt sein, daß auf diesem Wege das Volk, welches zu ernähren ist, und der Staat, welcher bestehen will, beide bestehen können. Wir haben auf diesem Gebiete sehr trübe und sehr traurige Erfahrungen gemacht. Darüber besteht bereits ein Urteil im Volke. Über die Zentralen hat die Bevölkerung abgeurteilt. Volkes Stimme ist Gottes Stimme. Den anderen, die da sagen: Gebt die Lebensmittel frei, denen wird entgegengehalten: Ja, wer hat den Mut, heute mit dieser Reform hervorzutreten? Und sie haben Recht. Eine solche Sache ist von uns hier leicht ausgesprochen, aber von der verantwortlichen Regierung schwer gemacht. Das gestehe ich zu.
Zu einer großen Reform gehört aber immer Mut und Entschluß. Eines ist wahr: Die Erfahrung lehrt, daß mit der Sperrung, mit dem Zwange der Höchstpreise sofort die wichtigsten Nahrungsmittel unter der Hand verschwunden sind. Sie sind nicht unter die Erde gekommen, aber sie sind in unrechte Hände geraten. Und das ist ein großer Krebsschaden in unserer Ernährungsfrage. Ich will nicht mit bösen Worten - sie lägen sehr nahe - hier kommen, ich will nur darauf hinweisen, daß uns hier sehr genau bekannt ist, wie die Mehrheitsverhältnisse in diesem Parlament liegen. Die Mehrheit wird sich für die Beibehaltung der Zwangswirtschaft entscheiden, die Verantwortung hiefür hat sie dann auch zu tragen.
Und nun möchte ich zurückkehren zum Ausgangspunkt meiner Ausführungen, mit Offenheit und Wahrheit. Der Herr Ministerpräsident hat in seiner Staatsrede auch eine Einladung zur Teilnahme an den Staatsgeschäften, an der Regierung ausgesprochen. Kollege Seliger hat in seiner ausgezeichneten Rede diese Frage nur flüchtig berührt, er ist darauf nicht direkt eingegangen, er ist daran vorübergegangen mit der Erklärung, diese Frage sei heute nicht aktuell. Ich weiche der Wahrheit nicht aus. Die Teilnahme an der Macht und Regierung in einem Staate ist für jedes Volk immer aktuell. Es kommt nur darauf an, ob diesem Volke die Möglichkeit geboten ist, diesen Schritt zu tun. Da wiederhole ich das, was ich schon angedeutet habe: An der Türe hier soll es angeschlagen stehen bleiben: "Wiedergutmachung! " Sie haben jetzt das Wort, Sie haben jetzt die Macht, und infolgedessen haben auch Sie die Pflicht, auf diesem Wege voranzugehen; und wenn Ihnen daran liegt, daß es in diesem Staate einmal zu Ruhe u. Frieden und zu gemeinsamer Arbeit komme, so möchte ich Sie errinnern an das Wort des alten Staatsmannes Taaffe, welches er uns in einer Sitzung des österreichischen Parlamentes in einer wichtigen Frage des Völkerstreites zurief: "Meine Herren, denken Sie selber darüber nach! "
Es wird nur an Ihnen liegen, die Mittel und Wege zu finden. Mit geringfügigem Entgegenkommen ist da nichts getan, es müssen wirkliche und wertvolle Sachen sein, die Sie auf dem Wege der nationalen Gleichberechtigung dem deutschen Volke entgegenbringen. Das liegt an Ihnen (Výkøiky.), Sie erwidern uns: "Wir werden nicht das tun, was uns das alte Österreich getan hat."
Sie haben in diesem alten Österreich sich bedrückt gefühlt, Sie haben ihm vorgeworfen, daß es Ihnen Ihre nationale Entwicklung als Volk vorenthalte, daß es lhnen Ihre politische Freiheit nicht in jenem Maße gebe, wie Sie den Bedürfnissen Ihrer Nation entspricht. Sie haben diesen Vorwurf erhoben, Sie haben diese Forderungen auf nationalem und politischem Gebiete zu Ihrem Programm gemacht und Sie haben dieses Programm insoweit vertreten, daß Sie die Krönung Ihrer Forderungen in der Aufrichtung eines eigenen Staates verlangt haben, als Sie noch österreichische Staatsbürger waren. Und als die Not und Gefahr über diesen Staat im Weltkrieg hereinbrach, haben Sie dieses Programm nicht sinken lassen. Sie haben ihre fähigsten Köpfe ins Ausland geschickt, um mit dem Feinde zu verhandeln, Sie haben im Inlande planmäßig diesem Staat die Mittel versagt, um den Krieg zu führen, Sie haben dadurch zur Zertrümmerung dieses Staates beigetragen. Das haben Sie getan, um zu Ihren nationalen Rechten und Freiheiten zu gelangen.
Und nun haben Sie Ihren eigenen Staat aufgerichtet und haben uns in diesem Staat mit Hilfe der siegenden Weltmächte festgehalten, und nun sind wir mit der gleichen, nationalen Bedrängnis an Ihre Stelle getreten. Sehen Sie denn nicht, welches Beispiel Sie selbst vor kurzer Zeit hier aufgestellt haben, und daß man es nur abzuschreiben braucht? Sie haben die Tätigkeit dem deutschen Volkes selbst vorgezeichnet, wie man sich in einem solchen Staat und gegen einen solchen Staat zu verhalten hat. (Souhlas a potlesk nìmeckých poslancù.) An diesem Beispiele mögen Sie erkennen - denn es gibt weise und einsichtsvolle Männer genug in Ihren Reihen, die schon lange die Grenzen sehen, über die man nicht hinausgehen kann - an diesem Ihrem eigenen Beispiel mögen Sie erkennen, daß der Herr Ministerpräsident und die Regierung mit starker Hand, rechtzeitig und fest werden eingreifen müssen, damit nicht das geschieht, was ein großer Landsmann dereinst in seiner Antwort an den Kaiser ausgesprochen hat; es war Wallenstein, als er auf dem höchsten Gipfel seiner Macht die Botschaft des Kaisers bekam, von seiner Absetzung, die ihn aber nur noch mehr erhoben hat. Er sagte den Boten und zeigte auf den Globus: "Aus den Sternen können die Herren ersehen, wie der Spiritus des Kurfürsten - das war der Bayernfürst - den Spiritus des Kaisers dominiert." Sorgen Sie dafür, daß der Spiritus des Kurfürsten Kramáø (Hluèná veselost.) nicht weiter den Spiritus des Ministerpräsidenten dominiert! (Veselost.) Dann werden Sie den Geist gebannt haben, der in erster Linie schuld daran ist, daß es hier in diesem unglückseligen Lande zu keinem Frieden kommt. (Místopøedseda dr. Hruban pøevzal pøedsednictví.)
Das èechische Volk und der èechische
Staat stehen in ihrer Schicksalstunde, und wenn dem èechischen
Volke in dieser Schicksalstunde nicht der Stoff ausgegangen ist,
aus dem es seine bedeutenden Männer macht, die im Stande sind,
in einer solchen Stunde das Volk als Staatsvolk höheren Zielen
zuzuführen, wenn ihnen die ser Stoff nicht ausgegangen ist, müssen
sich jene Männer finden, die im Stande sein werden, diese große
Aufgabe zu lösen. (Výkøik: Lodgman!) Ich rede von Ihren
Reihen. Wir stehen in der Ab wehr, unsere Aufgabe ist es nicht,
mit Vorschlägen zu kommen. Sie sind im Besitz der Macht, und auch
das ist eine Pflicht des Besitzes. Wenn sich solche Männer finden
werden, dann wird der Weg gangbar werden, aber wie gesagt, der
Weg, den die Entente gegen die Besi egten in dem Wort der Welt
verkündet hat, das lautet: "Wiedergutmachung". Ich empfehle
Ihnen, in diesem Geiste an der Zukunft Ihres Volkes und Ihres
Staates weiter zu bauen, dann werden Sie die Möglichkeit nicht
ausgeschlossen haben, daß auch die anderen Völker, wenn die Bedingungen
dazu erfüllt sind, sich an der Arbeit beteiligen. Bis dahin aber
bleibt uns gar nicht anderes übrig, als zu warten. Ich bin das
sonst nicht gewohnt, und tue es nie, ich spreche nie zum Fenster
hinaus, aber ich muß sagen, meine Herren: auch unser Volk draußen
wartet, es steht in einer schweren Notlage und nicht nur Ihr Volk,
auch unser Volk erwartet von hier nicht bloß Reden, sondern auch
eine wirkliche Arbeit. Wir sind nicht imstande, eine solche Arbeit
für unser Volk heute zu leisten und darum müssen wir unserem Volke
zurufen: "Deutsches Volk, magst zuwarten, aber magst ruhig
sein! Fest steht die Vertretung eurer unveräusserlichen politischen
und nationalen Rechte auch in diesem Volkshaus in der Republik
am Moldaustrand! " (Hluèný souhlas.)
Hohes Haus! Die Debatte, die nunmehr dem Ende entgegengeht, hat die äußere und innere Struktur, die äußere und innere Stärke, wenn das Wort erlaubt ist, dieses Staates vor aller Welt aufgehellt. Das, was wir von der Ministerbank über Teschen gehört haben, zeigt, daß das Wort von den alliierten und assoziierten Mächten nichts anderes ist, als eine ironische Paraphrase der Tatsache, daß der èechoslovakische Siegerstaat ein Vasallenstaat der Entente ist, daß seine äußere Politik gemacht wird nach dem Diktat von Paris, und daß auch dort, wo er selbst Entscheidungen aufruft, seine äußeren Willenskundgebungen lediglich beeinflußt werden vom Diktat der Entente. Und in der inneren Struktur ist einmal endlich an der Stelle, die hiefür zuständig ist, das, was ich schon einmal hier in diesem Hause in einem Zwischenrufe die größte Lüge der Weltgeschichte genannt habe, aufgehellt worden, die Verlogenheit des Friedensinstrumentes von Versailles und St.-Germain und die Verlogenheit des darauf basierenden, sogenannten Minoritätenschutzgesetzes, die sich in den Worten ausdrückt, daß die Völker Böhmens, Mährens, Schlesiens und der Slovakei sich freiwillig zum Verbande der èechoslovakischen Republik zusammengeschlossen hätten. Denn nicht nur Deutsche aller Richtungen und Schattierungen, nicht nur Ungarn, sondern auch Slovaken, und zwar Slovaken, die nicht Magyaronen sind, die in Magyarien für ihre slovakische Volkszugehörigkeit im Kerker geschmachtet haben, haben hier gegen die zwangsweise Eingliederung ihres Volksbodens in den èechoslovakischen Staat protestiert, gegen die Unwahrheit, gegen die Fiktion der èechoslovakischen Sprache. (Výkøiky: To není pravda!)
In der èechoslovakischen Geschichte scheinen sich politische Anschauungen noch rascher zu wandeln, als sonst in der politischen Geschichte anderer Nationen. Sie gestatten, daß ich hierfür den Mann zitiere, der heute die Geschäfte des Staates führt. Mir liegt eine Äußerung vor, die ein Herr Abgeordneter Vlastimil Tusar - er ist in diesem Hause nicht ganz unbekannt - am 2. Oktober 1918, damals als die Krise des österreichisch-ungarischen Staates herannahte, im österreichischen Abgeordnetenhause tat, in der er sagte: "Wir stehen auf der Grundlage des nationalen Selbstbestimmungsrechtes. Wir sind keine österreichischen Regierungsmenschen, wir sind keine solchen österreichischen Minister, die etwas anderes reden, etwas anderes machen. Wenn wir sagen, wir wollen jeder Nation ihr volles Recht geben, dann wollen wir das auch machen." Meine Herren, wenn wir den Vlastimil Tusar vom 2. Oktober 1918 mit dem jetzigen Ministerpräsidenten Vlastimil Tusar vergleichen, wenn wir uns daran erinnern, daß er in dem Augenblicke, da er doch in dem Besitze eines Stückchens Macht ist, vom Selbstbestimmungsrecht kein Wort gesagt hat, dann werden Sie meine Äußerung begreiflich finden, wenn ich sage, daß die Worte in der Regierungserklärung, die von Demokratie, Freiheit und Gerechtigkeit sprach, nichts Anderes als eine schlechte politische Satire sind, die, wenn nicht die deutsche Seite dieses Hauses politisch gut geschult wäre, gewissermaßen eine gute politische Kinderstube, mit hundertstimmigen deutschen Hohngelächter hätte aufgenommen werden müssen. (Sehr richtig!) Man ladet uns von dieser Stelle zur Mitarbeit ein und zur Loyalität. Nur wissen wir nicht, ob man an die Mitarbeit freier Menschen oder an die Mitarbeit von Sklaven und Knechten appelliert. Zuerst ließ man sich von der Entente die Fata morgana des Selbstbestimmungsrechtes borgen. Als dann Deutschland sich waffenlos gemacht, die Waffen gestreckt hatte im Vertrauen auf die Versprechungen des großen Philosophen jenseits der Pfütze, (Hlas: Gehirnkranker Philosoph!) da besetzte man unser Land mit Waffengewalt, da machte man uns zu Sklaven, da nahm man uns unser Eigentum weg, setzte unser Leben unter Zwangsordnung, dann schneidet man uns, gestatten Sie das Bild, noch förmlich die Zunge heraus, indem Ihre Geschäftsordnung die Sprache von 4 Millionen überhaupt nicht kennt (Hluèný potlesk nìmeckých poslancù.) und dann kommt man und wirbt um unsere loyale Mitarbeit. Wir seien, hat heute ein Professor hier gesagt, ein Universitätsprofessor, angeblich kein vollwertiges Kulturvolk. Ein Hochschullehrer hat von dieser Stelle heute hier erklärt, angeblich wäre die Kultur, die wir Deutsche in Böhmen hätten, ja gar keine deutsche Kultur. Ich werde darauf noch ein ganz klein wenig zurückkommen.