Pondìlí 7. února 1910

Oberstlandmarschall: Antrag der Herren Abgeordneten Robert Hütter und Genossen, betreffend die Zulassung der Feuerbestattung in Osterreich und die damit im Zusammenhange stehende Errichtung von Krematorien.

Landtagsaktuar Dr. Maschek (liest): Antrag der Abgeordneten Robert Hütter und Genossen, die Zulassung der Feuerbestattung in Osterreich und die damit im Zusammenhange stehende Errichtung von Krematorien betreffend.

Im benachbarten Deutschen Reiche und in anderen Nachbarstaaten wird vernunftgemäß der freiwilligen Feuerbestattung nicht das geringste Hindernis in den Weg gelegt. Im Deutschen Reiche bestehen zur Zeit 17 Krematorien und zwar in Bremen, Ehemnitz, Eisenach, Gotha, Hamburg, Heidelberg, Heilbronn, Jena, Karlsruhe, Koburg, Mannheim, Mainz, Offenbach, Pößneck, Stuttgart, Ulm und Zittau. Eine Anzahl derselben befindet sich im Bau. Des Ofteren ließen sich Österreicher nach ihrem Tode ins Ausland überführen und dort verbrennen, weil es im eigenen Lande infolge intoleranter Auslegung der bestehenden Gefetze dermalen nicht möglich erscheint, sich dieser Beerdigungsart zu bedienen, obwohl diese als die idealste bezeichnet werden muß.

Alle Bedenken dagegen wurden nicht nur einmal in der gründlichsten Weise widerlegt.

Wollen wir Österreicher denn in jeder Hinsicht rückschrittlich sein und vor dem Auslande lächerlich erscheinen?

Die Gefertigten stellen daher den Antrag:

Der hohe Landtag wolle beschließen, eine hohe Regierung in der dringendsten und entschiedendsten Weise zu ersuchen, unverzüglich im hohen Reichsrate einen Gesetzentwurf einzubringen, der klar und deutlich die Zulässigkeit der Feuerbestattung ausspricht und damit auch die Erbauung von Krematorien ermöglicht wird.

In formaler Beziehung wird beantragt, diesen Antrag einer besonderen Kommission zuzuweisen.

Prag, am 7. Feber 1910.

Abg. Robert Hütter und Genossen.

Oberstlandmarschall: Ich werde diese Anträge der geschäftsordnungsmäßigen Behandlung zuführen.

Naložím s tìmito návrhy dle jednacího øádu.

Unter den mir vor der letzten Sitzung übergebenen Interpellationen befindet sich auch eine Interpellation an den Oberstlandmarschall, betressend das Vorkommen von Druckfehlern in den offiziellen, an die Landtagsabgeordneten zur Verteilung gelangenden Druckschriften.

In dieser Beziehung erlaube ich mir darauf aufmerksam zu machen, daß § 73 der Geschäftsordnung nur Interpellationen an den Oberstlandmarschall "über die Geschäftsführung des Landesausschusses" zuläßt, so daß Anfragen an denselben als Vorsitzenden des Landtages ausgeschlossen sind. Dieser Grundsatz wurde auch früher immer eingehalten. Ich bin daher leider nicht in der Lage, diese Interpellation der geschäftsordnungsmäßigen Behandlung zuzuführen und ich muß daher diese Interpellation den betreffenden Herren zurückstellen.

Nachdem jedoch in dieser Interpellation auch weiter beanständet und zwar als Druckfehler hingestellt ist, daß wiederholt und von jeher in den Landtags-Drucksorten die Worte "Böhmen" und "böhmisch" stehen, anstatt, wie die Herren für richtiger halten, "Tschechen" und "tschechisch", so nehme ich keinen Anstand, meinen Standpunkt diesbezüglich sofort den Herren mitzuteilen. Es ist nämlich nicht bloß eine langjährige und von jeher bestehende Übung, die Worte "Böhmen" und "böhmisch " zu gebrauchen und nicht "Tschechen " und "tschechisch", sondern es besteht sogar hierüber ein Landtagsbeschluß, und ich erlaube mir diesbezüglich darauf aufmerksam zu machen, daß am 9. April 1861 bereits in dieser Angelegenheit im Landtage debattiert worden ist. Dieser Beschluß vom 9. April 1861, IlI. Sitzung (Seite 24 der Protokolle) ist noch giltig. Damals hat der Herr Abgeordnete Steffens nach dem stenographischen. Protokolle folgendes bemerkt: "Da sich ein Teil der Mitglieder des hohen Landtages durch den Ausdruck "Tscheche" und "tschechisch" verletzt erklärte und gewiß jeder der verehrten Herren Mitglieder vermeiden will, einen Andern zu verletzen, so stelle ich den Antrag, es mögen im Sprachgebrauche des Landtages die oben angeführten Worte offiziell vermieden werden."

Über diesen Antrag, den Fürst Auersperg unterstützt hat, wurde abgestimmt und derselbe zum Beschluß erhoben.

Ich wollte nur die nicht richtige Anschauung, daß es sich um einen Druckfehler handelt, richtig stellen. Es handelt sich nicht um einen Druckfehler, sondern um die Ausführung eines Landtagsbeschlusses.

Mezi interpellacemi se nalézá jedna, která se nad tím pozastavuje, že prý v tiskopisech snìmovních se užívá v øeèi nìmecké "Böhmen" a "böhmisch" místo "Tschechen" a "tschechisch", a bylo na to poukazováno, že se to asi zakládá na chybì tisku. Dovolil jsem si na to poukázati, že v této záležitosti stává usnesení snìmovní a pøeèetl jsem toto usnesení snìmovní z roku 1861.

Es wurde mir eine Anzahl von Anfragen an Seine Exzellenz den Herrn Statthalter übergeben.

Byla mi odevzdána celá øada dotazù k Jeho Excellenci panu místodržiteli.

Dotaz poslance Josefa Sochora a soudruhù k Jeho Excellenci hrabìti Karlu Couvenhoveovi, místodržiteli království Èeského.

Snìmovní tajemník dr. Haasz (ète): Dotaz poslance Jos. Sochora a soudruhù k Jeho Excellenci hrabìti Karlu Coudenhoveovi, místodržiteli království Èeského.

Dne 25. prosince 1909 stala se srážka rychlíku jedoucího z Prahy o 7,20 hodinì ranní k Vídni s nákladním vlakem stojícím na nádraží v Uhersku.

Následky srážky byly hrozné - 13 mrtvých a mnoho tìžce i lehce ranìných.

Obyvatelé Uherska a z okolí pøispìchali ihned na místo neštìstí a súèastnili se se vší obìtavostí veškerých prací záchranných. Za tuto pomoc dostalo se jím všestranného uznání a díkù.

Než tìžce a hluboce urazila tamní obyvatelstvo zpráva, vyskytnuvší se v èasopisech nìmeckých v Praze vycházejících, ve které bylo obèanstvo, súèastnivší se prací záchranných urážlivým zpùsobem napadeno, jako by bývalo okrádalo a olupovalo ranìné a mrtvé.

Tuto potupu tamní lid èeský líbiti si dáti nemùže a nesmí, i èiní proto podepsaní k Vaší Excellenci tento uctivý dotaz:

Jest Vaše Excellence ochotna, dáti zjistiti vinníky a oznámiti výsledek úøedního šetøení, aby tak èest a dobrá povìst obce Uherska a okolí nebyla snižována podobnými bídnými lháøi?

V Praze, dne 4. února 1910.

Jos. Sochor a soudruzi.

Oberstlandmarschall: Interpellation der Abgeordneten Wüst und Genossen an Seine Exzellenz den Herrn Statthalter, betreffend die Wohnungsreform.

Landtagsaktuar Maschek (liest): Interpellation des Abg. Wüst und Genossen an Seine Exzellenz den Herrn Statthalter Grafen Coudenhove, betreffend die Wohnungsreform.

Die Wohnungsreform wird immer notwendiger und hat sich der Landesverband der deutsch-böhmischen Zweigvereine der Z. f. W. des öfteren schon bemüht, durch Vorschläge und gründliche Maßnahmen helfend einzugreifen.

Der Landesverband der deutsch-böhmischen Zweigvereine der Z. f. W. in Österreich ist bestrebt, die Idee der Wohnungsreform in weite Kreise der Bevölkerung zu tragen, um durch Verbreitung des Verständnisses für die Wohnungsfrage tatkräftige Mitarbeiter zu gewinnen. Um den Interessenten Gelegenheit für Aussprache über die bisher erzielten Erfolge, über die weiter einzuschlagenden Wege zu bieten und neue Persönlichkeiten für die Wohnungsfrage zu interessieren und sie durch Belehrung über das bisher Geleistete zur Mitarbeit zu befähigen, hat der Landesverband der deutsch-böhmischen Zweigvereine der Zentralstelle für Wohnungsreform in Österreich am 27. und 28. November 1909 eine Konferenz für Wohnungsreform veranstaltet, für welche die Böhmische Sparkasse ihre schönen Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt hatte.

Hervorragende Fachleute auf verschiedenen Spezialgebieten der Wohnungsfrage waren gewonnen worden, um Referate zu erstatten.

Prof. Dr. Eduard Eichmann sprach über die Bedeutung der Wohnungsfrage für die Volkssittlichkeit und Volksgesundheit, Prof. Dr. Arthur Spiethoff über Bodenfrage, Bodenpolitik und ihre Bedeutung für die Wohnungsfrage, Dr. Fritz Klöckner über die Frage der Kreditbeschaffung für die gemeinnützige Bautätigkeit, Prof. Doktor Heinrich Rauch berg über die Bedeutung der Gebäudesteuer für die Wohnungsreform, Oberbaurat Prof. Theodor Bach über die Bedeutung der Bauordnungen und des Bauwesens für die Wohnungsfrage unter besonderer Berücksichtigung der ökonomischen und künstlerischen Gesichtspunkte.

Der Zweck der Konferenz, Mitarbeiter zu gewinnen, bestimmte den Kreis der einzuladenden Personen: Reichsrats und Landtagsabgeordnete, Beamte der staatlichen Verwaltungsbehörden, Mitglieder und Beamte der Landes, Bezirks und Gemeindevertretungen, Vertreter von Sparkassen, Genossenschaften, der sozialen Versicherung, von Bezirkskrankenkassen, Geistliche, Ärzte, Lehrer u. v. a. Zahlreich waren die Geladenen erschienen. Die Konferenz war ständig von ungefähr 150 Personen besucht.

Der Vorsitzende, Prof. Dr. Rauchberg, eröffnete die Konferenz, indem er die Erschienenen begrüßte und den Zweck und das Programm der Verhandlungen erläuterte. Er kennzeichnet die Wohnungsfrage als einen wichtigen, in Österreich aber noch immer nicht genügend gewürdigten Teil der sozialen Frage. Ein Eingreifen sowohl der staatlichen und autonomen Behörden, als auch der Privaten ist dringend nötig. Um die Reformaktion von einem gemeinsamen Mittelpunkte aus zu leiten, ist am 24. Februar 1907 die Zentralstelle für Wohnungsreform durch Männer aus allen Parteien und Schichten gegründet worden. Daneben bildeten sich lokale Organisationen, die Zweigvereine, welche wiederum in den einzelnen Ländern durch Landesverbände zusammengefaßt werden. Um nun den schon bestehenden Zweigvereinen neue Mitglieder zuzuführen, um ferner neue Zweigvereine ins Leben zu rufen, um das Interesse für die Wohnungsreform zu wecken und die Teilnehmer in die einzelnen Spezialgebiete der Wohnungsfrage einzuführen, ist die Konferenz einberufen worden. Prof. Rauchberg entwickelt dann das Programm der Konferenz, kommt weiter auf die Satzungen der Zentralstelle und ihre Organisation zu sprechen und gibt einen kurzen Überblick über die bisherigen Leistungen der Zentralstelle.

Prof. Eduard Eichmann deckt zunächst den innigen Zusammenhang auf zwischen dem Wohnungsproblem und den Fortschritten der Industrialisierung. Die ländlichen Proletarier strömeu nach den Städten in der Hoffnung, dort leichter Beschäftigung zu finden, dort das Leben besser und freier genießen zu können. Mit diesem Anwachsen der städtischen Bevölkerung hat aber die Bautätigkeit durchaus nicht gleichen Schritt gehalten. Die Folgen davon sind Wohnungsnot und weiterhin Überfüllung der Wohnungen durch Aufnahme von Aftermietern und Bettgehern.

Die Wohnungskalamität zehrt an der Lebenskraft des Volkes. Die Hoffnung und die Zukunft eines Volkes beruhen darin, daß ein geistig und körperlich gesundes Geschlecht heranwachse, welches menschenwürdig leben und wohnen kann. Dieses junge Geschlecht kann der Familie nicht entbehren. Um aber ihre Aufgabe zu erfüllen, dazu benötigt die Familie ihr eigenes, abgeschlossenes Heim, das vor dem Eindringen fremder, fragwürdiger Elemente bewahrt bleibt.

Redner schildert hierauf die Folgen, welche die Wohnungsüberfüllung für die Volkssittlichkeit und Volksgesundheit zeitigt. Ohne Licht und Luft wachsen die Kinder heran und furchtbar wütet in ihren Reihen Tod. Täglich sehen sie die schlimmsten Beispiele vor Augen. Kein Wunder, wenn die Kinder zu Verbrechern und Dirnen werden. Auch die Schlafgänger und Aftermieter finden "zu Hause" keine Behaglichkeit. Für den Schlafburschen muß die Kneipe, für das Mädchen die Straße das Heim ersetzen.

Nicht weniger schlimm sind die Folgen für die Volksgesundheit. Die engräumigen, dicht bevölkerten Wohnungen sind die gefährlichsten Krankheitsherde. Es ist eine bewiesene Tatsache, daß ein Parallelismus besteht zwischen Wohnungselend und Sterblichkeit. Wenn das Leben des Proletariers viel rascher verbraucht wird, als das der höheren Stände, so tragen die Wohnungsverhältnisse einen erheblichen Teil der Schuld daran.

Zum Schlusse fordert der Redner zur Mitwirkung an der Wohnungsreformaktion auf. Die Schwierigkeiten mögen noch so hoch sich auftürmen, es steht zu viel auf dem Spiele, als daß wir nicht über die Unterschiede des Standes, der Partei, der Konfession hinweg uns die Hand reichen wollten, um unserem Volke die vitalsten Güter zu erhalten, von welchen feine Zukunft abhängt: Gesundheit und Sittlichkeit.

Prof. Dr. Spiethoff bespricht die Zusammenhänge zwischen Wohnungsfrage und Bodenfrage. An der Hand der preußischen Wirtschaftsgeschichte zeigt er, daß es der Verwaltungskunst des Merkantilismus gelungen war, das Emporschnellen der Bodenpreise zu verhindern und eine dem Bedürfnisse entsprechende Wohnungsproduktion im Gange zu erhalten. Erst dem 19. Jahrhundert blieb es vorbehalten, die Erstellung einer der wichtigsten Bedingungen der Wohnungsproduktion der Privatspekulation zu überantworten. Gewiß ist das Emporschnellen der Grundrente eine Reflexwirkung der Zusammenballung großer Volksmassen in den Städten und Industrieorten. Aber durch eine umsichtige Ansiedlungs und Verkehrspolitik kann diese Zusammenballung verhindert und das gewerbliche Leben dezentralisiert werden. Durch eine vorausschauende Bodenpolitik können und sollen die Gemeinden das Gelände für die Ausdehnung städtischen Lebens in ihren eigenen Besitz bringen, durch Beschränkungen das Emporschnellen der Grundrente verhindern und so den durch die Arbeit Aller geschaffenen Wertzuwachs der Gesamtheit sichern. Jedenfalls müssen die Gemeinden bestimmen den Einfluß auf den Grundstückmarkt erlangen. Sie dürfen nicht selbst, gleichsam als Geschäftsteilhaber, in den Kreis der Grundspekulanten eintreten, sondern sowohl ihre Verwaltungsbefugnisse, als auch ihre wirtschaftliche Stellung als größter Grundbesitzer für eine der Wohnungsproduktion förderliche Gestaltung der Grundstückpreise einsetzen. Die hiezu erforderlichen Maßnahmen bespricht Prof. Spiethoff im einzelnen, er tadelt die bisherige Verständnislosigkeit und die Unterlassungssünden der Städte und fordert sie auf, sich endlich der Aufgaben bewußt zu werden, die ihrer auf diesem Gebiete harren.

Dr. Fritz Klöckner bespricht die Frage der Kreditbeschaffung für die gemeinnützige Bautätigkeit. Bevor er auf sein eigentliches Thema eingeht, kennzeichnet er kurz die wichtigsten Unternehmungsformen der gemeinnützigen Bautätigkeit: 1. Reich, Land und Gemeinde, 2. Arbeitgeber und Stiftungen, 3. private Vereinigungen, zumeist der Selbsthilfe, d. h. der Wohnungsbedürftigen selbst, als da sind: a) Gesellschaften m. b. H., b) Aktiengesellschaften, c) Vereine, d) Baugenossenschaften. Redner kommt nach einem kurzen Überblick über die bisherigen Leistungen der genannten Unternehmungen zu dem Schlusse, daß nach dem Beispiele Deutschlands auch bei uns in Österreich die Lösung der Wohnungsfrage den Organisationen der Selbsthilfe, und zwar in erster Linie den Baugenossenschaften zufällt. Er verweist auf die Schrift Nr. 7 der Z. f. W., welche eine Anleitung zur Errichtung von gemeinnützigen Bau und Wohnungsgenossenschaften samt einem Musterstatut enthält und kommt dann auf die Kreditbeschaffung zu sprechen. In Deutschland hat die Erfahrung gelehrt, daß eine Baugenossenschaft mit einem eigenen Kapitale von 15 Prozent der Bausumme an die Errichtung von Häusern schreiten kann. Es erübrigt demnach die Aufbringung weiterer 85 Prozent, und zwar von 50 Prozent als erste Hypothek und 35 Prozent als zweite Hypothek. Die Aufbringung eines Darlehens bis zur pupillarsicheren Höhe, alfo bis 50 Prozent, bietet keine besonderen Schwierigkeiten. Dieses Darlehen wird bei Sparkassen, Landesund Hypothekenbanken, bei Pfandbriefanstalten, Waisenkassen usw. immer zu einem annehmbaren Zinsfuße von 4 bis 41/2 Prozent zu haben sein. Weitere 35 Prozent als 2. Hypothek zu annehmbaren Bedingungen zu erhalten, war bei uns bis vor kurzem unmöglich. In allerneuester Zeit sind jedoch zwei Kreditquellen für zweite Hypotheken erschlossen worden, und zwar: der Kaiser Franz Josef 1. Regierungs-Jubiläumsfond t 908 und die Arbeiterunfall-Versicherungsanstalt für das Königreich Böhmen. Redner verweist auf die in Nr. 7 der Mitteilungen der Z. f. W. abgedruckten Normativbedingungen

Daß der Gedanke der Notwendigkeit einer durchgreifenden Wohnungsreform auch bereits in Regierungskreisen Wurzel gefaßt hat, beweist der Vorschlag zur Bildung eines Wohnungsfürsorgefonds, welcher in der am 20. Oktober 1909 eingebrachten Gebäudesteuervorlage enthalten ist. Nach diesem sollen die Ersparnisse, die der Staat dadurch macht, daß er die Gebäudesteuerermäßigung nicht eintreten läßt, sondern sie aus die Jahre 1916, 1918 und 1920 beschränkt, zur Bildung eines Wohnungsfürsorgefonds in der Höhe von 10 Millionen Kronen verwendet werden. Nachdem dieser Fonds in erster Linie die Sicherung für zweite Hypotheken zu übernehmen hätte, so könnte er für 80 Millionen Kronen zweite Hypotheken garantieren, was einer Bausumme von insgesamt 230 Millionen Kronen entspräche. Mit einem Ausblick auf die der Sozialversicherung noch vorbehaltenen Leistungen für die Wohnungsreform schließt der Redner seine interessanten Ausführungen.

Prof. Dr. Rauchberg bespricht die Bedeutung der Grundsteuer für die Wohnungsfrage. Er kenntzeichnet die Idee der Regierungsvortage, welche dahingeht, einen Teil des in den Jahren 1911 - 1920 zu erwartenden Steuerzuwachses zur Herabsetzung der Steuer zu verwenden, und hält die Grundzüge der Vorlage für durchaus annehmbar, da ein Erlaß von Steuern bei der ungünstigen Lage des Staatshaushaltes unmöglich sei, sondern nur eine geänderte Lastenverteilung in Betracht kommen könne. Nach einer kurzen Besprechung der Klassensteuer und Fabrikssteuer kommt er auf die bei weitem wichtigste Steuer, die Zinssteuer, zu sprechen. Die Herabsetzung derselben erfolgt für alte Gebäude in 3 Abstufungen, und zwar in den Jahren 1916, 1918 und 1920, für Neubauten tritt der niedrigere Steuersatz sofort in Kraft. Redner weist darauf hin, daß auch diese Herabsetzung, ebenso wie die schon einmal erfolgte, ohne Einfluß auf die Mieten bleiben werde. Das Hauptaugenmerk sei vielmehr auf diejenigen Bestimmungen zu lenken, welche die Regierungsvorlage in bezug aus die Belebung der Bautätigkeit enthält: Sofortige Anwendung der niedrigeren Steuersätze bei Neubauten und sechsjährige volle Steuerfreiheit. Die derzeit giltige nominelle zwölfjährige Steuerfreiheit entspricht einer tatsächlichen Steuerfreiheit von vier Jahren, so daß die Regierungsvorlage ein Geschenk von zwei weiteren Steuerfreijahren gewährt.

Aus den Steuererträgnissen jener Jahre des Übergangsstadiums, in welchen keine Ermäßigung stattfindet, soll ein Wohnungsfürsorgefond gebildet werden, welcher die Garantie für Hypotheken zu Kleinwohnungsbauten über die mündelsichere Grenze hinaus übernehmen

Redner tritt zum Schlusse für die Annahme der Regierungsvorlage ein, mit der Bedingung, daß auch das Arbeiterwohnungsgesetz vom Jahre 1902 einer durchgreifenden Verbesserung unterzogen wird.

Oberbaurat Prof. Theodor Bach spricht über die Bedeutung der Bauordnungen und des Bauwesens für die Wohnungsfrage unter besonderer Berücksichtigung der ökonomischen und künstlerischen Gesichtspunkte.

Im Gegensatze zu der in den letzten Jahrzehnten herrschenden Landflucht hat die städtische Bevölkerung das Bedürfnis, zurückzuströmen, sich an der Peripherie der Stadt niederzulassen. Es handelt sich nun um die Frage: Wie kann durch Maßnahmen der Baugesetzgebung das Rückströmungsbedürfnis und das moderne Wohnungsbedürfnis geregelt und gefördert werden? In erster Linie müssen wir da unser Augenmerk den Bauordnungen zuwenden. Diese kranken trotz der Ergänzungen, die sie erfahren haben, an dem Fehler, daß sie dem bestehenden Ortscharakter wenig oder gar nicht Rechnung tragen, daß sie, was ihre besonderen Vorschriften anbelangt, auf den Bau großer Miethäuser zugeschnitten sind und daß sie aus ihren Ergänzungen nach sozialpolitischer und ästhetisch-pädagogischer Richtung nicht die letzten Konsequenzen ziehen können. Die Bauordnungen der Zukunft werden, indem sie den Anforderungen der Sicherheit des Wohnens wie bisher Rechnung tragen, Wert legen müssen auf eine dem Ortscharakter der Stadt angemessene Entwicklung, auf eine Förderung des Kleinhausbaues sowie auf eine umfassende Entfaltung der gesundheitlichen, sittlichen und ästhetischen Wohlfahrt der Bevölkerung. Haben die Bauordnungen bisher vornehmlich das Bauen gesichert, so müssen sie nunmehr auch das Wohnen fördern; waren sie bisher ein Instrument der Baupolizei, so müssen sie ausgestaltet werden zu einem Instrument der Wohlfahrtspolitik; waren sie bisher bestrebt, der Wohnungssicherheit zu genügen, so müssen sie nun trachten, Wohnungsfreude zu erwecken.

Moderne Bauordnungen werden die Aufgabe haben, dem Einfamilienhaus und dem Kleinwohnungshaus günstigere Entwicklungsbedingungen zu sichern. Der Förderung des Kleinhausbaues wird neben einer Reorganisation der engeren Baubestimmungen vor allem die Ausstellung eines Stadtregelungs und Bebauungsplanes dienen müssen. Bei Aufstellung des letzteren werden bestimmte Stadtgebiete der Anlage von Industrie und Fabriksvierteln, von Arbeiterquartieren oder von Wohnhaus und Villenvierteln vorbehalten werden. Alle diese Maßnahmen werden der Anwendung von Enteignungsgesetzen nicht entbehren können. Ein kräftiges Mittel zur Hebung des Kleinwohnungsbaues ist weiter die Gewährung von Bauerleichterungen, welche jedoch in den Bauordnungen für bestimmte Stadtgebiete schon im vorhinein festgelegt sein müssen.

Eine wesentliche Ergänzung unseres Baugesetzes müßte endlich getroffen werden durch Einführung einer Wohnungsaufsicht.

Mit einem Hinweis auf die Aufgaben, welche die Stadtverwaltungen auch im Hinblicke auf die künstlerische Ausgestaltung der Städte zu leisten haben, schließt der Redner mit den Worten: "Wünschen wir, daß, wenn der Gedanke der Wohnungsreform auch in unseren Landen zum Heile seiner Völker zur Tat ausreift, auch die Zeit gekommen sein möge, in der wir einer neuen schönheitlichen Wiedergeburt unserer Städte entgegensehen dürfen."

Zum Schlusse ergreift der Vorsitzende das Wort, um die Aufgaben zu beleuchten, welche unserer Zweigvereine harren. Er verweist insbesondere auf die vom Landesverbande herausgegebenen Gesichtspunkte für die Tätigkeit der Zweigvereine. Indem er den Anwesenden für ihr Erscheinen dankt und sie auffordert, in die Reihen der Wohnungsreformer einzutreten und werktätig mitzuarbeiten an der Wohnungsreformaktion schließ er die Konferenz.

Mit Rücksicht auf die soeben vorgenommene Begründung einer Wohnungsreform erlauben sich die Gefertigten an Seine Exzellenz die Anfrage zu richten:

Ist Seine Exzellenz der Herr Statthalter geneigt, die Bestrebungen der deutschböhm. Zweigvereine in diesem Sinne zu unterstützen und bei der Regierung hinzuwirken, daß auch von jener Seite alles aufgeboten wird, um die Ziele des genannten Verbandes in unterstützender Weise einer einzelnen Lösung zuzuführen?

Prag, am 7. Feber 1910.

Abg. Wüst und Genossen.

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