Pondìlí 7. února 1910

Landtagssekretär Dr. Haasz und Landtagsaktuar Dr. Maschek (lesen abwechselnd):

Interpellation des Abgeordneten Karl Iro und Genossen an Seine Exzellenz den Herrn Statthalter Grafen Coudenhove, betreffend die ungesetzliche Anwendung der Stremayrschen Sprachenverordnungen bei den Gerichten der Stadt Eger.

In einem kürzlich in Wien gehaltenen Vortrage sagte der Egerer Rechtsanwalt Dr. Josef Karg inbezug auf den Gebrauch der Sprachen bei den Gerichten in Eger u. a. folgendes:

"Der seit länger als Jahresfrist in Böhmen tobende Sprachenkampf hat mit auffallender Heftigkeit ein Gebiet ergriffen, das gegenüber den anderen deutschen Gauen Böhmens eine bemerkenswerte geschichtliche und staatsrechtliche Ausnahmsstellung einnimmt.

Haupt und Mittelpunkt dieses Gebietes, des im nordwestlichen Winkel Böhmens gelegenen Egerlandgaues, ist Eger, die alte, ehemals freie deutsche Reichsstadt.

Schon in der Staufenzeit, und zwar im Jahre 1234, wird Eger als Reichsstadt genannt und blieb auch nach der Verpfändung an Böhmen reichsunmittelbares Gebiet.

Oftmals, namentlich im 15. Jahrhundert, wurde die Stadt zu den Reichstagen geladen und in den Reichsmatrikeln denannt, so 1480 und selbst noch 1514.

Nach den Staufen kam das Egerland in den Besitz des Königs Ottokar II. von Böhmen, der es aber im Kriege mit Rudolf von Habsburg an das Reich zurückgeben mußte.

So blieb Eger in der Folge Reichsland, bis der deutsche König Ludwig der Bayer 1314 das Egerland an den König Johann von Böhmen für 20.000 Mark Silber zur Anerkennung für geleistete Kriegsdienste in der Schlacht bei Mühldorf verpfändet und 1322 wirklich abgetreten hat.

Schon am 23. Oktober 1322 erläßt der neue Pfandherr des Egerlandes, König Johann von Böhmen, eine förmliche Verfassungsurkunde, in der die staatsrechtliche Stellung des verpfändeten Gebietes zur Krone Böhmen bestimmt festgestellt und abgegrenzt wurde.

Von dieser Zeit an also war Eger mit Böhmen, jedoch nicht mit dem Staate, sondern mit der Krone verbunden, und zwar als unmittelbares Reichsland, als geschlossenes Gebiet mit allen Territorialrechten, mit Vorbehalt der Reichshoheit, unmittelbar unter den König selbst gestellt und jedem Einflusse der böhmischen Ständekammer entzogen.

Seit den Freiheitsbriefen Rudolfs von Habsburg, 1279, und König Johanns, 1322, haben alle Könige und Kaiser das geschlossene Gebiet des Egerlandes, seine staatsrechtliche Sonderstellung, sowie die besonderen Rechte der Stadt und des Landes in Majestätsbriefen anerkannt und wiederholt zu schützen und zu achten erklärt.

Der letzte Akt der politischen Selbständigkeit Egers erfolgte durch den Beitritt der Egerer Stände zur pragmatischen Sanktion des Hauses Oesterreich im Protokolle vom 23. Juli 1721, worin neben der Pfandstellung die besonderen Privilegien und Rechte der Stadt Eger ausdrücklich verwahrt wurden.

Die pragmatische Sanktion erscheint nach ihrem Inhalt als ein Vertrag, geschlossen vom Monarchen, dem damals alleinigen Träger aller Staatsgewalt, mit dem als selbständiges Rechtssubjekt anerkannten Egerer Gebiete; bei der fortbestehenden Gültigkeit der pragmatischen Sanktion bedeuten die Sprachenverordnungen offenbar einen rechtswidrigen Eingriff in das durch einen solennen Vertrag bekräftigte Recht auf den ausschließlichen Gebrauch der deutschen Sprache im amtlichen Verkehre in Eger, und dadurch wird es wohl begreiflich, daß dieser Rechtsbruch den äußersten Widerstand im Egerlande herausfordern muß.

Der böhmische Patriot und Geschichtsschreiber Palacky hat seinen Konnationalen einmal die Worte zugerufen: "Beim Egerland müssen Sie Halt machen; wenn Sie wollen, daß Ihre Rechte geachtet werden, so müssen Sie auch die alten Rechte des Egerlandes respektieren!"

Die jetzigen Regisseure der tschechischen Politik denken und handeln anders. Nach Eger muß der Feuerbrand geworfen werden, um in dieses feste Bollwerk des Deutschtums Bresche zu legen.

Ein ganzes Komplott tschechischer Advokaten hatte im Herbste vorigen Jahres die Egerer Gerichte mit tschechischen Klagen und Eingaben überhäuft.

Der ausgesprochen provokatorische Charakter mußte jedem klar sein und ist ja auch, wie bekannt, der Nachweis fingierter Klagen im Syndikatsprozesse gegen Landesgerichtsrat Dr. Freyer gerichtlich erbracht worden.

Die Antwort aus die tschechische Herausforderung war die Abweisung von provokatorischen Eingaben.

So verdanken wir denn der tschechischen Propaganda nicht nur die recht gesunde Aufrüttelung aus dem nationalen Schlummer, sondern auch eine gründliche Erfassung unserer Rechtslage im Kampfe um die Wahrung unserer Sprache.

Wir Egerländer müssen namentlich zwei deutschen Richtern (Landesgerichtsräten Dr. Stöhr und Dr. Freyer) Dank und Anerkennung zollen, weil sie unsere Rechtslage mit den Waffen scharfen juridischen Geistes mannhaft verteidigt und befestigt haben.

Gegen die Abweisung tschechischer Eingaben wurde Beschwerde eingebracht. Das Egerer Kreisgericht hat die Beschwerde abgewiesen.

Die Begründung der rekursgerichtlichen Entscheidung (Berichterstatter Landesgerichtsrat Dr. Stöhr) ist so klar und scharf, so eingehend und sorgfältig und dabei in eine so leicht faßliche Form gebracht, daß mit der Mitteilung der wesentlichsten Entscheidungsgründe der juristische Teil unseres Themas wohl am besten erledigt ist.

Das Kreisgericht, sagen die Entscheidungsgründe, ist der Ansicht, daß die Verwerfung der Klage den Bestimmungen des § 13 der allgemeinen Gerichtsordnung vom 1. Mai 1783, welche durch den Artikel 1 des Einführungsgesetzes zur gegenwärtig geltenden Zivilprozeßordnung aufrecht erhalten worden sind, entspricht.

Nach § 13 der allgemeinen Gerichtsordnung haben beide Teile sich in ihren Reden der landesüblichen Sprache zu bedienen. Das Wort "landesüblich" kann, wie aus dem Worte "Sprache" und aus dem Vergleiche mit § 14 der westgalizischen Gerichtsordnung hervorgeht, nur dahin ausgelegt werden, daß unter "landesübliche Sprache" im Sinne des § 13 der allgemeinen Gerichtsordnung nur die im Lande bei Gericht übliche Sprache zu verstehen ist.

Diese Auslegung findet ihre Stütze auch in den Bestimmungen des § 4 des kaiserl. Patentes vom 9. August 1854, R.-G.-Bl. Nr. 208 (welches das Verfahren in außerstrittigen Rechtsangelegenheiten regelt), und den §§ 100, 163 und 198 der Strafprozeßordnung vom Jahre 1873, in welchen Gesetzen von "bei Gericht üblichen Sprachen", von "gerichtsüblicher Sprache" und von "Gerichtssprache" die Rede ist. Da für das Verfahren in außerstrittigen Rechtsangelegenheiten und in Strafsachen doch keine anderen Grundsätze für den Gebrauch der Sprache der Parteien gelten können, als für das Verfahren in Streitsachen, so müssen die bezogenen gesetzlichen Vorschriften auch als gesetzgeberische Auslegungen des § 13 der allgemeinen Gerichtsordnung im Sinne des § 8 des allg. bürg. Gesetzbuches angesehen werden.

Die Bestimmungen des § 13 der allgemeinen Gerichtsordnung, in dem angeführten Sinne aufgefaßt, gelten aber gegenwärtig noch, weil seit der Erlassung derselben und der zitierten zwei anderen Gesetze kein Gesetz, wodurch diese Vorschriften abgeändert oder aufgehoben worden wären, erlassen wurde und weil nach § 9 des allg. bürg. Gesetzbuches Gesetze so lange ihre Kraft behalten, bis sie von dem Gesetzgeber abgeändert oder ausgehoben werden.

Auch die Berufung aus den Art. XIX des Staatsgrundgesetzes vermag an der obigen Anschauung vom Fortbestande der Geltung des § 13 der allgemeinen Gerichtsordnung nichts zu ändern, da zu dem Art. XIX des Staatsgrundgesetzes, der nur einen allgemeinen Rechtsgrundsatz enthält, ein denselben ausführendes Gesetz bisher nicht erlassen wurde.

Aus der auf § 9 allg. bürg. Gesetzbuch gestützten Anschauung geht endlich hervor, daß § 13 der allgemeinen Gerichtsordnung auch durch die Ministerialverordnung vom 19. April 1880, die Taaffe-Stremayrsche Sprachenverordnung für Böhmen, nicht ausgehoben werden konnte, da der Inhalt des § 1 dieser Verordnung mit der Bestimmung des § 13 der allgemeinen Gerichtsordnung im Widerspruche steht, die Verordnung in diesem Teile demnach nicht auf Grund dieses Gesetzes erlassen wurde und somit gemäß Art. XI des Staatsgrundgesetzes vom 21. Dezember 1867, R.-G.-Bl. Nr. 145, nicht gültig erscheint.

Aus diesem Grunde ist auch der letzten der sogenannten Sprachenverordnungen vom 14. Okt. 1899, der Claryschen Sprachenverordnung für Böhmen, eine Bedeutung für die Beurteilung der in Rede stehenden Frage nicht beizumessen. Durch sie wurde die Sprachenverordnung vom 24. Feb. 1898, die Gautschsche Sprachenverordnung, ausgehoben und bestimmt, daß bis zur "gesetzlichen" Regelung für den Gebrauch der Landessprachen jene Bestimmungen und Grundsätze provisorisch in Anwendung zu kommen haben, welche hiefür bis zum Zeitpunkte der Wirksamkeit der Ministerialverordnung vom 5. April 1897, der Badenischen Sprachenverordnung, maßgebend gewesen sind.

Wenn schließlich der Rekurswerber auf Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes verweist, so ist ihm die Bestimmung des § 12 allg. bürg. Gesetzbuch entgegenzuhalten, wonach die richterlichen Urteile nicht die Kraft eines Gesetzes haben und aus andere Fälle oder andere Personen nicht ausgedehnt werden können, und überdies zu bemerken, daß auch der Oberste Gerichtshof in einer Entscheidung vom 3. November 1897, Z. 9682, die obige Auslegung des § 13 der allgemeinen Gerichtsordnung in einem bei dem k. k. Bezirksgerichte Eger anhängig gewesenen Rechtsfalle ausgesprochen hat.

Da es nun "gerichtsbekannt" ist, daß im Sprengel des k. k. Bezirksgerichtes in Eger und somit auch bei diesem nur die deutsche Sprache üblich ist - nach der letzten Volkszählung vom Jahre 1900 hatte der Bezirk Eger von 37.852 Einwohnern 37.637 Personen, die sich zur deutschen Umgangssprache bekannten und nur 159 Personen, welche sich zu einer slawischen Sprache bekannten - so haben sich die Parteien nach § 13 der allgemeinen Gerichtsordnung auch nur der deutschen Sprache als der hier allein landesüblichen Landessprache zu bedienen.

Der Oberste Gerichtshof, an welchem der Egerer Fall im weiteren Rechtszuge gelangte, hat es fertiggebracht, die kreisgerichtliche Entscheidung in ihrer Gänze als unrichtig hinzustellen. Sie widerspreche nämlich, wie die Begründung des Obersten Gerichtshofes ausführt, dem Art. XIX des Staatsgrundgesetzes und den auf ihm fußenden Ausführungsverordnungen. Der Art. XIX habe in Uebereinstimmung mit dem Grundsatze, der in § 13 der allgemeinen Gerichtsordnung ausgesprochen sei, die Gleichberechtigung aller landesüblichen Sprachen in Schule, Amt und öffentlichem Leben anerkannt. Diese Bestimmung habe, wie dies das Reichsgericht in seiner Entscheidung vom 13. April 1905, Z. 115, ausgesprochen habe, für Böhmen die Bedeutung, daß jede der in diesem Lande üblichen Sprachen nicht bloß in ihrem Gebiete, sondern im ganzen Lande gleichberechtigt sei. Daher seien die Behörden verpflichtet, die in Böhmen in einer der beiden Sprachen verfaßten Eingaben ohne Rücksicht darauf, ob die betreffende Sprache am Sitze des Amtes landesüblich sei oder nicht, anzunehmen. Sie sei aber auch verpflichtet, sie in dieser Sprache zu erledigen, weit die Sprachenverordnungen vom 19. April 1880, vom 14. Oktober 1899, welche, wie dies der Oberste Gerichtshof zu wiederholten Malen selbst und ebenso das Reichsgericht in dem gedachten Erkenntnis aussprachen, als eine von den möglichen Ausführungsmodalitäten des Staatsgrundgesetzes anzusehen seien (!!!), die nähere Bestimmung getroffen hätten, daß die Behörden verbunden wären, das Einschreiten in derselben Sprache zu erledigen, in welcher es erging.

Kein Mensch wird in diesen Gründen eine ernste Widerlegung der kreisgerichtlichen Entscheidung entdecken. Wenn indes schon ein Defizit an selbständigen Gedanken und Argumenten vorhanden war, so hätte es immerhin doch der eigenen Würde des obersten Tribunals besser entsprochen, das reiche Hausarchiv und insbesondere den vorhandenen Schatz der Judikate zu benützen, als ein nicht sehr glückliches Erzeugnis des Reichsgerichtes auszustöbern und aufzutischen.

Ein ganz flüchtiger Blick in das Judikatenbuch hätte genügt, daß Art. XIX mit der Gerichtssprache gar nichts zu tun hat, als bloßer Grundsatz zur Judikatur in der Sprachenfrage nicht verwendbar ist, und daß die einzige Möglichkeit der Ausführung dieses Grundsatzes nur das Gesetz sein kann.

Art. X des Staatsgrundgesetzes über die richterliche Gewalt und dessen bezügliche Ausführungsgesetze bilden zum Art. XIX die zutreffendste Analogie.

Nacht Art. X des Staatsgrundgesetzes vom 21. Dezember 1867 über die richterliche Gewalt sind die Verhandlungen vor dem erkennenden Richter in Zivil und Strafrechtsangelegenheiten mündlich und öffentlich.

Wie jedermann weiß, war das zivilgerichtliche Verfahren bis zum 1. Jänner 1898 nicht öffentlich und nicht mündlich, sondern schriftlich.

Die in dem Staatsgrundgesetze verheißene Mündlichkeit und Oeffentlichkeit des Verfahrens in Zivil und Strafsachen konnte erst durch die beiden Prozeßordnungen als Ausführungsgesetze erfüllt werden.

Wäre dies auch im Verordnungswege denkbar gewesen? Gewiß niemals!

Die Tschechen bezeichnen bezüglich der sogenannten äußeren Gerichtssprache als Mindestmaß ihrer Forderungen den Zustand, wie er durch die Stremayrsche Verordnung geschaffen worden ist.

Wenn das, was in der Stremayrschen Sprachenverordnung enthalten ist, oder auch nur Aehnliches Gesetz wird, so ist Deutschböhmen verloren, der Tschechisierung von Wien und Niederösterreich Tür und Tor geöffnet und die Slawisierung des ganzen Staates nur noch eine Frage der Zeit.

Hier handelt es sich um Sein oder Nichtsein, die Sprachenfrage ist fürwahr die Lebensfrage Oesterreichs.

Die Stremayrsche Sprachenverordnung ist echtes tschechisches Staatsrecht, welches, wenn es einmal gesetzlich anerkannt wäre, im weiteren Verlaufe seiner Unersättlichkeit die österreichische Verfassung und den Staat in Trümmer schlüge. Daß diese Sprachenverordnung tschechisches Staatsrecht ist - wenn es auch vorderhand aus Klugheit noch nicht dafür ausgegeben wird - will ich Ihnen an einigen Beispielen auf dem Gebiete des Straf und Zivilrechtes zu zeigen versuchen.

Ich wähle Beispiele, die jeden Tag sich verwirklichen können, und trage nur die Farbe etwas stärker auf, damit das Bild deutlich hervortrete und die Nutzanwendung auch dem Laien sofort in die Augen springt, daß Gesetze derart beschaffen sein sollen, daß sie den Bedürfnissen der Bevölkerung entsprechen.

Nun zu dem Beispiele aus dem Strafrechte.

Wählen wir ein Egerländer Dorf, bei Eger oder Franzensbad gelegen, es heißt Trebendorf, zum Schauplatze.

Ein tschechischer Handwerksbursch berührt auf seiner Wanderschaft auch dieses Dorf, bettelt von Haus zu Haus, wird aber gerade in dem größten Bauernhofe, wo er das ausgiebigste Almofen erwartete, etwas unsanft abgewiesen. Er droht, schwört dem Bauer Rache und zündet ihm abends richtig die Scheuer an. In flagranti erwischt, wird er von den Bauern dem Gerichte eingeliefert.

Schwurgerichtsverhandlung in Eger!!!

In welcher Sprache soll nun verhandelt werden? Hier sitzt ein Hofrat, ein gebürtiger Egerländer, also unbestreitbar deutsch, der Richtersenat ist deutsch, der Schriftführer, der Staatsanwalt und Verteidiger find deutsch, die Zeugen und Sachverständigen sind ebenfalls deutsch. Die Geschwornen verstehen kein Wort tschechisch und sind echte Egerländer, ebenso wie die gesamte Zuhörerschaft. Daß auch der Privatbeteiligte, das unglückliche Opfer des Racheaktes, kerndeutsch ist, erscheint im Hinblicke auf den Tatort wohl selbstverständlich. Wie soll nun da verhandelt werden?

Der gesunde Menschenverstand sagt: "deutsch", es kann ja gar nicht anders verhandelt werden, als deutsch. Es ist eine Menschenunmöglichkeit, daß tschechisch verhandelt werde, weil kein einziger von den Beteiligten diese Sprache versteht.

Was sagt die Sprachenverordnung? Man höre und staune! Sie sagt: Es muß tschechisch verhandelt werden und auf diese Bestimmung ist sie ganz besonders stolz.

Der Grundsatz, daß in Strafsachen sich alles nach dem Angeklagten zu richten habe, daß alle Anträge, Beschlüsse und Erkenntnisse und insbesondere die Vorträge des Staatsanwalts und des Verteidigers in jener Sprache zu geschehen habe, deren sich der Held des Stückes zu bedienen geruht, wird für die Quintessenz juridischer Weisheit erklärt.

Ich frage also: Warum muß hier tschechisch verhandelt werden? - - Und finde auf diese Frage keine andere Antwort, als: Das tschechische Staatsrecht verlangt es.

Um es noch klarer zu machen, erlaube ich mir, noch eine kleine Variante zu unterlegen.

Unser tschechischer Handwerksbursch trieb sich lange Zeit im Auslande herum, am längsten im benachbarten Bayern und Sachsen, und spricht deshalb auch wirklich ganz perfekt deutsch. Es wäre ihm wohl sonst ganz gleichgültig, ob die Verhandlung gegen ihn in tschechischer oder deutscher Sprache durchgeführt wird, doch der verirrte Sohn des glorreichen Königreichs ist nebenbei ein bewußter Patriot und verlangt sein nationales Recht.

Wie soll verhandelt werden? Die Sprachenverordnung bleibt dabei: tschechisch! Warum?

Hegen Sie, meine Herren, noch einen Zweifel, daß die Sprachenverordnung nichts anderes ist, als die Verwirklichung des tschechischen Staatsrechtes?

Nun lassen Sie mich zu dem Beispiele auf dem Gebiete des Zivilrechts übergehen.

In Königsberg a. E. ist großer Viehmarkt. Ein tschechischer Viehhändler aus der Pilsner Gegend, der die deutsche Sprache radebricht, daß Gott erbarm, bringt eine Simmentaler Kuh, ein Prachtstück, auf den Markt und verkauft sie an den Huberbauern aus Hartessenreuth. Das Geschäft wurde natürlich in deutscher Sprache abgeschlossen. Die Kuh melkt weniger, als ausdrücklich zugesagt wurde und der Bauer verweigert die Zahlung des zurückgehaltenen Kaufpreisrestes.

Prozeß in Eger!

Der Viehhändler klagt in tschechischer Sprache. Was hat zu geschehen? Antwort der Sprachenverordnung: Die tschechische Klage wird tschechisch erledigt und dem deutschen Bauer, der kein Wort davon versteht, mit einem tschechischen Beschlusse zugestellt; bei der Verhandlung kann der Viehhändler meinetwegen "Hrom a peklo" fingen, der Bauer versteht ihn nicht und erst bei der Verkündung des Urteils merkt der Bauer, um was es sich in der Klage eigentlich gehandelt hat.

Wenn dann vielleicht der Rechtsfreund des sachfälligen Bauern die Berufungsschrift mit dem Satz einleiten würde, daß wir Deutsche im geschlossenen Sprachgebiete doch noch recht weit von einem befriedigenden Rechtsverfahren entfernt sind, so riskiert er überdies eine empfindliche Geldstrafe, trotzdem er doch nichts anderes als nur die bittere Wahrheit bekundet hätte.

Ich glaube, die vorgeführten Beispiele reichen vollständig aus, um deutlich zu zeigen, daß die Sprachenverordnung den Bedürfnissen der Bevölkerung nicht genügt, ja denselben geradezu Hohn spricht und daß sie ausschließlich den Zwecken des tschechischen Staatsrechts dient, welches man auf diese Weise einzuführen und festzulegen bestrebt ist.

Den tschechischen Aspirationen entsprechend sollten kürzlich zwei Verhandlungen beim Schwurgerichte Eger in tschechischer Sprache durchgeführt werden.

Die Egerer Bevölkerung war darüber einig, dagegen den äußersten Widerstand aufzubieten.

Damals siegte wirklich die Vernunft, das Gericht ordnete die Zuziehung eines Dolmetsches an.

Darob großer Sturm im Tschechenlager, der sich in einer Interpellation des Justizministers Luft machte.

Als Mitunterzeichner dieser Interpellation, welche das urdeutsche Egerland in gemischtsprachiges Gebiet verwandelt, erscheint auch der Professor an der rechts und staatswissenschaftlichen Fakultät der böhmischen Universität Dr. Jaromir Èelakovsky!

In der Interpellation wird ausgeführt:

"Am 5. Dezember hat beim Kreisgericht in Eger eine Schwurgerichtsverhandlung stattgefunden, bei welcher Zeugen tschechischer Nationalität, die sich bei ihrer Einvernahme der tschechischen Sprache bedient haben, durch einen dem Gerichtshose nicht angehörenden Richter, u. zw. durch den LGR. Freyer, denselben, welcher die Revolte der deutschen Richter gegen die tschechische Sprache angefangen habe, einvernommen und ihre Aussagen in deutscher Sprache protokolliert wurden. Die Institution eines Dolmetsches der landesüblichen Sprache bei den staatlichen Behörden in Böhmen sei unbekannt. Dieses Vorgehen verstoße gegen die Staatsgrundgesetze und die Stremayrschen Sprachenverordnungen und beleidige die Gefühle der tschechischen Majorität aufs tiefste. Die Interpellanten fragen, ob der Leiter des Justizministeriums dahin wirken wolle, daß die geltenden Gesetze und Verordnungen über den Sprachengebrauch in Böhmen auch von den Richtern im gemischtsprachigen Gebiete respektiert und eingehalten werden."

Schade, daß der Leiter des Ministeriums nicht sofort die Antwort gegeben hat; sie wäre am besten mit der Gegenfrage erteilt, ob denn den Interpellanten die Bestimmung der §§ 163 und 248 Str.-Pr.-O. nicht bekannt sei, gemäß welcher die Vernehmung eines Zeugen, welcher der Gerichtssprache nicht kundig ist, nur mit Zuziehung eines beeideten Dolmetsches stattzufinden hat?

Den Höhepunkt der Unvernunft hat die Stremayrsche Verordnung im § 10 erstiegen, welcher bestimmt, daß die Eintragungen in die öffentlichen Bücher und öffentlichen Register in der Sprache des mündlichen oder schriftlichen Ansuchens zu vollziehen sind.

Ist diese Bestimmung nicht förmlich ein Spott aus die Publizität, den obersten Zweck der Grundbuchsgesetzgebung?

Im Dorf Unterschön bei Eger ist seit einigen Jahren ein Tscheche Besitzer eines größeren Bauernhofes. Die zahlreichen Grundbuchseintragungen während dieser Besitzzeit sind durchwegs tschechisch.

Wird hier nicht das öffentliche Buch ins Gegenteil verkehrt und sein Inhalt nicht tatsächlich der öffentlichen Einsichtnahme entzogen und verborgen?

Daß solche Zustände unhaltbar seien, hat selbst der frühere Ministerpräsident Baron Beck in einer Unterredung zugegeben.

Die Zweckwidrigkeit der Sprachenverordnung liegt so klar auf der Hand, daß jedes weitere Wort darüber überflüssig erscheint.

Also vorerst die Fessel hinweg die so empfindlich einschnürt und die Stellung der Deutschen in der Sprachenfrage zu ihrem größten Nachteil beengt.

Die Aufhebung der Stremayrschen Verordnung spätestens im Zeitpunkte der Vorlage eines Sprachengesetzentwurfes erscheint für die Herstellung des status quo ante die unerläßlichste Voraussetzung.

Eine gerechte Lösung der Sprachenverhältnisse vom Standpunkte der wirklichen sozialen und nationalen Bedürfnisse ist bei gutem Willen durchaus nicht so schwierig, als man allgemein annimmt.

Die Geschichte der letzten Dezennien lehrt, daß nur allein die einsprachige Gleichberechtigung dem Lande den Frieden wiedergeben kann, daß dagegen die von den Tschechen bei allen Aemtern geforderte, aber in keinem tatsächlichen Bedürfnisse gelegen Zweisprachigkeit den nationalen Kampf nimmer zur Ruhe kommen läßt, da hiedurch naturgemäß heftige nationale Reibungen verursacht und unausgesetzt Druck und Zwang erzeugt werden."

Unter Hinweis auf diese Ausführungen richten die Gefertigten an Seine Exzellenz den Herrn Statthalter die Anfrage, ob er geneigt sei, bei der obersten Justizbehörde auf diese ungesetzliche Anwendung der Stremayrschen Sprachenverordnungen inbezug auf den Sprachgebrauch bei den Egerer Gerichten aufmerksam zu machen und dahin vorstellig zu werden, daß die Leitung des Egerer Kreisgerichtes darauf aufmerksam gemacht werde, daß in Eger einzig und allein nur die deutsche Sprache als die beim dortigen Gericht übliche Sprache zu gelten habe?

Prag, am 7. Feber 1910.

Abg. Karl Iro und Genossen.

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