Pátek 4. února 1910

Die Zentralleitung:

Oskar Siedek, Beamter der k. k. priv. österr. Kredit-Anstalt, Präsident.

Dr. Leonhard Roesler, k. k. Hofrat, I. Vize-Präsident

Unbesetzt: Il. Vize-Präsident.

Dr. Paul Pallaster, Hof- und Gerichtsadvokat, I. Schriftführer.

Josef Markowitz, Privatbeamter, lI. Schriftführer.

Wilhelm Lovrek, Fabriksbesitzer, Rechnungsführer.

Anton Klar, Beamter der k. k. priv. österr. Kredit-Anstalt, Schatzmeister.

Beiräte:

Franz Berger, k. k..Oberbaurat und Stadtbaudirektor.

Rudolf Boeck, k. k. Professor.

Dr. Karl Brunner v. Wattenwyl, k. k. Ministerialrat a. D.

Dr. Aler. Dorn Ritter v. Marwalt, k. k. Kommerzialrat, Schriftsteller.

Emil Dorovius, Ingenieur.

Rudolf Freisauff v. Neudegg, Chefredakteur in Salzburg, Obmann des Zweigvereines "Salzburg."

Med.-Dr. Moritz Helf, Chefredakteur des Vereinsorganes "Phönix."

Max Himly, Ober Ingenieur.

Dr. Kaspar Irresberger, Rechtsanwalt in Linz a. D., Obmann des Zweigvereines "Ober Österreich."

Dr. Ludwig Karell, Schriftsteller.

Dr. Jul. Kratter, k. k. Universitäts Professor in Graz,.Obmann des Zweig-Vereines "Steiermark."

Ernst Ritter v. Kuh, kommerzieller Kontrollor der priv. österr. Staatseisenbahn-Gesellschaft a. D.

Dr. Julius Mauthner, Regierungs- und Sanitätsrat, Universitäts-Professor.

St. C. Neubauer, Privatier.

Dr. Karl Rimböck, prakt. Arzt.

Dr. Ferdinand Steiner, prakt. Arzt.

Rudolf Stetka, Obmann des Arbeiter-Zweigvereines.

Dr. Franz Süß, Gymnasial-Professor.

Dr. Karl Toldt, Universitäts-Professor, Hofrat, wirkl. Mitglied der Akademie der Wissenschaften, Mitglied des Herrenhauses.

Dr. Sust. Ad. Ungár-Szentmitlósy, Schriftsteller.

Anton Widlar, Administrationsbeamter.

Wie ungerechtfertigt der Widerstand gegen die Gestattung der Feuerbestattung ist, ergibt sich auch aus dem Vortrage, welchen Herr Dr. Julius Kratter, Universitäts-Professor in Graz, in der Hauptversammlung des Vereines der Freunde der Feuerbestattung "Die Flamme" in Wien am 23. März 1895 gehalten hat, und welcher lautet:

Hochgeehrte Versammlung! Es ist wohl nur wenigen möglich, auch noch einen Blick in das Grab zu tun. Zu den wenigen, welche durch ihren Beruf genötigt waren, seit einer langen Reihe von Jahren dem Prozesse der Leichenzersezung ihr Augenmerk zuzuewenden, gehöre auch ich. Es ist begreiflich, daß, nachdem so wenige Menschen sich mit diesem Gegenstande zu befassen Gelegenheit haben, auch die Vorstellungen über die Dinge, welche sich nach der Bestattung im Erdgrabe abspielen, meist nur ganz unklar und unvollkommen sind.

Wohl haben es oft schon Künstler und Schriftsteller versucht, den Tod und das Grab darzustellen; allein, was sie schufen, sind zumeist Gebilde der eigenen Phantasie und nicht Wirklichkeit, mehr darauf berechnet, Grauen zu erregen, als zu belehren.

Meine Aufgabe wird es sein, nicht dergleichen Momentbilder grauenerregenden Inhaltes zu entwerfen, wie sie bei mir als Erinnerungsbilder von Geschehenem in reicher Zahl vorhanden sind, oder Gebilde der Phantasie vorzuführen, wie sie andere weniger gesehen als erdacht haben, sondern meine Aufgabe soll es sein, schlicht und schmucklos zu berichten, was Wissenschaft und Beobachtung festzustellen vermochten über die Dinge, die vor sich gehen, nachdem der menschliche Leichnam in das Erdgrab gesenkt ist.

Die Reihe der Veränderungen beginnt mit dem Momente des Todes, als welchen wir den Stillstand des Herzens bezeichnen müssen. Es treten zunächst rein physikalische Vorgänge in den Vordergrund der Erscheinungen: Das Erkalten der Leichen infolge Aufhörens der Wärmebildung, die Erstarrung derselben (Totenstarre) durch Gerinnung des Muskeleiweißes, die Vertrocknung gewisser Stellen der Körperoberfläche wegen gesteigerter Verdunstung der Gewebsflüssigkeiten von feuchten, nässenden oberhautlosen Partien aus, endlich die Blutsenkung. Von dem Augenblicke an, als das Blut nicht mehr durch die Triebkraft des lebenden Herzens bewegt wird, nicht mehr im Körper kreist, folgt diese Flüssigkeit nur noch dem physikalischen Gesetze der Schwere und senkt sich in die tiefft gelegenen Körperteile. So entstehen die als Totenflecke bekannten Leichenversärbungen der Haut und die inneren Blutsenkungen (Hypostasen). Bald vermögen die Blutgefäße dem Drucke der auf ihnen lastenden Blutsäule nicht mehr Widerstand zu leisten, indem sie selbst verändert werden, und es tritt das Blut aus seinen natürlichen Behältern aus.

Um diese Zeit haben sich allerdings auch schon tiefgehende chemische Veränderungen des Blutes vollzogen: die Blutkörperchen sind zerfallen, der in ihnen befindliche Farbstoff des lebenden Blutes (Oxyhämoglobin) ist frei und in eine schmutzigbraune Abart (Methämoglobin) umgewandelt worden; die geronnenen Anteile (Blut- und Fibringerinnsel) wurden verflüssigt.

Bald wird die Oberhaut durch das gegen die Körperoberfläche vordringende Blut in Blasen aufgehoben, in einer Weise, die Brandblasen nicht unähnlich ist. Diese Fäulnisblasen sind mit schmutziggelbbrauner und rotbrauner Fäulnisflüssigkeit (Fäulnistranssudat) erfüllt und bedecken oft weite Strecken des Leichnams. Das Deckgewebe des Körpers, die Oberhaut, verfällt dadurch einer Mazeration, bald leistet auch sie nicht mehr Widerstand, die Blasen bersten und es treten die Körperflüssigkeiten nach außen. So kommt es, daß mit dem Zerfalle der Oberhautgebilde die Möglichkeit gegeben ist, daß allmählich alle Flüssigkeiten des Körpers nach außen wandern. Man nennt das die postmortale Ausblutung der Leichen, welche in der Regel einen Zeitraum von etwa zwei Monaten in Anspruch nimmt, so daß nach dieser Zeit alles Blut aus den Organen und den Geweben verschwunden ist. Ein ähnlicher physikalischchemischer Vorgang ist auch die allerdings später beginnende Wanderung des Fettes oder besser eines Teiles des Fettes des menschlichen Körpers. Es zersetzt sich nämlich das Fett unter Ausscheidung des Glyzerins, an welches die Fettsäuren im Normalfett gebunden sind, und Freiwerden dieser letzteren. Die bei gewöhnlicher Temperatur flüssige Ölsäure vermag nun die Gewebe zu durchdringen und schließlich selbst aus dem Körper auszutreten, gleichwie das abgespaltene Glyzerin, während die Hauptmasse des Fettes, bestehend aus den festen Fettsäuren, an der ursprünglichen Bildungsstätte verharrt und als schwer zerstörbarer Teil des menschlichen Körpers oft lange Zeit erhalten bleibt.

Frühzeitig, und zwar schon ganz kurz nach dem Eintritte des Todes, beginnen auch die chemischen Zersetzungen, welche eine weitaus größere Wichtigkeit beanspruchen. Die chemische Leichenzersetzung ist ein höchst komplizierter Vorgang, dessen Einzelheiten noch keineswegs vollkommen bekannt sind, so sehr auch die wissenschaftliche Forschung der letzten Jahrzehnte bemüht war, Licht auch über dieses Dunkel zu verbreiten. Der Hauptsache nach besteht derselbe darin, daß aus den hoch zusammengesetzten Molekülen, welche am Aufbaue des menschlichen Körpers beteiligt sind, durch fortgesetzte Spaltungen immer einfachere Verbindungen gebildet werden.

Man hat in neuerer Zeit diesen chemischen Zersetzungsvorgängen eine besondere Aufmerksamkeit zugewendet und ist in der Erkenntnis dieser Veränderungen ziemlich weit vorgeschritten, ohne daß es bisher möglich gewesen wäre, alle chemischen Umsetzungen von Stufe zu Stufe zu verfolgen und bis zu den Endgliedern festzustellen. Ich darf wohl auf eine interessante Gruppe besonders aufmerksam machen, welche Gegen stand vielfacher wissenschaftlicher Forschungen geworden ist. Es find dies jene Körper, die man als Leichen- oder Kadaveralkaloide (Ptomatine) bezeichnet hat. Selmi in Bologna hat zuerst darauf aufmerksam gemacht, daß bei der Leichenzersetzung schon in einem frühen Stadium durch Veränderung der Eiweißtörper der menschlichen Gewebe neue basische Körper gebildet werden, welche in ihrer Wirkung gewissen in Pflanzen vorhandenen giftigen Stoffen, den sogenannten Pflanzenbasen, (Pflanzenalkaloiden) ganz ähnlich seien. Deswegen hat er die Bezeichnung Kadaver oder Leichenalkaloide für diese ganze Gruppe von Fäulniskörpern gewählt. Brieger in Berlin hat diese Ptomatine einer besonders sorgfältigen Untersuchung unterzogen; er war es auch, welcher zuerst die chemische Konstitution einer größeren Anzahl dieser bei der Leichenfäulnis austretenden Spaltungsprodukte genau festgesetzt hat. Es würde zu weit führen, wenn ich auf die schon heute ziemlich große Zahl dieser Körper näher eingehen wollte.

Um ihnen, hochgeehrte Versammlung, nur eine beiläufige Vorstellung zu geben, habe ich hier auf der Tafel I eine größere Anzahl dieser Körper aufgeschrieben und bemerke nur, daß dieselben verschiedene chemischen Gruppen angehören und verschiedenen Zusammensetzung haben; alle lassen sich jedoch aus den Eiweißkörpern als Spaltprodukte ableiten. Es sind insbesondere der Gruppe der zusammengesetzten Ammoniake, der Amine und Diamine angehörige Körper, welche bei der Leichenfäulnis in verschiedener zeitlicher Aufeinanderfolge gebildet werden und wieder verschwinden, um anderen Platz zu machen. Bezüglich dieser Fäulnisbasen bemerke ich noch, daß ein Teil derselben giftig, ein anderer Teil ungiftig ist. Es werden also tatsächlich durch die Zersetzungsvorgänge im Grabe auch teilweise giftige Körper gebildet.

Tafel l.

Leicheanalkaloide - Ptomatine.

[Die Formeln sind neu hinzugefügt worden, ebenso die genaue Bezeichnung der Giftigkeit.]

Amine.

Methylamin CH3 NH2, Äthylamin C2 H5 NH2, Propylamin C3H7,NH2, Dimethylamin (CH3)2 NH, Diäthylamin (C2H5)2 NH, Trimethylamin (CH3)3 N, Triäthylamin (C2H5)3 N, Isophenyläthylamin (Collidin C6H5 CH, CH3 NH2, sämtlich giftig, örtlich reizend und gehirnreizend.

Diamine.

Äthylendiamin C2H4 (NH2)2, Äthylidendiamin CH3 CH(NH2)2, Trimethylendiamin (CH2)3 (NH2)2 giftig, wie oben.

Tetramethylendiamin (CH2)4 (NH2)2 (Putrescin), Pentamethylendiamin (CH2)5 (NH2)2 (Cadaverin) Neuridin, Saprin dem Cadaverin isomere, ungiftig.

Cholingruppe.

Cholin C5 H15 NO2, in größerer Menge giftig. Muscarin (Leichen-Muscarin), Fliegenschwammgift C5 H15 NO3. Neurin C5 H13 NO, giftig. Oxyneurin (Betain, Lycin) C5H13 NO3, wenig giftig.

Andere

(mit zum Teil noch unbekannter Zusammensetzung).

Mydin C8 H11 NO, ungiftig. Mydalein (vielleicht ein Diamin) ungiftig. Mydatoxin C6 H13 NO2, giftig. Gadinin C7 H17 NO2, giftig, Sepsin. Ptomatropin (Fäulnisatropin), giftig. Ptomatocurarin (Fäulniscurarin), giftig. Peptotoxin, giftig. Tyrotoxin, giftig.

Um aber keine irrige Vorstellung aufkommen zu lassen, möchte ich hier noch bemerken, daß dasjenige, was man Leichengift nennt, wohl nicht einer von den hier aufgeschriebenen Körpern ist, sondern wenn Leichen in der gewöhnlichen Sprachweise giftig wirken und tatsächlich Blutvergiftung bei demjenigen, der damit hantiert, unter Umständen hervorrufen können, so sind das lebende Organismen, in der Leiche vorhandene Krankheitsoder Fäulniserreger, die von da auf den lebenden Körper eines Menschen gelangen und durch ihre Zersetzungen die bösartigen Folgen der Blutvergiftung nach sich ziehen.

In einer zweifellos langen Kette weiterer, meist noch unbekannter Zersetzungen spalten sich diese Körper fort und fort, so daß schließlich verhältnismäßig einfache Körper als Endprodukte des ganzen chemischen Leichenzersetzungsvorganges erscheinen. [Selbstverständlich sind auch die schon heute bekannten in der Tabelle angeführten Leichengifte keineswegs gleichzeitig vorhanden, sondern einzelne erscheinen früh, verschwinden bei der weiteren Fäulnis und machen anderen Platz, so daß man auf diesem Verhalten geradezu eine chemische Chronologie der Fäulnis wird begründen können, wie ich dies schon am X. internationalen medizin. Kongreß in Berlin dargetan habe. (Über die Bedeutung der Ptomatine für die gerichtliche Medizin.)] Ich werde später noch auf diese Endprodukte der Leichenzersetzung zu sprechen kommen.

Eingeleitet und unterhalten werden alle Spaltungen der hoch zusammengesetzten Eiweißkörper der menschlichen Gewebe durch lebende Organismen, Spaltpilze, welche ihrerseits in üppigster Lebenstätigkeit begriffen, aus den abgestorbenen menschlichen Geweben immer neue und anders zusammengesetzte Körper als Stoffwechselprodukte ihres Lebens bilden, um - einem allgemeinen Gesetze zu folge - generationsweise in den eigenen Stoffwechselprodukten unterzugehen.

Die Individuenzahl dieser kleinsten Leichenzerstörer ist unschätzbar groß. Milliarden und aber Milliarden von Leichenbakterien sind an der Zerstörung eines einzigen Leichnams beteiligt; beschränkt ist jedoch ihre Artzahl.

Man hat viele dieser Mikroorganismen in ihren biologischen Eigenschaften näher studiert, und es ist heute schon eine ziemlich große Anzahl von Fäulniserregern vollkommen nach allen Richtungen sichergestellt. [Nach den sorgfältigen, im Labora torium von Bizzozero ausgeführten Untersuchungen Ottolenghis über die Fäulnisbakterien des Blutes sind bei der Leichenfäulnis hauptsächlich die nachfolgenden Spaltpilze beteiligt:

Beginnende Fäulnis: Mesentericus vulgatus. Mesentericus fuscus. Meséntericus fuscus B.

Beginnende Fäulnis: Mesentericus fuscus. Mesentericus fuscus B. Bacillus subtilis. Bacillus subtilis B. Micrococcus alcus liquefaciens.

Vorgeschrittene Fäulnis: neben den vorigen Bacillus candicans. Micrococcus candicans Micrococcus luteus. Micrococcus auran tiacus. Sternförmiger Coccus. Bacillus albus cadaveris. Bacillus citreus cadaveris.

Die beiden letztgenannten, von Straßmann und Stecker eingehend studierten Bazillenarten gehören der Spätfäulnis an.] Zweifellos sind aber auch noch andere, bisher nicht genauer untersuchte Pilze an der Leichenzersetzung beteiligt. So will ich nur erwähnen, daß in meinem Institute in Graz Untersuchungen im Zuge sind über einen neuen, bei der Leichenfäulnis aufgefundenen Pilz, der an der Oberfläche faulender Organe wuchert.

Es sind aber nicht bloß diese niedrigsten Pflanzengebilde, die Spaltpilze, die an Leichenzersetzung mitwirken: auch Ihnen allen sehr wohlbekannte höhere Pflanzenorganisation finden den Boden zu ihrem Gedeihen, zu ihrem Wachsen und zur Ausbreitung auf der menschlichen Leiche: die Schimmelpilze. Alle Schimmelarten, die bisher bekannt geworden sind, kommen auch auf der Leiche vor, und zwar werden sie schon frühzeitig daselbst angesiedelt gefunden. Ich glaube, nach eigener Erfahrung sagen zu können, daß die Aufgabe dieser streng luftlebigen (aëroben) Pilze, welche daher immer nur an der Oberfläche des Körpers wachsen können, die ist, die sehr widerstandsfähige Lederhaut zu zerstören.

Man findet die Schimmelbildung daher auch schon bei Leichen in den anfänglichen Stadien der Zersetzung, in den ersten Monaten bis nach Schluß des ersten Jahres, aber auch noch weit darüber hinaus. Ganz und gar verschimmelte Leichname findet man, wie ich aus eigener reicher Erfahrung bezeugen kann, bei Ausgrabungen oft nach vielen Jahren.

Allein nicht nur auf der Pflanzenwelt, nicht nur diese unterirdische Flora, wenn es gestattet ist, für solche Pflanzengebilde diesen schönen Namen zu gebrauchen, sondern auch Tiere nehmen Anteil an der Zerstörung des Körpers im Grabe. Es sind Ihnen wenigstens im allgemeinen wohlbekannte Tiere, welche hier mitarbeiten: Insekten, vor allem verschiedene Fliegengattungen sind es, die ihre Eier teils direkt auf die noch unbestattete Leiche absetzen, teils auf die Graberde ablegen, deren Larven dann in das Grab eindringen, den Leichnam besiedeln und dort ihr Zerstörungswerk beginnen. Es sind auch hier wieder neue Untersuchungen gewesen, welche sich der Erforschung dieser Tierwelt zugewendet haben. Ich nenne insbesondere Reinhard, Handlirsch, einen Wiener und Megnin. Letzterer hat eine Tabelle entworfen über die wichtigsten der bei der Leichenzersetzung beteiligten Insekten. Auch hier möchte ich wohl nicht auf die Einzelheiten eingehen, ich will nur einiges zur Tabelle bemerken, welche Sie hier auf dieser Tafel aufgeschrieben finden.

Tafel II.

Gräberfauna nach Megnin.

1. Periode sarcophagienne (3monatliche Tauer). Dipterengaltungen: Cyrtoneura, Caliphora, Lucilia, Sarcophaga, Muskelzehrer.

2. Periode dermestienne (3 bis 4 Monate). Coleoptera: Dermestes, Corynethes, Fettzehrer; Lwpidoptera: Aglossa, Fettzehrer.

3. Periode silphienne (4 bis 8 Monate). Dipteren: Phora, Anthomyca; Coleopteren: Silpha, Hister; Acarinen: Saprinus, Serrator, Moderbildner.

4. Periode acarienne. Acarinen: Tyro glyphus, Glyciphagus, Uropoda, Trachinotus; Anthrenen: Tineola biselliella, Moderbildner.

Es sind den verschiedenen Gattungen angehörige Insekten: Dipteren, Coleopteren, Lepidopteren, welche hier in Betracht kommen. Es dürfte zumeist die Tatsache interessieren, daß es festgestellt wurde, daß hier Generationen um Generationen wechseln, so zwar, daß, wenn eine Generation dieser Insekten ihre Lebensbedingungen nicht mehr findet, eine zweite einwandert und das begonnene Zerstörungswerk fortsetzt und dann eine dritte einwandert u.s.w. Man kann geradezu Perioden unterscheiden, von einer periodenweisen Betätigung dieser Tiere sprechen.

Dies wurde sogar dazu benützt, um Zeitbestimmungen zu machen, wie lange ein Leichnam sich im Grabe befindet, je nachdem die eine oder andere Larvenart von Aasinsekten in der Leiche getroffen wird. Ich erwähne, von zoologischen Einzelheiten vollständig absehend, nur dasjenige, was diese Insekten leisten.

Zuerst wandern Insekten ein, welche sich von den Muskeln nähren; diese zehren die Muskeln ziemlich vollständig auf. Ich habe sie einfach als Muskelzehrer bezeichnet. Später wandern Insekten ein, welche sich von einem anderen Teile des menschlichen Körpers nähren, vom Fett. Es sind die Fettzehrer, und in letzter Linie kommen diejenigen in Betracht, welche zusammen die Moderprodukte bilden; ich habe sie Moderbildner genannt.

Ich glaube, es dürfte das Wenige genügen, um Ihnen eine beiläufige Vorstellung zu machen über diese Gräberfauna. Ich bemerke nur noch, daß man diese Tabelle durchaus nicht generalisieren darf, sondern daß dieselbe eigentlich nur für eine bestimmte Örtlichkeit gilt, für diejenige, wo diese Studien gemacht worden sind - Paris. Selbstverständlich werden in anderen Ländern, unter verschiedenen Breitegraden und Klimaten zum Teile oder vorwiegend andere Insektengattungen es sein, welche in dieser Weise an der Leichenzersetzung beteiligt sind. [Neuerdings hat Dr. Ed. v. Niezabitowski in Krakau in einer interessanten experiementellen Untersuchung über die Leichen fauna (Vierteljahrsschre s. ger. Med. 3 Folge XXIII. 1. 1902) diesen Satz völlig bestätigt und schließt sich meiner, auch in Drasches Bibliothek der ges. med. Wissenschaften, Bd. u. ger. Med., S. 550 (1899) niedergelegten Anschauung an, daß das System der entomologischen Chronologie der Fäulnis von Megnin auf Allgemeingiltigkeit keinen Anspruch erheben könne. Nach Ort und Zeit sind die an der Leichenzerftörung beteiligten Insekten vielfach verschieden. Nach N. muß der Löwenanteil am Zerstörungswerke den Fliegen, und zwar dem Maden der goldgrünen Lucilia caesar zugeschrieben werden, die beinahe drei Viertel der gesamten Weichteile aufzehren; in geringerer Anzahl erscheinen andere Fliegenarten (Musca domestica und corvina, Calliphora, Sarcophaga und Pyophyla.) Den Rest der Weichteile im Freien liegender Leichen verzehren Käfer und ihre Larven, zumeist die großen Schwarzen Larven von Necrodes, in geringerer Zahl Silpha, Emus, Philonthus, Hister, Saprinus, Necrophorus.]

Unter Umständen kann die Tätigkeit dieser Aasinsekten vollständig ausgeschaltet werden. Es ist dies der Fall da, wo das Grab in einer Weise dicht hergestellt ist, daß ein Eindringen derselben nicht statthaben kann (Grüfte), oder der Sarg vollkommen dicht verschlossen ist (Metallsärge).

Wenn wir uns nun nach der Zeitdauer und nach den Bedingungen fragen, unter welchen die Leichenzersetzung erfolgt, so ist darüber Folgendes zu sagen.

Es ist eine Reihe äußerer und innerer Bedingungen, die einen Einfluß nimmt auf die Zeit, in welcher die Zersetzung der Leichen im Erdgrabe vor sich geht.

Nach übereinstimmenden Beobachtungen können unter den allergünstigen Bedingungen, d. h. wenn Voraussetzungen gegeben sind, welche die Leichenzerstörung außerordentlich fördern, die Weichgebilde eines erwachsenen Menschen im Grabe nicht vor Ablauf von zwei bis drei Jahren zersetzt sein; in der Regel dauert es außerordentlich viel länger, so daß sechs, acht, zehn und mehr Jahre vergehen könen, wenn gewisse hemmende Bedingungen vorhanden sind. Die Zeit, in welcher eine Leiche im Erdgrabe vollständing zerstört wird, ist abhängig von, wie ich schon sagte, verschiedenen äußeren und inneren Bedingungen.

Als äußere Bedingungen der Verwesung sind zu bezeichnen: die Luft, die Feuchtigkeit und die Wärme. Die Temperatur ist außerordentlich wichtig für den Leichenzersetzungsvorgang, und es ist allgemein bekannt, daß bei niedriger Temperatur überhaupt alle Zersetzungen aufhören. Je höher also die Temperatur im Grabe ist, umso rascher geht die Leichenzersetzung vor sich, je niedriger, umso verzögerter ist sie.

Es gehört dann zu den Bedingungen der Leichenzersetzung ein gewisser Grad von Feuchtigkeit. Was diese anlangt, so genügt anfänglich die im Körper vorhandene Flüssigkeit, um die Zersetzung in Gang zu bringen und durch einige Zeit zu erhalten. Im weiteren Verlaufe bedarf es aber eines Zutrittes von Feuchtigkeit von außen her, damit die neugebildeten Produkte in Lösung kommen. Wenn daher die Feuchtigkeit mangelt, wenn große Trockenheit vorhanden ist, dann wird die Leichenzersetzung gehemmt und es kommt nach der postmortalen Ausblutung und Abgabe der Körperflüssigkeiten an die Umgebung zur Vertrockung der Leiche; es hört jede weitere Zersetzung auf. Die Leiche wird in eine Mumie verwandelt. Solche natürliche Mumienbildung [Von der natürlichen Leichenvertrocknung ist die künstliche Mumienbildung durch Einbalsamieren wohl zu unterscheiden, wie sie von den Ägyptern höchst kunstvoll geübt wurde und vereinzelt in einfacher Weise auch heute vorkommt, indem die Leichen von Fürsten, Vornehmen und Reichen durch Einspritzung fäulniswidriger Stoffe der Zersetzung entzogen und dadurch konserviert werden.] gibt es tatsächlich auch im Grabe.

Es sind einige Gegenden, beispielsweise in Piemont, in Dalmatien und Istrien bekannt geworden, wo Vertrockungen von Leichen in Gräbern ziemlich häufig beobachtet werden. Auch von einzelnen Gegenden Deutschlands ist Aehnliches bekannt.

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