Oberstlandmarschallstellvertreter Dr. Urban:
Anfrage der Herren Abgeordneten Zuleger, Krützner, Mayer,
Meixner, Ungermann, Ansorge, Größl, Reitterer und Genossen
an Seine Exzellenz den Herrn Statthalter, betreffend die Rekultivierung
des durch Bergbau verwüsteten Gebietes von Böhmen.
Landtagsaktuar Dr. Maschek (liest):
Anfrage an Seine Exzellenz den Herrn Statthalter des Königreiches
Böhmen, betreffend die Rekultivierung des durch Bergbau verwüsteten
Gebietes von Böhmen, gestellt von den Abgeordneten Zuleger,
Krützner, Mayer, Meixner, Ungermann, Ansorge, Größl,
Reitterer und Genossen.
I. Ist Seiner Exzellenz bekannt, daß
der hohe Landesausschuß des Königreiches Böhmen
die Subvention für das Rekultwierungsbureau eingestellt hat,
was auch die Einstellung der Staatssubvention für das obbezeichnete
Bureau zur Folge haben müßte?
II. Ist Seiner Exzellenz bekannt, welch große
volkswirtschaftliche Bedeutung die Rekultivierung jener durch
den Bergbau verwüsteten Gebiete des Königreiches Böhmen
zur Folge haben würde?
III. Was gedenkt Seine Exzellenz zu tun, um
wenigstens die staatliche Subvention für dieses Institut
aufrecht zu erhalten?
IV. Ist Seine Exzellenz geneigt, beim hohen
k. k. Ackerbauministerium eine Erhöhung der staatlichen Subvention
zu befürworten, um den Ausfall der Landessubvention zu decken,
um diese segensreiche Institution im Interesse der ganzen Bevölkerung
des nordwestlichen Braunkohlengebietes dauernd zu erhalten und
auszugestalten?
V. Ist Seiner Exzellenz bekannt, daß
sowohl das Bürgermeisteramt in Dux, als auch der Rekultivierungsausschuß
der im Kohlengebiete befindlichen Bezirke sich bereits an alle
deutschen Abgeordneten gewandt haben, um diese so nutzbringende
Institution dem Lande zu erhalten?
Anbei folgt beigeschlossen das Ersuchen des
Bürgermeisteramtes Dux betreffs Erreichung der jetzigen Staats
und Landessubvention.
Bürgermeisteramt Dux, am 2. Feber 1910.
G. Z. 879/1910.
P. T. Der Stadtrat der Stadt Dux hat mit Erstaunen
Kenntnis erhalten, daß vom Landesausschusse für das
Königreich Böhmen die Subvention für das Duxer
Rekultivierungs-Bureau gestrichen werden soll, weshalb auch das
k. k. Ackerbau-Ministerium die Subvention für denselben Zweck
in den Staats-Voranschlag nicht mehr aufgenommen haben soll, und
der weitere Bestand des Rekultivierungs-Bureaus in Frage gestellt
ist.
Bei der eminenten Wichtigkeit dieser Institution
erscheint es unbedingt notwendig, daß von Seite aller Vertreter
von Stadt und Land sofort Schritte unternommen werden, damit diese
segensreiche Einrichtung nicht nur weiter bestehe, sondern so
ausgestaltet werde, daß die mit so viel Fleiß bisher
geleisteten Vorarbeiten und Projekte in die Tat umgesetzt werden,
ferner alle Mittel bewilligt werden, welche die Rekultivierung
des devastierten Landes möglich machen.
Das k. k. Ackerbau-Ministerium hat seinerzeit
die Zusage gegeben, das hiesige Rekultivierungs-Bureau mit demselben
Betrage wie der Landesausschuß für das Königreich,
Böhmen zu subventionieren, bei dem Umstande jedoch, als der
Landesausschuß die Subvention nun gestrichen hat, in konsequenter
Weise eben auch die staatliche Subvention gestrichen.
Es wird das höfliche Ersuchen gestellt,
unverzüglich mit allen Mitteln dahin zu wirken, daß
sowohl vom Landesausschusse für Böhmen, wie vom k. k.
Ackerbau-Ministerium die Subvention für das hiesige Rekultivierungsbureau
wieder bewilligt werde.
Mit dem Ausdrucke der vorzüglichen Hochachtung
zeichnet
der Bürgermeister Krisch m. p.
Seiner Hochwohlgeboren Herrn Theodor Zuleger,
Reichsrats und Landtagsabgeordneten, Prag, Landtagsgebäude.
Prag, am 7. Feber 1910.
Abg. Zuleger und Genossen. |
Oberstlandmarschallstellvertreter Dr. Urban:
Anfrage der. Herren Abgeordneten Ingenieur Peters und Genossen
an Seine Exzellenz den Herrn Statthalter.
Landtagssekretär Dr. Haasz (liest):
Anfrage der Abgeordneten Ingenieur Peters und Genossen an Seine
Exzellenz den Herrn Statthalter in Angelegenheit der Tätigkeit
der Landeskommission für Flußregulierungen im Königreiche
Böhmen.
Ist es Seiner Exzellenz bekannt, daß
sich der allgemeine Unwille in fachmännischen und Interessenkreisen
gegen das bisher von der hohen Landeskommission für Flußregulierungen
im Königreiche Böhmen angewendete Regierungsverfahren
bereits in Aussätzen der Tagespresse in einer Weihe äußert,.
daß es sicherlich geboten erscheint, einen gründlichen
Wandel eintreten zu lassen?
So erschien in Nummer 32 der "Bohemia"
vom 1. Feber 1910 eine beachtenswerte fachmännische Außerung
folgenden Inhalts:
"Seit Beginn der Tätigkeit der Landeskommission
für Flußregulierungen sind bereits rund 40 Millionen
Kronen für Flußregulierungen ausgegeben worden. Seit
einem Zeitpunkte, welcher den staatlichen Rechnungsabschlüssen
zu Grunde liegt, sind ferner bis heute rund 13 Millionen auf Meliorationen
im Lande Böhmen verausgabt worden und außerdem sind
es wohl schon mehr als 70 Millionen, welche die Moldau-Elbe-Kanalisierung
erfordert hat. Mit diesen ganz gewaltigen Mitteln ist also im
Laufe der letzten Jahre eine Unmenge von Veränderungen an
unseren schließlich in der Elbe vereinigten Wasserläufen
hervorgerufen worden. Und ich behaupte nun aufs bestimmteste:
Der Einfluß aller dieser Veränderungen auf unser wichtigstes
- weil schiffbares - Stück Elbe muß sich allmählich
immer bedrohlicher gestatten, den sie dienen alle mannigfachen
anderen Zwecken, stehen aber fast ausnahmslos im geraden Gegensatze
zum Hochwasserschutze.
Man ist unter dem Vorsitze des Statthalters
mit der Flußregulierungsaktion bisher ganz gründlich
entgleist und hat das eigene, ganz unanfechtbare Flußregulierungs-"Grund-programm",
aber auch so ganz und gründlich im Stiche gelassen, daß
es nur wie ein Hohn auf das Geschaffene zu lesen ist. Aus den
schönen Grundsätzen, die sich die autonome Landeskommission
als ihre erste Arbeit aufstellte und die gerade bei Beginn der
Durchführung ihrem Wortlaute entsprechend am meisten hätten
zur Geltung kommen sollen, ist geradezu das Gegenteil geworden.
Damals, als sich die Landeskommission ihr Arbeitsprogramm machte,
war sie von dem Pflichtgefühl durchdrungen, das es sich lediglich
um Verbesserung der Wasserwirtschaft handeln könne. In der
Wirklichkeit hat man bisher bis auf eine recht bescheidene Ausnahme
nur Ufer reguliert und die Wasserwirtschaft schwer verschlechtert.
Für 40 Millionen hat man Flußbette eingeengt, die Flußwindungen
abgeschnitten, in den keineswegs schiffbaren Nebenflüssen,
Hindernisse nnd Unregelmäßigkeiten derSohle beseitigt
und die Seitenwände der neuen Flußschläuche recht
glatt gepflastert, hiebei die naturgemäße Wiederbestockung
mit Weiden und Erlen gründlichst verhindernd. Man hat hiebei
gegen jene Naturgesetze gefrevelt die seit Darwin in der allgewaltigen
Entwicklungslehre festgelegt worden sind und die auch für
uns Ingenieure erst recht gelten. Wenn sich nämlich an einem
Flusse derartige Hindernisse für den Wasserlauf und insbesondere
leicht überschwemmbare Verflachungen der Ufer seit jeher
besinden, so war hiedurch auch die ganze Besiedlung nach flußabwärts
beeinflußt. Man kann da ganz gut behaupten, daß alle
menschlichen Ansiedlungen von den höchsten Hochwässern
wieder beseitigt worden sind oder wären, welche über
das Maß der weiter oben herrschenden Ablaufverhältnisse
fürwitzig entstanden sind. Das ist nichts anderes, als das
Darwinische Selbstauslesegesetz ins Gebiet der Wasserwirtschaft
übertragen.
Nun hat schon die mit der zunehmenden Bevölkerungszahl
verbundene Notwendigkeit der Vermehrung der Ackerfläche in
den letzten Jahrhunderten gefetzlicher Regellosigkeit zu jener
bedeutenden Einschränkung des Waldbestands geführt,
die mit Recht als Ursache der seither viel größer gewordenen
Hochwasserschäden an unserer schiffbaren. Elbestrecke angeführt
werden. Daß diese Elbestrecke selbst des für sie so
hochbedeutsamen Schiffsverkehrs wegen stark eingeengt und allerorts
mit Uferpflasterungen oder Ufermauern versehen wurde, kommt wohl
auch ein wenig mit in Betracht, muß aber als zwingende Notwendigkeit
erklärt werden. Ebenso die solgende Tatsache, die eine weise
Behörde durch Gegenmaßregeln schon längst auszugleichen
gehabt hätte. Die Besiedlung der Elbeufer hat nämlich
angesichts der seit Einführung der Dampfschiffe und anderer
Hilfsmitel gewaltig gestiegenen wirtschaftlichen Bedeutung der
Flußschiffahrt hiefür die Grenzen des Natürlich-Zulässigen
überschritten. Die Behörden, die diese steuerkräftigen
Ansiedelungen in neuerer Zeit, wie jene Entwaldungen in früherer
Zeit duldeten, wenn nicht sogar förderten, haben es aber
seit jeher unterlassen, in genügendem Maße mit Wiederaufforstungen
einzusetzen und für eine Vermehrung der Hochwasserzurückhaltung
zu sorgen. Da es ganz gewiß unmöglich ist, durch Aufforstungen
wieder auf das ursprüngliche Maß des von den unkultivierten
Waldmassen früherer Jahrhunderte gebildeten Hochwasserschutzes
zurückzukommen, darf auch das zu den Arbeiten der Landeskommission
gehörige, durchaus zu billigende Einsetzen mit Wiederaufforstungen
doch als nur recht wirkungsschwach, ja nicht zu hoch eingeschätzt
werden.
Unser Land war in früheren Zeiten auch
viel reicher an Teichen, wie die zumeist noch bestehenden Dämme
zeigen. Auch diese Teiche wirkten mit bei der damals viel größeren
Zurückhaltung der Wolkenbruch und Schneeschmelzwässer.
Man sollte meinen, daß gerade in bezug auf Wieder und Neuherstellung
von Teichen die Gesetzgebung schon längst recht entgegenkommend
hätte sein sollen. Erst das ganz neue Meliorationsgesetz
hat hier deutlicher Abhilfe geschaffen, aber es sollte auch noch
ein mehrjähriger Grundsteuernachlaß dazukommen, um
auch einzelne kleinere Grundbesitzer zum Teichbaue anzueifern.
Sicher ist, daß zehn kleine Teiche in bezug auf Hochwasserzurückhaltung
wirksamer sind, als ein einziges Stauwerk mit der Summe der zehn
Fassungsräume, weil die zehn kleineren, seichteren Teiche
in ihrer Gesamtheit eine viel größere Flächenwirkung
besitzen. Diese Erwägung sollte die Regierung bestimmen,
den Kleinteichbau ganz besonders zu sördern, zumal noch die
Ausnützung der Teiche für die Fischzucht und Eisgewinnung
als volkswirtschaftlicher Förderzweck dazukommt. Daß
im Polzengebiete mehrere große aufgelassene Teiche wieder
hergerichtet werden sollen, muß somit als das kleine An
eichen einer Besserung in der behördlichen Auffassung betrachtet
werden, ist aber auch nur ein bescheidenes Teilchen von dem, was
wiedergutzumachen ist.
Es dürfte somit wohl allgemein verständlich
genug dargetan sein, daß gegenüber jenem Gleichgewichtszustande,
wie ihn die Natur in ungezählten Jahrtausenden, zwischen
Hochwasser und menschlicher Besiedlung hergestellt hatte, bevor
der Eigennutz neuzeitlicher Kultur störend eingriff, die
ganz geringfügigen Versuche von Wiederaufforstungen und Wiederbespannungen
alter Teiche lange nicht genügen, das alte Gleichgewicht
wieder herzustellen, geschweige denn, die enormen Verschlechterungen
der allerletzten Jahre wieder auszugleichen. Und eben diese, dem
Elbetale Verwüstung und unberechenbaren Verdienstentgang
bringenden Verschlechterungen der Wasserablaufverhältnisse
hat jene Landeskommission unter dem Vorsitze des Statthalters
veranlaßt, welche berufen sein soll, die ihr zugewiesenen
123 Millionen zum allgemeinen Nutzen des Landes aufzuwenden. Das
erste Drittel dieses Betrages ist gänzlich daneben gegangen.
Hoffentlich wird die Einsicht immer allgemeiner,
daß so nicht fortgewirtschaftet werden darf. Insbesondere
von den obersten Fachleuten der Landeskommission muß erwartet
werden, daß sie ernstlich ihr Gewissen prüfen und sich
nicht fernerhin von den Politikern das Heft aus den Händen
winden lassen, die nichts weiter von der Sache verstehen, als
ihren Wählern vermeintliche Regulierungswohltaten zu ergattern".
Ist nun Seine Exzellenz gewillt, im Sinne dieser
Ausführungen, durch welche das bisherige Vorgehen der hohen
"Landeskommission für Flußregulierungen im Königreiche
Böhmen" in durchaus nicht übertriebener Weise charakterisiert
ist,
I. eine fachmännische Uberprüfung
des bisherigen Gesamterfolges in der Weise anzuordnen, daß
vor allem die Hydrologen ihr Gutachten abzugeben haben werden,
in welchem Maße die Wasserstandsverhältnisse der schiffbaren
Elbe durch das bisher verwirklichte Regulierungsverfahren verschlechtert
worden sind und
II. die hohe Landeskommission sodann zu verhalten,
durch eine genaue Einhaltung der im § 1 ihres eigenen Grundprogrammes
festgelegten Grundsätze nicht nur alles Versäumte wieder
einzubringen, sondern künftighin lediglich im Sinne wirklichen
Hochwasserschutzes, berechnet auf die hiefür empfindlichsten
Uferstrecken des gesamten böhmischen Hauptflußgebietes,
ihre baulichen Maßnahmen zu treffen?
Prag, am 4. Feber 1910.
Abg. Ing. C. Peters und Genossen.
Oberstlandmarschallstellvertreter: Interpellation
des Abg. Wüst und Genossen an Seine Exzellenz den Herrn Statthalter
Grafen Coudenhove.
Landtagssekretär Dr. Haasz und
Landtagsaktuar Dr. Dvoøák
(lesen abwechselnd):
Interpellation des Abg. Wüst und Genossen
an Seine Exzellenz den Herrn Statthalter Grafen. Coudenhove, betreffend
die Subventionierung bei Wettbewerbausschreibungen der Zentralstelle
für Wohnungsreform für Oesterreich.
Zur Erlangung einer Sammlung mustergültiger
Skizzen für verschiedene Typen von Kleinwohnungsbauten schreibt
die Zentralstelle für Wohnungsreform in Oesterreich einen
allgemeinen Wettbewerb aus.
A) Allgemeine Bestimmungen:
1. Der Wettbewerb ist offen für alle in
Oesterreich ansässigen Architekten.:
2. Den Bewerbern steht es frei, sich am Wettbewerb
bloß für eine der nachbenannten Kategorien oder für
mehrere, bezw. für alle zu beteiligen.
3. Als Kleinwohnungsbauten gelten solche Wohngebäude,
in welchen bei selbständigen Einzelwohnungen die Bodenfläche
der bewohnbaren Räume (Wohnzimmer, Kammer, Küche) nicht
mehr als 80 m2 beträgt.
4. Gegenstand des Wettbewerbes sind: 1. Einfamilienhäuser
a) einseitig angebaute Doppelhäuser (Kategorie A); b) beiderseits
angebaute Reihenhäuser (Katergorie B). 2. Mehrfamilienhäuser
(mit einer oder mehreren Stiegen, wobei höchstens vier Wohnungen
in einem Geschoß an einer Stiege liegen dürfen) a)
freistehende Objekte (Kategorie C); b) einseitig angebaute Objekte
(Kategorie D); c) beiderseits angebaute Objekte (Kategorie E).
5. Die für die Projektierung maßgebenden
Anforderungen sind in den "Besonderen Bedingungen" zusammengestellt.
Daselbst sind auch die von den Bewerbern zu liefernden Pläne.
Berechnungen und sonstigen Schriftstücke angegeben.
6. Für jede Wettbewerbkategorie ist ein
besonderes Verzeichnis dieser Behelfe zu verfassen, jeder Wettbewerbbestandteil
ist mit einem Kennwort zu versehen, das auch auf einem verschlossenen
Briefumschlag anzubringen ist. Der Brief selbst hat Name, Beruf
und Wohnort des Bewerbers zu enthalten. Auf dem Umschlag kann
auch eine Adresse für die Rücksendung angegeben sein,
die jedoch den Absender nicht erraten lassen darf. Auf der Außenseite
der Verpackung ist in klarer Weise ersichtlich zu machen, auf
welche der genannten Wettbewerbskategorien (A-E) die Arbeit Bezug
hat.
7. Die Entwürfe müssen bis längstens
31. März 1910, mittags 12 Uhr, bei der Zentralstelle für
Wohnungsreform in Oesterreich (Wien I., Stubenring 8) oder unter
dieser Adresse bei einem k. k. Postamte abgeliefert sein.
8. Für jede der genannten fünf Kategorien
sind drei gleiche Preise ausgesetzt und zwar:
600. | |||
600. | |||
900. | |||
900. | |||
1200. | |||
4200, |
welche für jene Arbeiten zur Verfügung
stehen, die den Anforderungen der Wettbewerbbedingnisse entsprechen
und vom Preisgericht als die besten und preiswürdigsten erkannt
werden. Außerdem ist ein Betrag von K 1200. - zum Ankaufe
nicht prämiierter, vom Preisgericht jedoch als ankaufswürdig
bezeichneten Arbeiten aller Kategorien bestimmt.
Falls für eine der genannten Gruppen keine
oder zu wenig preiswürdige Arbeiten vorliegen, kann das Preisgericht
die als Preise vorgesehenen Beträge gleichfalls zum Ankaufe
hervorragender Arbeiten der anderen Gruppen verwenden.
9. Arbeiten, welche den Anforderungen des Arbeiterwohnungsgesetzes
(siehe B) Punkt 7) entsprechen, genießen bei der Preiszuerkennung
und t beim Ankaufe den Vorzug. r 10. Hinsichtlich der preisgekrönten
und der angekauften Entwürfe erwirbt die Zentralstelle für
Wohnungsreform in Oesterreich das Recht, dieselben in ihre Plansammlung
einzureihen und unter Nennung des Verfassers zu veröffentlichen
und verpflichtet sich, die Vorbebaltklausel hinsichtlich des geistigen
Eigentumes aus jedem Blatte ersichtlich zu machen. Den Verfassern
dieser Entwürfe steht es jedoch zu, dieselben auch ihrerseits
zu veröffentlichen und jederzeit Bauten nach denselben auszuführen.
Die Erwerbung des Rechtes, die genannten Entwürfe nach Einzelpersonen
oder Körperschaften, die eine gemeinnützige Bautätigkeit
ausüben, zur Ausführung von Bauten zu überlassen,
bleibt besonderen Vereinbarungen der Zentralstelle für Wohnungsreform
mit den Projektverfassern vorbehalten. Zur Erwerbung solcher Rechte
steht der Zentralstelle ein eigener Kredit zur Verfügung.
(K 2600.-.)
11. Sämtliche zum Wettbewerb einlangenden
Arbeiten werden durch mindestens 8 Tage in Wien ausgestellt. Zeit
und Ort der Ausstellung, sowie das Ergebnis der Preiszuerkennung
und des Ankaufes werden in denselben Zeitschriften bekanntgegeben,
in denen die Ankündigung des Wettbewerbes erfolgt. Außerdem
ist beabsichtigt, das Ergebnis des Wettbewerbes auch der gelegentlich
des IX. Internationalen Wohnungskongresses in Wien, Mai 1910 zu
veranstaltenden Ausstellung anzuschließen. Die nicht prämiierten
und nicht angekauften Entwürfe werden an die angegebenen
Adressen zurückgestellt.
Anmerkung: De
Plansammlung der Zentralstelle für Wohnungsreform steht alten
Interessenten zu Studienzwecken an Wochentagen von 10 bis 1 Uhr
(I. Stubenring 8) zur Verfügung.
B) Besondere Bedingungen:
1. Die Ausschreibung dient jener Richtung der
sozialen Wohlfahrtspflege, die als Wohnungsfürsorge bezeichnet
wird. Infolgedessen ist in erster Linie der landwirtschaftliche
Zweck zu erfüllen, ohne jedoch hiebei das künstlerische
Moment zu vernachlässigen. Die Herstellungskosten der projektierten
Bauten dürfen jene Grenzen nicht überschreiten, bei
welcher sie noch von Personen oder Körperschaften errichtet
werden können, die eine gemeinnützige Bautätigkeit
mit entsprechend niedriger Verzinsung ausüben.
2. Die Wahl der unter A) Punkt 4 genannten Gebäudeformen ist den Verfassern freigestellt. Ausgeschlossen sind nur das allseits freistehende Einfamilienhaus und das sogenannte Vierfamilienhaus nach nebenstehendem Schema.
3. Die Lösungen können sich auf städtische
oder ländliche Verhältnisse beziehen, nur muß
die gewährte Art vom Verfasser speziell angegeben werden.
4. Das Aeußere und Innere der Häuser
soll in seiner Ausstattung einfach, aber geschmackvoll, dauerhaft
und praktisch sein und sich den Lebensgewohnheiten jener Bevölkerungsklassen
anpassen, für welche die Wohnungen bestimmt sind. Ueberall
soll durch Sachlichkeit und Natürlichkeit überzeugend
gewirkt und durch eine einfache Architektur unter Vermeidung von
Zieraten aus unechtem Materiale ein freundlicher, Eintönigkeit
vermeidender Eindruck hervorgebracht werden. Dabei ist eine gefällige,
den traditionellen heimatlichen Formen angepaßte Gestaltung
des einzelnen Gebäudes (eventuell des ganzen Straßenbildes)
anzustreben und auch sonst auf möglich billige Art der Herstellung
Bedacht zu nehmen.
5. Jedes Haus ist für eine bestimmte Gegend
Oesterreichs und für einen in der Situation (Lageplan) genau
zu charakterisierenden Bauplatz zu entwerfen, über dessen
Beschaffenheit (ebenes oder geneigtes Terrain) und Lage zur Himmelsrichtung
und zur Straße bestimmte Annahmen zu machen sind. Bei Kategorie
E ist die Tiefe des Grundstückes mit mindestens 40 Meter
anzunehmen.
6. Die Bauordnungsvorschriften des Ortes, für
den der Entwurf bestimmt ist, müssen eingehalten werden,
wobei jedoch die Bestimmungen über Bauerleichterungen angewendet
werden können.
7. Besonderes Gewicht wird darauf gelegt, auch
Entwürfe zu erhalten, welche den Anforderungen des Arbeiterwohnungsgesetzes
(A. W. G.) vom 8. Juli 1902, R. G. Bl. 144 und der Durchführungsverordnung
zu demselben vom 7. Jan. 1903, R. G. Bl. 6 entsprechen.
8. In allen Fällen ist auf eine zweckmäßige,
den Anforderungen der Hygiene und der Wärmewirtschaft entsprechenden
Raumausnützung bei geringstem Kostenaufwand zu achten und
insbesondere auf eine gute Verbindung der Küche mit den Zimmern
(eventuell auf die Ausgestaltung als Wohnküche) und die praktische
Anordnung des Zugehörs (Speise, Abort, Badezimmer, respektive
-Nische, Veranden, Küchenbalkons, Keller und Bodenabteilungen,
ferner Waschküchen und Trockenboden, endlich bei ländlichen
Gebäuden auch der Stallungen für Kleinvieh) zu sehen.
9. Bei den Wohnungen selbst ist von besonderer
Wichtigkeit die zweckentsprechende Anordnung der Räume und
in diesen der Fenster und Türen, Oefen und Herde, so daß
eine bequeme Stellung der Möbel ermöglicht wird. Alle
Wohnungen sind mit Licht aus dem Freien und durch Fenster zu beleuchten,
welche zu öffnen sind. Die Räume einer jeden Wohnung
(in einem Mehrfamilienhaus) sollen tunlichst vom Treppenabschluß
durch eine kleine Vorflur getrennt sein. Zwei Eingänge zu
einer Wohnung sind zu vermeiden. Die Anordnung eines kleinen Gelasses
als Speisekammer ist nicht Bedingung, aber wünschenswert.
Jede mehrräumige Wohnung soll womöglich durchlüftbar
sein, d. h. nach zwei entgegengesetzten Seiten (Straße und
Hof) Fenster haben. Ferner muß sie einen eigenen Abort besitzen,
der in der Regel nur von der Wohnung aus zugänglich sein
soll. Soweit es möglich ist, sollen bei Mehrfamilienhäusern
Klopfbalkons angeordnet werden, von denen aus eventuell der Abort
zugänglich gemacht werden kann. In städtischen Mehrfamilienhäusern
können auch Verkaufsläden untergebracht sein, die jedoch
für den Fall, als die Objekte nach den Bestimmungen des A.
W. G. entworfen sind, auch den Vorschriften des § 2 al. 4
leg. zit. entsprechen müssen.
10. Die Größe des zum Hause gehörenden
Grundstückes ist mit der für ökonomisch angelegte
Wohnungskolonien zulässigen, bezw. erforderlichen
Minimalgrenze anzunehmen, wobei für die Hauptenster des untersten
Geschosses auf einen Lichteinfallswinkel von 45° Bedacht
zu nehmen ist. (Für Kategorie E siehe Punkt 5.)
11. Jeder Entwurf hat zu enthalten:
a) Eine Situation im beliebigen kleineren Maßstabe
(mit ausgezeichneter NS-Richtung), aus welcher die Einführung
der gewählten Gebäudeform in eine Gruppe von gleichen
oder ähnlichen Gebäuden zu ersehen ist.
b) Die zum Verständnis der Anlage erforderlichen
Grundrisse 1 : 100. In denselben sind die Abmessungen der einzelnen
Zimmer, Küchen, Stiegen und Gänge, dann der Fenster
(im Lichten) anzugeben und die Einrichtung der Wohnung, insbesondere
der Oefen und Betten (1.00/2.00
m), die eventuelle Anordnung von Wandschränken etc. einzuzeichnen,
in den einzelnen Räumen das Flächenmaß einzuschreiben
und die einzelnen Räume in leicht leserlicher Schrift zu
benennen.
c) Eine Ansicht 1 : 100.
d) Einen kotierten Querschnitt (durch die Stiegenanlage)
1 : 100.
e) Eine tabellarische Zusammenstellung der
maßgebenden Daten des Entwurfes genau nach dem aufgelegten
Formulare. Die vorgedruckte Tabelle ist genau auszufüllen;
als Titel für dieselbe ist eine der im Punkte 4 der allgemeinen
Bestimmungen angeführten Bezeichnungen der Gebäudeformen
unter Nennung der zugrundegelegten Bauordnung anzugeben und unter
allen Umständen zu erwähnen, ob die Skizze ein Gebäude
betrifft, welches den Anforderungen des A. W. G. entspricht oder
nicht. Entwürfe, bei denen diese Angabe fehlt, sind von der
Prämiierung und vom Ankaufe ausgeschlossen. Der Name des
Architekten wird erst nach Erledigung des Wettbewerbes eingetragen
werden.
Erwünscht ist ferner: Eine perspektivische
Darstellung des Objektes und eine Beschreibung des Entwurfes (Angabe
der Baumaterialien und dgl.) samt Motivbericht. Auch Modelle sind
zugelassen.
Die Gefertigten erlauben sich deshalb die Anfrage
an Seine Exzellenz zu richten:
Ist Seine Exzellenz geneigt, zu veranlassen,
daß diese Wettbewerbausschreibung seitens der Regierung
mit einer entsprechenden Subvention bedacht wird?
Prag, am 7. Feber 1910.
Abg. Wüst und Genossen. |
Oberstlandmarschallstellvertrerer: Interpellation
des Abg. Karl Iro und Genossen an Seine Exzellenz den Herrn Statthalter
Grafen Coudenhove.