Pátek 4. února 1910

Ist Feuchtigkeit im Übermaße vorhanden, dann findet ein anderer Vorgang statt; die Zersetzung der Leiche wird auf andere Weise gehemmt. Es ist der Prozeß der Leichenzersetzung nämlich gebunden an das Vorhanden sein einer gewissen Menge von Sauerstoff. Wenn der Sauerstoff dadurch mangelt, daß eine Leiche in zu feuchter Erde liegt, gewisser maßen, wie ich selbes tatsächlich gesehen habe, in einem Wasserbette sich befindet, wenn die Erde undurchlässig ist, so daß das einsickernde Wasser sich an der Grabsohle ansammelt und der Leichnam also eigentlich im Wasser schwimmt, dann ist zu wenig Luft vorhanden, um die Zersetzung noch im Gange zu erhalten, und es kommt zur Bildung einer eigenartigen, schmierigen, sich nicht mehr weiter verändern den Masse, dem sogenannten Fettwachs, Leichenwachs, Leichenfett oder Adipocire. Die Bildung von Leichenwachs beruht auf mangelhafter oder gänzlich aufgehobener Oxydation und besteht wesentlich in der Abspaltung von Fettsäuren und der Bildung von Seifen. Man hat daher diesen Vorgang mit Recht auch Verseifung der Leichen bezeichnet.

Es ist auf diese Weise möglich und kommt nicht nur in Massengräbern, sondern, wie ich zuerst nachgewiesen habe, auch in Einzelgräbern oft genug vor, daß ein größerer oder kleinerer Teil der ganzen Weichgebilde in diese eigentümliche, dem Käse ähnliche Masse umgewandelt wird. Nach zehn und mehr Jahren ist dann der Leichnam auch in seinen Weichteilen nicht zersetzt, sondern oft selbst der äußeren Form nach noch mehr weniger kenntlich erhalten. Derartige Leichen widerstehen dem gänzlichen Zerfalle ungezählt lange Zeiträume. Auch diese Art der Leichen veränderung muß als ein anormaler, nicht gewollter und nicht wünschenswerter Vorgang bezeichnet werden.

Die am Schlusse angefügten Bilder mögen das, was ich kurz über den Verlauf der Verwesung gesagt habe, veranschaulichen. Es sind Bilder, welche anläßlich amtlicher Enterdigungen teils durch Proffesor Ipsen in Innsbruck, teils durch Stadtphysiker Igl in Brünn aufgenommen wurden. Für die Überlassung dieser anschaulichen Bilder zum Zwecke der Wiedergabe an dieser Stelle gebührt den Genannten der Dank aller Freunde der Feuerbestattung.

Maßgebend für den Ablaus der Verwesungsvorgänge sind dann in der Leiche selbst gelegene, innere Bedingungen: das Alter, die Leibesbeschaffenheit und vor allem die Todesart des Menschen. Bezüglich dieser individuellen Bedingungen der Leichenverwesung will ich nur bemerken, daß im allgemeinen dann, wenn eine größere Menge von Flüssigkeit von vornherein im Körper vorhanden ist, die Leichenzersetzung gefördert wird, und daß, wenn das Individuum weniger Gewerbsslüssigkeiten hat, die Leichenzersetzung gehemmt ist. Daher faulen Kinder mit ihren wasserreichen Geweben rascher als Erwachsene, fette, gut genährte, vollsäftige Individuen rascher als magere und blutarme.

Wenn jemand an einer Infektionskrankheit gestorben ist, also an einer Krankheit, welche meist auf einer Blutveränderung fußt, dann ist die Leichenzersetzung auch wieder eine geförderte, indem nach den wissenschaftlichen Erfahrungen vielfach auch jene Kleinlebewesen, welche Krankheitserreger sind, zu gleich als Zerstörer des Leichnams, als Fäulnisbakterien fungieren.

Die Widerstandsfähigkeit der einzelnen Teile des menschlichen Körpers gegenüber der Fäulnis ist gleichfalls eine sehr verschiedene. Die Weichgebilde, eine große Anzahl der inneren Organe, sind verhältnismäßig wenig widerstandsfähig und zerfallen frühzeitig; andere derbere Teile, wie die Sehnen, Bänder, die Blutgefäße, leisten der Zersetzung einen weit größeren Widerstand und es bedarf einer viel längeren Zeit, bis auch diese Teile voll ständig zersetzt sind. Einen besonderen Widerstand leistet aber das Knochengewebe.

Es ist allgemein bekannt, daß in der Regel eigentlich eine vollständige Zersetzung der Knochen im Grabe gar nicht stattfindet, sondern daß selbst nach zehn und mehr Jahren ein großer Teil der Knochen, bei erwachsenen Menschen wenigstens, unzersetzt, noch nicht zerstört, im Grabe vorgefunden wird. Eine gleichbekannte Tatsache ist es, daß diese nach so langer Zeit aus den Gräbern geschafften menschlichen Überreste nicht gerade immer einer pietätvollen Behandlung sich erfreuen. Die Knochen können aber nicht etwa nur ein Jahrzehnt der Fäulnis in der Erde widerstehen, sondern viele Dezennien und Jahrhunderte können darüber hinweggehen; wir haben ja selbst fossile Knochen. Unter Umständen vergehen also ganz ungemessene Zeiträume bis zur gänzlichen Zerstörung auch der festen Gebilde des menschlichen Organismus.

Nun möchte ich eines Umstandes Erwähnung tun, der auch zur Zögerung der Leichenzersetzung ganz wesentlich beiträgt. Es sind das die Umhüllungen, in denen die Leichname in die Erde kommen, die Kleider uns die Särge. Je besser diese Umhüllungen beschaffen sind, je dichter und je aus besserem Material, umso ungünstiger wirken sie auf die Leiche, indem sie dieselbe verzögern. Es sind namentlich die in neuerer Zeit immer mehr und mehr bei den Wohlhabenden üblich werdenden Metallsärge, welche dem eigentlichen Zwecke des Erdgrabes, eine möglichst rasche Leichenzersetzungherbeizuführen, ganz besonders hinderlich sind, und es sind gerade jene Leichen, deren Zersetzung verzögert verläuft, diejenigen, welche die allerwidrigsten Bilder darbieten. Ich muß es an dieser Stelle bedauern, daß ein sehr zweckmäßiger Gedanke eines weisen Fürsten, der einstens angeordnet hat, daß die Leichen, nur in Linnen gehüllt und ohne Sarg in die Erde versenkt werden sollten, an dem unüberwindlichen Widerstande der denkträgen Massen und dem zu allen Zeiten unbesiegbaren Vorurteile der Menschheit gescheitert ist, ein Gedanke Kaiser Josef II.

Sie werden jetzt wohl schon sich selbst die Frage aufgeworfen haben: Was ist nun das Ende all dieser ekligen Vorgänge im Grabe, die ich Ihnen knapp und möglich ist dezent zu schildern bemüht war?

Tafel III.

Fäulnis.

Org. Molekül C=CH4 (Kohlenwasserstoff), N=NH3 (Ammoniak), OH + Hx-OH2 (Wasser), S = SH2 (Schwefelwasserstoff).

Verwesung.

Org. Molekül C=CO2 (Kohlensäure), N=N2O5 (Salpetersäure), OH + Ox =H2O (Wasser), S=SO3 (Schwefelsäure).

Verbrennung.

Org. Molekül C=CO2 (Kohlensäure), N=N2O5 (Salpetersäure [In Wirklichkeit wird bei der Leichenverbrennung nicht Salpetersäure gebildet, sondern der Stickstoff entweicht als solcher.]), O + HOx = H2O (Wasser), S=SO3 (Schwefelsäure).

Ich habe an dieser Tafel den Versuch gemacht, in ganz systematischer Weise das Wesentliche dessen darzustellen, was wir über die letzten Schicksale des menschlichen Körpers im Erdgrabe wissen. Es war schon Justus v. Liebig, der festgesetzt hat, daß man bei der Leichenzersetzung zwei in ihrer Wesenheit verschiedene Prozesse zu unterscheiden habe: die Fäulnis und die Verwesung, welche auch schon durch die Sprache unterschieden werden. Derjenige Prozeß, den wir Fäulnis nennen, ist im wesentlichen ein Vorgang, wobei es zur Bildung von Wasserstoff Endprodukten kommt. Es vollzieht sich die Leichenfäulnis im Erdgrabe und allenthalben dann, wenn Sauer stoffmangel vorhanden ist. Hiebei kommt es durch die Tätigkeit der Fäulnisbakterien zur Zersetzung des Wassers und Abspaltung des Wasserstoffes aus demselben. Der abgespaltene Wasserstoff verbindet sich mit denjenigen Elementen, welche die organischen Moleküle bilden, aus denen der Körper aufgebaut ist.

Die organischen Moleküle unserer Gewebe sind aus nur wenig Grundstoffen zusammengesetzt. Diese sind Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff, Wasserstoff und in den meisten eine gewisse Menge von Schwefel. Ich habe von anderen und seltenen Elementen ganz abgesehen. Durch fortgesetzte Spaltung in der Richtung, wie es hier angedeutet ist, bei reichlich vorhandenem Wasser und bei Mangel an Sauerstoff bilden sich nun fortgesetzt Wasserstoffverbindungen und als Endglieder in dem Prozesse erscheinen die uns bekannten einfachsten Wasserstoffverbindungen derjenigen Elemente, welche hier in Betracht kommen. Der Kohlenstoff der organischen Moleküle er scheint in Form von Kohlenwasserstoff. Das, was man Grubengas nennt, und diejenigen Gase, welche die Unglücksfälle in den Berg werken veranlassen, sind solche Kohlenwasserstoffe. Es bildet sich weiters ein Allen sehr bekannter Körper, Ammoniak, indem der Stickstoff mit der entsprechenden Anzahl von Wasserstoffatomen zusammentritt. Weiters verbindet sich der Sauerstoff mit dem Wasserstoff, es wird Wasser gebildet, und es verbindet sich der Schwefel mit Wasserstoff in der entsprechenden Menge zu Schwefelwasserstoff. Ammoniak und Schwefelwasserstoff sind die gleichfalls allgemein bekannten übelriechenden Produkte der Fäulnis und daher ist dieser Vorgang der Leichenzersetzung mit Recht auch als stinkende Leichenfäulnis bezeichnet worden.

Ich bemerke, daß man wohl berechtigt ist, zu sagen, daß eigentlich die Fäulnis ein anomaler Vorgang der Leichenzersetzung in der Erde sei. Das, was durch das Begraben angestrebt wird, wozu aber die Bedingungen sehr häufig fehlen, weil das Erdreich nicht entsprechend beschaffen, weil es nicht genug porös ist, weil es nicht genügende Mengen von Luft enthält, das also, was als Regel anzusehen ist, ist der andere Prozeß, als Verwesung bezeichnet habe, der auch Vermoderung genannt wird, die nicht stinkende Leichenzersetzung. Hiebei werden ganz andere Produkte gebildet.

Wieder haben wir die Grundstoffe, aus denen sich die den menschlichen Körper bildenden Gewebsmoleküle zusammensetzen: Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff, Wasserstoff und Schwefel, und es erscheinen als Endglieder dieser Zersetzung bei genügend vorhandenem Sauerstoff die höchsten Oxydationsstufen dieser Elemente, und zwar der Kohlenstoff als Kohlensäure, der Stickstoff als irgend eine hohe Oxydverbindung, schließlich als Salpetersäure. Es verbindet sich wieder Sauerstoff mit dem Wasserstoff zu Wasser und der Schwefel wird zu Schwefelsäure. Ich bemerke ganz nebenbei, daß ich der Einfachheit halber hier nur die Anhybride angeschrieben habe.

Sie sehen also, daß die Elemente in dem einen Falle immer mit Wasserstoff sich verbinden, im anderen Falle immer mit Sauerstoff.

Die Fäulnis besteht also hauptsächlich in Reduktionsvorgängen. Sie ist ein Prozeß, der von Justus v. Liebig mit der trockenen Destillation in eine Parallele gestellt worden ist. Die Verwesung aber, die Vermoderung, derjenige Zersetzungsvorgang der menschlichen Leiche, welcher eigentlich als die Regel, als angestrebte Art der Leichenzerstörung im Erdgrabe betrachtet werden muß, das ist ihrem Erfolge nach einer Verbrennung gleichzustellen, denn dabei, sowie bei der wirklichen Verbrennung organischer Körper erhält man als Endprodukte die höchsten Oxydationsstufen der diese Körper aufbauenden Grundstoffe, oder mit anderen Worten, es hat die wissenschaftliche Forschung nachgewiesen, daß in der Wesenheit kein Unterschied besteht zwischen dem, was im Erdgrabe vor sich geht oder vor sich gehen soll, und demjenigen, was geschieht, wenn Leichen im Feuergrabe eingeäschert werden.

Die Verwesung und Verbrennung sind sachlich ein und derselbe Prozeß.

Damit, hochgeehrte Versammlung, bin ich am Ende meiner Darstellung.

Ich könnte schließen und es Ihrer eigenen Überlegung anheimstellen, Folgerungen aus dieser wissenschaftlich festgestellten Tatsache zu ziehen. Ich möchte aber nicht von dieser Stelle abtreten, ohne dennoch auch einige Bemerkungen über das wenigstens in diesem Kreise so aktuelle Thema der Leichenverbrennung zu sprechen.

Man sollte meinen, daß schon durch die von mir begründete Feststellung der gleichen Wesenheit der Leichenzersetzung im Erdgrabe und im Feuergrabe eine ganze Reihe von gegen die Feuerbestattung erhobenen Bedenken in Wegfall kommt. Was könnte ernstlich gegen eine Bestattungsform eingewendet werden, bei der im Prinzip dasselbe geschieht, wie beim Begraben? Ich werde daher auf die einzelnen Bedenken nicht weiter eingehen. Ich will nur von meinem rein persönlichen Standpunkte aus einen Einwurf hier ganz kurz besprechen, der mir in der Tat ein sehr wesentlicher zu sein scheint.

Man hat nämlich unter anderem auch gesagt: "Gerade die Rechtspflege und die gerichtliche Medizin haben ein besonderes Interesse daran, daß die Leichname nicht so kurze Zeit nach dem Tode zerstört werden; es sind ja Beispiele genug bekannt, wo durch späte Ausgrabungen noch Verbrechen festgestellt werden konnten", und ich muß es bestätigen, daß dies tatsächlich der Fall ist. Ich habe im Laufe von drei Jahrzehnten eine verhältnismäßig sehr große Zahl von für gerichtliche Zwecke vorgenommenen Enterdigungen von Leichen mitgemacht und muß sagen, daß mit unter für die Rechtspflege überraschende Ergebnisse durch derartige, selbst sehr spät vorgenommene Untersuchungen von Erdleichen zu Stande gebracht worden sind. Im allgemeinen ist also dieser Einwurf gewiß begründet und es könnte in der Tat die Frage aufgeworfen werden, wie denn nun gerade ein Vertreter der gerichtlichen Medizin dazu kommt, der Leichenverbrennung das Wort zu reden.

Ich glaube, daß dieses Bedenken sehr leicht hinwegfallen wird, wenn vor der Bestattung im Feuergrabe, vor der Verbrennung, eine entsprechende Untersuchung in jedem einzelnen Falle vorgenommen wird, nämlich in jedem solchen einzelnen Falle, wo nicht die. Todesveranlassung durch unzweifelhaftes ärztliches Zeugnis im vorhinein über allen Zweifel sichergestellt ist - kurz, eine geordnete und streng gehandhabte Leichenschau sichert die Interessen der Rechtspflege mehr, als die Möglichkeit einer späteren Enterdigung.

Ich bemerke außerdem, daß ich während meiner Tätigkeit als Gerichtsarzt noch äußerst selten Gelegenheit hatte, bei Ausgrabungen in Städten zu intervenieren, weil hier die Sanitäts-Organisation, die Organisation der Totenbeschau und der Sicherheitsdienst in der Regel derart eingerichtet sind, daß es kaum jemals vorkommt, daß eine verbrecherische Handlung dem Auge der überwachenden Organe entgeht und ein Begräbnis stattfindet, während in späterer Zeit erst eine Korrektur durch die Exhumierung geschaffen werden muß. Das kommt fast nur am Lande vor. Ich sage also, gerade da, wo das Sanitätswesen in entsprechender Weise organisiert ist, in den größeren Städten, ist dieses Bedenken ein außerordentlich geringes.

Dann kommt noch eines in Betracht. Ich glaube, daß bei den Bestrebungen aller Feuerbestattungsvereine es sich nur um die fakultative Feuerbestattung handelt, und ich habe die vollkommene Überzeugung, daß die Feuerbestattung auch immer nur eine fakultative sein wird.

Wenn ich also die Dinge übersehe, wie sie tatsächlich sind, so kann ich mich der Meinung nicht verschließen, daß, sowie zu allen Zeiten, wo es eine Feuerbestattung gegeben hat, auch nebstbei noch zahlreiche Menschen begraben wurden, so auch in Hinkunft neben solchen Menschen, deren Leichname verbrannt werden, die übergroße Zahl auf dem Wege des Erdgrabes bestattet werden wird. Es wird also gewiß nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Menschen sein, die hier überhaupt in Betracht kommt. Dafür sprechen auch die Ziffern, die uns über die bisherigen Leichenverbrennungen bekannt geworden sind.

Wenn ich mir das alles gegenwärtig halte, so kann ich sagen, daß ich au0ch von meinem Standpunkte als forensischer Mediziner ganz wohl über die geschilderten Bedenken hinweggekommen bin, umsomehr, wenn ich mir entgegenhalte, daß anderseits die Leichenverbrennung aber auch große positive (hygienische) Vorteile darbietet. Ich bin auch da weit entfernt, etwa zu sagen, "die Friedhöfe sind wahre Schäden der Menschheit, daraus erwächst der Umgebung sehr leicht ein großer Nachteil." Ich habe vielmehr die Überzeugung, daß in der Regel die lebende Menschheit durch die einmal in die Erde gelegten Leichen sehr wenig geschädigt wird. Wenn ich sage, es sei die Leichenverbrennung ein hygienischer Vorteil und hygienischer Fortschritt, so habe ich ganz etwas Anderes im Auge.

Es gibt Verhältnisse, wo wir durch gar nichts Anderes, als durch die Macht des Feuers den Kampf gegen schwere Unzukömmlichkeiten und arge gesundheitliche Bedrohungen der menschlichen Gesellschaft aufnehmen können, und es ist unehrlich, wenn das nicht allseitig anerkannt wird. Ich erinnere nur, daß in jenem Winter 1878 auf 1879, als plötzlich nochmals die bei uns schon lang erstorbene und erloschene Beulenpest in Wetljanka, einem Dorfe bei Astrachan im südlichen Rußland, ausbrach, und wiederum dieser Würgengel der Menschheit ungestüm an die Pforten Europas pochte, über alle Bedenken und Bedenklichkeiten gegen die Feuerbestattung hinweg folgender Vorgang eingeschlagen wurde: Alle Pestleichen, es waren über 80, und alles, was mit den Leichen in Berührung gekommen war, alle Effekten und dazu noch das ganze russische Dorf wurden, nachdem die Über lebenden weggeschafft worden waren, verbrannt und dieser Erfolg dieser offiziellen Leichenverbrennung war der, daß damit auch die Seuche und die Bedrohung der europäischen Menschheit ein Ende hatten. - Und als 1870-71 Tausende von Menschen und Tierleichen auf den großen französischen Schlachtfeldern lagen und die Luft vergiftet wurde, kam eine Sanitätskommission, um Rat zu schaffen. - Man zündete große Feuer an, übergoß Tiere und Menschenleichen mit brennbarem Material und es fand eine Leichenverbrennung in großem Stile statt, im Interesse der Menschheit. Und was geschieht da alltäglich unter unseren Augen? Was geschieht mit den Effekten der Blattern und Cholerakranken? mit den Effekten an anderen Epidemien Gestorbener, mit all jenen Gegen ständen, die in Berührung mit einem solchen Kranken gekommen sind und woraus Träger weiterer Infektion werden können? Sie wer den, soweit dies möglich ist, verbrannt. Der Leichnam selbst aber, von dem dies alles stammt, wird in die Erde gelegt! Tagtäglich nimmt der Chirurg das von Jauche und Eiter infizierte Verbandzeug von den Wunden weg, die er neu verbindet, und er entfernt abgestorbene Teile des menschlichen Körpers. Und was macht er damit? Verbrannt werden diese Dinge, und ich habe die vollständige Überzeugung, daß, wenn ein Chirurg diese doch vom Menschen stammenden Dinge statt sie zu verbrennen, pietätvoll vergrübe, man dagegen Einspruch erheben und sagen würde: Das geht nicht an, das ist eine ungenügende Versicherung dieser Dinge, durch welche weitere Menschen Schaden leiden können!

Es hat auch einmal eine Behörde die Nichtbewilligung der Feuerbestattung mit dem mangelnden Bedürfnisse begründet. Ich glaube, aus dem, was ich bisher gesagt habe, wohl ableiten zu können, daß unter Umständen, wenn man aufrichtig ist, jawohl ein Bedürfnis, namentlich in großen Städten vorhanden sein könnte, und wenn ich an die Ängsten und teilweise Ratlosigkeit der Verwaltungsbehörden etwa bei einer drohenden Cholera - Epidemie denke, so komme ich zu der Vorstellung, daß es recht nützlich wäre, wenn in den großen Zentren des menschlichen Verkehrs Verbrennungsstätten vorhanden sein würden, weil es dann möglich wäre, unter Umständen in einer wahrhaft rationeller Weise gegen die Seuchen durch Verbrennung der an solchen epidemischen Krankheiten verstorbenen Menschen im Interesse der Überlebenden vorzugehen. Wenn man sagt, es sei kein Bedürfnis für die Feuerbestattung vorhanden, so muß ich demgegenüber doch bemerken, daß mir dieses Argument etwa gleichen Wert zu haben scheint, wie wenn jemand schließen würde: Es ist kein Bedürfnis für eine neue Beleuchtungsart, etwa das elektrische Licht, vorhanden, denn es gibt ja Gas und Petroleum genug, und auch vor dem elektrischen Licht haben die Menschen gesehen.

Ob die Zeit kommen wird oder ob sie nahe ist, wo die Wünsche der Feuerbestattungsvereine in Erfüllung gehen werden, weiß ich nicht, es ist dies auch nicht eine Frage, die ich zu erörtern habe.

Wenn ich aber ganz objektiv die Dinge überblicke und die Entwicklung der Menschheit betrachte, dann glaube ich sagen zu können: Gleich wie alle Kraftäußerungen und sinnlichen Erscheinungen der Natur in letzter Linie auf Wellenbewegungen zurückzuführen sind, so ist auch der menschliche Fortschritt ein wellenförmiger. Das Schiff der Menschheit steuert gleichsam auf den Wellen des Meeres. Einmal wird es hoch emporgehohen auf die Höhe einer Flutwelle, um dann wieder herabzusinken in ein tiefes Wellental, wo es still zu stehen scheint, bis es von einer neuen Welle erfaßt und wieder vorwärts getrieben wird. Wenn mich nicht alles täuscht, sind wir jetzt in einer rückläufigen Bewegung begriffen und steuern tief im Wellental; aber wir können die geschichtliche und naturwissenschaftliche Überzeugung nicht verbergen, daß so wie bisher stets auf den Stillstand die Bewegung und auf den Rückschritt der Fort schritt gefolgt ist, es auch in aller Zukunft sein und gehen werde.

Und so wird auch ganz bestimmt die Zeit kommen, wo jene Vorurteile überwunden sein werden, die noch heute gegenüber der Feuerbestattung vorwalten, und es wird das ist meine felsenfeste Überzeugung - trotz aller hemmenden Rückschrittskräfte auch jene lichte Zeit kommen, wo denjenigen, welche wünschen, daß ihr individuelles Dasein, nachdem sie vom Leben geschieden sind, rasch und in schöner und reiner Weise in jenem Elemente zerstört werde, welches der Ausgangspunkt und der wichtigste Faktor für die ganze menschliche Kulturentwicklung geworden ist, dem Feuer; daß, sage ich, denjenigen, welche solchen Wunsch im Herzen tragen, die Freiheit gegeben sein wird, ihre sterblichen Überreste in ihrer Art zu zerstören.

Es wird bestimmt auch jene freie Zeit kommen, in der es dem Menschen freigestellt sein wird, im Feuer rasch oder in der Erde langsam zu verbrennen, und kein Zwang mehr bestehen wird, zur ausschließlichen, jahrelang andauernden und ästhetisch abstoßenden Verbrennung des menschlichen Körpers im Erdgrabe.

Wenn ich mir im Geiste vergegenwärtige die Einheit der Vorgänge in der Erde und bei der Verbrennung und dabei die Endprodukte beider Prozesse ins Auge fasse, so kann ich nur sagen, daß jener piätetvolle Spruch, den wir so gerne auf den Leichenstein eines lieben Dahingeschiedenen setzen, und der mir eigentlich die im Volksbewußtsein nie ganze erloschene Erinnerung daran, daß einstens auch unsere Ahnen ihre Toten dem Feuer zu überliefern pflegten, zum Ausdrucke zu bringen scheint,.mit voller Berechtigung nur an die Urne gesetzt werden kann, der Spruch:"Friede seiner Asche!"

Unter Bezugnahme auf das Vorangeführte erlauben sich die Unterzeichneten die Anfrage zu stellen:

Ist Se. Exzellenz geneigt, bei der Regierung dafür einzutreten, daß die fakultative Feuerbestattung in Österreich ehebaldigst gestattet werde?

Prag, am 4. Feber 1910.

Abg. Dr. Bernardin und Genossen.

Oberstlandmarschall-Stellvertreter Dr. Urban: Anfrage der Abgeordneten Pacher und Genossen an Seine Exzellenz den Herrn Statthalter, betreffend die Herstellung einer Eisenbahnverbindung von Weipert über Skt. Joachimisthal nach Karlsbad.

Landtags-Sekretär Dr. Haasz abwechselnd mit Landtags-Aktuar Dr. Šafaøoviè (lesen):

Anfrage des Abgeordneten Pacher und Genossen an Seine Exzellenz den Herrn. Statthalter betreffend die Herstellung einer Eisenbahnverbindung von Weipert über Skt. Joachimsthal nach Karlsbad.

Seit dem Niedergange des einst so lebhaften und die Bevölkerung in Ehren ernährenden Bergbaues brach eine traurige Zeit für die früher blühenden Gaue des Erzgebirges an. Während ein Teil der Bergleute nach anderen bergbautreibenden Gegenden wanderte, blieb der weitaus größte Teil aus der liebgewonnenen heimatlichen Scholle, um unter den größten Entbehrungen sich und die Seinigen zu ernähren.

Die Einführung der Klöppelei, der Posamenten-, Handschuh-, Wirkwaren-, Gewehr- und Stickerei-Industrie brachte teilweisen, wenn auch mitunter recht kargen Erwerb.

Unter schwierigen Verhältnissen entwickelten sich die Industrien erst langsam, dann allmählich rascher und kräftiger.

Mit unsäglichen Mühen wurden den Abhängen und Höhen kleine Fleckchen Boden abgerungen und urbar gemacht und so ein Stückchen Feld oder Wiese gewonnen. Doch die Unbilden des Wetters zerstörten in einer Nacht, was durch schwierige Bestellung des Bodens nach wochenlanger Arbeit und Pflege zu den einzigen Hoffnungen berechtigte.

Nur in der Ausgestaltung der Industrie lag die Möglichkeit, der immer mehr anwachsenden Bevölkerung des Erzgebirges einen dauernden, wenn auch erst geringen Erwerb zu sichern.

Von der Entwicklung der Industrie hängt darum das Wohl und Wehe des Erzgebirglers ab.

Es ist darum naturgemäß, daß in der Förderung der einzelnen Industriezweige das beste Mittel gegen die Arbeitslosigkeit und die durch diese bedingte Armut gelegen erscheint.

Mit Rücksicht auf die Konkurrenz ist es darum heute außerordentlich wichtig, welche Verkehrswege der Industrie zur Verfügung stehen, um einerseits die Rohmaterialien herbeizuschaffen und andererseits die Produkte günstig zu verwerten.

Die Tatsache, daß die Eisenbahnen das gewaltigste Werkzeug der Volkswirtschaft bilden, gibt uns darum Veranlassung, zu prüfen, wie es diesbezüglich in unseren Gegenden des Erzgebirges bestellt ist.

So hat z. B. die Stadt Weipert, als eine der am raschesten aufblühenden Städte des Erzgebirges, Anteil an der Bahnlinie Weipert-Komotau der a. pr. Buschtìhrader Eisenbahn, welche aber gemäß den obwaltenden Verhältnissen nicht mehr den Bedürfnissen der mächtig entwickelten Industrien genügt.

Dieser Bahnzug ist die einzig bestehende Verbindung mit dem Innern des Landes Böhmen und weiter mit dem Herzen des Reiches.

Eine neue Verbindung ist eine unabweisliche Notwendigkeit, und diese zu suchen, muß Aufgabe desjenigen sein, der sich über Ziel und Zweck einer solchen im Klaren ist. Bei der Sachlage und unter Berücksichtigung der territorialen Verhältnisse kann, wenn man Weipert als Ausgangspunkt annimmt, das Ziel nur Karlsbad über Joachimstal und der Zweck der sein, eine Hauptbahn zu schaffen, das heißt, eine solche Bahn, welche Weipert und Joachimstal in den großen Weltverkehr einbezieht.

Nun stellt sich allerdings der König des Erzgebirges, der Keilberg, mit seinen Ausläufern nach Ost und West quer in den Weg, so daß der Gedanke, den Kamm dieses Gebirges zu übersteigen, naheliegt.

Allein, wer die Witterungsverhältnisse in unserem Erzgebirge kennt, wer durch eigene Anschauung die hohen Schneemassen, welche sich hier ablagern, gesehen, wer den Sturm, der die Höhen umbraust, zu fühlen bekam, der muß bei objektiver Beurteilung zu dem naheliegenden Schlusse kommen, daß eine Linienführung über den Kamm wohl technisch möglich ist, aber den angestrebten Zweck niemals erfüllen kann. Durch Monate im Jahre müsste der Verkehr stocken oder zum Teil ganz unterbleiben, abgesehen von den Betriebskosten, die zum wahren Wert in dem denkbar ungünstigsten Verhältnisse stünden.

Man muß daher im allgemeinen die Linienführung so wählen, daß unter Berücksichtigung der Anlage-, Unterhaltungs- und Betriebskosten auf die Dauer die geringsten Ausgaben entstehen.

Der gleiche Standpunkt muß bei der Frage der Ausgestaltung mit voller Fähigkeit vertreten werden.

Was lag bei der Undurchführbarkeit des ersten Gedankens näher, als einfach dem Beispiele so vieler großartiger Schöpfungen auf dem Gebiete der Eisenbahntechnik zu folgen und an eine Durchtunnelung des Keilberges zu denken.

Dieser Gedanke ist nicht neu; seit mehr als 30 Jahren haben einsichtsvolle objektive und mit den Verhältnissen vollständig vertraute Männer diesen Plan als durchführbar erörtert, ohne aber, bedingt durch die Verhältnisse, ernstlich eine Weiterverfolgung betrieben zu haben.

Zur Richtigkeit dieser Linienführung brauchen wir nicht die herrlichen Alpenbahnen anzuführen, sondern in unserer engeren Heimat Vergleiche anzustellen. Die k. k. österreichische Staatsbahn Karlsbad-Marienbad und die Aussig-Teplitzer Eisenbahn, Settenz-Reichenberg u. a. zeigen die Anwendung des Tunnelbaues, und nicht bloß deshalb, weil die sonst unvermeidliche Höhenübersteigung dies bedingt, sondern um eine möglichst schlanke Linienführung zu erzielen und der sonst nötigen Anwendung starker Steigungen zu begegnen.

Was nun die Führung des Tunnels anbelangt, so möchte Erwähnung finden, daß dieser genau in. der Höhe von 900 Meter in der Nähe des. Forsthauses Partum beim sogenannten Fuchsloch unweit dem Orte Böhm.-Wiesental beginnt und nach 2.2 Kilometer Länge an der Südseite des Keilberges unter der gleichen Höhe von 900 Meteraustritt.

Zieht man in Berücksichtigung, daß der Keilberg mittelfestes Gestein beinhaltet und daß der Gebirgsdruck nur 344 Meter beträgt, so ergibt sich, daß der technischen Ausführung einerseits keine besonderen Hindernisse entgegenstehen, andererseits, daß das lausende Meter mit 1000 K, sonach der Tunnel als mit 2,2 Millionen nicht zu niedrig in Rechnung gezogen erscheint.

Auch dürfte es nicht unrichtig sein, daraus hinzuweisen, daß nach einem fachmännischen Urteile bei der Anlegung des vorgenannten Tunnels Kobalt, Arsen, Blei und Silbererze gefunden würden.

Was nun die


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