Ètvrtek 15. øíjna 1908

Sache vertrete und da nicht den persönlichen Kampf führe.

Die Zeit, meine Herren Kollegen, in der wir uns befinden, ist sehr ernst, ernst für unser deutsches Volk, für die Landwirtschaft, für die Gewerbetreibenden, für den Beamten, für den Arbeiter, kurz für alle ehrlich arbeitenden Stände, nicht nur in wirtschaftlicher, sondern auch in nationaler Beziehung. Und wenn nun unsere Herren Kollegen daran gehen, dessen ungeachtet Urlaubsgesuche einzubringen, dann bin ich überzeugt, baß die Handels- und Gewerbekammer in Eger nicht damit einverstanden sein durfte, weil nicht allein wirtschaftliche, sondern auch nationale Interessen, die auch von der Handelskammer immer so gern Vertreten sein wollen, gegen das Urlaubsgesuch sprechen.

Würde die Handelskammer ein solches Vorgehen gut heißen, dann, meine Herren, könnten wir auch das Vorgehen der Handelsund Gewerbekammer nach unseren Begriffen beurteilen, wir würden in diesem Falle dafür keine Worte der Entschuldigung finden.

Nicht der Diäten wegen sind wir in diesen Landtag entsendet, sondern um zu arbeiten.

(Abg. Glöckner ruft: Genau wie beim Reichsrat, auf 9 Monate vertagt und 3 Monate Dringlichkeitsanträge!)

Wir wissen auch, daß die Abgeordneten aus den Handelskammern nicht auf die Diäten angewiesen sind. Ihre Lebensstellung erlaubt es ihnen sich auch den Luxus eines Mandates gönnen zu können.

Wir sehen es aber doch, wie sich die Herren um die Mandate reißen, eben deshalb, meine Herren, müssen wir darauf beharren, daß die Abgeordneten ihre Pflicht erfüllen, eben deshalb sind wir verpflichtet gegen Urlaubsgesuche Stellung zu nehmen, und ich lege es nochmals dem Herrn Kollegen Keller ans Herz, das Urlaubsgesuch zurückzuziehen, damit ich nicht wo ich jetzt über eine Stunde dagegen sprach, noch genötigt bin, eine ober zwei weitere Stunden dagegen Stellung zu nehmen.

Sie haben ja vor ihren Wählern gelobt, als Abgeordneter Ihre Pflicht zu erfüllen.

Unsere Geschäftsordnung sagt ausdrücklich: Der Abgeordnete hat die Verpflichtung ununterbrochen an den Verhandlungen des Landtages teilzunehmen. Hätten Sie, Herr Abgeordneter Keller, die Geschäftsordnung studiert, so wären Sie nicht dazugekommen, ein Urlaubsgesuch einzureichen.

(Abgeordneter Glöckner ruft: Es ist so, wie beim Oberstlandmarschall, mangelhaftes Studium der Geschäftsordnung führt zu solchen Unzukömmlichkeiten! Abgeordneter Iro ruft: Entschuldigt aber nicht!)

Über Seine Durchlaucht will ich diesmal kein Urteil abgeben, aber gegen den Kollegen Keller bin ich verpflichtet Stellung zu nehmen, weil wir doch jeden Kollegen auffordern müssen, daß er seine Pflicht so erfüllt, wie er es zugesagt hat. Es werden von den Herren in vielen Fällen Versprechungen gemacht, doch in den meisten Fällen, wenn die Herren einmal zu Abgeordneten gewählt worden sind, vergessen sie auf alle Versprechungen. Ich bin überzeugt, daß auch der Herr Abgeordnete Keller schöne Worte gebraucht hat, bevor man ihn zum Abgeordneten der Handels- und Gewerbekammer gewählt hat.

(Abgeordneter Glöckner ruft: Oh nein! Der hat ein schönes Gesicht, der braucht keine schonen Worte!)

Oberstlandmarschall: Ich erlaube mir nochmals das Ersuchen zu stellen, den Herrn Redner nicht zu unterbrechen.

Abgeordneter Wüst (fortfahrend): Die Handels- und Gewerbekammer hat natürlich Vertrauen zu dem Abgeordneten, welchen sie in die gesetzgebende Körperschaft entsendet, aber ich wundere mich, daß die Handels- und Gewerbekammer in Eger nicht Protest erhoben hat, als sie bereits vor 14 Tagen erfuhr, daß der Kollege Keller ein Urlaubsgesuch einbrachte. Hier ist der Ort, wo über die Wünsche der deutschen Steuerträger des Landes entschieden werden soll. Wenn wir auch diesen Ort nur als größere Bezirksvertretung betrachten, so ist es doch für uns Pflicht, allen Sitzungen beizuwohnen, es ist Pflicht, die Berhandlungen zu überwachen und die Kollegen auf ihre Pflichten aufmerksam zu machen, insbesondere jene, welche Urlaubsgesuche einbringen und nur die Sitzungen schwänzen wollen.

Die Landesumlage beträgt dermalen 55%, ich habe bereits vorhin ausgeführt, daß wenn auch das Defizit durch eine Landesumlage gedeckt werden sollte, diese eine Erhöhung um 33% erhalten müßte. Der Herr Abgeordnete Keller hat mit uns die Pflicht, zur Sache Stellung zu nehmen, er hat mit uns die Pflicht, den Landesvoranschlag zu studieren, er hat mit uns die Pflicht den Sitzungen beizuwohnen und in diesen Sitzungen seinen Standpunkt zum Ausdruck zu bringen und mit uns gemeinsam zur Abwehr zu greifen. (Abgeordneter Iro ruft: Born deutschnationalen Standpunkte die Pflicht, mit uns nicht zu arbeiten!)

Wenn wir dazu die Höhe der Bezirksund Gemeindeumlagen ins Auge fassen, so werden wir finden, daß in einzelnen hatten die Gewerbetreibenden und Steuerträger mit einer mehr als 200% Umlage belastet werden. Der Herr Abgeordnete Keller hat die Pflicht, dieser Sache nachzugehen, hier seiner Meinung Ausdruck zu geben, aber er kann nicht sprechen, wenn er in Wien Vergnügungen nachgeht. Hier im Landtage hat er seine Stimme zu erheben, hier mit uns Abhilfe zu schaffen, und mit uns Stellung zu nehmen gegen die Übergriffe, die man von tschechischer Seite gegen unser deutsches Volk plant. Ich ermahne Sie deshalb nochmals, Herr Kollega Keller, daß Sie im letzten Augenblicke sich noch bewegen lassen, das Urlaubsgesuch zurückzuziehen und mit uns gemeinsam zu kämpfen. Ich will weiters auf die Amortisationen, auf die Hypothekarzinsen der einzelnen Steuerträger nicht weiter zurückkommen. Deswegen ist es die Aufgabe der Abgeordneten, daß auch sie diesen einzelnen Fragen ihre Aufmerksamkeit widmen, wenn aber der Abgeordnete dem Volkshause fernbliebe, so können seine anderen Kollegen nicht so ihren Mann stellen, wie sie es in den einzelnen Fällen tun sollen, weil nicht allein die Person, sondern auch die Anzahl der Kollegen oft maßgebend ist, um bei der Abstimmung gegen das uns immer vom Landesausschusse zugefügte Unrecht protestieren zu können.

(Abg. Glöckner ruft: Und was würden erst die Soci dazu sagen, wenn wir so die Zeit vertrödelten!)

Wenn wir zu den Mitteln der Obstruktion gegriffen haben, so ist die Anwesenheit des Abgeordneten Keller um so dringender nötig.

Dadurch bringen wir unseren deutschen Steuerträgern mehr Nutzen, als wenn der Landtag der Provinz Böhmen arbeitet, und weil die Obstruktion andauert, müssen alle hier sein, kein deutscher Abgeordneter darf fehlen und ein Urlaubsgesuch einbringen, außer in ganz wichtigen und dringenden Fällen.

Wir haben ja Gelegenheit in unseren Wählerkreisen die herrschende Unzufriedenheit kennen zu lernen.

Wenn auch die Wähler des Abgeordneten Keller, die Herren Großindustriellen, die Steuerlast nicht so fühlen, wie der kleine Mann, (Rufe: Oho!) so bin ich doch überzeugt, daß auch die Handels- und Gewerbekammer nicht so mir nichts dir nichts über einzelne Fragen hinweggeht.

Die Handelskammer kann aber auch von der Sache nicht unterrichtet werden, wenn ihr eigener Abgeordneter den Sitzungen ferne bleibt.

Die Diäten, verehrte Herren, betragen Tausende und abermals Tausende von Kronen, die für die Tagung des Landtages geradezu herausgeworfen werden.

Wir dürfen deshalb nicht ruhig zuschauen, wie man Urlaubsgesuche einbringt. (Abg. Iro ruft: Wir haben ja nichts von den Diäten, wir müssen sie den Prager Hoteliers geben!) Wir müssen alle Arbeiten des Landtages genau verfolgen. )

Denn alles das, was hier aufgebracht wird, geht aus den Taschen des Volkes, das für die Kosten dieses politischen Theaters aufzukommen hat.

Wenn der Herr Kollege Keller den Sitzungen des Hauses nicht beizuwohnen willens war, dann lag ihm die eine Pflicht ob, sich nicht wählen zu lassen.

So wie wir unsere Pflicht erfüllen müssen, so müssen auch Sie Ihre Pflicht erfüllen, oder aber Ihr Mandat in Die Hände Ihrer Wähler zurücklegen, damit ein anderer arbeitsfreudiger Kollege in das Haus gewählt wird. (Abg. Glöckner ruft: Wir gehen von lauter Arbeitsfreudigkeit auf!)

Wir glauben nicht, daß man vielleicht durch Gendarmerie- und Militärgewalt die Soziale Frage lösen wird, sondern nur dadurch wird sie gelöst, wenn sich die einzelnen Abgeordneten den Wünschen des Volkes angelegen sein lassen und dieselben in den gesetzt gebenden Körperschaften vertreten.

Wenn ein Abgeordneter seine Pflichten ernst nimmt, so kann er viel Nützliches leisten, wenn er will, er kann aber auch, wenn er feine Arbeitslust an den Tag legt, dadurch feinem Wahlbezirke Schaben zufügen, insbesondere wenn er Urlaubsgesuche einbringt und dem Hause fern bleibt.

Der Abgeordnete ist auch verpflichtet, als Berater feiner Wähler aufzutreten, er ist verpflichtet, sie über alle Borgänge im Reichsrat ober Landtag zu orientieren und über alle Borlagen, die im Landtag unterbreitet werden, Bericht zu erstatten.

Aber er kann seinen Wählern keinen Bericht geben, wenn er dem Hause fern bleibt, er kann den Wählerversammlungen nicht Bericht erstatten, wenn er nicht weiß, was in den Sitzungen vorgeht.

Es ist, verehrte Herren, für uns als Kollegen eine Ehrensache, dazu Stellung zu nehmen und wir würden uns mitschuldig machen, wenn mir das Urlaubsgesuch des Abgeordneten Keller so leichtfertig behandeln mürden. Es geht nicht, verehrte Herren, daß man den Landtag so herabsetzt und daß man förmlich zu erklären sucht, es sei ganz Wurst, ob ein Abgeordneter den Sitzungen beiwohnt oder nicht. Nein, Herr Kollege Keller, die Sitzungen, welche der Landtag dermalen abhält, sind hochwichtig. Sie wissen, daß alle deutschen Abgeordneten am Platze sein müssen und Sie werden deshalb auch einsehen, daß die Stellungnahme - ich spreche vorläufig nur von meiner Stellungnahme - gerechtfertigt erscheint.

Wichtige Gründe haben Sie, Herr Kollege Keller, nicht unterbreitet, Gründe privater Natur jedoch sind für das Haus nicht maßgebend.

Ich habe bereits vorhin gesagt, ich gebe die Hoffnung nicht auf, daß der Herr Abge= ordnete Keller vielleicht noch im letzten Augenblicke fein Urlaubsgesuch zurückzieht. Aber, wie ich sehe. macht er sich schriftliche Anmerkungen. Daraus schließe ich, daß er willens ist, mir auf meine Ausführungen zu erwidern. Weit ich nun bemerke, daß der Herr Abgeordnete Keller sich Notizen macht und weil ich daraus entnehme, daß er mir zu antworten versuchen wird, eben deshalb möchte ich des weiteren noch begründen, warum ich gegen die Bewilligung des Gesuches bin.

Der hohe Landtag als solcher wird zu entscheiden haben, ob er dem Gesuche feine Zustimmung erteilt oder nicht. Vielleicht kommt es vor, daß die Mehrheit des Landtages für die Bewilligung des Gesuches fein wird. In diesem Falle würbe ich das auch begreiflich finden und zwar nicht vom Standpunkte der Deutschen, sondern von dem Standpunkte der tschechischen Abgeordneten, weit sie als solche bestrebt fein werden, die Anzahl der deutschen Abgeordneten zu verringern, um vielleicht auf diese Weise unsere Obstruktion brechen zu können.

Wir aber, verehrte Herren, die wir willens sind zu arbeiten, wir haben die Pflicht, dagegen Stellung zu nehmen. Wir dürfen nicht leichtfertig zu einem Urlaubsgesuche Ja und Amen sagen. Wir sehen, daß der Herr Abg. Keller schon seit 14 Tagen Gelegenheit gehabt hätte, sein Urlaubsgesuch zurückzuziehen.

Er hat es nicht getan; im Gegenteil, heute war es der Herr Abgeordnete Keller, der feinen Urlaub vom 15. dieses Monates bis zum 30. dieses Monates verlängert wissen will.

Aus diesen Gründen finde ich mich veranlaßt, noch weiter zu sprechen. Bielleicht wird es der Fall fein, daß einzelne andere Kollegen auf den betreffenden Herrn Keller einwirken, um ihn vielleicht doch noch zu bestimmen, daß er sein Urlaubsgesuch zurückziehe.

(Abgeordneter Glöckner: Dieses Urlaubsgesuch wird ansteckend auf die anderen Abgeordneten wirken!)

Eben deshalb, daß es nicht ansteckend wirke, nehme ich dagegen Stellung. Denn ich glaube, es ist nicht angenehm, wenn man zu den einzelnen Verhältnissen eines Abgeordneten in öffentlicher Sitzung Stellung nehmen muß, wie ich mich hiezu veranlaßt finde. Die Auslagen in diesem Lande sind ohnehin groß. Wir finden, daß Schulden über Schulden gemacht werden; wir finden, daß man unnötigerweise hunderttausende von Kronen hinauswirft.

Ich erinnere hier nur an die Renovierung der Wenzelsstatue.

Nun, meine Herren, wir sind Verpflichtet zu den einzelnen Forderungen Stellung zu nehmen und dagegen zu protestieren. Bleibt aber der Abgeordnete den Sitzungen ferne, nimmt er nicht mit uns Stellung dagegen, obwohl er weiß, daß die Deutschen in diesem Lande nahezu zwei Drittel sämtlicher Lasten aufbringen müssen, dann bedauere ich diesen Kollegen. Wenn er aber andererseits diese Erkenntnis hat, dann wird er sich vielleicht doch noch im letzten Augenblicke bewegen lassen, von seinem Urlaubsgesuche Abstand zu nehmen.

Nicht genug, das mir Schulden über Schulden haben, nicht genug, des die Landesschuld über 161 Millionen Kronen beträgt, so versteigt man sich jetzt sogar zu dem Antrage auf Erbauung eines neuen Landtags gebäudes.

Dagegen Stellung zu nehmen ist Pflicht aller Abgeordneten, aber auch des Abgeordneten Keller. Auch er ist verpflichtet, gegen die Mehrauslage, die mit dem Reubaue eines Landtagsgebäudes verbunden ist, Stellung zu nehmen. Wir vermögen allein dies nicht abzuwehten, wenn die Kollegen den Sitzungen ferne bleiben. Das neue Landtagsgebäude soll errichtet werden und soll vielleicht ein neues Repräsentationsgebäude der Tschechen in Prag abgeben.

Wir haben fein Gelb, die Schulden zu bezahlen; der Kollege Keller weiß genau, wie tief wir darin stecken, er hat bemerkt, das auf der Tagesordnung ein Antrag steht, um die Erbauung des Landtagsgebäudes zu begründen, und dessen ungeachtet brachte er sein Urlaubsgesuch ein.

All das, verehrte Herren, was mir im Berlaufe der jetzigen Landtagssitzungen gesehen und erlebt haben, all das, was die einzelnen Kollegen in der Budgetkommission kennen lernten, muß uns veranlassen, gegen ungerechtfertigte Urlaubsgesuche beshalb Stellung zu nehmen, weil es notwendig ist, daß alle Abgeordneten am Platze sind, um gegen die Ausbeutung seitens der Tschechen Stellung zu nehmen. Es ist richtig und auch begreiflich, das wie das Sprichwort sagt, aus fremden Häuten, gut Riemen Schneiden ist, aber der Herr Abg. Keller hat ja ebenfalls die Pflicht, sich dagegen, zu mahren er ist verantwortlich für das Mandat, das er übernommen hat. Er besitzt ja wie die anderen Abgeordneten ein Gewissen, vielleicht ist es etwas weites.

Die einzelnen Borkommnisse in der Budgetkommission belehren uns, daß wir allen Fragen unsere Aufmerksamkeit zuzuwenden haben, aber wir können all den Beschwerden nur wirksam entgegentreten, wenn die Abgeordneten ihre Pflicht erfülen.

Wir haben das bereits schon aus den früheren Abstimmungen kennen gelernt. Ein zelne Urlaubsgesuche wurden bewilligt, andere abgelehnt, wir sind aber bemüssigt, daß wir nicht mir nichts dir nichts Urlaubsgesuche bewilligen. Wir haben die Verpflichtung zu sprechen, denn auch die Geschäftsordnung verpflichtet uns hiezu, weil es darin heißt, daß wir an den Behandlungen unnnterbrochen teilnehmen müssen.

Der Abgeordnete ist verpflichtet das zu tun, was er in den Wählerversammlungen erklärt hat. Und wenn auch der Wählerkreis des Abg. Keller nicht zu groß ist, bin ich überzeugt, daß ein Steil seiner Wähler Sich mit seinem Borgehen nicht einverstanden erklären werden. Wenn er auch nur einen kleinen Wählerkreis hat, so bin ich überzeugt, daß er vor der Wahl große Mühe anwenden müßte, um sein Mandat zu erreichen und die Wähler zu überzeugen, das er ein ehrlicher überzeugungstreuer pflichtgemäßer Abgeordneter sein wird.

Wird der Abg. Keller dennoch nicht tun, was wir erwarten, nämlich sein Urlaubsgesuch zurückzuziehen, dann bin ich überzeugt, daß auch andere Kollegen dasselbe tun und Urlaubsgesuche einbringen werden.

Aber wir Setzen unsere Hoffnung auf das Haus, daß dem Ansuchen des Abg. Keller nicht stattgegeben wird.

Die Entrüstung in unserem Volke, sie ist groß. Wir finden die wirtschaftliche Bedrückung nicht allein beim Bauern und beim Gewerbe, sondern bei allen arbeitenden Ständen.

Die exekutiven Verkäufe geben ein erschreckendes Bitd der wirtschaftlichen Drangsalierung.

Und wollen wir eine Besserung der sozialen Verhältnisse herbeiführen, so ist es Pflicht, daß wir den Beratungen der gesetzgebenden Körperschaft beiwohnen.

Es ist Pflicht, daß alle Abgeordneten ihre Pflicht, ihr Mandat, so ausüben, wie sie es seitens ihrer Wähler aufgetragen bekommen haben.

Wenn der Wählerkreis seitens des Herrn Abgeordneten Keller nicht so groß ist, so haben mir doch auch andere, der Handels und Gewerbekammer angehörende Gewerbetreibende als solche, welche in der Handels und Gewerbekammer vertreten sein mollen; die Handels und Gewerbekammer hat nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht darauf zu Beharren, daß der Abgeordnete den Sitzungen des Landtages beiwohne.

Dann, kommen Beschwerden an die Handels und Gewerbekammer, kommen Verlangen an die Handels und Gewerbekammer; so ist es nur dann möglich, denselben gerecht zu werden, wenn der Abgeordnete Ausklä rungen geben kann. Ein Abgeordneter nimmt seine Pflicht ernst, ein anderer nimmt sie nicht so ernst; gegen letztern aufzutreten, ist unsere Pflicht.

Eben deshalb müssen mir dagegen Stellung nehmen und mir haben dies auch bei früheren Urlaubsgesuchen getan, aber umso wichtiger ist es Pflicht, gegen das Urlaubsgesuch des Herrn Abgeordneten Keller Stellung zu nehmen, weil wir uns jetzt in einem schweren Kampfe befinden, bei dem fein Abgeordneter fehlen darf.

Der Kampf, der von uns geführt wird, ist ein Verzweislungskampf und uns in diesem zu unterstützen, ist auch der Herr Abgeordnete Keller verpflichtet, wenn er auch von der Handels und Gewerbekammer gewählt ist.

Ich habe bereits vorhin gesagt, daß meine Stellungnahme gegen den Herrn Abg. Keller keine persönliche, sondern eine sachliche ist, sonst müßte ich annehmen, daß demselben keine Arbeitslust innewohnt. Die Arbeitslust zeigt aber der Herr Abg. Keller, wenn er den Sitzungen beiwohnt, er Wird aber nicht ernst aufgefaßt, wenn er in der wichtigsten Zeit der Tagung des Landtages ein Urlaubsgesuch einbringt. Wir haben die Pflicht, dagegen Stellung zu nehmen, wir müssen dies tun, weil wir als Volksvertreter hierin unsere Aufgabe erblicken.

Würben wir die Sache ruhig übersehen, so würde gewiß ein Unfug einreißen, es kämen andere Abgeordnete; um dem entgegenzusteuern, soll aber das hohe Haus entscheiden, es soll zum Ausdruck bringen, ob man derartige Urlaubsgesuche leichtfertig einbringen kann oder nicht.

Meine Herren! Die Zeit, in der wir uns befinden, ist eine ernste, die Zeit, in der wir uns befinden, soll auch ausgenützt werden von den Abgeordneten; sie ist notwendig für jeden Volksvertreter und zwar deshalb, weil der Kampf, der uns von den Gegnern aufgezwungen wurde, immer schärfer und schärfer wird. Jede Minute ist unschätzbar, um wievielmehr, Herr Kollege Keller, volle 14 Tage, welche Sie dem Hause fern bleiben wollen.

Die Tage, in denen wir uns befinden, sind Tage der Abwehr, wir sind verpflichtet auszuharren und müssen deshalb gegen die Abgeordneten Stellung nehmen, die ihre Pflicht nicht so ernst auffassen wollen.

Wenn ein Abgeordneter seiner Pflicht nicht entsprechen will, so kann er sein Mandat niederlegen und kann ruhig seinen Wählern anheimstellen, ob sie ihm das Vertrauen wieder schenken oder ob sie einen Anderen, Besseren, Würdigeren als ihn entsenden.

Wird die Handels und Gewerbekammer Eger zum Ausdrucke bringen, daß sie mit der Abwesenheit ihres Abgeordneten von den Landtagssitzungen einverstanden ist, ja dann können wir nichts dagegen haben.

Aber als Mitglieder dieses Landtages sind wir verpflichtet, gegen dieses Treiben Stellung zu nehmen, weil wir alle am Platze sein müssen und alle zum Verharren verpflichtet sind.

Ich habe nun, meine Herren, bei Besprechung der wirtschaftlichen und nationalen Verhältnisse dargelegt, wie ungerecht man gegen uns Deutsche vorgeht.

Ich will jedoch nicht auf die Vorfälle in Bergreichenstein, Schüttenhofen, Laibach etc. zurückkommen, denn ich würde mir die Unzufriedenheit des Herrn Oberstlandmarschalls zuziehen, und muß lediglich bemerken, daß wir hier in unserem Hause zur gemeinsamen Abwehr Verpflichtet sind.

Diese Abwehr können wir aber nur dann bekunden, wenn wir Abgeordnete Alle für Einen und Einer für Alle einstehen.

Wenn der Herr Abgeordnete Keller dessen ungeachtet ein Urlaubsgesuch eingebracht hat, so will ich doch immer noch versuchen, ihn zu überzeugen, wie notwendig seine Anwesenheit im Landtage ist.

Ich will versuchen, ihn zu bestimmen, daß er sein Urlaubsgesuch noch in letzter Stunde zurückzieht. Denn so, wie mir das Empfinden dafür haben, wie unser Posten ausgefüllt werden soll, so glaube ich, ein gleiches Pflichtgefühl beim Abg. Keller voraussetzen zu können.

Wenn wir jedoch so leichtfertig die Pflichten auffassen würden, wie es Abg. Keller tut, dann verehrte Herren, wäre das deutsche Volk vogelfrei. Wir kämen dazu, daß zwar die Abgeordneten vor ihren Wählern Versprechungen machen, daß sie dann aber dort, wo man sie braucht, nicht am Platze sind aber er hat die Pflicht den Sitzungen des hohen Hauses beizuwohnen.

Wenn ich und mit mir andere Kollegen die Frage ernst auffassen, wenn wir uns sagen, daß es Pflicht jedes Einzelnen ist, seinen Posten auszufüllen, dann werden sie mir zugeben, daß ich Recht habe, wenn ich behaupte, daß auch der Abg. Keller im Landtage anwesend sein muß, wenn die Pflicht auch von uns anderen gerade so unsere Anwesenheit verlangt.

Aber ich will dennoch alle Kollegen hievon überzeugen, wie notwendig und wie dringend es ist, daß alle Abgeordneten den Sitzungen des hohen Landtages beiwohnen.

Der Landtag, verehrte Herren, soll als öffentliches Forum gelten. Wenn wir ihn auch nur als eine große Bezirksvertretung betrachten, so soll er doch über das Wohl und Wehe eines großen Teiles der Steuerträger entscheiden.

Um so wichtiger ist es, daß auch Sie, Herr Kollege Keller, den Sitzungen beiwohnen, daß Sie mit uns gemeinsam zur Abwehr schreiten und ich bitte Sie inständigst, im letzten Augenblicke, Ihr Gesuch doch zurückzuziehen. Ihr Kopfschütteln, Herr Kollege Keller, beweist mir zwar leider das Gegenteil, ich werde deshalb doch noch nicht mit meinen Ausführungen aufhören. Vielleicht kommen Sie am Ende meiner Ausführungen doch noch dazu, daß Sie sagen: Ich habe gefehlt, Durchlaucht, ich ziehe mein Gesuch zurück.

Wenn nun, meine Herren, der Landtag als Forum gelten soll, dann sind wir verpflichtet nicht nur die wirtschaftlichen und nationalen Verhältnisse zu besprechen, wir müssen auch gegen die einzelnen Kollegen, die ihre Pflicht nicht tun, Stellung nehmen.

Jene Kollegen, die ihre Pflicht erfüllen, wissen, das ihnen nichts zu leide geschieht, aber jene, welche leichtfertig den Verhandlungen fern bleiben wollen, müssen an ihre Pflichten ernstlich gemahnt werden.

Ich bin begierig, verehrte Herren, was für einen Rechenschaftsbericht der Herr Abg. Keller seinen Wählern erstatten wird, und was er tun wird, wenn er gefragt wird, was in den wichtigsten Sitzungen der Obstruktion hier vorgekommen ist.

Der Handels- und Gewerbekammer gehören nicht nur die Handelskammerräte an, sondern auch andere Kreise, die für die Lasten der Handelskammer aufkommen. (Abgeordneter Glöckner ruft: Die haben bloß zu zahlen und das Maul zu halten!)

Das ist derselbe Standpunkt, den man bei den Tschechen gegenüber den Deutschen einnimmt. Sie alle wissen, welche Ungerechtigkeiten wir in den einzelnen Interpellationen zum Ausdrucke brachten, die mir an Seine Exzellenz den Herrn Statthalter richteten. Diese Arbeiten wurden nicht vom Zaun gebrochen, sondern diese Arbeiten waren dringend notwendig, um den Wünschen des deutschen Volkes Ausdruck zu verleihen.

Es ist mir bis heute nicht bekannt, daß der Abgeordnete Keller sich diesen Arbeiten angeschlossen hat. (Rufe: O ja!) Mir ist nicht bekannt, daß er ebenso gewissenhaft seine Pflicht erfüllt. (Abg. Iro: Dagegen muß ich ihn verwahren!) Wenn er es nicht mit seinen Pflichten genau nimmt, so tritt an uns umsomehr die Notwendigkeit heran, daß wir dagegen Stellung nehmen, damit die anderen Herren Kollegen sich nicht ein Beispiel an ihm nehmen, sondern daß sie überzeugt werden durch meine Worte, und daß sie allerzeit den Sitzungen beiwohnen. (Abg. Iro: Ich habe mich nicht überzeugt; ich glaube, daß ihm der Urlaub gebührt! Heiterkeit links. )

Ich habe bereits gegen das Urlaubsgesuch des Abgeordneten Keller gesprochen und gehe von meiner Meinung nicht ab, und lasse mich auch durch keine Gegenäußerungen davon abbringen. Und selbst dann, wenn der Herr Abgeordnete Keller sich bemüssigt finden sollte, gegen meine Ausführungen Stellung zu nehmen, so bin ich überzeugt, das ein Großteil des Hauses mir Recht geben wird, und nicht ihm.

Die Interpellationen, die wir an Seine Exzellenz den Herrn Statthalter richteten, haben zum Ausdruck gebracht, wie das deutsche Bolk in Böhmen unwillig ist gegenüber dem großen Unrechte, das ihm widerfährt. Was mir sagten, zeigt welche Aufregung im Bolke herrscht.

Wenn wir unserer Meinung Ausdruck geben wollen, müssen wir den Sitzungen, und zwar allen Sitzungen, beiwohnen. Es geht nicht an, daß wir leichtfertig Urlaubsgesuche einbringen, und gleich auf vierzehn Tage diese Urlaube verlängern.

Der Abgeordnete ist Vertreter nicht nur einzelner Berufsstände, sondern Bertreter aller ehrlich arbeitenden Stände. Wenn der Herr Abgeordnete Keller von seiner Pflicht eine so schlechte Auffassung hat, dann bin ich überzeugt, daß doch diejenigen, welche zur Handelsund Gewerbekammer Eger gehören, anderer Meinung sind.

Ich bin deshalb der bestimmten Anschauung, daß das Gesuch nicht bewilligt werden soff.

(Abg. Glöckner: Aus keinen Fall, was würbe Kollege Baxa dazu sagen?)

Die Gründe, welche dafür vorliegen, sind unstichhältig.

Die Stellung, die wir heute einnehmen, wird für die Zukunft ein Beispiel bieten.

Wenn wir heute leichtfertig das Gesuch behandeln, wenn wir nun zwei, drei Minuten darüber sprechen wollten, so ständen wir bald vor einer Masse von Urlaubsgesuchen und vor einem leeren Hause. (Heiterkeit. )

Ich bin überzeugt, daß wir für eine solche Stellungnahme Dank verdienen, und nicht Undank. Die Mehrzahl der Mitglieder des hohen Hauses wird mit mir übereinstimmen, wenn ich den Herrn Abgeordneten Keller ermahne, sein Gesuch zurückzuziehen, wenn ich ihn bitte, daß er mit uns ein gutes Beispiel abgibt, und mit uns den Sitzungen des hohen Hauses beiwohnt; in der Zeit der Ob struktion müssen alle Mann an Bord!

Wir haben bewiesen, daß es uns an Arbeitslust nicht mangelt, wir haben bewiesen, daß wir die Sitzungen so auszufüllen trachten, wie wir sie ausfüllen sollen. Wenn nur der einzelne dazu verpflichtet werden sollte, so wäre dies bedauerlich, alle Kollegen haben hier am platze zu sein, alle Kollegen müssen gegen das Urlaubsgesuch Stellung nehmen.

Wir haben nichts aus Einflüsterungen zu geben, wir haben zur gemeinsamen Abwehr zu schreiten.

Wenn man zum Herrn Abgeordneten Keffer gekommen ist, wenn man ihn gesagt hat, er solle dies Gesuch einbringen, denn es sei wünschenswert, daß die Zahl der deutschen Abgeordneten vermindert werde, so ist das bedauerlich. Und wenn er sein Gesuch nicht zurückziehen soll, so bitte ich Sie, meine Herren, dasselbe abweislich zu bescheiden.

Ich will nicht auf die einzelnen politischen Verhältnisse zurückkommen, ich will nicht Von der Annexion Bosniens sprechen, weil dies dermalen das Land Böhmen nichts angeht. Aber, meine Herren, alle Fragen der Oeffent lichkeit sollen hier zur Erörterung gelangen und eben deshalb ist der Abgeordnete verpflichtet, wenn der Abgeordnete in den Wählerversammlungen und sei nur, wie bereits vor hin gesagt, vor einem ganz kleinen Steile das Gelöbnis ablegt, treu die Pflicht als Abgeordneter zu erfüllen, dann hat er auch in den einzelnen gesetzgebenden Körperschaften am Platze zu sein.

Würden Urlaubsgesuche eingebracht, so würde das einen ungünstigen Eindruck machen. Ich habe bereits vorhin gesagt, daß die Gründe, die Herr Kollege Keffer zur Einbringung des Gesuches bewogen, privater Natur sind und daß wir eben sicherlich verpflichtet sind, dagegen Stellung zu nehmen.

Dem Herrn Abg. Keffer sind ja die Steuerbedrückungen bekannt, er braucht nur hinauszuschauen nach Asch und Karlsbad, er weift, wie man dort mit den deutschen Steuer trägern umspringt, ihm sind die vielen Steuer exekutionen, die Vielen Steuerpfändungen nicht fremd und wenn bereits Seine Exzellenz in mehreren Interpellationen gehört hat, wie man unsere Steuerträger bedrückt und sie von Seiten des Fiskus auszubeuten sucht,


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