Von diesem Betrage wurden aber nur 22. 000 Kronen dem landwirtschaftlichen Fortbildungsschulzwecke, beziehungsweise der Subventionierung von Schulgärten gewidmet, weil der Rest für die mit den Bürgerschulen verbundenen einjährigen Kurse verwendet werden mußte.
Der vorerwähnte Betrag von 22. 000 Kronen wurde nun zum größten Teile derart verwendet, daß derselbe auf die einzelnen Kremländer repartiert wurde, und daß die Landesschulräte ermächtigt wurden, aus den ihnen zur Verfügung gestellten Teilbeträgen Remunerationen an Volksschullehrer, die an landwirtschaftlichen Fortbildungsschulen unterrichteten, zu erteilen und entsprechende Beiträge zur Erhaltung von Schulgärten zu bewilligen.
War nun schon der dem Ministerium zur Verfügung stehende Gesamtbetrag sehr gering, so ergab sich durch die Aufteilung desselben auf die einzelnen Länder eine große Zersplitterung des erwähnten Kredits, die die unerfreuliche Tatsache zeitigte, daß die Landesschulräte den in Betracht kommenden Lehrpersonen zumeist nur ganz geringe Remunerationen bewilligen konnten, wodurch gewiß die Liebe der Lehrerschaft für den landwirtschaftlichen Fortbildungsunterricht nicht gefördert wurde. Auch die zur Erhaltung der Schulgärten bewilligten Beträge waren zumeist so gering, daß von einer Förderung des Zweckes, der der Aktion vorschwebte, wohl kaum gesprochen werden könnte.
Wenn man nun den Aufschwung in Erwägung zieht, den das landwirtschaftliche Fortbildungsschulwesen in Deutschland genommen hat, so kann es nicht verwundern, dass bald auch hierzulande der Ruf nach einer gründlichen Reorganisation dieses Unterrichtsgweiges immer lauter und lauter wurde.
Diesen Ruf konnte das Ministerium nicht überhören. Es hat sich daher entschlossen, an eine zeit- und sachgemäße Reorganisation des landwirtschaftlichen Fortbildungsunterrichtes zu schreiten.
Zum Zwecke des Studiums der diesfalls in Deutschland bestehenden Einrichtungen wurden und werden noch Beamte des Ministeriums und entsprechend vorgebildete Volksschullehrer, die sich für die Sache interessieren, nach Deutschland entsendet.
Die Reorganisation, die erst in den letzten Jahren in Angriff genommen wurde und deren Abschluß naturgemäß noch nicht erfolgen konnte, wird sich im wesentlichen in folgenden Richtungen bewegen:
a) Gewinnung und Heranbildung eines entsprechenden Lehrermateriales;
b) Reorganisation der landwirtschaftlichen Fortbildungsschule selbst und Revision der diesfalls bestehenden Vorschriften;
c) Schaffung einer entsprechenden Inspektion dieser Schulen.
Auf Grund der in Deutschland gesammelten Erfahrungen wurde zunächst an die Einrichtung von landwirtschaftlichen Fortbildungskursen für Volksschullehrer geschritten. So wurde in den Hauptferien 1908 ein solcher Kurs für die Alpenländer in Grottenhof bei Graz, beziehungsweise in Grabnerhof bei Abmont versuchsweise geschaffen.
Zu erwähnen wäre nur noch, daß das Ministerium bereit ist, den am Kurse teilnehmenden Lehrern entsprechende Stipendien zu gewähren und ihnen die Reiseauslagen zu ersetzen.
Sollte sich die geplante Kurseinrichtung bewähren - was nach den in Deutschland gemachten Erfahrungen wohl nicht zu bezweifeln ist - so wird das Ministerium mit der Einrichtung solcher Kurze auch in den übrigen Ländern - die es zu diesem Zwecke nach den obwaltenden wirtschaftlichen Verhältnissen zu gruppieren gedenkt - vorgehen und wird es daher gezwungen sein, mit diesbezüglichen Kreditansprüchen an das Abgeordnetenhaus heranzutreten.
An dieser Stelle wäre noch zu bemerken, daß das Ministerium die Absicht hat, mit dem bisherigen Modus der Aufteilung des Kredites sub Titel 19, § 10, vollständig zu brechen, da eine solche Zersplitterung der Kreditmittel einer Vergeudung nahekommt, ohne den angestrebten Zweck in entsprechendem Maße zu fördern.
Für das Jahr hat sich das Ministerium beschieden, nur eine Erhöhung von 15. 000 Kronen zu beanspruchen, wovon 5. 000 Kronen auf Dalmatien entfallen. Der bezügliche Kredit für die landwirtschaftlichen Fortbildungsschulen beträgt daher im Präliminare pro 1908 37. 000 Kronen.
Außerdem wäre noch zu erwähnen, daß im Laufe dieses Jahres die Entsendung von 16 Lehrern nach Deutschland teils schon erfolgte, teils noch in Aussicht genommen ist.
Wird einmal das erforderliche Lehrermaterial vorhanden sein, so wird das Ministerium an die Einrichtung der landwirtschaftlichen Fortbildungsschulen selbst schreiten. Es wäre heute wohl verfrüht, über diese Maßnahme zu sprechen, zumal das Studium dieser sich gleichfalls an die Verhältnisse in Deutschland anlehnenden Frage noch nicht ganz abgeschlossen erscheint.
In allen Provinzen des Deutschen Reiches erfreut sich die ländliche Fortbildungsschule der größten Sorgfalt, in manchen ist sie sogar obligat. Wie jede Sache, so muß auch die ländliche Fortbildungsschule einen tüchtigen Vorkämpfer haben. In Deutschland war es der Schulrat Jahrig, der fein ganzes Leben diesem Fache widmete und dem eigentlich auch das ganze Verdienst für die Entwicklung dieser ländlichen Fortbildungsschule gebührt.
Was für ein Unterschied ist zwischen uns und Deutschland !
Im preußischen Etat sind für die Landwirtschaft 355. 000 Mark eingestellt. Für ländliche Fortbildungsschulen also um 120. 000 Mark mehr als im Vorjahre. Die Zahl der Schulen ist von 875 im Jahre 1896 auf 2623 im Jahre 1905 mit 28. 400 Schüler angewachsen. So einen Aufschwung haben die Fortbildungsschulen im Deutschen Reiche nicht nur in Preußen, sondern in allen Provinzen genommen und dies in einem Industriestaate, der neben dem Interesse für Landwirtschaft auch für seine Industrie und Gewerbe sorgt. Die gewerblichen Schuten sind in den letzten fünf Jahren von 1201 auf 1481, die Schülerzahl von 141. 682 auf 218. 667 und die Zahl der Schulen mit Pflichtbesuch von 771 auf 1263 gestiegen.
Dieser enorme Zuwachs ist nur durch die Unterstützung des Staates möglich. Der preußische Staat widmete anfangs 800. 000 Mark im Jahre 1897 und jetzt im Jahre 1906 3, 000. 000 Mark. In Preußen hat man stets daran gedacht, daß der vielen Intelligenz von Realschulen und Gymnasien auch eine tüchtige Schar praktisch ausgebildeter Leute zur Seite stehen muß. In Übereinstimmung mit dem Erlasse des Ministers für Handel und Gewerbe in Preußen muß auch die Städtische Fortbildungsschule noch mehr den allgemeinen Charakter abstreifen und sich zur Berufsschule ausbilden. Nur wenn der Beruf des Schülers in den Mittelpunkt des Unterrichtes gestellt wird, kann die Fortbildungsschule eine segensreiche Tätigkeit entfalten. Der Lehrling will tüchtig in seinem Berufe werden. Alles, was für ihn mit seiner beruflichen Ausbildung, die ja zunächst Seine ganze Kraft in Anschruch nimmt, nicht zusammenhängt, wird er nur gezwungen annehmen, weil ihm das Verständnis dafür fehlt. Mit diesen Tatsachen muß die Schule rechnen und nach diesen Gesichrspunkten müssen die Lehrpläne aufgebaut werden.
Im Jahre 1904 zählte der Staat Preußen 2019 ländliche Fortbildungsschulen. Von ihnen waren errichtet worden 53 durch Kreise, 1142 durch Gemeinden, 57 durch landwirtschaftliche Vereine, 767 auf andere Weise. Die Unterhaltungskosten wurden bestritten bei 26 durch Kreise allein, 26 durch Gemeinden allein, 5 durch landwirtschaftliche Vereine, 495 durch den Staat allein, 1288 durch den Staat in Verbindung mit anderen Beteiligten, 176 auf andere Weife, 3 ländliche Fortbildungsschulen Verursachten keine Kosten. Die Baraufwendungen betrugen 278. 124 Mark, wobei Beschaffung, Heizung, Beleuchtung und Reinigung der Schulräume nicht inbegriffen sind. Diese Baraufwendungen wurden in folgender Weise bestritten: 14. 565 Mark durch Schulgeld, 23. 383 Mark durch Private, Stiftungen, Legate, Vereine (außer landwirtschaftlichen), 1866 Mark durch landwirtschaftliche Vereine, 38. 352 Mark durch Gemeinden, 3578 Mark durch Kreise, 4717 Mark durch Provinzen, 161. 663 Mark durch den Staat. Außerdem verausgabte der Staat 2900 Mark für Heizung und Beleuchtung von Schulräumen. Die Gesamtzahl der Schüler betrug 28. 333. In 819 Schulen wurden bis 10, in 865 von 11 bis 20, in 335 über 20 Schüler unterrichtet. Die Zahl der Lehrer war 2794, darunter 2601 Volksschullehrer. In 1409 Schuten unterrichtet ein, in 610 Schulen mehr als ein Lehrer. Die Zahl der Unterrichtsstunden belief sich auf 168. 492. Nur im Winter wurde unterrichtet an 1971, während des ganzen Jahres an 48 Schulen. Gegen das Jahr 1903 betrug die Zunahme 355 Schuten. Dazu gesellen sich noch sechs Schuten des Regierungsbezirkes Oppeln, die durch den Staat allein mit 1235 Mark erhalten werden, 84 Schüler fählen, 340 Schulstunden aufweisen und inoferne eine Sonderstellung einnehmen, als an ihnen eigentlicher Fachunterricht durch landwirtschaftliche Lehrer erteilt wird.
Unter Hinweis auf diese Darlegungen richten die Gefertigten an Seine Exzellenz den Herrn Statthalter die Anfrage:
Ist Seine Exzellenz geneigt, die Regierung ganz besonders auf den Mangel landwirtschaftlicher Fortbildungsschulen in Böhmen aufmerksam zu machen und die Regierung zu veranlassen, die Vorarbeiten für die Vermehrung solcher landw. Schulen zu beschleunigen und sodann in erster Linie die Errichtung neuer landwirtschaftlicher Fortbildungsschulen im deutschen Gebiete Böhmens ins Auge zu fassen?
Prag am 14. Oktober 1908.
Abg. Karl Iro und Genossen.
Oberstlandmarschall - Stellvertreter Dr. Urban: Interpellation der Abgeordneten Karl Iro und Genossen an Seine Excellenz den Herrn Statthalter, betreffend die Verzögerung der Auszahlung der staatlichen Notstandssubvention an die im Juni d. J. durch Wolkenbruch und Hagelschlag geschädigten Gemeinden des Gerichtsbezirkes Jechnitz.
Landtagssekretär Dr. Haasz (liest): Interpellatio der Abgeordneten Kart Iro und Genossen, betreffend die Verzögerung der Auszahlung der staatlichen Notstandssubvention an die im Juni d. J. durch Wolkenbruch und Hagelschlag geschädigten Gemeinden des Gerichtsbezirkes Jechnitz.
(Gerichtet an Se. Exzellenz den Herrn Statthalter. )
Im Juni 1908 wurden zahlreiche Gemeinden des Jechnitzer Bezirkes durch Wolkenbruch und Hagelschlag nicht nur um den größten Teil der heurigen Fechsung gebracht, sondern auch die Kulturböden verwüstet und die Straßen und Wege durch die zu reißenden Strömen gewordenen Bachläufe zerstört. In welch ungeheuerem Maße dortselbst die Landwirte geschädigt würden, mag, um nur ein Beispiel aus den vielen Orten herauszuheben - aus dem nachstehenden, mit der Gemeindevertretung Muckhof, Bezirk Jechnitz, in Gegenwart von Sachverständigen aufgenommenen Protokoll ersehen werden:
Z. 236.
Protokoll, aufgenommen am 26. Juni 1908 im Gemeindeamte Muckhof.
Gegenstand bildet die Frucht- Wasserund Erdeschädenabschätzung, welches das Hagelwetter und wolkenbruchartige Regen am 17. Juni d. J. um ½5 Uhr nachmittags an den sämtlichen Früchten der hierortigen Grundstücken der Besitzer von Muckhof angerichtet hatte und welcher Schaden ein bedeutender und auch für kommende Jahre ist, das von den Hopfengärten abgeschwemmte Erdreich sammt den darin befindlichen Dünger nicht gleich ersetzt werden kann, ebenfalls so ist es mit den Wiesen, wovon das ganze Heu der Besitzer vom Wasser weggeschwemmt, - und ist dadurch der Nachwuchs in Frage gestellt, weil sie ebenfalls von ihrem Düngerstoffe entleert worden sind.
Als Sachverständige wurden zu diesen Schadenerhebungen die hierortigen Grundbesitzer, die gleichfalls Gemeindevertreter und aus dem hierortigen Gemeindeausschusse gewählt wurden, bestimmt, und zwar: Josef Starrach und Franz Halbhuber.
Dieselben haben sich unter Zuziehung der beschädigten Besitzer an Ort- und Stelle begeben und nachstehenden Schaden der in angesetztes Verzeichnisse für jeden Besitzer einzeln erhoben worden ist, - konstatiert.
Verzeichnis über die erhobenen Etementarschaden der Grundbesitzer Muckhof:
Post-Nr. |
Name des geschädigten Besitzers |
Haus-Nr. |
Fruchtschaden K |
Wasserschaden K |
Erdeschaden K |
Summa K |
1 |
Seicht Marie.... |
1/2 |
15. 690 - |
4. 000. - |
4. 000. - |
23. 690. - |
2 |
Leicht Elekta.... |
2/3 |
6. 475 - |
2400. - |
2. 000. - |
10. 875. - |
3 |
Starrach Josef... |
4 |
10. 015 - |
1800. - |
1. 500. - |
13. 315. - |
4 |
Burian Franz... |
5 |
. |
. |
||
5 |
Leicht Rudolf.... |
6 |
6. 780 - |
2. 000. - |
3. 000. - |
11. 780- |
6 |
Halbhuber Franz.. |
8 |
5. 300- |
500. - |
1000. - |
6. 800. - |
7 |
Brunner Ferdinand. |
9 |
605- |
300. - |
800. - |
1. 705. - |
8 |
Schebek Karl.... |
14 |
350. - |
50. - |
200. - |
600. - |
9 |
Müller Josef.... |
13 |
455. - |
400. - |
1. 000. - |
1. 855 - |
10 |
Mütter Adolf... |
15 |
305. - |
100. - |
400. - |
805. - |
11 |
Brunner Franz... |
16 |
295. - |
100- |
400. - |
795. - |
12 |
Karel Josef..... |
17 |
130 - |
10. - |
10- |
150- |
13 |
Grund Karl.... |
18 |
400. - |
500. - |
700. - |
1. 600. - |
14 |
Müller Anton... |
21 |
30. - |
10- |
40. - |
80. - |
15 |
Brunner Josef... |
22 |
||||
16 |
Sperk Josef.... |
23 |
. |
|||
17 |
Heibenreich Josef.. |
24 |
85. - |
50. - |
300. - |
435. - |
18 |
Burian Josef.... |
25 |
210. - |
50. - |
50. - |
310. - |
19 |
Häckl Josef..... |
- |
250. - |
100. - |
200. - |
550. - |
20 |
Ruß Karl..... |
- |
100. - |
30. - |
70. - |
200. - |
21 |
Stahr Anna.... |
- |
100. - |
45. - |
145 - |
|
22 |
Mütter Josef.... |
- |
460. - |
100. - |
200 - |
760. - |
23 |
Saurer Josef.... |
- |
3. 235. - |
500. - |
1. 000 - |
4735. - |
24 |
Kannler Karl.... |
- |
35. - |
80- |
200. - |
315. - |
25 |
Straß Gabriel... |
- |
200. - |
50. - |
50 - |
300. - |
26 |
Muckhof, Gemeinde, für |
|||||
Wegauswaschungen |
3. 000. - |
3. 000. - |
||||
Summa... |
51. 405. - |
13. 230- |
20. 165. - |
84. 800. - |
Diese Vorstehende Abschätzung wurde und konnte nur als eine oberflächige Darstellung erhoben werden, weil diese geschädigten Hopfengärten sich nicht ermessen lassen, ob selbe nicht gänzlich Ertragsunfähig werden und die darauf aufgestellten Drahtanlagen dann ebenfalls dem Werte entfallen.
Die ausgewaschenen Hopfenstöcke, welche jetzt nicht gleich Erdreich erhalten werden, verfallen sofort in eine Krankheit und gehen, wenn auch nicht gleich, doch später ein, und so ist es auch mit der Entwässerung und Erdabschwemmung der anderen Grundflächen und deren Produkte; der angegebene Schaden ist daher ein ganz minder angegebene und kann mit der Zukunft gar nicht gezogen werden, weil die Herstellung dieses Schadens Jahre in Anspruch nehmen wird.
Die Vertrauensmänner: Josef Starrach. Franz Halbhuber. Vidi! Gemeindeamt Mukhof, am 27. Juni 1908.
Der Gemeindevorsteher: Wenzel Starrach.
Gleiche Schäden liegen auch in den anderen, der politischen Bezirksbehörde bekannten, von diesem Elementarereignis betroffenen Gemeinden des Jechnitzer Bezirkes vor.
Trotzdem die behördlichen Schadens-Erhebungen bereits im Sommer d. J. abgeschlossen, im Abgeordnetenhause mehrere Dringlichkeitsanträge in der Sache und von den geschädigten Gemeinden auch Einzeln-Bittgesuche um rasche und ausgibige staatliche Hilfeleistung bei den hohen Behörden überreicht wurden - ist den Geschädigten bis heute leider noch kein staatlicher Unterstützungsbeitrag überwiesen worden.
Die Gefertigten sehen sich daher veranlaßt an Seine Exzellenz den Herrn Statthalter die Anfrage zu richten:
1. Ist Seine Exzellenz geneigt, die schleunigste Auszahlung der staatlichen Notstandssubventionen an die geschädigten Gemeinden des Jechnitzer Bezirkes zu veranlassen?
2. Ist Seine Exzellenz als Vorsitzender der Flußregulierungskommission geneigt darauf einzuwirken, daß die Regulierung jener Bachläufe, die die Verwüstungen im Juni l. J. herbeigeführt haben - sofort in Angriff genommen wird, damit die dortigen Landwirte vor ähnlichen Katastrophen in den nächsten Jahren verschont bleiben ?
Prag, am 14. Oktober 1908.
Karl Iro und Genossen.
Oberstlandmarschall - Stellvertreter Dr. Urban: Anfrage der Abgordneten Dr. Eppinger, Dr. Nitsche und Genossen an Seine Exzellenz den Herrn Statthalter.
Landtagsaktuar Dr. Bébr (liest): Anfrage der Abgeordneten Dr. Eppinger, Dr. Nitsche und Genossen an Seine Exzellenz den Herrn Statthalter als Vertreter der k. k. Regierung.
An mehreren Punkten der Landeshauptstadt Prag, so z. B. beim Eingange in die Waldsteingasse vom Klarplatz aus, beim Eingange in die Belvederegasse von der Josefsgasse aus, beim Eingange in die Wachholdergasse von der Ägidigasse aus usw. sind Ankündigungstafeln angebracht, welche das Verbot der Einfahrt in die erwähnten Gassen von der bezeichneten Seite aus verfügen, also straßenpolizeiliche Anordnungen treffen, welche Anordnungen jedoch der Öffentlichkeit einzig und allein in tschechischer Sprache fundgemacht werden.
Ebenso werden auch bloß zeitweise Absperrungen bestimmter Gassen und Straßen beziehungsweise Gassen- und Straßenteile in Prag für den Wagenverkehr ausnahmslos bloß in tschechischer Sprache kund und ersichtlich gemacht.
Da durch diese Umstände und Verhältnisse die berechtigten Ansprüche der zahlreichen bodenständigen deutschen Bevölkerung Prags, sowie der Charakter der Stadt Prag als Landeshauptstadt eines von nahezu zweieinhalb Millionen Deutschen bewohnten Landes gröblich verletzt erscheint, stellen die Gefertigten an Seine Exzellenz den Herrn Statthalter als Vertreter der k. k. Regierung die Anfragen:
1. Sind Euer Exzellenz die vorstehend geschilderten Umstände und Verhältnisse bekannt?
2. Gehen die bezeichneten Anordnungen und Verfügungen wirklich von einer zur Handhabung der Straßenpolizei in der Landeshauptstadt Prag befugten Behörde aus?
3. Bejahendenfalls sind Euere Exzellenz geneigt, entsprechende Verfügung zu treffen, daß alle die Handhabung der Straßenpolizei in der Landeshauptstadt Prag betreffenden behördlichen Anordnungen in ganz gleicher Weise wie in tschechischer so auch in deutscher Sprache kund und ersichtlich gemacht werden und daß, insoweit es sich hiebei um Bezeichnung und Benennung von Straßen, Gassen und Plätzen in Prag handelt, in den betreffenden deutschen Kundgebungen die von altersher gebräuchlichen deutschen Bezeichnungen in Anwendung gebracht werden.
Prag, am 14. Oktober 1908.
Abg. Dr. Eppinger, Dr. Nitsche und Genossen.
Oberstlandmarschall - Stellvertreter Dr. Urban: Anfrage der Abgeordneten Dr. Hackel und Genossen an Seine Exzellenz den Herrn Statthalter.
Landtagssekretär Dr. Haasz (liest): Anfrage des Abg. Dr. Hackel und Genossen an Seine Exzellenz den Herrn Statthalter, betreffend die Teilung der Referate bei der k. k. Statthalterei in Böhmen.
In den letzten Jahren wurden einige Referate bei der k. k. Statthalterei in Böhmen geteilt.
Diese Teilung betraf bisher nur solche Referate, welche unter einem deutschen Beamtenvorstande standen.
Sie erfolgte stets in der Weise, daß für die tschechische Agenda ein besonderes Referat geschaffen wurde, für welches selbstverständlich ein tschechischer Beamtenvorstand bestellt wurde.
Gegen den geschilderten Vorgang wäre gewiß kein Einwand zu erheben, ja er würde sogar den Forderungen der Deutschen entsprechen, falls er nicht vor jenen Referaten Halt machen würde, deren Vorstände der tschechischen Nation angehören. Ja, die deutschen müssen mit Rücksicht auf frühere Vorkommnisse sogar die Besorgnis hegen, daß die geteilten Referate nach einiger Zeit unter einem tschechischen Vorstande wieder vereinigt werden dürften.
Die Gefertigten stellen deshalb an Euere Exzellenz folgende Anfragen:
Aus welchen Gründen erfolgte die oben besprochene Teilung von Referaten bei der k. k. Statthalterei in Böhmen?
Bestehen nicht gleiche Gründe in betreff solcher Referate, deren Vorstände Tschechen sind ?
Ist Euere Exzellenz geneigt, bejahendenfalls auch die Teilung der letzteren Referate auf nationaler Grundlage der Regierung zu empfehlen ?
Kann Euere Exzellenz erklären, daß an eine Wiedervereinigung der schon getrennten Referate nicht gedacht wird?
Prag, am 14. Oktober 1908.
Abg. Dr. Hackel und Genossen.
Oberstlandmarschall - Stellvertreter Dr. Urban: Anfrage der Abgeordneten Dr. Bernardin und Genossen an Seine Exzellenz den Herrn Statthalter.
Landtagsaktuar Dr. Šafaøoviè (liest): Anfrage der Abgeordneten Dr. Bernardin und Genossen an Seine Erzellenz den Herrn Statthalter Karl Grafen Coudenhove, betreffend die Wiedereinführung der eigenen Verwaltung für die Stadt Eger und deren Gebiet.
Wie bekannt, sind die Abgeordneten der Stadt Eger und des Egerlandes vom Jahre 1895 an nur mit einer die staatsrechtliche Sonderstellung der Stadt Eger und deren Gebiet betonenden Rechtsverwahrung in den Landtag für Böhmen eingetreten.
Dies mit vollem Rechte.
Es fei diesbezüglich nach der Denkschrift der Stadt Eger an das Ministerium des k. und k. Hauses vom 1. Juli 1899 Folgendes angeführt:
Schon in der Staufenzeit, und zwar im Jahre 1234, wurde Eger als Reichsstadt genannt und blieb auch nach der Verpfändung an Böhmen rechtsunmittelbares Gebiet.
Oftmals, namentlich im XV. Jahrhunderte, wurde die Stadt zu den Reichstagen geladen und in den Reichsmatriken genannt, so 1480 und selbst noch 1514.
Nach den Staufen kam das Egerland in den Besitz des Königs Ottokar II. von Böhmen, der es aber im Kriege mit Rudolf von Habsburg an das Reich zurückgeben mußte.
So blieb Eger in der Folge Reichsland, bis der deutsche König Ludwig von Bayern 1315 das Egerland an den König Johann von Böhmen für 20. 000 Mark Silber zur Anerkennung für geleistete Kriegsdienste in der Schlacht bei Mühldorf yerpfändete und 1322 wirklich abtrat.
Schon am 23. Oktober 1322 erließ der neue Pfandherr des Egerlandes König Johann von Böhmen, eine förmliche Verfassungsurkunde, in der die staatsrechtliche Stellung des verpfändeten Gebietes zur Krone Böhmen bestimmt festgestellt und abgegrenzt wurde.
Von dieser Zeit an also war Eger mit Böhmen, jedoch nicht mit dem Lande, sondern mit der Krone verbunden, und zwar als unmittelbares Reichsland, als geschlossenes Gebiet, mit allen Territorialtrachten, mit Vorbehalt der Reichshoheit unmittelbar unter den König selbst gestellt und jedem Einflüsse der böhmischen Ständekammer entzogen.
Seit den Freiheitsbriefen Rudolfs von Habsburg 1279 und König Johannes 1322 haben alle Könige und Kaiser das geschlossene Gebiet des Egerlandes, seine staatsrechtliche Sonderstellung, sowie die besonderen Rechte der Stadt und des Landes in Majestätsbriefen anerkannt und wiederholt zu schüren und zu achten erklärt.
Wiederholt unternommene Versuche, die Egerer in ihren alten Rechten zu bedrängen, waren vergeblich, da die Monarchen eine solche Schmälerung nie zugaben und in zahlreichen Reskripten erklärten, daß die Egerer in ihren Rechten nicht verkürzt werden dürsten.
So mißlang auch ein Versuch der böhmischen Stände, die Stadt Eger im Jahre 1638 in die verneuerte Landesordnung einzubeziehen und höchstenortes zu beantragen, dass die Privilegien der Stadt Eger nur mit dem Beisatze zu bestätigen seien "so weit diese nicht vernewerten Landesordnung des Königreiches Böhmen zuwider sind".
Denn aus eine diesbezügliche Vorstellung der Egerer bestätigte Kaiser Ferdinand III. die Privilegien der Stadt in ihrer alten Form und ohne den gefürchteten Beisatz.
Der letzte Akt der politischen Selbstständigkeit Egers erfolgte durch den Beitritt der Egerer Stände zur pragmatischen Sanktion des Hauses Österreich im Protokolle vom 23. Juli 1721, worin neben der Pfandstellung die besonderen Privilegien und Rechte der Stadt Eger ausdrücklich verwahrt wurden.
Die pragmatische Sanktion, jenes für die österreichisch-ungarische Monarchie noch in Kraft stehende Staats-, Grund- und Hausgesetz, welches sich im Codex-austriacus selbst als eine immerwährende Satzung, Ordnung und pactum zur Konservation aller Erbländer bezeichnet, erscheint nach ihrem Inhalte als ein Vertrag, geschlossen vom Monarchen, dem damals alleinigen Träger aller Staatsgewalt, mit dem als selbständiges Rechtssubjekt anerkannten Egerer Gebiete, weil tatsächlich die wesentlichen Erfordernisse eines Vertragsverhältnisses, nämlich ein gegebenes Versprechen einerseits und die Annahme desselben anderseits hier vollständig zutreffen.
Aus dem Vorangeführten ergibt sich, daß für die Stadt Eger und deren Gebiet der Anspruch auf Wiedereinführung Der eigenen Verwaltung vollkommen zu Recht besteht.
Die Gefertigten erlauben sich deshalb, an Seine Exzellenz den Herrn Statthalter die Anfrage zu richten:
Ist Seine Exzellenz geneigt, bei der Regierung dafür einzutreten, daß für die Stadt Eger und deren Gebiet die eigene Verwaltung ehebaldigst wieder eingeführt werde?
Prag, am 14. Oktober 1908.
Abgeordneter Dr. Bernardin und Genossen.
Oberstlandmarschall - Stellvertreter Dr. Urban: Interpellation der Abgeordneten Anton Ingrisch und Genossen an Seine Exzellenz den Herrn Statthalter.
Landtagssekretär Dr. Haasz (liest): Interpellation der Abgeordneten Anton Ingrisch und Genossen an Seine Exzellenz den Herrn k. k. Statthalter in Böhmen, betreffend die Tschechisierung aller staatlichen Ämter in der k. Stadt Mies.
In der bezüglichen Angelegenheit, wird der Zeitschrift "Bohemia" unterm 12. Oktober 1908, Nr. 281, Seite 2 aus Mies berichtet:
"Wir sind heute so weit, daß in unserer deutschen Stadt bei der Bezirkshauptmannschaft überhaupt kein einziger deutscher Beamte angestellt ist, daß die höheren Beamten der k. k. Staatsbahn, des Revierbergamtes und der Finanzbehörde. ja auch die richterlichen Beamten zum Teil Tschechen sind.
Als im Jahre 1907 Landesgerichtsrat Dr. Faßt in den Ruhestand trat, bedurfte es großer Anstrengungen, an Seine Stelle einen deutschen Beamten in unsere rein deutsche Stadt zu bekommen.
Ein weiteres Beispiel für die hier immer mehr sich geltend machende Tschechisierung bildet auch der Umstand, daß an Stelle des krankheitshalber beurlaubten tschechischen Gerichtsadjunkten Dr. Ceyka Sofort wieder ein tschechischer fliegender Adjunkt namens Krcmar nach Mies berufen wurde.