Pátek 4. února 1910

Landtagssekretär Dr. Haasz und Landtagsaktuar Dr. Šafaøoviè (lesen abwechselnd):

Anfrage der Abgeordneten Dr. Maly und Genossen an Seine Exzellenz den Herrn Statthalter.

Bereits in der letzten Landtagsperiode wurde seitens der deutschen Abgeordneten eine Anfrage an Seine Exzellenz den Herrn k. k. Statthalter in Angelegenheit der gesetzwidrigen Zustände bei dem Betriebe der elektrischen Straßenbahnen in Prag gerichtet.

Diese Anfrage fand keine Beantwortung, die in der Anfrage gerügten gesetzwidrigen Zustände aber bestehen in unverändertem Maße fort.

Die Unterzeichneten find daher genötigt, die beim Betriebe der elektrischen Straßenbahnen bestehenden, dem Gesetze widersprechenden Zustände zum Gegenstande einer Anfrage an die Regierung zu machen und erwarten dieselben mit Bestimmtheit, daß die hohe Regierung die Gründe für ihr Verhalten in Angelegenheit des Betriebes der Prager elektrischen Straßenbahnen unverzüglich bekannt gibt und im Falte dieselben ihr Verhalten, das sie nach der Anficht der Gefertigten zum Mitschuldigen der Prager Stadtgemeinde als der Eigentümerin und Betriebsführerin der Prager elektrischen Straßenbahnen macht, nicht ausreichend zu rechtfertigen vermag, die Abstellung der in dieser Anfrage, gerügten Gesetzwidrigkeiten ungefäumt veranlassen werde.

Die Unterzeichneten schicken voraus, daß die Prager elektrischen Straßenbahnen unter das Gesetz vom 31. Dezember 1894 Nr. 2 ex 1895 fallen.

Im Artikel XVII dieses Gesetzes ist die Wahrung der sicherheitspolizeilichen Rückfichten und der Schutz der. Interessen vor Beschädigung infolge des Betriebes ausdrücklich der staatlichen Einflußnahme vorbehalten.

In den Kundmachungen des k. k. Eisenbahnministeriums vom 12. Jänner 1897, Nr. 36 und 37 R.-G.-Bl., mit denen der Hauptstadt Prag die Konzessionen zum Betriebe von elektrischen Kleinbahnen erteilt wurden, find die Konzessionäre ausdrücklich, und zwar bei sonstiger Entziehung der Konzession verpflichtet, sich beim Betriebe dieser Kleinbahnen nach den Konzessionsbedingungen und den diesfalls bestehenden, sowie den künftig zu erlassenden Gesetzen und Verordnungen, sowie endlich nach den Anordnungen des k. k. Eisenbahnministeriums und der sonst berufenen Behörden zu verhalten.

Nach den bevorstehenden Vorschriften, von denen hier nur beispielsweise auf die Handelsministerial-Verordnung vom 6. Feber 1897, Z. 3385 verwiesen wird, find die Eisenbahnen verpflichtet, in gemischtsprachigen Gegenden sowohl in den Kundmachungen aller Art, als auch im direkten Verkehre mit dem Publikum die in Frage kommenden Landessprachen anzuwenden.

Die bezogene Verordnung des k. k. Handelsministeriums ordnet bezüglich der Warnungstafeln und der sonstigen auf die Sicherheit des Publikums bezugnehmenden Kundmachungen ausdrücklich und imperativ an:

"Der Text auf den Warnungstafeln ist außer in deutscher Sprache nach Bedarf auch in den betreffenden anderen Landessprachen zu geben."

Die Regierung hat schon in ihren, derzeit noch in Geltung stehenden Verordnungen bei dem Betriebe der Kleinbahnen den Gebrauch der deutschen Sprache ausnahmslos, jenen der übrigen Landessprachen nach Bedarf vorgeschrieben.

Bezüglich der Prager elektrischen Straßenbahnen ist weiters zu berücksichtigen, daß die Stadtgemeinde Prag als Konzessionärin dieser Bahnen Rechtsnachfolgerin der früheren Tramwaygefellschaft ist, welche nach der Konzessionsurkunde und der Betriebsordnung zur zweisprachigen Verkehrsführung verpflichtet war, ferner daß Prag die Hauptstadt eines zweisprachigen Landes ist, in welchem die Deutschen 2/5 der Bevölkerung ausmachen und mindestens die Hälfte der gesamten direkten Steuern tragen, daß in Prag selbst Deutsche in einer sehr beträchtlichen Zahl wohnen, welche zur Deckung der Bedürfnisse der Gemeinde einen weitaus höheren Beitrag leisten, als dem auf Deutsche entfallenden Bevölkerungsperzente entspricht.

Die Deutschen der Provinz, welche vielfach genötigt find, Prag als Sitz der höchsten Staatsund Landesbehörden und de Sitz der obersten Unterrichtsanstalten aufzusuchen, haben ebenso wie die deutschen Bewohner dieser Stadt ein unzweifelhaftes Recht darauf, daß in allen nicht rein privatrechtlichen Unternehmungen und Anstalten - und als solche können die elektrische Straßenbahnen mit Rücksicht auf ihren Zweck und das dem Konzessionär durch die Konzessionsurkunde erteilte Monopol nicht angesehen werden - ihrem sprachlichen Bedürfnisse Rechnung getragen werde, daß in Prag aber das Bedürfnis nach doppelsprachigem Betriebe selbst in rein privatrechtlichen Unternehmungen erforderlich ist, gibt dieselbe Stadtgemeinde Prag dadurch zu erkennen, daß fie in allen ihren Unternehmungen, an denen sie eine Konkurrenz zu fürchten hat (städtische Sparkassa, städtische Brandschaden-Versicherungsanstalt, städtische Gasanstalt) nicht nur doppelsprachig amtiert, sondern über Wunsch der Parteien sogar einsprachige, deutsche Drucksorten verwendet und sogar einsprachig deutsch mit den Parteien schriftlich verkehrt.

Nach dem Gesetze, nach den der Gemeinde Prag erteilten Konzessionsurkunden und nach dem praktischen Bedürfnisse ist die Stadtgemeinde Prag schon verpflichtet, den Betrieb der elektrischen Straßenbahnen im Verkehre mit dem Publikum in allen Belangen zweisprachig zu führen.

Wie sieht jedoch unter stillschweigender Duldung der Regierung der Betrieb auf den Prager elektrischen Straßenbahnen aus?

Sämtliche Wagenaufschriften, Routenangaben, Fahrkarten, Tarife u. s. w. werden nur in tschechischer Sprache angelegt und in Verkehr gebracht; die Warnungstafeln, Kreuzungsanzeigen und die sonstigen, der öffentlichen Sicherheit dienenden Kundmachungen bloß in tschechischer Sprache, also nur zum Schutze der tschechischen Bevölkerung angebracht und den Bahnorganen nicht bloß der Ausruf der Stationen lediglich in tschechischer Sprache vorgeschrieben, sondern denselben der Gebrauch der deutschen Sprache im Verkehre mit dem fahrenden Publikum, wenn nicht direkt verboten, so doch mißbilligt.

Als Folge davon sind auch deutsche Passagiere wiederholt schweren Insulten selbst des Betriebspersonals ausgesetzt und gibt insbesondere das Benehmen der seitens der Bahnverwaltung als Revisoren angestellten Unterbeamten Anlaß zu schweren, begründeten Klagen.

Allen diesen, dem Gesetze, den bestehenden Vorschriften und den praktischen Bedürfnissen geradezu Hohn sprechenden Zuständen sieht die Regierung ruhig zu, die seit Jahren unausgesetzt erhobenen Beschwerden bleiben unbeantwortet, und es gewinnt immer mehr den Anschein, wie wenn die k. k. Regierung zwar den nötigen Mut findet, der deutschen Bevölkerung gegenüber nicht nur dem Gesetze, sondern mitunter auch ihren, mit dem Gesetze nicht immer im Einklang stehenden Willen (Sprachverordnung u. f. w.) energische Geltung zu verschaffen, daß ihr jedoch dieser Mut vollständig mangelt, wenn es sich darum handelt, die Beachtung des Gesetzes einem im Verhältnisse zum Staatsganzen und zur Bedeutung des deutschen Volkes gewiß unbedeutenden Faktor, wie der Prager Gemeindevertretung gegenüber, zu erzwingen.

Brünn wurde gezwungen, auf seinen elektrischen Straßenbahnen bei Vermeidung der Betriebseinstellung von allem Anfange an den zweisprachigen Betrieb aufzunehmen, in Prag liegt das Kollaudierungsprotokoll feit fast 10 Jahren unerledigt im k. k. Eisenbahnministerium, weil sich die Staatsgewalt scheut, die Prager Stadtgemeinde zur Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zu zwingen.

Dies sind Zustände, die mit einer geordneten Staatsverwaltung unvereinbarlich find, die Staatsgewalt kann und darf nicht vor einer Gemeindevertretung, und selbst wenn es Prag wäre, zurückweichen, wenn es sich um die Anwendung des Gesetzes handelt, und eine verschiedene Anwendung des Gesetzes, je nachdem es sich um Deutsche oder Tschechen handelt, zu dulden, ist der deutsche Volksstamm in Böhmen nicht länger gewillt.

Die Gefertigten erlauben sich deshalb die Anfrage an Seine Exzellenz den Herrn k. k. Statthalter in Böhmen:

Sind Seiner Exzellenz die auf den städtischen Straßenbahnen in sprachlicher Beziehung bestehenden, dem Gesetze, den übernommenen Verpflichtungen und dem praktischen Bedürfnisse zuwiderlaufenden Zustände bekannt, und wenn dies nicht der Fall sein sollte, ist Seine Exzellenz bereit, diese ungesetzlichen Zustände zu erheben, die Regierung, beziehungsweise das k. k. Eisenbahnministerium zu veranlassen, daß das bestehende Recht auch in der Gemeinde Prag kraft der Anordnungsgewalt des Staates zur unverweilten Durchführung der Zweisprachigkeit im Betriebe der elektrischen Straßenbahnen in Prag verhalten werde?

Ist Seine Exzellenz bereit, der Regierung und insbesondere dem k. k. Eisenbahnministerium bekannt zu geben, daß die deutsche Bevölkerung Böhmens in der Nichterledigung des 10 Jahre alten Kollaudierungsprotokolles über die elektrischen Straßenbahnen in Prag ein die Autorität des Staates direkt herabsetzendes sprachliches Zurückweichen der Staatsgewalt erblickt und nicht länger dulden wird, überhaupt und insbesondere in der Geschäftsführung des k. k. Eisenbahnministeriums mit einem zweifachen Maße gemessen werde.

Seine Exzellenz der Herr k. k. Statthalter hat diese Anfrage ebenso wenig beantwortet, wie die denselben Gegenstand betreffende Interpellation in der unmittelbar vorausgegangenen Jahressession des böhmischen Landtages.

Die in der Anfrage gerügten, weder den gesetzlichen Vorschriften, noch den praktischen Bedürfnissen entsprechenden Zustände dauern bis heute im Betriebe der Prager städtischen Straßenbahnen an, und die k. k. Regierung scheint vollständig des Mutes zu ermangeln, dem Prager Magistrate gegenüber die Herstellung gesetzlicher Zustände zu erzwingen.

Aus der Nichtbeantwortung der beiden oben angeführten Anfragen aber müssen die Gefertigten sogar den Schluß -ziehen, daß die k. k. Regierung, welche die Berechtigung der von der deutschen Bevölkerung Prags gegen die Art der Betriebsführung der elektrischen Straßenbahnen in Prag bereits fruchtlos bei der k. k. Statthalterei und beim k. k. Eifenbahnministerium erhobenen Klagen und Beschwerden nicht zu bestreiten vermag, es scheut, der Prager Stadtvertretung gegenüber auf die gesetzlichen Bestimmungen über die Betriebsführung von Kleinbahnen auch nur aufmerksam zu machen, geschweige, auf deren Beobachtung zu dringen.

Es wäre sonst unmöglich zu erklären, warum alle in dieser Richtung sowohl bei der Statthalterei, als auch beim Eisenbahnministerium überreichten Eingaben und Beschwerden einfach unerledigt bleiben.

Der deutschen Bevölkerung Prags kann die Regierung mit Rücksicht auf die hier in Betracht kommenden gesetzlichen Bestimmungen nicht Unrecht geben, will ihr aber aus politischen Gründen das ihr zukommende Recht nicht verschaffen. Daher verlegenes Schweigen auf allen Linien, sowohl bei der Statthalterei, wie beim Eisenbahnministerium.

Solche Zustände aber sind eines Rechtsstaates geradezu unwürdig und die Gefertigten stellen deshalb an Seine Exzellenz den Herrn k. k. Statthalter die Anfrage:

1. Ist Seine Exzellenz der Herr k. k. Statthalter bereit, die an ihn seitens der Abgeordneten Dr. Josef Maly und Genossen in der Landtagssitzung vom 24. Oktober 1905 gerichtete Anfrage über die beim Betriebe der elektrischen Straßenbahnen in Prag herrschenden ungesetzlichen Zustände zu beantworten?

2. Und wenn dies nicht der Fall sein sollte, ist Seine Exzellenz der Herr k. k. Statthalter bereit, die Gründe anzugeben, aus welchen er die auf Grund der Landesordnung an ihn gerichtete Anfrage zu beantworten unterläßt?

Prag, am 4. Feber 1910.

Abg. Dr. Maly und Genossen.

Oberstlandmarschall: Interpellation der Abgeordneten Eduard von Stransky und Genossen an Seine Exzellenz den Herrn Statthalter, betreffend die Amtsgebarung der Arbeiterunfallversicherungsanstalt für Böhmen in Prag.

Landtagsaktuar Dr. Šafaøoviè (liest): Interpellation der Abgeordneten Eduard v. Stransky und Genossen an Seine Exzellenz den Statthalter, betreffend die Amtsgebarung der Arbeiterversicherungsanstalt für Böhmen in Prag.

Es ist in den Kreisen der Interessenten allgemein bekannt, daß die Prager Unfallversicherungs - Anstalt sowohl gegen ihre Rentner, als auch gegen die Unternehmer rücksichtslos vorgeht. Willkürliche Rentenverkürzungen sind bei dieser Anstalt alltäglich. Arbeiter, welche schwere Verletzungen erlitten. Krüppel geworden sind, werden, ohne daß sich im Zustande irgend etwas geändert hat, wiederholt plötzlich von Rentenreduzierungen verständigt. Wohl steht den Leuten der Appell an das Schiedsgericht offen, allein erstens scheuen viele kleine Leute in Unkenntnis der Tatsache, daß die Klagen stempelfrei sind, und auch mündlich entweder beim Schiedsgerichte oder in der Provinz bei den Behörden vorgebracht werden können solche Prozesse, zweitens hören sie immer wieder, daß das Schiedsgericht in Prag fast jede Klage abweist.

Eine Appellation gegen die Schiedsgerichtsurteile ist aber nach dem derzeit geltenden Gehetze unzulässig. Wenn die Anstalt behauptet, daß sie nur auf Grund ärztlicher Gutachten Rentenreduzierungen vornehme, so sei dies zugegeben, allein die Anstaltsärzte sind Beamte der Anstalt oder mindestens von ihr mehr oder minder abhängig, weshalb sie, insbesonders, da ihnen ja das Defizit bekannt ist und wiederholte interne Aufträge daran erinnern, bestrebt sind, die finanzielle Lage ihrer Anstalt möglichst zu berücksichtigen.

Andere ärztliche Gutachten, vor allem jene der behandelnden Aerzte, derjenigen Fachleute, welche als Hausärzte die Verletzten oft jahrelang behandelten und sie stetig, insbesonders in der Provinz, zu beobachten Gelegenheit haben, werden aber nicht berücksichtigt und zwar selbst dann nicht, wenn die behandelnden Aerzte, wie es z. B. öfters in Asch vorkam, Gerichtsärzte sind.

Noch krassere Willkür legt aber die Prager Arbeiterunfallversicherungsanstalt bei ihren Beitragsvorschreibungen gemäß § 23 U. V. G. an den Tag. Klar und deutlich ist bei diesen Vorschreibungen die Tendenz wahrzunehmen, möglichst viel den Unternehmern auszulasten, während das Bestreben, die Wahrheit zu finden, ganz unbeachtet bleibt. Zahllose Fälle beweisen die Richtigkeit dieser Behauptung. Am deutlichsten ist es bei jenen Vorschreibungen zu sehen, welche aus Grund der Krankenkassenauszüge gemacht werden. Während nämlich jetzt seit einem Jahre Lohnlistenzwang besteht, war dies früher nicht der Fall. Insbesonders kleine Unternehmer mit fluktuierendem Personale hatten keine Lohnausschreibungen, ober wenn sie sie hatten, so wurden sie nicht länger, als ein halbes Jahr oder ein Jahr aufbewahrt. Die Anstalten haben aber das Recht, drei Jahre zurück die Kontrolle vorzunehmen.

Natürlich müssen mangels vorhandener Lohnlisten Krankenkassenauszüge zur Kontrolle benützt werden. Wie aber geht da die Prager Anstalt vor?! Sie geht zu den kleinen Unternehmern, frägt sie, ob Lohnlisten vorhanden sind, wenn dies verneint wird, frägt sie, ob die Arbeiter ordnungsgemäß bei der Krankenkasse gemeldet sind, natürlich bejaht dies jeder Handwerker, da er ja zur ordnungsmäßigen Anmeldung seiner Arbeiter bei der Krankenkasse verpflichtet ist, dann wird noch um den Taglohn gefragt, das Protokoll geschlossen und zur Unterschrift vorgelegt. Das nächste ist, daß die Anstalt sich die Krankenkassenauszüge beschafft, die dort enthaltenen Schichten mit dem Taglohn multipliziert und von der so ermittelten "Lohnsumme" den Beitrag berechnet. Und doch ist dieser Vorgang absolut falsch, er bildet eine schwere Schädigung der Unternehmer, weshalb die Anstalt strengstens anzuweisen ist, so nicht mehr vorzugehen. Es kommt nämlich vor allem bei den Bauhandwerkern am Lande, bei den Zimmerern, Maurern, Dachdeckern, Brunnenmachern" Teichgräbern usw., aber auch bei anderen Gewrben unzähligemal vor, daß die Arbeiter den Unternehmer bitten, sie nach Abschluß der Arbeit nicht bei der Krankenkasse abzumelden, sondern sie dort zu belassen, damit sie in der Zeit, wo sie keine Arbeit im Gewerbe haben, nicht der Wohltat der Krankenversicherung verlustig werden. Die Beiträge zahlen sie dem Meister zurück. Oft sind Arbeiter das ganze Jahr bei der Krankenkasse gemeldet, arbeiten aber vielleicht nur 4 bis 5 Monate bei dem Meister wirklich.

Diese Zeit ist also bei den Vorschreibungen der Unfallversicherung, welche ja nur die tatsächliche Arbeitszeit im Betriebe zu berücksichtigen hat, abzuziehen. Ferner sind die zahlreichen Regentage im Baugewerbe, das vorkommende "Blaumachen" (Feiern am Montag oder an Tagen nach Feiertagen), Waffenübungen, Aussetzen wegen Besorgung eigener Feldarbeit, usw. usw. in Abzug zu bringen. Die Anstalt ist also verpflichtet, ihre- Krankenkassenerhebungen dem Unternehmer vorzuhalten und ihn zu fragen, welche Abzüge von den bei der Kasse ermittelten Schichten zu machen sind. Dies verabsäumt aber die Anstalt insbesonders in der Provinz fast regelmäßig, wodurch, wie im Falle Witwe Wunderlich (Zimmerergewerbe) in Grün bei Asch ganz lächerliche, den Tatsachen nicht einmal nahekommende Beitragsvorschreibungen zustande kommen.

Ebenso willkürlich wird bei den Klassifikationen, vor allem bei den jetzigen Reklassifikationen vorgegangen. Klare Bestimmungen der Klassifikationsverordnung vom August 1909 werden nicht beachtet, nur um möglichst viel an Prämie hereinzubringen.

Nur ein Beispiel!

Wenn bei Strumpfwirkereien eine Rauherei eingerichtet ist, so gilt dies nach der Ministerialverordnung allerdings als ein Merkmal einer erhöhten Gefahr, das heißt aber, daß im Sinne dieser Verordnung der Betrieb in ein höheres Prozent der für Wirkereien vorgesehenen Gefahrenklasse einzureichen ist.

Was tut aber die Anstalt?

Sie ktassifiziert in Asch die Rauherei, welche einen integrierenden Bestandteil der betreffenden Strumpfwirkereien bildet, separat, reiht sie in eine horrend hohe Gefahrenklasse ein, und schädigt so den Unternehmer schwer. Aehnliche Fälle ließen sich noch zahlreiche anführen. Angesichts dieser Umstände richten die Gefertigten an Seine Exzellenz den Herrn Statthalter die Anfrage:

Ist Seine Exzellenz bereit, das Organ der Staatsaussicht, welches ihm untersteht, zu beauftragen, daß dieses der Prager Arbeiter-Unfallversicherung die strikteste Objektivität, Einhaltung der einschlägigen Gesetze und Verordnungen zur Pflicht macht?

Prag, am 4. Februar 1910.

Ed. von Stransky und Genossen.

Oberstlandmarschall: Anfrage der Abgeordneten Erdmann Spies und Genossen an Seine Exzellenz den Herrn Statthalter.

Landtagssekretär Dr. Haasz und Landtagsaktuar Dr. Šafaøoviè (lesen):

Anfrage der Abg. Erdmann Spies und Genossen an Seine Exzellenz den Herrn k. k. Statthalter:

Chodau ist eine Stadt mit zirka 6.000 Einwohnern mit einer Steuersumme von nahezu 40.000 Kronen. Die Stadt Chodau ist am Fuße des Erzgebirges gelegen und bildet den Kreuzungspunkt der Straßen von Heinrichsgrün, Neudek, Fischer n, Neusattl und Littmitz und ist von den Gerichtsstädten Falkenau, Elbogen, Karlsbad und Neudek gleich weit entfernt. Diese zentrale Lage läßt die Stadt Chodau für den Sitz eines Bezirksgerichtes besonders geeignet erscheinen und dies umsomehr, als die sämtlichen gegen Norden, Nord-Ost und Nord-West gelegenen Orte des Gerichtsbezirkes Etbogen diese über Chodau führenden Straßen benützen und so die Stadt Chodau passieren müssen, wenn sie zu dem zuständigen Bezirksgerichte in Elbogen gelangen wollen: gleich hier muß erwähnt werden, daß eine große Anzahl dieser Ortschaften von dem derzeitigen Gerichtsorte Elbogen 12 bis 16 Km entfernt sind, was um so schwerer in die Wagschale fällt, als bei den, im Erzgebirge bekanntlich sehr rauhen Witterungsverhältnissen in den Wintermonaten ein Verkehr oft überhaupt unmöglich, stets aber sehr beschwerlich ist.

Der bisberige Geritchsort Elbogen liegt abseits der Hauptlinie der Buschtiehrader Eisenbahn und ist infolge der sehr mangelhaften Anschlüsse der Zweigbahn in Neusattl nur schwer zu erreichen, während andererseits die wenigen Personenzüge, die nach Elbogen verkehren, diejenigen Personen, welche zum Bezirksgerichte in Elbogen vorgeladen sind, zwingen, oft halbe Tage lang auf den nächsten Zug, der sie an die Hauptlinie der Buschtiehrader Eisenbahn bringt, zu warten.

Die von der Stadt Chodau angestrebte Errichtung eines Bezirksgerichtes daselbst würde diesen Uebelständen gründlich abhelfen, indem es dann den zur Bildung des neuen Bezirksgerichtssprengels in Aussicht genommenen Orten des Erzgebirges möglich wäre, in viel kürzerer Zeit an ihren Gerichtsort zu gelangen, während andererseits das Bezirksgericht Elbogen selbst, welches derzeit überlastet ist, einen Sprengel mit einigen 20.000 Einwohnern behielte; ungefähr dieselbe Anzahl Einwohner würde auch der neu zu bildende Gerichtssprengel Chodau aufweisen.

Die Notwendigkeit der Errichtung eines Bezirksgerichtes in Chodau ergab sich bereits im Jahre 1895 und hat bereits in diesem Jahre die Stadtgemeinde Chodau den Beschluß gefaßt, für den Fall der Errichtung eines Bezirksgerichtes in Chodau auf eigene Kosten einen entsprechenden Neubau aufzuführen, somit für die Unterbringung der Herren Beamten zu sorgen.

Die Erledigung des betreffenden Gesuches wurde leider von Jahr zu Jahr hinausgeschoben und behalf sich die Gerichtsbehörde damit, daß sie zuerst einen, dann zwei Gerichtstage in Chodau abhielt und es ist wohl für die Notwendigkeit der Errichtung eines Bezirksgerichtes in Chodau bezeichnend, daß in letzter Zeit der Gerichtsvorsteher in Elbogen, wie wir aus sicherer Quelle erfahren haben, dringlich angesucht hat, es mögen noch weitere zwei Gerichtstage in Chodau bewältigt werden, da sonst die bei den Amtstagen zu erledigenden Arbeiten unmöglich bewältigt werden können. Es ist dies aber auch ganz natürlich, nachdem die Stadtgemeinde Chodau selbst mehrere hervorragende Industrien als: 2 größere Porzellanfabriken mit zirka 1500 Arbeitern beschäftigt, 1 größere Maschinenfabrik nebst Gießerei, 2 große Dampfziegeleien und mehrere Bergwerke besitzt, während auch in der unmittelbaren Umgebung von Chodau sich namhafte Industrien, wie 1 große Porzellanfabrik (800 Arbeiter), 1 große Dampfziegelei, Bergwerke und 2 Kaolinschlämmereien befinden, welche alle im steten Aufschwunge begriffen sind.

Nebstdem sind in letzter Zeit von einer ausländischen Gesellschaft Grundkomplexe um zirka 150.000 Kronen angekauft worden, um eine große Schlämmerei und Majolikafabrik zu erbauen.

Auch heute noch ist die Stadt Chodau bereit, allen Anforderungen, welche an sie anläßlich der Errichtung eines Bezirksgerichtes in Chodau gestellt werden, zu entsprechen und würde insbesondere beim Baue eines Amtsgebäudes mit entsprechenden Arrestlokalitäten auf die Wünsche der vorgesetzten Behörden eingegangen werden. Es stehen bereits drei Bauplätze, welche vollständig geeignet sind, zur Verfügung und ist die Bewohnerschaft von Chodau zu jedem Opfer bereit.

Wie stark das Bedürfnis nach Errichtung eines Bezirksgerichtes in Chodau in der Bevölkerung des ganzen Bezirkes zutage tritt, geht daraus hervor, daß sich die Bezirksvertretung Elbogen, in welcher die Stadt Elbogen selbstverständlich einen großen Einfluß ausübt, sich mit 17 gegen 14 Stimmen (von Letzteren entfallen 10 Stimmen auf Mitglieder der Bezirksvertretung, die in Elbogen wohnhaft sind), für die Errichtung eines Bezirksgerichtes in Chodau ausgesprochen hat, trotzdem die Vertreter der Stadt Elbogen und deren Anhänger sich in dem Bestreben, ihrer Stadt dem ganzen Bezirksgerichtssprengel ungeschmälert zu erhalten, alle erdenkliche Mühe gegeben haben, einen der Stadt Elbogen günstigen Beschluß der Bezirksvertretung herbeizuführen.

Es ist selbstverständlich, daß bei einem derartigen Beschlusse von Seite der löblichen Bezirksvertretung vorerst auch die Frage in Erwägung gezogen wurde, ob die Stadtgemeinde Chodau auch in der Lage sei, die Lasten zu tragen, welche mit der Errichtung eines Bezirksgerichtes dortselbst verbunden sind und damit, daß sich die löbliche Bezirksvertretung für die Errichtung eines Bezirksgerichtes in Chodau ausgesprochen hat, hat dieselbe auch erkannt, daß die Stadtgemeinde Chodau diese Lasten zu tragen, in der Lage ist.

Wir erlauben uns diesbezüglich noch anzuführen, daß die Stadtgemeinde Chodau derzeit an Umlagen 75 Prozent, und zwar 56 Prozent Gemeinde- und 19 Prozent Schulumlagen vorgeschrieben hat, was in Anbetracht des Umstandes, als die industriellen Unternehmungen Chodaus die Hauptsteuerträger sind, mit Rücksicht auf die Gemeindeumlagen benachbarter Städte als sehr günstig bezeichnet werden muß.

In Erwägung aller dieser Gründe stellen die Gefertigten an Seine Exzellenz den Herrn k. k. Statthalter die Anfrage:

1. Ist Seine Exzellenz geneigt, die kompetenten Behörden zu beauftragen, daß ehestens Erhebungen betreffs Errichtung eines k. k. Bezirksgerichtes in Chodau gepflogen werden?

2. Ist Seine Exzellenz geneigt, diesem langgehegten Wunsche der Stadt Chodau und der dortigen Umgebung, ein k. k. Bezirksgericht zu errichten, Rechnung zu tragen und bei der k. k. Regierung dahin zu wirken, daß die Errichtung dieses k. k. Bezirksgerichtes nicht länger hinausgeschoben wird, da es ein höchst dringendes Bedürfnis ist und diese Frage nicht länger verzögert werden kann? .

Prag, am 3. Feber 1910.

Abg. Spies und Genossen.

Oberstlandmarschall: Anfrage des Abgeordn. Dr. Pergelt und Genossen an Seine Exzellenz den Herrn Statthalter.


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