Sobota 29. prosince 1906

Sich in wirtschaftlicher Abhängigkeit befindet von Personen, die überhaupt nur in eine der vorerwähnten Kategorien fallen. Im Grunde genommen ist alles beteiligt!

Mit einer solchen Gesammtstimmung ist tatsächlich zu rechnen. Man könnte sich ja aus den Standpunkt stellen. Daß eine Besteuerung mit Zustimmung der Belasteten je durchgegangen wäre, ist noch nicht dagewesen in der Finanzgeschichte. Da muß man einfach eine Selbst unpopuläre Maßregel zu vertreten den Mut haben und beibehalten, wenn man dadurch nur wirtlich Gutes schafft, wenn man das, was man als richtig und zweckmäßig erkannt hat, zur Geltung bringt. Da gibt es eben kein Liebäugeln um die Syrnpatie der Menge, sondern man handelt, wie man es für recht und gut findet. Dies gilt nicht bloß für den einzelnen Politiker, sondern auch für die öffentlichen Behörden und Körperschaften.

So käme man für den konkreten Fall zum Schlusse, es sei trotz allem Pflicht des Landesausschusses, wenn er schließlich keine andere Deckungsmöglichkeit sieht, entweder auf Erhöhung der einen oder anderen Einnahmsquelle Anträge zu stellen oder beide in Kombination zu bringen.

Das anerkenne ich aber nur für den einen Fall, wenn man damit wirklich etwas Gutes und Zweckmäßiges schafft. Zu dem Antrage des Landesausschusses gehört aber auch noch der Beschluß des hohen Landtages, der ihm zustimmt, und wenn man berechnet, ob für die Erhöhung der Umlagen zu den Steuern oder zur Erhöhung der Landesbierabgaben auch nur eine entfernte Aussicht vorhanden sei, die Majorität zu gewinnen, so muß man entschieden sagen: Nein und abermals Nein!

Es wäre an sich schon mißlich, einen solchen Beschluß mit knapper Majorität zu Stande zu bringen und die Gesammtheit der Bevölkerung einer neuen Last zu unterziehen, die sie eigentlich ablehnt, und bezüglich welcher nur dank der besonderen Zusammensetzung unseres Landtages ein Mehrheitsbeschluß konstruiert werden könnte.

Allein, wenn der Landesausschuß einen diesbezüglichen Antrag dem hohen Landtage bei den heutigen Verhältnissen vorlegt, so dürfte ich ganz gewiß keiner Miderleugnung begegnen, wenn ich die Mutmaßung ausspreche, daß dieser Antrag glänzend durchviele. Überhaupt müßten jene Abgeordneten gesucht werden, welche dafür sind; welche dagegen stimmen würden, sind in Vorhinein in solcher Menge gegeben, daß die übrigen dagegen vollständig verschwinden würden.

Hochgeehrte Herren! Unter solchen Umständen einen an sich und theoretisch vielleicht haltbaren Antrag zu stellen, wäre nicht nur eine müssige Sache, sondern gerade im Einblicke auf künftige Mandlungen in der Stimmung der Zukunft sogar gefährlich. Entschuldigen Sie daher, wenn der Landesausschuß nur das getan hat, was nach der Sachlage durchführbar war, ohne eine Aufforderung zum finanziellen Selbstmorde.

Denn daß das bisher eingehaltene System des Stopfens eines Loches mit einem andern, das Schuldenmachen, ein reiner Selbstword sei, ist so oft behandelt worden, daß ich die billigen Lorbeeren der weiteren Anführung dessen ganz ruhiq beiseite lasse. Wenn laufende Ausgaben, die alljährlich wiederkehren, nicht gedeckt werden mit laufenden Einnahmen, sondern durch Schulden, so heißt es, das Übel nicht beseitigen auch nicht für ein einzelnes Budgetjahr, sondern bemänteln und die gesamte finanzielle Lage erheblich verschlechtern, weil zu den Ausgaben des künftigen Jahres der Zins- und Amortisationsaufwand vom Darlehen des Vorjahres hinzutritt.

Einen solchen direkten Antrag, die laufenden Ausgaben durch eine Kreditoperation zu decken, konnte der Landesausschuß nicht stellen und hat sich dazu nicht entschlossen. In einer Richtung aber konnte er eine Auskunft finden.

Unter den Ausgaben, die im Voranschlage ausgewiesen sind, befinden sich auch solche im Extraordinarium, das heißt einmalige Ausgaben, Investitionskredit im Gesamtbeträge von 9 Millionen Kronen. Der Nutzungseffekt dieser Ausgaben soll sich nicht nur int laufenden Budget äußern, sondern auch in Zukunft. Die Lasten einer solchen Unternehmung auch den Steuerträgern der Zukunft aufzubürden, wie dies bei Investitionsausgaben die Regel bildet, ist durchaus finanzpolitisch statthast und zulässig.

Darum begnügte sich der Landesausschuß neben den übrigen Anträgen, deren Komplex das Provisorium ausmacht und welche zum größten Teil die notwendige Konsequenz dessen sind, was im Vorjahre beschlossen Wurbe, auch folgenden Antrag zu stellen:

Der Landesausschuß wird ermächtigt zur Deckung des Teilbetrages von 9 Millionen Kronen von einem ausgewiesenen Defizit per 19, 800. 000 S ein Landesdarlehen bei einem inländischen Kreditinstitute auszunehmen. Dieser Teil des Aufwandes wäre wahrscheinlich auch unter normalen Verhältnissen aus keine andere Weise gedeckt worden. Diesen Antrag wie auch die übrigen des Landesausschusses, empfehle ich pflichtgemäß zur Annahme. Was ich jetzt vorbringen mußte, war keine angenehme Pflicht, aber einen Anspruch stets vor dankbare angenehme Aufgaben gestellt zu werden, hat niemand aus der Welt. Pflicht eines jeden aber ist, der Wahrheit Rechnung zu tragen und Ehre zu geben und auch unter allerschlimmsten und ungünstigsten Verhältnissen die Dinge so darzulegen, wie sie sind, feine Schönfärberei zu treiben und nicht Hoffnungen und Erwartungen rege zu machen, welche nicht in Erfüllung gehen. Dieser Pflicht glaube ich nachgekommen zu sein. (Lebhafter Beifall und Händeklatschen. Redner wird beglückwünscht. )

Oberstlandmarschall: Ich erlaube mir, darauf aufmerksam zu machen, daß meiner Ansicht nach die Anträge des Landesausschusses in einer Debatte durchzuführen sind.

Dovoluji si na to upozorniti, že dle mého náhledu návrhy zemského výboru bude lze projednati v jediném rokování.

Dovoluji sobì nyní sdìliti jména pánù, kteøí se pøihlásili k øeèi.

Ich erlaube mir die Rednerliste dem hohen Hause bekannt zu geben.

Contra:

Die Herren Abg.: Graf Otokar Czernin, Dr. Reiniger, Dr. Baernreither, Dr. Schreiner, Größl, Peschka, Kutscher.

Pro:

Der Herr Abg. Prof. Dr. Bachmann.

Páni poslanci: Dr. Herold, Kratochvíl, Kalina, Dr. Baxa, Prášek, hrabì Vojtìch Schönborn, Maresch.

Ich erteile dem ersten Kontraredner, dem Herrn Abgeordneten Grafen Czernin das Wort.

Abg. Graf Otokar Czernin: Hoher Landtag! Das diesem hohen Hause zur Genehmigung vorgelegte Budget-Provisorium involviert neuerdings eine bedeutende Vermehrung der Schuldenlast und repräsentiert damit einen weiteren Schritt auf jener schiefen Ebene, auf welcher wir uns bereits seit längerer Zeit bewegen, eine schiefe Ebene, an deren Fuße geben wir uns feinen Illusionen hin - an deren Fuße die finanzielle Katastrophe unseres Landes lauert.

Ich glaube, daß die Majorität der Herren mir hierin nicht widersprechen wird.

In einem Konstatieren einer Tatsache allein liegt aber wenig Hilfe, und ich habe hier nicht dazu mir das Wort erbeten, sondern um Ihnen, meine Herren, meine persönliche Meinung darüber vorzutragen, wie wir mit der Zeit aus diesem Dilemma fortgesetzten Schuldenmachens herauskommen könnten. Dabei werde ich mich, meine Herren, so kurz als möglich fassen, so sehr es sich auch lohnen würde, aus das Detail einzugehen, und zwar aus dem Grunde, weil die gestern begonnene Session Montag beendet sein muß, und ich den übrigen Herren Rednern ihre Zeit nicht nehmen möchte.

Ich glaube, die finanzielle Situation des Landes durch folgende zwei Momente charakterisieren zu können:

1.   daß die Ausgaben in stetem Anwachsen begriffen sind, und

2.   daß die dem gegenüberstehenden Einnahmen diese Expansionsfähigkeit nicht besitzen.

An den ersteren, den steigenden Ausgaben, ist wenig Merkwürdiges und sehr wenig Verwunderliches, es ist dies die ganz natürliehe Folge der Volkswirtschaftlichen Entwicklung. Ich verweise diesbezüglich auf das größte Konto im Budget, auf das Schulwesen und ich verweise darauf, daß Wir dieselbe Tatsache überall, wohin wir auch über die Grenzen Böhmens hinausblicken, in gleicher Weise finden.

Ich glaube also, wir werden auch in Zukunft mit dem stetigen Anwachsen der Ausgaben rechnen müssen; dem gegenüber stehen die Einnahmen, welche entweder stationär sind oder doch jedenfalls nicht auf den Grab ausdehnungsfähig sind, wie die Ausgaben.

Das Resultat dieser beiden Posten ist die jahrliche Unterbilanz und die Folge dieser jährlichen Unterbilanz ist die stete Auf nähme neuer Schulden

Nun wird von mancher Seite dem Landesausschusse ein Vorwurf gemacht wegen der Kontrahierung neuer Schulden Ich will mich nicht zum Verteidiger des Landesausschußes aufspielen, aber ich möchte nur fragen, was denn der Landesausschuß in dieser Situation, in der er sich faktisch befindet, anderes machen soll?

Die Einnahmen auf den Grad zu reduzieren, um das Landesbudget zu sanieren, ist ganz ausgeschlossen Einnahmen selbstandig zu erhöhen ist der Landesausschuß auch nicht in der Lage, das Defizit aber muß er Decken, also ist er in der Zwangssituation, Schulden zu machen.

Vor einiger Zeit hat der hohe Landes ausschuß uns die Erhohung der Biersteuer vorgeschlagen Diese Erhohung der Biersteuer will die Majoritat des Hauses entschieden nicht.

Ich will sie auch nicht! Aber ich zittere dies hier, um zu beweisen, daß man sich auch im Landesausschusse daruber redlich den Kopf zerbrochen hat, wie die Sanierung herbeigeführt werden konnte.

Und andere Steuern? Ich habe im vorliegenden Entwurfe auf einige Luxussteuern hingewiesen, von welchen ich glaube, daß sie den gewöhnlichen Fehler dieser Steuern, bei hoher Regte relativ wenig zu tragen, vielleicht in geringerem Grade besitzen als andere, aber Sanieren konnen wir damit das Land gewiß nicht.

Wenn wir nach einem Schuldigen Suchen, So glaube ich, sagen zu können, daß wir für diese Übelstande nur zwei Faktoren verantwortlich machen konnen. Das sind erstens, die hohen Regierungen, welche diesem hohen Hause faktisch nicht die physische Möglichkeit geben, seinen großten Ausgaben nachzukommen (Rufe: Sehr gut! Tak jest!) und welche uns in die Zwangssituation versetzen, eine so wichtige Vorlage wie die vorliegende, ohne jede Beratung, ich mochte sagen, fast über Nacht zu beschließen und zweitens sind wir es selbst - alle miteinander- weil wir diese Unterlassungssünde der Regierung ruhig hinnehmen und damit jene Katastrophenpolitik unterstutzen, die hier getrieben wird.

Lassen Sie mich, meine Herren, es offen heraussagen, ich glaube, der ganze Grund Dieser Finanzmisere ist in dem wirtschaftlichen Verhaltnissen des Landes zum Reiche gelegen. Bitte lassen Sie mich das erklaren.

Ich habe, meine Herren, die Finanzwirtschaft anderer Lander, so die Englands, Frankreichs, Deutschlands, Belgiens und der Schweiz mit der unserigen verglichen und nirgends habe ich jenen Vorgang finden können, wonach das ganze dem Teu, das Reich dem Reichsteile so gut wie sammtliche Einnahmsquellen konfisziert und dann doch diesen Reichsteilen große Verpflichtungen für das Allgemeinwohl auferlegt. Ich verweise diesbezuglich auf die Maßnahmen zur Erhöhung der öffentlichen Sicherheit, auf die Maßnahmen zur Förderung von Bildung, Kunst und Wissenschaft

Prinzipiell, meine Herren, glaube ich gibt es einen doppelten Weg, um aus diesem Dilemma herauszukommen.

Entweder das Reich ubernimmt die auf dem Lande lastenden Verpflichtungen oder aber es laßt ihm diese Verpflichtungen, gibt ihm aber auch die Möglichkeit, ihnen nachzukommen, indem es ihm auf irgend eine Art unter die Arme greift. Für den einzelnen Staatsburger, glaube ich, wird es so oder so finanziell immer dasselbe bleiben.

Das Reich durfte schwerlich in der Lage fein, an die Lander größere Betrage zu deren Sanierung abzutreten, ohne sich selbst neue Einnahmsquellen zu eroffnen. Aber die Frage steht nicht so, sondern die Klippe, die zu umschiffen ist, glaube ich, ist die, daß das Reich noch Ressourzen hat, die es sich eröffnen konnte, wahrend dem Lande solche nicht zu Gebote stehen. Ich verweise auf die geplante Reorganisation des Staatsbahnbetriebes, auf die Reorganisation der Verlassenschaftsgebühren und schließlich auf die Monopolisierung von Zundholzchen und Branntwein.

Tut das der Staat, und ergreift er eines dieser Mittel, dann wäre er in Der Sage, das Land zu sanieren (Beifall) Diese Frage aber, meine Herren, geht sehr tief.

Denn diese finanzrechtliche Frage hangt innig zusammen mit den ganzen Verwaltungsfragen, aber noch mehr, die Wurzel dieser Frage sitzt gar nicht auf finanzrechtlichem

Boden, sondern auf verfassungsrechtlichem Boden, damit kommt alles an die Obersfläche, was es an Streitpunkten in der österreichischen Verfassung gibt.

Und Sie Werden mir zugeben, dieses Gebiet ist sehr groß.

Auch mit der Frage der Kompetenz des Landes- und des Reichsparlamentes, und darauf lege ich einen großen Nachdruck, es ist dies alles unzertrennlich Verbunden mit der Frage der nationalen Autonomie! Und doch, meine Herren, so kompliziert diese Frage ist, gelöst muß sie werden.

Erstens deshalb, weil wir uns auf der Bahn, auf der wir uns befinden, im Lande dem Ruin nähern und zweitens deshalb, weil das Jahr 1909, welches bekanntlich die Reform auf dem Steuergebiete bringen wird, vor der Tür steht.

Akzeptiert man den Standpunkt, daß es sich schließlich und endlich um eine ursprünglich finanzgesetzliche Auseinandersetzung zwischen Land und Reich handelt, so glaube ich, ist es nicht so wichtig, von wem aus der erste Schritt erfolgt, ob vom Zentralparlamente oder vom Landesparlamente.

Bon Wien aus ist bis jetzt in dieser Richtung sehr wenig geschehen. Deshalb habe ich in dem Gutachten, welches Ihnen vorliegt, den Antrag gestellt, es möge aus diesem hohen Hause und aus dem Landesausschusse eine Kommission gewählt werden, welche die vorbereitenden Schritte dafür unternimmt, damit wir das erhalten, was wir, glaube ich, am allermeisten brauchen, einen Finanzplan.

Ich sehe von der formalen Stellung eines diesbezüglichen Antrages ab, weil dies ja gewissermaßen ein erweiterter Landesausschuß wäre, und sein Zustandekommen ein Landesgesetz involvieren würde, wozu ja in dieser Session absolut nicht die Möglichkeit vorhanden ist.

Aber die Bitte, meine Herren, darf ich an Sie richten, den Gedanken nicht a limine abzuweisen, sondern ihn zu prüfen und unter Umständen in der nächsten Session zu realisieren.

Ausweichen, meine Herren, können wir dieser Frage nicht. Ich glaube, die innere Politik Österreichs der nächsten Jahre wird im Zeichen der finanzgesetzlichen Reorganisation

stehen, und je früher wir ernstlich angreifen, je häufiger wir uns damit beschäftigen, desto eher, glaube ich, können wir zu einer Verständigung gelangen und einen Erfolg erzielen.

Daher, meine Herren, schließe ich meine Ausführungen mit der Bitte:

Raffen wir uns auf, solange es noch Zeit ist, damit diesem somnolenten Zustande nicht ein schreckliches Erwachen folgt! (Bravorufe. Lebhafter Beifall. )

Oberstlandmarschall: Es gelangt nunmehr zum Worte der Herr Proredner Abg. Dr. Bachmann. Ich erteile ihm das Wort.

Abg. Prof. Dr. Bachmann: Hoher Landtag! Ich bin wohl als Proredner angemeldet, aber ich habe doch sehr vieles gegen die Landesverwaltung zu sagen. Der Tenor meiner Worte wird sich also eher in dieser Richtung bewegen.

Eine Tagung von zwei bis drei Tagen fordert nicht zu großen Reden auf und bietet noch weniger Raum für irgendwelche weitergehende ersprießliche Tätigkeit. Trotzdem kann ich nicht denjenigen zustimmen, welche so sehr Klage erheben über die Kürze des Landtages, auch dann nicht, wenn ich bedenke, daß in diesem Momente in Österreich große politische Wandlungen sich vorbereiten, daß auch dem Landtage in dem neuen Wahlgesetze gewiße weitere Kompetenzen angewiesen sind, und es gewiß notwendig wäre, endlich einmal ordnungsmäßig unser Budget durchzuberaten. Ich muß, wie gesagt, trotz alledem bemerken, daß wir eine Kürzung der Tätigkeit dieses Landtages nicht allzusehr bedauern können.

Freilich halte ich es für meine Pflicht sofort hinzuzufügen: Gegen den Landtag an und für sich sind wir gewiß nicht. Wir wissen sehr wohl, daß, mag auch die Rechtsvertretung noch so sehr ihre Pflicht erfüllen, immer noch dessen genug übrig bleiben wird, was hier im Lande zu ordnen wäre, und daß auch dort, wo Rahmengesetze geschaffen werden, die vielfachen Besonderheiten der einzelnen Länder den Landtagen die Aufgabe auferlegen, hier diesen speziellen Verhältnissen Rechnung zu tragen. Daß dies am ehesten durch die Vertreter der betreffenden Gebiete, durch die Landessöhne geschehen kann, liegt auf der Hand. Ich will nun begründen, warum ich speziell diesem Landtage fein besonderes Vertrauen entgegenzubringen Vermag, und es sei mir zunächst in nur kurzen Worten eine weitere Erörterung gestattet.

Wir pflegen, meine Herren, inmitten der lange dauernden Kämpfe gerne auf die Schönheit, auf die Leistungsfähigkeit und auf den Reichtum unseres gemeinsamen Vaterlandes hinzuweisen. Wir dürfen das eine wie das andere gewiß mit Recht tun, wir sollen aber nicht vergessen, daß namentlich, was die Leistungsfähigkeit und den Reichtum Böhmens betrifft, ganz gewiß weitgehende Beschränkungen am Platze Sind. Denn, wenn wir auch darauf hinweisen, wie unser Elbtal mit Obst und Wein gesegnet ist, wie wir uns freuen, die herrlichen Gefilde unserer Hopfenlandschäften im Norden und Westen Böhmens zu besitzen, wenn wir hinweisen auf andere fruchtbare Striche, wenn wir uns rühmen unserer Heilquellen, unserer Schätze an Mineralien usw., So werden wir Sofort wieder daran erinnert, daß uns in jedem Winter aus unseren Grenzgebieten der Ruf nach Brot entgegenschallt und daß wir in unserem Westböhmen weitausgedehnte Gebiete haben, welche als regenarm bezeichnet werden müssen. Es ist dies ein großes Gebiet, welches vom Kaiserwald bis an das Pürglitzer Gebiet, im Norden bis an die Ausläufer des Mittelgebirges und nach Süden hin bis in die Täler des Böhmerwaldes sich hineinzieht, und es ist unleugbar, daß dort gar häusig Mißernten eintreten.

Wir wissen auch, wie es mit unserem Ostböhmen bestellt ist. Wir wissen, weshalb die Bevölkerung, namentlich die Landbevölkerung bort in so außerordentlichem Maße sich gelichtet hat. Es wird nun freilich gesagt, das sei überall anderswo auch so, im Norden wie im Süden. Daraus kann man aber sofort wieder antworten, eben weil es so ist, möchten auch die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei uns in eben denselben Bahnen sich bewegen, wie in den Nachbarländern.

Wenn wir sehen, daß, trotzdem auch in den Nachbarländern die Natur ihre Gaben bald freigebig austeilt, bald auch sie unbarmherzig versagt, daß dort aber trotzdem im Ganzen bessere Zustände obwalten als bei uns, dann sind mir zu der Schlußfolgerung gedrängt, daß wir eben selbst daran schuld sind.

Dabei pflegt man naturgemäß gern den Fehler bei dem anderen zu suchen.

Die Deutschen weisen die Schuld den Tschechen, die Tschechen weisen sie den Deutschen zu.

Ich muß mir da denn doch erlauben, einige Fragen auszuwerfen, bei denen ein solches Herüber und Hinüber nicht möglich ist.

Meine Herren! Haben wir Deutsche einmal versucht, das geschlossene tschechische Sprachgebiet zu läugnen? Niemals ist dies von unserer Seite geschehen, wohl aber von ihrer Seite unseren Deutchböhmen gegenüber, trotzdem dasselbe den Charakter eines geschlossenen ethnographischen Gebietes besitzt. Wie man kaum irgendwo ein zweites weit und breit wieder findet. Es ist geradezu zur Regel geworden, daß in unser geschlossenes Gebiet tschechische Einbrüche erfolgen, nicht zum Zwecke freundschaftlichen Besuches, sondern um gewissen Tendenzen, die uns nicht angenehm berühren, nachzugehen.

Meine Herren, wenn das nun alles geschieht, so ist uns der Hintergrund für alle diese Bestrebungen wohl bekannt. Es wird immer wieder erklärt, daß der Boden dieses Landes in seiner ganzen Ausdehnung slawischen Bewohnern gehört und baß die Deutchen nur Zuwanderer aus fremden Gebieten sind. Wir haben hier in früheren Sessionen gehört, was darüber von gewisser Seite phantasiert morden ist, daß man gewissermaßen ein Landesbürgerrecht II. Klasse Statuierte und uns zuschob, obwohl mir im wesentlichen den Boden, den mir haben, uns erarbeiteten, obwohl mir ihn gewonnen haben, durch unseren Schmeiß und obwohl unsere Urväter diesen Boden aus Stein und Moor und Fels und Sumpf urbar gemacht haben. Wir haben an diesen Boden ein Volles Anrecht, nach doppeltem Rechte, und deshalb werden mir ihn weiter behaupten und behüten mit ganzer Kraft.

Es steht dabei des wesentlichen Eines im Hintergrunde, daß man da gewisse Tendenzen vorbereiten will, welche nichts weniger als den Frieden im Lande fördern, welche geradezu ein bleibendes. Unrecht den Deutschen gegenüber statuieren wollen und zugleich ein Attentat aus den Gesammtstaat bedeuten dem mir unter allen Umständen treu anhängen.

Hochgeehrte Herren! Sucht man nun nach jenen Faktoren, welche die gegnerische nationale Bewegung in diesem ihren Vorgehen gegen uns unterstützen, so müssen mir allerdings sofort erklären: hier tut auch die Staats-

regierung keineswegs immer und überall ihre Pflicht.

Wir finden da vielfach eine Schwäche, ein Geschehenlassen, eine Nachgiebigkeit, ja sogar eine Förderung der gegnerischen Bestrebungen, die nur entschieden verurteilt werden und die uns und der Gesammtheit zum Nachteile gereichen muß.

Wer aber da eigentlicher Förderer ist auf diesem Wege, das, meine Herren, ist denn doch die tschechisch-feudale Majorität in diesem Landtage, das ist die tschechisch-feudale Majorität des Landesausschusses, das ist die von diesem nahezu nur aus nationalen Elementen zusammengesetzte Beamtenschaft, das ist das ganze Um und Auf, das mit der autonomen Landesverwaltung in unmittelbarem Zusammenhange steht.

Meine Herren, es ist ein nahezu unübersehbares Register von Klagen und Beschwerden, das ich vorzubringen hätte.

Da wohl wahrscheinlich von meinen Nachrednern noch eine Reihe solcher Momente erwähnt werden wird, so will ich nur auf einiges hinweisen.

Das natürlichste, das mich zunächst kümmert, ist, daß ich dabei die Haltung, welche der Vorsitzende des Landesausschusses selbst einnimmt, kritisieren und auf jene Akte, welche uns Deutsche schwer verletzt haben, hinweise, auf Akte, die zeigen, daß hier die erwartete pflichtgemäße Objektivität nicht immer vorhanden war.

Ich könnte dabei ja von einem gewissen Hintergrund aus sprechen, der diese Tätigkeit eigentlich erst in ihrem wahren Lichte erscheinen läßt.

Meine Herren, wenn wir bedenken, welche Aufgaben die Verfassungsaera, wie sie in der zweiten Hälfte des Vorigen Jahrhundertes in Österreich herrschend geworden ist, dem Adel zugewiesen hat, so finden wir, daß es eine versöhnende, ausgleichende, vermittelnde Tätigkeit sein sollte.

Die das gewollt haben, haben gehofft, daß diese Tätigkeit eintreten werbe, weil diese Männer, der Höhere durch seinen Besitz, durch die Mittel, um sich die hohe Bildung unserer Zeit zu erwerben, die für eine solche Tätigkeit notwendig ist, sein hohes ererbtes Ansehen, und durch manches andere befähigt sein würden, diese Aufgabe zu üben.

Meine Herren, wenn ich von diesem Hintergrunde aus und nach dem Zustande der Dinge im heutigen Momente meine Betrachtung anstellen würde, würde sie wahrscheinlich sehr betrübend ausfallen. Aber ich glaube, diese Periode wird bald der Vergangenheit der Geschichte angehören.

Ich hätte denn weiter die Aufgabe, mich um die Vorkommnisse in den einzelnen Ressorts besonders zu kümmern. Es ist vorher vom Herrn Berichterstatter über das Landesbudget mit Recht auf die Unmöglichkeit und Unzuträglichkeit hingewiesen worden, Ausgaben eine Zeitlang hindurch ohne weiters passieren zu lassen, dann mit einem Mal Halt machen zu wollen und zu erklären: Nun sind die Mittel erschöpft, bedauere, jest ist nichts weiter zu haben. Das ist bis zu einem gewissen Grade, namentlich auf dem Gebiete des Eisenbahnwesens, wenigstens Versucht worden. Ich kann nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, welch außerordentliche Schwierigkeiten wir gefunden haben, als Hendlich die Bahn Weckelsdorf-Parschnitz ausgebaut werden sollte. Es sind sogar - und ich habe deswegen auch interpelliert - Schritte geschehen, um die Bevölkerung irre zu machen, indem man Besorgnisse wegen der Haftung für ihre gezeichneten Beiträge erweckte. Auf der andern Seite sind Bahnen gebaut worden, deren Nutzen und Erträgnis in Hinkunft wahrscheinlich niemals und nirgends zu finden sein wird.

Ich erlaube mir da auf eines hinzuweisen. Nach langen Bemühungen ist es geglückt, die Bahnverbindung zwischen dem Kaiserwald, der Station Petschau und Rakonitz herzustellen. Es ist eine leidliche Fracht erzielt worden und auch der Personverkehr zeigte sich verhältnismäßig ansehnlich. Aber es währte gar nicht lange, so entstanden für den eigentlich wichtigeren östlichen Teil zwei Nebenbahnen u. zw. in der Weise, daß die eine links genau an der Grenze der beiden Volksstämme, aber nur auf tschechischem Boden, und die zweite rechts genau wieder so geführt wird, so daß eigentlich die frühere Bahn dadurch zum Teile tot gemacht ist. Rechts und links hat im tschechischen Sprachgebiet fast jedes Dorf seine Haltestelle, seinen Bahnhof oder eine leichte Verbindung erhalten, während die deutsche Sahn lahmgelegt wird. Ich nenne hier nur die Verbindungen Rakonitz-Petschau einerseits und die genau an der tschechischen Sprachgrenze geführten Bahnen Rakonitz-Mlatz und Rakonitz-Vostelberg-Laun anderseits.

Meine Herren! Ist das eine Politik der Gleichberechtigung? Nach beiden Seiten hin ist das seine Wirtschaft, wie man sie billigen kann.

Ich hätte nun namentlich sehr vieles auf dem Gebiete der Schule zu bemängeln. Ich schicke voraus, daß der jetzige Referent im Schulwesen ein von mir persönlich hochgeehrter Mann ist, ein Mann, dem ich auch durchaus die nötige Billigkeit und das nötige Gerechtigkeitsgefühl zutraue, aber er steht vielfach unter dem schweren Drucke, dem er wohl nicht zu widerstehen vermag. Andererseits ist hier die Bewegung so tief gegangen, daß auch die Bevölkerung vielfältig eintreten muß, um an dem Werke, das gegen die Deutschen gerichtet ist, mitzuhelfen. Ich erinnere an Worlitschka und was dort geschehen ist, an Schedivy, an Turmplandles, was dort vor unseren Augen versucht worden ist und was wir in Prachatitz erleben mußten. Was ists mit diesem Prachatitz? Kaum hatte die Hauptstadt Prag - in dieser Beziehung ein Hauptnest des Fanatismus erfahren, das man mit den Waisenkindern auf nationalem Gebiete operieren kann, so hat Prachatitz eine Reihe von Kindern gehabt, natürlich um die langangestrebte dritte Schulklasse sofort provisorisch zu errichten. Meine Herren! Ich kenne ja die Geschichte der tschechischen Prachatitzer Schule seit 20 Jahren aus eigener Anschauung. Sechsmal bin ich in den achtziger und neunziger Jahren im Sommer bort gewesen. Ich weiß, wie man die Kinder in diese Schule genötigt hat, sie mußten hinein, damit diese Schule vorwärts komme.

Meine Herren ! Wenn das so weiter geht, so wird man vielleicht das nächstemal auch nach andern sprachlich bedrohten Orten, nach Winterberg etwa oder sonst wohin, eine Schar von Waisenkindern schicken, und dort die Schulen erweitern und diese Bestrebungen werden ausgiebig mit den Mitteln des Landes, auch der Deutschen, gefördert.

Ich sollte mich nun auf einem Gebiete umsehen, das mir einigermaßen noch näher liegt und die Art und Weise der Verwaltung des Archivressorts besprechen, die Verwendung der Kredite rechts und links in den einzelnen Abteilungen für Kunst und Wissenschaft.

Wir haben hier eine neue Publikation, deren Inhalt ist mir sehr sympatisch, ich kenne und schätze den Mitarbeiter, aber wer hat das Geld dazu bewilligt?

Das ist doch eine neue Zeitschrift, kein Mensch ist gefragt worden, und die Budgetkommission und die historische Landeskommission wissen nichts davon.

Wer hat es bezahlt und wer wird es bezahlen? (Abg. Schreiner ruft: Ist schon bezahlt !)

So steht es auch in anderen Dingen. Ich habe wiederholt Gelegenheit gehabt, darauf hinzuweisen, in welcher Weise man beim Landesarchive es versteht, die Anstellung Deutscher überhaupt zu Verhindern. Wir haben massenhaft deutsche Akten zum Teile im Deutschen des Mittelalters, die ein Tscheche überhaupt kaum je versteht und verstehen kann, weil er die heutigen Dialekte kennen muß, geradeso wie es umgekehrt einem von uns mit dem tschechischen der Fall wäre; ich bin objektiv nach allen Seiten. Warum gibt man nicht zu, das dort ein Deutscher angestellt werde?

Es ist darauf hingewiesen worden, daß dort ein Jurist nötig ist. Doch auch das blieb unmöglich, namentlich bei dem Motto des häuslichen Konkurses; es muß ja ein tschechischer Nachwuchs herangezogen werden. Es ist dann ja der Versuch gemacht worden, dies anders zu richten, doch durch einen Gewaltstreich wurde die Ausschreibung geändert und dann doch wieder durchgeführt, was von Haus aus geplant war. Das sind Verhältnisse, die wir nicht ertragen können.

Nun zum Kapitel der Landesbeamten-schaft. Wie viel ist da geklagt worden, und wie gering ist der Effekt, den wir erzielt haben!

Man sagt freilich, in letzter Zeit ist nicht viel angestellt worden.

Von denjenigen, die in Aussicht genommen waren und sind, sind aber wieder an 98% Tschechen. Heute ist das vorhandene Uebel noch schlimmer als zuvor. Es wurde schon bei anderer Gelegenheit dargetan, daß kein Bedürfnis nach Zweisprachigkeit vorhanden ist. Die Agenden sind derartig, daß sie sich leicht scheiden lassen. Sei vielen kann eine Menge von rein deutschen und rein tschechischen Beamten Beschäftigt werden; das ist eine ausgemachte Sache. Die Zweisprachigkeit


Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP