Ètvrtek 3. øíjna 1907

Daß, meine Herren, die nationale Frage wichtig ist, und daß, wenn die Schulen national getrennt behandelt werden, dies nur der Entwicklung des Fortbildungsschulwesens förderlich sein wird, ist gewiß.

Man braucht doch wahrhaftig kein Mann zu sein, der alles von nationalem Standpunkte aus behandelt und wird es auch zugeben müssen, daß es vom praktischen Standpunkte notwendig ist, hier die nationale Scheidung durchzuführen.

Ich staune, meine sehr verehrten Herren von der anderssprachlichen Seite dieses Hauses, darüber, daß Sie sich dort, wo von unserer Seite bei verschiedenen Angelegenheiten die Trennung nach Sprachlichen Sektionen beantragt wird, diesem Streben entgegenstellen und dem Vorschlage mit großen Mißtrauen begegnen.

Seien Sie versichert, daß eine ganze Reihe Don Gegenständen auf beiden Seiten des hohen Hauses dahin geartet ist, baß im Interesse der Entwicklung und des Gedeihens einer solchen bestimmten Sache -- in Böhmen ist es einmal nicht anders - diese Trennung beantragt werden muß und man sich da und bort aufrichtig nichts anderes wünschen kann. (Abg. Lipka ruft: So ist es!)

Und es muß Ihnen, meine verehrten Herren von der andersschrachlichen Seite, auch daran gelegen sein, das Fortbilbungsschulwesen in Ihren Bezirken und Gegenden nach Ihren Intentionen und Bedürfnissen auszubauen, umgekehrt ist es auch bei uns der Fall.

Ich bitte also, diesen Grundsatz, welcher von der deutschen Minorität der Schulkommission aufgestellt werden ist, so zu Beachten, ihn objektiv aufzunehmen, und zwar mit aller wohlwollenden Beachtung seiner guten Tendenz. Wir werden jedenfalls bei der weiteren Beratung dieser Angelegenheit auf der nationalen Trennung des Landesgewerbeschulrates bestehen müssen. (Lebhafte Zustimmung. )

Es ist nun, meine Herren, weiter in dem Entwurfe und zwar sowohl in der Aeußerung der Prager Handels- und Gewerbekammer als auch in anderen Berichten, die Rede davon, in welcher Weise die Tragung der Kosten für die Fortbildungsschulen auf die verschieden beteiligten Faktoren ausgeteilt werden soll.

Es heißt dort z. B, daß die Gemeinden die Bezirke, die Gewerbe-Genossenschaften so und so viel zu den Kosten der Errichtung u. Erhaltung der Fortbildungsschulen beitragen sollen.

Meine Herren, ich muß hier die dringendste Bitte aussprechen, daß man die Gemeinden bei der Lösung dieser Frage mit einer großen Belastung Verschone. (Abg. Nitsche ruft: Das ist auch richtig!)

Die Gemeinden, Stadt- und Landgemeinden in beiden sprachlichen Teilen des Landes sind, meine Herren, durch Aufforderungen aller Art, derart belastet, daß man eigentlich heute von einem passiven Zustand der Städte und aller Gemeinden sprechen kann.

Es ist Vielleicht die Finanznot des Sandes in einem noch höherem Maße vorhanden, als bei den Gemeinden, welche eine ganze Reihe von Ueberwachungsfaktoren haben, die genau darauf sehen, baß sie keinen Kreuzer anders ausgeben, als er ausgegeben werden soll ober kann, aber nichts desto weniger werden von Seiten der Staatsbehörden den autonomen Landesbehörden solche Anforderungen aus allen möglichen Anlassen an die Gemeinden gestellt, daß dieselben mit gewöhnlichen Umlagen, mögen sie noch so hoch sein, diese Ansprüche niemals decken kann.

Ich möchte also eindringlichst bitten, daß bei der weiteren Beratung des Gegenstandes von einer Belastung der Gemeinden in einer auch nur fühlbaren Weise oder in einer Weise, welche sich mit den bestehenden Finanzen der Gemeinde nicht verträgt, unbedingt abgesehen werde.

Wenn aber die gewerblichen Genossenschaften, die gewerblichen Unternehmer auch wieder herangezogen werden Sollen, als unmittelbar Beitragende zu den Kosten der Fortbildungsschulen, so möchte ich bemerken, daß diese doch schon bei dem seitens der Handelskammer zu leistenden Beitrage mitbeteiligt sind, also dort schon zuzahlen müssen, daß sie weiter in der Gemeinde schon an den Von der Gemeinde geforderten Kosten beteiligt sind, und daß sie daher nicht auch noch unmittelbar in Form einer Steuer, Speziell für die Fortbildungsschulen belastet werden können. (Abg. Dr. Hackl ruft: Mit einer Hand geben, mit der anderen doppelt nehmen!)

Das wird wohl ausgeschlossen bleiben müssen, umsomehr, als ja daran gelegen fein muß, wie es die Tendenz des Fortbildungsschulwesens ist, daß das Gewerbewesen gesund gemacht, gehoben und gekräftig werde. (Abg. Strache ruft: Das ist Pflicht der gesamten Staatlichen Einrichtung!)

Wenn wir auf der einer Seite einen kleinen Fortschritt für das Gewerbe wünschen, können wir nicht auf der anderen Seite Vom Gewerbe Lasten für die Ausbildung seiner jungen Mitglieder sordern.

Noch eines möchte ich bemerken. Es heißt im Berichte, daß sich 96 Bezirksausschüsse im Sinne des dem heutigen Berichte zugrunde liegenden Antrage des Landesausschusses für die Ausbildung des Fortbildungsschulwesensalso für Landeskompetenz - ausgesprochen haben.

Es ist bei solchen Sachen immer gut, auch dasjenige zu erwähnen, was nicht berichtet worden ist.

Ich Verweise auf die Zahl von etwa 220 autonomen Bezirken unseres Landes, von denen also nur 96 berichtet haben. Es können also die vorliegenden Äußerungen dieser autonomen Faktoren nicht jenes Gewicht haben, um für die Art der Entwickelung des Fortbildungswesens maßgeblich zu sein.

Ich glaube mich nicht zu irren, wenn ich Sage, daß vielleicht gerade diejenigen Bezirke, die in der Sache nicht berichtet haben, die gewichtigeren Faktoren für die Beurteilung des gewerblichen Fortbildungsschulwesens, und dessen Ausbaues sind.

Es ist also der Wunsch nach dem Ausbaue der Fortbildungsschulwesens ein allgemeiner und es besteht gar kein Zweifel, daß diese Schulgattung unbedingt der Umgestaltung und des Ausbaues bedarf, denn der gegenwärtige, ich möchte Sagen gesetzlose Zustand verträgt Sich mit den Anforderungen an einen tüchtigen, groß und gesund entwickelten Gewerbestand nicht mehr. (Abg. Lipka ruft: Sehr richtig!)

Wenn also auch eine Verschiedenheit in den Ansichten besteht, wie die gesetzliche Ausgestaltung des Fortbildungsschulwesens erfolgen Soll, So besteht keine Verschiedenheit in den Ansichten darüber, daß die Ausgestaltung im allgemeinen notwendig ist. (Abg. Strache ruft: Aber nicht eine Verländerung !)

Sehr wichtig ist es nämlich, auch eine Bestimmung zu schassen, mit welcher der Besuch der Anstalten geregelt und namentlich die Verpflichtung zum Besuche dieser Anstalten festgestellt wird.

Gegenwärtig stehen in der Verwaltung und Leitung der Fortbildungsschulen, wenn es sich darum handelt, einen guten Besuch einer Fortbildungsschule zu erzwingen, keine genügenden Handhaben zur Seite, sie stehen selbst vor einer Unmöglichkeit und haben keine rechten gesetzlichen Mittel, außer der kurzen, allgemeinen Bestimmung der Gewerbeordnung, die Regelung des Besuches der Fortbildungsschulen strikte und rechtzeitig durchzuführen. In Niederösterreich, auf welches in den Ausführungen des verehrten Herrn Berichterstatters der Schulkommission hingewiesen wird, besteht eine Regelung des gewerblichen Fortbildungsschulwesens in einer anderen Weise, als sie bis jetzt in Böhmen besteht. Das ist richtig, aber ich habe anläßlich der Behandlung einer andern Frage in diesem hohen Hause gesunden, daß sich Böhmen aus das Beispiel Von Niederösterreich nicht ohne weiters stützen kann, daß sich unser Land das, was in Niederösterreich möglich ist, keinesfalls einfach anwenden kann, denn die Verhältnisse sind hier total andere.

Es sind in Niederösterreich zunächst bessere wirtschaftliche Verhältnisse. Dazu mag ja die Zugehörigkeit der Residenz zu dieser an sich kleinen Provinz (Abg. Dr. Hackel: Sitz großer Gesellschaften!) beitragen, aber es besteht weiter hauptsächlich in Niederösterreich nicht der nationale Streit, an den sich bei uns alles anpassen muß und nach welchem in Böhmen alles betrachtet und behandelt werden muß.

Es läßt sich diese Frage also nach einer anderen Provinz unseres Staates nicht behandeln. Es hat deshalb wahrscheinlich auch die Regierung, wie ursprünglich beabsichtigt, ein Rahmengesetz für das gewerbliche Fortbildungsschulwesen nicht geschaffen, weil sie nicht im Stande ist, in dieser Frage auch nur ein Rahmengesetz für die verschiedenen Provinzen des Staates auszugeben; in jedem und im kleinsten Lande sind die Verhältnisse andere und lassen sich nicht einer Schablone anpassen, auch selbst dann nicht, wenn der Landtag oder der Landesausschuß für eines dieser Kronländer den Ausbau auf diesem Wege in seinem Interesse angestrebt hätte.

Ich möchte bei der heutigen Beratung auch hervorheben, daß ich an der tiefen sachlichen Überzeugung aus Seiten unseres Herrn Landesausschußbeisitzers Adámek, der in der Schulkommission als Vertreter des Landesausschusses mitberaten und Auskünfte abgegeben hat, nicht zweifle, daß die Ausführung dieser Überzeugung gewiß anerkennenswert ist.

Ebenso ist unser Kommissionsreferent in dieser Frage durchaus sachlich geblieben und es darf auch die andere Meinung, die andere Ansicht und die noch so scharfe Vertretung derselben nicht als gegen die bestimmte Person gerichtet betrachtet werden.

Es ist nun durch die heutige Erklärung Sr. Exzellenz des Herrn Statthalters die vorliegende Frage an ein wesentlich anderes Stadium gerückt Worden, und wir könnten eigentlich das, was im Punkt 2 des Antrages der Schulkommission gesagt und enthalten ist, weglassen. Denn es liegt bereits ein Gesetzvorschlag der k. k. Regierung vor, wie wir gehört haben, über welchen mit dem Landesausschuß Verhandelt werden soll.

Immerhin aber ist der Inhalt dieses Gesetzentwurfes nicht bekannt, es kann also nicht Sache des Landtages sein, auf diese Erklärung Sr. Exzellenz hin mit einer totaler Änderung der Vorlage ohne weiters vorzugehen.

Es sei mir gestattet, bezüglich des vorliegenden Antrages noch das eine bemerken:

Mit Punkt 1 sind wir selbstverständlich vollkommen einverstanden, denn er erhält ja nur die Mitteilung oder den Vorschlag, daß der Bericht der Schulkommission, betreffend die bisherigen Schritte, bezüglich der Regelung des gewerblichen Fortbildungsschulwesens zur Kenntnis genommen werden sollen.

Wir haben die bisherigen Vorgänge ja eigentlich schon dadurch zur Kenntnis genommen, daß wie das Referat des Verehrten Herrn Berichterstatters Hofrat Dr. Èelakovský zur Kenntnis genommen, d. h. ruhig angehört, was die b. Z. Entwicklungsphase des gewerblichen Fortbildungsschulwesens betrifft.

Was den zweiten Punkt des Kommissionsantrages anbelangt, so beantrage ich eine Abänderung. Dieser zweite Punkt bezieht sich nur auf die Petition der Handels- und Gewerbekammer in Prag und baut daraufhin schon die geplante Verhandlung mit der Regierung auf. Das geht nicht. In einer so wichtigen Frage müssen auch schon im Vorbereitungsstadium alle beteiligten Faktoren gehört werden. Diese anderen Faktoren sind zunächst auch die anderen Handelskammern in Böhmen, nicht bloß die Prager; es sind diese anderen Faktoren aber auch die Gewerbegenossenschaftsverbände. Diese beiden Faktoren und namentlich die letzteren kann man doch unmöglich ausschalten zu einer Zeit, wo man die Vorbereitungen trifft für Verhandlungen oder für Vereinbarungen mit der k. k. Staatsregierung über ein eminentes Interesse des Gewerbestandes. Die Staatsregierung muß ein vollständiges Material bekommen, Ansichten von allen Seiten hören und nicht bloß von einer Seite, so anerkennenswert es ist, daß die Prager Handelskammer eine umfassende Eingabe von ihrem Standpunkte aus gemacht hat.

Ich beantrage also, den Punkt 2 des Kommissiosantrages dahin abzuändern, daß es zu heißen hätte: "Der Landesausschuß wird beauftragt, über die Angelegenheit der Regelung des gewerblichen Fortbildungsschulwesens außer der Petition der Präger Handels- und Gewerbekammer die Äußerung der übrigen Handels- und Gewerbekammern, sowie der Gewerbegenossenschaftsverbände in Böhmen einzuholen, weiters diese Gutachten mit der Petition der Präger Handels- und Gewerbekammer Z. 7861 Pet. der k. k. Regierung behufs Einleitung weiterer Schritte zu übermitteln. "

Verehrte Herren! Ich glaube, auch die Herren von der anderssprachigen Seite dieses hohen Hauses, können diesem Antrage ruhig zustimmen. Er will dasselbe, was die Kommission vorschlägt, aber im erweiterten Sinne; er will es namentlich zum Ausdruck bringen, daß der hohe Landtag es für recht findet, daß alle beteiligten Faktoren bei der Vorfrage schon gehört werden und daß die Regierung sich über die Ansicht aller beteiligten Faktoren vollkommen klar ist.

In diesem Sinne bitte ich also, den Antrag "1" der Schulkommission anzunehmen und dem Antrage "2", wie er von mir vorgelegt worden ist, Ihre Zustimmung zu erteilen.

Wünschen wir, daß auf diesem Wege das gewerbliche Fortbildungsschulwesen den nötigen und rechten Ausbau erhalte und daß mir es auf diese Weise gemeinschaftlich zur Blüte und zum Gedeihen bringen, zum Segen für beide Nationalitäten des Landes und dann für das ganze Land, aber insbesondere für unseren Gewerbestand, für den ich hier namentlich eintrete mit jener Ueberzengung, die ich mitten im Gewerbe lebend hege, die Not, die Bedürfnisse und Erfordernisse des Gewerbestandes aus eigener Erfahrung Wohl kennend. (Lebhafter Beifall. )

Oberstlandmarschall: Der Herr Abg. Posselt stellt nachstehenden Abänderungsantrag zum Punkt 2 des Kommissionsantrages: Er hätte nämlich zu lauten: "Der Landesausschuß wird beauftragt, über die Angelegenheit der Regelung des gewerblichen Fortbildungsschulwesens außer der Petition der Prager Handels- und Gewerbekammer die Äußerungen der übrigen Handels- und Gewerbekammern sowie der Gewerbegenossenschaftsverbände in Böhmen einzuholen, weiters diese Gutachten mit der Petition der Prager Handels- und Gewerbekammer Nr. 7861 der k. k. Regierung behufs Einleitung weiterer Schritte zu übermitteln. "

Ich ersuche die Herren, welche diesen Abänderungsantrag unterstützen, die Hand zu erheben. Der Antrag ist hinreichend unterstützt.

Es gelangt nunmehr zum Worte der nächste Herr Proredner und ich erteile das Wort dem Herrn Abg. Dr. Baernreither.

Bevor aber der Herr Abg. Baernreither das Wort ergreift, erlaube ich mir mitzuteilen, daß sich noch zwei Herren für die Anträge haben eintragen lassen, nämlich die Herren Abg. Kalina und Adámek.

Dovoluji sobì sdìliti se slavným snìmem, že p. posl. Kalina a Adámek dali se zanésti ještì za øeèníky pro návrhy komise.

Ich erteile das Wort dem Herrn Abg. Baernreither.

Abg. Exzellenz Dr. Baernreither: Hoher Landtag! Ich mochte zunächst, bevor ich mir erlauben werde, einige wenige Bemerkungen zu dem vorliegenden Berichte vorzubringen und zu dieser äußerst wichtigen Angelegenheit Stellung zu nehmen, unmittelbar auf den von meinem sehr geehrten Herrn Vorredner eingebrachten Abänderungsantrag zu sprechen kommen.

Ich glaube, der Antrag ist so selbstverständlich, daß es keiner großen Begründung bedarf, wenn ich erkläre, daß auch wir für diesen Antrag stimmen werden. Es ist nicht nur billig, sondern es liegt ja gewiß im Interesse der Sache, daß die Basis, aus Grund welcher der Landesausschuß mit der Regierung bezüglich der Regelung des Fortbilbungsschulwesens zu verhandeln hat, dadurch erweitert werden muß, daß auch die anderen Handelskammern gehört werden und daß insbesondere auch die Genossenschaftsverbände Gelegenheit erhalten, ihr Urteil abzugeben.

Hoher Landtag! Ich habe den Bericht des Herrn Berichterstatters Hofrates Èelakovský mit großer Aufmerksamkeit durchgelesen, und wenn ich sagen soll, was für Gedanken mich dabei Beschlichen haben, so sind es folgende zwei:

Ich muß es beklagen, daß eine der wichtigsten Kulturfragen - das ist in dieser Angelegenheit feine Phrase - Bei uns durch Jahre und Jahre Verschleppt und hinausgezogen worden ist. Denn die ersten Bemühungen gehen bis zum Jahre 1880 zurück und es ist die Schilderung des Berichtes über die verschiedenen Phasen, welche diese Angelegenheit durchgemacht hat, eigentlich die Schilderung einer Sisyphusarbeit, die der Landesausschuß, der Landtag, die Verschiedenen Berichterstatter in dieser Frage geleistet haben.

Nun ist allerdings durch die - ich mochte sagen in letzter Stunde - von der Regierung abgegebene Erklärung eine Art Abschluß Der Sache in Aussicht gestellt.

Seine Exzellenz der Herr Statthalter hat von einem Stadium gesprochen, welches allerdings auch nur wieder ein Stadium der Sache ist, welches aber doch erhoffen läßt, daß wir der Sache um einen Schritt näher gekommen sind. Seine Exzellenz der Herr Statthalter hat erklärt, daß der Entwurf eines Landesgesetzes sich bereits bei der Statthalterei zur Aeußerung Befindet und daß infolgedessen zu hoffen ist, daß die Angelegenheit sich so weit verdichten wird, daß demnächst ein Gesetzentwurf auch dem Landtage vorgelegt werden wird.

Es ist daher nicht nur ein Abschluß dieser langen Entwicklung, die sich durch ein Vierteljahrhundert, ja mehr als ein Vierteljahrhundert hier im Landtage hingezogen hat, sondern es ist das auch die Feststellung eines ganz bestimmten Standpunktes, nämlich des Standpunktes, daß das Fortbildungswesen lediglich Landessache ist, und da muß ich für meine Person doch ganz ergebenst einen etwas einschränkenden, einen anderen Standpunkt einnehmen.

Um denselben begründen zu können, müssen Sie mir gestatten, daß ich etwas im allgemeinen über Sinn und Bedeutung der Fortbildungsschule in unserer Zeit überhaupt vorausschicke. Die allgemeinen Ausführungen, zu denen ich mir Ihre freundliche Aufmerksamkeit und auch Nachsicht erbitte, sind für mich absolut notwendige Voraussetzung, um zu den Konklusionen zu kommen, welche ich die Ehre haben werde, Ihnen vorzutragen.

Wir müssen uns klar werden, aus was für allgemeinen Erwägungen, allgemeinen ergiehungspolitischen Erwägungen ist denn die gange Idee und Institution des Fortbildungsschulwesens überhaupt entstanden?

Sie ist entstanden aus der Idee, daß die große Menge der Bevölkerung in unserer heutigen, Zeit nach dem Austritte aus der Volksschule, was ihre fernere Erziehung anbelangt, nicht bloß der Familie überlassen werden kann, und dies folgt unmittelbar aus den höheren Anforderungen, welche heute an die produzierenden Stände überhaupt gestellt werden.

Meine Herren! Diese hohen Anforderungen an jeden, mag er welchem Berufe immer angehören, er mag Landwirt sein oder Gewerbetreibender, industrieller Arbeiter oder Handelsbeslissener, diese hohen Anforderungen liegen darin, daß an jeden heute größere Anforderungen bezüglich der Arbeitsintensität gerichtet werden, größere Anforderungen bezüglich der Geschicklichkeit, bezüglich der Kenntnisse, seiner Umsicht und Energie, und weil das, meine Herren, der große Zug in allen Ländern ist, so ist diese Ausbildung des Volkes nach der Volksschule geradezu ein großes erziehungspolitisches, aber auch wirtschaftliches Problem, welches einen Staat in den Stand setzt, seine Konkurrenzkraft gegenüber anderen Staaten aufrecht zu erhalten.

Nun, meine Herren, trotzdem dieses außerordentlich praktische Moment in den Vordergrund gerückt ist durch die heutigen wirtschaftlichen Verhältnisse, soll damit dem idealen Ziele der Volkserziehung nicht ein Eintrag geschehen; aber etwas ringt sich immer mehr und mehr durch, und in den großen erzieherischen Bestrebungen in verschiedenen Ländern und Völkern geigt sich in der Folge immer dasselbe, nämlich die einseitige intellektuelle Bildung, die kann ihre Alleinherrschaft nicht mehr behaupten.

Es geht durch das ganze Erziehungswesen heute ein praktischer Zug, und ich kann einen geradezu klassischen Ausspruch eines hervorragenden deutschen Schulmannes zitieren, aus dessen jüngsten Veröffentlichungen, von denen ich im Laufe meiner Ausführungen eine oder die andere Stelle mir gestatten werde hervorzuheben, welcher sagt: "Der Weg zum idealen Menschen führt heute nur über den brauchbaren Menschen", und, meine Herren, diese Erkenntnis, daß die Erziehungspolitik des Staates mit der Volksschule nicht abschließt für die großen Massen, sondern daran obligatorische Einrichtungen knüpft, Einrichtungen, welche den Menschen zu seinem Berufe brauchbar machen, ist die große Grundlage des gesammten Fortbilbungsunterrichtes überall geworden, also auch bei uns.

Und nun, meine Herren, möchte ich doch vorführen, was von diesem Standpunkte aus die eigentlichen Grundzüge des Fortbildungsunterrichtes heute bedeuten.

Man hat Erfahrungen der letzten vierzig Jahre, und es sind in diesem Zeiträume große Erfahrungen über das Fortbildungsschulwesen und den Fortbildungsunterricht gemacht worden, weil man nicht überall 25 Jahre braucht, um zu irgend einem Gesetz oder zu einer Institution zu kommen, - man hat also überall heute Erfahrungen, auf die man zurückblicken kann und die auch für uns eine gewisse Basis für die Ausgestaltung unseres Fortbildungsunterrichtes bilden.

Und, meine Herren, da ist ein Grundsatz überall anerkannt und ich möchte ihn hier nicht nur aussprechen, sondern auch unterschreiben und allen jenen maßgebenden Faktoren an´s Herz legen, welche über die Ausgestaltung des Fortbildungsunterrichtes in nächster Zeit zu entscheiden haben werden, das ist, daß ein rein theoretischer Unterricht in den Fortbildungsschulen ungenügend ist.

Daß man die Praxis heute in den Fortbildungsschulen derartig organisieren muß, baß sie mit der Theorie Hand in Hand gehen muß, daß also mit dem theoretischen Fortbildungsunterricht Lehrwerkstätten verbunden werden müssen, in welchen die unmittelbare Anwendung des theoretisch gelernten durchgeführt wird. Gestatten Sie mir aus die Volksschule zurückgreifend zu sagen, daß dieser Grundzug sich heute überall auch schon im Volksschulwesen geltend macht. Denn schon die Volksschulen gehen heute ihrer Reform entgegen, baß sie neben dem Bildungsstoff, den sie heute enthalten, als Vorbereitung für den praktischen Beruf immer mehr in sich schließen müssen, als dies heute der Fall ist. Wir haben nicht nur hygienischen Unterricht, ferner Handfertigkeitsunterricht, leider noch keinen obligatorischen, wie dies in vielen anderen Ländern z. B. in Dänemark, Schweden und Norwegen der Fall ist.

Aber auch der eigentliche Unterrichtsstoff in den Volksschulen wird leider bei uns nicht immer praktisch angefaßt; es wird versucht, in die Köpfe der Jugend den Wissenstoff um jeden Preis hineinzupacken, ohne Rücksicht darauf, ob dieser Wissenstoff verdaut, verarbeitet, assimiliert werden kann. Die modernen Bestrebungen gehen dahin, in dieser Richtung einen Fortschritt herzustellen.

So hat man z. B. im Deutschen Reiche an die Volksschulen Schülerwanderungen angegliebert; das sind Ausflüge, welche die Lehrer mit den Schülern machen. Die städttische Jugend wandert auf das Land, die ländliche wandert in die Stadt. So wird durch den lebendigen Anschauungsunterricht bei der Jugend das Festzuhalten gesucht, was sie aus Büchern theoretisch gelernt hat.

Dieser große Zug, der heute das Volksschulwesen umgestaltet, dieser muß gerade beim Fortbildungsschulwesen ganz zum Durchbruch kommen. Es muß künstig das Fortbildungsschulwesen ausgebildet werden, der künftige Beruf, die Fachbildung, muß im Mittelpunkte des Unterrichtes der modernen Fortbilbungsschule stehen.

Aber, meine Herren, ich komme noch zu einem zweiten, allerdings etwas heimlicherem Punkte. Wir müssen den allgemeinen Satz voranstellen, den Sie mir vielleicht zugeben werden, obwohl ich nicht ganz versichert bin, ob Sie mir auch dessen Konsequenzen zugeben werden.

Sie werden mir gewiß zugeben, daß die wirtschaftlichen Kräfte eines Volkes nicht allein die technischen sind; die wirtschaftlichen Kräfte sind auch der moralische und der staatsbürgerliche Sinn der Bevölkerung.

Auch in der Volksschule wird schon gewiß ein kleiner Anfang in dieser Hinsicht gemacht werden müssen.

Meine Herren, in einer Zeit, wo die bürgerlichen Rechte jedem gleich verteilt sind, wo jeder das gleich bürgerliche Recht besitzt und mit diesem Bewußtsein auch aufwächst, ist eine unbedingte Notwendigkeit, daß durch das große Erziehungssystem eines Staates die Begriffe der staatsbürgerlichen Pflichten schon der Jugend von Anfang an in das Herz gelegt werden.

Es gibt aber keine allgemeinen Rechte, ohne allgemeine Pflichten (Ruf: So ist es!), und allgemeine Rechte ohne allgemeine Pflichten führen zur Anarchie.

Also das ist ein ganz klar hingestellter Begriff, der schon überall - bei uns aber leider noch nicht - zum allgemeinen Bewußtsein gekommen ist, aber nicht nur zum allgemeinen Bewußtsein gekommen ist, denn das wäre ein rein platonisches Resultat, sondern daß er auch schon in konkrete, bestimmte Einrichtungen sich verdichtet hat.

Da erlauben Sie mir, ihnen eine Stelle aus einem Buche vorzulesen, welches in den allerletzten Wochen erschienen ist. Es stammt von einem der größten und bedeutendsten Schulmännern Deutschlands, Georg Kirschensteiner in München, dem Schöpfer der ganzen großen Münchener Schuleinrichtungen, besonders des Fortbildungsschulwesens. Dieses, in München erschienene Buch: "Grundfragen der Schulorganisation", sagt über diesen Staatsbürgerlichen Unterricht in jenen Mittelklassen, also in den Schulen, welche nach der Volksschule einzutreten haben, folgendes:

"Es läßt sich mit gründlicher beruflicher Ausbildung gerade, wenn sie den Weg der Praxis geht, die staatsbürgerliche Ausbilbung ausgezeichnet verbinden. Man hat sie nur bisher unterlassen und das technische Fachschulwesen ausschließlich vom Gesichtspunkte des praktischen Nutzens aus organisiert. Man hat es versäumt, in öffentlichen Erziehungseinrichtungen in richtiger Weise dafür zu sorgen, daß die dem Volke gegebenen Rechte und Freiheiten nicht dem Mißbrauche des Unverstandes preisgegeben sind. "

Und jetzt kommt ein Satz, der in seiner Allgemeinheit eine große Wahrheit enthält:

"Die überschnelle Entwicklung der modernen Staaten hat die Entwicklung der Erziehungseinrichtungen weit überholt. "

Und nun, meine Herren, praktisch ist es ja durchgeführt und ich erlaube mir nur noch eine Stelle vorzulesen, welche das beweist. Es heißt da: "Im Unterrichtsprogramme der Kunst- und Handwerkerschulen in Bern ist schon vor zehn Jahren ein Kursus über Baterlandskunde eingeführt worden; lieben gelegentlichen Wiederholungen aus der politischen Geschichte und außer jenen Sachen, welche schon in der Volksschule vorkommen, erstreckt er sich vor allem auf die Betrachtung über den Gemeinde-, Kanton- und Bundeshaushalt, über die Tätigkeit der gesetzgebenden administrativen und richterlichen Behörden, über die Rechte und Pflichten der Schweizer Bürger, über die Produktionsfähigkeit des Landes über das Gewerbe und die Industrie und über die Handelsbeziehungen zum Auslande. "

Meine Herren! Das sind feine überschwänglichen Sachen, das braucht heute jeder Gewerbsmann zu wissen, jeder Landmann soll es wissen. Leichter ist es für uns nicht, denn ich glaube, es ist leichter, jemandem die Kanton- und Bundesverfassung klar zu machen, als unsere österreichischen schwierigen und verwickelten staatsrechtlichen Verhältnisse. Aber schließlich Versucht muß es werden; denn wir leben unter diesen Verhältnissen und Gesetzen. Das ist der zweite Punkt.

Der dritte Punkt und die dritte Anforderung, die man an die Fortbildungsschulen stellen muß, wäre, von vornherein programmatisch daraus hinzuwirken auf die Bildung der Selbsttätigkeit und aller jener Eigen schaften, welche die moderne Arbeitsintensität und der moderne Stampf ums Dasein notwendig macht.

Meine Herren! Aus dem Zeitalter der Bevormundung sind wir heraus, und was immer der Staat leisten muß, so darf es doch nicht Bevormundung sein, es muß das eine Hilfe sein für gewisse Stände, die ihnen die Möglichkeit, sich selbst fortzubringen, gewährt, aber ohne die Pflege der Selbsttätigkeit, ohne diese Fähigkeit würde jedes Volk trotz Staatshilfe gugrunde gehen.

Das, meine Herren, sind drei Gesichtspunkte, welche sich durch Nachdenken und durch Besichtigung von Fachschulen und Reisen im Anslande bei mir gebildet haben.

Daraus ziehe ich folgende zwei Konsequenzen:

Aus dem, was ich gesehen habe, folgt, daß diese wirtschaftliche und staatsbürgerliche Erziehung, wie ich sie meine, ein eminentes Staatsinteresse und nicht bloß Landesinteresse ist, daß der Staat dieses Interesse hat in allen Teilen, in allen Kronländern des weiten Reiches. Und daraus folgere ich erstens, daß es nicht bloß Landesmittel sein werden, welche für diese große Organisation aufkommen, sondern daß dafür auch die Staatsmittel aufkommen müssen.

Aber allerdings folgere ich auch daraus, daß das Zusammenwirken der Staatsgesetzgebung mit der Landesgesetzgebung notwendig ist.

Sehen Sie, meine Herren, ich habe diese zwei oder drei Punkte bezeichnet, das wären die Punkte, die Prinzipien, welche für das ganze Reich gelten. Für das ganze Reich sollte gelten: es soll feine Fortbildungsschule gegründet werden ohne Lehrwerkstätte, es soll dem staatsbürgerlichen Unterrichte Raum gegeben werden, es soll das System so eingerichtet werden, daß die Selbsttätigkeit geweckt wird.

Das war der Inhalt des gemeinsamen Gesetzes - ich will es nicht Rahmengesetz nennen, ich wäre zufrieden, wenn es Grundsätze wären und blieben in irgend einer bindenden Form.

Gerade weil es im staatsbürgerlichen allgemeinen Interesse ist, muß auch der Staat diese allgemeinen Prinzipien anstreben und muß sie unbedingt festhalten und kann auf Grund derselben das Fortbildungswesen in den einzelnen Kronländern verschieden gestellt und ausgebildet werden.

Das gebe ich zu, das gewerbliche, das landwirtschaftliche Fortbildungsschulwesen wird in Böhmen anders ausschauen als in Dalmatien, als in Galizien und Vorarlberg.

Aber diese Grundprinzipien, die muß der Staat überall festhalten.


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